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Thema: [Obl] Rollenspielthread # 3 (Signatur aus)

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  1. #1

    Vvardenfell-Distrikt, Westspalte, Andasreth

    Während im Vergleich zur Rampe auf dem Hof von Andasreth kaum Leben herrschte, war das Innere des Hauptgebäudes erfüllt davon. Das laute und ständige Rauschen dutzender Stimmen, das die Gänge durchdrang und Subtenor für Waffengeklirr aus den Trainingsräumen war, sowie für etliche Soldaten der Redoraner auf Botendienst, Patrouille oder damit beschäftigt Vorräte und Waffen zu verstauen. Der breite Wandelgang, der an der Außenseite einmal ganz um das Gebäude herum führte und an dem sämtliche Räume im Kern des Baus anlagen, war voll. Manchmal hingen sogar in den Gängen Hängematten. Alina und er bekamen häufig Probleme überhaupt noch voran zu kommen. Die Beengtheit gefiel Tarrior gar nicht und die Luft tat ein Übriges, dass in ihm leichter Schwindel aufkam. Sie war zum Schneiden und roch abgestanden, klamm und schweißgeschwängert. Da die Anlage aus Gründen der Sicherheit keine großen Fenster sondern nur wenige kleine, schlitzartige Öffnungen in der Mauer besaß, konnte auch kein wirklicher Luftaustausch mit draußen stattfinden. Der Dunmer wäre in diesem Moment sogar lieber in den stickigen Kavernen unter dem Roten Berg gewesen, als sich an diesem Ort aufzuhalten. Glücklicherweise konnten sie die Hitze und Modrigkeit der unteren Etagen hinter sich lassen, als Alina sie eine Treppe hinaufführte, womit sie in die obere Ebene von Andasreth gelangten. Hier waren die Gänge nicht ganz so voll und hielten sich auch weniger Personen außerhalb der Kammern auf.

    „Die Führung unserer Liga hat ihr ihre Unterkünfte und ihren Sitzungssaal, ebenso wie die höherrangigen Mitglieder der Redoraner- und Hlaalu-Truppen. Die Generäle der Häuser selbst halten sich in dem kleinen Anbau auf dem Dach auf. Dort hat von unseren Leuten nur der Großmeister Zugang. Diese Männer dort oben treffen die operativen Entscheidungen über Angriffe und Verteidigung. Der Großmeister wirbt schon lange für einen Angriff, aber bisher wollen die beiden Fürstenhäuser nichts riskieren. Wenn euer Freund der Abgesandte, dieser Dram Bero, die Generäle eures Hauses überzeugen kann, dann werden vermutlich auch die Redoraner einknicken und dem Angriffsplan zustimmen und dann natürlich müssten auch die ganzen Gilden und Freiwilligenverbände im Heerlager mitziehen“: erklärte sie die unterschiedliche Bewohnung der Festung und schweifte dann zu ihrem Plan ab. Tarrior lehnte sich einen Moment an die Wand und dachte laut nach: „Die Daedra fallen ja auch im Osten, Südosten und Süden ein. Was wollt ihr eigentlich gegen die unternehmen?“ Die Bretonin verzog bei dieser Frage plötzlich das Gesicht vor Zorn. „Wir kümmern uns zuerst um das Hauptlager der Invasoren am Roten Berg! Die Gebiete, die ihr ansprecht, sind bis auf die Enklave des Tempels in Molag Mar Hoheitsgebiet dieser Totenbeschwörer vom Haus Telvanni. Soweit ich gehört habe, haben Redoran und Hlaalu um ein großes Bündnis und damit um Truppen für die Westspalte und die Ascadia-Inseln ersucht und dafür ihre Hilfe zur Sicherung der Ländereien der Telvanni angeboten, aber diese feigen Magier – so etwas überhaupt Magier zu nennen ist eine Aufwertung, die sie gar nicht verdient hätten! – haben abgelehnt und rühren nicht einen Finger gegen die Daedra. Nur diesen Meister Aryon in den Weidenländern will ich davon ausnehmen. Er hat hart mit den Angreifern zu kämpfen, aber versucht auch sie im Innern der Inseln abzufangen und Boden zurückzugewinnen, doch kämpft auch er alleine. Die restlichen Magier halten sich da komplett heraus, als ginge es sie gar nichts an. Also sollen sie zusehen, wie sie ihr Land gehalten bekommen. Unsere Ziele sind klar und für die Telvanni die Drecksarbeit zu machen, gehört eindeutig nicht dazu“: erboste sie sich über die eigenbrötlerischen Zauberer im Osten der Insel.

    Tarrior stutzte. Die Bretonin schien ihrer Rolle als Offizierin voll aufzugehen und entsprechend über viele Details der militärischen Lage gut informiert zu sein. Das war umso beeindruckender, wenn er sich vorstellte, dass sie wohl vor der Invasion durch die Dämonen Oblivions eine ganz gewöhnliche Zauberin mit Talent für die Schule der Zerstörung gewesen sein musste. Jetzt in ihrer neuen Rolle schien sie sich richtig auszuleben. Während der Hasstirade gegen die Telvanni schwang das gleiche leidenschaftliche Feuer in ihrer Stimme mit, mit dem sie auch schon ihren Kampfplan präsentiert hatte. „Arme Fanatikerin“: bedauerte Tarrior, dass sie diese Leidenschaft dem Ziel dieser Fanatiker von der Liga gewidmet hatte. Doch erkannte er jetzt eine Gelegenheit etwas mehr über seinen Feind herauszubekommen. Wenn auch schon die Weidenländer angegriffen wurden, musste Tel Uvirith doch auch schon längst unter den Daedra zu leiden haben. Vielleicht war Behrams Position schon viel schwächer, als der Hexer sie selbst darstellte. Entsprechend stellte Tarrior nun eine Frage über die Lage in Molag Amur. Alina schaute ihn bei der Frage mit einem merkwürdig-lauernden Blick an. „Was interessiert ihr euch denn so für die Telvanni? Und vor allem für die Stadt dieses Bastards von einer Nekromantenmissgeburt?“: wollte sie wissen. Der Hass, den scheinbar auch Alina gegen Behram Meradanz hegte, war deutlich aus ihrer Stimme herauszuhören. „Mein Interesse ist mehr allgemeiner Natur, denn ich bin gerne umfassend informiert“: log er und fuhr mit einer Frage fort: „aber sagt, ich höre da eine gewisse Abneigung gegen den Magierfürsten von Tel Uvirith heraus, was könnt ihr mir dazu sagen.“ Sie wurde leicht rot. „Verzeiht meinen unbeherrschten Ausbruch, aber die Schlange von einem Dunkelelfen ist für jedes Mitglied der Magiergilde ein rotes Tuch, zumindest für diejenigen, die damals in Vivec zugegen waren, als sich plötzlich eine Brücke unter unseren Füßen auflöste oder Mitglied der Gildenhalle in Sadrith Mora waren“: entschuldigte sie ihr Verhalten und wollte die Sache nun ad acta legen, doch Tarriors Neugier war nun geweckt. Von dem Vorfall in Vivec besaß er zwar bereits Kenntnis, aber konnte da jetzt keine direkte Verbindung zu Behram herstellen und von einer Sache, die die Wolfenhalle betraf, wusste er gar nichts. „Ich habe von diesem Vorfall mit Vivec gehört. Die Brücke soll die Illusion einiger Telvanni gewesen sein und die Magier der Gilde fielen dann ins Wasser. Aber was hat jetzt dieser Magierfürst damit zu tun? Und was ist dies für ein Vorfall in Sadrith Mora, den ihr gerade anspracht?“: wollte er nun Genaueres wissen. Sie seufzte und setzte sich dann nach der Pause, die sie hier am Treppenaufgang eingelegt hatten, wieder in Bewegung und begann während des Laufens zu erzählen.

    „Die Magiergilde und auch die kaiserlichen Institutionen haben Kontakte in den Häusern, damit wir über alles Neue informiert sind. Und eine zuverlässige Quelle hat uns berichtet, dass Behram Meradanz ein mögliches magisches Bündnis zwischen der Magiergilde und den Telvanni, in Vivec ging es ja darum, schon im Vornherein untergraben und die Abgesandten aufgehetzt hatte. Schlussendlich hat er sie wohl auch zu dieser Demütigung angestachelt. Und was Sadrith Mora angeht… da hatte er seine Finger gleich direkt im Spiel. Er stellte in einer offiziellen Rede an die Einwohner unsere Gildenmitglieder als Agenten der Mythischen Morgenröte hin. Er bezichtigte die Magiergilde die Invasion zu unterstützen, da wir uns davon Macht durch die Daedra versprächen. Seiner Hasspredigt verlieh er mit der Tatsache Ausdruck, dass sich kurz zuvor ein Oblivion-Tor auf einer kleinen Felsinsel südlich der Wolfenhalle geöffnet hatte. Daraufhin vertrieb ein wütender Mob aus Bürgern sämtliche unserer Gildenmitglieder mit Gewalt aus der Stadt und sie mussten Zuflucht in der Wolfenhalle suchen, wo die Kaiserlichen Wachen sie beschützen konnten. Die Telvanni-Wachen selbst griffen auf Anweisung des Rates der Telvanni nicht ein. Vermutlich war auch dies ein Verdienst dieses Bastards. Wir Gildenmagier dürfen uns gar nicht mehr aus den Hallen hinein in die Stadt trauen. Es ist uns verboten, da wir die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden. Und soweit ich erfahren habe, ist auch das Klima für Fremdländer in den Städten der Telvanni wesentlich rauer geworden, eben nur mit einer Ausnahme und die sind Meister Aryon mit seiner Stadt Vos. Ich sage euch, wenn es nach uns Gildenmagiern gegangen wäre, die sich nun zur Liga zusammengeschlossen haben, hätten wir längst gegen diese Provokationen zurückgeschlagen. Aber die Gildenführung beschwichtigt, lamentiert und möchte keinen offenen Konflikt riskieren. Dabei können wir uns das nicht leisten, denn sie unterminieren die gesamte Abwehr der Insel und wer weiß nicht, ob sie nicht sogar mit dem Kalkül die gemeinsame Verteidigung untergraben, um sich nach der Invasion als stärkste Macht zu etablieren. Und zum Wohle Nirns und Tamriels darf an solchen verrückten Plänen die Abwehr nicht scheitern“: artikulierte Alina laut und schäumend einen wirklich brennenden Hass auf das gesamte Fürstenhaus, der seinem Zorn auf den Telvanni-Hexer im Speziellen in Nichts nachstand.

    „Und um auf eure Frage zurückzukommen. Dieser Schweinehund Meradanz wird bisher von den Daedra in Ruhe gelassen. Womöglich hält er sie sich mit irgendeinem Zauber fern, den er aber gewiss nicht mit ins teilen will. Trotz der Tatsache, dass er wie Aryon auf dem Festland lebt, scheint er keine Sorgen wegen der Invasion zu haben. Ich vermute, dass er deshalb die Gefahr unterschätzt. Aber auch er wird noch seine Rechnung für seine Arroganz bekommen“: fügte sie noch eine Antwort auf seine Frage betreffs Tel Uvirith an. „Das wird er“: stimmte Tarrior ihrem letzten Satz gedanklich zu. Seine Gedanken schweiften zu den Provokationen durch den Hexer. Nach Aussage des Altmers damals in Chorrol soll wohl auch er für die magische Krankheit des Telvanni-Rates verantwortlich gewesen sein, obwohl er die Schuld der Magiergilde ebenso angelastet hatte. „Was bezweckt er damit? Will er einen Krieg zwischen Gilde und Fürstenhaus auslösen? Aber was hat er davon? Will er vielleicht dadurch seine eigene Stellung im Rat verbessern oder einfach nur die kaiserliche Bevormundung in Sachen Magie brechen?“: fragte sich der Dunmer in Gedanken und kam noch zu keinem wirklichen Sinn hinter diesen ganzen Aktionen, zumal die Telvanni so geschwächt würden. Eigentlich würde ein Krieg zwischen der Magiergilde und den Telvanni die gesamte Insel schwächen und damit den Daedra noch leichter ausliefern. Wenn Behram tatsächlich bereit war für schnöde Machtspielchen die Sicherheit Vvardenfells zu gefährden, dann musste er wirklich bald gestoppt werden. Und in diesem Moment war er ganz froh darüber, dass die jetzige Gildenleitung mit Hannibal Traven an der Spitze der Hauptgilde in Cyrodiil sowie mit der nüchternen Ranis Athrys als stellvertretende Erzmagierin von Vvardenfell die Situation nicht eskalieren ließ. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als er an Alinas Worte dachte. Hätten die Fanatiker der Liga in der Gildenspitze eine Mehrheit wären sie wohl schon längst bereitwillig in die Falle getappt. Aber auch so war dieser Verein von leidenschaftlichen Narren ein Pulverfass. Eine Eskalation könnte allein schon dann ausbrechen, wenn die Liga unabhängig von der Gilde losschlägt, denn Behram würde sie als Fußsoldaten der Gilde bezeichnen und dieser damit unterstellen den Angriff zumindest geduldet, wenn nicht sogar unterstützt zu haben. Ihm stand nun deutlich vor Augen, dass es bei dem Treffen mit der Großmeister der Liga um mehr als nur seine Passage nach Mar Gaan gehen musste und eben dies sagte er auch Alina: „Ich denke es ist gut, dass eure Leute noch nicht gegen die Telvanni losgeschlagen haben. Ein Krieg würde furchtbare Folgen für die Verteidigung der Insel haben.“ Dann erläuterte er ihr kurz seine Gedanken. Als er geendet hatte, erreichten sie die angestrebte Tür. „Ihr habt mich nachdenklich gemacht. Allerdings bin ich jetzt nur noch bestärkt darin, diesen Meradanz dafür bluten zu lassen. Aber wir sollten die Gilden wirklich aus dem Spiel lassen. Wenn dieser Bastard nicht so feige wäre, würde ich ihn zum Zweikampf in der Arena von Vivec fordern! Aber egal, denn euer Zweikampf steht bevor. Hinter dieser Tür befinden sich der Sitzungsraum und damit unsere Führung, daher natürlich auch der Großmeister“: meinte die junge Bretonin.

    „Ihr müsst nicht mit hinein kommen, wenn ihr nicht wollt. Ich möchte nicht, dass euer Ansehen in der Liga nur wegen mir sinkt. Allerdings wäre es bestimmt gut, wenn ihr mich vorstellen könntet, denn euer Wort hat wohl in der Versammlung mehr Gewicht als das Meine. Das zumindest würde sie zwingen mir zuzuhören und ich kann das gewünschte Duell fordern, um mich zu beweisen“: bot er ihr an, nicht mit ihm zu gehen. „Der Besuch in Mar Gaan muss wirklich außerordentlich wichtig für euch sein, wenn ihr dafür gegen unseren Anführer kämpfen wollt. Ich werde mit euch kommen, aber ich will euch warnen. Der Großmeister ist ein begabter Schwertkämpfer und ein noch begnadeterer Magier und das nicht nur in der Kunst der Zerstörung. Seid also vorsichtig“: warnte sie ihn, aber war bereit mit hinein zu kommen. So betraten sie gemeinsam nach einem lauten Klopfen den Raum durch die massive Holztür.

    Umringt sahen sie sich bei ihrem Eintreten von mehr als einen Dutzend Augenpaaren. Man hatte mehrere Tische in U-Form um die Tür herum aufgestellt und genau gegenüber dem Eingang saß auf einem Stuhl mit höherer Lehne deutlich erkennbar der Großmeister vor einem riesigen Banner der Liga. Neugierig musterten die Anwesenden die Neuankömmlinge. Da nur spärliches Licht im Raum herrschte – es brannten nur wenige Fackeln an den Wänden und die schmalen Fensterschlitze waren mit Bannern verhängt – lag der Bereich des Großmeisters und seiner höchsten Offiziere im Dunkeln, doch Tarrior konnte die Missbilligung deutlich aus dem Schatten heraus spüren. Er ließ Alina den Vortritt, die sich nun in die Mitte des Raumes zur Hälfte auf den Anführer zu bewegte und mit einem kurzen Schwenk ihres Kopfes alle Anwesenden in den Blick nahm, bevor sie zu sprechen begann: „Ihr kennt mich. Ich war über die Zeit, die diese Krise des Kaiserreiches und damit unserer Gilde andauert, stets der Liga treu und loyal ergeben. Ich habe zusammen mit einigen von euch einen Plan ausgearbeitet, der geeignet schien die Daedra zu schlagen und bis zum Roten Berg zurückzuwerfen. Ein Plan der uns aus der Ohnmacht befreien und unsere Feinde zerschlagen sollte, doch stieß ich damit bei den anderen so genannten Verteidigern auf Ablehnung. Dieser Mann an meiner Seite, Mitglied unserer Magiergilde und auch frisches Mitglied der Liga ebenso wie Ratsherr im Fürstenhaus Hlaalu hat mir in seinem Haus Gehör verschafft und unseren Plan ebenso loyal unterstützt. Er verlangt nicht mehr, als eine kleine Geste der Liga gegenüber einem verdienten Mitglied. Dieser Mann, mit Namen Tarrior Gildres, möchte den nächsten Konvoi nach Mar Gaan begleiten und die Gründe sind dem Rat wohl bekannt...“ Sie wurde unterbrochen, als ein Stuhl umfiel. Neben dem Großmeister war ein bulliger Mann mit kahl rasiertem Schädel aufgesprungen. „Die Gründe sind uns wohl bekannt und euch sollte wohl bekannt sein, dass sein Ansinnen abgelehnt wurde, da wir es nicht riskieren können eine wichtige Lieferung jemanden anzuvertrauen, der nicht voll zuverlässig und entsprechend geeignet ist. Wir haben euren Boten abgewiesen und nun kommt ihr persönlich hierher und bringt diesen Dunmer auch noch hierher. Was wenn er ein Spion der Mythischen Morgenröte ist?!“: empörte er sich und drehte dabei mehrfach ruckartig den Kopf um die Anwesenden alle in seinem Blick zu fangen. Dabei fielen Tarrior dessen spitze Ohren auf, die auf einen Bretonen schließen ließen. Alina wollte etwas entgegnen, doch der Dunmer war schneller, schob sich an ihre Seite und richtete erbost das Wort an den Verleumder neben dem Großmeister. „Mich als einen dieser dreckigen daedra-verehrenden Verräter zu bezeichnen bzw. mir allein der Verdacht angedeihen zu lassen so einer zu sein, ist für mich ein Schlag ins Gesicht. Wagt es niemals wieder so etwas zu behaupten! Meine Anwesenheit ist eben aus dem vorgetragenen Grund mehr als erforderlich. Ihr habt mich aus diesen und jenen Gründen abgelehnt, aber wohl meine angebliche Unerfahrenheit vorgeschoben. So bin ich hier um euch zu beweisen, dass ich mehr als fähig genug bin!“

    Die letzten Worte schrie und spie er regelrecht hinaus und bedachte den Bretonen mit einem wilden Blick. „Wie könnt ihr es wagen…“: wollte dieser ansetzen, wurde aber nun seinerseits von der Hand des Großmeisters zurückgehalten, die sich vor seine Brust schob. Er konnte erkennen, wie sich der Anführer der Liga auf seinem Stuhl etwas vorbeugte und sah, dass es wohl ein Kaiserlicher mit langen, offenen Haaren war, der dort saß. „Genug Ralvit! Sagt Herr Gildres, wie gedenkt ihr uns eure Fähigkeiten zu beweisen? Was glaubt ihr uns hier für nette magische Spielereien vorführen zu können, dass ihr uns als geeignet erscheinen würdet, diese wichtigen Versorgungslieferungen zu begleiten?“: wollte der Großmeister wissen. „Zum Beweis meiner Fähigkeiten fordere ich euch, den Großmeister der Liga der Magischen Gewalt, zum Duell heraus!“: rief er seinen Willen aus.

  2. #2

    Flüchtlingslager von Kvatch

    Rufus seufzte. Er war hier als einer der Ersten gewesen, aber jetzt hatte die ganze verdammte Stadt hier ein Lager aufgeschlagen. Zumindest der Teil, der noch am Leben war. Der Vorteil an der ganzen Sache war, dass sie viel Nützliches bei sich hatten, kaum Wertsachen, hauptsächlich irgendwelche trockenen Brote. Aber es reichte auch Rufus zum Überleben, denn niemand bemerkte, wie er sich alles was er brauchte einfach nahm. Und die, die ihn sahen, hatten genug Angst, um ihm nicht in die Quere zu kommen. Obwohl die meisten der sogenannten Andenken an die Heimat, wo auch immer die gewesen sein mochte, wertloser Schrott waren, fanden sich auch wertvollere Dinge. Wie zum Beispiel ein altes Amulett, das auf eine seltsame Art und Weise Rufus Vorrat an magischer Energie anzapfte. Vielleicht könnte man das den Gildenmagiern verkaufen. Der Nachteil war allerdings, dass all jene, die Rufus während des Angriffs gesehen hatten, wie er ohne Bedenken um sich schlug und denen, die ihm im Weg standen, die Bäuche aufschlitzte, ihn anscheinend für einen äußerst begabten Heiler hielten. Obwohl es schon spät am Tag war, war er eben erst aufgewacht. Dieses Gesindel schaffte ihn. Aber er hatte keine Wahl, irgendwie musste er vorwärtskommen. Er fragte sich, wo seine Jugend geblieben war, als er sich unter Stöhnen von der Bettrolle hochstemmte und gebückt, wegen seiner beträchtlichen Größe, das Zelt verließ, in dem er geschlafen hatte. Als er dann einen Blick auf das Umland warf, blendete ihn die Sonne. Rufus erkannte, dass über den Ruinen von Kvatch noch immer Rauch aufstieg. Dennoch versuchte er, positiv zu denken: Er hatte alle erdenklichen Freiheiten. Ganz Tamriel lag vor ihm. Was mochte die Zukunft wohl bringen?

    Als er aufhörte zu träumen, kam gerade ein Mann auf ihn zu, ein Rothwardone. Seiner Kleidung nach zu urteilen, war er einst ein reicher Mann, jetzt war auch er ein angekokeltes Überbleibsel der vergangenen Katastrophe. Rufus musste schmunzeln, all sein Geld hatte den Mann nicht vor den Daedra schützen können, genauso wenig wie die ach so großartigen Götter. „Gruß Euch, Meister“, begann er, „seid so gut und gewährt einem verzweifelten Flüchtling Heilung.“ „Wie ist Euer Name, Fremder?“, erkundigte sich Rufus rasch. „Voldon“, kam die Antwort. „Voldon, und weiter?“ „Voldon und… und… nichts weiter. Nur Voldon.“ Diese Rothwardonen waren bei der Namensgebung nicht sonderlich kreativ. Rufus entschloss sich, dem nervösen Mann zu helfen, denn dieser Voldon, wenn er wirklich so hieß, führte tatsächlich ein prall gefülltes Geldsäckel mit sich, und vielleicht würde ihn ja jemand vermissen, wenn er als Leiche verendete. Eine großartige Gelegenheit, dieses merkwürdige Amulett für einen viel zu hohen Preis zu verkaufen. „Was plagt Euch denn guter Mann?“, Rufus grinste, den Guten zu spielen hatte einen gewissen Reiz. „Kopfschmerzen, Herr, fürchterliche Kopfschmerzen“. Kopfschmerzen! Was für eine Zeitverschwendung. Zumindest wäre es eine gewesen, wenn es darum ginge, jemandem zu helfen, der wirklich Hilfe braucht. Aber der „Heiler“ sollte ja auch was davon haben. „Wie es der Zufall will, Voldon, “, führte Rufus aus, „besitze ich eben in diesem Moment ein von Stendarr gesegnetes Amulett. Für ein angemessenes Entgelt bin ich bereit es Euch zu überlassen, auf dass sich Eure Kopfschmerzen verflüchtigen mögen.“ Der Rothwardone war verwirrt: „Wie… wie viel soll ich Euch denn zahlen.“ „Wie viel könnt Ihr mir zahlen, Voldon?“ „1000… 1300 Septime, Meister. Aber natürlich habe ich so viel nicht bei mir, all mein Geld, all die Septime sind hier in der Nähe vergraben, und ich werde Euch verraten, wo, sobald ich das Amulett habe.“, stotterte der reiche Mann, wobei er nicht mehr lange reich oder lebendig bleiben sollte. Zumindest nicht reich, mal sehen, dachte Rufus. „In Ordnung, Voldon, hier habt Ihr das Amulett“, und mit diesen Worten nahm er das Amulett aus seiner Tasche, behielt es aber noch in der Hand, „jetzt führt mich zu Eurem Geld!“ Jetzt wurde Voldon erst richtig nervös: „Wenn ich ehrlich sein soll, mein Herr, dann muss ich Euch sagen, dass…“, stotterte er. „Ja?“, hakte Rufus nach. Sollte er gelogen haben, hatte Rufus immerhin ein neues Objekt zum Üben der Nekromantie… „Dass ich das Geld doch bei mir trage. Ich bin ja nicht geisteskrank, ich sage das mit dem Vergraben nur, damit niemand auf die Idee kommt, mich zu töten oder zu bestehlen oder derlei Dinge“, endete der Rothwardone endlich. Rufus musste ein Lachen unterdrücken, jetzt vertraute Voldon ihm vollends. „Dann her mit dem Geld!“, forderte er barsch. „Na… na gut, nehmt es, es ist sowieso wertlos für mich, solange diese Kopfschmerzen jetzt aufhören.“, erwiderte Voldon leicht verängstigt. Er überreichte Rufus den Geldsäckel. „Ach, noch etwas“, ergänzte Rufus, „Es kann sein, dass das Amulett erst in ein paar Tagen seine volle Wirkung entfaltet.“ Gute Idee, das war genug Zeit, ein für alle Mal von hier zu verschwinden. Voldon verabschiedete sich unverständliches nuschelnd, Rufus machte sich auf, seine Sachen für die Abreise zu packen.
    Geändert von KingPaddy (05.11.2011 um 17:13 Uhr)

  3. #3

    Pells Tor -> Bravil -> Wildnis (westlich von Bravil)

    Draußen hatte es aufgehört mit Regnen und die Vögel kündigten den neuen Tag an, da erwachte Raccan; besser gesagt, er schlug die Augen auf, denn zu mehr war er im ersten Moment nicht in der Lage. Ein ohrenbetäubendes und dumpfes Hämmern gegen die Innenseite seines Schädels und den Ohren machte ihm deutlich, dass er in Zukunft die Finger von jeglicher Sorte Bieres hier in Cyrodiil lassen sollte. "Das ist doch alles nicht wahr...", ächzte er und vergrub den Kopf in dem Kissen. Kaum drehte er den Kopf Richtung Fenster, um wenigstens mal heraus zu schauen, meldete auch sofort sein Rücken erneuten Protest an, welcher die vorherige Nacht auf der weichen Unterlage schon nicht gut überstanden hatte und nun noch intensiver schmerzte. "Ich bin das reinste Wrack...", stammelte der Rothwardon und drückte sich schließlich, jeglichen Widerstand seines Körpers ignorierend, von der Matratze hoch und kam schwerfällig auf die Beine. Der ganze Raum drehte sich, schwankte wie ein Schiff bei Windstärke zwölf, und hätte sich Raccan nicht den Bettpfosten gegriffen, er wäre wohl sogleich in den Kleiderschrank getaumelt. So aber rieb er sich mit der freien Hand die Stirn und schloss die Augen, einen Moment lang wollten die farbigen Punkte und das Schwindelgefühl nicht verschwinden, dann aber schien sich sein Organismus an die aufrechte Haltung gewöhnt zu haben, und die Gleichgewichtsstörung verschwand. Erst verweilte der Assassine noch in der Pose, in Erwartung dass das Gefühl überfallartig zurückkehrte; dann aber streckte er sich ausgiebig, was durch ein lautes Knacken der Gelenke und des Rückens quittiert wurde. "Ich komm mir vor wie Koliux...", murmelte er und meinte damit einen alten Hohepriester seines Stammes, von dem niemand so genau wusste, wie alt er genau war; aussehen tat er jedoch wie eine ausgetrocknete Baumrinde und auch seine Antworten und Aussagen ließen vermuten, dass sein Hirn wohl denselben Zustand besaß.
    Auf ein Frühstück verzichtete Raccan, und er war sich auch gar nicht mehr sicher, was er zu der Bretonin noch gesagt hatte. Tatsächlich hatte er keine Ahnung, dass er überhaupt schon aufgebrochen war, und erst hier auf dem Weg Richtung Bravil, an der kühlen, vom nächtlichen Unwetter erfrischten Morgenluft auf seinem Pferd wurde er allmählig klar und das taube Gefühl in seinem Kopf verschwand. Schweigend ritt er dahin und betrachtete abwesend die Ohren des Pferdes, welche sich in unregelmäßigen Abständen in alle möglichen Richtungen drehten, wie als würde das Tier jeden Moment mit einer Gefahr rechnen. Erst jetzt wurde Raccan bewusst, dass er bis jetzt großes Glück gehabt hatte. Die letzte Begegnung mit Banditen hatte er in Hammerfell; seitdem hatte er bis auf Probleme mit einem betrunkenen Seemann und der Umgehung von ein paar Wegelagerern keinerlei Probleme auf den Straßen Cyrodiils gehabt. "Vielleicht gibt es hier nicht so viele Banditen, oder die Wache ist präsenter...", aber wie um ihn Lügen zu strafen, kam kurze Zeit später eine kleine Gruppe Männer in Sicht, daneben ein Pferd. Es handelte sich um drei Personen, alle mit Rüstungen bekleidet, welche er schon am Grenzübergang an den kaiserlichen Wachen gesehen hatte. Zwei von ihnen trugen einen Bogen, der dritte Schwert und Schild, ihm gehörte wohl auch das Reittier, denn er hielt es an den Zügeln fest. Zu ihren Füßen lagen zwei Gestalten, offensichtlich tot, was die 'Verzierung' mit einer nicht zählbaren Anzahl an Pfeilen vermuten ließ. Als Raccan näherkam, merkte einer der Bogenschützen auf und stellte sich in den Weg, sodass der Rothwardon anhielt.
    "Heda, wohin des Weges?".
    "Nur auf der Durchreise nach Bravil", meinte Raccan kooperativ, auf Ärger mit der Wache war er nicht aus, schließlich musste er sich auch beeilen, wer weiß, vielleicht hatte der Khajiit schon Lunte gerochen und war weiter geflüchtet.
    Die Wache blickte sich leicht hektisch um, für Raccans Geschmack war der Mann etwas zu nervös. Die Wächter tauschten Blicke aus, und dann wurde er durch gewunken. Mit einem Nicken bedankte sich der Rothwardon, und nachdem er sich nach zirka hundert Metern nochmals umdrehte, waren die Männer und die Leichen wie vom Erdboden verschwunden. Ihn beschlich ein Gefühl, als ob das gerade eben keine Wachen gewesen waren, sondern vielmehr die toten Körper am Boden, aber das Ganze ging ihn ja nichts an, er spielte hier nicht den Agenten vom Dienst.
    Auf dem ganzen restlichen Weg, welcher durch dichten Wald und an einigen Herbergen vorbei führte, ließ Raccan seine Gedanken schweifen; anders als vermutet drehten sich diese jedoch nicht um die Situation mit den Wachen, sondern um einen Namen für sein Pferd, welches er von Sahi für seine Reise bekam. Und sogleich dachte er auch wieder an seine Schwester, welche nun wahrscheinlich in ihrem Dorf saß und sehnsüchtig auf eine Nachricht von ihrem Bruder wartete. Nur diese bekam sie nicht, weil ihr Bruder immer wieder andere Ausreden fand, es zu verschieben. Er musste sich zusammenreißen; auch für ihre Sicherheit war es von größter Wichtigkeit, dass er sich meldete. Die Zeit ohne Nachricht, als er sein Gedächtnis verloren hatte, führte fast dazu, dass sie ihren Status im Dorf einbüßte, denn jeder rechnete mit dem Tod von Raccan. Also durfte er es diesmal nicht so lang schleifen lassen, daher nahm er sich nun wirklich vor, am heutigen Abend ihr eine Nachricht zu verfassen. Aber bis dahin sollte noch eine Menge 'Arbeit' auf den Assassinen zukommen.

    Bravil stellte wirklich genau das dar, was man auf den Straßen, von Geschwätz, in Büchern und von den Leuten immer und immer wieder erfuhr: Diese Stadt war ein Dreckloch, das sah man ihr schon von Außen an. Die Stadtmauern waren verwittert und schmutzig, die hölzerne, morsch wirkende Brücke zum schäbigen Stadttor sah ebenfalls alles andere als einladend aus, und abseits des Weges lagen hier und da achtlos weggeworfene Trümmer und Müll herum; und auch den kurzen Blick, den Raccan durch das Stadttor in das Innere werfen konnte, stimmte ihn nicht optimistischer, auch wenn mittlerweile die Sonne hoch am klaren Himmel stand und ihr Bestes tat, um Bravil irgendwie einladend zu gestalten. Einzig das aus Brettern sorgsam gebaute Haus mitsamt großen stabilen Zaun vor der Brücke machte einen guten Eindruck, und so saß der Rothwardon von seinem Reittier ab und klopfte an die Tür. Eine Kaiserliche mittleren Alters öffnete ihm und bot ihm den Dienst einer Stallung an. Raccan zögerte; er musste an die Erzählungen der Leute denken. Schmuggler, Diebe, Banditen, quasi alle kriminelle Energie ballte sich in diesem Knotenpunkt, der den Namen Bravil trug. Die Frau, welche sich als Isabeau Bienne vorstellte, bemerkte die Unentschlossenheit des Mannes.
    "Stimmt etwas nicht?", fragte sie zögerlich.
    Raccan schaute nochmals Richtung Stadttor, dann wieder die Frau an. "Ist mein Pferd hier auch wirklich...sicher?".
    Einen Moment lang schwieg Isabeau, dann nickte sie. "Ich zahle den Wachen Schutzgeld, darum traut sich niemand, mich oder die mir anvertrauten Tiere zu behelligen.". Sie sagte das, als ob es etwas ganz Normales wäre, für den Dienst der Diebstahlverschonung zu bezahlen, und das Erstaunen sah man dem Rothwardonen auch an. Die Kaiserliche aber fuhr fort, diesmal etwas leiser. "Ich würde auch keine wertvollen Gegenstände mit in die Stadt nehmen, die könntet ihr sehr schnell wieder los sein. Außerdem seht ihr sehr...sauber aus, ihr werdet auffallen. Eure Sachen könnt ihr bei mir lassen, wenn ihr möchtet, ich werde sie für euch verstecken...", meinte sie mit nettem Tonfall.
    Sie klingt aufrichtig, ich denke ich kann ihr trauen. Und wenn nicht, ich werde mir meine Sachen wiederholen, so oder so. "Gut, einverstanden", nickte Raccan. Sein Pferd wurde in den Stall gebracht und seine Sachen verschwanden in einer Bodenluke, bei deren Öffnung der Assassine noch einige andere Gepäckstücke erspähen konnte. Die Frau lächelte verhalten.
    "Ja, bevor ihr etwas sagt, ich bewahre auch für andere Reisende das Gepäck auf. Bei den Neun, bestimmt nicht für alle, aber für einen Bruchteil schon.".
    "Ich danke euch. Einen Aufenthalt in einer Taverne oder Herberge in Bravil könnt ihr nicht empfehlen?".
    Die Frau schüttelte den Kopf. "Nein, gar nicht. Da könnt ihr froh sein, den nächsten Tag zu erleben, gerade als Fremder ohne Kontakte und Schutz. Da ist es sicherer, wenn ihr im Wald übernachtet. Erledigt eure Angelegenheiten hier in Bravil am Besten so schnell wie irgend möglich.".
    Genau das hatte sich Raccan schon gedacht, er hatte sowieso nicht vor, hier zu verweilen, diese Stadt stank schon von Weitem gegen den Wind, und das nicht nur sinnbildlich gesehen. Er verabschiedete sich von der Kaiserlichen und schritt auf das Stadttor zu. Dabei fragte er sich, was ihn dazu veranlasste, jeder nett wirkenden Person auf Anhieb zu vertrauen. Sicher, in Hammerfell tat er so etwas öfters, aber dort waren die Menschen auch...durchsichtiger...leichter durchschaubar...einfältig...nein. Sie waren schlicht und einfach nett. Raccan erkannte sofort, ob es jemand gut mir ihm meinte oder nicht. Es war einfach die Art der Leute in Hammerfell, die für ihn zu lesen war wie ein offenes Buch. Nur was sagte ihm jetzt, dass er auch hier so agieren konnte? Vielleicht waren die Bewohner Cyrodiils einfach nur schlitzohriger und er zu naiv? Wer sagt dass sie sich nicht alle gut verstellen konnten? Zu viele Vorhaben, zu wenig Aktion, denn er nahm sich schon wieder etwas vor, und zwar in Zukunft etwas skeptischer zu sein. Aber weiter kam er mit den gedanklichen Ausführungen nicht, denn am Tor wurde er erwartungsgemäß aufgehalten.
    Der wenig sympathisch aussehende dickliche Wachmann stellte sich ihm in den Weg und ließ ein gelbes Grinsen sehen, sein Anhängsel (ein schmächtiger Kerl in Wachuniform) stand rechts hinter ihm Spalier. "Was willst du gestriegelter Hund denn in Bravil...", ließ der Fettwanst verlauten und musterte Raccan in seiner im Vergleich zur Umgebung sehr neu wirkenden Rüstung spöttisch von oben bis unten. Der Mundgeruch schlug dem Rothwardonen entgegen, aber er verzog keine Miene.
    Die Kaiserliche erwähnte etwas von Korruption, kam ihm spontan der Geistesblitz. Ohne ein Wort zu sagen griff der Rothwardon in die Tasche, holte ein paar Münzen heraus und drückte sie dem Wachmann per Handschlag in die Hand, wie als ob er ihn gerade begrüßen würde. Es war riskant, wenn er sich irrte, dann würde er jetzt schneller in das Verließ wandern als er gucken könnte, aber seine Menschenkenntnis (auf die er sich eigentlich nicht mehr verlassen wollte, was er erst vor ein paar Sekunden sich selbst versprochen hatte) sagte ihm, dass er damit genau an der richtigen Adresse war; und genauso war es auch.
    Der Mann schaute erst verdutzt, aber als er die Münzen fühlte, grinste er noch breiter als sowieso schon und lachte lauthals.
    "Wir verstehen uns...willkommen in Bravil!", meinte er überschwänglich, schüttelte ruppig die Hand des Rothwardonen, ließ die Münzen verschwinden und trat zur Seite. Hinter sich hörte Raccan den Wächter noch zu seinem Kollegen sagen: "Siehst du, Ulf, so geht das. Autorität ist alles...", und wieder erklang das bellende Lachen.

    Der Rothwardon stellte fest dass der äußere Eindruck der Stadt leider nicht täuschte, und das bedauerte er sehr, denn dieser Ort ließ seine schlimmsten Befürchtungen wahr werden. Auch in Hammerfell fand man kaum befestigte Wege in den Städten, viel mehr war es festgetretener Sand, Ton und Dreck, was auch hier in Bravil der Fall war; jedoch kam ihm das Gesamtbild in seiner Heimat irgendwie…sauberer vor als dieses Mischmasch aus Matsch, Dreck, Müll und Pflanzenresten, dazu hier und da feuchte Stellen und der Geruch von Schimmel. Bedingt durch seine Lage und unzureichender Bausubstanz mochte sich Raccan lieber nicht vorstellen, wie es im Inneren des Mauerwerks oder gar in den Kellern der wahllos zusammengeschustert wirkenden Holzhäusern aussehen mochte. Die ersten Leute, die ihm bei seinen ersten Schritten durch die Stadt begegneten, waren ebenfalls alles andere als sympathisch und rundeten den ersten Gesamteindruck zu einer sehr eindeutigen Meinung ab. Der Assassine war sich sicher, wenn er nicht aufpasste, würde er heimlich, still und leise in irgendeinem dieser stinkenden Kanäle landen, wo niemand ihn auch nur ansatzweise vermissen würde; im Gegenteil, wahrscheinlich würde man seine Leiche noch nachträglich mit Steinen beschweren um quasi ‚aufzuräumen‘. An eben einem solchen Kanal stand er nun und schaute skeptisch in das schmuddelige Brackwasser. Die Holzstege an den Ufern des Kanals sahen verrottet aus und waren unaufgeräumt, mit kaputten Kisten übersäht, denen man ansah, dass sie wohl niemand mehr abholen würde. Hier und da hockte eine Gestalt auf dem Boden oder saß auf einem Holzstück; Argonier, Khajiit, aber auch menschliche Wesen, wobei die Tierrassen den Hauptanteil dieser Gestalten ausmachten. Einige waren verhältnismäßig gut angezogen, einige konnten über den einen Fetzen Stoff am Leib wohl froh sein. Raccan, der sich gebannt von soviel armer Atmosphäre nicht auf seinen Rücken konzentriert hatte, bemerkte so nun nicht den älteren, zahnlosen Mann, der hinter ihn getreten war und nun ein leises Kichern hören ließ. Der Rothwardon wurde aus seinen Gedanken gerissen und blickte den Anschleicher an. Die grauen langen Haare waren nur noch an der Seite des Kopfes vorhanden, das Gesicht des Bretonen war faltig, er sah mindestens aus wie hundert Jahre. Mit dem Stock in der Hand und der leicht gebückten Haltung sollte man meinen, er wirke gebrechlich und unbeweglich, aber irgendetwas an ihm strahlte Vitalität aus; vielleicht waren es seine grauen Augen, die unter den schweren Augenlidern den Assassinen wachsam musterten und etwas von dem alten Feuer und der Erfahrung verrieten, die in dem Greis noch schlummerten.
    „Erschrocken über soviel Armut, Rothwardon?“, fragte der Bretone grinsend, aber in seiner Stimme schwang etwas Lauerndes mit.
    „Ja, schon ein wenig…“, erwiderte Raccan knapp und nickte. Es trat eine kleine Pause ein, in welcher der Mann überlegen zu schien, was er von seinem Gegenüber halten sollte. Schließlich schlug er einen versöhnlichen Ton an.
    „Wenigstens seid ihr ehrlich. Ihr kommt nicht von hier, Rothwardon, das sehe ich euch an. Hammerfell, richtig? Keine Stadt….die Wüste vielleicht?“, und Raccans überraschtes Gesicht quittierte der alte Mann mit einem weiteren hellen Kichern. „Betont einheimische, aber saubere Kleidung, eure Haut sieht ebenfalls sehr gleichmäßig aus als ob ihr ständig in der Sonne wärt, und euer Schwert da“, und er deutete auf das Langschwert mit dem schlangenhautbespannten Halfter am Gürtel des Rothwardonen, „sieht ebenfalls nicht von hier aus.“. Dieser Kerl ist schlau und weltgewandt, alle Achtung. Raccan versuchte betont lässig zu wirken, aber diese Durchsichtigkeit seinerseits gefiel ihm gar nicht, und das wusste der Bretone mit Sicherheit.
    „Ihr seid gut…“, sagte Raccan und der alte Mann grinste noch breiter als ohnehin schon, „…und ihr kennt euch aus. Könnt ihr mir helfen? Ich bin auf der Suche nach jemanden…“. Das Grinsen des Bretonen gefror in seinem Gesicht, und der Tonfall wurde rauer.
    „Natürlich seid ihr das. Warum sonst solltet ihr hunderte Meilen hierher zurücklegen, Assassine…“, und nun war es an Raccan, seine Gesichtszüge zu Eis erstarren zu lassen. „Nun zieht nicht so eine Fresse, glaubt ihr ich erkenne einen Meuchler nicht wenn ich ihn sehe? Alles an euch schreit nach Kaltblütigkeit, dazu eure Bewaffnung, damit werdet ihr wohl kaum Schmetterlinge jagen mit eurem Bogen und den Messern da, hab ich Recht?“. Raccan sagte nichts, das Gespräch wurde ihm immer unangenehmer; solange man ihm nichts nachweisen konnte, war er relativ sicher, aber zum einen würde, wenn diese Nachricht die Runde machte, es den Khajiit verschrecken, zum anderen konnte er sich nicht sicher sein wie diese korrupten Wachen auf einen Assassinen reagieren würden. Jetzt machte er sich tatsächlich Gedanken darum, wie er den Mann verschwinden lassen konnte, denn dieser war eine große Gefahr. In den Kanal schubsen? Ihn vergiften? Einfach grob abstechen und es wie einen Raub aussehen lassen? Die Möglichkeiten waren vielfältig in einer so von Armut durchzogenen Stadt, niemand würde diesen Greis da vermissen. Als sich Raccan jedoch bereits ausmalte, wie er es anstellen würde, prustete der Bretone plötzlich los und hielt sich krampfhaft an seinem Stock fest um nicht umzufallen.
    „Ihr solltet euer Gesicht sehen, Rothwardone. Gerade malt ihr euch aus wie ihr mich loswerden könnt, weil ich zu viel weiß. Aha, ja, genau so ist es. Aber ich beruhige euch…“, und er blickte sich verschwörerisch um, und als er niemanden weiter sah, fügte er leise hinzu, „…denn ich gehorche der Mutter der Nacht.“. Raccan zeigte keine Reaktion, woraufhin der Bretone skeptisch nachhakte. „Ihr wisst von der Mutter der Nacht? Von Sithis?“. Noch immer zeigte Raccan keine Regung, aber in seinem Kopf arbeitete es. Sithis? Mutter der Nacht? Von was redete dieser Greis? Drehte er jetzt durch? Wieder dieser lauernde Blick des Alten. „Oder gehört ihr gar zur Morag Tong?“, und er musterte den Rothwardonen genauestens. Als dieser weiter schwieg, entspannte sich das Gesicht des Mannes. „Also ein freier Söldner, gut, dann habe ich nichts gegen euch…“, und die Stimme des Bretonen wurde freundlicher, „…im Gegenteil, ich glaube, wir könnten beide voneinander profitieren“, und ein verschlagenes Schmunzeln umspielte die spröden Lippen des Bretonen. Raccan unterdessen machte sich Gedanken, wovon der Mann vor ihm sprach. Morag Tong? War das nicht so eine Mördergilde? Wie hieß doch gleich diese inoffizielle Vereinigung in Hammerfell, von der jeder wusste, aber niemand sprach? Dunkler Bund, oder so ähnlich. Er hatte sich damit nie weiter beschäftigt, für ihn kamen Auftragsmorde gegen Geld nicht in Frage; dass er mit seinen Ritualmorden dabei auch keine bessere Moralvorstellung hatte, verdrängte der Assassine in die hinterste Ecke seines Kopfes, um sich wieder auf die jetzige Situation zu konzentrieren. Er durfte nun nichts Falsches sagen. Der Greis schien zu überlegen, ehe er fortfuhr. „Ihr sucht jemanden? Nun, dann habe ich einen heißen Tipp für euch. Unter der Hängebrücke, auf der Seite der Magiergilde, lungert öfters ein schwarzer Khajiit herum. Der weiß so einiges, man muss ihm nur manchmal etwas….auf die Sprünge helfen, ihr versteht? Holt euch eure Information und erledigt euren Auftrag. Und danach, wenn ihr frei seid, kommt bei mir vorbei, ich erwarte eine Gegenleistung für meine Hilfe…und ich rate euch, zu erscheinen, denn die Mutter der Nacht vergisst nie…“, und damit drehte sich der Bretone um und ließ den verdutzten Raccan zurück.
    Was war hier eben geschehen? Bis eben dachte er, mit seinem Schweigen sei er auf der sicheren Seite. Nichts von sich preisgeben, das war ein guter Weg; in nichts einwilligen oder verwickeln lassen, der neutrale Pfad war immer noch am Besten. Aber dieser alte Mann war an Dreistigkeit nicht zu überbieten, und doch empfand der Assassine ein wenig Bewunderung für soviel Cleverness. Ohne Raccan auch nur den Hauch einer Chance zu lassen las dieser Bretone in ihm wie in einem Buch, versorgte ihn mit einer Information und nahm ihn damit in seine Pflicht. Aber was meinte er mit ‚die Mutter der Nacht vergisst nie‘? Vielleicht irgendeine religiöse Redensart? Er kannte immerhin nicht mal den Namen des Mannes, geschweige denn den Wohnort. Ob er diesen undurchsichtigen Greis je nochmal aufsuchen würde, das wusste Raccan selbst nicht; aber was konnte es schaden, dem Hinweis des Alten auf den Grund zu gehen?

    Unter der Brücke sah es nicht viel anders aus als überall in Bravil. Morsche, kaputte Holzbretter, Schutt, Müll, Gestank, soweit das Auge und die Nase reichte. Hier und da saßen schmutzige Leute und Tierwesen auf Kisten, unterhielten sich oder vegetierten einsam und starr dreinblickend vor sich hin. Oh ja, das hier war kein Ort, an dem man sich gerne aufhielt; nur einer machte den Eindruck, als fühlte er sich hier pudelwohl. Der schwarze Khajiit unterhielt sich angeregt, fröhlich lachend und heiter mit ein paar übel dreinblickenden Kerlen, anscheinend erzählte er eine Geschichte, über die so gar niemand wirklich lachen konnte, aber man ließ ihn gewähren. Als Raccan hinzutrat, würdigte man ihn keines Blickes, und so hatte er Zeit zum studieren der Katze. Aus der Nähe wirkte der Khajiit nicht mehr heiter, sondern eher aufgedreht. Die Pupillen waren geweitet und er zappelte wild herum. Ganz klasse, eine Skoomakatze…, seufzte der Rothwardon gedanklich auf und verschränkte die Arme. Plötzlich blickte der Khajiit auf und Raccan direkt an, und mit einem Mal schien es, als ob jegliche Drogen aus der Blutbahn des Tieres gewichen waren. Angst schlich sich in die nun klaren Augen des Informanten, er war starr vor Schreck und hatte die Geschichte mitten im Satz abgebrochen; und gerade, als sich Raccan fragte, was denn nun schon wieder los sei, fuhr der Khajiit herum, machte einen großen Satz über einen sitzenden Ork hinweg und rannte hektisch davon. Was zum…, Raccan war zunächst zu überrascht, um zu reagieren, dann jedoch setzte er der Katze nach; er war flink, das musste man ihm lassen. Hektisch und sichtlich panisch rannte der Khajiit den Weg, den Raccan gekommen war und der zur Straße führte, hinauf. Der Rothwardon folgte ihm, und oben angekommen sah er gerade noch, wie der Flüchtende von einem Hausdach herunterblickte und dann verschwand. „Wie hat er das…“, fluchte Raccan, überlegte aber nicht groß, sondern tat es dem Khajiit gleich. Das hölzerne Haus bot zum Glück genug Querbalken und Vorsprünge, sodass der Assassine es schnell erklommen hatte; im Vergleich zu den Klettereien in der Wüste an Felswänden hinauf war diese Holzwand mehr oder weniger eine Leiter, und so schwang er sich innerhalb weniger Sekunden auf das Dach und blickte sich um. In etwa vierzig Metern Entfernung sprang der Khajiit von Dach zu Dach und hatte schon einen ordentlichen Vorsprung. Er würde entkommen, Raccan musste alles auf eine Karte setzen, und so nahm er in einer fließenden Bewegung den Bigen vom Rücken, sicherte seinen Stand, legte einen Pfeil in die Sehne, spannte den Bogen und zielte auf den Khajiit. Dieser hatte sich gerade umgedreht und der Schreck war der Katze deutlich anzusehen als sie realisierte, was Raccan vorhatte, und daraufhin rannte sie auf die nächstbeste Dachkante zu. Der Pfeil sauste los, und kurz darauf war er samt Khajiit vom Dach verschwunden. Raccan fluchte, er war sich sicher, verfehlt zu haben; er lief und sprang nun seinerseits über die Dächer auf die Stelle zu, an der sein Geschoß und seine ‚Beute‘ verschwunden waren, im Laufen verstaute er seinen Bogen wieder auf dem Rücken. An der Kante angekommen blieb er stehen und blickte hinunter. Eine schmale Seitengasse bot sich ihm dar, nicht zu hoch zum springen; von dem Khajiit keine Spur. „Verdammt…“, stieß er hervor und ließ sich langsam in die Seitengasse hinunter. Es war etwas düster, aber nicht zu dunkel um die Blutspur auf dem Boden zu erkennen. Die Miene des Rothwardonen hellte etwas auf, also hatte er doch getroffen. Mit den Augen folgte er der Spur, die hinter eine große Kiste führte. Langsam erhob er sich und schlich auf den hölzernen Würfel zu, einen Schritt vor den anderen setzend, und schaute schließlich, was sich dahinter verbarg.
    Die Klinge des Dolches schoss genau auf sein linkes Auge zu, und nur seiner blitzschnellen Reaktion war es zu verdanken, dass er ohne eine Schramme davonkam. Der Khajiit hatte hinter der Kiste gelauert und ihn, kaum dass Raccans Kopf sichtbar wurde, mit dem Dolch zugestoßen. Der Assassine warf sich zurück, als das pelzige Wesen nochmal zustieß und sich dabei mit einer Hand an der Kiste festhielt um aufrecht zu stehen; Raccan Pfeil steckte im Fuß des Informanten und Blut floss in kleinen Rinnsalen auf den Boden. Als der Flüchtende nun ein drittes Mal zustieß, hatte sich der Rothwardon wieder gefangen, packte das Handgelenk des Khajiit und verdrehte es mit einem Ruck, sodass es laut knackte und der Dolch klirrend zu Boden fiel. Ein lauter Schrei ertönte, und sein Opfer machte Anstalten einzuknicken, aber der Assassine war schneller. Noch immer das Handgelenk festhaltend, warf er den Informanten herum, drückte ihn rücklings gegen die nahe hölzerne Hauswand und knallte die Pfote ebenfalls daran. Mit der freien Hand zückte er eines der Wurfmesser und rammte es dem Khajiit bis zum Heft mitten durch die Hand, sodass diese nun an die Wand genagelt war; ebenso verfuhr er mit der anderen Seite, und beide Mal jaulte der Khajiit laut auf. Danach trat Raccan zurück und schnaufte erst einmal durch, aber nur um dem Gekreuzigten an der Hauswand ansatzlos mit der linken Faust einmal kräftig gegen den Kiefer zu schlagen, sodass diese hör- und fühlbar brach und der Khajiit Blut spuckte. So verharrte Raccan vor dem Khajiiten, und auch von Diesem war erst einmal außer ein schmerzerfülltes Wimmern und gurgelnde Geräusche nichts zu hören. Gerade wollte der Assassine das Wort an sein Opfer richten, als er von der Seite angesprochen wurde.
    „Hey, ihr da, was tut ihr da?“, und ein Wachmann trat von der Straße in die Gasse. Verdammte Scheiße, das darf doch nicht wahr sein. Aber was habe ich mir eingebildet, unbemerkt auf Dächer klettern und dann noch darauf hoffen, dass die Schreie des Khajiiten niemand hört? Träum weiter. Er war nun in der Zwickmühle, aber auch jetzt meldete sich sein Geistesblitz. Schnell griff er in die Tasche und erfühlte seinen Beutel voller Septime. Viel war nicht mehr darin, und es war sein letztes Geld, aber er hatte keine Wahl. Er zog den Beutel hervor, zeigte ihn kurz und warf ihn dann der Wache zu. Bitte, Bitte, Satakal, wenn es dich wirklich gibt, wäre das jetzt ein guter Zeitpunkt deine Gunst zu zeigen….
    Der Wächter war sichtlich überrascht, fing den Beutel aber und blickte hinein. Dann schaute er auf, besah sich die Szene und grinste. „Fünf Minuten…“, krächzte er, betont gleichgültig wirkend, drehte sich um und platzierte sich mit verschränkten Armen vor der Gasse, um neugierige Passanten abzuhalten. Der Khajiit hatte die Szene mit hoffnungsvollen Augen verfolgt, aber als sich die Wache abwandte, schüttelte er hektisch den Kopf, aber dies stimmte die Wache natürlich nicht um. Raccan wandte sich wieder an den Khajiiten. „Fünf Minuten würden reichen, um dich zehn Mal zu massakrieren, also sagst du mir lieber, was ich wissen will, du weißt doch sicher, wer ich bin…“.
    Der Khajiit machte keine Anstalten zu antworten, nicht einmal ein Nicken oder Kopfschütteln gab es; Raccan spürte, wie die Wut in ihm wuchs, auf diese Spielchen hatte er keine Lust, und seine Zeit war ebenfalls begrenzt. Er hob den Dolch des Khajiiten vom Boden auf und schaute sein Opfer nochmals fragend an. „Kennst du mich, ja oder nein?“.
    Als immer noch keine Antwort kam, packte einen der pelzigen Finger die kraftlos herunterhingen, setzte die Klinge an und schnitt ihn mit einer kräftigen ab. Wieder jaulte der Khajiit auf, die restlichen Krallen verkrampften sich, aber der Rothwardon hatte schon den nächsten Finger in der Hand und zog den Dolch auch hier gnadenlos durch. Achtlos, wie Müll, ließ er beide Extremitäten vor den Khajiit auf den Boden fallen und stellte sich mit fragendem Blick davor hin. Der Khajiit schnieft und wimmerte, daraufhin zuckte der Assassine mit den Schultern und packte den dritten Finger.
    „Nein!!!“, jaulte der Informant auf als Raccan den Dolch ansetzte, und daraufhin verharrte der Rothwardon in der Bewegung und wartete regungslos. Nach einer kleinen Pause keuchte der Khajiit, leicht nuschelnd durch den gebrochenen Kiefer: „Ja, ich weiß es. Hawa'ajala sagte mir, dass ihr ihn suchen würdet.“. Die Katze spuckte Blut und betrachtete einen Moment lang ihre Finger auf dem Boden. „Aber er soll zu Dagon fahren, für ihn geh ich nicht drauf.“.
    Raccan wunderte sich über die akzentfreie Sprache (abgesehen von der immagniären heißen Kartoffel im Mund), aber das war nun nebensächlich. Ohne den Dolch vom Finger zu nehmen fragte er mit monotoner Stimme: „Wo ist er?“.
    Der Khajiit blickte auf und drehte den Kopf zu Raccan. „Im Westen befindet sich eine einsame Hütte im Wald. Weiß kaum einer davon. Da wollte er hin. Wer weiß ob er es geschafft hat, vielleicht haben ihn auch schon die Wölfe zerfleischt…ihr werdet büßen, Rothwardone…“, zischte das Katzenwesen und spuckte Raccan Blut ins Gesicht.
    Dieser aber nahm den Dolch vom Finger, trat einen Schritt zurück und lächelte, während er sich mit der Hand das Blut aus dem Gesicht wischte. „Wenn du mich angelogen hast, schneide ich dir das nächste Mal etwas anderes ab…“, und kurz unter der empfindlichsten Stelle rammte er die Waffe zwischen die Beine des Informanten ins Holz. Dieser hatte aus Reflex aufgeschrien und blickte nun nach unten; so sah er nicht die Rechte des Rothwardonen heranfliegen, die den Khajiit an der Schläfe traf und ihn ausknockte.

    Nun war es still in der Gasse, und Raccan schnaufte kurz durch. Dies war unschön gewesen, aber nichts im Vergleich zu dem, was noch kommen würde. Abgeklärt und fast geschäftsmäßig zog er die Wurfmesser aus der Wand und der Khajiit fiel wie ein nasser Sack zu Boden, danach riss er ohne Umschweife den Pfeil aus dem Fuß und verstaute alles. Der Informant blutete stark, aber nicht so dass er sterben würde, und so wandte sich Raccan zum Gassenausgang, ging wortlos an dem Wächter vorbei und ignorierte gekonnt die Blicke der Passanten, als er sich auf das Stadttor zubewegte. Auf dem Weg zu den Stallungen hing er seinen Gedanken nach. Der Khajiit war wirklich verdächtig schnell eingeknickt, es lag nahe dass es sich hierbei um eine Finte gehandelt hatte. Andererseits wirkte die Katze sehr geschockt von Raccans direktem Handeln ohne großes Zögern, und zugegebenermaßen war er selbst ein wenig überrascht von sich. Im Grunde hatte er nicht vor gehabt, ihn so zu verstümmeln, aber nach dem Dolchangriff war er in einen altbewährten Automatismus verfallen; stolz war er auf diese Fähigkeit, emotionslos und ‚spontan-kreativ‘ sein Opfer zu foltern, nicht, aber sie hatte ihm in vielen Situationen schon weitergeholfen.
    Bei den Stallungen angekommen (die Wache hatte ihn ohne Zwischenfälle das Stadttor passieren lassen, freuten sich beide doch immer noch über sein Bestechungsgeld) öffnete Isabeau auf Raccans Klopfen, aber ihr freudiges Gesicht verzog sich zur Grimasse als sie den Rothwardonen erblickte, alles Blut hatte er wohl nicht abwischen können. „Was habt ihr getan…“, fragte sie halblaut und ging einen Schritt zurück, etwas Angst schwang in ihrer Stimme mit.
    „Nichts, was der Rede wert ist. Er lebt noch, falls das eure nächste Frage gewesen wäre. Ich will meine Sachen und das Pferd holen“, erwiderte der Assassine mit monotoner Stimme, und daraufhin holte die Frau hektisch seine Sachen aus der Bodenluke und drücke sie ihm in die Hand, anscheinend konnte sie es gar nicht erwarten, den blutverschmierten Rothwardonen loszuwerden, und Raccan verübelte es ihr nicht. Knapp verabschiedete er sich, dankte für die Gastfreundschaft und sattelte draußen geschwind sein Pferd, um danach sogleich aufzusitzen und Bravil Richtung Westen zu verlassen. Kurze Zeit später saß er wieder ab, schaute sich um ob ihm jemand folgte, und schlug sich dann, als er niemanden sehen konnte, in die Büsche…

    Am Abend saß Raccan am Ufer eines kleinen Sees und hatte hier sein Lager aufgeschlagen. Den ganzen Tag war er durch den Wald gelaufen, aber er war nur schwer vorangekommen; hier lag ein großer Baumstamm im Weg, dort war das Gebüsch zu dicht, an wieder anderer Stelle versperrte eine Barriere aus Felsen den Weg die er umgehen musste. An vielen verwitterten Ruinenresten war er vorbeigekommen, Tiere hatte er gesehen (aber keine Aggressiven) und sich bei dieser Gelegenheit einen genießbar aussehenden Vogel geschossen, der nun über dem kleinen Feuer hing und einen leckeren Geruch verbreitete. An sich war das Lagerfeuer nicht nötig, denn unweit des Sees befand sich eine dieser seltsamen magischen Energiequellen, die der Rothwardon schon an dem Weg nach Bravil gesehen hatte, aber auch jetzt hielt er gehörigen Sicherheitsabstand, er traute dieser Quelle immer noch nicht so ganz und warf ab und an einen argwöhnischen Blick hinüber. Abwesend stocherte er mit einem Stock in der Glut herum, als ihm einfiel, was er ja schon eine Zeitlang machen wollte, und welcher Zeitpunkt war günstiger als jetzt. Schnell war ein Stück Pergament und das Tintenfass mit dazugehöriger Feder in dem Gepäck gefunden, dazu ein glatter Felsen in der Nähe. Raccan hockte sich davor und setzte an, aber sogleich wieder ab. Ja, was wollte er denn schreiben? Wie er vorankam? Dass er Khajiits die Finger abschnitt? Dass er sich in dieser Provinz alles andere als wohl fühlte? Dass er hier wie ein einsamer alter Mann alleine im Wald saß? Der Rothwardon lächelte, er wusste, was Sahi hören wollte, und so begann er erneut.

    Liebe Sahi,
    entschuldige dass ich mich erst jetzt melde, aber es waren ereignisreiche, vergangene Tage. Mein Auftrag steht kurz vor der Erfüllung, ich glaube nun den Aufenthaltsort des Verräters zu wissen; Zalanu, Satakal und auch der Stamm darf sich bald wieder sicher fühlen.
    Dies ist ein fremdes Land, daran ändert auch die Tatsache nichts, dass ich diesmal mit meinem kompletten Gedächtnis hierher zurückgekehrt bin, denn noch immer verwirrt mich das Verhalten der hier ansässigen Bewohner. Ich lernte eine junge Frau kennen (nein, Sahi, hör auf zu lächeln) welche mich durch geschickte Worte dazu gebracht hat, dass ich sie auf ein Treffen mit Edelleuten begleiten werde. Die Leute sind in einem Moment freundlich und zuvorkommend, im Anderen nehmen sie einen in die Pflicht und zwingen dir ihren Willen auf. Dieses Verhalten ist mir völlig unbekannt; jene Erfahrungen zu machen erweitern meinen Horizont, vergrößern jedoch auch mein Misstrauen gegenüber der Provinz. Außerdem sah ich Städte, große Städte, die mich sehr überraschten. Schmutzige Metropolen, prachtvolle Bauten, rege Geschäftigkeit, jede Stadt hält eine neue Überraschung bereit; ich wünschte du könntest es sehen. Wer weiß was Cyrodiil noch für mich bereit halten wird, ich werde dir davon berichten so gut und oft ich kann.
    Pass auf dich auf.
    Raccan

    PS: Das Pferd ist schlauer als es zugeben will. Hat es einen Namen?


    Bei dem letzten Satz blickte Raccan zu dem Pferd, welches unschuldig am Wasser stand. Nochmals las er den Brief durch, und erst jetzt fiel ihm auf, dass der in der Gasse doch tatsächlich ein gedankliches Stoßgebet an Satakal gesandt hatte, und dieser Schlangengott hatte ihn tatsächlich erhört. Wieder schüttelte er den Gedanken ab. Es war einfach nur Glück gewesen. Ja, ganz genau; Glück, dass in Bravil anscheinend jede Wache korrupt war; Glück, dass er gerade so die nötige Menge an Münzen da gehabt hatte; Glück, dass er es nicht schon vorher für etwas anderes ausgegeben hatte; und es war Pech, dass er nun gar kein Geld mehr besaß, somit war er wohl dazu gezwungen, zukünftig draußen im Freien zu übernachten. Raccan knetete die Hände und rollte dann den Brief zusammen. Von diesen Problemen musste Sahi nichts wissen, sie würde sich nur unnötig Sorgen machen. Ein verschließbarer kleiner Tornister aus leichtem Metall und einer Schlaufe am oberen Ende holte er aus seinem Gepäck und betrachtete das Utensil. Der Schraubverschluss lies sich schwer öffnen, was in Anbetracht des Verwendungszweckes auch angebracht war. Der Brief passte nicht ganz hinein, und so musste der Rothwardon ihn noch enger zusammenrollen. Etwas mühsam und schwergängig stopfte er das Pergament hinein, verschloss das Rohr und stellte es auf den Felsen vor sich. Einen Moment lang musterte er das Metallrohr und setzte sich dann wieder zurück ans Feuer, wo er die Pfeife abnahm und im flackernden Licht betrachtete. Raccan fragte sich, ob ihn der Falke wirklich immer begleiten würde, und so blies er kurzerhand hinein; abermals hörte er keinen Ton, aber kurz darauf das ihm sehr vertraute Flügelschlagen. Jail machte diesmal nicht so ein Brimborium um sein Erscheinen, sondern landete auf einem umgefallenen Baumstamm, der ebenfalls in der Nähe des Feuers lag. „Du bist wirklich so anhänglich wie ein Schatten…“, bemerkte der Rothwardon, aber dies war keineswegs anklagend gemeint, im Gegenteil; in gewisser Weise beeindruckte ihn der Falke, denn immer war er in Hörweite. Er würde das Ganze wohl noch einige Male testen um sich zu überzeugen, dass dieses Tier wirklich so treu war wie er dachte. Gut, wenn er den Brief dann fortschafft, wird er wohl kaum kommen …, und der Assassine hängte sich die Pfeife wieder um den Hals, erhob sich und nahm den Tornister auf. Langsam ging er auf den Falken zu um ihn nicht etwa zu verschrecken (nicht dass er dahingehend Bedenken hätte, aber sicher war sicher) und machte sich daran, die Schlaufe sicher und fest an den Klauen des Tieres zu befestigen. Die ganze Zeit über bewegte sich Jail nicht und ließ Raccan gewähren.
    „Zu Sahi musst du fliegen…“, sprach der Rothwardon dem Falken zu als er die Nachricht befestigt hatte, und kaum hatte er dies ausgesprochen, stieß sich das Tier von dem Stamm ab und verschwand mit ein paar kräftigen Flügelschlägen in der Nacht. Etwas verdutzt blickte er Jail hinterher, aber dann setzte er sich wieder an’s Feuer und fing wieder an, darin herum zu stochern. Hatte er vielleicht irgendetwas Wichtiges vergessen? Das Geschenk? Den Splitter? Nein, den wollte er noch einfassen lassen. Aber wie sollte er das bewerkstelligen, ohne Geld? Raccan seufzte, er musste sich etwas einfallen lassen, er stolperte in dieser Provinz von einer Verlegenheit in die andere. Das Buch. Der Empfang. Die Ruine. Der alte Mann in Bravil. Seine Geldsorgen. Und jetzt wäre es ein Glücksspiel, wenn er sich einfach so schlafen legen würde, mitten in der Wildnis. Wer weiß, was für Banditen hier durchkamen und ihn im Schlaf einfach ausrauben oder abstechen würden. Aber was blieb ihm anderes übrig, schlafen musste er, und so entschied er sich dafür, nur leicht zu dösen, das musste einfach reichen. Etwas entspannter legte er sich zurück und schloss die Augen….

  4. #4

    Westebene (Wildnis) -> Westebene (Isoliertes Haus)

    Raccan befand sich wieder in seinem Dorf, genauer gesagt auf dem Hauptplatz. Alles war festlich geschmückt, es würde wohl wieder einmal ein Fest für Satakal stattfinden, an dem Raccan wie jedes Mal teilnehmen musste. Lust dazu hatte er keine, aber es musste sein. Komischerweise trug er weder Waffen noch andere Utensilien, ungewöhnlich für den Rothwardonen. Ein Blick in seine Umgebung verriet ihm ebenfalls, dass er komplett allein war. Das Dorf hatte nur im ersten Moment wie seine Heimat gewirkt; sicher, die Häuser fanden sich alle an der richtigen Stelle, der alte Baum etwas abseits auch. Aber ohne Bewohner wirkte dies alles so…fremd. Wie in Trance schlich Raccan durch den festgetretenen Wüstensand auf das Haus des Häuptlings zu und wagte einen Blick hinein. Der Thron war verwaist, dekoriert war es, aber niemand zu sehen. Verwirrt wiederholte der Assassinen dieses Prozedere bei weiteren Häusern, bis er schließlich vor dem seiner Schwester stand; ein ungutes Gefühl beschlich ihn, als er die Hand nach dem Vorhang ausstreckte, welcher vor dem Eingang der Lehmhütte hing. Seine Finger berührten den Stoff und schoben ihn zur Seite, aber vor ihm tat sich nur ein gähnender schwarzer Schlund auf. Zwei Schritte nach vorn später stand er inmitten dieser Finsternis, seine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit, aber im selben Moment wünschte er sich, blind zu sein. Direkt gegenüber des Eingangs, an der Stelle wo er bei seinem Aufwachen im Dorf im Bett gelegen hatte, stand Sahi; nein, eher hing sie an der Wand, festgenagelt von unzähligen Schwertern, welche bis zum Heft in ihren Körper gerammt waren. Der sandige Boden hatte sich tiefrot verfärbt und zeigte ein skurriles Muster aus rotem Schlamm. Die Kehle seiner Schwester war durchgeschnitten und ihr Kopf hing kraftlos schräg nach vorne herunter, wobei sich ihre langen Haare im Blut an den Stichwunden verklebt hatten. Starr vor Angst konnte sich Raccan nicht rühren, er spürte ein Zittern in sich aufkommen; ein Zittern, welches er sich nicht fähig sah es zu kontrollieren. Mühsam zwang er sich einen Schritt auf den bestialisch zugerichteten Leichnam von Sahi zu, dabei streckte er langsam den Arm nach ihrem Kopf aus. Noch einen Schritt tat er vorwärts, Raccan fühlte sich als würde er durch Treibsand waten und mit jeder Bewegung tiefer sinken. Einen Meter vor seiner Schwester entfernt wurde die Last an seinen Füßen so schwer, dass er stehenblieb und nach unten blickte. Schlangen. Überall um seine Füße krochen Schlangen. Schlangen mit Fingern auf dem ganzen Körper. Der Rothwardon wollte einen Laut der Überraschung ausstoßen, aber er war stumm und brachte keinen Ton heraus. Hastig warf er den Kopf herum, der ganze Raum war mit diesen seltsamen Viechern überfüllt. Wieder schaute er auf die leblose Sahi, und gerade als er ihren Kopf berühren wollte, zuckte dieser hoch und leere, blutige Augenhöhlen starrten ihn an. Ein diabolisches Grinsen zeigte sich auf dem Gesicht seiner Schwester, aber diese Abartigkeit hatte genau genommen nichts mehr mit seiner kleinen Schwester zu tun. „Na wen haben wir denn da…“, ertönte eine rauchige Stimme, als der Kiefer der an die Wand Genagelten hoch und runter klappte. Kurz darauf spürte Raccan ein Stechen am Hals, der Raum verschwamm und wurde strahlend weiß…

    Als Raccan die Augen aufschlug, stand ein unrasierter und schmutziger Kaiserlicher in einer zerschlissenen Lederrüstung über ihm und hielt die Spitze seines schartigen Langschwerts auf die Kehle des Rothwardonen. Offensichtlich handelte es sich um einen Banditen, denn als der Assassine sich bemühte, einen klaren Blick für die Gesamtsituation zu bekommen, erkannte er am Rande seines Blickfelds weitere Gestalten und hörte auch Schritte und Geklapper. Zunächst aber konnte er sich darauf nicht konzentrieren, denn noch immer hatte er das Bild von Sahi vor seinem inneren Auge; wie sie aufgespießt an der Wand hing, blutüberströmt, tot. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, und das lag nicht an der Klinge an seinem Hals. Er musste wohl die Sache mit dem Khajiit irgendwie mit seiner Art Heimweh vermischt haben, aber trotzdem, so einen extremen Albtraum hatte er lange nicht mehr gehabt. Der schmierige Kerl riss Raccan schließlich aus seinen Gedanken.
    „Hey, ich hab dich was gefragt…“, blaffte der Bandit und drückte zur Verdeutlichung seiner Worte das Schwert ein paar Millimeter Richtung Hals. Raccan fixierte ihn mit den Augen und zwang sich, dem Mann zuzuhören, dabei blickte er fragend drein.
    „Sprichst du unsere Sprache nicht, oder bist du blöd? Ich hab dich gefragt wo du herkommst, nach deinem Aussehen zu urteilen aus einer Gegend ohne Bäume und Schatten…“, und der Kaiserliche lachte dumpf über seinen eigenen Witz. Aha, ein Rassist, das wird ja immer besser.
    „Hammerfell“, antwortete Raccan kurz angebunden und warf einen Blick zur Seite. Gerade durchwühlte ein Ork seine Taschen, warf dabei die für ihn wertlos erscheinenden Gegenstände achtlos auf den Boden. Ab und an hörte man Glas klirren, und der Rothwardon musste sich beherrschen, nichts zu sagen, denn diese Achtlosigkeit traf ihn gerade wirklich. Aber sich groß darüber Gedanken zu machen schaffte er nicht, denn der augenscheinliche Anführer suchte wieder Raccans Aufmerksamkeit.
    „Dein Pferd war schlauer als du und ist getürmt, aber das überrascht mich nicht, du scheinst ja nicht sonderlich helle zu sein. Ohne Nachtwache in der Wildnis zu schlafen. Was ist das, Ko’Luk?“, und die Frage ging anscheinend an den Ork, denn er hörte auf zu suchen und blickte zu ihnen herüber.
    „Ähhhh….“, hörte man nur und er blickte ahnungslos drein.
    „Dämlich ist das, Ko’Luk…dämlich. Wie du. Hast du was gefunden?“.
    „Nichts, Chef. Nur wertlose Sachen hat er dabei. Keine Septime.“.
    „Ohoh, das sieht nicht gut für dich aus, Rothwardon…“, und ein fieses Grinsen zeigte sich auf dem Gesicht des Kaiserlichen. Gerade als sich Raccan Gedanken darüber machte, wie er sich aus dieser Situation hätte retten können, wurde dieses Vorhaben im wahrsten Sinne des Wortes zerschlagen; denn in diesem Moment traf ihn die gepanzerte Faust des Orks direkt an der Schläfe. Raccan flog förmlich zurück und knallte hart auf dem Boden auf, ein ohrenbetäubender Kopfschmerz breitete sich in seinem Schädel aus. Der Kaiserliche sprach wieder, aber es klang sehr weit weg, wie als würde dieser Lump in einer Höhle aus großer Entfernung mit ihm reden. „Oh, Ko’Luk scheint dich ja sehr gern zu haben…“, und das Lachen des Banditen ging in dem tobenden Schmerz unter, der sich in Raccans Brust- und Magengegend ausbreitete, als der Ork anfing ihn mit Tritten zu malträtieren. Unter anderen Umständen hätte er diese Grünhaut ihre Grenzen aufgezeigt, aber nun war er so hilflos wie ein neugeborenes Baby, und so dauerte es nicht lang und er verlor das Bewusstsein…

    Dunkelheit. Schmerzen. Ein dröhnendes Rauschen. Wie in Trance nahm er die Worte des Banditen wahr. Vergiss den Kerl, der ist fertig. Hat er wirklich nichts dabei? Verdammter Nomade. Klirrende und berstende Fläschchen, Stimmengewirr, ein metallischer Geschmack im Mund. Raccan versuchte sich zu bewegen, aber es tat sich nichts, zu groß das Gewicht seiner Gliedmaßen. War vielleicht besser, sie hielten ihn für tot. Wieder traf ihn ein Stiefel in der Magengegend, stechender Schmerz, aber er reagierte nicht. Lass es, spar deine Kräfte für das nächste Lager. Stille. Ewig lange Stille. Zeit vergeht. Und wieder wird er getroffen, diesmal am Kopf. Wie eine schwere Puppe rutscht er auf dem Boden herum. Dummer Mensch. Der Ork. Schritte entfernen sich. Stille...lähmender Schmerz…dann endlich…erlösende Bewusstlosigkeit…

    Raccan wusste nicht, wie lange er hier gelegen hatte. Es konnten nur wenige Minuten gewesen sein (so fühlte er sich), oder aber auch mehrere Tage. Jeder Knochen im Leib schmerzte ihn als er sich versuchte zu bewegen, selbst die Augen zu öffnen kostete ihn eine Menge Energie. Sein linkes Auge bekam er so gut wie gar nicht geöffnet, und das Andere lieferte zunächst nur ein verschwommenes Bild seiner Umgebung. Ein Grasbüschel befand sich genau vor seinem Gesicht, einige Grashalme waren mit getrocknetem Blut bedeckt, mit großer Wahrscheinlichkeit stammte es von ihm, und er lag auf dem Bauch. Er versuchte die Hände zu bewegen, die Arme, sich irgendwie aufzurappeln, aber zuerst meldete sich nur der schon fast allgegenwärtige Schmerz in stechender Form in den Muskeln; sie fühlten sich wie Fremdkörper an, und nur unter größter Anstrengung gelang es Raccan, seine Hände neben seinen Kopf zu legen und in sein Blickfeld zu schieben. Er hatte Durst; unendlichen Durst. Die Sonne stand hoch am wolkenlosen Himmel und leistete ihren Beitrag dazu. Nun komm schon…, sprach sich der Rothwardon in Gedanken Mut zu, denn um es laut auszusprechen fehlte ihm die Kraft.
    Zwischen dieser Ermutigung und seinem anschließenden Hochstemmen lagen einige Minuten, denn es brauchte ein wenig, bis das Vorhaben von seinem Körper und Willen in die Tat umgesetzt wurde. Auf allen Vieren und zu Boden blickend schmerzte jeder Atemzug, der Geschmack von Blut im Mund fiel ihm erst jetzt auf; Ausspucken ging jedoch nicht, denn dazu hätte Speichel vorhanden sein müssen. Egal was Raccan tat, ob er seinen Kopf drehte oder sich gar nicht bewegte, er spürte jeden Muskel, und das nicht auf die gute Art. Schwerfällig blickte er auf und sich um, und was er sah, überraschte ihn zwar nicht, schockiert war er dennoch. Sein Lager sah aus als wär es von einer Schar Pferde überrannt worden. Zerbrochenes Glas, durcheinandergeworfenes Gepäck, seine Waffen und Kleidung lagen kreuz und quer verstreut, die Feuerstelle war zerstört worden. „Ihr Hunde, das werdet ihr mir büßen…“, fluchte er vor sich hin, aber sogleich verstummte er und griff sich an den Hals, das Sprechen bereitete ihm Probleme. Nüchtern betrachtet konnte er froh sein, den Angriff überlebt zu haben, anscheinend waren dieser Kerle zu blöd gewesen um zu erkennen dass er noch lebte, allerdings fühlte sich Raccan im Moment wirklich zum Sterben bereit. Aber erst einmal musste er etwas trinken, und so kroch er durch die Scherben und seinen verteilten Habseligkeiten Richtung des kleinen Sees. Hier angekommen wollte er natürlich sogleich das Wasser zu sich nehmen, aber kurz vor der Wasseroberfläche hielt er inne. Bei Satakal, er sah beinahe noch schlimmer aus als er sich fühlte, und das durfte bereits als Wunder bezeichnet werden. Sein linkes Auge war beinahe komplett zugeschwollen, sein Gesicht mit Schrammen und Blut übersät, die Unterlippe aufgeplatzt, an der linken Schläfe klaffte eine große, offene Wunde. Das Bild musste Raccan erst verarbeiten, wer weiß wie er unter der Rüstung aussah, die Schmerzen ließen ein ähnliches Bild vermuten, aber darum machte sich der Assassine erst einmal keine Gedanken mehr, denn der Wunsch nach der Löschung seines Dursts war mittlerweile so fordernd, dass er nun nachgab, seine hohle Hand in das kühle Nass tauchte und trank. Unglaublich, wie schnell man seine Ansprüche herabsetzen konnte um für den Moment zufrieden zu sein. Kraftlos ließ er sich zu Boden sacken, der Weg von seiner „Ruhestelle“ bis zum Ufer hatte Raccan ausgezehrt. Erschöpft wandte er sich zu seinem Lager herum und besah sich die Szenerie genauer; seine Heiltränke, Extrakte und Gifte waren zerstört, achtlos auf den Boden geworfen, seine Sachen ebenfalls. Plötzlich weiteten sich seine Augen (oder zumindest das eine, welches noch intakt war), und er kroch panisch zu seiner offenen Gepäcktasche, um darin hektisch etwas zu suchen; vergessen war in diesem Moment der Schmerz seiner Gliedmaßen. Dann, endlich hatte er gefunden nach was er gesucht hatte; der Zeremoniendolch lag schwer in Raccans Händen, und erleichtert atmete er aus. Dann aber beäugte er das Relikt genauer. Warum hatten die Banditen es nicht mitgehen lassen? Wertvoll sah er doch aus? Verzierungen am knöchernen Griff, eine geschwungene scharfe Klinge, welche eine schillernde Stahl-Maserung aufwies. Der Rothwardon erkannte nicht, dass es sich für ihn zwar um einen wertvollen Gegenstand handelte, für Außenstehende jedoch dies nur ein billiges Messer mit sinnfreien Schnitzereien ohne jeglichen Nutzen war. Er drehte die Waffe zwischen den Fingern, legte sie aber dann zurück in die Tasche und besah sich abermals das Chaos. Raccan schwor zwar auf die grünliche Paste des Schamanen aus dem Dorf, aber für Notfälle hatte er immer ein paar Heiltränke im Gepäck. „Ja, die Betonung liegt auf hatte…“, presste er angestrengt hervor und musterte die zerstörten Phiolen auf dem Boden. Nach einer kurzen Suche fand er in einem nicht ganz zerstörten Fläschchen im Gras noch eine fast vollständig vorhandene Heiltinktur. Vorsichtig hob er sie auf und hielt sie, ob seiner Schmerzen in den Armen, gegen das Licht um eventuell vorhandene Glassplitter auszuschließen. Erkennen konnte er nichts, was aber ein Vorhandensein Selbiger nicht ausschloss. Vorsichtig nippte der Rothwardon an dem scharfkantigen Gefäß und flößte sich langsam das Gebräu ein. Merklich ließen die Schmerzen nach, und den kleinen Rest, der noch übrig war, verrieb er zwischen seinen Händen und benetzte damit sein linkes Auge und die Schläfe. Die Heilung setzte sofort, jedoch nur langsam ein, und Raccan nutzte die Zeit um sich noch einmal umzusehen, und da entdeckte er in einiger Entfernung sein Pferd stehen. „Schlaues Tier, rechtzeitig getürmt und nachdem alles vorbei ist, wieder zurückgekommen…“, murmelte er und betastete seine Brust um weitere Verletzungen auszuschließen, und dabei traf es ihn wie ein Donnerschlag. Er befingerte die Wurfmesser, blickte sich heftig (zumindest soweit es sein schmerzender Nacken erlaubte) nach seinem Bogen um, erfasste ihn mit den Augen; seine grünumrandeten Pupillen zuckten weiter über den Boden, fanden die Pfeile, suchten weiter, sahen den Kampfdolch. Angestrengt dachte er nach, riss den Kopf zu dem Pferd herum, an den Satteltaschen hingen die beiden Krummsäbel wie er sie immer mit sich führte; aber so langsam dämmerte Raccan, was ihm die Banditen geraubt hatten. Das Schwert fehlte. Das Schwert, dessen Halfter und Heft mit Schlangenhaut bespannt war. Das Schwert, welches von Sahi gesegnet worden war. Das Schwert, welches ihn auf seiner Reise beschützen sollte. Der Assassine fühlte sich von einem Moment auf den anderen völlig kraft- und hilflos, ließ die Hände zu Boden sinken und starrte in den Himmel. Schweiß bildete sich auf seiner Stirn, lief in die offene Wunde und brannte unangenehm; aber der Rothwardon registrierte dies kaum, sondern flüsterte wie im Delirium vor sich hin, mit weit aufgerissenen Augen weiter nach oben schauend. „Was soll ich nur tun….das Schwert, weg, verloren…Satakal wird mich richten, vielleicht jetzt, vielleicht dann, vielleicht auch morgen. So kann ich nicht zu meinem Dorf zurückkehren. Sahi wird…“, und nur mit Mühe unterdrückte er das Bild aus seinem Traum. Plötzlich wurden die Augen wieder klarer, die Leere wich aus seinem Blick. Nein. Jetzt komm wieder runter, Raccan. Weder wird dich noch ein schlangenförmiger Blitz aus dem Himmel treffen und hier auf der Stelle richten, noch wird dich der Stamm verstoßen weil du das Schwert verloren hast. Zumindest Zweiteres wird nicht eintreten, wenn du den Auftrag zu Ende führst, denn das kannst du, der Zeremoniendolch ist schließlich noch da. Außerdem stellt sich die Frage nicht, ich hol das Schwert zurück…koste es was es wolle….
    Den Rest des Tages (er hatte am Mittag das Bewusstsein wiedererlangt, welcher Tag nach seiner Ankunft wusste Raccan jedoch nicht) verbrachte der Rothwardon damit, sein Lager und das Gepäck wieder einigermaßen herzurichten und seine Wunden zu versorgen. Die Verbände, die er mit sich führte, waren größtenteils schmutzig geworden und der Assassine konnte nur noch einen kleinen Teil davon verwenden. Auf dem Oberkörper hatte er viele Blutergüsse entdeckt, er vermutete, dass mindestens zwei Rippen gebrochen waren und auch stellte er fest, dass ihm die Banditen den Ayleiden-Splitter abgenommen hatten, den er Sahi schenken wollte. Bis auf den letzten Umstand befand er aber, dass das alles halb so schlimm war, denn Raccan war sich sicher, er würde den Splitter und auch das Schwert wiederbekommen, und auch die Wunden würden heilen…

    Spät in der Nacht lag der Assassine auch schon wieder im Gebüsch und beobachtete das Haus, welches direkt vor ihm lag; entdeckt hatte er das etwas verwitterte Gebäude weiter im Westen mitten im Wald. Das Pferd stand mitsamt Gepäck etwas abseits, denn Ballast konnte er jetzt nicht gebrauchen, dazu war er noch zu angeschlagen. Mit ausdruckslosem Gesicht rieb er sich seinen Brustkorb, die ganze Zeit hatte ein kleiner Stein dort gelegen und unangenehm auf seine Rippen gedrückt, und er schob das Stück Granit genervt zur Seite und spähte wieder auf die Fenster des Hauses. Die meiste Zeit über sah man weder Licht noch sonst irgendein Lebenszeichen, jedoch könnte Raccan schwören, dass er ab und an eine Bewegung wahrnahm. Er war es zwar gewohnt, lange Zeit auszuharren und nur zu beobachten, aber nicht bei diesen Temperaturen, und nun wurde ihm kalt. Ach verdammt; bringt ja nichts, hier noch weiter auf der faulen Haut zu liegen. Und ich fühle mich so oder so gerädert, also los…. Leise ächzend erhob er sich und rückte seine Waffen zurecht. Säbel, Dolch, Wurfmesser, Bogen; alles vorhanden. Vorsichtig schlich er zu seinem Pferd und hing sich das Seil von dem Ausrüstungshaken um die Schulter. Den Enterhaken lass ich hier, der macht zu viel Lärm, entschied der Rothwardon und machte sich auf den Weg. Geduckt und darauf achtend, worauf er seine Füße setzte, bewegte er sich an die Rückseite des Hauses heran, wobei er ein paar Meter vor der Hauswand innehielt, denn hier gab es keine Deckung mehr in Form von Bäumen oder einem Gebüsch. Er legte den Kopf in den Nacken, um schon einmal nach einem Angriffspunkt für sein Seil Ausschau zu halten, und wie der Zufall es wollte, stand einer der Dachgiebel etwas über, und darunter befand sich ein Fenster. Wie für mich gemacht. Der Assassine legte sich auf den Boden und atmete einmal ob der Schmerzen tief ein und aus, dann setzte er sich Richtung Hauswand kriechend in Bewegung. Stück für Stück robbte er vorwärts, bis er die hölzerne Barriere endlich erreichte und sich langsam und betont leise wieder aufrichtete und sich orientierte. Raccan drückte sich mit dem Rücken an die Wand, direkt rechts von ihm befand sich ein Fenster. Ein wenig ging der Assassine wieder in die Knie und riskierte einen Blick an der unteren Fensterecke in das Haus hinein. Stühle, ein Tisch, Regale, ein großer Kleiderschrank, dazu eine sehr unbenutzt aussehende große Feuerstelle; dass hier jemand wohnte oder sich versteckte, schien unwahrscheinlich, jedoch nicht unmöglich. Angestrengt suchten die grünen Augen die Dunkelheit ab, aber Raccan konnte kein Anzeichen von Leben entdecken. Gerade als er nach seinem Seil greifen wollte, hielt er inne und fixierte den Fensterrahmen. Warum eigentlich nicht, es könnte ja sein dass…, und er legte seine Hände lautlos auf das Fenster und drückte vorsichtig. Es bewegte sich ein wenig, quietschte aber auch demensprechend Holz-auf-holz-mäßig. Verdammt, aber jetzt ist es auch egal, und mit ein wenig mehr Druck schwang das Fenster nach innen auf. Raccan verharrte in der Bewegung und lauschte, aber bis auf dem leisen rauschen des Windes und einem kleinen Luftzug, entstanden durch die Öffnung, bemerkte er nichts. Geschwind schwang er sich auf die Fensterbank und ließ sich lautlos wie ein Ninja drinnen auf dem Boden fallen, wo er sich abfederte und schnell daran machte, das Fenster wieder zu schließen. Erst jetzt konnte er den Raum genauer unter die Lupe nehmen. Die Stühle standen auf den Tischen, die Regale waren leer, die geschlossenen Schränke mit großer Wahrscheinlichkeit auch, und Feuer hatte die Kochstelle ebenfalls lange nicht gesehen. Alles deutete darauf hin, dass niemand mehr hier gewesen war, und das lange nicht. Alles? Fast, denn der mit einer dicken Staubschicht bedeckte Boden sprach eine andere Sprache; hier zeichneten sich Fußspuren ab, welche sich im Mondschein recht gut untersuchen ließen. Schwere Stiefel, jedoch schon mit einer dünnen Schicht überzogen, wahrscheinlich Banditen auf der Suche nach Beute. Normale, kleine Schuhe, höchstwahrscheinlich von Kindern, das sah nach Mutprobe aus. [I]Geh in das verlassene Haus, wer kennt das nicht.[/] Das Interessante an diesen Spuren war jedoch, dass es zwei Verschiedene gab; die einen waren ebenfalls alles andere als neu, die anderen aber sahen aus wie gerade eben erst entstanden. War die Bewegung hier im Haus, die er gesehen hatte, etwa ein Kind bei einer Mutprobe? Das würde die Sache verkomplizieren, denn Kinder würden nicht den Mund halten können. [I]Ein Rothwardon in voller Montur nachts in einem alten Haus, sehr unauffällig.[I] Mit den Augen verfolgte er die frische Spur, und ihm wurde bewusst, diese Fußspuren waren überall im Haus. Das sah nicht nach einer Bewährungsprobe aus, sondern schon beinahe wie wohnen. Würde er hier auf die Zuflucht eines Waisenkindes treffen? Das würde noch fehlen. Ein Zurück gab es jetzt aber wohl kaum, denn auch Raccan hatte hier seine Abdrücke im Staub hinterlassen, und so schlich er Richtung Treppe, denn hier entlang führte die Mehrzahl aller Spuren. Eine alte, knarzige Holztreppe, sehr schön. Das kannte man ja aus den Gute-Nacht-Geschichten; der Dieb/Mörder7Einbrecher verriet sich immer durch ein Knarren der Stufen beim Hinauflaufen. Aber hier wusste der Assassine Abhilfe, dies war nicht die erste hölzerne Treppe welche er zu bewältigen hatte. Vorsichtig setzte er einen Fuß ganz links auf die Erste Stufe, genau da wo das Trittbrett in der Wand verankert war, denn dies war die Stelle, welche am wenigstens Bewegung des Holzes zuließ. Ein sehr leises Knacken ertönte, aber sonst blieb alles ruhig, und der Rothwardon fühlte sich bestätigt. Über das Geräusch machte er sich keine Gedanken, es klang zwar laut, aber er wusste, bei hoher Konzentriertheit erschienen Geräusche oft lauter als sie eigentlich waren. Die nächste Stufe wurde betreten, diesmal gab es nicht den kleinsten Laut. Genau so musste das ablaufen. Die dritte bereitete etwas mehr Probleme, denn bei der kleinsten Belastung gab sie auch nahe der Wand enorm nach; Raccan überging sie kurzerhand, denn die Vierte war wieder in Ordnung. Mit dieser Vorgehensweise erreichte der Assassine schließlich das obere Ende der Treppe und fand sich in einem kleinen, rechteckigen Flur wieder, von dem 2 Türen nach links und rechts abgingen; zumindest sollte man das meinen, denn links die Tür stand neben dem dafür vorgesehenen Rahmen, herausgebrochen. Ein Blick zu Boden verriet: Die Spuren führten hier herein, und lautlos bewegte er sich auf den Durchgang zu und spähte hinein.
    Der Raum war nicht groß und das Mobiliar in Form eines Bettes, Schranks und Tisches nicht herausragend auffällig, jedoch öffnete die Person, welche auf dem Schlafplatz lag, Raccan die Augen. Der Khajiit schlief offensichtlich ruhig und friedlich in dem Bett, auf dem Boden davor standen ein paar Schuhe, deren Größe eher zu einem Kind gepasst hätte. Soso, das erklärt einiges. Auf dem Nachttisch stand eine kleine Kerze, welche fast heruntergebrannt war, das Licht aber reichte noch aus für eine Identifizierung, schließlich wäre es gut möglich, dass der Khajiit hier ein einfacher Landstreicher war, der nur eine Zuflucht suchte. Langsam schlich Raccan in das Zimmer, stellte sich vor das Bett und kramte das Pergament für seinen Auftrag aus einer der unzähligen Taschen, aber dazu, es hervorzuziehen, kam er nicht mehr. Die Katze sprang auf einmal fauchend auf, versetzte dem überraschten Rothwardonen einen Stoß sodass dieser nach hinten taumelte und sich auf den Hosenboden setzte. Der Khajiit aber verschwendete keine Zeit, sprang aus dem Bett und rannte zur Tür. Raccan schüttelte den Kopf, um den Schock irgendwie los zu werden, die Katze würde er nicht mehr einholen; kurz darauf aber hörte er das Krachen von Holz, ein Poltern, der Assassine konnte sogar schwören, dass das Haus kurz erbebte. Dann gespenstische Stille, kein Laut war mehr zu hören. Er blieb sitzen und lauschte weiter, aber kein Geräusch drang an sein Gehör. War der Khajiit aus dem Haus geflohen? Hatte er gar den Eingang präpariert um seine Flucht zu sichern? Der Assassine rieb sich die Seite, seine Rippen schmerzten nach diesem neuerlichen Angriff noch mehr als zuvor, verdammte Katze, und ächzend stemmte er sich hoch und schlurfte mit schweren Schritten zur Tür. Ich hätte vorsichtiger sein müssen, seit dem Banditenüberfall bin ich nicht mehr ganz bei mir. Sobald ich meinen Auftrag erledigt habe, muss ich erst einmal wieder zu mir finden. Den Türrahmen hatte er erreicht und lugte um die Ecke. Nichts zu sehen, im Mondschein hätte der Rothwardon aber schwören können dass der Staub in der Luft dichter war als zuvor, und dieser Eindruck wurde bestätigt, als Raccan an die Treppe trat. Am Fuße der Treppe lag der Khajiit mit ausgebreiteten Armen und Beinen und dem Bauch nach unten auf dem Boden, ganz offensichtlich bewusstlos. Die ersten drei Stufen der Treppe waren eingebrochen, anscheinend haben sie dem Aufprall des flüchtenden Wesens nicht standgehalten. Das war doch die Stufe, welche ich vorhin übergangen habe, schoss es dem Rothwardonen durch den Kopf, als er sich langsam die Treppe hinab bewegte; die letzten fehlenden Stufen übersprang er und landete knapp neben dem Khajiiten auf dem Boden. Aus der knieenden Haltung richtete sich Raccan etwas mühsam auf, körperlich war mit ihm echt nicht mehr viel anzufangen. Mit dem Stiefel stupste er die am Boden liegende Katze an um zu überprüfen ob sie diesmal wirklich außer Gefecht gesetzt war. Nichts regte sich. „Na endlich…“, seufzte er leise und holte das Pergament hervor, hielt es ins Mondlicht und besah sich die Skizze. Am Auffälligsten waren definitiv das zerfetzte Ohr und die schwarze Fellfärbung im Gesicht; wieder kniete sich Raccan hin und zog den Kopf des Khajiits zurück um sein Gesicht zu betrachten. Das linke Ohr war ausgefranzt, die Nase schwarz, ein gleichfarbiger Punkt mitten auf der Stirn, gleich daneben eine Platzwunde von dem Aufprall gerade eben auf der Diele. Unglaublich; Raccan war am Ziel. Er hatte Hawa'ajala gefunden. Den Khajiit, der sein Dorf verraten hatte. Was genau er getan hatte war unwichtig, ihm stand es nicht zu, über die Notwendigkeit der Bestrafung zu diskutieren. Ja, mehr oder weniger war er ein Werkzeug, ein willenloses Werkzeug, dessen war sich der Assassine bewusst. Aber es war für einen guten Zweck, wenn er die Wahl hatte zwischen seiner Schwester und jeder anderen Person, er würde sich immer für Erstere entscheiden.
    Gut, nun hatte er den Augenblick lange genug wirken lassen, nun galt es, erst einmal Ordnung zu schaffen. Raccan schnappte sich einen der Stühle von dem Tisch, stellte ihn vor die Feuerstelle und wuchtete mit Mühe den Khajiit darauf, der nicht einmal ansatzweise wieder zu sich kam; dann nahm er sich das Seil von der Schulter und fesselte seinen „Auftrag“ doppelt und dreifach an das Sitzmöbel. Nach der Betrachtung seines Werks zog ein Stofftuch aus der Hosentasche und stopfte es dem Khajiit in den Mund; er würde schon nicht ersticken, und wenn doch, war das auch nicht so schlimm. Das Ritual schrieb zwar eine Häutung bei lebendigem Leib vor, jedoch würde es Satakal schon nicht so eng sehen wenn er es nicht so genau damit nahm. Raccan fühlte sich mit neuer Kraft durchströmt und war voller Tatendrang, und so machte er sich auf der Suche nach einem Keller im Haus, denn er konnte es sich nicht leisten, wenn zufällig vorbeikommende Leute die Schreie hörten oder bei seinem Ritual hereinplatzten. Der Zugang war relativ schnell gefunden, befand sich direkt unter der Treppe doch gleich eine Tür in das untere Gewölbe, und bei genauerer Untersuchung stellte sich heraus, dass dieser Keller zwar nicht groß war, sich aber ideal für Raccans Vorhaben eignete. Ein kleiner quadratischer Raum, in welchem sich an der Wand und der Decke verschiedene Ösen befanden; ursprünglich sollte dies wohl als Vorratskeller für große Fleischstücke zum Aufhängen dienen, jetzt aber würde es sich hervorragend für das Ritual eignen. Als er wieder nach oben ging, war die Katze noch immer nicht zu sich gekommen, dabei war sich der Rothwardon sicher, eine halbe Ewigkeit im Keller verbracht zu haben. Aber sei’s drum, noch brauchte er den Khajiit nicht, er musste noch Dinge vorbereiten, und so verließ er das Haus durch das Fenster auf der Rückseite des Hauses und holte sein Pferd zu sich. Als er es hinter dem Haus an einem Stützbalken anband, dämmerte bereits der Morgen. „Das wird ein denkwürdiger Tag…“, seufzte Raccan etwas melancholisch und kletterte, nachdem er sein Gepäck durch das Fenster geworfen hatte, in das Haus zurück…

  5. #5

    Westebene (Isoliertes Haus)

    Raccan verbrachte den gesamten Vormittag damit, den Keller für sein Vorhaben herzurichten, denn dazu gehörte mehr als nur der bloße Vollzug; die Statuten Satakals hatten strikte Richtlinien für die Durchführung des Rituals parat, und auch wenn sich Raccan sicher war, dass es niemanden auffallen würde wenn er den Khajiit ohne großes Tamtam abstach, so brachte er es dennoch nicht fertig, einen solchen Betrug zu begehen. Schließlich wusste man nicht, welche Magie die Priester nun aus ihren symbolischen Ärmeln zogen; vielleicht ein Lügenzauber, vielleicht beobachteten sie ihn auch gerade eben. „Unwahrscheinlich, aber man weiß nie…“, und verstohlen blickte sich der Rothwardon um, ehe er fortfuhr, die vier Kerzen auf den Boden zu stellen. An die Seite legte er den verzierten Zeremoniendolch und ein Stück getrockneter Schlangenhaut, beides würde er für das Ritual benötigen, an zwei Ösen an der Decke befestigte er je ein Seilstück, an einer Öse an der Wand und der ihr Gegenüberliegenden ebenfalls. Zu guter Letzt kramte er ein Buch aus seinem Gepäck und begann darin zu blättern, denn irgendetwas falschmachen wollte er nicht; beim Lesen jedoch wurde ihm bewusst, dass er noch alles verinnerlicht hatte, sehr viele Schritte waren es sowieso nicht. Das Buch legte Raccan wieder zur Seite und untersuchte den Dolch nun genauer, er war rasiermesserscharf, und das war auch von Nöten. Erst jetzt wurde dem Rothwardon klar, dass er unbewusst versuchte zu verzögern. Genug, wies er sich im Geist zurecht, alles hat einmal ein Ende.
    Mit schweren Schritten stapfte er die steinerne Treppe hinauf und stieß die Tür auf; wie erwartet war der Khajiit jetzt wieder bei Bewusstsein und zappelte nervös und schwer atmend auf dem Stuhl herum. Er warf den Kopf hin und her und versuchte sich zu befreien, als die gelben Augen jedoch Raccan erfassten, hielt Hawa'ajala inne. Sein Blick wanderte über Raccans Rüstung, zeigte Unverständnis und Skepsis. Als die Augen jedoch den Krummsäbel am Gürtel des Assassinen erblickten, weiteten sie sich und Panik schlich sich in das Gesicht des Khajiiten; er wusste definitiv, wen er vor sich hatte, und sogleich fing er wieder an mit zappeln, drehte sich von Raccan weg als sich dieser näherte bzw er versuchte es, natürlich erfolglos. Der Rothwardon packte den Kiefer von Hawa'ajala mit der rechten Hand und drehte dessen Kopf gewaltsam in seine Richtung, sodass dieser ihn anschauen musste. Einen Moment lang musterten sich die beiden emotionslos; plötzlich schnellte der Kopf der Katze nach vorn und Raccan wich reflexartig zurück; dieser Mistkerl hatte eine Kopfnuss versucht, ohne Gegenwehr würde er ihn nicht in den Keller bekommen. Noch immer hielt er den Kiefer des Khajiits fest, holte mit der linken Faust aus und schlug seiner Geisel kurz und trocken gegen die Schläfe. Hawa'ajala verdrehte die Augen und der Kopf glitt kraftlos aus Raccans Griff, jetzt musste der Rothwardon schnell handeln. Geschwind befreite er die Katze, warf sich das leblos wirkende Bündel Fell über die Schulter und schleppte den Khajiit in den Keller, wo er ihn zwischen den Kerzen in der Mitte des Raumes ablegte. Die Handgelenke der Katze fesselte er mit den Seilen, welche von der Decke hingen, sodass Hawa'ajala aufrecht vor Raccan „schwebte“, die Fußgelenke fanden Fixierung in den Seilen, die an den Wänden befestigt waren. Er konnte sich jetzt zwar noch bewegen, jedoch war dies im Grunde nur noch beschränktes Herumzappeln in der Luft. Nachdem sich Raccan nochmals über den festen Sitz der Fesseln versichert und auch die Kleidung der Katze entfernt hatte, schritt er die Treppe wieder hinauf und schloss die Tür von Innen; das Ritual konnte beginnen.
    Wieder unten im Raum angekommen sah der Rothwardon, dass der Khajiit wohl wieder zu sich gekommen war, denn wie erwartet wand er sich in der unbequemen Fesselung, da er aber mit dem Rücken zu dem Assassinen „aufgespannt“ war, hatte die Katze Raccans Anwesenheit noch nicht bemerkt und atmete nur hörbar panisch ein und aus und schaute hektisch umher; Hawa'ajala hätte wohl auch geschrien, aber in weiser Voraussicht hatte der Rothwardon den Knebel da gelassen wo er war. In aller Ruhe und betont ordentlich machte der Assassine sich daran, seine Rüstung abzulegen und auf die Treppenstufen zu deponieren, ebenso seine Waffen; letztendlich stand er nur noch in seiner Leinenhose hinter dem Khajiit und betrachtete sich kurz selbst von oben bis unten. Die blauen Flecke vom Angriff der Banditen waren unübersehbar, aber das war jetzt zweitrangig, darum würde er sich später kümmern. Mit sicheren Schritt umrundete er Hawa'ajala und stellte sich vor ihn hin; dieser stellte sogleich die Befreiungsversuche ein und musterte Raccan. Die gelben Augen zuckten zu dem Schlangentattoo, und nun sah man deutlich die Panik darin aufsteigen. Die Katze versuchte etwas zu sagen, aber der Assassine interessierte sich dafür nicht; er wusste, wen er vor sich hatte. Durch nichts würde er sich davon abbringen lassen, seinen Auftrag auszuführen. Kein Geld. Keine Geschenke. Keine hohlen Versprechungen. Hier ging es um mehr als um das Leben eines Verräters; es ging um das seiner Schwester, und dies hatte in seiner Wertvorstellung sehr viel mehr Gewicht. Nein, nicht nur das; sie bedeutete ihm alles. Genau aus diesem Grund hätte er den Knebel im Mund des Khajiits lassen können, dennoch entfernte er ihn, denn die Katze konnte hier unten weder jemand schreien hören noch konnte das, was er zu sagen hatte, ihn irgendwie beeinflussen.
    „Du kommst von Zalanu. Ich habe euch nichts gestohlen. Er belügt dich. Ich habe Gold, viel Gold. Gleich hier draußen vor der Hütte. In einem Baumstumpf. Du kannst alles haben. Befrei mich, ich führ dich hin. Oder willst du Edelsteine? Ich habe viele in Taneth versteckt. Viele Edelsteine. Du wirst reich sein! Nichts im Vergleich zu dem was dir Zalanu bieten kann. Feine Kleidung, die schönsten Pferde, ein großes Haus!“. Der Assassine war etwas überrascht von dem Wortschwall, der nur so aus dem Khajiit, der sich wohl mit dem Tod in Person Raccans konfrontiert sah, herausquoll, und er war noch lange nicht am Ende, denn während der Rothwardon in aller Ruhe umherging und die Kerzen anzündete, plapperte er weiter, die Lautstärke erhöhend. „Oder soll ich dein Diener sein? Oder willst du Frauen? Ich kann sie dir besorgen, viele Frauen! Oder bring mich in’s Gefängnis, dir fällt bestimmt etwas ein!“. Raccan ließ sich nichts anmerken und schwieg immer noch, bewegte sich mit ruhigen Schritten zu dem Dolch und hob ihn auf. Der Khajiit riss an den Fesseln, nun in allergrößter Todesangst, als Raccan sich umdrehte, Hawa'ajala fixierte und sich direkt vor ihm hinstellte.
    „Fahr nach Oblivion, du Sklave Satakals! Du und deinesgleichen sollst verrecken! Ich werde in’s Paradies fahren und ihr im Feuer schmoren! Du Missgeburt, ich werde…AAAAAHHHHH“.
    Raccan war während der Schimpftriade des Khajiits um ihn herum gegangen und hatte die Klinge des Dolches mit den Worten „Satakal, hiermit lasse ich diesen armen Geist eine Wiedergeburt erfahren, auf dass seine Seele gestärkt daraus hervor geht“ ihm auf Nackenhöhe in den Körper gerammt, ohne jedoch das Genick zu verletzen, und sie dann mit einem kräftigen Ruck nach unten bis zum Schwanz durchgezogen. Der Aufgeschlitzte krümmte seine Wirbelsäule krampfartig und unnatürlich anmutend zu einem Hohlkreuz durch und ließ einen markerschütternden Schrei hören, während das Blut erst zaghaft, dann in Strömen seine Beine hinablief und über die Seile die Wand und von dort den Boden erreichte. Diese Position hielt Hawa'ajala einen Moment lang, dann sackte er zusammen und hing kraftlos in der Seilschaft, unzusammenhängende Worte vor sich hinsprechend. „Missgeburt…Verrat…ich…nein, nicht ich…ich…“. Raccan aber kümmerte sich darum nicht, stach den Dolch wieder nur ein wenig in die Stelle über den Schwanz des Khajiits und riss ihn erst das eine Bein hinunter, dann das andere und zum Schluss den Schwanz der Länge nach, untermalt wurde dies von quälend klingenden Schmerzlauten, jedoch waren sie um einiges leiser als noch beim ersten Mal. So langsam bildete sich unter Hawa'ajala eine große, rote Pfütze, und auch der Rothwardon spürte das warme Blut zwischen seinen Zehen, aber Beachtung schenkte er diesem Umstand nicht. Zügig erhob sich Raccan wieder und schlitze nach demselben Verfahren von der Anfangswunde im Nacken aus auch die Arme der Katze auf, welche zwar zuckend reagierte, jedoch wirkte dies mehr als Reaktion des Körpers. als dass sie es wirklich registrierte, denn der Kopf des Ritualopfers hing schlaff vorneüber und die Augen flimmerten wie im Delirium. Mit der freien Hand griff der Vollstrecker den Schädel seiner Zielperson, riss ihn zurück und machte je auf einer Seite einen geschwungenen Schnitt von der Schläfe bis zum Genick. Raccan ließ los, und der Kopf schwang wieder nach vorn mit einem leisen, jämmerlich klingenden Stöhnen; der Rothwardon trat einen Schritt zurück um zu überprüfen ob er auch nichts vergessen hatte. Nicht einmal ansatzweise kam ihm gerade in den Sinn, dass das, was er soeben tat, auf andere Menschen abstoßend und unerklärlich grausam wirken musste; es war schlicht und ergreifend völlig normal. Er bekam einen Auftrag und führte ihn aus. Würde das nicht jeder tun? Vor allem wenn es um mehr ging als Ruhm, Anerkennung oder Gold? Der Assassine wischte diese Gedanken schnell beiseite, er musste hier weitermachen, und das tat er dann auch. Er kniete sich hin, packte das Fell an den Beinen von Hawa'ajala und begann zu ziehen, während er die Klinge durch den vorhin gemachten Schnitt gleiten ließ und somit die Haut von dem darunterliegenden Fleisch und Fettgewebe ablöste. Ein leises Stöhnen ertönte dabei von dem Khajiit, jedoch war herauszuhören, dass sich dieser bereits mehr auf der Seite der Toten befand als noch im hier und jetzt. Raccan fragte sich warum, denn eigentlich war es möglich, die Wiedergeburt ohne Weiteres bei vollem Bewusstsein des Opfers abzuschließen; entweder war der Stress zu hoch oder der Rothwardon hatte irgendwo eine wichtige Ader verletzt, das würde auch die Pfütze auf dem Boden erklären. Was soll’s, rückgängig machen konnte er den eventuellen Fehler sowieso nicht mehr, also fuhr er unbeirrt damit fort, die Haut beziehungsweise das Fell von dem Bein der Katze abzulösen, was ihm aufgrund seiner Geschicklichkeit und wohl auch Erfahrung darin bemerkenswert zügig gelang. Bei dem anderen Bein gelang ihm dies genauso gut, und in gewisser Weise konnte er über diese Fast-Bewusstlosigkeit der Katze froh sein, denn das Ganze würde bei Weitem nicht so ruhig und schnell vonstatten gehen wenn Hawa'ajala sich wehren würde. Stück für Stück arbeitete er sich vor, Zentimeter für Zentimeter Haut lösten sich von dem Khajiit, und nach stundenlanger blutiger und schweißtreibender Arbeit sah sich Raccan nur noch einer Hürde gegenüber, denn nur noch das Fell am Kopf seines Opfers war mit dessen Körper verbunden. Ein prüfender Blick auf die abgeschälte und blutige Brust von Hawa'ajala sagte dem Assassinen, dass dieser Kerl immer noch lebte, obwohl sich herausgestellt hatte, dass er bei seinem zweiten Schnitt die Hauptschlagader im Bein angeritzt und die Katze darum so schnell an Kraft verloren hatte. Also Willen hatte er, das stand mal fest; gerade als Raccan die Klinge am Hals des Khajiits ansetzen wollte, zuckten seine Augenlider nach oben, tote Augen starten den Rothwardonen an, und mit einem tiefen Atemzug wich die Luft aus den Lungen der Katze und das Herz versagte (aus der Sicht von Hawa'ajala endlich) seinen Dienst. Der Assassine hielt einen Moment inne und betrachtete den Verräter mit versteinerter Miene. Der Boden des kleinen Raums war mit Blut getränkt, er selbst sah auch nicht besser aus und die offenliegenden Muskelstränge des Khajiits verliehen diesem Raum einen abscheulichen Mittelpunkt, umgeben von fast heruntergebrannten Kerzen. Raccan befeuchtete seine Lippen mit der Zunge, hier drin war es stickig, es roch nach Blut, er hatte Durst und der Dolcharm schmerzte ihn mittlerweile auch schon von der sich immer wiederholenden Schnittbewegung. Du hast es gleich geschafft, aber das Gesicht ist der schwerste Teil; nur wenn du es sehr gut hinbekommst, wird Zalanu an die Erfüllung des Auftrages glauben. Raccan ging um den Leichnam herum, setzte die Klinge im Nacken an und begann, die Kopfhaut vorsichtig vom Schädel der Katze zu lösen, vorbereitet war dieses Unterfangen bereits von den beiden geschwungenen Schnitten, welche er zu Anfang getätigt hatte. Stück für Stück arbeitete er sich vorwärts und ließ besonders an den Ohren des Khajiits große Vorsicht walten, um sie nicht zu verletzen, denn das war schließlich eines der beiden Markenzeichen. Als der Assassine schließlich auf Höhe der Schläfen angekommen war und das Fell einfach „Herumklappen“ konnte, fing er wieder im Nacken an und löste die Haut an beiden Seiten des Kopfes bis zum Hals hinunter wieder bis auf Höhe der Schläfen, sodass nun nur noch das Fell im Gesicht von Hawa'ajala mit dessen Körper verbunden war; die restliche „Hülle“ hatte Raccan über den gehäuteten Arm seines Opfers gelegt, damit das Gewicht keine Schäden am Fell verursachte. Er packte nun, nachdem er sich wieder vor den Khajiit gestellt hatte, das obere Fell auf dem Schädeldach, zog es nach vorn und begann, es vorsichtig von der Stirn herunterzuschälen, dann nach derselben Prozedur an den Wangen und dem Kiefer, an der Kehle und am Kinn. Konzentriert arbeitete er sich zu dem Gesichtsmittelpunkt vor, und als er schließlich die schnurrhaarbewehrte schwarze Nase des Ritualopfers erreichte und sie vom Knorpel trennte, atmete er entspannend aus. Es war geschafft. Raccan ließ den Dolch sinken, legte das „Gesicht“ ebenfalls auf den Arm des Gefesselten und blickte in die liderlosen, toten Augäpfel. Etwas gespenstisch sah das Ganze schon aus, aber anstatt Furcht oder gar Mitleid empfand der Rothwardon nichts als Befreiung und Erleichterung. Weder der See aus dem schon teilweise geronnenen Blut auf dem Boden, noch die nun eingetretene gespenstische Stille berührten ihn auch nur im Entferntesten; kompromisslos und mit geschäftsmäßiger Kälte schnitt er die Seile durch, welche den toten Khajiit hielten, und der gehäutete Körper sackte schmatzend auf den Boden zusammen Das Blut auf den blankliegenden Muskeln und Knochen war größtenteils schon getrocknet, sodass so gut wie nichts auf den Boden tropfte, als Raccan das grotesk aussehende Bündel aufhob, sich über die Schulter warf und damit die Treppe hinaufging; vorher hatte er sich noch das Lampenöl und das Stück Schlangenhaut geschnappt. Oben angekommen warf er Hawa'ajalas Überreste in die unbenutzte Kochstelle und verschnaufte erst einmal; wenn jetzt jemand hereinkäme, man würde ihn für einen Kannibalen halten, so blutverschmiert und primitiv wie Raccan jetzt aussah. Die Hälfte des Öls goss er über den Leichnam und machte sich dann daran, Holzscheite von dem nebenstehenden Holzstapel auf und um den Khajiit zu verteilen. Aufgrund der Tatsache, dass das Holz schon uralt war, zweifelte der Assassine nicht daran, dass es hervorragend brennen würde, denn es war knochentrocken; trotzdem begoss er es noch zusätzlich mit dem Rest des Öles und griff sich dann die neben der Feuerstelle liegenden Steine. Ein kurzes Aneinanderschlagen später flog ein großer Funken mitten in die hergerichtete Einäscherungsstätte, und sogleich fing diese Feuer. Ein beißender Geruch von verbranntem Fleisch breitete sich aus, sodass Raccans Augen begannen zu tränen, aber er wich nicht von der Stelle, kniete sich hin und warf das Stück Schlangenhaut in die gierigen Flammen. „Möge Satakal dir ein besseres Leben bescheren…“, murmelte er dabei die Ritusformel herunter, denn selbst daran zu glauben fiel ihm schwer. Das Ganze würde jetzt noch eine Weile brennen müssen; nachdem er ein paar weitere Scheite ins Feuer getan hatte, ging er wieder zurück in den Keller und wusch sich erst einmal mittels eines kleinen Wasserkrugs, den er sich in seiner Vorbereitung aus einem Brunnen vor dem Haus besorgt hatte, notdürftig und legte dann seine Rüstung wieder an. Das blutverschmierte Fell wickelte er in seine Leinenhose um es weniger auffällig transportieren zu können, denn nun musste er es haltbar machen, und dazu war es zwingend notwendig, zurück zum See zu reiten, an dem er bei seinem letzten Nachtlager überfallen worden war. Bei dem Gedanken schmerzten ihm wieder die Rippen, aber Raccan ignorierte das Pochen und stieg, nachdem er auch den Dolch im Gepäck verstaut hatte, mit eben selbigen und dem Fellbündel die Treppen wieder hinauf und verschloss den Keller. Er warf noch einen Blick auf das Feuer in der Kochstelle und den aufsteigenden Rauch, welcher im Kamin verschwand. „Das wird noch eine Weile brennen…“, befand er monoton murmelnd und kletterte aus dem Fenster auf der Rückseite des Hauses, befestigte sein „Gepäck“ auf dem Pferd und saß, nachdem er die Zügel von dem Balken gewickelt hatte, auf, um zu dem See zu reiten…

    Einige Zeit später dämmerte der Abend, Raccan saß wieder vor der Feuerstelle im Haus und stocherte mit dem Feuerhaken in den letzten noch glimmenden Ascheresten des Khajiits herum. Der Auftrag war nun so gut wie erledigt, nun musste er das Fell nur noch zu seinem Stamm zurückbringen. Beim See angekommen hatte er zunächst alle Fleisch-, Fett- und Blutreste von der Innenseite der Haut entfernt und das Fell gründlich im Wasser gewaschen und es dann mit einer kleinen Phiole aus seinen Tasche eingerieben; das Mittel diente dazu, das Fell zu konservieren und das Wasser zu entziehen, und er tat dies sehr gewissenhaft. Dann musste es nur noch trocknen, und währenddessen rieb er es immer wieder mit einer fettartigen Substanz ein damit die Haut nicht riss und so den Pelz zerstörte.
    Erst hier vor den Ascheresten wurde ihm bewusst, dass dabei sehr viel Glück eine Rolle gespielt hatte; dass niemand dazugekommen war während er den Khajiit gehäutet hatte; dass ihn niemand beim Gerben gesehen hatte. Und den Rauch hatte auch niemand bemerkt. Ein verstohlener Seitenblick traf das ordentlich zusammengelegte und verschnürte Pelzpaket, welches Raccan neben sich liegen hatte. Ja, der Auftrag war erledigt, so früh hatte er nicht mit dessen Abschluss gerechnet, und wenn er ehrlich war, so befreit von dem Druck hatte er noch gar keine Lust, wieder nach Hause zurückzukehren. Bei genaueren Nachdenken konnte er dies auch gar nicht, schließlich war sein Schwert gestohlen worden, die Buchautorin in dieser einen Stadt musste er noch besuchen, der Alte in Bravil schien ebenfalls noch mit Raccan zu rechnen, und zu guter Letzt war da noch Adya. Ach ja, und die Ayleiden-Ruine hatte er auch noch vor seinem geistigen Auge. Nun aber galt sein Fokus erst einmal unmittelbaren Problemen, denn Geld besaß er keines mehr, ebenso nichts von Wert was sich verkaufen ließ oder verkauft werden konnte. Die Glut war nun aus und der Leichnam restlos verbrannt, und als der Rothwardon in der Asche nach den Zähnen der Katze suchte, kam ihm ein Geistesblitz. Gut, es war kein ehrbarer Gedanke, aber hatte die Katze nicht etwas von einem Versteck mit Gold geplappert, als es ihr an den Kragen ging? Und brauchen würde sie es wohl kaum noch, ganz davon abgesehen war es mit Sicherheit sowieso Diebesgut. Nachschauen konnte nicht schaden, und nachdem er glaubte alle Zähne gefunden zu haben und sie in einem kleinen, extra dafür vorgesehenen Leinensäckchen verstaut hatte, stand er auf und ging zur Vordertür, um nach dem Versteck zu suchen.
    Die Suche dauerte nicht lange, jedoch fiel die „Beute“ sehr bescheiden aus. Von dem versprochenen Reichtum des Khajiits konnte man ohne schlechtes Gewissen sehr enttäuscht sein, denn 30 Septime und ein Heiltrank musste schon sehr optimistisch betrachtet werden um es als Entlohnung zu sehen. Und damit wollte er sein Leben retten? Entweder war das Panik oder er hat keine sehr hohe Meinung von sich gehabt….mmmh, doch wohl Ersteres. Naja, immerhin war das ein Anfang, und den Heiltrank konnte er für seine Wunden gebrauchen. Das Geld steckte er ein und den Heiltrank behielt er in der Hand, während er in das Haus zurückging, die Tür schloss und sich auf den Stuhl setzte, auf dem noch vor Kurzem der Khajiit gehockt hatte. „Na dann, auf dich, Satakal…“, meinte er süffisant Richtung Holzdecke und stürzte den Trank mit einem Zug hinunter. Irgendwo ganz hinten in seinem Kopf wusste er, dass er mit diesem Sarkasmus einfach nur das dumpfe Gefühl in sich kaschieren wollte, welches sich immer ausbreitete, wenn er eines dieser bestialischen Rituale vollstreckt hatte, denn auch wenn er damit an sich keine Probleme hatte, wusste er doch, dass er damit alles andere als der Norm entsprach. Außenstehende würden ihn ohne weiteres als Monster bezeichnen, aber in seiner, in Raccans Welt, waren solche Dinge eben schon…normal. Ein schlechtes Gewissen aufgrund seiner Taten hatte er nicht, er fragte sich nur, was man hier mit ihm anstellen würde, sollte jemand davon erfahren. Während er so darüber nachdachte, spürte der Assassine bereits den Trank wirken; oft benutzte er diese Substanzen nicht, in seinem Dorf schwor man auf die natürliche Heilkraft, aber diese roten Gebräue hatten schon ihre Vorteile, das musste man ihnen lassen. Der Rothwardon spürte ein unangenehmes Ziehen kurz unter dem Herzen, anscheinend machte sich der Trank gerade über seine Rippen her. Kurz danach war es auch schon vorüber, und Raccan fühlte sich sichtlich entspannter. „Solche Tränke haben etwas für sich…“, befand er und warf die leere Phiole in die Feuerstelle. Dabei kam ihm in den Sinn, dass er durch den Überfall und seine Aktivitäten jetzt keinerlei Tränke, Gifte oder andere Substanzen mehr besaß, er war sozusagen alchemistisch abgebrannt. Bei dem Gedanken lächelte er ausdruckslos. „Ich seh mich schon durch den Wald robben und Kräuter sammeln…“, seufzte er, stand auf und platzierte den Stuhl wieder auf dem Tisch, da wo er ihn hergeholt hatte. Danach verstaute er sein Gepäck inklusive Fell auf dem Pferd und schaute sich danach noch einmal in dem Haus um, auch im Keller. Das Blut war mittlerweile größtenteils getrocknet und in den Ritzen auf dem Boden versickert, nur ein leichter rötlicher Schimmer bedeckte die Steine noch. Die Reste der Seile hingen noch an der Decke und der Wand, aber wozu diese entfernen, das war schließlich unnötig. Zufrieden mit sich selbst verschloss er den Keller wieder, verließ das Haus, saß auf und ritt den nach Nordwesten den Weg entlang, weg von dem Haus, um noch vor Einbruch der Dunkelheit die Hauptstraße zu erreichen…

  6. #6

    Vvardenfell-Distrikt, Westspalte, Andasreth

    Die Worte verklangen noch im Raum, als ein breites Geraune und Gemurmel einsetzte. Tarrior ließ seinen Blick durch die Menge schweifen und erkannte erstaunte, besorgte und auch pikierte Gesichter. Als eine besondere Anmaßung schien es der kahlköpfige Bretone aufzufassen, der, so sehr wie er zitterte, innerlich zu toben schien und sich kaum mehr beherrschen konnte. Wäre der Großmeister nicht gewesen, der ihn immer noch mit der Hand zurückhielt, wäre der Mann dem Dunmer wohl bereits an die Gurgel gegangen. Der Anführer erhob sich nun endgültig von seinem Stuhl und trat einen Schritt nach vorne ins Licht. Endlich konnte er den Mann in Gänze erkennen. Die schwarzen Haare – von etlichen grauen Strähnen durchsetzt - waren etwa schulterlang und fielen offen auf den massiven, stählernen Plattenpanzer, den er trug. Um seinen Hals hing ein goldenes Amulett, das das Symbol der Liga trug und wohl den Großmeister kennzeichnete. Der Großmeister, so schätzte Tarrior, musste wohl um die 1,90 Meter groß sein, was für einen Kaiserlichen, denn für diesen sprach die dunklere Haut, eine enorme Größe war. Schlussendlich schaute er seinem Gegenüber ins Gesicht. Eine lange Narbe zog sich vom rechten Ohr über eines der Augenlider bis hinunter zum Kinn. Der Blick war fest und überheblich. „Herr Gildres verzeiht, wenn ich es so offen sagen muss, aber ich bin von den Mitgliedern eures Hauses größere Höflichkeit und vor allem mehr Respekt gegenüber einflussreichen Personen gewohnt. Eure Leidenschaft ehrt euch, aber dies ist nicht der angemessene Weg, um euch zu beweisen. Ihr seid erst seit wenigen Tagen Mitglied der Liga und verlangt nicht nur das Geleit für einen der wichtigsten Konvois zu übernehmen, nämlich für den in das unglückliche Mar Gaan, sondern auch noch einen Zweikampf mit mir, dem Großmeister! Ihr seid ein Novize der Liga und aus einigen Erkundigungen zu eurer bisherigen Gildenvergangenheit, die ich einholte, als mich das Bittgesuch eurer Begleiterin erreichte, geht hervor, dass ihr auch dort keinen besonders hohen Rang bekleidet oder euch überhaupt in besonderer Weise hervor getan habt. Und eben mit dieser Reputation traut ihr euch ein Duell gegen MICH zu und vor allem glaubt ihr ein Anrecht auf dieses Duell zu haben! Diese Liga von Magiern ist für den Kampf gegen die Daedra gegründet worden. Wir sind nicht hier um uns gegenseitig umzubringen. Jeder Mann, der den Konvoi begleitet, ist von diesem Rat hier aufgrund seiner Fähigkeiten, seiner Loyalität und seiner herausragenden Dienste für die Ziele der Liga ausgewählt worden. Und ihr denkt, dass ihr als kleiner Novize nur mich zu fordern braucht und es sofort nach eurem Willen so geschehe? Herr Gildres, Nein! Dieser Zweikampf wird nicht stattfinden! Und nun geht, bevor ich euch entfernen lassen muss. Alina! Ihr bleibt hier!“: lehnte der Großmeister ab und wollte sich wohl Alina vorknöpfen, dafür dass sie ihn in die Festung hinein gebracht hatte.

    Er schob sich vor die junge Bretonin und zog damit einen missbilligenden Blick des Großmeisters auf sich. „Lasst es gut sein Herr Gildres. Es wird kein Duell geben. Muss ich erst die Wachen rufen, damit ihr das einseht?“: bekräftigte der Kaiserliche seine Ablehnung. Tarrior schäumte innerlich. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und verkrampften sich langsam. Schon wieder stand ihm ein Fanatiker im Weg, doch war er auf diesen Fall vorbereitet. „Man muss sie nur an ihrer Ehre packen“: ging ihm sein Plan noch einmal durch den Kopf. So trat er nun auch einige Schritte auf den Anführer der Liga zu und fixierte ihn mit ausdruckslosem Gesicht: „Ihr seid ein Feigling! Ich will mich euch im Kampf beweisen und eben das sollte wohl meine Fähigkeiten am deutlichsten zeigen, als hier in diesem Lager herum zu sitzen und zu warten, bis ich „erwählt“ werde. Treibt euch etwa die Angst vor Spionen der Mythischen Morgenröte um? Würde etwa ein Spion gegen euch im Zweikampf antreten wollen, nur um vielleicht nach Mar Gaan gelangen zu können? Das ist lächerlich! Nein vielmehr sehe ich bei euch die Angst, dass ihr gegen einen, wie habt ihr es ausgedrückt, „kleinen Novizen“ verlieren könntet. Da fragt sich wer mutiger ist: Die Daedra-Anbeter die sich unter Lebensgefahr in unsere Lager schleichen oder der mächtige Großmeister, der sich nicht einmal getraut gegen ein einfaches Mitglied seiner Liga zu kämpfen?“ Fast gleichzeitig stützten sich der Bretone und sein Meister mit herab krachenden Händen auf den Tisch, an dem sie saßen. Der Stuhl des Großmeisters fiel nun ebenfalls mit dumpfem Ton zu Boden. „Wie könnt ihr es wagen mich mit diesen erbärmlichen Kreaturen zu vergleichen, die diese Welt zerstören wollen?! Ihr nennt mich feige und wollt einen Kampf haben? Den sollt ihr bekommen!“: brüllte der Großmeister ihn an. Seine Haare hingen ihm wild ins Gesicht und aus seinem Blick sprach eine Todesdrohung. Noch schlimmer der Bretone, vor dessen Mund sich regelrecht Schaum zu bilden schien. „Dann seid auch nicht feige, Dunmer, und kämpft gegen uns beide! Zuerst machen wir das unter uns aus!“: kläffte Ralvit. „Ich mache gar nichts unter uns aus. Erstens habe ich mit euch nichts zu schaffen, zweitens seid ihr es nicht wert und drittens will ich dem Großmeister meine Fähigkeiten beweisen!“: schloss Tarrior ein Duell mit diesem fanatischen Narr von einem Bretonen aus, doch war der Großmeister anderer Ansicht: „Ihr habt Ralvit ebenso beleidigt wie mich, denn er ist schon so lange an meiner Seite, dass man uns beide beleidigt, wenn man nur den Einen beleidigt. Zudem ist er mein Adjutant und was soll ich mich mit euch beschäftigen, wenn ihr nicht einmal ihn besiegen könnt. Ihr werdet gegen Ralvit kämpfen!“ Alina sog scharf die Luft ein.

    „Oh nein…“: murmelte sie. „Was ist los?“: wollte Tarrior wissen, der sich bereits damit abfand diese lästige Fliege hinfort zu fegen. „Ralvit ist der gefährlichste Zerstörungsmagier der Liga. Was allein die Kunst der Zerstörung angeht, ist sogar der Großmeister ihm unterlegen. Man sagt, dass sein Feuer selbst einem Dunmer die Haut von den Knochen brennen kann. Bitte lasst den Kampf bleiben. Gegen ihn habt ihr keine Chance“: bat Alina ihn den Kampf doch abzusagen. „Nein. Nicht nur das mein Ehre nun davon abhängt, sondern auch weil ich um jeden Preis nach Mar Gaan gelangen muss. Er schreckt mich nicht“: blieb er selbst hartnäckig und tatsächlich musste er sich wegen Ralvit wirklich nicht die geringsten Sorgen machen. „Ich akzeptiere den Kampf gegen euren Adjutanten. Soll er mir zeigen, was er kann und ich werde ihn niederwerfen“: rief Tarrior dem Großmeister zu. Dieser antwortete nur mit einem kurzen: „So sei es dann.“

    Wenige Minuten später fand sich die gesamte Gildenführung auf dem Dach ein. Alina und Tarrior standen nun dem Großmeister und seinem Adjutanten direkt gegenüber. Die restlichen Offiziere umgaben sie in einem Halbkreis. Als Arena sollte wohl ein Aschebecken hier auf dem Dach der Festung dienen. Tarrior fand es geschmacklos den Kampf auf den Gebeinen Verstorbener auszutragen, aber im Moment war ihm auch dies recht und billig, um sein Ziel endlich zu erreichen. Auch war jetzt Alinas Schicksal in der Liga mit dem Ausgang dieses Kampfes verknüpft, denn sie würde bestimmt bestraft werden für ihre Mithilfe ihn nach Andasreth hinein gebracht zu haben. Etwas das Tarrior auf keinen Fall wollte. „Ich hoffe die Rüstung, die wir euch gegeben haben, sitzt auch richtig“: fabulierte der Großmeister über die schwere Stahlrüstung, die nun auf seinen Knochen lastete. Da er noch immer die Kleidung des vergangenen Abends trug, als sie hierher aufgebrochen waren, war es notwendig gewesen sich eine Rüstung auszuleihen. Sie war eigentlich viel zu schwer für ihn. Er war Rüstungen mit geringem oder mittlerem Gewicht gewohnt. Da war dieser Panzer aus Stahl eine deutliche Umstellung. Der Dunmer zwang sich zu einem Lächeln. „Besser hätte sie nicht sein können“: log er. Der Großmeister schien die Lüge aber zu durchschauen und setzte ein Grinsen auf. „Es ist egal ob mit oder ohne Rüstung. Ich werde diesen dunmerischen Hund für seine Anmaßungen büßen lassen“: gab er sich siegesgewiss und zog dabei einen Streitkolben, den er in den Himmel reckte. Die Waffe bestand offensichtlich aus Silber und der Griff war mit einigen Edelsteinen verziert. Eine magische Aura glänzte auf der silbrigen Oberfläche. Er spürte Alina an seinem Arm ziehen. „Das ist „Feuerfaust“. Ralvit hat ihn im Kampf gegen einen Nord gewonnen und, weil die Waffe einen Feuerzauber besaß, behalten. Die Flammenwelle, die der Zauber in Richtung des Gegners auslöst, ist selbst dann noch verheerend, wenn euch der Streitkolben auch nur kurzzeitig streift. Ihr müsst darauf achten, nicht von ihm getroffen zu werden“: schärfte ihm die Bretonin ein und das hatte er auch ehrlich nicht vor. Die Flammen machten ihm dabei wesentlich weniger Sorgen, als die Kraft, die hinter einem Kolbenschlag des Bretonen stecken konnte. Gebrochene oder verstauchte Gliedmaßen konnte er sich absolut nicht leisten.

    „Dann lasst uns doch den Kampf beginnen. Also begebt euch in den Ring. Die Regeln sind einfach. Wer zu Boden geht und nicht mehr weiterkämpfen kann, der hat verloren und es ist verboten den Gegner umzubringen“: schlug der Großmeister vor und erläuterte kurz die wenigen Regeln, während sich Ralvit und Tarrior auf den Kampf einstellten. Sie standen sich nun einige Meter entfernt, Auge in Auge gegenüber. Als der Bretone seinen Streitkolben abermals vom Gürtel zog, zog auch der Dunmer seine Waffe, ein Silberlangschwert. „So beginnt dann also!“: befahl der Anführer und kaum einen Augenblick später stürmte auch schon der Adjutant auf ihn los. Der Magier zögerte nicht und schickte seinem Ansturm einige Feuerbälle voraus, die vor komprimierter Magie summten wie Bienenstöcke. Geschickt wich er den magischen Geschossen aus, die links und rechts von ihm explodierten und Asche in die Luft schleuderten. Er versuchte mit seinem Schwert nun vorzudrängen, doch hielt der Bretone ihn mit seiner kreisenden Waffe oder weiteren magischen Feuergeschossen auf Distanz. „Sie wissen Nichts von meiner Fähigkeit. Und es ist besser, wenn er es erst erfährt, wenn es zu spät ist. Leider komme ich wegen des Streitkolbens in keine günstige Position um anzugreifen“: analysierte Tarrior die Situation. Sein Gegenüber war zwar ein Magier, aber eben ein Kampfmagier der Gilde und daher auch körperlich in guter Verfassung, denn diese Leute durchliefen ein Training, wie es in der Legion üblich war, denn auch die Legion rekrutierte ihre Kampfmagier hauptsächlich aus der Gilde. Doch diese Gedanken lenkten ihn für einen Moment ab. Vor seinen Füßen explodierte eine weitere Feuerkugel, sengte seine Haare an und ließ ihn aus Reflex zurücktaumeln. Er geriet ins Straucheln und der Bretone setze mit einem weiteren Angriff sofort nach. Nur knapp entging Tarrior einem seitlich geführten Schlag und konnte im letzten Moment sein Schwert zwischen sich und den Streitkolben bringen, den der Bretone in eine fließende, aufsteigende Bewegung gegen ihn gelenkt hatte. Silber strich über Silber und unter dem Druck entwich ein Kreischen den beiden Waffen, doch brachte sein Gegner den Kolben mit einem kräftigen Ruck noch in der Luft kontrolliert zum Stehen und ließ ihn sofort wieder hernieder fahren. Tarrior blieb nur noch die Möglichkeit sich mit einem Satz zurück zu retten und fiel dabei schmerzhaft in den Dreck. Nun konnte auch Ralvit seine Waffe nicht mehr abbremsen, die mit Funkenschlag in die Asche fuhr und dann eine Welle aus Flammen entsandte und die Asche spritzend aufschleuderte. Der Dunmer fühlte die Hitze an seinem Gesicht. Der Streitkolben musste eine unglaubliche magische Kraft besitzen. Unter einem wilden Ächzen zog der Bretone den Kolben, der sich ein Stück weit eingegraben hatte, aus dem Becken heraus. Diese Chance nutzte Tarrior, um wieder auf die Füße zu kommen.

    „Anmaßender Hund, nun kommt schon und kämpft! Duckt euch nicht weg wie ein Feigling“: versuchte Ralvit ihn zu provozieren, doch blieb er ruhig und packte sein Schwert fester. Langsam begannen sie sich wieder zu umkreisen. Diesmal ließ Tarrior seinen Gegner nicht aus den Augen, während er über eine Strategie nachsann: „Mit dem Streitkolben ist er vorallem im Angriff deutlich im Vorteil, allerding kann er mit ihm nicht so gut blocken, als wenn er ein Schwert verwenden würde. Wenn ich ihn stark genug bedränge, dann kann er mich nicht mehr damit abwehren und hat auch keinen Platz um zu einem weiteren Schlag auszuholen.“ Wieder setzte Ralvit zum Angriff an und pflügte ohne Gnade durch das Aschebecken auf ihn zu. Tarrior versuchte nicht einmal den kommenden Schlag zu parieren, sondern wich zur Seite aus, verlor jedoch auf dem lockeren Boden den Halt und rutschte weg. Auf solch eine Gelegenheit hatte sein Gegner nur gewartet und riss seinen Kolben seitlich herum und schlug Tarrior damit deutlich in die ungeschützte Seite. Der Dunmer fühlte sich, als hätte ihn ein Felsschlag getroffen, der daraufhin in Flammen explodiert war. Er kippte einfach in die Asche und schlitterte vom Schwung getragen noch etwas weiter. Das feine kristalline Material zerkratzte dabei die Rüstung. Gleichzeitig zu seinem Sturz entglitt dem Adjutanten die Waffe, die er aufgrund des starken Seitenschwunges nicht mehr zu halten vermochte. Eine weitere Funken sprühende Explosion auslösend landete er einige Meter neben Tarrior. Der aufgewirbelte Staub drohte in seine Augen zu geraten, so presste er die Lider fest aufeinander. Die Zeit, die er brauchte um wieder aufzustehen und sich zu orientieren nutzte der Kampfmagier um sich wieder zu bewaffnen und den nun geschwächten Gegner weiter anzugehen. Statt das Schwert wieder in Abwehrposition zu bringen, war der Dunmer nur noch in der Lage auszuweichen und irgendwie schwerfällig den Schlägen des Bretonen zu entkommen und gleichzeitig geworfenen Feuerbällen auszuweichen. Er hielt kaum mehr lange durch. Die Bewegung in der unpraktischen Stahlrüstung war viel zu anstrengend und er hielt es kaum aus sich mit ihr derart schnell zu bewegen. Er brauchte eine Idee, um sich zu befreien. Da kam ihm die Asche in den Sinn, die ihm vorhin fast in die Augen geraten wäre.

    Als er einem weiteren seitlich geführten Streitkolbenhieb auswich, ließ er sich daher nun auf den Boden fallen, sodass es aussah, als wäre er abermals gestürzt. Mit einer schnellen Rolle zur Seite, so gut es der Stahlpanzer zuließ, brachte er sich vor dem Vernichtungsschlag von oben in Sicherheit und ergriff dabei eine volle Hand mit dem aschehaltigen Sand. Passenderweise drehte sich der Bretone gerade zu ihm um, sodass mit einem kurzen Wurf Alles im Gesicht des Menschen landete. Der Mann heulte auf und seine behandschuhten Pranken fuhren automatisch zu den Augen, in denen wohl die Körnchen wie Nadeln stachen. Der Dunmer brachte sich derweil endlich wieder auf Abstand und nahm wieder eine vernünftige Kampfposition ein. Schweiß lief ihm über Rücken und Stirn und sein Atem ging schnell, doch erkannte er, dass sein Plan voll aufging. Der Bretone, der inzwischen den Versuch, sich die Asche aus den Augen zu wischen, aufgegeben hatte, wandte sich ihm mit zornesrotem Gesicht zu. Die Augen waren blutunterlaufen und sprühten vor Wut. Ohne Vorwarnung begann der Koloss wieder Feuerzauber auf ihn zu werfen. Zunächst wich Tarrior den Geschossen aus, dann stürmte er nun seinerseits vorwärts. Der Bretone versuchte ihn einfach mit Zaubern auf Distanz zu halten und schoss eine Feuerkugel ab, die vor Magie stark knisterte. Mit siegesgewissem Lächeln sah er zu, wie die verheerende Magie direkt auf den Dunmer traf, der nicht einmal den Versuch machte auszuweichen und ihn in eine verzehrende Aureole aus Feuer hüllte, die genug Hitze ausstrahlte, dass sich die Anwesenden die Augen bedeckten.

    Doch anstatt vor Schmerzen zu schreien oder gar zusammen zu brechen, wie es der Bretone wohl erwartet hatte, stürmte die flammende Gestalt weiter voran. Mit sich weitenden Augen sah der Adjutant zu, wie sich die Flammen von Tarrior zurückzogen und dieser unverletzt weiter auf ihn zuhielt. Er versuchte es mit einigen weiteren Feuerstößen, die allesamt keine Wirkung auf seinen Gegner hatten. Tarrior indes holte im Lauf zu einem Hieb aus. Der Kampfmagier, noch ganz geschockt von Wirkungslosigkeit seiner Zerstörungszauber, brachte gerade so den Kolben rechtzeitig zwischen sich und den Dunmer. Die beiden Waffen verkeilten sich ineinander und die beiden Kontrahenten rangen direkt miteinander. Eine gefühlte Ewigkeit pressten sie sich gegeneinander, sodass sie den Atem ihres Gegners spüren konnten, doch dann machte Tarrior einen Ausfallschritt gab damit den Streitkolben frei, aber konnte so eine freie Hand ins Spiel bringen. Geschickt griff er um die Waffe herum und packte mit der aschgrauen Hand den Bretonen am Hals. Als die Magie floss und der Adjutant vor brennendem Schmerz zu kreischen begann, war der Kampf entschieden. Ralvit brach in die Knie und ließ die Waffe sinken und dann knapp über dem Boden einfach niederfallen. Der Großmeister der Liga unterbrach das Duell. Als Tarrior daraufhin von ihm abließ, war eine große, übel aussehende Brandwunde in Form seiner Hand dort zurückgeblieben. Verächtlich schaute der Dunmer zu, wie sein Gegner nun umkippte und von zwei redoranischen Soldaten weggetragen wurde. Dem Großmeister schenkte er einen kühlen Blick.

  7. #7

    Vvardenfell-Distrikt, Westspalte, Andasreth

    Der Blick des Großmeisters hatte sich verändert. Dies fiel Tarrior sofort auf. Die Überheblichkeit, mit der er zuvor auf ihn herabgesehen hatte, hatte sich nun in aufmerksame Vorsicht gewandelt. Der Kaiserliche musterte sein gegenüber sehr genau. Tarrior konnte die durchdringenden Blicke fast schon körperlich spüren. Kurz darauf nahm der Großmeister die Position seines besiegten Adjutanten im Aschering ein. „Interessant. Ihr seid ein stärkerer Magier als euer niedriger Rang in der Gilde vermuten lassen würde, aber ein einfacher Berührungszauber ist noch keine höhere Kunst. Und noch dazu seid ihr wohl, was selbst für einen Dunmer erstaunlich ist, gegen Feuer völlig immun. Zumindest zeigten selbst die stärksten Feuerzauber auf euch keine Wirkung. Ich werde euch nicht unterschätzen. Ralvit konntet ihr täuschen, in dem er seinen Zaubern ausgewichen seid, obwohl ihr das nicht musstet, aber Ralvit ist, nun ja, nicht dazu geschaffen viel zu denken. Mit mir werdet ihr nicht so ein leichtes Spiel haben. Ich bin Lord Magnus Castellan, Großmeister der Liga der Magischen Gewalt und Meistermagier der Kampfmagier der Magiergilde. Ich werde nicht zulassen, dass ihr unseren Bund zum Gespött macht“: sprach der Magier zu ihm. Tarrior verzog das Gesicht. Der Mann würde wohl nicht einfach Opfer seiner Überheblichkeit werden, wie Ralvit Opfer seines eigenen Jähzorns geworden war. Ihm stand wohl ein harter Kampf bevor. Allerdings gab es noch einen Trumpf. Zwar wusste Magnus nun um seine Feuerimmunität, doch hatte er sein magisches Potential noch nicht offenbart. „Er geht davon aus, dass ich nur über rudimentäre magische Fähigkeiten verfüge, weil ich in der Gilde nur so einen niedrigen Rang innehalte und daher auch keine Ausbildung für Fortgeschrittene durchlaufen habe. Wenn er wüsste, was ich alles gelernt habe“: überlegte Tarrior und ein diabolisches Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Er fand es aber besser, wenn er seine Stärke noch eine Weile verbarg. Wie bei dem Bretonen konnte hier der richtige Moment absolut entscheidend sein. „Möge der Kampf beginnen“: ließ der Großmeister verlautbaren und stürzte los. Der Dunmer noch ganz in Gedanken wurde von dem plötzlichen Angriff überrascht. Sein Gegner führte ein eigentümliches Silberschwert, dessen Klinge wellenförmig gearbeitet war. Die Waffe war mit mehreren blauen Edelsteinen verziert und das Metall schimmerte vor pulsierender Magie. „Schon wieder eine verzauberte Waffe“: erkannte Tarrior genervt, als er sich mit einer schnellen Drehung in Sicherheit brachte.

    Ein stechender Schmerz fuhr durch seine Seite. Die Bewegung kam zu schnell. Der Schmerz verhinderte, dass er seine Waffe zog und so war er einem weiteren Angriff des Großmeisters ausgesetzt, der ebenfalls schnell herum wirbelte. Die Klinge kratzte über Tarriors Bruststück. Er hörte nur noch ein Knistern, bevor er den brennenden Schmerz auf seiner Haut fühlte, als die Schockmagie durch die Rüstung direkt in seinen Körper geleitet wurde. Keuchend taumelte er zurück, doch Magnus setzte ihm augenblicklich nach. Ein gezielter Hieb in Richtung seiner rechten Hand, verhinderte abermals, dass er seine Waffe ziehen konnte. Auch konnte er sich nicht schnell genug bewegen, um aus der Reichweite der Blitzklinge zu kommen, denn die Rüstung behinderte ihn noch mehr, als zuvor. Weitere prasselnde Schläge folgten und nötigten Tarrior einen einfachen Schildzauber ab, der die Klinge kurzerhand etwas ablenkte und so direkte Treffer verhinderte. Doch das Ausweichen fiel ihm jedes Mal schwerer. Die Erschöpfung des letzten Kampfes steckte noch in seinen Knochen und Magnus trieb ihn noch mehr an als Ralvit. „Pah dieser Schildzauber ist viel zu schwach. Er wird mich nicht aufhalten“: brüllte der Großmeister und stieß mit seiner Klinge nach vorne zu. Leider hatte er damit Recht. Tarrior verstand sich kaum auf Schildzauber. So glitt die Klinge einfach hindurch traf auf die Rüstung. Er konnte spüren, wie das Schwert von der Schockenergie durchpulst und damit noch schärfer das Rüstzeug zu durchdringen begann. Er erkannte eine knappe Chance und ließ sich in einer abgehackten Drehbewegung zur Seite fallen. Da die verzauberte Schneide schon zu einem Stück in seiner Rüstung steckte, zog er somit mit seinem ganzen Gewicht daran. Sie verkantete sich und wurde dem Kaiserlichen einfach aus der Hand geprellt. „Verflucht!“: zischte Magnus als ihm die Klinge durch die Finger glitt und in den Staub fiel. Tarrior erhoffte sich davon einen kurzen Moment Ruhe, doch der Anführer der Liga hatte wohl andere Pläne. Statt die Waffe aufzuheben, hüllte er seine Hand in blaues Glühen und schlug nun mit den gepanzerten Fäusten nach ihm. Gerade noch eine Rolle schaffte Tarrior in dem unpraktischen Rüstzeug und sah mit Schrecken zu, wie die Faust den Boden traf und dort die Asche in splitterndes Eis verwandelte. Das Leuchten wurde nun noch stärker. Mit lautem Krachen riss er die Faust aus dem Eis und holte zu einem neuerlichen Schlag aus. Wieder drang er auf den Dunmer ein. Eine weitere mühevolle Rolle folgte. Seine Kraft war fast ausgereizt. Wenn er nicht aufstehen konnte, dann war er erledigt, doch der Großmeister wollte ihm diese offenbar nicht einräumen. Er war das Symbol seiner Liga und kämpfte fanatisch und unerbittlich gegen ihn, ohne auch nur einen Schritt zurückzuweichen. Tarrior schluckte. Es gab nur eine Chance, ansonsten wäre er erledigt. Magnus nächster Schlag sauste auf ihn herab. Er sah die Faust auf sich zukommen. In seiner eigenen Hand hingegen knisterte bereits eine Menge Magie.

    Die entstehende große Stichflamme, die Tarrior mit einem Aufschlag seiner Hand auf dem Boden auslöste, brachte den Ordensmeister von seinem Schlag ab und ließ ihn getroffen nach hinten wegtaumeln. Seine Hand war in einer reflexhaften Geste über das Gesicht gelegt. Doch sein langes Haar zierten nun angesengte Spitzen. Ein Geruch von verbranntem Horn lag in der Luft. Diese Verschnaufpause nutze der Dunmer nun, um aufzustehen und den Abstand zu dem Kaiserlichen noch weiter zu vergrößern. „Es hat keinen Sinn noch länger hinter dem Berg zu halten. Dieser Fanatiker will mich schnell erledigen. Zurückhaltung kann keine Taktik mehr sein“: schoss es ihm durch den Kopf und griff an seine Seite, um die Riemen des Brustpanzers zu lösen. Derweil hatte sich Magnus wieder gefasst. Als er die Hand herunternahm, erkannte Tarrior gerötete Augen, die den Flammen wohl etwas zu nah gekommen waren, aber noch allzu deutliche Blitze des Zorns verschossen. Auch sein Gegner schien die kurze Pause zu nutzen, um sich neu zu orientieren und ging langsam zu seinem Schwert hinüber, um es aufzuheben. Derweil fiel das Rüstzeug von Tarriors Körper und schlug mit einem dumpfen Geräusch in der Asche auf. Ebenso entledigte er sich der schweren Stiefel. Magnus schien keine Anstalten zu einem weiteren Angriff zu machen, sondern musterte ihn ebenso wie umgekehrt. Ein verwirrter Ausdruck stand dem Mensch ins Gesicht geschrieben. „Ihr legt diese Rüstung auf eure eigene Verantwortung hin ab. Wenn ich euch mit meiner Klinge tödlich verwunde, dann tragt ihr die Schuld selbst. Und glaubt mir. Noch einmal werdet ihr mich nicht mit so einer einfachen Feuerfontäne abhalten, noch einmal werde ich nicht darauf hereinfallen“: warnte ihn der Kaiserliche vor. Tarrior spuckte aus. „Danke für eure Fürsorge“: meinte er. Nur noch dieser Kampfmagier stand zwischen ihm und dem ersehnten Ziel. Er würde dieses Hindernis beiseite räumen.

    Als der Dunmer nun auch sein Schwert und er seinem Gegenüber fest in die Augen schaute, meinte dieser wohl den richtigen Moment für einen Angriff gefunden zu haben und stürmte los. Die Reaktion des Dunkelelfen kam fast ebenso schnell. Mit einem lauten Kreischen verkanteten sich die Klingen einander, als ihre Waffenführer aufeinander eindrangen. Die silberne Schneide rutschte dabei über das Wellenmuster und erzeugte einen schrillen Ton, der in den Ohren schmerzte. Das Knistern der überspringenden Schockmagie war deutlich zu hören. Tarrior hielt jedoch mit seiner eigenen Kraft dagegen, indem er sie in Form von Feuer in sein eigenes Schwert fließen lies, was ein Brummen des Silberstahls zur Folge hatte. Arkane Funken sprangen an den Stellen, an denen sich die Klingen berührten, über. Seine Zähne knirschten und standen fest aufeinander, als er dem Kaiserlichen in die Augen blickte. Dessen Gesicht war ebenso von Anstrengung gezeichnet, doch auch in seinen Augen stand der unbedingte Wille nicht nachzugeben. Stattdessen lockerte der Gegner nur seinen Griff um die eigene Waffe, die sich nun unter dem Druck des gegendrängenden Silberschwerts gefährlich dicht an die Kehle des Menschen verlagerte und machte sich damit eine Hand frei. Umgehend ging ein blaues Leuchten von ihr aus und er streckte sie dem Dunmer entgegen. Tarrior konnte nur noch reagieren, stieß sich mit einem Ruck aus dem Zweikampf zurück und musste somit doch nachgeben, aber leider zu spät. Er spürte einen harten, kalten Schlag in seinen Magen krachen. Keine schützende Rüstung hielt den Frostzauber von ihm ab. Wie unter dem Aufprall einer Stahlfaust brach er in die Knie und krümmte sich nach vorne. Es dauerte einige Sekunden, bevor er überhaupt wieder atmen konnte. Durch tränenverschleierte Augen sah er erneut einen zustürmenden Großmeister. Seine Deckung war völlig offen und das Schwert wohl zum finalen Streich erhoben. Der Dunmer biss die Zähne zusammen rappelte sich zitternd auf und stieß einen Schrei aus. Dann leuchteten seine Hände in blutigem Rot und kurz darauf fegte eine große Kugel aus komprimierter Feuermagier auf den Kaiserlichen zu. Dieser stoppte abrupt und spürte enorme Hitze, als der Feuerball mit gewaltiger Wucht vor ihm explodierte. Auf seinem Gesicht zeichneten sich Überraschung und Furcht ab, die Tarrior jedoch nur kurz auskostete, bevor er weitere Magie sammelte und neue Geschosse auf seinen Gegner abfeuerte.

    Magnus konzentrierte sich immer stärker auf das Ausweichen, sodass er gar nicht bemerkte, dass Tarrior inzwischen wieder auf den Beinen war, zwar angeschlagen, aber noch nicht geschlagen und seine letzten physischen Kräfte für den, so hoffte er, entscheidenden Angriff mobilisierte. Er packte das Schwert fester, feuerte eine Salve weiterer schwächerer Feuerbälle ab und stürmte los. Sein Magen schmerzte und seine Kräfte waren von den zwei Kämpfen fast aufgebraucht, doch zwang ihn der Zorn über diesen jämmerlichen Fanatiker zum Durchhalten. Mit schnellen Schritten überwand der Dunmer die Distanz. Der abgelenkte Ordensmeister versuchte das Silberschwert wieder zwischen sich und Tarrior zu bekommen, doch diesmal legte er kurz vor ihrem Zusammentreffen noch einen Feuerball vor. Aus seiner freien Hand schoss das Feuer hervor, dabei waren vielleicht noch zwei Schritte zwischen ihnen. Das magische Geschoss traf die Hand des Kaiserlichen und zerstob in einer feurigen Wolke. Tarrior hielt den Atem an, tauchte in das Feuer ein mit seiner Waffe im Anschlag und stieß nach vorne zu. Der Weg der Klinge war frei, da der Großmeister der Liga das Schwert vor brennendem Schmerz, zumindest zeigte sein verzerrtes Gesicht diesen, fallen gelassen hatte. Die Nase und kurz danach die glühend roten Augen traten zuerst aus dem flammenden Nebel und fixierten noch einmal kalt das Gesicht des Großmeisters. Ein Lächeln umspielte die Lippen des Dunkelelfen und dann fuhr die silberne Klinge, die Tarrior mit Feuermagie durchtränkt hatte, in das Rüstzeug seines Gegners, dem sichtbar die Luft aus den Lungen gepresst wurde und dann in einer feurigen Explosion nach hinten weg geschleudert wurde. Die Rüstungen verhinderte akrobatische Überschläge und ließ ihn schnell auf dem Boden aufschlagen und nur noch durch die Asche schlittern, bis er am gemauerten Rand des Beckens zum Liegen kam und sich nicht mehr rührte. Das Blut rauschte in seinen Ohren und sein eigener Atem schien unerträglich laut, als er seinen reglosen Gegner immer noch mit eiskaltem Lächeln musste. Freude und Genugtuung spielten mit hinein.

    Erst allmählich nahm er die Welt um sich herum wieder war. Die Menge, die den Kampfplatz umstand schwieg voller Erstaunen, vielleicht war es auch Entsetzen. Den Großmeister niedergestreckt zu sehen, kam aber in jedem Fall völlig unerwartet für die Gildenmitglieder, die sich als Zuschauer hier versammelt hatten. Er ließ noch einmal seinen Blick durch die Menge schweifen und hob dann kurz den rechten Arm, was ihm ein besonders schlimmes Ziehen in der Magengegend verursachte, um seinen Sieg zu bekräftigen. In diesem Moment fand Alina, die die Kämpfe mit angesehen hatte, als Erste Worte für die Niederlage ihres Großmeisters. Sie stieg zu Tarrior in den Ring und gratulierte ihm vor aller Augen zu seinem Sieg: „Ihr habt unseren Großmeister besiegt und damit euer Können offenkundig unter Beweis gestellt. Ich beantrage hiermit erneut, dass Tarrior Gildres die nächste Versorgungslieferung nach Maar Gan als Teil der Eskorte begleiten wird.“ Von Jubel konnte bei den Umstehenden keine Rede sein, aber zumindest nickten sie zustimmend. Einige Redoran-Wachen kümmerten sich derweil um Magnus und halfen ihm hoch. Im Gesicht prangten einige krebsrote Brandwunden und sein Haar war an etlichen Stellen mehr oder weniger stark angesengt. Ein beschämter Ausdruck lag in seinem Gesicht. „Ihr habt gewonnen Gildres. Ich habe euch unterschätzt. Ihr dürft die Eskorte begleiten. Ich muss mich ausruhen“: sagte der Mann knapp und begab sich, gestützt von den Redoranern, zurück in die Festung. „Sieht so aus, als wären wir jetzt Quitt“: meinte Alina mit einem Lächeln. Tarrior erwiderte es gequält. Sein Magen schmerzte höllisch. „Euer Großmeister ist ein hervorragender Kämpfer, doch ich muss nun einmal in diese Stadt“: sagte er mit zusammen gebissenen Zähnen. Das Sprechen fiel ihm schwer. Und jede kleine Bewegung ließ Schmerz durch seine Nerven jagen. Er fühlte, wie ihm plötzlich kalter Schweiß auf der Stirn stand. „Geht es euch nicht gut? Ihr seht so blass aus“: fragte die Bretonin besorgt. Tarrior wollte gerade den Kopf schütteln, als die Welt vor seinen Augen plötzlich verschwamm und er ungebremst in die Asche fiel und liegen blieb.

  8. #8

    Westspalte, Andasreth, Kate

    „Ihr seid aufgewacht. Das ist gut. Wir befürchteten schon ihr hättet euer Bewusstsein gänzlich verloren“: drang eine Frauenstimme an seinen verwirrten und müden Geist. Gerade eben war er aus einem langen, viel zu langem Traum erwacht, doch die Erinnerung daran entglitt seinen Gedanken, noch ehe er danach greifen konnte. Wäre nur nicht diese penetrante Stimme. Er blickte sich um und versuchte ihr ein sichtbares Gesicht zuzuordnen, doch seine Augen waren verschleiert. Es war als läge ein milchiger Nebel über allem. Ein unbewusster Reflex ließ ihn die Hand heben und damit die verklebten Augen freireiben, doch sein Bewusstsein versuchte noch immer an die letzten Halme geklammert den Traum festzuhalten. Ein beißendes Gefühl vermittelte ihm den Eindruck, dass in ihm eine wichtige Information verborgen lag, die er keinesfalls verlieren durfte. Er zog die Brauen zusammen und versuchte sich zu konzentrieren. Er versuchte den Traum festzuhalten, ihn sich erneut bewusst zu machen, doch alle Konzentration half nicht weiter. Wie Schlieren schillernden Öls auf einem Fluss trieb die Sequenz einfach langsam fort. Er versuchte noch einen letzten Versuch, doch in diesem Moment schob sich ein Gesicht in sein Blickfeld. „Geht es euch gut?“: fragte Alina und die Erinnerung war entschwunden. Tarrior schüttelte sich.

    „Alina? Ihr hier?“: fragte er. Sein Mund fühlte sich trocken an und die Worte kamen nur zitternd heraus. Er versuchte sich aufzusetzen, aber neben einem Ziehen in der Bauchregion machten ihm schwächelnde Muskeln einen Strich durch die Rechnung. Ihm kam plötzlich wieder der Kampf gegen den Großmeister in den Sinn. Seine letzte Erinnerung bestand im Jubel der Umstehenden, ansonsten war da nur dieser Traum, der sich ihm nun vollends entzogen hatte. „Der Kampf. Ich habe doch gewonnen“: brachte er hervor. Die Bretonin legte ihren Finger auf seine Stirn und drückte seinen Kopf zurück auf ein weiches Kissen. Er erinnerte sich an scharfkantigen Aschesand. „Was ist passiert?“: fragte er sich. „Ihr habt den Kampf gewonnen keine Sorge. Ihr habt uns alle ziemlich beeindruckt. Der Großmeister bat mich, euch seinen Respekt auszurichten. Er ist nach Balmora abgereist um sich mit der stellvertretenden Erzmagierin zu treffen“: sagte sie sanft. „Balmora? Aber er lag doch gerade noch im Staub. Ich… Ich…“: in seinem Kopf begann ein Schmerz zu pochen. „Beruhigt euch. Der Kampf ist jetzt bereits drei Tage her“: erklärte sie. Er versuchte sich zu erinnern, aber da war nur noch Schwärze. „Was ist geschehen?“: wollte Tarrior wissen. Alina strich durch seine roten Haare. „Ihr seid ohnmächtig geworden. Zunächst glaubten wir vor Erschöpfung, denn niemand bestreitet so einfach zwei harte Kämpfe direkt hintereinander, aber als wir euch entkleideten, bemerkten wir unseren Irrtum…“: berichtete sie, doch wurde sie von einem hochfahrenden Tarrior unterbrochen. „Drei Tage!“: stieß er hervor, als er nach oben schnellte, doch noch im selben Augenblick krümmte er sich vor schlimmen Schmerzen zusammen. „Das habt ihr nun davon“: sagte die Bretonin mit missbilligendem Unterton und streckte ihn behutsam wieder auf das Bett hin. Sie zog die einfache Soldatendecke, die ihn bedeckte, weg und zeigte dem Dunkelelf damit einen ausgedehnten Verband, der den Bereich knapp unterhalb und oberhalb des Nabels bedeckte. Der Schmerz ging eindeutig von der bandagierten Zone aus. Sie legte beide Hände auf seinen Bauch und ließ heilende Magie, Tarrior war sich aufgrund des stärkenden und schmerzlindernden Gefühls sicher, dass es solche war, in ihn strömen.

    „Bewegt euch nicht. Zwar habt ihr das Gröbste hinter euch, aber jede schnellere Beugung könnte den Heilungsprozess verlangsamen und wird euch Schmerzen zufügen“: sagte sie und konzentrierte sich weiter auf den Heilzauber. Der Dunmer dachte nach. Er war sich sicher, dass weder der Großmeister noch der Adjutant ihn am Bauch verletzt hatten. Nur ein Zauber hat mich getroffen. „Ein Eiszauber“: wie ihm schmerzlich bewusst wurde. Er sprach seine Gedanken laut aus. „Ja. Es war schrecklich. Ich habe noch niemanden, auch keinen Dunmer, gesehen, der derart extrem auf die Einwirkung von Frostmagie reagierte“: kommentierte die junge Frau seinen Ausruf. „Wie meint ihr das?“: fragte er. Sie zuckte mit den Schultern. „Als wir euch entkleidet hatten, sahen wir euren Bauch. Das Fleisch um den Bereich, an dem euch der Großmeister mit dem Zauber getroffen hatte, war innerhalb kürzester Zeit abgestorben und schon ganz schwarz geworden und leider gingen die Verletzungen noch tiefer. Der Feldarzt meinte, als er das abgestorbene Gewebe herausschnitt, dass er noch nie solche tiefgreifenden Erfrierungen gesehen habe und dabei stammt er aus Himmelsrand. Er hat die Wunde ausgeschabt und euch einen Verband mit einer Tinktur umgelegt. Wir haben das Nachwachsen des Fleisches mit heilender Magie beschleunigt. Glücklicherweise hatte euch noch keine Infektion befallen. Allerdings würde ich an eurer Stelle euer Glück nicht herausfordern“: antwortete die Frau und nahm ihre Hände von den Bandagen. „Und ihr habt über mich gewacht?“: fragte er Alina. Die Bretonin setzte ein Lächeln auf. „Nicht die ganze Zeit. Auch ich muss schlafen, aber ich wollte mich dafür bedanken, dass ihr mir meinen Posten gerettet habt. Der Großmeister war damals ja drauf und dran mich dafür zu bestrafen, dass ich euch zur Festung brachte. Jetzt wird es mir als besonderes Zeichen von Weitsicht ausgelegt, weil ich einen starken Kämpfer für unsere Reihen rekrutiert habe. Hättet ihr den Kampf nicht gewonnen, wäre es wohl nicht so glimpflich für mich ausgegangen“: beantwortete sie auch diese Frage. Tarrior nickte. „Vermutlich wollte der Großmeister damit sein Gesicht wahren, um nicht zugeben zu müssen, dass seine Überheblichkeit ihn eigentlich besiegt hatte. Ihr müsst mir auch nicht dankbar sein. Ich habe euch schließlich dazu gezwungen mich in die Festung zu bringen“: wiegelte er ab. Doch die Bretonin sah ihm in seine roten Augen. „Vielleicht will ich euch aber trotzdem dankbar sein“: sagte sie mit einem Lächeln. In diesem Moment erinnerte sie ihn wieder an Naasira, die Heilerin aus Chorrol. Er betrachtete das gewellte, braune Haar und blieb einen Moment an ihren feinen Gesichtszügen hängen. Sie war schön, aber es lag keine zierliche Schönheit in ihrem Gesicht, sondern die herbe Schönheit, die Frauen besitzen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Auch Naasira hatte so ein Gesicht. Seine Betrachtungen wurden durch einen hereintretenden Mann gestört.

    „Herrin, ihr wolltet informiert werden, wenn die Waren in der Festung eintreffen. Sie sind bereits auf dem Weg in die Kammer.“: vermeldete der Mann, bei dem es sich um einen Kaiserlichen in einfacher Leinenkleidung handelte. „Gut. Geht und informiert die Männer! Sie sollen sich bereit machen. Der Konvoi wird in etwa einer Stunde aufbrechen. Sie sollen also pünktlich sein!“: befahl sie und der Kaiserliche entfernte sich mit einem Nicken. „Welcher Konvoi?“: fragte Tarrior hellhörig. Ein kurzer Ausdruck von Selbsthass huschte über Alinas Gesicht. Vermutlich wünschte sie sich, dass sie nichts gesagt hätte. „Der Konvoi nach Maar Gan“: war ihre knappe Antwort. Wahrscheinlich hatte sie bereits vorhergesehen, dass Tarrior sich nun aufrappelte und Anstalten machte, aus dem Bett aufzustehen. Sie machte hingegen keine Anstalten ihn zurückhalten zu wollen. Vermutlich wusste sie, dass es Nichts bringen würde, denn alles in Tarrior war auf die Fortsetzung seiner Reise ausgerichtet. Das Lager hatte ihn bereits genug Zeit gekostet und der nächste Konvoi würde erst wieder in ein paar Wochen aufbrechen. So lange konnte und wollte er nicht mehr warten. Egal welches Geheimnis Behram verbarg, Tarrior wollte es endlich in die Finger bekommen und dazu musste er den Nord finden. „Ihr solltet euch wirklich schonen. Ich kann nicht erlauben, dass ihr in eurem Zustand den Konvoi begleitet. Eure Bauchwunde ist noch nicht fertig verheilt“: sagte sie. Tarrior zog derweil seine Sachen, die feinsäuberlich auf einem Schrank neben dem Bett lagen, an. Er befand sich, erst jetzt lenkte er seine Aufmerksamkeit darauf, noch immer in Andasreth in einer kleinen, engen Kate ohne Fenster, die von einigen Öllampen beleuchtet wurde. Er ignorierte ihren Einwand völlig. „Ich kann euch unmöglich einen so wichtigen Konvoi in angeschlagenem Zustand begleiten lassen. Wenn bei dem Transport irgendetwas schief geht, dann müssen alle kämpfen können und man muss sich auf jeden Einzelnen von euch verlassen können. Wenn ihr nun ausfallt…“: brachte Alina den nächsten Einwand vor. Tarrior sah sie missbilligend an. „Ich kann mich vielleicht nur schlecht bewegen, aber laufen wird gehen, denke ich. Und was den Kampf angeht… wahrscheinlich werde ich mich nicht in den Nahkampf begeben können, aber ich kann auch auf Entfernung meine Gegner grillen. Wie euch der Kampf bewiesen haben dürfte, bin ich ein besserer Magier als mein Rang in der Gilde vermuten lassen würde. Ihr könnt euch auf mich verlassen, wenn denn der Konvoi überhaupt angegriffen wird“: schmetterte er diesen Einwand sogleich ab.

    Man konnte es in diesem Moment hinter der Stirn der Frau arbeiten sehen, wie sie ihn doch davon abhalten könnte, diese Reise mitzumachen. Sie setzte kurz darauf zu einem weiteren Argument an: „Der Arzt meinte auch noch, dass er euch noch einmal untersuchen wolle, wenn ihr wieder auf den Beinen seid. Ihr mögt zwar gesundheitlich wieder reisefähig sein, aber er hat Befürchtungen. Eure derart große Anfälligkeit für Frost bereitet ihm Sorgen. Er mutmaßt, dass ihr unter einer magischen Krankheit oder einem Fluch leiden könntet, der euch anfällig gegen diese Art Magie macht. Das allein wäre ein Grund die Konfrontation mit magiebegabten Dremoren zu meiden, denn wie ihr gesehen habt, kann jeder stärkere Frostzauber, den ihr ungeschützt abbekommt, euer Ende sein.“ Tarrior war inzwischen angezogen und band sich seine roten Haare wieder zu einem Knoten im Nacken zusammen. „Habt ihr mein Gepäck von Feldlager hierher verlegen lassen?“: fragte er und überging sie damit völlig. „Es liegt dort hinter dem Schränkchen neben der Tür“: antwortete sie und hoffte ihrerseits offensichtlich auf eine Reaktion ihres Gegenübers, die aber ausblieb. Tarrior wandte sich lieber seinem Gepäck zu und entnahm im die Knochenrüstung. Er strich über die einzelnen Platten und legte sich das Rüstzeug bereit. Alina wurde derweil immer ungehaltener. Schließlich brüllte sie ihn an: „Verflucht noch eins. Ignoriert mich nicht, sondern redet gefälligst mit mir!“ Nun besaß sie seine Aufmerksamkeit. Er dachte kurz nach, bevor er antwortete. Es war Zeit der Frau die Wahrheit zu sagen. „Macht euch keine Sorgen wegen einer Krankheit oder eines Fluches. Ihr dürftet festgestellt haben, dass mir Feuer nichts anhaben konnte. Das liegt daran, dass ich mir eine Feuerimmunität erworben habe. Das Problem daran ist, dass ich dadurch gleichzeitig anfällig für Frostzauber wurde. Der Zauber traf mich allerdings nur so schlimm, weil ich ihn direkt und ohne schützende Rüstung abbekam. Das lässt sich hiermit vermeiden“: rang er sich eine Antwort ab und klopfte beim letzten Satz auf den Knochen-Brustharnisch in seiner Hand. „Ich verstehe wirklich nicht, warum es euch soviel wichtiger ist nach Maar Gan zu gelangen, anstatt auf eure Gesundheit zu achten“: zeigte sie sich kopfschüttelnd. Auch hier zeigte sich Tarrior langsam bereit, mit ihr die Wahrheit zu teilen, um sie endlich zu überzeugen – zumindest einen Teil der Wahrheit. Der Dunmer seufzte, bevor er zum Reden ansetzte: „Alina ich sage euch dies jetzt, weil ich euch traue und auf eure Diskretion hoffe. Ich habe euch belogen, was die Gründe für meine Reise nach Maar Gan angeht. Ich will dort niemanden besuchen und auch der Schrein ist mir egal. Ich suche jemanden, der sich in der Nähe der Stadt versteckt. Dieses Treffen ist für mich überlebenswichtig. Er hat Informationen, die ich um jeden Preis bekommen muss. Allerdings komme ich ohne die Hilfe der Liga nicht an den Daedra vorbei oder überhaupt ins Aschland. Der Konvoi ist meine einzige Chance.“ Alina sah ihn ausdruckslos an. Während er erzählte, verschloss sich ihr Gesicht zunehmend.

    „Die Frage ist, ob ich euch trauen kann. Warum habt ihr mir nicht gleich die Wahrheit erzählt?“: fragte ihn die Bretonin. Tarrior bedauerte in diesem Moment das Vertrauen, das er in die Frau gehabt hatte. Wieder musste er sich erklären. Er hasste es. „Alina. Ich erzählte euch dies, damit ihr mich besser versteht. Ich habe euch belogen, um eben diese Diskussion nicht führen zu müssen. Dieses Misstrauen behindert meine Weiterreise und ist gleichzeitig äußerst unproduktiv für beide Seiten“: versuchte er eine langwierige Diskussion abzuwürgen. „Ihr könntet ein Daedra-Anbeter sein. Was, wenn ich mit euch einen Kultisten der Mythischen Morgenröte in das verwundbare Maar Gan schicke?“: fragte sie sich mehr selbst als ihn. „Ihr könnt nur darauf vertrauen, dass ich kein Kultist bin. Die Lage hat sich damit auch nicht geändert. Zuvor musstet ihr darauf vertrauen, dass ich ein Pilger bin, der zum Schrein der Stadt will. Ich habe euch belogen und es tut mir leid, aber es ändert Nichts daran, dass ihr mich gehen lassen wolltet, wenn ich gesund genug wäre. Also schiebt jetzt nicht dieses scheinheilige Argument von Sicherheitsbedenken vor, denn meine Lüge war nur dazu gedacht, dass mir keine weiteren unbequemen Fragen über meinen Kontakt gestellt werden. Die Sache ist sehr persönlich und soll nur mich etwas angehen. Ich habe euch dies jetzt verraten, weil ich dachte, ich könnte euch vertrauen und die Situation zwischen uns beiden wäre geklärt!“: unternahm der Dunmer einen weiteren Versuch die Bedenken zur Seite zu wischen und tauschte dabei geschickt ihre Positionen. Alinas harte Maske brach und auf ihrem Gesicht stand Unsicherheit geschrieben. Er nahm sie bei den Armen und ließ sie seinen bestimmten aber sanften Griff spüren. Mit einem Lächeln schaute er ihr in die Augen. „Seid mir dankbar Alina“: sagte er. Sie nickte. „Ihr dürft den Konvoi begleiten. Wenn ihr ein Kultist der Mythischen Morgenröte, dann verbergt er dies meisterhaft. Ihr habt euch Nichts zu Schulden kommen lassen“: gab sie ihm nun ihre Erlaubnis. Tarrior war ein weiteres Hindernis losgeworden. Er wollte sich gerade wieder seiner Rüstung widmen, als die Bretonin etwas Unvorhergesehenes tat – sie umarmte ihn. Er wusste nicht wie ihm geschah. Ihm war die Berührung im ersten Augenblick furchtbar unangenehm. Seine Muskeln spannten sich derart an, dass er wohl mehr einem Brett als einem Lebewesen gleichen musste. Die Arme hingen nutzlos an seinem Körper herunter. Er hatte keine Ahnung, was er jetzt tun sollte. Sämtliche Farbe wich ihm aus dem Gesicht. Er stand nur nutzlos herum. Es war, als hätte sein Verstand keinerlei Plan oder Handlungsvorschlag für eine solche Situation vorgesehen. Er wusste schlicht und ergreifend nicht, was er tun sollte.

    Alina entfernte sich plötzlich wieder von ihm. Über ihr Gesicht huschte einen Moment lang ein Anflug von Enttäuschung und Verwirrung, doch dann überwand sie den peinlichen Moment, in dem sie Tarrior darauf hinwies, dass der Konvoi bald aufbrechen würde und er sich nun fertig ausrüsten solle. Sie wandte sich schleunigst um und verließ die Kate eine Spur zu schnell. Der Dunmer nutzte nun die Ruhe und machte sich abmarschbereit.

  9. #9

    Westspalte, Andasreth, Propylon-Kammer

    Nach etwa einer halben Stunde verließ er die Kate und traf die Bretonin auf dem Gang wieder. Sein Gepäck hatte er nun geschultert. Das Gewicht drückte auf seine Muskeln und er konnte es auch auf seiner Bauchwunde lasten fühlen. Der Schmerz war zu ertragen und die Belastung gerade noch verträglich für die wunde Stelle. Alina wartete bereits vor dem Zimmer auf ihn. Schweigend gingen sie nebeneinander her nach draußen. Redoranische Wachen und Mitglieder der Liga, auf die sie unterwegs in den schmalen Gängen der Festung trafen, machten respektvoll vor ihm Platz. So erreichten sie recht schnell den großen Platz der Festung und die junge Frau lenkte ihre Schritte schnell zu dem hochaufragenden Nebengebäude. Soweit Tarrior wusste, war das eine Propylon-Kammer. In alter Zeit bildeten diese magischen Kristallstrukturen ein ganzes Portalnetz zwischen den alten Dunmer-Festungen auf Vvardenfell. Jede wichtige Befestigungsanlage besaß eine solche Kammer. Über das Portalnetz konnten schnell Botschaften übermittelt und Truppen verlegt werden. Dieses wirklich einmalige, magische Teleportationsnetz verfiel leider mit den Jahrhunderten in dem gleichen Maße, wie auch die Festungen verfielen. Heute konnte kaum mehr jemand das Propylon-Netzwerk nutzen. Soweit Tarrior dies wusste, fehlten dazu wichtige Bestandteile der einzelnen Anlagen. Womöglich hatte die Magiergilde die Propylon-Kammer von Andasreth wieder zum Laufen bekommen, allerdings verstand er den Grund nicht, warum der Konvoi ausgerechnet von hier aus teleportiert werden sollte. Maar Gan selbst besaß keine Propylon-Kammer und es lag auch keine Festung mit einer solchen in der Nähe. Doch er wollte sein Transportmittel auch nicht in Frage stellen.

    Alina gab den beiden schwergepanzerten Kampfmagiern, die den Zugang bewachten, ein Zeichen und nannte ein geheimes Codewort und schon wurden sie eingelassen. Sofort als Tarrior die Schwelle überquerte, war als würde ihm flüssiges Feuer in die Lungen strömen, als er dann noch einatmete. Ein sanftes Prickeln auf seiner Haut jagte ihm Schauer über den Rücken. Die Luft schien zu schimmern und zu wabern. Es war als wäre der Raum mit einer Art lilafarbenem Nebel erfüllt, der doch so feinstofflich war, dass nur Nuancen von ihm in der Luft schimmerten, man aber alles mehr oder weniger klar und deutlich sehen konnte. Der gesamte Raum war geschwängert mit Magie. Man konnte sie geradezu riechen, schmecken und fühlen. Ein leichtes Knistern verriet auch, dass man sie hören konnte, wenn man sich darauf konzentrierte. Der Anblick, der sich dem Dunmer bot, war überwältigend. Das Zentrum des Raumes nahmen zwei Plattformen ein. Jede dieser etwa kreisrunden Plattformen wurde in je einen Drittel von einem großen, gebogenen, steinernen Monolithen umstanden, an dessen zum Kreiszentrum hin ausgerichteten Innenfläche eine kristallene Komponente angebracht war, die vor Energie nur so pulsierte. Alle sechs Kristallarme der beiden Plattformen gaben unaufhörlich rot-weiße Energietentakeln ab, die sich in alle Richtung hin ausbreiteten, aber sich vor allem auf den obeliskförmigen Monolithen im Zentrum der Plattform zubewegten und diesen wie ein Aureole einhüllten und umgaben. Das mussten die beiden Propylonen sein. Andasreth verfügte offenbar über mehr als einen. Er kannte diese Darstellung bereits von den Erzählungen einiger Gildemagier, aber es in Natura zu sehen, war wirklich ergreifend. Was er allerdings von den Beschreibungen nicht kannte, waren einige, offensichtlich von der Liga hinzugefügte, Erweiterungen. So bildete eine Anordnung mehrerer großer Kristalle, in denen Tarrior das Pulsieren gefangener Seelen spürte, ebenfalls eine Kreisform, die die beiden Propylon-Plattformen tangierte. In diesem Kreis aus Kristallen standen bereits die Wagen mit der Versorgungsgütern für das belagerte Maar Gan und ein Teil der Eskorte. Doch die Quelle für die enormen frei schwebenden Kräfte entdeckte Tarrior unterhalb der Decke der Kammer. In großen Käfigen, die an Ketten von oben herab hingen, saßen mehrere Sturm-Atronarchen eingepfercht. Es waren insgesamt sieben an der Zahl. Die Käfige besaßen in ihrem Boden jeweils einen großen Kristall. Sie leuchteten in dem dunklen Lila, das nebelartig die ganze Kammer durchzog. Unter jedem der Käfige stand jeweils ein Magier, erkennbar an den blauen Roben mit dem eingestickten Zeichen der Liga. Bei den meisten handelte es sich um Altmer, aber es waren auch einige Dunmer darunter. Menschen, abgesehen von Alina, sah Tarrior in dem Raum nur bei den Wachen und der Eskorte des Konvois. Die Magier, die sich um die Propylone kümmerten, waren ausschließlich Mer, wobei die Altmer in deutlicher Überzahl vorhanden waren. Auf einen ebensolchen hielt die Bretonin nun auch zu. Aufgrund der teuren und aufwändig gearbeiteten Robe hielt Tarrior ihn für eine Art Oberaufseher über die hiesigen Zauberer.

    „Seid gegrüßt Lord Demawar. In welcher Laune ist heute der magische Fluss?“: begrüßte Alina den Hochelf. Dieser ließ seinen Blick über Tarrior wandern, bevor er antwortete: „Die Störungen haben wieder zugenommen. Heute ist nicht unbedingt der beste Tag für eine Reise, aber wir haben den Konvoi auch schon an schlechteren Tagen sicher hinüber gebracht. Da es nicht so aussieht, als würde sich der Fluss in nächster Zeit wieder beruhigen haben wir heute womöglich auch den bestmöglichen Tag der kommenden Zeit erwischt. Meine Magier werden wie immer ihr Bestes geben“: gab sich der Mann zuversichtlich, dann fügte er noch eine Frage an: „Doch lasst mich wissen, wer euer Begleiter ist.“ Tarrior kam einer Antwort Alinas zuvor, denn er wollte sich selbst vorstellen: „Ich bin Hlaalu Tarrior Gildres. Ich werde dem Konvoi als Begleitschutz dienen.“ Der Altmer zog seine wirklich langen, scharfgeschnittenen Augenbrauen hoch. Tarrior musterte sein Gegenüber nun etwas aufmerksamer. Der Altmer besaß auffällig helle Haut für sein Volk. Der Goldton war nur ein schwacher Schimmer, eine Nuance. Sein ganzer Teint sprach eher für einen Bretonen oder einen Kaiserlichen. Seine Ohren hingegen bezeugten deutlich seine elfische Abkunft. Sie waren spitz und ebenso wie die Augenbrauchen fast schon übertrieben lang und nach hinten gebogen. Seine goldblonden Haare fielen lang aus und waren auf seinem Rücken zu einem kunstvoll geflochtenen Zopf gebunden, während sein Gesicht von zwei langen, fülligen Strähnen links und rechts eingerahmt wurde. In den violetten Augen sah er ein geheimnisvolles Funkeln. Die blassen Lippen in seinem Gesicht rundeten seine feinen Züge perfekt ab. Alles in allem strahlte er die erhabene Dekadenz altmerischer Adliger aus. Tarrior verspürte eine instinktive Abneigung gegen ihn. Gedanklich ließ er sich etwas zu sehr auf ihn ein, sodass er zunächst nicht mitbekam, dass der Mann das Wort an ihn richtete: „… der Mann der den Großmeister der Liga geschlagen hat. Ich war nicht persönlich dabei, denn mein Platz ist hier, aber die Wächter erzählten davon. Ihr sollt dann allerdings am Ende gewesen sein. Ich bin überrascht euch hier zu sehen.“ Der Dunmer zog die Augenbrauen zusammen. „Man hat uns noch nicht vorgestellt, wer seid ihr eigentlich?“: fragte er nun und lenkte damit von sich ab.

    „Oh verzeiht. Ich bin Demawar von Ersthalt, meiner Kunst wegen nennen sie mich Lord. Ich und meine Magier betreuen die Propylone und helfen der Liga der Magischen Gewalt bei der Versorgung von Maar Gan. Sehr erfreut“: stellte er sich vor und deutete mit einem leichten Senken des Kopfes und Oberkörpers eine Verbeugung an, ohne sich wirklich dabei zu bemühen. „Ich sah in euren Augen das Interesse für unsere Apparaturen. Dafür, dass wir damals auf die Schnelle eine sichere Möglichkeit des Transports ermöglichen mussten, ist es echte magische Qualitätsarbeit. Allerdings war es auch nicht ganz einfach. Sagt was haltet ihr davon?“: begann der Altmer ein Gespräch. „Was ich mich frage ist, wie ihr es überhaupt schafft? Teleportzauber sollen ja angeblich nicht mehr richtig funktionieren“: stellte er eine Gegenfrage. Demawar verzog das Gesicht. „Es sind die Daedra oder besser die Oblivion-Tore, die die magische Teleportation stören. Selbst ein meisterlicher Beschwörer wie ich kann nur mutmaßen, wie sich die zunehmende Zahl an Toren auf das Gleichgewicht Nirns auswirkt. Die Energie aus dem Reich des Vergessens, die in unsere Welt einsickert, stört zum Einen die Barrieren zwischen den Welten und bringt zum anderen unsere eigene aus dem Gleichgewicht. Unsere Magie, die aus Aetherius stammt, wird dadurch gestört. Bei einfachen Zaubern würde man diese Veränderung gar nicht bemerken, aber Teleportation und komplexe Rituale, die auf ein stabiles magisches Netz angewiesen sind, geraten so komplett aus ihrer Form. Um die Störungen abzufedern, müssen wir den Zauber mit starker Magie abschirmen. Wir schaffen mit Energie eine Art abgegrenzten Tunnel, durch den wir den Teleportzauber schleusen. Wir benutzen die Propylone, weil sie schon von Natur aus dafür geeignet sind Teleportationsmagie zu kanalisieren. Um größere Massen wie beispielsweise einen ganzen Konvoi mit Eskorte zu bewegen, haben wir die Transportfläche mit dem Kristallkreis deutlich erweitert. Allerdings sind die Kraft der gefangenen Seelen in den Kristallen und die der Propylone zu schwach, um einen ausreichend starken Tunnel zu ermöglichen und gleichzeitig soviel Materie zu bewegen. Das ist wohl auch der hauptsächliche Grund warum ich hier bin. Das Reich des Vergessens ist schuld daran, dass wir uns in einer derart improvisierten Lage befinden, also ist es nur gut und rechtens, wenn wir dessen Energie dazu benutzen unsere Magie zu stabilisieren. Zusammen mit meinen besten Magiern entrissen wir dem Chaos sieben seiner stärksten Kreaturen, banden sie an Nirn und unterwarfen sie unserer Macht, sodass wir nun die ihre kanalisieren können. So haben wir die Propylone mit ihren ursprünglichen Reisezielen vorerst gelöscht und auf das Ziel Maar Gan umgestellt. Wenn die Störungen nicht zu stark sind, dann können wir eine stabile Verbindung in die Stadt halten“: erklärte er die Funktionsweise des neuen Portals. Tarrior besah sich noch einmal beeindruckt die Atronachen, die in ihren Käfigen saßen und deren Magie ständig von den Kristallen im Käfigboden abgezapft wurde. „Wirklich beeindruckend“: sagte der Dunmer. „Natürlich. Ich bin schließlich ein Meister in der hohen Kunst“: meinte Demawar und er bereute das Kompliment sofort wieder.

    „Genug der Worte. Der Konvoi sollte jetzt aufbrechen. Wir sind schon eine Woche überfällig und vermutlich wird in der Stadt schon rationiert. Also kommt Lord Demawar und bereitet das Ritual vor“: bat Alina den Obermagier. „Ich habe noch eine Frage.“: warf Tarrior ein: „Wie kommt die Eskorte eigentlich wieder zurück?“ Demawar lächelte, denn scheinbar genoss er das Interesse an seiner Arbeit. „Es gibt in Maar Gan einen ähnlichen Kristallkreis. Er allein kann natürlich nicht die nötige Energie aufbringen, um die Rückkehr zu ermöglichen, aber er gilt uns als Resonator für unseren hiesigen Zauber. Die Macht die wir hier kanalisieren erzeugt ein Echo in dem Kristallkreis und erschafft dort ein Portal zurück hierher. Der Rückkehrtermin wird vorher mit der Eskorte besprochen. Wer sich zum genannten Zeitpunkt nicht innerhalb des Kreises befindet, wird in Maar Gan bleiben müssen“: erklärte der Hochelf auch die Funktionsweise des Rückkehrportals. Ein lautes Räuspern und ein missbilligender Blick Alinas reichten, um Demawar in seinem Redefluss zu stoppen. „Verzeiht Mylady, ich werde mich sofort um den Zauber kümmern“: sagte er und küsste der Bretonin die Hand mit seinen schmierigen Lippen. „Und ihr nehmt besser eure Position im Kreis ein, wenn ihr wirklich nach Maar Gan wollt“: sagte er dann an Tarrior gewandt, als er sich entfernte, um die anderen Magier anzuleiten. So ging er mit Alina zum Kreis in der Mitte der Kammer. Als er hineintrat, blieb die Bretonin an der Grenze zurück. „Ich hoffe ihr wisst, was ihr tut. Passt auf euch auf“: sagte sie ihm noch zum Abschied. Tarrior bot ihr seine Hand an. „Ihr habt viel für mich getan, habt dank“: verabschiedete er sich ebenfalls. Die Frau griff mit einem undeutbaren Blick zu und entfernte sich dann eilenden Schrittes. Der Dunmer spürte umgehend, wie sich die Magie im Raum bewegte. Sie strömte auf den Kreis und somit auf ihn ein. Er schaute sich um und erkannte Demawar, der genau in der Mitte zwischen den beiden Propylonen und dem Teleportationskreis stand.

    Langsam hob er seine Armee und Blitze zuckten zwischen seinen Händen und den Propylonen hin und her. Langsam bildete sich aber ein konstanter Strom knisternder Energie. Tarrior traute seinen Augen nicht, als der Altmer dann plötzlich den Boden unter den Füßen verlor und ganz langsam in die Höhe stieg. Es bildete sich andeutungsweise eine Gloriole lilafarbener Energie um ihn herum. Dies schien für die restlichen neun Magier, jeweils einer stand bei den Propylonen und sieben unter den Käfigen der Atronachen, das Zeichen zu sein, ebenfalls mit dem Kanalisieren des Zaubers zu beginnen. Die rot-weißen Energien der Monolithen begannen zu pulsieren und färbten sich mehr und mehr lila. Die Energietentakel reckten sich nun nicht mehr um den Propylon-Monolith, sondern züngelten um die Füße des Altmers und umwickelten schließlich dessen Beine. Die Aureole leuchtete nun noch intensiver und das Violett verschwand aus den Augen des Magiers und machte einem matten Weiß Platz. Die Zauberer unter den Atronachen schossen Energielanzen auf die Kristalle im Boden der Käfige ab. Das Brüllen der daedrischen Kreaturen verriet, dass man ihnen die Energie in diesem Moment stark aussaugte. Das Knistern um Tarrior herum wurde immer schlimmer und es war, als könne er in der erstickend magiegeladenen Luft kaum mehr atmen. Seine Lungen brannten. Die anderen Soldaten, die die Eskorte begleiten sollten, ließen sich derartige Gefühle nicht anmerken. Vermutlich waren sie bereits daran gewöhnt. Inzwischen war Demawar fast gänzlich in einer Wolke aus schillernder Magie verschwunden. Nur sein Kopf schaute noch heraus. Seine Augen glühten vor brennendem Weiß. Ebenfalls glühten nun die Kristalle des Kreises. Ein immer lauter anschwellendes Brummen ging von ihnen aus und bildete in seinen Ohren die Kakophonie tausender herumschwirrender Bienen. Mit einem Mal spürte er das Gewicht seines Gepäcks überdeutlich auf seinen Schultern und der Schmerz in seiner Bauchregion kam zurück, doch hielt er nur kurz an. Als sich der Mund des Altmers zu einem stummen Schrei öffnete, flutete ein greller Lichtblitz von den Kristallen aus über den Konvoi hinweg und es war Tarrior so, als zerreiße das Licht seinen Körper. Für wenige Augenblicke durchzuckte ihn das Empfinden von innen nach außen gestülpt zu werden und in winzigste Teile zu zerfallen. Im nächsten Moment drehten sich diese winzigsten Teile wie beim Mischen verschiedener Farben ineinander und es blieb ein Prickeln auf seiner Haut zurück, dass er noch bis in die Haarspitzen zu fühlen glaubte. Als der Dunmer die Augen aufschlug sah er Aschesand und spürte einen warmen Windhauch über sein Gesicht streifen.

  10. #10

    Goldstraße, Irgendwo zwischen Anvil und Skingrad

    Die Straße erstreckte sich dunkel und verlassen durch den Wald. Weit und breit war kein Lebewesen zu sehen oder zu hören ausser einem Reh das sich mitten auf dem Weg befand. Es lief hierhin und dorthin und Schnupperte. Es fühlte sich unwohl. Dann ein Schwirren und das Reh hüpfte im Todeskampf noch ein zwei Schritte nach vorn bevor der Giftpfeil in seiner Seite Wirkung zeigte und es Tot auf dem Weg zusammenbrach.

    Erst war nichts zu hören dann kamen zwei Dunkel gekleidete Gestalten die Strasse herauf. Die eine hatte einen Bogen in der Hand die sie sich nun wieder auf den Rücken schnallte. Die Gestalt war klein und dünn. Die andere Gestalt war groß und breit gebaut und beugte sich nun über das niedergestreckte Reh. Ein helles blitzen war zu sehen als sie sich einen Silbernen Dolch aus dem Stiefel zog und sich daran machte das Reh zu zerlegen. "Beeilt euch Krieger. Ich will hier so schnell wie möglich weg. Irgendwie fühle ich mich hier gar nicht wohl in meiner Haut." flüsterte die kleine Gestalt. "Schweigt gebt mir keine Befehle Söldnerin oder ihr könnt vergessen das ihr auch nur noch einen Septim von mir bekommt." antwortete der Große barsch. "Hey seid mal nicht so unfreundlich immerhin habt ihr es mir zu verdanken das es heute was zu essen gibt. Ausserdem währt ihr schon gar nicht mehr am Leben wenn ich nicht gewesen wäre. Seid lieber froh das ich aus dem Kerker von Anvil wieder herausgeholt habe."anwortete die Söldnerin wütend "Ich habe gesagt ihr sollt die Schnauze halten." schrie der Krieger aufeinmal und sprang hoch. Das Messer in seiner hand funkelte bedrohlich und das Blut der Tieres tropfte herab.

    "Ich sage es jetzt zum letzten mal. Seid still und stellt nicht noch ein einziges mal meine Befehle in Frage sonst werdet ihr es bereuen." Der Krieger starrte die Söldnerin wütend an als diese plötzlich ihren eigenen Dolch zog und sagte: "Wisst ihr was? Ich habe endgültig die Nase voll von euch. EURE Befehle haben uns bisher nichts als Ärger, und mehrere male fast den Tod gebracht. Was könnt ihr eigentlich ausser Schlechte Befehle zu geben die Leuten den Tod bringen?" Doch jetzt hatte sie zuviel gesagt. Mit einem Schrei der vor Wut, Hass und Leid nur so triefte sprang er auf die sehr viel kleinere Gestalt zu. Ungeachtet des Messers das sie in der Hand hielt riss er sie zu Boden und drückte mit seinen Händen ihre Kehle zu. Die Kapuze der Söldnerin rutschte nach hinten und entblößte ihr junges, hübsches Bosmergesicht das vor Schreck und Angst verzerrt war. Sie Strampelte und schrie mit erstickter Stimme unverstänliche Worte. Der Krieger drückte mit der Linken Hand weiter zu während er mit der rechten Hand mehrmals wie wahnsinnig in ihr gesicht schlug. Er spürte wie unter seinen Schlägen ihre Nase brach und das Blut in alle Richtungen spritze. Aber er schlug immer weiter auf ihr Gesicht ein obwohl sie sich schon lange nicht mehr wehrte und ihr letzter Kläglicher schrei schon seit mehreren Sekunden verklungen war. Schliesslich hörte der Krieger auf die Leiche zu Misshandeln und Kniete nun Schnaufend über ihr.

    Nach einer Weile stand er auf und entfernte sich ein Stück. Als er wiederkam hatte er zwei Pferde dabei die er nun neber der Leiche an einen Baum band. Nun begann er damit die Tote zu entkleiden. Er packte die Kutte, die Lederrüstung und ihre Waffen auf den Schimmel, das das Pferd der Söldnerin gewesen war. Das Fleisch und das Fell des Rehs packte er in einen Ledersack der an der seite seines Rappens geschnallt war. Er ging nochmal zu der Leiche und entfesselte einen Flammenzauber der das Mädchen bis zur unkenntlichkeit verbrannte. Ohne die Überreste noch eines Blickes zu würdigen ging er zu den Pferden, stieg auf und ritt davon. Der Krieger zog sich die Kapuze vom Kopf und zeigte nun zum ersten mal sein Gesicht. Sein Pechschwarzes haar fiel ihm auf die Schulter und sein Gesicht blickte ausdruckslos während eine einzelne Träne über sein Gesicht rann. Er legte die Hand an die Stirn und senkte den Kopf. "Octavus.....es tut mir so leid". Der Krieger ritt weiter in die Dunkelheit.
    Sein Name war Arcturus Erune.
    Geändert von KingPaddy (31.07.2012 um 18:06 Uhr)

  11. #11

    Kaiserstadt, Hafenviertel

    Ein hochgewachsener Mann mit einem dunklen Umhang, dessen Kapuze sein Gesicht verhüllte, schritt in der Nacht durch das Hafenviertel der Kaiserstadt. Er lief leise, aber zügig, in Richtung der Baracken in denen die Armen und Diebe lebten. Die Legionäre an denen er Vorüber kam schauten ihm misstrauisch nach. Als er die Häuser erreichte trat eine ausgemergelte Gestalt aus einer dunklen Gasse hervor und sprach ihn an :"Herr habt ihr vielleicht ein paar Septime für mich?"
    Der Mann stoppte und drehte sich langsam um.
    Puny Ancus, so hieß der Bettler, bereute es sogleich die Gestalt angesprochen zu haben und wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Der Mann starrte ihn unter seiner Kapuze hervor an und sprach schließlich mit heiserer Stimme :" Ich werde euch entlohnen wenn ihr mir ein paar Informationen geben könnt die ich benötige." "Was wollt ihr den wissen?" erwiderte Puny jetzt schon ein wenig ruhiger . "Was wisst ihr über einen Mann namens Arcturus Erune und wo kann man ihn finden?" fragte der Mann. Der Bettler überlegte kurz und antwortete:
    "Nun ich könnte euch einiges über ihn erzählen aber diese Information hat einen nicht geringen Preis." Die verhüllte Gestalt zog einen kleinen Lederbeutel unter seinem Umhang hervor und warf ihn dem Bettler zu. Strahlend fing dieser den Beutel auf. Dem Gewicht nach zu schließen war genug Geld in dem Beutel um ihn für mindestens eine Woche über Wasser zu halten. "Nun ich kann euch Dinge sagen die ihr zweifelsohne schon wisst. Das er ein Deserteur und Mörder ist dürfte euch ja bekannt sein. Aber was sagt ihr dazu wenn ich euch sage das er momentan wieder hier in der Kaiserstadt weilt?" Der Gegenüber sprach nun mit leiser Überraschung in der Stimme: "Seid ihr sicher was dies betrifft? Und wenn ja wo genau kann ich ihn finden?"
    "Ich bin mir dessen zu hundert Prozent sicher. Und finden könnt ihr ihn im Haus von Armand Christophe." "Nun gut das reicht mir schon ihr könnt jetzt gehen." erwiederte der Mann.
    Puny wandte sich zum gehen als die Gestalt plötzlich ein Messer zog und einen schritt in Richtung des Bettlers machte. Weiter kam er jedoch nicht da auf einmal eine bisher unbemerkte Gestalt vom Dach, des Hauses unter dem sie standen, sprang.
    Eine Silberne Axt zischte durch die Luft und Spaltete den Schädel des Meuchelmörders sauber in zwei Hälften. Der Luftröhre des Mannes entwich ein gurgelndes Röcheln, dann fiel der erschlaffte Körper mit einem plantschenden Geräusch zu Boden.
    Puny drehte sich zu der neuen Gestalt um die sich gerade aufrichtete und sich die Pechschwarzen Haare aus dem Gesicht strich. "Ich danke euch Arcturus Ihr hattet recht was diesen Kerl betrifft. Woher habt ihr gewusst das er versuchen würde mich zu töten nachdem ich das von euch gewünschte zu ihm sagte?" fragte er den Kaiserlichen. "Erstmal sprecht bitte meinen Namen nicht so laut in dieser Stadt aus. Und um eure nächste Frage zu beantworten solltet ihr euch dies hier ansehen." Währen Arcturus sprach zog er dem toten die Kutte vom Körper.
    Darunter kam die Lederrüstung eines Assassinen der Dunklen Bruderschaft zum Vorschein."Ich gehe nun einfach mal davon aus das das alle weiteren Fragen beantwortet." sagte Arcturus und zog einen Lederbeutel unter seinem eigenen Umhang hervor den er dem Bettler in die Hand drückte :"Nehmt das und vergesst das ihr mich getroffen habt." Mit diesen Worten drehte er sich um ließ Puny Ancus einfach stehen.
    Der Bettler stand nun da mit einer Leiche und zwei Beuteln Gold in den Händen. Zweifelnd schaute er sich um und rannte dann so schnell er konnte zu seinem Lager zurück. Nachdem er die Zwei Beutel unter seinem Kissen versteckt hatte legte er sich auf seine Matte. Während er sich umdrehte dachte er sich :"In der Haut von diesem Mann will ich nicht stecken. Ein Meuchelmörder der Dunklen Bruderschaft. Ich glaube kaum das es ein Schlimmeres Schicksal für einen Menschen geben kann." Mit diesem Gedanken schlief er ein.
    Was jedoch keiner der anwesenden Personen wusste war das noch ein vierter Mensch alles Beobachtet hatte. Er hielt sich versteckt auf der Großen Mauer die das Hafenviertel vom Armenviertel abgrenzte. Mit seinen Blauen Augen hatte er die ganze Szene mitangesehen und schickte sich nun an Arcturus zu folgen. Der Fremde ließ sich leise von der Mauer fallen und folgte ihm. "Du bist also wieder da alter Freund. Zuhause." dachte der Fremde und beschleunigte seine Schritte.
    Arcturus verließ das Hafenviertel so schnell er konnte. Immer wieder schaute er sich um. Es kam ihm so vor als würde man ihm folgen. Plötzlich blieb er stehen und drehte sich abrupt um. Er war jedoch zu langsam und sah den Schatten nicht der hinter ein paar Fässer huschte und so dachte sich letztenendes nichts weiter dabei auch wenn das ungute Gefühl blieb.
    Er verließ die Stadt und ritt zur Schenke "zum Schlechten Omen". Dort hatte sich Arcturus ein Zimmer gemietet und wollte jetzt erstmal schlafen.
    Als er endlich dort ankam rannte Manheim Schmetterfaust, der Besitzer der Schenke, schon auf ihn zu ehe Arcturus überhaupt abgestiegen war. "Ich soll euch das hier geben. Es ist sehr dringend sagte mir derjenige von dem ich es bekam." sagte er keuchend. Arcturus öffnete den Brief und las. Mit aufgerissenen Augen, was dort stand.


    Ich weiss wer ihr seid und habe gesehen
    was ihr in der Kaiserstadt getan habt.
    Aber keine Angst ich werde euch nicht verraten.
    Im gegenteil ich werde euch helfen. Geht nicht in euer altes
    Zimmer in der Schenke. Nehmt ein neues. In dem alten
    werdet ihr schon erwartet.

    Ein Freund
    Geändert von KingPaddy (31.07.2012 um 18:06 Uhr)

  12. #12

    Vvardenfell-Distrikt, Aschland, Maar Gan

    Ein Hornstoß ertönte in einiger Entfernung hinter seinem Rücken und im nächsten Augenblick war die Luft von unmenschlichem Brüllen erfüllt, dass ihm bis ins Mark fuhr. Tarrior raffte sich schnell aus dem Staub auf und versuchte seine Besinnung zurückzugewinnen, die durch den magischen Transport ins Wanken geraten war. Ein schneller und gehetzter Blick verriet ihm, dass sie sich Aschland befanden. Am Horizont nur einige hundert Meter entfernt sah er die Häuser der redoranischen Siedlung Maar Gan aufragen. Er wagte kaum nach hinten zu schauen, von wo die bestialischen Geräusche an seine Ohren drangen, aber der Schrei eines Kameraden verriet ihm, dass dort wohl die daedrischen Horden lauerten und sie entdeckt hat. „LAUFT!“: schrien einige Krieger der Eskorte und um ihn herum kam Bewegung in den zerstreuten Konvoi. Als er ebenfalls zu laufen begann, wie seine Begleiter, ging ihm durch den Kopf, dass der Zauber versagt und sie vor der Stadt abgeworfen hatte. Ihm gingen ebenso Alinas Worte durch den Kopf, dass er sich mit seiner Bauchwunde lieber noch hätte ausruhen sollen. „Verdammt!“: zischte Tarrior als der Schmerz ausgehend von seiner Bauchregion über ihn hinweg brandete. Nach nur einigen Metern war es ihm als könne er nicht mehr weiterlaufen, während er deutliche Erschütterungen im Boden fühlte, deren Stärke zunahm, sodass der Verursacher langsam aber sicher herannahte. Das tierische Brüllen wurde stärker. Das gierige Verlangen nach Blut und Tod war fast greifbar, so als hätte man einen ausgehungerten Bluthund von der Kette gelassen. Er wurde langsamer, er merkte es. Die Schritte wurden kürzer und immer anstrengender. So sehr sich sein Geist auch bemühte, so sehr widersetzte sich der Körper. Adrenalin und Schmerz rauschten gleichwohl durch Adern und Nerven und es war als würde der Widerspruch den Dunmer innerlich zerreißen. Erste humanoide Schreie lenkten ihn einen kurzen Blick ab, sah er neben sich einen Kaiserlichen stürzen, dem ein martialischer mit Zacken und Widerhaken geschmückter Pfeil das Bein durchschlagen und zu Fall gebracht hatte. Doch nur einen Augenblick später war dieser Vorfall wieder aus seinem Geist gewischt, der kaum mehr etwas anderes zuließ als das Geräusch herannahender Feinde und der eigene Wille zur Flucht. Die Pfeile, die um ihn herum niedergingen, waren nicht mehr als ein Zischen und Brechen in seinen Ohren und verschwommene Schatten vor seinen Augen. Auch das angst- und schmerzerfüllte Schreien der Eskorte, die von den Geschossen niedergestreckt und dann von der folgenden Meute in Stücke gerissen wurde, war kaum mehr als ein Teil des Rauschens des Blutes, dass ihm die Sinne benebelte. Eine weitere schmerzende Welle – er stolperte, fiel in den Schmutz, rollte sich ächzend ab und kam in einer flüssigen Bewegung nach oben, um sich dann erneut vor Schmerzen zu krümmen. Der Gegner war nur noch knapp hinter ihm. Die Luft schien wie flüssiges Blei zu sein, durch das er waten musste. Es schien ihm, als käme er nicht mehr von der Stelle, während er den Geifer seiner Gegner heiß und giftig bereits im Nacken zu fühlen glaubte. Vor seinen Augen war alles nur noch verschwommener Nebel, doch er rannte, humpelte weiter auf die rettende Siedlung zu.

    Er wähnte die Sicherheit in greifbarer Nähe als er vernahm, wie die Stadtwächter auf der vor ihm liegenden Stadtmauer Befehle von ihrem Kommandanten erhielten. Die Rettung war so nah, doch da ertönte wieder das Zischen. „Pfeile“: schoss es ihm durch den Kopf. Eine weitere Salve, die ihn wahrscheinlich nicht verschonen würde. Er warf sich nach vorne. Hoffte auf Rettung und hörte die Geschosse über ihn hinweg zischen. Er wollte wieder aufstehen, aber der Schmerz in seiner Bauchregion drückte ihn umgehend nieder. Es war vorbei. Die Pfeile hatten ihn offenbar verfehlt, aber seinen daedrischen Häschern konnte er nicht mehr entgegen. Da hörte er eine weitere Salve über ihn hinweg fliegen, doch diesmal ertönten keine menschlichen oder merischen Schreie mehr, sondern wieder das tierische Brüllen, aber diesmal mit einer von Schmerz gepeinigten Note. Zwei weitere Salven folgten in kurzer Zeit und er hörte wahre Kolosse zu Boden gehen. Zwei kräftige Arme packten ihn kurz darauf an den Schultern und zogen ihn unsanft hoch, sodass er gegen den Schmerz anschreien musste. „Kommt hoch!“: herrschte man ihn an. Auf zitternden Beinen schaffte er es, von den beiden Männern, die ihn aufgestellt hatten, gestützt, wieder zu laufen. Durch verschleierte Augen sah er, dass sie den niedrigen Wall der Stadt durch einen Torbogen passierten und hinter ihnen, wurde eben ein solchen geschlossen. Für einen Moment sah er voller Befremden das eine große Gruppe von Daedroths und Clanbannen, die sie zuvor verfolgt hatte, in kurzer Entfernung zum Wall in einem perfekten Halbkreis stehen blieb, während die Bogenschützen sie von oben aus Korn nahmen. Erst als ihre sicher geglaubten Opfer hinter dem Wall in Sicherheit waren, wandten sie sich mit wütendem und enttäuschtem Brüllen ab und entfernten sich in Richtung des Heeres, dass Tarrior nun unverhüllt als Masse aus dämonischen Leibern und schwarzgerüsteten Dremoren sehen konnte, bevor er einfach in die Knie ging und im weichen Aschesand zur Ruhe kam.

    Es konnten kaum mehr als ein paar Minuten vergangen sein, als jemand seinen Kopf anhob und ihm ein Fläschchen an den Mund setzte. Zunächst verweigerte er reflexartig das Trinken, doch dann packte ihn eine behandschuhte Hand stark am Kiefer und drückte ihm den Mund mit Gewalt auf, sodass eine minzig-bittere Flüssigkeit seinen Rachen hinunterfloss und er sie unter lautem Husten herunterschluckte. Er fühlte eine ungewöhnliche Hitze in seinem Körper, die seinen matten Glieder vom einem Moment auf den anderen neue Kraft schenkte und sich dann auf seine Bauchregion konzentrierte und den Schmerz auf ein sanftes Poches zurückstufte. Hektisch schlug er die Augen auf und sah in das Gesicht eines vernarbten Dunmers mit tiefen Falten im Gesicht. Seine Rüstung wies ihn als redoranischen Wächter aus. Der Mann, offenkundig von wortkarger Natur, hielt ihm kommentarlos die Hand entgegen und zog ihn auf die Beine. „Danke“: murmelte Tarrior. Der Trank schien seine Zunge betäubt zu haben. „Nichts zu danken. Ihr habt uns Vorräte gebracht. Es war das Mindeste euch zu retten“: winkte der Mann ab. Während der Alte sich nun entfernte und zu einigen anderen Redoranern am Wall hinüber ging, sah sich Tarrior um. Einige andere Magier der Liga, die wie er die Eskorte des Konvois gebildet hatten, genossen gerade eine ähnliche Behandlung. Der Kaiserliche, der ihren Konvoi angeführt hatte, sah er im Gespräch mit zwei weiteren Dunmern. Der eine trat in einer Prunk-Knochenrüstung mit redoranischen Abzeichen auf und war wohl der Kommandant der Stadt, der andere trug eine rote Robe mit goldenen Stickereien und daedrischen Symbolen und war wohl der Hohepriester des örtlichen Tempels. Von den ursprünglich fünf Karren mit denen sie aufgebrochen waren, befanden sich nur noch vier hier in der Stadt. Der fünfte schien scheinbar samt Guar und Fahrer vor der Stadt verloren gegangen zu sein. „Wenn der Zauber uns inmitten der Daedra abgesetzt hätte, wären wir jetzt tot“: erfasste Tarrior ein Grausen. Die Bogenschützen auf den Wällen hatten ihm das Leben gerettet. Er stieg über eine Leiter den Wall hinauf und besah sich von dort noch einmal das Feld vor den Mauern. Er erkannte die Stelle, wo er zum Ende hin liegen geblieben war. Kurz dahinter war der Halbkreis aus toten Daedra, die von den Pfeilen der Wächter erwischt worden waren und dann wenige hundert Meter freie Fläche in dessen Mitte er anhand eines großen Wirbelmusters die Stelle erkennen konnte, an der sie angekommen waren. Am anderen Ende warteten die Daedra mit ihrer Armee vermutlich außer Reichweite der Bogenschützen der Stadtwache. Von hier oben war es nicht nur eine Wand des Todes sondern ein ganzer See, denn bis zum Horizont hin, hatte sich der Bereich zwischen den beiden Hügelketten mit Gegner gefüllt und er konnte sogar zwei Tore ins Reich des Vergessens ausmachen. Der Himmel über Mar Gaan war entsprechend blutrot und wurde regelmäßig von Blitzen durchzuckt, als wäre die Stadt schon selbst Teil der daedrischen Heimat.

    Während Tarrior sich noch wunderte, warum die Daedra kurz vor dem Stadttor mit ihrem Ansturm gestoppt hatten, trat ein Wächter an ihn heran. „Serjo Gildres?“: fragte er. Der Dunmer nickte abwesend. „Euer Anführer möchte mit euch sprechen“: erklärte der Wächter und zeigte auf den Eskortenführer, der sein Gespräch mit dem Priester und dem Kommandanten dadurch beendete, dass er letzterem ein versiegeltes Schreiben übergab. Tarrior nickte erneut und stieg die Leiter hinunter, bevor er zu ihm hinüber ging. „Serjo Gildres. Es freut mich, dass ihr wohlauf seid. Ich fürchtete schon, dass ihr für uns verloren wäret. Madame Alina hat mich kurz vor unserer Abreise instruiert euch ziehen zu lassen, wenn ihr die Stadt verlasst. Wir werden euch mit einem Seil zwischen den großen Felsen im Nordosten herunterlassen, sobald ihr soweit seid. Allerdings sollte euch klar sein, dass ihr so nicht mehr in die Stadt zurückkehren könnt. Ich sollte euch daher empfehlen euch nach euren Erledigungen nach Norden an die Küste und von dort aus nach Khuul durchzuschlagen. Aufgrund der Bedrohung durch die Nord haben wir dort eine kleine Garnison stationiert, die euch zurück eskortieren kann“: erklärte der Mann ihm in zackigem Ton. Tarrior war überrascht, was Alina noch für ihn bewerkstelligt hatte. Er selbst hatte gar nicht überlegt, wie er nach seiner Suche nach dem Nordmagier nach Balmora zurückkommen sollte. „Vielleicht war es doch nicht so schlecht der Liga beizutreten“: überlegte er. „Richtet Alina meinen Dank aus. Ich werde mich erst einmal ausruhen. Ich denke das Beste wird es sein, wenn ich die Stadt in den frühen Morgenstunde verlasse“: schlug er vor. Der Mann nickte: „Ich hätte dasselbe vorgeschlagen. Auch die Späher der Dremora sind zu dieser Zeit unaufmerksamer und eure Chance, euch ungesehen bis zum Pass zu schleichen, ist damit größer.“ Dann verabschiedete sich Tarrior, um sich einen Platz zum Schlafen zu suchen.

    Recht bald fand er heraus, dass der Außenposten und das Handelshaus keinen Platz mehr boten und auch die Bewohner von Maar Gan ihre Häuser bereits für weitere Soldaten und Flüchtlinge geöffnet hatten und nun ebenfalls belegt waren. Man verwies ihn an den örtlichen Schrein und Tempel des Tribunals in der Stadt, denn Alkama Deryth der örtliche Priester hatte ihn nach langem Zögern als Notunterkunft geöffnet. Tarrior jedoch war bei dem Gedanken daran, die Hilfe des Tempels in Anspruch zu nehmen, gar nicht wohl zumute. Er hasste den Tribunalstempel und vermied es nach Möglichkeit sich deren heiligen Stätten auch nur zu nähern. Jetzt sollte er sie nicht nur freiwillig besuchen, sondern dort auch noch übernachten. Geradezu ein Alptraum für ihn. Der Dunmer seufzte und ergab sich in sein Schicksal. Wenn er sich nicht ausruhte, würde er die Reise durch das Aschland nicht überstehen und womöglich fiel er geschwächt einer Patrouille der Daedra in die Hände, dann wäre es aus mit ihm. So ließ er die Vernunft über seine Abneigung triumphieren und schob sich aus dem Eingang des Andus Handelshauses und lenkte seinen Schritte in Richtung des Tempels. Im Gegensatz zu Ebenherz wirkte die Stadt hier trotz der ganzen Flüchtlinge wie ausgestorben. Die meisten Bewohner hatten sich in ihren Häusern verbarrikadiert. Auf der Straße sah man hauptsächlich Soldaten mit grimmigen Gesichtern oder Kinder, die der Gefahr um sie herum nicht wirklich bewusst waren und fast schon unbefangen spielten. Die wenigen Erwachsenen, die Arbeiten nachgingen, die für das Funktionieren der Stadt unerlässlich waren, hatten ebenso verschlossene Gesichter wie die Wächter, doch spiegelten ihre Augen andauernde Furcht wieder. Auch war ihre Konstitution nicht die beste. An vielen Leibern hingen die Kleider nur schon herunter oder mussten mit Gürteln eng an die schmalen Körper gebunden werden. Die Bürger hungerten nicht, aber die Rationierung der Mahlzeiten machte sich bemerkbar. Auch die neuerliche Vorratslieferung die neben Munition für Bögen und Armbrüste, Medikamenten und Befestigungsmaterial hauptsächlich Nahrungsmittel enthielt, schuf da keine Abhilfe. Vermutlich rechnete man bereits damit, dass sich die nächste Lieferung wiederum verzögern wird. Es war alles in allem eine Stimmung, die auf ihn mehr als bedrückend wirkte und der er sich mit schnellen Schritten zu entledigen suchte, aber leider hatte sie die gesamte Stadt erfasst, sodass es für ihn keinen Ausweg gab. Ganz auf das Elend um sich herum konzentriert, hatte er gar nicht bemerkt, dass er bereits auf den Vorplatz vor dem kleinen Tempelgebäude getreten war.

    In der Sonne funkelte ein Ring aus großen Kristallen, der wohl der Resonanzring für sein Gegenstück in der Propylonkammer in Andasreth war. „Hier hätten wir also ankommen sollen“: stellte Tarrior mit Unbehagen fest. Der Teleport war wirklich eine gefährliche Art zu reisen, aber wohl die einzige Möglichkeit, wie die Stadt hier überhaupt versorgt werden konnte, wenn die Daedra sie eingeschlossen hatten. Ohne die Versorgung über die Liga wäre die Siedlung gewiss schon längst aufgegeben worden. Bei diesen Überlegungen wunderte er sich wiederum, dass die Daedra die Stadt noch nicht einfach überrannt hatten und warum die Daedroths ihren Angriff vorhin kurz vor den Stadttoren gestoppt hatten. Für diese gewaltigen Kreaturen wäre es doch kein großes Problem gewesen, dass Stadttor einzudrücken oder mit ihrem Klauen in Stücke zu schlagen. Er zuckte mit den Schultern, womöglich hatten die Magier einen Schild oder etwas in der Art gewirkt, der die Gegner fernhielt. Er durchschritt die Öffnung in der Mauer für den abgegrenzten kleinen Tempelbereich. Hier waren einige Frauen mit angestrengten Gesichtern dabei auf dem sandigen Boden Salzreis zu ziehen, wie Tarrior verwundert feststellte. Durch stetiges Ausbringen von Wasser hatte man den Boden schlammig gemacht und pflanzte kleine Sprösslinge dieser durchaus genügsamen Pflanze an. Allerdings würde die erste Ernte wohl erst in ein paar Monaten herangereift sein und dann wohl kaum den Bedarf eines nennenswerten Teils der Bevölkerung von Maar Gan decken. Und das auch nur, wenn die Siedlung den Daedra solange standhalten würde. „Ein paar Monate. Wenn sich diese Invasion noch solange hinzieht, dann wird Tamriel schließlich überrannt sein. Dann ist das Ende gekommen“: dachte Tarrior fatalistisch, denn diese Invasion konnte doch unmöglich zum Normalzustand werden. Es musste etwas geschehen. Die Tore mussten geschlossen werden. Allerdings kamen ihm wiederum die wenigen Monate, die die Krise nun schon im Gang war, fast vor, als dauerte sie bereits fünf oder sechs Jahre und ebenso lang kam ihm inzwischen diese Odyssee vor, die Behram ausgelöst hatte. Der Dunmer überquerte, während er noch diesen Gedanken nachhing den Hof und stand dann vor der Tür des Tempels und klopfte anschließend dreimal gegen das schwere Holz.

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