Sie waren unterwegs. Erynn, Parwen, Bok, Fadus, ein Altmer namens Gelion und zwei Rothwardonen, deren Namen sich die Dunmer nicht merken konnte. Irgendwas Traditionelles, das schwierig auszusprechen war. Die Stadtwache hatte ihnen einen Gefangenenwagen gestellt, im Prinzip ein Käfig auf Rädern, gezogen von zwei kräftigen Falben. Der Kaiserliche Fadus saß auf dem Bock und hielt die Leinen in der Hand, Parwen, die es am wenigsten gewohnt war lange Strecken zu laufen, daneben. Der Rest trabte neben dem Gefährt her in Richtung Nordwest.
Erynn stellte fest, daß sie die Westebene furchtbar vermißt hatte. Sicher, sie zogen gerade in eine Schlacht, aber der süße Geruch der verschwenderisch wachsenden Blumen, die summenden Insekten und das Zirpen kleiner Grasvögel versetzte sie in friedliche Stimmung. Sie dachte an Arranges, der immer Ruhe in der Betrachtung der Natur gefunden hatte, und die Gedanken an ihn taten ihr noch immer im Herzen weh, aber es war nicht mehr ganz so schrecklich. Es konnte nicht sein, das akzeptierte die Kriegerin so langsam. Mit einiger Mühe wischte sie die Gedanken an den Beschwörer beiseite. Es kann nicht sein...

Der Abend dämmerte, als sie sich der namenlosen Höhle näherten. Sie ließen den Wagen hinter einigen großen Findlingen zurück, wo er nicht sofort auffallen würde. Erynn und Fadus spannten die Pferde aus, nahmen ihnen die Zäume ab und pflockten sie an, damit die Tiere ungestört grasen konnten. Eine kurze Sondierung der Umgebung ergab keine Störungen, und so begab sich die Gruppe auf den Höhleneingang zu. Hier, wo das Gelände von der Westebene zum colovianischen Hochland recht rapide anstieg, gab es mehrere Klüfte und Spalten, auch größere Höhlen, viele davon waren früher Bergbaustollen gewesen. Diese hier war jedoch neu. Oder zumindest lange Zeit unbekannt geblieben, weshalb es eine gewisse Zeit gebraucht hatte, das Versteck der Gesuchten zu finden. Sobald die Kundschafter der Stadtwache aber Erfolg gehabt hatten, waren Pläne geschmiedet worden, die in genau diesem Moment in die Tat umgesetzt wurden. Man hatte die Durchführung der Kriegergilde übertragen. Weil die Situation unklar ist. Weil man in der Krise keine Soldaten für so eine Aktion abstellen will. Weil wir entbehrlich sind, schoß es Erynn durch den Kopf. Es machte sie aus irgendeinem Grunde wütend. Das war die ganz normale Beschreibung für die Verwendung von Söldnern, aber die Dunkelelfin fühlte sich all dem nicht mehr zugehörig. Ich bin so viel mehr. Ich kann so viel mehr. Ich übertreffe euch alle, kann Schlachten befehligen. Kann feindliche Stützpunkte infiltrieren. Ich kann töten, kälter, als ihr es euch nur vorstellen könnt. Ich bin nicht mehr wie ihr.
Die Erkenntnis traf sie wie ein Schwall eisigen Wassers. Ich gehöre nicht mehr zu euch!
In ihrem Gesicht spiegelte sich all das nur als harter, kompromißloser Ausdruck wieder, nichts anderes, als sich auch in den Minen der anderen Gildenkrieger abzeichnete. Zusammen mit Parwen drang sie als erste in die Höhle vor. Normalerweise hätten die beiden Schützinnen die Nachhut gebildet, aber hier stellte sich die Situation anders dar. Sie würden auskundschaften, was in dem verdammten Rattenloch vor sich ging, vielleicht schon die ersten Gegner kampfunfähig machen und sich dann, wenn der Tumult losging, zurückziehen und den stärkeren und beeindruckenderen Kriegern den Vortritt lassen. Mit etwas Glück konnten Bok und die Rothwardonen diese Galgenvögel schon durch ihr Auftreten zum Aufgeben bringen; der hochgeschossene Altmer war allein durch seine Größe und die harten Gesichtszüge eine ehrfurchtgebietende Gestalt. Außerdem konnte er einige kleinere Zauber weben, die den gemeinen Wegelagerer durchaus ins Bockshorn zu jagen vermochten. Ah-Malz hatte eine gute Truppe zusammengestellt, wie immer.

Schon bald öffnete sich der schmale Spalt des Höhleneingangs zu einer größeren Grotte. Dies hier war offensichtlich niemals eine Miene gewesen, vielmehr mußte Wasser vor Urzeiten diesen Kessel in das Gestein gewaschen haben. Es schien recht übersichtlich, die Gestalten hier drinnen arglos.
Erynn und Parwen nickten einander zu und legten auf zwei der etwa ein Dutzend zählenden Banditen an. Auf jene, die am jüngsten und am schlechtesten ausgerüstet erschienen. Sie würden wahrscheinlich nicht wichtig sein. Scharfe Augen und ruhige Hände von Bosmer und Dunmer gleichermaßen führten zum Erfolg. Die ausgewählten Ziele stürzten, wanden sich noch kurz im Staub und lagen dann still.
„Ergebt euch“, brüllte Erynn in die Kaverne hinein, als die übrigen Ganoven überrascht und erschrocken aufsprangen. „Ergebt euch, und ihr werdet leben!“
Daraufhin zogen sich beide Elfinnen rasch zurück, drückten sich an die Wände des kurzen Tunnels, um die größeren Krieger vorbeizulassen. Ein Ork, zwei Rothwardonen und ein Altmerkampfmagier, das war schon ein Anblick. Fadus hielt sich zunächst etwas im Hintergrund und bellte Befehle, bevor auch er in den Kampf eingriff. Drei der Banditen starben noch, aber zuletzt hatten sie den gut organisierten und trainierten Gildenkriegern nichts entgegenzusetzen. Als Bok einen weiteren, wie zuvor versprochen, mit einem rechten Haken vorübergehend ins Reich der Träume schickte, ergab sich der Rest der abgerissenen Gestalten.
Parwen und Erynn kamen wieder aus ihrer spärlichen Deckung hervor und halfen dabei, den übriggebliebenen Schurken die Hände zu binden. Den Ohnmächtigen warf sich der Ork ohne viel Federlesens über die Schulter.