-
ᵵ Ghost Rider ᵵ
Skingrad -> Großer Forst -> Pells Tor
Mit schmerzenden Rückgrat erwachte Raccan früh am Morgen, und ächzend erhob er sich aus dem Bett. Wie kann man auf diesen Matratzen schlafen, dachte er sich und ließ durch ausschweifende Bewegungen seine Knochen knacken. In Hammerfell waren die Betten anders; härter würde es ganz gut beschreiben. Schwerfällig kleidete sich der Rothwardon an und begab sich in den Schankraum.
Viel war hier nicht los, aber dafür erkannte Raccan unter den drei Personen, welche anwesend waren, zwei bekannte Gesichter. Zum Einen Elda, welche gerade ihren Platz am Tresen räumte und sich dabei freundlich mit einem älteren Kaiserlichen unterhielt, und zum anderen saß eine ihm nur allzu bekannte Bosmerin an einem der Tische, las ein Pergament namens Rappenkurier und trank ein Glas Milch. Etwas anders als das letzte Mal sah sie schon aus; die Haare waren länger, sie trug ein Giftgrünes Kleid, welches einen tiefen Ausschnitt besaß der ihre Rundungen nur zu gut betonte, und hatte wertvoll aussehende Ringe in den Ohren und an den Fingern. So ganz passte dies nicht in das Bild der aufmüpfigen Tochter eines Adligen (abgesehen von den kurvigen Reizen), die er noch vor Wochen (oder waren es Monate?) bei seinem Aufenthalt ohne Gedächtnis hier in Skingrad kennengelernt hatte. Kennengelernt? Wie hieß sie eigentlich? Jetzt schämte sich der Assassine ein wenig, er hatte diese Frau eigentlich nur für den Zweck der Informationsbeschaffung benutzt. Gerade überlegte er ob er sich zu ihr setzen sollte, da blickte sie auf und schaute ihn direkt an. Kurz darauf wandte sie die Augen wieder ab, und Raccan fragte sich schon, ob er die Frau vielleicht verwechselte, dann aber blickte sie ihn wieder an, diesmal mit einer Art, welche aussagte, dass sie nun wusste wer er war. Sie lächelte, und der Rothwardon setzte sich dann, nachdem er an den Tisch getreten war, ihr gegenüber.
"Schön, euch wieder zu sehen, Namenloser...", grinste sie ihn an, woraufhin Raccan ein verdutztes Gesicht machte. "Nun schaut nicht so, ich kenne euren Namen ja noch immer nicht...".
Der Assassine räusperte sich. "Ich heiße Raccan, entschuldigt, dass ich dies letztens...vergaß", und damit sagte er mehr oder weniger sogar die Wahrheit.
"Raccan...", wiederholte sie säuselnd und lächelte zweideutig. "Ist nicht schlimm, ich habe euch ja auch nicht meinen gesagt. Adya...", und sie schenkte ihm einen kecken Blick; genauer betrachtet konnte sie nicht älter als zwanzig sein, so würde es zumindest Raccan einschätzen, aber bei den Elfen wusste man dies ja nie so genau.
"Eure freie Phase habt ihr jetzt wohl überstanden...", und er nickte Richtung Kleid und dem Schmuck. Daraufhin verdrehte die Waldelfe jedoch die Augen.
"Mein Vater gibt keine Ruhe, also mach ich ab und an sein Brave-Tochter-Spiel mit", meinte sie entnervt und nippte an ihrem Glas. Sogleich fuhr sie fort. "Aber ihr habt euch auch sehr...verändert...", und mit unverhohlenen Blick musterte sie den Rothwardonen. "Ich habe euch fast nicht erkannt...".
"Ja, ich habe in den letzten Wochen einige...Dinge geklärt...", und nun fragte sich Raccan, warum er mit dieser quasi Fremden so offen redete; warum sie das tat war offensichtlich, der Spass, den sie sonst abgriff, schien ihr nicht zu genügen. Dennoch stellte sich die Frage, warum er sich schon wieder mit ihr einließ, normalerweise war sie weder der Art Mensch noch die Art Frau mit der er sich sonst abgab, denn er hatte weder mit dem Adel noch mit lüsternen Frauen groß etwas am Hut. Als Raccan die kurze Schweigepause brach, wusste er die Antwort.
"Sagt, ihr habt nicht zufällig einen euch unbekannten Khajiiten hier gesehen...", und nun wusste der Assassine, was Sache war. Wieder einmal konnte er es nicht lassen und wollte sie als kostenlose Informationsquelle missbrauchen; dieses Mal allerdings tat er es bewusst und nicht aus Verzweiflung über den Verlust seines Gedächtnisses.
Die Reaktion auf seine Frage war zunächst ein ungläubiger Blick, der sich einen sekundenbruchteil später in Enttäuschung verwandelte. "Ach, darum geht es euch also...", murmelte sie vor sich hin und blickte, sichtlich geknickt, auf ihr Milchglas. Offensichtlich kam sie sich genauso vor wie Raccan es eingeschätzt hatte. Dann aber konnte man sehen, wie der Glanz in ihre braunen Augen zurückkehrte, und sie setzte ihren frechen Ausdruck aus, welcher nur zu gut zu ihrem fein geschnittenen Gesicht passte. "Wenn ihr versprecht, mich zu dem Bankett meines Vaters zu begleiten, dann helfe ich euch..." grinste sie breit und drippelte mit den Fingern auf der Tischkante herum, während sie den erstaunten Raccan belustigt musterte.
Der Rothwardon war baff. Von einem Moment auf den anderen war er dermaßen überrumpelt worden, dass er gar keine Möglichkeit fand, zu seiner gewohnten Abgeklärtheit zurückzufinden, und so lehnte er sich, geräuschvoll ausatmend, zurück und betrachtete die hübschen Waldelfe vor sich, die ihn amüsiert beobachtete. Ein Empfang? Ich auf einem Empfang? Mit Leuten, die ich nicht mal im Entferntesten kenne, in einem Kreis, zu dem ich mich nicht einmal ansatzweiße dazugehörig fühle? Ist das ein Test? Nur eine simple Bewährungsprobe von ihr?
Jäh wurde sein Gedankengang unterbrochen, als die zuckersüße Stimme von Adya erklang: "Jeden anderen, der bei solch einem Angebot so lang überlegt hätte, würde ich schon längst abschreiben...", und die erwartungsvollen Augen, welche allerdings auch einen gewissen Schalk beinhalteten, suchten die seinen und forschten nach einer Antwort.
Gib dir einen Ruck, das bist du ihr schuldig, schließlich hat sie dir damals sehr weitergeholfen, auch wenn du das noch nicht gewusst hast, und sie will dir auch jetzt unter die Arme greifen. Und so nickte Raccan. "Gut, einverstanden. Ich werde euch begleiten...", antwortete er schließlich, und die Bosmerin zeigte ein freudestrahlendes Gesicht.
"Das war ja einfach...", frotzelte sie, strich sich durch die langen Haare und belegte den Assassinen mit einem schelmischen Blick.
"Wann findet das Bankett eures Vaters denn statt?", fragte er sie nach einer kleinen Pause, in der er das Ganze erst einmal sacken lassen musste, denn nun wurde ihm erst bewusst, zu was er hier eigentlich seine Zustimmung gegeben hatte.
"In zwei Wochen...", flötete sie und war sichtlich glücklich mit sich und der Welt.
In zwei Wochen? In dieser Zeit könnte ich den Khajiiten suchen. Stattdessen soll ich mich zwei Wochen auf solch ein Bankett vorbereiten? Nein, das darf nicht sein. Mit festen Worten richtete er sich an Adya. "Adya, ich gebe euch mein Wort, dass ich euch begleiten werde. Aber ich bin nicht zum Vergnügen hier in Cyrodiil; ich suche einen Khajiiten, und es ist wirklich wichtig, dass ich ihn finde. Ich schwöre euch, ich halte mein Versprechen, aber bis dahin muss ich wirklich weiter nach ihm suchen, und alles, was ich erfahren kann, könnte der entscheidende Hinweis sein.".
Die Waldelfe seufzte, als Raccan geendet hatte. "Wie mein Vater, Aufträge hier, Geschäfte dort. Wenn du nicht so süß wärst, würde ich dir das nicht durchgehen lassen...", stichelte sie und wechselte bei dieser Gelegenheit gleich ungefragt ins Du. Raccan schwieg, weil er wusste, dass die Bosmerin gleich etwas nachsetzen würde. "Wie in jeder Stadt sind die Bettler und Landstreicher, so unattraktiv die auch allesamt aussehen, das Auge und Ohr der Stadt. Nichts entgeht ihren Sinnen, und gegen einen kleinen Obolus lassen sie dich gerne teilhaben daran. Wenn du Khajiits suchst, wirst du wohl in Bravil und der Kaiserstadt auch fündig, dort wimmelt es von diesen...Dingern", und Adya rümpfte die Nase. Dann erhob sie sich, trat an Raccan heran und flüsterte mit freundlicher Stimme in sein Ohr: "Aber ich warne dich, wenn du mich versetzt, dann kratze ich dir nicht nur die Augen aus, Raccan...", und sie kicherte, hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und ließ den verdutzten Rothwardonen einfach sitzen.
Verwirrt blickte dieser der Waldelfe hinterher bis sie aus der Herberge verschwunden war, wobei seine Augen nicht ganz so zufällig an ihrem einladenden Hinterteil hängen blieben, war dieses doch durchaus ein Blickfang. Dann drehte er sich wieder zum Tisch und sinnierte über das eben Erlebte nach. Der Umgang gerade war schon mehr als vertraut, dies stand außer Frage; Raccan war sich jedoch sicher, dass den Hauptanteil daran Adya hatte. Ihre Art war sehr bestimmt, forsch und selbstbewusst; sie wusste was sie wollte und wie sie es sich beschaffen konnte, und dabei half ihr neben ihrem blendenden Aussehen auch ihr Verstand, denn der Schachzug mit der Bankett-Einladung war mehr als brillant. Allerdings hatte sie ihm auch sehr gut weitergeholfen; zwar war die Information, dass die Bettler vieles wussten, nicht neu für ihn, jedoch hatte er das schon wieder ganz vergessen gehabt. Außerdem hatte er erfahren, dass sich Bravil als nächste Anlaufstelle ebenso gut eignete wie die Kaiserstadt.
Zunächst musste er das Ganze erst einmal setzen lassen, und so bestellte er ein Frühstück bei der immer noch anwesenden Elda. Nach der Mahlzeit, welche aus Brot, Fleisch und einem kleinen Kwama-Ei bestand (letzteres kannte Raccan nicht, aber es schmeckte ihm trotzdem), verließ er die Herberge und sah sich auf den Straßen um. Er rechnete nicht damit, hier auf den Khajiiten zu treffen, das wäre zu einfach gewesen; stattdessen versuchte er Adyas Rat zu befolgen und einen Bettler zu finden, aber so sehr er sich auch umsah, keinen konnte er entdecken. Schließlich sprach er einen der Wächter an, der an einer größeren Brücke stand, welche über die Hautstraße führte.
"Die Bettler? Die sind um diese Uhrzeit bei der Morgenmesse in der Kirche. Der Priester mag zwar keine Bettler, aber sein Gelöbnis zwingt ihn wohl dazu, sich um sie zu kümmern...", spottete der Mann und winkte ab. Raccan bedankte sich und schlug den Weg zur Kirche ein, denn diesen kannte er ja bereits von seinem früheren Besuch in Skingrad.
Auf dem Vorplatz des Gotteshauses angekommen hielt Raccan inne. Sollte er wirklich in die Kirche gehen und irgendeinen Bettler ansprechen, ihm vielleicht noch ein paar Septime unter die Nase halten und Informationen aus ihm herausbekommen? Das würde doch auffallen, und schließlich hatte er sich vorgenommen, keine Aufmerksamkeit mehr zu erregen; zugegeben, der Schachzug mit der Zusage zu dem Bankett war dabei alles andere als hilfreich, aber dies würde hoffentlich zu einem Zeitpunkt stattfinden, an dem er nichts mehr zu befürchten hatte. Auf dem Platz war nicht viel los, so beschloss der Assassine, auf den Stufen der Treppe, die zur Kirche hinaufführten, zu warten. Von drinnen hörte man Gesang und irgendwelches Gerede, auf dessen Inhalt sich der Rothwardon jedoch keinen Reim machen konnte. Stattdessen blickte er auf das Pflaster vor sich auf dem Boden und dachte über sich nach. Darüber, wie er hierhergekommen war; fremd, allein, ahnungslos. Dann war er mehr als glücklich nach Hammerfell zurückgekehrt und wurde dann unter noch glücklicheren Umständen zu seinem Stamm zurückgeführt. Satakal sei Dank. Ach was, Satakal hat damit rein gar nichts zu tun, was hat der schon für eine Macht außerhalb der Wüste? Raccan wusste, diese Worte laut vor seinem Stamm auszusprechen würde ihm den Tod einbringen. Dennoch kam er nicht umhin, sich zu fragen, warum dieser allwissende Gott ihn denn nun schon wieder in dieses Reich namens Cyrodiil geschickt hatte. War das nicht der Beweis dafür, dass Satakal außerhalb der Wüste ein Werkzeug brauchte; dass er, Raccan, nicht etwa diesen Gott brauchte, nein, der Gott brauchte ihn. Er brauchte Raccan, um seinen Willen Taten folgen zu lassen. Einen Bruchteil einer Sekunde lang spielte der Rothwardon mit dem Gedanken, den Auftrag hinzuwerfen; dann aber kam ihm Sahi in den Sinn. Die liebe, schöne, aber auch von der Tradition verblendete Sahi. Es würde schon reichen, würde der Häuptling auch nur einen Bruchteil der Gedanken von Raccan erfahren, seine Schwester wäre dem Untergang geweiht. In seinem tiefsten Inneren wusste der Assassine, dass das Oberhaupt bereits von seinen Zweifeln ahnte; zu oft und zu begeistert hatte er von der Zivilisation draußen, außerhalb der Wüste, erzählt. Aber solange Raccan tat, was die Priester und Zalanu von ihm wollten, konnten sie ihm nichts. Rein gar nichts. Und das stimmte den Assassinen ruhig, denn das bedeutete, dass auch seine Schwester nichts zu befürchten hatte. Verdammt, Sahi, ich wollte dir doch etwas schicken oder wenigstens einen Brief schreiben..., wurden seine Gedanken jäh unterbrochen, aber zur Wiederaufnahme kam er nicht mehr, denn sogleich öffnete sich das Portal der Kirche und unzählige Menschen strömten heraus...
Raccan hielt sich abseits der Menge neben der Treppe und fasste die verschiedenen Leute ins Auge. Es handelte sich um eine bunte Mischung von Personen; Adlige, normale Bürger, Bettler, Händler, Geistliche, Arbeiter, sie alle waren dieser Messe beigewohnt, wahrscheinlich die einzige Situation, in der sie alle dasselbe Ziel hatten und auf den Bänken Schulter an Schulter saßen, während sie dem Priester vorn am Altar lauschten. Der Glaube machte sie alle gleich, aber nach den Beobachtungen des Rothwardonen hielt dieser Umstand wohl nur bis zum durchschreiten der Pforte an, denn schon zerstreuten sie sich in alle Richtungen und hatten nicht einmal mehr den geringsten Blick füreinander übrig. Aber dies konnte Raccan gänzlich egal sein, denn kaum hatte sich die Masse aufgelöst, entdeckte er gegenüber der Kirche etwas abseits an der Hauswand einen Bettler sitzen, der ihn schon ins Auge gefasst hatte. Der Assassine straffte die Schultern und ging auf den Mann zu.
Bei ihm angekommen musterte er sein sitzendes Gegenüber erst einmal, und dieser tat dasselbe bei Raccan. Zerzauste Haare, trübe graue Augen, ein schmutziges Gesicht, verlebte Kleidung. Man sollte meinen, alle Bettler kleiden sich gleich, aber sofort rügte sich Raccan für diesen Gedanken; ob selbst schuld an dieser Situation oder nicht, so zu enden wünschte er niemanden. Er hockte sich vor dem Mann hin und blickte ihn an, und dieser ließ ein zahnloses Grinsen sehen.
"Ich bin mir sicher, ihr könnt mir helfen...", begann der Assassine mit gedämpfter Stimme, kramte in seiner Tasche und holte zehn Septime hervor.
"Da b-b-b-b-bin i-i-i-ich mi-i-i-ir s-s-s-s-i-i-i-i-cher...", stotterte der Kaiserliche und griff nach dem Geld, aber sogleich zog Raccan seine Hand weg.
"Nicht so schnell. Information gegen Septime. Ich suche einen Khajiit, der erst kürzlich hier in Cyrodiil angekommen ist, sein Name lautet Hawa'ajala", und in diesem Moment fragte sich der Rothwardon, ob das Ganze wirklich immer so einfach lief; in die Stadt, einen Bettler suchen, ihm ein paar Münzen in die Hand drücken, Informationen bekommen, denn auch diesmal wurde er nicht enttäuscht.
"Khajiit hatten wir einige hier, neu auch, ja, aber keiner von außerhalb Cyrodiils. Vielleicht auch nur nicht erwähnt, wenn ihr hinter ihm her seid wäre es unvorsichtig von ihm, mit seinem Namen oder Herkunft durch die Gegend zu laufen, nicht wahr...", sein Stottern war verschwunden, anscheinend war dies nur eine Masche des Bettlers.
Da ist etwas Wahres dran. Ich muss wohl präziser werden. Raccan holte das Pergament von seinem Häuptling hervor und rollte es auseinander. Darauf zu sehen waren zum einen seltsam anmutende Symbole, die selbst der Assassine nicht verstand, sie waren wohl irgendwelche magische Zeichen von den Priestern des Stammes. In der Mitte der Schlangenhautrolle jedoch wurde das Ganze greifbarer, denn hier war mit Farbe ein Abbild des Khajiits aufgezeichnet, darunter prangte der Name der Katze. Um die Schnurrhaare des Flüchtigen breitete sich schwarzes Fell aus, kurz über der Nase ging es abrupt in einen weißen Streifen über und der Rest des Gesichts hatte eine sandige Farbe; der Khajiit hätte durchaus als Allerweltsaussehen betitelt werden können, wenn er nicht zwei hervorstechende Merkmale hätte. Zum Einen sah sein linkes Ohr äußerst lädiert und ausgefranst aus, als wäre er einmal nur knapp einer Attacke entgangen, zum anderen hatte er mitten auf der Stirn einen schwarzen Punkt aus Fell, der den ebenmäßigen sandigen Farbton unterbrach. Die Augen von Hawa'ajala waren gelb und blickten verschlagen drein. Es war wirklich eine sehr originalgetreue und lebensechte Zeichnung, da hatten die Priester ganze Arbeit geleistet, befand selbst Raccan.
Nachdem der Bettler die Zeichnung studiert hatte, zog er eine Grimasse. "Ihr meint es wohl wirklich ernst mit ihm, was...", und er schielte nach den Septimen. "Wenn ich euch weiterhelfen soll, kostet euch das doppelt soviel...", und er machte ein unschuldiges Gesicht.
Raccan hatte diesen Mann durchschaut, selbst wenn er nun ablehnen und andeuten würde zu gehen, würde ihn der Bettler die Information auch für zehn Septime geben. Aber er legte es nicht darauf an, so griff er nochmal in seine Tasche, gab dem Mann sein Geld und schaute ihn auffordernd an.
Der Tagelöhner konnte sein Glück erst gar nicht fassen und drehte die Münzen jede einzeln ehrfürchtig in den Händen hin und her, ehe er sie unter seiner Kleidung (gar nicht dran zu denken wo genau) verschwinden ließ. "Vielen Dank. Auch wenn ihr jetzt enttäuscht sein werdet, aber ich habe ihn nicht gesehen. Aber ich kann euch sagen, dass er ganz sicher noch nicht hier in Skingrad war oder ist, so eine Fratze hätte ich mir gemerkt...".
Das war nicht das, was ich hören wollte, dachte Raccan zerknirscht. Auf der anderen Seite war es natürlich auch ganz gut zu wissen, dass der Khajiit hier nicht durchgekommen war, das grenzte die Suche weiter ein. Blieb nur die Frage, inwieweit man dem Bettler trauen konnte. Für Geld würde dieser bestimmt auch behaupten, dass ein Kaktus mit einem Gehstock hier durchgekommen wäre. Aber was blieb dem Assassinen anderes übrig, als ihm zu vertrauen; jeden Bettler konnte er nicht bestechen um die Informationen abzugleichen, sein Geld war endlich, und genug Zeit hatte er auch nicht, der Stamm wollte Ergebnisse sehen und dann war da noch ein Bankett, auf das er "eingeladen" wurde. Der Rothwardon erhob sich, nachdem er dankend genickt hatte, und schlug den Weg Richtung Stallungen ein.
"Komischer Kerl...", nuschelte der Bettler, als er Raccan hinterher blickte, dann aber widmete er sich wieder ganz seinen neuen Besitztümern.
Einen halben Tag nach dem Gespräch mit dem Bettler fand sich Raccan auf der Goldstraße inmitten des großen Forstes wieder. Er hatte diesen Weg schon einmal genommen, damals allerdings noch als gedächtnisloser Niemand. Zwangsläufig fiel ihm im Angesicht des dichten Gestrüpps der Raubüberfall in Hammerfell ein, und er blickte sich aufmerksamer um, nachdem er sein Pferd angehalten hatte und abgesessen war. Außer dem Zwitschern von Vögeln und dem Rauschen der Blätter war nicht viel mehr zu hören, und mehr als Baumstämme und dichte Büsche gab es nicht zu sehen. Wenigstens jetzt hatte er ein wenig Zeit um die Umgebung zu studieren, bei seinem Weg damals durch den Wald war er nicht ganz er selbst, und so sog er gierig die frische Waldluft ein. Dieser Geruch war neu, die Wälder in Hammerfell waren spärlich und wurden sehr von dem Seeklima beeinflusst, und im Inland hatte man, bedingt durch das warme Klima, alles andere als frische Luft, eher handelte es sich dabei um stickige Dschungel. Nachdem er so eine Weile dagestanden hatte und schon überlegte, ob er ein Lager aufschlagen sollte um erst einmal zu rasten, riss er sich selbst noch gerade so von diesem Gedanken los; er hatte keine Zeit, der Khajiit musste gefunden werden. Hier gab es doch an jeder Straße in regelmäßigen Abständen Gasthäuser und Herbergen, so zumindest Raccans bisherige Erfahrung; da konnte er doch ebenso darauf verzichten, es sich hier draußen gemütlich zu machen und ohne Nachtwache allein im Wald schlafen war schließlich das reinste Risikounternehmen.
Kurze Zeit später hatte er den Wald hinter sich gelassen und fand sich an einer Weggabelung wieder, zum Glück mit Straßenschildern. Ein Wegweiser zeigte nach Norden und war beschriftet mit 'Kaiserstadt', 'Chorrol' und 'Bruma', ein weiterer wies gen Südosten und verkündete 'Bravil', 'Leyawiin', 'Cheydinhal' und 'Pells Tor'. Als der Assassine den Namen Chorrol las, musste er plötzlich an die Autorin in eben jener Stadt denken. Auch ihr hatte er etwas versprochen, nämlich ihr bei einem Buch zu helfen. Diese Provinz verleitet dich zu etlichen Versprechen. Das Bankett, die Ruine, das Buch, und er schüttelte den Kopf. Erst einmal ging es für ihn nicht nach Chorrol, das stand fest. Nun aber musste die Entscheidung getroffen werden, in welche Richtung es weiterging. Raccan versuchte logisch zu überlegen. Wäre ich der Khajiit, würde ich Unterschlupf suchen. Er kennt hier niemanden, zumindest kann man nicht davon ausgehen. Es wäre einfach, in einer großen Stadt unterzutauchen, außerdem wird die Kaiserstadt der Knotenpunkt in alle anderen Provinzen des Kaiserreichs sein. Andererseits, nach dem was ich so mitbekam, sind die Vorurteile gegenüber Argoniern und Khajiit noch immer nicht ausgestorben. Das heißt, sie müssen zusammenhalten. Wo also wäre es wahrscheinlicher als in Bravil, dass er sich Hilfe gesucht hat? Er müsste nur behaupten, dass er auf der Flucht sei, und schon ständen ihm alle Türen offen bei seinesgleichen. Nach dem was mir Adya erzählt hat, ist Bravil eine dreckige Hochburg voller Schurken und Gauner, da würde er gut hineinpassen. Kaiserstadt oder Bravil...Hauptstadt oder Schmugglerloch.... Je länger sich Raccan das Straßenschild betrachtete, desto unentschlossener wurde er. "Ich kann mich nicht entscheiden, was sagst du?", wandte er sich an sein Pferd, welches aber nur gelangweilt schnaubte. "Dankeschön...", grummelte der Assassine und starrte entnervt auf die Wegweiser. Typisch, wenn man einmal Satakals Hilfe wirklich benötigt, aber natürlich sprach er dies nicht laut aus, sondern fuhr sich nachdenklich mit der Hand über den Hals und berührte mit seinen Fingern die Kette, an der die Pfeife hing. Einen Moment zögerte er. Warum nicht, der Falke ist von Sahi, er wird mir bestimmt weiterhelfen.... Kurzerhand griff er nach dem Geschenk seiner Schwester und blies hinein; nichts war zu hören. "Was zum...", stutzte er und blies abermals hinein, diesmal kräftiger. Kein Geräusch erklang. Skeptisch besah sich der Rothwardon das geschnitzte Stück und wollte es schon als nicht funktionstüchtig abtun, als plötzlich ein Schatten über ihn hinwegfuhr und das charakteristische eeeek ertönte . Rasch richtete er die Augen zum Himmel und sah einen großen, prächtig gemusterten Falken eine ausschweifende Kurve fliegen, ganz offensichtlich befand er sich im Landeanflug auf Raccan, zumindest hoffte es dieser. Instinktiv streckte der Rothwardon den Arm aus, und kurz darauf grub das Tier seine scharfen Krallen in den Unterarmschutz des Mannes, als es aufsetzte und die mächtigen Schwingen anlegte. Schwarze, wache Augen musterten Raccan. Der Vogel besaß einen kräftigen Rumpf, großen Kopf, relativ lange, etwas dreieckige, spitze Flügel und einem mittellangen, leicht gerundeten Schwanz. Der Schnabel war dunkelgrau und endete in einem rasiermesserscharfen Haken. Die Oberseite des Gefieders hatte eine dunkelbraune Färbung schwarzen Pigmenten, und der Bauch war cremefarben; die Größe des Vogels betrug in etwa fünfundvierzig Zentimeter.
Einen Moment lang starrten sich die beiden nur an, dann "ergriff" Raccan das Wort. "Du heißt also Jail. Gut, Jail, du kommst also von Sahi?". Der Falke schwieg, aber seine Art zu antworten war mit wachem Blick umher zu sehen und keinen Ton von sich zu geben. "Gut. Dann sag mir, soll ich nach Bravil gehen oder in die Kaiserstadt?", und der Assassine deutete mit seiner freien Hand auf die Wegweiser; der Falke aber rührte sich nicht und blickte den Rothwardonen nach dem Motto 'was willst du eigentlich von mir' an. Raccan machte ein zerknirschtes Gesicht und bewegte den Arm, auf dem Jail saß, leicht in die Richtung der Wegweiser, wie als würde er Schwung holen damit sich der Vogel abstoßen konnte. Und tatsächlich, mit Kraft stieß sich der Falke ab, tat einen Flügelschlag und landete schließlich auf dem Schild mit den Lettern 'Bravil'. "Na also, warum nicht gleich so...", rief Raccan dem Tier erleichtert zu, aber dieses saß so teilnahmslos auf dem Stück beschrifteten Holz, dass seine Absicht durchaus bezweifelt werden konnte. Zufrieden saß der Rothwardon auf dem Pferd auf, konnte sich aber eine Spitze nicht verkneifen. Er nickte zu dem Falken und sprach zu dem Achal-Tekkiner "Warum hast du dich nicht auf den Wegweiser gesetzt, ist doch nicht so schwer...", und dieser schüttelte sich daraufhin kurz, aber heftig. So langsam glaube ich, dass er jedes Wort versteht, wunderte sich Raccan abermals über die Reaktion des Tieres, aber sogleich meldete er ernste Zweifel an seinem eigenen Verstand an, denn er führte hier eine Konversation mit einem Pferd und einem Falken, also das war ebenfalls nicht normal. Ich bin wohl doch einsamer als ich mir eingestehen will, und ihm kam das Gespräch mit Kalion vor den Toren von Taneth in den Sinn, sogleich auch Adya und ihre selbstbewusste Art. Woran lag das jetzt, dass ihm ausgerechnet diese aufmüpfige Waldelfe wieder einfiel, die ihn schön sauber hereingelegt hatte mit ihrer mehr oder weniger freiwillig-erzwungenen Banketteinladung? Schnell schob er den Gedanken, der in ihm aufkeimte, beiseite, und setzte sich schulterzuckend Richtung Südosten in Bewegung, und als er sich nach ein paar Metern noch einmal umschaute, war der Falke bereits wieder verschwunden...
Der Weg nach Bravil gestaltete sich für den Assassinen sehr abwechslungsreich. Kurze Zeit nach seinem Aufbruch von den Wegweisern kam nahe des Pfades der weiße Stein in Sicht, den er schon einmal im Wald vor Skingrad gesehen hatte. Er saß von seinem Pferd ab und betrachtete das Gebilde genauer. Helle, geriffelte, teilweise abgebrochene und bemooste Säulen reckten sich um ein ringförmiges Gebilde in die Höhe, und in der Mitte des Ringes leuchtete es bläulich. Von diesem Ort ging eine starke Magie aus, das spürte selbst der relativ unbegabte Raccan. Vorsichtig näherte er sich dem Ayleiden-Brunnen, aber auf der Säulenebene hielt er inne; ein flaues Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus, er zweifelte daran, dass es eine gute Idee war, hier näher heran zu gehen, aber andererseits war der Rothwardon auch neugierig, was er hier denn nun vor sich hatte. Er war sich sicher, die Priester seines Stammes würden ihn für dieses Verhalten bestimmt auslachen, aber Raccan war sich zu unsicher als dass er jetzt den Mut hatte, näher heran zu gehen, und so zog er sich langsam Richtung Pferd von dem Brunnen zurück. Aus der Ferne betrachtete der Assassine nochmals die magische Quelle, und schüttelte langsam den Kopf. Nein, er würde auch diesmal seine Neugier im Zaum halten, der Auftrag war wichtiger als dass er es sich leisten konnte, von irgendeiner magischen Konzentration in tausend Stücke gerissen zu werden. Langsam führte er das Pferd von dem Ayleiden-Nachlass weg Richtung Süden, saß dann wieder auf und ritt weiter, noch immer mit dem "was wäre gewesen, wenn" im Kopf. Kurz darauf wurden seine Gedanken wieder unterbrochen, denn schon wieder sah er sich dem weißen Gestein gegenüber, welches sich unweit des Weges befand. "Wie viel von diesen Überbleibseln gibt es eigentlich hier?!", fragte sich Raccan laut, und sein Reittier gab seinen Kommentar in Form eines beiläufigen Schnaubens dazu ab. Im Vergleich zu seiner ersten Begegnung mit einem solchen Bauwerk wirkte diese hier geradezu mickrig, denn sie bestand nur aus ein paar verwitterten Wegsteinen, einer Handvoll zerstörter Säulen und einem Eingang, dessen weiße Tür inmitten der Wildnis dastand wie ein Fremdkörper. Immer mehr spürte er die Versuchung in sich, eine solche Ruine einmal zu erkunden. Wer weiß, was sich darin befand. Andererseits musste es doch einen Grund haben, warum man um die alten Bauwerke nie jemanden sah. "Nach dem Auftrag...", murmelte nun schon leicht zerknirscht, denn diese ständige Denk-an-deinen-Stamm-Ausrede ging ihm allmählig auf die Nerven, aber Raccan ermahnte sich wieder. Diese Provinz schürte seine blasphemischen Gedanken, dessen wurde er sich soeben mehr als deutlich bewusst, und bei seiner Rückkehr nach Hammerfell musste er dieses Gut so schnell wieder loswerden. Dann aber wurde er jäh aus seiner Nachdenklichkeit gerissen, denn ein kleiner Tropfen landete auf seinem Kopf. Er blickte nach oben, und sogleich traf ihn ein weiterer, dann noch einer, dann zwei. Es fing tatsächlich an zu regnen. "Wunderbar...", fluchte der Rothwardon. Der Himmel sah tatsächlich alles andere als einladend aus, warum war ihm das die ganze Zeit über nicht aufgefallen. Noch dazu dämmerte es bereits, es würde wohl bald dunkel werden, und als ob dies nicht genug sein würde, blitzte es in der Ferne hell und ein paar Sekunden später ertönte ein dumpfes Grollen. "Hat man Worte...du kannst wohl Gedanken lesen, Schlangengott...", knurrte er missmutig, drückte seine Fersen in die Flanken des Pferdes und setzte seinen Weg in flotter Geschwindigkeit fort; irgendwann musste doch so etwas wie ein Gasthaus in Sicht kommen...
Pitschnass und triefend vor Nässe saß er eine Stunde später in dem Gasthaus "Die Schlafende Stute" an dem kleinen Holztisch im gemütlich eingerichteten Schankraum und verzehrte hungrig das Stück Fleisch, welches die bretonische Gastwirtin für ihn zubereitet hatte. Überhaupt war es ein Glücksfall, dass ihm die kleine Ortschaft "Pells Tor" aufgefallen war, denn zum einen war es stark zugezogen und der Starkregen machte die Sicht nicht besser, zum anderen bestand die Ansiedlung aus kaum mehr als einer Handvoll Häuser und dem Gasthaus, die sich schützend in den dichten Laubwald duckten; ohne den fast unbedeutend wirkenden Wegweiser wäre er glatt an dem kleinen Pfad, welcher hierhin führte, vorbeigeritten. Aber das war vergessen, denn für 20 Septime hatte er ein Zimmer für eine Nacht gemietet und noch dazu ein Essen bekommen und sein Pferd unterstellen dürfen. Die Wirtin hatte sich als Candice Corgine vorgestellt und machte auch sonst einen freundlichen Eindruck, wenn auch Raccan das Gefühl hatte, dass die 20 Septime Gesamtpreis nicht die Normalität waren, denn der mitleidige Blick der Bretonin in Anbetracht des klatschnassen Reiter-Reittiergespanns musste sie wohl dazu bewegt haben, weniger zu verlangen als sie es für gewöhnlich tat. Schweigend stand sie hinter dem Tresen und beobachtete ihren einzigen Gast, was aber gar nicht störend oder aufdringlich wirkte. Als Raccan aufgegessen hatte, trat sie an den Tisch, räumte das Geschirr ab und stellte eine Flasche Bier auf den Tisch. "Das geht auf's Haus, wenn ihr mir ein wenig von euch erzählt", sagte sie mit ruhiger Stimme und setzte sich dem Rothwardonen gegenüber. Dieser musste dieses Angebot unbewusst mit einem fragenden Blick quittiert haben, denn sie setzte nach: "Ich will euch nicht aushorchen, keine Sorge. Hier kommen viele Fremde und Reisende vorbei, aber von so weit weg wie ihr wirkt doch eher selten...", und sie lächelte.
"Und ich dachte, ich hätte mich kleidungsmäßig Cyrodiil angepasst...", erwiderte Raccan kurz angebunden und musterte das Bier skeptisch. Die Bretonin musste wirklich sehr weltgewandt sein wenn sie ihn auf den ersten Blick als Nicht-Cyrodiiler erkannt hatte, aber vielleicht war seine "Anpassung" auch nicht so gut wie er bis jetzt gedacht hatte.
"Das schon, aber euer restliches Aussehen wirkt nicht wie als wärt ihr von hier...", antwortete sie auf die Mutmaßung des Rothwardonen.
Warum nicht, was kann es schaden, sich mit einer netten Wirtin zu unterhalten. "Ich komme aus dem Zentrum Hammerfell und bin in...geschäftlicher Sache in Cyrodiil", sagte Raccan, und die Quittung war ein Stirnrunzeln der Wirtin und eine kurz darauf eintretende Stille, wie als wollte die Bretonin erforschen, was genau er mit Geschäft meinte.
"Ihr seht nicht aus wie ein Händler, ich hoffe dass ist euch bewusst, wenn ihr vorhabt, diese Formulierung öfters zu wählen", sie nickte Richtung Schwert und Wurfmesser, und Candice versetzte den Assassinen dabei in Erstaunen. Sie ist gut, das war anscheinend zu durchschaubar.
Raccan ertappte sich dabei, dass er nun leicht lächelte. "Gut, ihr habt recht, so geschäftlich ist die Sache nicht. Ich bin auf der Suche nach einer Person", und er blickte sich um ob auch wirklich niemand weiter zuhörte. Dies registrierte die Bretonin.
"Macht euch keine Sorgen, ich weiß, wann ich meinen Mund zu halten habt. Ihr sitzt hier so sanftmütig und ruhig in meiner Herberge, aber in euren Augen sehe ich, dass ihr auch ganz anders sein könnt. Ich kann es nicht so ganz deuten, aber ich möchte euch nicht weiter in Verlegenheit bringen oder mir gar euren Zorn zuziehen, darum werde ich diese Information für mich behalten...", und sie blickte ernst drein.
Meine Augen? Was meint sie? Aber sie besitzt eine große Menschenkenntnis. Als Wirtin kann sie mir vielleicht weiterhelfen. Raccan ließ sich Zeit mit einer Antwort, er überlegte was der eleganteste Weg wäre, aber dann entschied er sich für den direkten Vorstoß. "Sagt, ist ein Khajiit vor einem oder zwei Monaten hier durchgekommen?", richtete er die Frage an die Bretonin.
Der Blick von Candice verwandelte sich in reine Überraschung, aber nur kurz, dann wurde daraus Abgeklärtheit. "Ihr seid sehr schlau. Ihr lasst mich zugeben, dass ich Respekt und auch ein wenig Furcht vor eurem Zorn habe, und fragt mich dann nach der Person die ihr sucht in dem Wissen, dass ich euch wohl kaum anlügen werde...". Raccan war für den ersten Moment etwas erstaunt, das war nun gar nicht seine Absicht, aber dann lächelte er stumm um vorzutäuschen, dass er genau dies vorgehabt hatte. "Gut...", seufzte sie, "...es sind tatsächlich einige Khajiit hier durchgekommen, aber ich erinnere mich an keinen Namen. Direkt im Gasthaus habe ich schon seit Ewigkeiten keinen mehr gehabt, meistens machen sie im Dorf Rast um dann weiter zu ziehen, diese Wesen leben ja lieber in der Natur als in einem stickigen Haus...", und damit ließ sie schon so ein wenig durchblicken, dass sie in Khajiit wohl mehr die Katze als das menschenähnliche Wesen sah. "Könnt ihr ihn beschreiben?", setzte sie nach, woraufhin Raccan nickte und ihr das Schlangenhaut-Pergament reichte. "Was ist das für ein Material...", murmelte sie, rieb es zwischen den Fingern und blickte den Rothwardonen fragend an, als dieser aber keine Anstalten machte, zu antworten, konzentrierte sich Candice auf die Zeichnung. Minutenlang herrschte Stille im Schankraum, bis die Wirtin diese brach. "Ja, der war hier in Pells Tor. Glaube ich. Sicher bin ich mir nicht, nein, gar nicht. Aber ich glaube schon, dieses Ohr, ja...wollte weiter nach Bravil, glaube ich zumindest, er ist in diese Richtung verschwunden. Aber ich kann mich auch täuschen, wie ich schon sagte, Khajiit sind sehr selten direkt hier bei mir...", und sie reichte dem Rothwardonen die Zeichnung mit einem entschuldigenden Blick zurück.
Raccan aber hörte nach den ersten Worten der Wirtin nur noch mit halben Ohr zu. Also war der Khajiit wirklich hier, es bestand zwar die Möglichkeit, dass sich die Frau irrte, aber was soll's, es war zumindest ein Hinweis, dass er auf der richtigen Spur war.
"Nun gut, wenn ihr noch einen Wunsch habt, kommt nur zu mir.". Damit erhob sie sich, nickte freundlich und ließ den Rothwardonen wieder allein. Dieser griff nun nach der Flasche und schaute sich geistesabwesend die Flüssigkeit darin an; sehr viel erkennen konnte er nicht, und so roch er daran und nahm schließlich einen Schluck. Das Getränk war bitter und etwas ungewohnt für den Gaumen des Assassinen, etwas angewidert verzog er zunächst das Gesicht; der Nachgeschmack allerdings rundete den Gesamteindruck wieder ab, und so trank er schließlich die gesamte Flasche leer. Etwas schummrig wurde Raccan nun schon; er trank zwar ab und an Alkohol, aber dies nicht regelmäßig, und hierbei musste es sich wohl um eine etwas stärkere Sorte gehandelt haben. Schwerfällig erhob er sich von dem Stuhl und ging mit langsamen Schritten Richtung seines Zimmers. Dort angekommen, verschloss er rasch die Tür hinter sich und blickte sich erst einmal um, insofern ihm das möglich war, denn es war doch recht finster hier drinnen. Abhilfe schaffte das Gewitter draußen, denn als es blitzte, erhellte dieser für einen kurzen Moment den Raum. Ein Doppelbett, ein Tisch am Fenster, zwei Stühle daneben, ein großer Kleiderschrank, eine Kommode, ein Spiegel, eine Truhe am Fußende des Bettes. Der kurze Moment reichte dem Rothwardonen, um ein Bild der Raumaufteilung vor dem geistigen Auge zu haben, und so tastete er sich Richtung Bett. Als er es endlich erreichte und sich daran machte, seine Kleidung abzulegen. Aber wohin mit den Sachen, etwa auf den nächsten Blitz warten? Hier musste doch auch irgendwo eine Kerze sein. Blind fühlte er neben das Bett auf dem kleinen Tischchen, und tatsächlich wurde er fündig. Nun stellte sich aber die Frage, wie er sie entzünden sollte. Seine Feuersteine befanden sich in den Satteltaschen, und die waren unten. Ebenso hatte er sich schon seit langem einmal vorgenommen, einen Feuerzauber zu erlernen um wenigstens Kerzen und Lagerfeuer zu entzünden. Ein wenig Magie beherrschte er, diese aber bezog sich eher auf die Schule der Illusion, und dies auch nur auf einen Spruch, um sich weniger sichtbar oder für ein paar Sekunden ganz unsichtbar zu machen. So musste er hoffen, dass er hier in dem Zimmer etwas fand. [/I]In der Schublade müsste doch etwas sein, falls eine da ist[/I], und er fummelte im Dunkeln an dem kleinen Nachttischchen herum, bis er endlich einen Knauf ergriff. In dem Fach fand er dann auch endlich zwei kleine, sich kantig anfühlende Steinchen. Die Kerze stellte er wieder auf den Nachttisch und entzündete sie schließlich. Endlich konnte er sich gezielter in dem Raum bewegen, der nun von der kleinen Kerze bei Weitem nicht vollständig, aber ausreichend ausgeleuchtet wurde. Seine Sachen hing Raccan auf die beiden Stühle zum Trocknen, wobei dies schon fast nicht mehr nötig gewesen wäre, denn mittlerweile waren sie schon fast nicht mehr nass. Das Bier hatte seine Spuren hinterlassen und im Kopf des Assassinen pochte es dumpf gegen die Innenseite seines Schädels. Ich wollte doch noch Sahi einen Brief schreiben...verdammtes Bier, dachte er sich und bewegte sich Richtung Bett. Als er dort so dalag und an die Decke schaute, wurde ihm etwas mulmig zumute. Was war, wenn die Wirtin mit dem Khajiiten unter einer Decke steckt? Wenn das Bier vergiftet war? "Unsinn", murmelte Raccan halblaut und schüttelte langsam den Kopf. Du wirst paranoid. Trotzdem raffte er sich noch einmal auf, schlurfte zur Tür, verschloss sie von innen und ließ den Schlüssel stecken bevor er sich wieder ins Bett legte und in einen traumlosen Schlaf fiel...
Stichworte
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
-
Foren-Regeln