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Thema: [Obl] Rollenspielthread # 3 (Signatur aus)

Hybrid-Darstellung

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  1. #1

    Nibenay Senke, Gelbe Straße kurz vor Cropsford

    Arcturus ritt voraus während Decius und Octavus im folgten. Es war bisher kein schwieriger Weg gewesen und sie kamen auch schnell voran. Es dauerte auch nicht lange bis sich Decius von hinten meldete: "Dort vorne links kommt gleich die Geborstenes Holz-Höhle,ein ehemaliger Goblinunterschlupf, wir müssen vorher rechts abbiegen. Dann sollte es nicht lange dauern bis wir in Cropsford ankommen und vor dort aus ist es auch nicht mehr weit bis zur Holznarben-Senke."
    "Danke Decius" sagte Arcturus und sie ritten weiter bis sie schließlich in Cropsford ankamen.

    Sie stiegen von ihren Pferden ab und erkundeten mit gezogenen Waffen die Umgebung. Decius, der einen Pfeil aufgelegt hatte ging gerade um eine Häuserecke als er den anderen beiden zurief:"Ich habe den Totenbeschwörer gefunden." Die Brüder gingen zu ihm und Octavus der vor Arcturus um die Ecke ging gab ein leises "Iärks" von sich. Als Arcturus um die Ecke kam sah er warum. Die Tierwelt hatte zwar noch einiges von dem Kerl übrig gelassen aber was noch übrig war, war nicht mehr wirklich hübsch anzusehen. Man konnte gerade noch erkennen das es sich einmal um einen Altmer gehandelt haben musste.

    Octavus stupste die Leiche mit seinem Schwert an und meinte zu Decius:"Du weisst wo es langgeht also bring uns schnell zu der Höhle. Wenn ich den hier sehe bekomme ich schon wieder meine Wut." Decius sah ihn verwirrt an und sah etwas verwundert aus als er den blanken Hass in Octavus augen sah. Als er zudem noch zu Arcturus hinüberschaute sah er Haargenau den selben Gesichtsausdruck bei ihm und fragte nur: " Jungs ist mit euch alles in Ordnung? Jedes mal wenn das Wort Totenbeschwörer fällt oder wir einen sehen dreht ihr beiden total ab, was ist den los?"
    Die Brüder wechselten einen Blich und Arcturus wandte sich mit den Worten:"Sag du´s ihm!"
    von den beiden ab und ging ein paar Schritte auf die Häuser zu.

    Octavus ging zu Decius und fing an ihm zu erklären:" Wir haben vor einigen Wochen Nachricht von unserer Mutter bekommen. Unser Vater wurde von Totenbeschwörern entführt und getötet. Wir beide wurden damals ausgesandt um uns um einen Totenbeschwörerhaufen zu kümmern der ,in einer Kapelle nicht weit von hier, seinen Stützpunkt aufgezogen hatte. Als wir dort ankamen wurden wir von einigen Zombies begrüsst unter denen auch unser Vater war......Arcturus hat ihn getötet und wir sind wieder gegangen." Er blickte kurz zu seinem Bruder und sprach dabei aber weiter:" Er kommt darüber nicht hinweg und ich ehrlich gesagt auch nicht aber wir werden es diesem Dreckspack schon zeigen. Wer sich mit den Gebrüder Erune anlegt ist so gut wie tot." Decius sah ihn an und war sprachlos. Octavus sagte nur:"Sag einfach nichts und lass uns weitergehen.Je eher wir die Scheisse hinter uns haben desto besser."

    Die Drei gingen weiter und kamen nicht lange danach bei der Holznarben-Senke an. Sie betraten die Höhle ,und mussten alle drei erst gegen einen unfassbar starken Brechreiz ankämpfen, als sie zum ersten mal den Geruch der Höhle in der Nase hatten. Decius schaffte es nicht es zu unterdrücken und übergab sich, während Arcturus, mit der Hand vorm Mund und tränenden Augen, zu Octavus sagte:"Verdammt ich kann fast nicht atmen, hier unten stinkts ja schlimmer als in den Abwasserkanälen der Kaiserstadt." Octavus erwiderte:"Ich will gar nicht wissen wie viele Leichen hier unten liegen.Dem Verwesungsgestank zu urteilen müssen es hunderte sein.Lasst uns weitergehen."

    Die drei banden sich Tücher vor die Münder und gingen tiefer in die Höhle hinab. Sie schlichen leise durch das Halbdunkel, und hin und wieder war das Tropfen von Wasser auf Stein zu hören, ansonsten war es totenstill. Ein leises Knirschen zerschnitt die Stille und alle drei blieben wie angewurzelt stehen. Arcturus horchte ins dunkel als er etwas pfeifen hörte und Octavus urplötzlich sein Schild hochriss und vor seinen Bruder hielt.Eine hundertstel Sekunde später zitterte ein Pfeil im Schild und ein hässliches Kreischen war aus dem Dunkel zu vernehmen. "LICHT" brüllte Octavus und schon kamen zwei Skelette aus dem dunkel gerannt, der eine mit einem Zweihänder, das andere mit einem Schild und einem Streitkolben. Decius entzündete eine Fackel, und erblickte ein drittes Skelett im Hintergrund, das wohl für den Pfeil verantwortlich war, den es trug einen Bogen den es gerade neu spannte. Decius liess die Fackel fallen, zog seinen eigenen Bogen und schrie:"ACHTUNG".

    Octavus hatte das Skelett mit dem Streitkolben erwischt und hämmerte mit dem Schwert auf dessen Schild ein, konnte aber keine Deckungslücken treffen, und so wogte der Kampf zwischen den beiden hin und her ohne das sich einer sonderlich hervortun konnte. Arcturus hatte im moment ganz andere Probleme. Eigentlich wollte er das Skelett mit dem Zweihänder mit einem Feuerball begrüßen aber das Bogenschützen-Skelett lies ihm keine Zeit dazu. Gerade als er die Hand vom Griff seiner Axt nahm um dem Skelett seinen Zauber entgegenzuschleudern wurde sie ihm nach hinten weggerissen und er musste sich unter einem Schlag des anderen Gerippes hinwegducken. Dabei erblickte er seine linke Hand und sah entgeistert das ihm der kleine Finger Fehlte. Der Pfeil hatte ihm den Finger abgerissen aus dessen Stumpf jetzt munter das Blut herausschoss. Er realisierte die Schmerzen nicht und kam wieder auf die Beine. Mit einem Schrei hob er die Axt weit über seinen Kopf und liess sie auf den Schädel des Skeletts krachen, der mit einem lauten Knall in tausend teile zerbarst, woraufhin das Gerippe einfach umkippte und das Skelett mit dem Streitkolben sich einfach in Luft auflöste.

    Octavus der jetzt freie Bahn hatte stürmte zu dem letzten Skelett und hieb mit einem gezielten Schlag die Wirbelsäule des Untoten entzwei, woraufhin auch dieses zusammenbrach. Der Kampf war Schneller vorbei als sie dachten und jetzt erst fuhren die Schmerzen mit voller Kraft in Arcturus Hand und er liess einen Schrei fahren so das die anderen beiden zusammenzuckten. "Was ist?" rief sein Bruder und rannte zu ihm während sein Bruder in die Knie ging und sich die Hand hielt. "Das Gottverdammte Mistvieh hat mir den Finger weggerissen!" sagte Arcturus der vor Schmerzen ächzte.
    Decius und Octavus schauten sich eine weile um konnten den Finger aber nicht finden und so ballte Arcturus seine Hand zur Faust und sie glühte weiß auf. Innerhalb von Sekunden war der Stumpf mit Haut zugewachsen und sah so aus als wäre es eine alte Kriegswunde. Es dauerte nicht lange und die drei konnten weitergehen.

    Es gab nicht mehr wirklich viele Probleme in den Gängen, aber als sie endlich in die große Haupthöhle kamen stockte ihnen der Atem. In dem Großen Raum waren ungefähr ein Dutzend Käfige aufgehängt in denen überall Zombies jaulten und stöhnten. Am Boden gingen einige Totenbeschwörer ihrer Arbeit nach und weiter hinten an einem Altar stand ein hochgewachsener Mann der im Gegensatz zu allen anderen Menschen im Raum keine Kappe trug und barhäuptig wie er war gerade ein par Formeln vor sich hinmurmelte. Plötzlich jedoch drehte er sich herum und schaute genau in ihre Richtung. Ein paar Kehlige Laute brachen aus seiner Kehle hervor und alle Totenbeschwörer starrten wie gebannt in die Richtung der drei Legionäre. Auf einmal kam Bewegung in die Bude und die ganze Necromanten-Schar rannte in eine Ecke des raumes in der ein Loch in der Wand war. Der Hochgewachsene zog zwei Hebel und lief mit einem hässlichem Grinsen ebenfalls durch das Loch, das sich kaum das er es durchschritten hatte hinter ihm schloss.

    Durch den zweiten Hebelzug hatten sich die Käfige mit den Zombies geöffnet und alle kamen jetzt heraus und wankten den Kaiserlichen entgegen. Die zogen ihre Waffen und gingen in Verteidigungstellung. Sie waren fünf zu eins unterlegen und hatten eigentlich keine Chance.
    Aber trotz allem griffen sie an und es wurde ein heilloses Gemetzel. Decius erkannte nach einer weile wenn sie da eigentlich abschlachteten, es waren die Bewohner von Cropsford die er früher kannte und jetzt nur noch als Untote ihr dasein fristeten. Er entdeckte zu spät das Schwert das auf ihn zugeflogen kam und die Sicht auf seinem rechtem Auge trübte sich auf einmal.während er zu Boden stürzte. Octavus sah das Decius fiel und rannte zu ihm. Er hatte einen langen hässlichen Schnitt der sich von über dem rechten Auge bis runter auf die Backe zog. Das rechte Auge war weg und Octavus starrte in ein blutiges Loch. Er schrie nach seinem Bruder Arcturus der sich umdrehte und zu ihnen herüberschaute. Als er jedoch seinen Bruder Octavus erblickte vergass er die Zombies und das Kämpfen völlig.

    Wie in Zeitlupe näherte sich ein Schwert dem Hals seinen Bruders und er schrie:" OCTAVUUUUUUUS".......doch es war zu spät. Sein Bruder drehte sich um und sah seinen Bezwinger, es war der Hüne von vorhin der mit einem Schwert auf ihn einschlug. Octavus Kopf trennte sich von seinen Schultern und landete genau vor Arcturus Füssen. Der Gesichtsausdruck von Octavus enthielt keinerlei Schmerz sondern nur Überraschung und Verblüfftheit. Arcturus wurde es rot vor Augen und er spürte nicht mehr was er tat und realisierte es auch nicht mehr er kämpfte sich zu Decius und tötete alles was ihm vor seine Axt kam. Als er ihn erreichte riss er den Bewusstlosen auf die Füße und hob ihn auf seine Schulter, er rannte was er konnte, und er rannte immer weiter, aus der Höhle heraus, durch Cropsford hindurch, bis auf die Gelbe Straße bis er schließlich vor Erschöpfung einfach umkippte, und mitten auf der Straße liegen blieb.

    Es dämmerte schon und es wurde langsam kühl als Arcturus wieder zu sich kam. Decius lag noch genau so neben ihm wie zuvor und stöhnte gerade leise als er versuchte sich aufzurichten es aber nicht schaffte und wieder zu Boden fiel. "Bleib liegen" Flüsterte Arcturus ihm zu "Was ist passiert" fragte Decius mit schwacher Stimme. Arcturus lag einfach nur da..."Octavus" flüsterte er. "Was ist mit ihm ?" erwiederte der Scout zitternd da es langsam wirklich kalt wurde."Er...er..ist .....tot"gab Arcturus zurück und in diesem Moment fing er an zu weinen und dir Tränen liefen im durch das Gesicht in seine schwarzen Haare. Er schluchzte und hörte lange Zeit nicht auf zu weinen bis Decius zu ihm rüberkroch und ihm die Hand auf den Arm legte. Im Dämmerlicht konnte Arcturus sehen das auch ihm Tränen auf den Wangen glänzten. "Wir müssen hier weg, wir dürfen nicht hier bleiben, wir müssen dem Erzmagier bescheid geben." "SCHEISS AUF DEN VERDAMMTEN ERZMAGIER DECIUS MEIN BRUDER IST TOT" Arcturus sprang auf und stiess Decius von sich weg. "Denkst du vielleicht das es mich jetzt noch interessiert was mit der Erzmagier ist?Oder der Gottverdammten Magiergilde?Geh doch zu deiner Legion ich werde desertieren. Die Legion hat mir meinen Vater genommen und jetzt auch noch meinen Bruder.Geh Decius werde glücklich aber ich mache das ich von hier wegkomme." Arcturus rannte nach Cropsford und zog im Laufen seine Handschuhe und seine Kappe aus die er achtlos ins Grass warf. Als er bei den Pferden angekommen war schwang er sich auf sein eigenes und preschte davon.

    Decius sah seinem Freund hinterher. Langsam stand er auf und ging nach Cropsford unterwegs nahm er die Handschuhe und die Kappe von seinem ehemaligem Freund mit und sammelte auch Octavus Pferd ein das er an der Seite mitführte während er mit seinem eigenen in Richtung der Kaiserstadt ritt.
    Geändert von KingPaddy (31.07.2012 um 19:10 Uhr)

  2. #2

    Umland von Cheydinhal

    Sie verbrachte die nächsten Tage in Mordans Haus, wobei sie gelegentlich Ausflüge nach Cheydinhal unternahm. Das Leben dort normalisierte sich zusehends, und langsam kamen auch wieder die ersten Händler mit frischen Wahren in die Stadt. Die organisierte Kriminalität kam ebenfalls wieder aus ihren Löchern gekrochen, allerdings konnte sie über ihre Kontakte dort nicht herausfinden, ob Feryn hier gewesen war. Dafür bekam sie mit, dass ihr Gerücht gefruchtet hatte, jeder erzählte jetzt von dem strahlendem Held, der das Tor geschlossen hatte. Die Geschichte hatte noch die eine oder andere Ausschmückung erhalten, aber im wesentlichen entsprach es noch der Version, die sie der Wache erzählt hatte.

    Dreveni hasste es zu warten, aber sie war praktisch zur Untätigkeit verdammt, da ihr Arm noch ein paar Tage brauchen würde, um richtig zu Heilen. Sie hatte versuchsweise ein paar Mal mit ihrem Bogen geschossen, und es ging sogar, aber eben nur ein paar Mal, dann waren die Schmerzen in dem Arm wieder zu stark. Frustriert ging sie mit dem Bogen wieder nach drinnen und ließ ihn achtlos im Eingangsbereich fallen. Mit einem genervtem Seufzen ließ sie sich auf einen Sessel im Wohnzimmer fallen und starrte durch das Fenster nach draußen. Sie hatte gerade auch absolut nichts zu tun, nichts dass sie endlich wieder von Feryn ablenken würde. Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Gedanken immer wieder zu ihm abschweiften, und das frustrierte sie noch viel mehr, als ihr gebrochener Arm. Sie konnte guten Gewissens von sich behaupten, die letzten drei, oder waren es schon fünf?, Jahre nicht mehr an ihn gedacht zu haben, jedenfalls nicht ohne dass sie es wollte, was vielleicht auch etwas damit zu tun hatte, dass sie meistens beschäftigt gewesen war, und bei ihrem Beruf konnte man es sich nicht leisten, abgelenkt zu sein.
    Natürlich war sie in den letzten Tagen an dem Ort gewesen, den er in seiner Nachricht beschrieben hatte, aber sie hatte nichts gefunden. Er konnte nie hier angekommen sein, er konnte hier gewesen sein und die Nachricht war verschwunden, sie wusste es nicht. Ungewissheit konnte sie auch nur schwer ertragen. Sie war auch weiter um Cheydinhal unterwegs gewesen, auch wenn das wirklich wie die Suche nach einer Nadel im Heuhaufen war, und weit entfernt von planvoll.

    Plötzlich hörte sie, wie ein Schlüssel in der Haustür gedreht wurde. Mit einem Satz war sie auf den Beinen, im Vorraum und hob den Bogen auf, um ihn auf die Kommode zu legen. Da hatte er zwar auch nichts verloren, aber das war immerhin noch besser als auf dem Boden. Mordan war da etwas eigen, und außer ihm hatte niemand einen Schlüssel zum Haus. Im stillen war sie dankbar für ihre guten Reflexe, aber sie wohnte ja auch schon lange genug mit Mordan unter einem Dach. Der Rest des Hauses war aufgeräumt, sie hatte ja sonst nichts zu tun gehabt. Als sie den Bogen gerade auf die Kommode gelegt hatte, hatte Mordan die Tür vollständig geöffnet, sein Gepäck abgelegt und sie umarmten sich kurz und herzlich.
    "Ich hatte nicht erwartet, dich hier zu sehen.", sagte er zu Dreveni. "Wohin ist das Tor verschwunden?"
    "Das ist eine lange Geschichte...", sagte Dreveni nur fürs erste, sie musste erst einmal überlegen, ob und wie sie von Arranges erzählte, und welche Teile sie besser auslassen würde.
    Sie setzten sich an den Esstisch, nachdem sie etwas zu Essen und eine Flasche Wein aus der Küche geholt hatten, und Dreveni erzählte, was sich in den letzten Tagen hier ereignet hatte. Sie entschied sich dazu, nichts auszulassen, wie sie Arranges und Erynn vor dem Tor getroffen hatten, wie sie schließlich zusammen die Ebenen Oblivions betreten hatten, wie Arranges den Pfeil des Dremora "gefangen" hatte, wie sie selbst von dem Xivilai fast erschlagen worden wäre und das Tor schließlich geschlossen worden war. Sie verschwieg auch nicht, dass Arranges und Erynn hier im Haus gewesen waren, sie hatten immerhin Dreveni das Leben gerettet. "Auch wenn ich nach wie vor nicht weiß, warum, und es reichlich dämlich von ihnen fand, aus ihrer Perspektive gesehen, aber ich konnte sie danach nicht mehr umbringen. Davon abgesehen wäre ich dazu eh nicht mehr in der Lage gewesen.", endete sie schließlich. Bei ihren letzten Sätzen hatte Mordan sie leicht amüsiert angesehen, auch wenn ihn der Rest sichtlich erschreckt hatte. "Ach ja, du solltest über einen Wachhund nachdenken, hier waren Diebe. Arranges hat ihn leider verkohlt, sonst hätte ich ihn zurückgeschickt." Mordan wusste schon genau, wie sie das meinte, hatte er ihr doch diese ganzen Methoden beigebracht.
    "Das hätte ich nicht unbedingt von dir erwartet.", sagte er schließlich, in einem Tonfall, der nur schwer zu deuten war.
    "Ich hätte ihn ja auch wirklich gern getötet, aber er hat mich gerettet, und wie gesagt, es ging leider nicht, mit einem gebrochenem Arm gegen zwei..."
    "Das meinte ich nicht, das war schon in Ordnung. Ich meinte, dass du einfach in das Obliviontor gegangen bist."
    "Wir wohnen hier? Hätte das Tor hier bleiben sollen?"
    "Wir hätten umziehen können. Und ich dachte immer, es gäbe nichts, dass dir wichtig wäre.", sagte er lächelnd und dabei leicht provozierend.
    Normalerweise unterhielt sich Dreveni gern mit Mordan, aber das Gespräch ging langsam in eine Richtung, die ihr überhaupt nicht zusagte. Mordan wusste immer noch nicht, von wem der Brief war, oder warum sie überhaupt nach Cheydinhal gekommen war. Wenn er erfahren würde, dass sie versuchte, Feryn einzuholen, würde er sich denken können, dass damals nicht alles ganz so gelaufen war, wie sie ihm erzählt hatte. Außer er würde ihr abnehmen, dass sie ihn jetzt töten wollte, vollenden, was sie damals nicht geschafft hatte, aber sie wusste, sie würde Mordan nicht erfolgreich anlügen können bei dieser Sache.
    "Du bist mir wichtig. Und ja, vielleicht auch Cheydinhal. Rein geschäftlich gesehen.", antwortete sie halbherzig. Danach sah sie Mordan in die Augen und überlegte kurz, ihm doch alles zu erzählen. Sie hatte nie Geheimnisse vor ihm gehabt, jedenfalls nicht bei wichtigen Dingen. Und das war, zumindest damals, ziemlich wichtig gewesen. Sie atmete tief durch, und fragte: "Und wo warst du die letzten Tage?" Etwas besseres war ihr nicht eingefallen, und sie brachte es einfach nicht übers Herz. Mordan wäre entweder ziemlich wütend oder maßlos enttäuscht, wahrscheinlich beides. Nein, wäre er vermutlich gar nicht. In Wahrheit schämte sie sich für ihr Verhalten damals ziemlich. Mordan hatte die Tage in der Kaiserstadt verbracht, bis die Nachricht vom Verschwinden des Tores den Weg dorthin gefunden hatte. Arbeit gab es dort ebenfalls genug, und in etwa einer Woche sollte Drevenis Arm komplett geheilt sein.

    Am späten Nachmittag hielt es Dreveni schließlich nicht mehr im Haus aus, und ging eine Runde spazieren. Sie nahm nur den Dolch mit, gegen wilde Tiere konnte sie sich im Moment eh besser mit Magie wehren. Sie ging eine Weile ziellos durch die Gegend, und als es anfing zu dämmern hatten sie ihre Schritte wieder zu dem Ort gelenkt, den Feryn ihr beschrieben hatte. Es war eine Stelle am Ufer des Reed, südlich von Harlunswacht, und eigentlich nicht besonders auffällig. Hier hatten sie damals für ein paar Tage ihr Lager aufgeschlagen. Nachdem sie nicht mit einem Hinterhalt oder sonstigem rechnete, bewegte sie sich nicht absichtlich leise, auch wenn sie keinen Lärm machte, ihr Gang war auch sonst eher leicht und geschmeidig. Sie hörte natürlich auf ihre Umgebung, konnte aber außer dem Rauschen der Blätter nichts hören.
    Umso überraschter war sie deshalb, als plötzlich jemand von hinten seinen Arm um ihren Hals legte und ihr mit der anderen Hand den Mund zuhielt. Sie hielt in solchen Situationen ohnehin nicht viel davon, zu schreien, und wollte dem Angreifer gerade in die Hand beißen und mit ihren Händen nach dem Dolch greifen, als sie eine Stimme an ihrem Ohr hörte: "Ich wusste dass du kommst." Bei deren Klang erstarrte Dreveni. Sie kannte sie nur zu gut. Inzwischen hatte er die Hand vor ihrem Mund weggenommen, so dass sie ansetzen konnte, zu antworten: "Dein Glück dass dein Plan..." weiter kam sie nicht, Feryn hatte sie zu sich herumgedreht, sie an den Schultern genommen und ehe sie noch wusste, wie ihr geschah, küsste er sie. Zuerst war zu perplex, um sich zu wehren, dann merkte sie, wie sie ihn eigentlich vermisst hatte. Seine Nähe, seinen Geruch, diese Vertrautheit.. Ja, vertrauen, da schaltete sich endlich ihre Vernunft wieder ein, und sie stieß ihn kräftig von sich, zog den Dolch und hielt ihn Feryn unter die Nase: "Du hättest mich elendig verrecken lassen.", schrie sie ihm wütend entgegen.
    Feryns Blick ging zu dem Dolch, der leicht aber unübersehbar in ihrer Hand zitterte, und zurück zu ihren Augen: "Und ich dachte du hättest es verstanden, ich brauchte den Vorsprung und du kanntest meine Prioritäten." Seine Stimme war dabei leise geblieben, und er hatte wieder dieses Lächeln um den Mund.
    Dreveni schüttelte nur stumm und fassungslos den Kopf. Wie konnte er jetzt so selbstgerecht hier stehen, und verlangen, dass sie dafür Verständnis haben sollte?
    "Wenn es nach dir gegangen wäre, wäre ich bei lebendigem Leibe in diesem Haus verbrannt, nur um eine Horde Bauern und ein paar Legionäre glauben zu lassen, sie hätten dich erwischt?"
    "Es ging nie darum, meine Haut zu retten. "
    "Aber darum geht es dir jetzt, oder?" Dreveni war in diesem Moment nicht halb so selbstsicher, wie sie es gern gewesen wäre, sie spürte ihr Herz rasen und steckte den Dolch weg, um statt dessen die Arme zu verschränken, um das Zittern ihrer Hände zu verbergen.
    Er kommentierte das ganze mit: "Du hast dich überhaupt nicht verändert. Hast du dir jemals überlegt, wie viel einfacher alles für dich gekommen wäre, hättest du mich einfach getötet?"
    Da reichte es Dreveni, sie holte mit der rechten Hand aus, ehe sie noch wirklich merkte, was sie tat, und schlug Feryn mit der Flachen Hand ins Gesicht. "Oh doch, ich habe mich verändert. Aber anstatt dich jetzt einfach zu töten, lasse ich dich lieber von den Morag Tong erwischen. Oder alternativ von der Bruderschaft, ich nehme an du weißt, was es mit dem verlassenem Haus in Cheydinhal auf sich hat? Denen ist es egal, ob du unehrenhaft aus der Gilde entlassen wurdest und von ihnen gesucht wirst, einmal Morag Tong, immer Morag Tong. Was hast du eigentlich getan?" Während sie geredet hatte, hatte sie ihn gemustert. Er sah auch fast noch genauso aus wie vor zehn Jahren, was für einen Mer auch keine Zeit ist. Ihr kam die Zeit nur so lange vor, da sie in Cyrodiil im Rhythmus der kurzlebigen Menschen lebten, die regelrecht durchs Leben hetzen mussten. Feryn verzog keine Miene, obwohl sie ihn ziemlich fest geschlagen hatte.
    "Ich brauche deine Hilfe.", sagte er nur, wobei er ihr direkt in die Augen sah. Noch war es hell genug, dass sie seine Gesichtszüge erkennen konnte. Scheiße. Dreveni wusste im Moment wirklich nicht, was sie tun sollte. Aus ihrer Sicht hatte es Feryn mehr als verdient, zu sterben, und es ärgerte sie, dass sie es wieder nicht über sich brachte, davon abgesehen dass nicht sicher war, wer gewinnen würde, würde sie sich offen mit ihm anlegen. Sie bemühte sich, Feryn nicht in die Augen zu sehen, da sie fürchtete, sich anders zu entscheiden und antwortete nur: "Vergiss es." Sie wunderte sich selbst, wie abweisend und kalt ihre Stimme klang, obwohl sie sich gar nicht so fühlte. Konnten sie nicht einfach alles vergessen, was damals gewesen war, und von vorn beginnen?
    Feryn ignorierte ihre Antwort, und sprach weiter: "Ich kann hier nicht länger bleiben, aber ich werde dir eine Nachricht zukommen lassen in den nächsten Tagen, jetzt weiß ich ja wie ich dich finden kann. Mehr kann ich dir jetzt nicht sagen, auch nicht was ich getan habe." Danach lächelte er Dreveni noch einmal an, drehte sich um und ging. Er musste sich unsichtbar gemacht haben, denn sobald er den schlammigen Boden am Ufer verlassen hatte, konnte sie ihn nicht mehr sehen. "Für wen bei allen Daedra hältst du dich eigentlich?" war alles was sie ihm noch wütend nachrief, bevor sie sich erschöpft auf einen großen Stein fallen ließ.

  3. #3

    Vvardenfell-Distrikt, Westspalte, Heerlager am Aschlandpass

    Tarrior war beinahe fünf bis sechs Stunden unterwegs, als er sich endlich dem Pass zum Aschland näherte. Inzwischen war es später Nachmittag und die Sonne war weit über den Horizont gezogen. Das Land stieg vor ihm an. Nur eine hohe Hügelkette trennte die Westspalte vom Aschland und somit vom Tod durch die daedrischen Horden. Glücklicherweise stiegen die Klippen nach oben hin steil genug an und waren mit schartigen Felsen übersät. So musste eine Armee in jedem Fall den Pass benutzen. Sollte Mar Gaan fallen, würde man die Dämonen am schmalen Durchgang vor ihm hoffentlich aufhalten können. Als er nun den ansteigenden Weg zum Pass erreicht hatte und die Umgebung zusehends öd und trostlos wirkte, sah er links der Straße ein riesiges Feldlager. Die gesamte Fläche neben der Straße war mit Zelten bedeckt. Es wirkte, als hätte man einen riesigen Baldachin über die Wiesen gespannt. Umgehend kamen einige gerüstete Männer auf ihn zu. Die Machart ihrer Knochenrüstungen wiesen sie als Soldaten des Hauses Redoran aus. „Was wollt ihr hier?“: fragte einer der Männer barsch. Da sie alle einen Vollhelm trugen, konnte er nicht verorten, von wem die Stimme kam. „Was ist dies hier?“: stellte Tarrior eine andere Frage statt zu antworten. „Dies hier ist unser Lager. Wir bewachen den Pass zum Aschland. Wenn ihr hier seid, um euch uns anzuschließen dann meldet euch bei Artem Wengert. Er ist für die Freiwilligen zuständig. Ihr findet ihn im Rüstungszelt im Zentrum des Lagers. Ansonsten verschwindet. Wir brauchen hier keine Leute, die uns die Zeit stehlen“: erklärte einer der Soldaten unfreundlich, bevor sie sich abwandten und zum Pass hinüber gingen. „Verdammtes redoranisches Pack“: zischte der Dunmer in Gedanken und ging ins Lager. Er wollte lieber nicht gleich herum erzählen, dass er nach Mar Gaan wolle, wer wusste schon, wie die Soldaten reagieren würden. War der Pass für Reisende gesperrt, und das war er mit Sicherheit, machte er sie mit so einer Bemerkung nur aufmerksam. Man würde ihn unter Beobachtung halten und ein heimliches Überwinden wäre schon schwieriger. Womöglich war es wirklich besser, wenn er sich zunächst im Lager umhörte.

    Als er sich vom Felsengrat in die klaustrophobische Enge des gewaltig ausgedehnten Heerlagers hinab begab, strömten ihm umgehend alle möglichen Leute und Rassen, angefangen bei Dunmern bis hin zu Bretonen, entgegen. Als wären Zelte und Personen nicht genug, zeigte auch der unverwechselbare Geruch nach Kot, Schweiß und Urin, dass hier viele Menschen und Mer auf engstem Raum beieinander lebten. Der Duft verstärkte die Gefühle starker Beklemmung nochmals, die Tarrior sowieso schon längst empfand. Er brauchte unbedingt etwas Orientierung und da kam ihm ein großes offenes Zelt, unter dessen Vordach eine ganze Meute auf hölzernen Banken an einfachen Tischen saß, gerade Recht. Es musste eine Art Verpflegungszelt sein, denn viele Gerüstete aßen dort zu Mittag. In dem ganzen Gedränge aus Rüstungen und einfachen oder schäbigen Kleidern stach ein Dunkelelf in scharlachroter, samtener Kleidung deutlich heraus, der scheinbar mit Adleraugen über die Essensausgabe wachte und sich immer wieder Notizen auf einem Pergament auf seinem Schoß machte. Wie Tarrior beim Näherkommen erkennen konnte, hatte er sich die feine Kleidung bereits mit mehreren größeren und kleineren Tintentropfen besprenkelt. Der Mann schien offenkundig in einer herausgehobenen Position zu sein. Wenn jemand einen Plan von diesem Chaos besaß, dann war es wohl dieser.

    Er kämpfte sich daher durch die Massen der Tischgänger, die hungrig an der Ausgabe standen und auf ihr Essen warteten oder sich bereits gesättigt nach draußen drängen wollten. Nach einigen Rempeleien, bei denen Tarrior darauf achtete, niemandem das Essen aus der Hand zu schlagen, denn dies hätte gewiss einen gewaltigen Streit bedeutet, schlüpfte er zwischen zwei letzten Dunmern hindurch und stand dem Dunkelelfen im roten Hemd nun gegenüber. Dieser war von seiner Arbeit derart gefangen, dass er den Neuankömmling gar nicht bemerkte. Erst als Tarrior noch einen Schritt vortrat und ihm somit im Licht stand, schaute der Mann auf. „Was wollt ihr? Ich habe zu tun. Geht mir bitte aus dem Licht“: fragte er leicht genervt, aber nicht unfreundlich. Er tat einen Schritt zur Seite, was der Mann als Anlass nahm, um weitere Notizen zu machen. „Ich hatte gehofft sie könnten mir weiterhelfen“: offenbarte der Krieger sein Anliegen. Zunächst schrieb sein Gegenüber für einige Augenblicke ungerührt weiter und besah noch einmal das frisch Geschriebene. Als er zufrieden schien, seufzte er und steckte die Feder zurück in ein Tintenfass, das ziemlich am Rand der Essensausgabe stand.

    „Wie kann ich ihnen dienen?“: wollte er nun wissen und sah ihn mit einem geschäftig-gehetzten Blick an. „Ich bin gerade angekommen und hoffte, dass ihr mir etwas über dieses Lager erzählen könntet“: bat der Dunmer. Der Mann legte den Kopf schief und schüttelte den Kopf. „Ich habe leider keine Zeit euch ausführliche Auskunft über diesen organisatorischen Schweinestall zu erteilen. Redet mit Autem Wengert dem Proviantmeister. Er hat bestimmt Zeit für euch. Bei dieser Gelegenheit könnt ihr das gleich für ihn mitnehmen“: lehnte er die Bitte ab und verwies an jemand anderen. Beim letzten Satz hielt er ihm das, gerade beschriebene, Pergament hin. Tarrior verdrehte die Augen. „Warum kann es nicht einmal einfach sein?“: fragte er sich in Gedanken, fragte aber laut: „Meint ihr nicht Artem Wengert?“ Der Mann musterte ihn einen kurzen Moment. „Nein das ist sein Bruder, dieser nichtsnutzige Ausrüstungswart. Gebt diese Notiz nur Autem, denn auf seinen Bruder ist kein Verlass. Es ist mein Bericht über den derzeitigen Vorratsstand hier an der Essensausgabe Eins. Er ist sehr wichtig für die Planung. Ich achte zwar wie ein Adler darauf, dass niemand mehr als zwei Kellen Salzreis und eine Kelle Fleischtunke auf den Teller bekommt, aber manchmal schafft es dann doch einer noch ein bisschen mehr zu erbetteln. Ohne Ordnung, Verwaltung und Rationierung geht hier alles vor die Hunde. Stellt euch vor, die Leute bekommen irgendwann nichts mehr zu essen. Und wenn dieser Bericht verloren geht, stehen wir hier kurz vor dem Chaos! Diesem Artem ist nicht zu trauen. Wenn ich die Essensausgabe durchführen würde, wie er seine Waffen und Rüstungen verteilt, würde jeder Soldat soviel kriegen, wie er will und morgen sind die Vorräte schon aufgebraucht. Also gebt die Liste nur an Autem, nur an Autem weiter!“: hämmerte ihm der Mann mit dem roten Hemd als Antwort ein.

    Tarrior konnte sich die Probleme bei der Organisation und Versorgung dieser, scheinbar bunt zusammen gewürfelten, Armee gut vorstellen, doch fand er es übertrieben, bei ein bisschen mehr Fleisch auf dem Teller gleich von Ansätzen von Chaos zu sprechen. Vermutlich war die Gemütslage im Lager wegen der latenten Bedrohung angespannt und gereizt und vermutlich konnte dieser Mann den Rüstungswart nicht leiden. Er zuckte innerlich mit den Schultern und nahm die Papiere entgegen. „Ich bringe es hin“: versicherte Tarrior und wollte sich zum Gehen wenden. „Nur an Autem. Vergesst das nicht! Nur an Autem!“: rief der Beamte ihm hinterher. Der Dunmer hob nur lustlos die Hand zum Abschied, ohne sich noch einmal umzudrehen und ging einfach weg. Er ließ das Verpflegungszelt hinter sich und tauchte aus der Beengtheit der Essensausgabe wieder in das Gewusel des Lagers ein und musste schnell zur Seite springen. Eine voll gerüstete Gruppe von Legionären marschierte gerade in einer Kolonne zwischen den Zelten hindurch und beanspruchte sämtlichen Platz für sich. Er sah den Männern einen Moment nach. In der Truppe dominierten neben Kaiserlichen vor allem Dunmer und versuchten sich mit ihren Turmschilden nicht in die Quere zu kommen. Tarrior schüttelte den Kopf. Wenn erst einmal die Xivilai aus den Daedra-Horden hervorbrächen, dann würde jede Formation von ihnen gesprengt. Er wusste noch von seinem damaligen Auftrag in den Ebenen von Oblivion um die gewaltige Kraft dieser Kreaturen. Sie konnten einen schweren Kriegshammer oder eine Kriegsaxt und wahrscheinlich auch einen Zweihänder ganz bequem mit einer Hand halten und schwingen. Träfe ein solcher Schlag einen Schildwall würden die Legionäre gewiss von den Füßen gefegt. Tarrior schätzte die fortschrittliche kaiserliche Disziplin, Formation und Taktik, doch in diesem Fall halfen sie wenig, denn die meisten Daedra kämpften wie Bestien und nicht wie Menschen und dies mit weit übermenschlichen Kräften.

    Er versuchte sich vorzustellen, wie sich einer dieser Legionäre gegen einen Daedroth schlagen würde. Das krokodilähnliche Monstrum würde mit seinen scharfen Klauen diese Schilde im Handumdrehen zerreißen und dann damit beginnen das empfindliche Fleisch der Soldaten aus den Rüstungen zu schälen oder ihnen mit den messerscharfen Zähnen den Kopf abzubeißen. Er schüttelte den Kopf. Solange sie kämpften, würden die Daedra weder Balmora oder Caldera noch seine Plantage angreifen können, daher war er dankbar für ihr Opfer. Inzwischen bogen die Soldaten um ein Zelt herum und verschwanden aus seinem Sichtfeld. Er bewegte sich nun wieder freier durch das Lager. Die Gerüsteten hatte eine Gasse in der sonst durchwuselten Menge freigelegt, die er jetzt benutzte, bevor sie sich erneut mit Leuten füllte.

    Das scharlachrote Rüstungszelt erkannte er schon auf Entfernung an seiner Höhe und der weiten Ausdehnung. Im Näherkommen sah er, dass man es zusätzlich noch mit einem einfachen Zaun umgeben hatte. Wachen des Hauses Redoran sowie des Hauses Hlaalu und Legionäre patrouillierten abwechselnd um das Zelt herum und stellten fast schon symbolisch die hier handelnde Verteidigungskoalition dar. Er trat an den Zaun heran und wurde von einem Kaiserlichen in Legionsrüstung aufgehalten. „Wo möchtet ihr hin?“: fragte er kurz. „Zu Autem Wengert dem Proviantmeister und danach zu seinem Bruder Artem dem Rüstwart“: gab er an. Der Mann nickte. „Geht ins Zelt hinein. Im linken Flügel findet ihr den Proviantmeister. Seinen Bruder findet ihr im rechten Flügel. Der Zutritt zum inneren Zelt ist untersagt“: ließ er ihn passieren. Die Sicherheitsvorkehrungen waren verständlich, denn schließlich sollte sich nicht jeder an den Waffen und Vorräten frei bedienen. Außerdem liefen sie in diesem Lager Gefahr Opfer von feindlichen Sabotageakten zu werden. Noch immer konnte die Mythische Morgenröte mit ihren Agenten überall lauern. Tarrior schob sich an dem Wächter vorbei, passierte den kleinen Grünstreifen um das Zelt herum und trat dann ein. Der erste Innenraum des Zeltes war mehr eine Art Gang von dem, durch Planen abgetrennt, drei Durchgänge abgingen. Je einer auf beiden Seiten und dann noch einer direkt gerade aus. Zunächst wählte er den linken Durchgang, denn hier sollte er ja den Bericht abgeben.

    Nach dem eher schmalen Gang bot das Proviantlager einen ziemlich imposanten Anblick und verdeutlichte noch einmal die enorme Größe des Zeltes. Allein der linke Flügel dehnte sich über etliche Meter aus und bot dank hoher Holzmasten auch eine Menge Raum nach oben. Die Sonne schien nur in winzigen Pünktchen durch das karmesinrote Gewebe, dass durch das Licht im Innern einen deutlich helleren Farbton hatte. Da es jedoch recht dunkel war, erhellten einige Öllampen das Lager. Über und Über stapelten sich neben Körben, Transporturnen und Kisten mit Lebensmitteln auch ganz praktische Dinge wie Werkzeug, Zeltplanen, Alchemistische Gerätschaften und Medikamente. In der Luft lag ein starker Geruch nach Salz, der von einigen offenen Fässern herrührte, in denen vermutlich Fisch und Fleisch zum pökeln eingelegt war. In dem ganzen Durcheinander, das, sofern es überhaupt einer Ordnung folgte, nach einem System angeordnet war, das Tarrior nicht durchschaute, bemerkte er den kleinen rundlichen Mann gar nicht, der zwischen Kisten an einem Tisch über einem Wust von Papieren brütete. Dieser bemerkte den Eindringling in seinem Reich der Vorräte hingegen sofort. „Was wünscht ihr?“: schallte es mit einer kräftigen Stimme, die nur von einem Nord stammen konnte, durch das Zelt. Jetzt bemerkte auch Tarrior den vermeintlichen Proviantmeister.

    „Ich bin Tarrior Gildres. Ich wurde in einem der Speisezelte von einem Verwalter gebeten einen Bericht zu euch zu bringen“: erklärte der Dunmer sein Begehr. Der Vorratshüter erhob sich und kam mit langsamen Schritten auf ihn zu. Eine dicke Holzkeule mit einem martialischen Dorn an der Spitze baumelte an dessen Gürtel. „Dann übergebt ihn mir“: forderte ihn der Mann auf, als er direkt vor ihm stand. Tarrior konnte ihm auf den Kopf spucken, wenn er gewollt hätte. Für einen Nord war er ziemlich klein gewachsen. Er übergab die Papiere. Der Proviantmeister faltete sie auf und überflog sie rasch. „Die Rationen müssen deutlich verkleinert werden. Die Leute essen noch zu viel und das obwohl wir hier nur sitzen und ausharren. Das Versorgungsvolumen ist zu hoch“: sprach er mit sich selbst und nahm Tarrior Anwesenheit erst wieder zur Erkenntnis, als er sich endlich vom Bericht löste. „Ist noch etwas?“: fragte er und zerstörte damit die Erwartung des Dunmers auf eine etwaige Entschädigung oder zumindest ein Dankeschön. Nicht das er letzteres unbedingt nötig hatte, aber schließlich wäre eine kleine Anerkenntnis dieses zusätzlichen Aufwandes in seinen Augen nicht verkehrt gewesen. Er schüttelte als Antwort auf die Frage nur den Kopf und wandte sich dann um. Er verließ gerade den linken Flügel, da saß der Nord schon wieder über seinen Unterlagen. Er wandte sich dann als nächstes zum rechten Flügel hin. die beste Chance irgendwie in das Sperrgebiet zu gelangen, sah er mittlerweile darin, sich unter die Freiwilligen zu mischen. Sicherlich gab es irgendwelche Transporte zum belagerten Mar Gaan. Irgendwer würde sie übernehmen müssen. Wenn er es schaffte an einer der Versorgungslieferungen teilzunehmen, dann hatte er den schwierigsten Teil der Reise hinter sich.

  4. #4

    Cheydinhal -> Bravil -> Cheydinhal

    Nach etwa einer halben Stunde ging sie langsam und wie in Trance zurück zum Haus. Erst als sie im Badezimmer vor dem großen Spiegel stand und ihren verbitterten Gesichtsausdruck betrachtete, fiel ihr auf, was sie für ein Glück gehabt hatte, nicht überfallen worden zu sein. Dieses mal hätte sie es erst gemerkt, wenn es zu spät gewesen wäre. Und jetzt konnte sie wieder weiter nichts tun, als zu warten. "Du musst wirklich unglaublich dumm sein.", sagte sie leise zu ihrem Spiegelbild. Sie wusste, dass sie die Sache am besten beenden sollte, wenn sie jemals frei von ihm sein wollte. Sie hatte sich das ganze ohnehin selbst zuzuschreiben, wäre sie damals nicht so weich gewesen wäre Feryn schon längst Geschichte.
    Sie überlegte kurz, ob sie vielleicht doch mit Mordan reden sollte, entschied sich dann aber dagegen. Auch wenn sie ihm vertraute, diskutierte sie ungern solche Probleme mit anderen sondern machte es lieber mit sich allein aus. Außerdem hätte er ihr ohne zweifel angeboten, sich um Feryn zu kümmern, und das wollte sie nicht. Wenn dann muss ich es selbst tun. Es war nicht so dass sie es wollte, aber sie wusste welchen gefährlichen Einfluss er auf sie haben konnte. Jeden anderen ihrer "Freunde" hätte sie ebenfalls ohne mit der Wimper zu zucken umgebracht nach einem derartigem Verrat, ob das jetzt der Kaiserliche aus Skingrad oder S'Dar war. Und bei Feryn sollte es einfach werden, er schien ihr immer noch zu vertrauen, oder eher noch zu denken sie wäre ihm noch genauso hörig wie vor zehn Jahren. Womit er nicht unrecht hat, oder Dreveni?

    Den Rest des Abends verbrachte sie auf ihrem Zimmer, ohne Mordan über den Weg zu laufen. Leider musste sie in der Nähe des Hauses oder zumindest Cheydinhals sein, wenn sie Feryns Spur nicht verlieren wollte. Er würde ihr zweifellos hier irgendwo eine Nachricht hinterlassen.
    Sie musste nicht lange warten, am Abend des übernächsten Tages stand der Argonier wieder vor ihrer Tür. Nachdem sie dem Argonier ein paar Münzen in die Hand gedrückt hatte und ihm mit einem Giftigem Blick bedacht hatte, nahm sie den Brief ohne ein Wort von ihm und ging nach draußen. Ihr war egal ob der Argonier etwas für ihre schlechte Laune konnte, immerhin überbrachte er nur die Nachricht, aber nachdem der wahre Grund gerade nicht greifbar war, mussten es eben andere ausbaden. Es war noch hell genug, um den Brief zu lesen. Feryn war auf dem Weg nach Bravil, und er wollte sie kurz außerhalb der Stadt treffen. Wunderbar, Bravil...

    Als sie wieder ins Haus ging, erntete sie von Mordan nur einen erstaunten Blick. Sie wunderte sich nicht weiter, sie gab sich immerhin keine Mühe, ihre Laune vor irgendjemandem zu verbergen. Er tat ihr fast etwas leid, aber sie würde Mordan alles erklären, wenn sie die Sache ein für alle mal geklärt hatte. Sie hoffte nur ernsthaft, dass sie noch so entschlossen sein würde, wenn sie Feryn wieder gegenüberstand. In ihrem Zimmer zog sie sich um, hier im Haus hatte sie ein Kleid getragen, das war zu unpraktisch für den langen Ritt nach Bravil. Sie kleidete sich in den Overall, zog noch eine Tunika darüber da es nachts relativ kühl wurde, und hängte ihren Mantel über. In einen großen Beutel packte sie ein paar Sachen die ihr nützlich sein konnten, dazu ein paar kleine Glasfläschchen mit Gift sowie ein paar Septime. Als sie die Treppe runterging, lief sie direkt Mordan in die Arme, der sie in ihrem Zimmer anscheinend räumen gehört hatte.
    "Ich muss etwas erledigen.", antwortete sie nur fahrig auf die unausgesprochene Frage in seinem Gesicht.

    Im Stall sattelte sie ihr Pferd, befestigte Bogen und Langschwert am Sattel und machte sich auf nach Bravil. Inzwischen war es fast dunkel geworden, aber das war ihr egal. Sie ritt bis zum nächsten Morgen, als sie von Banditen überfallen wurde. Sie hatte die Brücke südlich der Kaiserstadt noch nicht ganz erreicht, als sie zufällig aus dem Augenwinkel den Bogenschützen im Gebüsch sitzen sah. Das reflektieren seiner leichten Kettenrüstung hatte ihn Verraten.
    Nach einem gut gezieltem Feuerball noch vom Pferd aus rührte er sich nicht mehr. Vielleicht war es ein Nord gewesen, dann konnte er tatsächlich schon tot sein. Der zweite stand inzwischen herausfordernd mit einem Langschwert aus Feinstahl auf der Straße. Dreveni stieg vom Pferd und zog dabei ebenfalls ihr Langschwert aus der Befestigung am Sattel. Vermutlich hatte der Bandit es bis jetzt nicht gesehen, denn auf einmal machte sich ein erstaunter Ausdruck auf seinem Gesicht breit. Nichts desto trotz hob er entschlossen das Schwert und stürmte auf Dreveni zu. Die Dunmer sprach schnell einen Schildzauber, hob ebenfalls ihr Schwert, da hatte der Bandit - vermutlich ein Bretone - sie schon erreicht. Krachend schlug seine Klinge auf die ihre, als sie seinen Schlag blockte. Der gebrochene Arm war anscheinend schon wieder verheilt, jedenfalls registrierte sie nur kurz, dass sie keinen Schmerz in ihrem Arm spürte. Ihr Gegner war gut, aber Dreveni wurde außerdem noch von der Wut auf Feryn und auf die gesamte Situation angetrieben. Nach einem kurzen Schlagabtausch hatte sie ihm das Schwert aus der Hand geschlagen, und bevor der Bretone noch richtig wusste, wie ihm geschah, hatte sie ihm das Schwert durch die Brust gestoßen. Die alte Lederrüstung hatte ihr nicht viel widerstand geboten, und er sah ihr noch einen Moment erschrocken in die Augen, bis er sie nach oben verdrehte und röchelnd zu Boden sank, als Dreveni ihr Schwert zurückzog.
    Eigentlich war das ja nicht unbedingt ihr Stil, überlegte sie sich, als sie ihr Schwert am Umhang des toten Banditen säuberte. Es reichte ihr normalerweise, wenn sie solches Gesindel in die Flucht schlagen konnte, aber die beiden waren ihre jetzt gerade Recht gekommen. "Verflucht." Es wurde wirklich zeit etwas zu unternehmen, bevor sie den letzten Rest ihrer Beherrschung verlor. Sie durchsuchte kurz die beiden Leichen, konnte aber nichts wirklich nützliches finden, außer ein paar Septimen. Pferde konnte sie in der Nähe auch keine sehen. Sie ritt noch weiter über die Brücke und rastete gegen Nachmittag ein paar Stunden.

    Lange nach Mitternacht erreichte sie schließlich Bravil. Im Silberheim am Wasser nahm sie sich ein Zimmer und versuchte etwas Schlaf nachzuholen, Müdigkeit schadete nur ihrer Konzentration, und um die stand es zur Zeit eh nicht zum besten. Als sie nach ein paar Stunden immer noch müde erwachte, war es gerade Nachmittag. Sie wollte noch warten bis es dunkel wurde, bevor sie die Stadt verlassen würde. Sorgfältig präparierte sie den Dolch und ihr Stilett mit Gift, danach versuchte sie sich auf ein Buch zu konzentrieren, dass sie mitgenommen hatte. Es handelte von der Geschichte Morrowinds, aber sie nahm die Sätze kaum auf, die sie las. Dass Dreveni öfter ein Buch dabei hatte, war von einigen ihrer Kollegen schon belächelt worden, aber es ließ sich nicht immer vermeiden, auch mal ein paar Tage warten zu müssen. Und immerhin konnte sie sehr gut lesen, Mordan hatte neben dem Training mit Waffen auch auf Bildung bestanden. Damals hatte sie das gelangweilt, inzwischen war sie ihm dankbar dafür.

    Als es dämmerte verließ sie die Herberge, nur mit dem Dolch am Gürtel und das Stilett unter dem Ärmel ihrer Tunika verborgen. Sie hängte sich den Umhang um, zog die Kapuze tief in die Stirn und wich kurz nach der Brücke zum Stadttor vom Weg ab und ging in den Wald. Kurz hinter der Ayleidenruine Anutwyll wollte sich Feryn mit ihr treffen. Dieses mal war sie vorsichtiger unterwegs, allerdings konnte sie sich nicht unbemerkt anschleichen, wollte sie ihn nicht misstrauisch machen. Mit ihrer Entschlossenheit war es inzwischen auch nicht mehr weit her, als sie hinter sich ein leises knacken hörte. Hätte sie nicht damit gerechnet, wäre es ihr nicht weiter aufgefallen. Schwungvoll drehte sie sich um, und Feryn stand hinter ihr. Noch bevor er ein Wort sagen konnte, war sie es, die ihm dieses Mal um den Hals fiel. "Du hast mir gefehlt", hauchte sie ihm ins Ohr, bevor sie ihn wieder losließ und einen Schritt zurück ging. Der kurze Ausdruck von Erstaunen in seinem Gesicht wandelte sich wieder in seine übliche selbstsichere Überheblichkeit.
    "Es freut mich dass du dich anscheinend auch wieder an die guten Dinge erinnert hast damals, wenn du jetzt gekommen bist.", sagte er leise mit einem lächeln. "Ich dachte schon du hattest vergessen, wie ähnlich wir uns sind.", fuhr er fort, während er er jetzt einen Schritt auf sie zutat und seine Hände auf ihre Schultern legte. In diesem Moment sah Dreveni die ganze Sache so klar wie niemals zuvor. Er hatte sie nicht angelogen, er hatte sie geliebt und tat es vermutlich immer noch, auf seine eigene kranke Weise, genauso wie sie ihn. Und er hatte Recht damit, wie ähnlich sie sich waren. Sie hatte nie einen Mer wie ihn getroffen. Mordan stand sie natürlich auch Nahe, aber er war ganz anderes als Dreveni selbst. Es war faszinierend gewesen, in Feryn jemanden zu treffen, den sie nur anzusehen musste, um zu wissen, was er dachte, und genauso selbst ohne Worte verstanden zu werden. Er hatte sie damals nicht reingelegt - sie hatte sich nur geweigert, es zu sehen. Und genau dass ist der Grund, warum das hier nicht gut enden kann, dachte sie sich bitter.
    "Ja, da hast du recht.", sagte sie schließlich, und legte ihre Arme wieder um seinen Hals. Ein Teil von ihr schien die ganze Szene von außen zu beobachten, und konnte kaum glauben, dass sie Feryn so leicht hereinlegen konnte, als sie sich küssten und Dreveni vorsichtig das Stilett unter ihrem Ärmel hervorzog. Aber genau das war der Punkt. Vertraue keinem Feryn, warum musst du meinen Fehler von früher jetzt wiederholen? Sie umfasste den Griff der Waffe mit der rechten Hand, zögerte einen Sekundenbruchteil, bevor sie ihm in den Rücken stach, dort wo in etwa sein Herz war. Er sah sie nur absolut überrascht an, bevor er zu Boden sank. Nachdem er ein ganzes Stück größer war als Dreveni, konnte sie ihn nicht wirklich halten. Sie sah ihm noch einen Moment in die Augen, und er versuchte, etwas zu sagen, brachte aber keinen Ton heraus. Dann wurden seine Augen starr und sein Kopf sank nach hinten. Mit verschlossenem Gesicht sah sie ihn an, das Blut lief an seinem Rücken über ihre Hand die immer noch das Stilett hielt. Im Grunde war Feryn in dem ganzen Drama genauso gefangen gewesen wie sie, und vermutlich wäre sie selbst an der Reihe gewesen früher oder später. Trotzdem konnte sie keine Erleichterung empfinden, als sie die Waffe aus Feryns Rücken zog und ihn vorsichtig auf den Waldboden legte. Irgendwie fühlte sie gar nichts, außer einem leisen Schmerz irgendwo ganz tief in ihrem Herzen.

    Sie hoffte ernsthaft, dass er dort blieb, und nicht größer wurde, als sie leise zurück ging und ein gutes Stück vor den Stadttoren zum Ufer des Niben hinabstieg um das Blut von ihren Händen zu waschen. Danach setzte sie sich auf einen größeren Stein und sah zu den zwei Monden. Inzwischen fühlte sie sich ausgesprochen schlecht, auf eine Weise, die sie kaum richtig einordnen konnte. Sie hatte nie jemanden verloren, der ihr nahe gestanden hatte, denn so etwas gab es einfach nicht. Außer Mordan fiel ihr niemand ein, das brachte ihre Art zu leben einfach mit sich. Natürlich gab es alte Freunde von Mordan, die sie auch lange kannte, aber das war eine komplett andere Ebene. Wer wert auf zwischenmenschliche Beziehungen legte, war als Assassine definitiv falsch dran. Seufzend erhob sie sich und ging zurück zum Tor. Es war noch vor Mitternacht, also nicht besonders auffällig, wenn sie jetzt zurückkam. Die Leiche würde auch keinen großen Verdacht erwecken, wenn man sie überhaupt fand. Erstens kannte Feryn hier keiner, zweitens würde man denken, es war irgendetwas aus der Ayleidenruine gewesen. Dreveni wusste zwar nicht, was in dieser lebte, aber irgendwas lebte immer in diesen Dingern. Deswegen konnte Dreveni sie auch nicht ausstehen. Anstandslos wurde sie durch die kleine Tür neben dem Stadttor gelassen, und in der Herberge angekommen ließ sie sich kraftlos auf das Bett fallen. Sie hatte sie noch nie so alt, leer und einfach nur müde gefühlt. Sie konnte tatsächlich etwas schlafen, und am nächsten Vormittag brach sie nach einem kurzen Frühstück auf und ritt wieder Richtung Cheydinhal, auch wenn sie dort schon genug Zeit verbracht hatte die letzten Wochen. Sie wusste nicht, wohin sonst.


    Die Geschichte wird im Gruppenthread "Schildstadt" fortgesetzt.
    Geändert von KingPaddy (06.07.2011 um 01:43 Uhr)

  5. #5

    Westspalte, Heerlager am Aschlandpass, Rüstungszelt

    Da der Bericht abgegeben war, wandte sich Tarrior nun der rechten Seite des großen Zeltes zu. Die Freiwilligen sollten sich bei dem anderen Bruder melden. Der Dunmer hoffte, dass dieser zugänglicher als der Proviantmeister war. Er schlug die Durchgangsplane zur Seite und trat dann in ein großes Waffenlager ein. Jeder Meter war zugestellt mit Waffenregalen, Schilden oder aufgeschichteten Haufen mit Pfeilen. Scheinbar waren keine Kosten und Mühen gescheut worden, um die zusammengewürfelte Armee dort draußen mit Waffen zu versorgen. Es schien wirklich, als rüsteten sie für eine Belagerung durch die Daedra. Die Frage war bloß, ob die Waffen überhaupt zum Einsatz kämen, bevor die Dämonen die Verteidigung des Passes überwanden. Sowie er in Ebenherz gehört hatte, war Ald’rhun recht schnell gefallen. Dort kamen die Feinde aus dem Innern der Stadt. Das Lager war sogar noch anfälliger. Würde sich innerhalb der Zeltstadt ein Oblivon-Tor öffnen, dann stünde gleich alles in Flammen und die Gegner hätten es einfach den Verteidigern in den Rücken zu fallen. Gar nicht zu reden von den Opfern, die sich gleich bei ihrer Ankunft fordern würden. Verwundete und Zivilisten, wie zum Beispiel den Proviantmeister. Aber an sich war die Ausrüstung von relativ guter Qualität. Die meisten Waffen bestanden aus Stahl. Nur Bögen und Pfeile waren aus einfacheren Materialien wie Eisen oder dem traditionellen Chitin. Nur Armbrüste suchte er in den Regalen vergeblich. Scheinbar kam diese Waffe aus der Mode. Er zuckte mit den Schultern. Er mochte sie noch nie. Sie war zwar durchschlagskräftig brauchte aber lange zum Nachladen und Nachspannen. In der nötigen Zeit konnte ein Daedroth heran kommen und den Schützen in Stücke reißen, noch bevor der überhaupt einen neuen Bolzen eingelegt hatte. Tarrior schritt durch die Regalreihen. Wie auch seinen Bruder musste Tarrior Artem zwischen dem ganzen Material erst einmal finden und traf den Nord schließlich über ein Waffenregal gebeugt an. Er war das komplette Gegenteil seines Bruders – schlank, muskulös und hochgewachsen. Ein Prachtexemplar seiner Rasse. Mit seinen kräftigen, prankengleichen Händen langte er nach einer stählernen Kriegsaxt und zog sie zu sich hoch. Mit prüfendem Blick schaute er sich die Schneide an und zog den Daumen über die Klinge. Er hinterließ einen leichten Blutfilm, den Artem mit einem Tuch aus seiner Hosentasche abwischte. Dann stellte er die Axt mit einem zufriedenen Lächeln zurück. „Typisch Nord. Sie sind total vernarrt in ihre Waffen“: befand Tarrior und ging zum Waffenmeister hinüber. Vielleicht geriet er endlich an jemanden, der nicht zu beschäftigt war, mit ihm zu sprechen.

    „Wer seid ihr?“: fragte der Nord, als sich der Dunmer näherte. „Mein Name ist Tarrior Gildres. Man sagte mir, ihr wäret für die Freiwilligen zuständig“: stellte er sich vor. Artem deutete mit einem Seitenzeig auf ein paar Stühle, die zwischen dem ganzen Arsenal regelrecht verloren wirkten. Zusammen gingen sie hinüber und setzten sich hin. „Ihr interessiert euch also für einen Beitritt in unsere Wacharmee?“: fragte der Waffenmeister. „Ich wollte erst einmal ganz generell Informationen einholen. Die Leute hier sind so beschäftigt. Man hat mich da an euch verwiesen“: stellte Tarrior klar. Der Nord seufzte und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. „Scheinbar hält man mich für einen Auskunftsbeamten. Verflucht noch eins. Ich bin hier der Waffenmeister und nicht irgendeiner dieser Paragraphenreiter, die hier die Vorräte überwachen. Ich bin für die Aufnahme der Freiwilligen zuständig, weil ich ihnen ihre Erstausstattung an Waffen und einfacher Rüstung gebe. Das heißt noch lange nicht, dass ich hier auch für jeden eine Einführung geben muss“: beschwerte er sich. „Aber…“: wollte der Dunmer daraufhin entgegnen, doch der Nord unterbrach ihn. „Lasst gut sein. Ich werde euch etwas über das Lager hier erzählen. Wir sind das Bollwerk der Westspalte. Derzeit belagern die Daedra noch immer die Stadt Mar Gaan. Wenn ihre Truppen dort durchbrechen, werden sie West-Vvardenfell als neues Ziel anvisieren. Während sich die Redoraner mit ihrer Exil-Regierung und einem Großteil ihrer Truppen im Norden verschanzt haben und sich auf die mögliche Invasion durch die Nord von Solstheim vorbereiten, sollen wir hier den Sturm abfangen, den diesen Dämonen über uns hereinbrechen lassen wollen. Zu diesem Zweck versammeln wir hier Legionäre, Kampftruppen von Haus Hlaalu und Haus Redoran, der Kriegergilde, der Magiergilde, Ritterschaften, anderer Organisationen und natürlich ein Heer von Freiwilligen. Ein reines Chaos. Jede der beteiligten Organisationen hat natürlich eine eigene Führung, eine eigene Organisation und eigene Offiziere und nicht selten auch andere Prioritäten. Die Einen wollen einen Erstschlag gegen die Daedra führen, während die Anderen lieber ausharren wollen, um den Angriff abzuwarten, diesen abzuschlagen und dann die feindlichen Verbände aufzurollen. Wiederum Andere wollen einfach nur ausharren und den Status Quo erhalten, bis irgendwer, irgendwo eine Lösung für die Krise findet. Stellt euch das Durcheinander vor, als hier Massen von Freiwilligen aufliefen. Es gab keine Führung, keine Organisation und ständigen Streit. Das war noch vor nicht allzu langer Zeit so. Der Herzog gab dann die Order aus den ganzen Freiwilligen eine Armee zu formen. Den Oberbefehl über die Freiwilligen und die anderen hier stationierten Akteure wurde einem Generalsrat der Häuser Hlaalu und Redoran übertragen. Er sitzt in der Festung Andasreth ein Stück weiter westlich in dem aschegefüllten Talbecken, genauso wie das redoranische Oberkommando. Gnisis hat ihnen scheinbar als Sitz nicht zugesagt. Wie dem auch sei. Seit dem Aufbaubefehl hat sich die Lage hier im Lager deutlich normalisiert. Die Häuser und das Kaiserreich haben sich mit großen Materialspenden eingesetzt. All diese Waffen sollen alsbald gegen die Daedra eingesetzt werden. Woran es aber mangelt sind Nahrungsmittel. Natürlich ist die Versorgung ausreichend, aber nicht gerade üppig. Im Moment werden wir hier ausharren und den Pass halten“: klärte der Waffenmeister ihn auf.

    „Was wird die Vorgehensweise für die Zukunft sein?“: fragte Tarrior. Möglicherweise wurde bereits an einem Angriffsplan gearbeitet. Ein Vorstoß nach Mar Gaan käme ihm nämlich sehr gelegen. „Wie gesagt, wir harren aus. Wenn ich mehr wüsste, wäre ich nicht hier. Taktische Entscheidungen treffen die Generäle und ich habe ja bereits erwähnt, dass in diesem Mischmasch an Organisationen hier vor Ort keine einheitliche Meinung über das Vorgehen herrscht. Haus Hlaalu will vor allem auf Sicherheit setzen und das Risiko eines eigenen Vorstoßes vermeiden. Die eigenen Gebiete sollen nicht in Gefahr geraten. Das Haus Redoran hat unter der daedrischen Invasion besonders gelitten und will natürlich nicht nur Ald’rhun zurückgewinnen, sondern die Invasoren auch schnell aus ihrem Land jagen. Da die Redoraner die Hauptlast dieses Krieges tragen, sie sind mit den meisten eigenen Verbänden beteiligt und stellen den Großteil der Kriegswappenträger, wiegen ihre Stimmen bei den Entscheidungen natürlich schwerer. Die Möglichkeiten eines Angriffs werden, soweit ich bei Gesprächen der Offiziere vor Ort gehört habe, noch sorgfältig abgewogen. Schließlich will auch die redoranische Führung keine Katastrophe und Eskalation riskieren. Das Meiste ist aber Hörensagen. Ich glaube wir werden hier noch eine ganze Weile aushalten“: berichtete Artem Wengert.

    „Was wäre denn die befürchtete Katastrophe?“: fragte Tarrior. „Nunja wenn sich die Führung für einen direkten Angriff auf die feindlichen Linien entscheiden würde, um den Belagerungsring um Mar Gaan aufzubrechen, könnte es passieren, dass die Daedra mittels ihrer Tore schnelle Verstärkung heranziehen und den Truppen in den Rücken fallen. Gleiches könnte auch bei einem Befreiungsversuch für Ald’rhun geschehen. Wenn man die Besatzer nicht schnell genug hinaustreiben kann, könnte es passieren, dass das Heer eingekesselt wird. Der schlimmste Fall wäre die weitläufige Vernichtung der Verteidigungskräfte und die Daedra hätten ungehinderten Zugang zur Westspalte. Ich war mal in der Legion und kann das Verteidigungspotenzial der Region hier einschätzen. Caldera würde einem konzentrierten Angriff keinen Tag standhalten. Die Angreifer könnten erst vor Balmora und Gnisis aufgehalten werden. Ich sage ihnen was: Ich bin zwar auch eher zupackender Natur und würde normalerweise auch lieber früh als zu spät selbst angreifen, doch es steht hier viel auf dem Spiel. Ich würde hier auch eher die Stellung halten wollen“: erläuterte der Nord die Unwägbarkeiten eines Angriffs auf den Feind. „Wollt ihr euch nun den Freiwilligen anschließen?“: wollte der Waffenmeister wissen und schob ihm ein Pergament mit einer Liste hinüber, auf der er sich nur noch eintragen brauchte. „Bevor ich mich einschreibe, habe ich noch eine Frage“: hielt der Dunmer ihn noch hin. Der Mann seufzte wieder und zeigte ihm mit einem Handzeichen, das er sie stellen solle.

    „Wie wird eigentlich das belagerte Mar Gaan versorgt? Der Pass ist ja gesperrt und durch den Belagerungsring dürfte man ja wohl auch nur schlecht hindurch kommen“: stellte Tarrior die wichtigste Frage des Gespräches, denn davon hing der weitere Weg ab. Artem zog die Augenbrauen hoch und fragte sich scheinbar, warum sein Gegenüber das wissen wollte und seufzte nochmals. „Natürlich kann zu Land keine Versorgung der Stadt stattfinden. Diese Dämonen würden uns ja sofort in Stücke reißen. Die Priester des Tribunals und Gildenmagier aus Vivec haben eine magische Teleportverbindung nach Mar Gaan eingerichtet, über die die Stadt versorgt werden kann. Wegen den vielen Oblivion-Toren ist die Stabilität dieser Verbindung nur sehr schlecht, deshalb beschränkt man sich auf eine große Lieferung pro Woche, manchmal funktioniert der Übergang auch nur alle zwei oder drei Wochen. Da wurde die Versorgungslage in der belagerten Stadt schon einmal knapp“: beantwortete er die Frage. „Dann sorgt also die Magiergilde für die Versorgung?“: wollte Tarrior es noch etwas genauer wissen. „Das ist aber mehr als nur noch eine Frage“: wies Artem ihn auf diese Tatsache hin, doch Tarrior antwortete nicht, sondern harrte selbst einer Auskunft. Ein weiterer langgezogener und diesmal genervter Seufzer entrang sich dem Nord, bevor er auch diese Frage beantwortete: „Nicht direkt. Wie gesagt, die Verbindung ist nicht sonderlich stabil. Es kam schon vor, dass der Konvoi außerhalb der Stadt landete und sich den Rest des Weges freikämpfen musste. Aus diesem Grund wurde einer Gruppe von Fanatikern die Verantwortung für die Versorgung übertragen. Diese Typen wollen sowieso lieber heute als morgen den Daedra mit ihrer Magie einheizen. Da hat man sich entschieden, auch um Konflikten vorzubeugen, diese Leute einzusetzen. Ihr Verlust erscheint aufgrund ihres Fanatismus akzeptabel zu sein. Da es sich dabei um Mitglieder der Magiergilde handelt, habt ihr nicht ganz unrecht.“ Tarrior kam bei diesen Worten ein schrecklicher Verdacht.

    „Es werden doch wohl nicht etwa diese Typen sein“: fürchtete er in Gedanken. „Nennen sich diese Fanatiker Liga der magischen Gewalt?“: fragte der Dunmer um sich Gewissheit zu verschaffen. Als würde es ein Gott mal wieder schlecht mit ihm meinen, bestätigte Artem diese Frage mit einem knappen: „Ja das sind sie.“ Diesmal musste Tarrior seufzen und stützte sich mit dem Ellbogen auf dem Tisch ab, der neben den Stühlen stand. „Ich nehme an diese Magier schicken nur ihre eigenen Leute mit den Konvois mit“: vermutete er laut. „Ja sie wittern das Wirken der Mythischen Morgenröte überall im Lager und vertrauen sich nur gegenseitig. Das ist Schwachsinn, wenn ihr mich fragt. Sie denken wegen der langen Zugehörigkeit zur Gilde wären ihre Mitglieder über jeden Zweifel erhaben, aber die könnten genauso gut schon lange oder erst seit kurzem mit den Zielen dieses Kultes sympathisieren. Einen Außenstehenden würden die nie mitkommen lassen. Außerdem, wenn man kein Magier ist, hat man sowieso keine Chance“: bestätigte sein Gegenüber auch diese Befürchtung. „Habt dank für eure Geduld“: bedankte sich Tarrior und machte Anstalten aufzustehen. „Ich dachte ihr wolltet euch freiwillig für das Heer melden?“: war der Waffenmeister fassungslos. Tarrior lächelte kühl und sagte: „Ich sagte ich würde mich einschreiben. Das bedeutet natürlich nicht, dass ich das bei euch tue. Es scheint als wäre mir eine andere Organisation bei meinen Zielen dienlicher.“ Artem Wengert stand sprachlos inmitten seiner vielen Waffen und schaute erstaunt dem Dunmer nach, der nun das Zelt verließ. „Was für eine Unverschämtheit“: dachte er sich noch, doch das bekam Tarrior nicht mit.

  6. #6

    Westspalte, Heerlager am Aschlandpass, Rüstungszelt

    Erst nachdem Tarrior wieder in dem Durchgang stand, wurde ihm bewusst, dass er noch eine ganz entscheidende Frage vergessen hatte. Er fasste sich an die Stirn. „Natürlich müsste ich auch noch wissen, wo diese Fanatiker ihr Quartier haben“: schüttelte er über sich selbst den Kopf. Vermutlich hatte ihn die Tatsache, überhaupt mit diesen Leuten zusammenzuarbeiten, so geschockt, dass er diese wichtige Richtungsfrage einfach verdrängt hatte. Die Sache war auch alles andere als angenehm. Um sein Ziel zu erreichen, musste er nun mit diesen Leuten zusammenarbeiten, die er in Caldera noch belächelt und dessen Banner er abgebrannt hatte. Für ihn war es unverständlich, dass man so jemanden überhaupt die wichtige Aufgabe übertrug, die Versorgung einer belagerten Stadt sicherzustellen. Womöglich waren es die einzigen, die über eine fundierte magische Ausbildung verfügten und sich sogar bereitwillig in den Kampf gegen die Daedra werfen wollten. Den Magier wiederrum wurde es mit dieser Übereinkunft ermöglicht ihren von Fanatismus getriebenen Kampfrausch und Hass gegen die daedrischen Invasoren zu befriedigen. Trotz des augenscheinlichen Vorteils erkannte Tarrior natürlich die eventuell leidtragenden des Ganzen, nämlich die Belagerten in Mar Gaan. Er seufzte. Es half nicht, darüber noch länger nachzugrübeln. Die Liga der magischen Gewalt war für ihn die einzige Möglichkeit ins umkämpfte Aschland zu kommen und mithilfe des Teleports sogar so gut wie unbeschadet und schnell. Der restliche Weg in die nördlichen Schluchten wäre gewiss nicht das Problem.

    Tarrior wollte gerade das Zelt verlassen, da trat eine Frau aus dem Durchgang der direkt gegenüber dem Zelteingang in der Mitte lag und so direkt rechts von ihm stand. Wegen ihrer energischen Schritte hätte es beinahe einen Zusammenstoß gegeben, doch noch rechtzeitig bremste sie mit einem gehörigen Schrecken ab und zuckte einige Schritte zurück. „Was steht ihr hier rum!“: keifte sie ihn an. „Ich …“: wollte sich Tarrior rechtfertigen, doch da fuhr die Frau, offenbar eine Bretonin, fort: „Ich blockiere den Weg. Das weis ich schon. Würden sie die Güte besitzen und zur Seite treten. Schnell!“ Er war noch etwas baff und drückte sich hastig gegen die Wandplane des Waffenflügels. Sie musterte ihn kurz, lächelte und verschwand dann genauso eilenden Schrittes nach draußen. Doch auch jetzt bot sich für ihn keine Gelegenheit sich aus seiner unbequemen, strammen Haltung am Rand des Durchgangs zu lösen. Nur wenige Sekunden später stürzte eine weitere Person aus dem Zentrum des Zeltes. Der Mensch, der hinauskam, war knallrot im Gesicht und sah sich hektisch um, bevor er Tarrior entdeckte. „Wo ist sie hin?!“: wollte er eiligst wissen. Ohne ein Wort zu sagen, deutete der Dunmer auf den Ausgang. Der Mann, Tarrior konnte nicht entscheidenden ob es ein Nord oder ein Kaiserlicher war, nickte dankbar und rannte, wie die Frau zuvor, aus dem Zelt. Nach Augenblicken weiteren Wartens wagte der Dunmer sich von der Wand zu lösen, nur um dann nochmals zusammen zu zucken, als ein Schrei aus dem Innern des Zeltes drang.

    Mit einer schnellen Bewegung zog Tarrior sein Schwert, riss die Durchgangsplane hinunter und drang mit einem bereitgelegten Feuerzauber in das Innere ein. Kaum stand er im Innenraum, wurde er auch schon von den dort Anwesenden seltsam angeguckt, sodass sich seine aschfarbene Haut deutlich verdunkelte, als das Blut hinein schoss. Keine Bedrohung und keine Gefahr weit und breit zu sehen. „Ich dachte, ich hätte…“: wollte er sich rechtfertigen, doch da unterbrach ihn ein weißhaariger, hochgewachsener Mann, womöglich ein Nord: „Vielen Dank für ihren Einsatz, doch hier ist kein Gegner. Ich schrie nur vor Verzweiflung.“ Tarrior schob das Schwert zurück in die Scheide und entließ die gesammelte Magie. „Wer seid ihr?“: fragte der Nord nun. „Ich bin Hlaalu Tarrior Gildres, Ratsherr“: stellte er sich vor. Die Männer hier schienen aufgrund ihrer feinen Kleidung und durchaus üppigen Ausstattung des Zeltes ziemlich wichtig. Feingearbeitete Holzmöbel und gepolsterte Sitzangelegenheiten standen in dem Raum und der Boden bestand nicht nur aus festgestampfter Erde, sondern war mit Teppichen ausgelegt. Alchemistische Gerätschaften, Bücher, Papiere auf einem und erlesene Getränke und Speisen auf einem anderen Tisch verliehen dem Raum deutliche Klasse. „Ah der Abgesandte von Haus Hlaalu. Endlich seid ihr da. Wir waren schon in eurer Erwartung, als euer Vorgänger vor zwei Tagen abreiste. Wir hatten nur nicht damit gerechnet, dass es so schnell gehen würde. Man sagte uns, dass ihr aus Vivec geschickt würdet“: wurde er empfangen und, bevor etwas sagen konnte, an den großen Konferenztisch geführt. „Da liegt wohl ein Missverständnis vor. Ich bin von niemandem entsandt worden“: stellte er schnellstmöglich klar. Dabei ließ er einen Blick über die Papiere auf dem Tisch schweifen. Neben Namenslisten und Aufstellungsplänen für Soldatenbataillone befand sich in der Mitte auch eine riesige Karte, die nur einen Ausschnitt Vvardenfells, nämlich das Aschland von der Westspalte bis zum Roten Berg, zeigte. Auf dem Dokument waren verschiedenfarbige Steine platziert, die wohl Einheitenverbände symbolisieren sollten oder andere Dinge. Steine mit dem eingekratzten daedrischen Buchstaben „Oht“ identifizierte er als Sinnbilder für Oblivion-Tore.

    „Ihr seid es nicht? Was macht ihr dann hier?“: wollte der Weißhaarige nun schleunigst wissen. „Ich bin im Lager um mich den kämpfenden Truppen anzuschließen“: log er, obwohl es ja nur eine halbe Lüge war. Der Nord lachte. „Die kämpfenden Truppen. Die KÄMPFENDEN Truppen“: äffte er nach und sank dann auf einen Stuhl zurück und sein Lachen ging in ein gespieltes Schluchzen über. „Hier kämpft überhaupt nichts. Hier bewegt sich überhaupt nichts. Ihr schließt euch höchstens den stehenden Truppen an“: erläuterte er seinen Unmut. „Es gibt leider keinen akzeptablen Angriffsplan und wir scheitern hier gerade an der Ausarbeitung“: sagte jemand hinter ihm. „Ich dachte den Oberbefehl und die Planung hat der Generalsrat in der Festung Andasreth inne“: wandte Tarrior ein. „Und eigentlich stehen wir alle unter dem Oberbefehl des Ältestenrates und trotzdem würde keiner auf die Idee kommen hier die Verteidigung aufzugeben und das Lager in Cyrodiil neu aufzupflanzen“: kommentierte der Nord den Einwand ironisch. „Ihr Herr Gildres befindet euch – es scheint euch nicht bewusst zu sein – im Lagezentrum der Führer dieser Armee hier. Ihr seht hier die Leiter oder Abgesandten aller relevanten Gruppen, die hier in der Westspalte an der Abwehr der daedrischen Gefahr beteiligt sind. Natürlich hat dieser Generalsrat, der nur aus Hlaalu- und Redoran-Offizieren besteht, die Befehlsgewalt inne, doch sind sie nur die Vorgesetzten ihrer eigenen Streitkräfte. Wir sind auch hieran beteiligt. Zwar haben wir uns auf ihre Entscheidung verpflichtet, doch das heißt nicht, dass wir uns nicht an der Entscheidungsfindung beteiligen können. Die derzeitige Direktive besteht darin Mar Gaan und diesen Pass zu halten und die Daedra auszusitzen. Als wäre das eine Lösung! Wir haben Informationen, dass sich Verbände des Feindes auch schon im Süden, Südosten und im Osten formieren um, von dort aus, aus dem Innern der Insel auszubrechen. Wir können sie nicht ewig aufhalten. Wenn sie irgendwo durchbrechen, dann könnten sie ungehindert die Küsten über- und uns in den Rücken fallen. Wir müssen handeln. Das immer noch nichts passiert ist, liegt an dem Sicherheitsbedürfnis mancher Entscheidungsträger. Wir versuchen einen Angriffsplan zu entwickeln, der die Gefahr eines daedrischen Gegenschlags möglichst minimieren soll, um dem Rechnung zu tragen, aber leider sind wir hier im Rat auch gespalten. Manche brauchen noch etwas mehr Vorsicht und dann gibt es Leute, denen ist der Angriff nicht radikal genug, als das er etwas ausrichten würde. Und deshalb bin ich schon am Rande der Verzweiflung. Zumal uns ja der Vertreter Haus Hlaalus fehlt, um das auch mit ihm abzustimmen. Ich bin …“: berichtete der Nord nun von dem Vorhaben die Daedra anzugreifen, als die Bretonin von vorhin wieder ins Zelt kam und ihm ins Wort fiel:

    „… ein Feigling? Dieser Plan ist vollkommener Unsinn. Wenn wir nur so zaghaft vorgehen, würden sich die Daedra neu formieren, bevor wie Ald’rhun überhaupt erreichen und auch noch Verstärkung vom Roten Berg heranziehen. Dann wäre der Kampf aussichtslos! Ich sagte doch ...“ Diesmal wurde sie unterbrochen: „Ja sie sagten und stießen hier selbst bei den meisten Angriffsbefürwortern auf Ablehnung und sind dann wie ein kleines Mädchen weggelaufen. Sämtliche gefestigten Institutionen wie die Legion, die Magiergilde, die Häuser oder die Kriegergilde, die ich vertrete, sehen diesen Angriff als zu riskant an und ihr wollt dennoch an dem Plan festhalten?“ Die Frau schaute trotzig und ihr Blick verfinsterte sich zusehends. Sie musste mit Mühe von dem Mann, der ihr vorhin schon nachgelaufen war, zurückgehalten werden, sonst wäre sie, da war sich Tarrior ziemlich sicher, dem Nord an die Kehle gegangen. Sie beruhigte sich scheinbar und der Mann ließ seine Arme und Hände sinken. Sie strich sich eine Strähne ihres schulterlangen welligen braunen Haares aus der Stirn und sammelte sich. Tarrior durchzuckte ein Erinnerungsfetzen und fühlte sich auf einmal an Naasira, die bretonische Heilerin aus Chorrol erinnert. Unbewusst sah er deshalb schon kommen, was gleich passieren würde. Nachdem sich die Bretonin nämlich gesammelt hatte, trat sie vom Zelteingang langsam nach vorne auf den Tisch zu. Ihr Blick war starr auf den Nord gerichtet. Schlussendlich blieb sie neben ihm stehen. Tarrior, der noch immer etwas verloren in dieser Versammlung saß, schaute zur ihr hinauf. Sie ballte die Faust und mit einem lauten Krachen schmetterte sie sie auf den Tisch. Ihr Blick war zunächst nach unten auf die Karte gerichtet, dann sah sie auf. Der Nord schluckte, als er in ihre Augen blickte. „Glaubt ihr etwa Krieg könne ohne jedwedes Risiko geführt werden? Natürlich sollte man sich nicht auf irgendwelche Himmelfahrtskommandos einlassen, aber absolut ohne Risiko ist ein Krieg nicht zu gewinnen. Was haben sie sich denn für Vorstellungen gemacht, als sie diese Sitzungen hier einberufen haben? Das wir den Königsweg finden und die Daedra mit einem genialen Plan ohne große eigene Verluste überwinden? Meine Einschätzung steht! Der Feind kann durch jedes verfluchte Tor seine Verstärkung beziehen. Aus diesem Grund müssen wir unseren einzigen Vorteil, nämlich die Geschwindigkeit gnadenlos ausspielen. Ein Zweifrontenangriff ist unablässig um zu verhindern, dass der Feind uns einschließt und ist die einzige Möglichkeit den Feind weit genug zurückzudrängen, bevor er sich erneut sammeln kann. Alles andere kostet zu viel Zeit!“: stellte sie in lautem und energischen Ton klar.

    „Durch den Zweifrontenangriff wäre die Kraft der Armee jeweils um die Hälfte geschwächt. Wenn der Feind durchbräche, wäre die jeweils andere Gruppe erledigt und der Pass so gut wie schutzlos“: widersprach dem der Nord, der sich nun erhoben hatte und dessen rotangelaufenes Gesicht einen scharfen Kontrast zu den weißen Haaren gab. Seine Stimme verriet, dass er ein, aus seiner Sicht, dummes, kleines Mädchen belehrte. „Das Risiko ist nun einmal notwendig. Und ich habe euch vorhin schon erläutert, dass die Kräfte in Ald’rhun nicht so stark sein können, wie vor Mar Gaan und das wir den Belagerungsstreitkräften dank der Mittel meiner Liga in den Rücken fallen könnten“: schmetterte sie den Einwand ab. Inzwischen hatte sich die Diskussion im Zelt auf die Bretonin und den Nord verengt. Tarrior und die anderen waren mittlerweile nur noch Statisten, obwohl der Dunmer aus den Gesichtern der Anwesenden deutlich herauslesen konnte, wer für und wer gegen den Plan der jungen Frau war. Ihre Anhängerschaft war tatsächlich recht überschaubar. „Eure Mittel“: stieß der Weißhaarige hervor und brach in ein kehliges Galgenlachen aus. „Eure sogenannten Mittel würden uns noch ins Grab bringen. Selbst die Vertreter der Magiergilde haben diese Idee als verrückt bezeichnet. Ihr würdet riskieren ein Vierteil der Streitkräfte den Feinden direkt auszuliefern, wenn auch nur etwas schiefgeht! Dieser Plan ist intolerierbar!“: kanzelte er ihren Vorschlag einfach ab. „Aber …“: wollte sie einwenden, doch nun schlug der Nord seinerseits auf den Tisch. „NEIN! Genug davon! Die heutige Sitzung zu diesem Thema ist beendet. Die Gemüter haben sich erhitzt. Es bringt nichts mehr jetzt noch weiter diskutieren zu wollen. Euer Plan ist durch die Mehrheit abgelehnt. Ich würde es begrüßen, wenn ihr ihn nicht noch einmal einbringen würdet“: erklärte der Nord die Sitzung obrigkeitlich für geschlossen. „Das kann nicht euer Ernst sein“: ereiferte sich die Bretonin trotzallem weiter. „Die Sitzung ist beendet. Eure Worte werden von mir gar nicht gehört“: sagte der Mann ruhig und benahm sich nun selbst wie ein Kind, das einfach nicht hinhörte, anstatt sich weiter argumentativ damit zu befassen. Tarrior war dennoch auf dessen Seite. Nicht unbedingt was den Plan anging, sondern er sah auch keinen Sinn in weiterer Diskussion. Die Fronten standen fest, da nützten auch die besten Argumente nichts. Doch die Frau weckte sein Interesse.

  7. #7

    Cyrodiil, Wildnis, südlich von Skingrad --> Skingrad

    Das ist also Cyrodiil, war Rylts erster Gedanke, als er aus dem Wald heraustrat. Es war ein weiter Weg gewesen und seit er in Arenthia Halt gemacht hatte, hatte er nicht mehr geschlafen. Ich sollte hier ein Lager aufschlagen, dachte er. Die Sonne ging gerade unter, es machte also keinen Sinn mehr noch weiter zu gehen. Er schlug also sein Lager in der Nähe eines Wasserlaufes auf und entzündete ein Feuer. Während er in das Feuer starrte, dachte er nach. Jetzt bin ich also endlich bald da. Ich hoffe, es war eine gute Entscheidung hierher zu kommen. Bei dem Gedanken an seinen Stamm lachte er verbittert auf. Ich hätte wohl kaum dort bleiben können. Natürlich war es nicht die Schuld des Stammes, alles deutete auf mich hin. Dort gibt es kein Gericht das den "Fall" hätte prüfen können. Valenwald ist in politischer Hinsicht ein Wrack, auch wenn es in den letzten zehn Jahren durchaus Zeichen für eine Neuordnung gab. Leider kommt diese Neuordnung zu spät für mich. Er verbannte seine Heimat aus seinen Gedanken und legte sich schlafen, um sich am nächsten Tag in dieser neuen Welt zurechtzufinden.

    Rylt wachte früh auf und begann sofort mit den Vorbereitungen für seine Reise. Er wollte zuerst in Skingrad Halt machen, um dann in die Kaiserstadt weiterzureisen. Zum Glück hatte er in Arenthia eine Karte von Cyrodiil "erstanden". Er konnte sich zwar in Valenwald ohne Karte zurechtfinden, aber hier in Cyrodiil nicht. Ein kurzer Blick auf die Karte genügte und er wusste wo er hin musste. Also wandte er sich gen Norden und ging los.

    Er kam am frühen Mittag in Skingrad an. Das erste, was ihm auffiel, waren die großen Weinfelder. Er wusste, dass Skingrad die Stadt des Weines war, aber so große Anlagen von Weinreben hatte er nicht erwartet. Als er zum Tor gelangte begrüßten ihn die Stadtwachen gelangweilt als weiteren Reisenden und ließen ihn ein. Als erstes ging er in die Herberge "Zur Westebene" , um sich zu stärken. In der Taverne war heute viel los und alle Rassen von Kaiserlichen über Bretonen bis hin zu Argoniern waren hier vertreten. Manche von ihnen hatte Rylt noch nie gesehen und betrachtete sie neugierig. "Was darf´s sein?" fragte die Wirtin ihn. "Meint ihr mich?", antwortete Rylt dummerweise. Die Wirtin grinste und erwiderte:
    "Natürlich mein ich dich, Waldgesicht!" Rylt schnaubte. Waldgesicht! Die hat vielleicht Nerven. "Etwas Brot und ein Stück Käse, bitte", sagte Rylt leicht verärgert. Die Wirtin brachte ihm sein Essen und Rylt bezahlte es. Nachdem er sich gestärkt hatte, ging er erstmal auf die Straße, um sich ein wenig umzuschauen. Es überraschte ihn völlig, als plötzlich ein Wolf um die Strassenecke bog. Anscheinend war er irgendwie in die Stadt gelangt und die Stadtwache verfolgte ihn. Rylt reagierte schnell und zog seinen Bogen. Er legte den Bogen auf den Wolf an und...ein platzierter Schuss in den Kopf setzte dem Treiben des Wolfes ein Ende. Die Stadtwache, die angerannt kam, glotzte ungläubig auf den Wolf. "Habt ihr das getan?" fragte ihn einer. Als Rylt bejahte, lächelte die Stadtwache und sagte: "Solche Leute, wie dich sieht man selten. Guter Schuss!" Lächelnd ging er weiter. Ich glaube hier wird es mir gefallen, dachte Rylt. Zufrieden ging er zurück in die Taverne und bezahlte für eine Nacht. In Gedanken an den vergangenen Tag ging er auf sein Zimmer und schlief schnell ein.

  8. #8

    Skingrad, Zur Westebene --> Kaiserstadt

    Rylt wachte am frühen Morgen auf und berührte, wie fast jeden Morgen, die Narbe an seinem Hals. Das war eine Art Ritual von ihm, es sollte ihm Glück bringen. Er
    mochte seine Narbe, sie unterschied ihn schon lange von anderen Waldelfen. Nachdem er sie also berührt hatte, stand er auf und schaute in seinen Geldbeutel. Das
    reicht gerade noch für den Proviant, den ich brauche, um nicht auf dem Weg zur Kaiserstadt zu verhungern. Danach muss ich irgendwie an neues Geld kommen. Wie,
    das soll mich jetzt noch nicht beschäftigen.
    Der Bosmer packte also seine restlichen Sachen ein und ging hinunter in die Taverne. Die Wirtin war schon wach und
    spülte den letzten Rest Geschirr, der am vergangenen Tag angefallen war. Als sie ihn kommen sah, sah die Wirtin auf und begrüßte ihn mit den Worten: "Gut
    geschlafen, Spitzohr?" Das "Spitzohr" ignorierte das und fragte: "Wie lange ist es von Skingrad zu Fuß zur Kaiserstadt?" "Ich schätze mal mindestens drei Tage. Mit
    einem Pferd wärst du natürlich schneller da." Mit einem Pferd! Als ob ich mir das leisten könnte! "Nun gut, dann gebt mir bitte genug Proviant für diese drei Tage.
    Hier ist euer Geld." Nachdem er aus der Taverne ausgetreten war, stieß er mit einem hoch gewachsenen Altmer zusammen. Mann, ist der groß! Der Riese schaute
    hochnäsig auf Rylt herab und sagte: "Nun, du schaust mir nicht sehr kompetent aus, aber vielleicht irre ich mich ja." Er lachte auf. "Ich suche nach potenziellen
    Anwärtern für die Magiergilde. Glaubst du, du bist gut genug dafür?" Ein Magier! Das hätte ich mir doch denken können. Welcher Hochelf ist denn bitteschön kein
    Magier?
    "Ich glaube nicht, dass ich in der Magiergilde viel taugen würde. Nein, im Moment habe ich kein Interesse beizutreten." Der Riese schaute ihn verächtlich
    an. "Hab mir doch gleich gedacht, dass du dazu nicht geeignet bist." Mit diesen Worten ging der Magier davon. Rylt schaute ihm böse hinterher. Ich komm auch ganz
    gut ohne Magie klar.
    Außerdem hasste er Feuerzauber. Rylt gab sich einen Ruck und brach auf.

    Die Reise dauerte nun schon zwei Tage an, aber Rylt sah schon die Kaiserstadt in einiger Entfernung. Auf einmal entdeckte der aufmerksame Waldelf hinter ein paar
    Felsen ein Lager. Dort saßen ein Nord und eine Rothwardonin um ein Feuer. An ihrem Aussehen erkannte Rylt sofort, dass es Banditen waren. Sie hatten ihn nicht
    bemerkt. Er zog seinen Bogen und zielte auf die Rothwardonin, die einen Bogen bei sich trug. Er ließ die Sehne los und der Pfeil rauschte durch die Luft. Er traf sie
    zwischen den Schulterblättern und sie kippte um. Der Nord zog überrascht seinen Hammer, aber bevor er den Schützen auch nur gesichtet hatte, streckte ihn ein zweiter
    Pfeil nieder. Das wäre Rylt nicht gelungen, wenn er bemerkt worden wäre. Er näherte sich den Leichen, um zu sehen, ob sie etwas Wertvolles dabei hatten. Und
    tatsächlich, sie hatten insgesamt 320 Septime und eine Goldhalskette bei sich. Die Waffen waren zu schwer, um sie mitzunehmen, also ließ er sie im Gras liegen.
    Da er nun wieder etwas Geld besaß, ging es ihm gleich besser und er machte sich auf, endlich in die Kaiserstadt zu kommen.

    Die Stadt ist ja riesengroß! Rylt hatte nicht erwartet, dass die Kaiserstadt so groß ist. Er hatte so eine große Stadt noch nie gesehen, schließlich war das sein erstes
    Mal in Cyrodiil. Die Wachen ließen ihn ein und er befand sich nun im sogenannten Talos-Platz-Bezirk, wie ihm ein Schild verriet. Bevor er sich einen Schlafplatz
    suchte, wollte er erstmal die Kaiserstadt erkunden und nach einer Beschäftigung suchen. Er würde also jeden einzelnen Bezirk abklappern und sich umhören, ob es
    irgendetwas lohnendes für ihn hier gebe. Nach zwei Stunden befand er sich dann im Hafenviertel. Man sagte ihm, es sei der ärmste Bezirk in der Kaiserstadt und hier
    würden sich viele Diebe herumtreiben. Diebe! Anscheinend bin ich nicht der einzige, der sich ab und zu so Geld verdient. Er überlegte eine Weile.Vielleicht
    könnte ich mir ein bisschen was dazu verdienen. Ich muss nur aufpassen.
    Er schaute sich also um, um nach einem geeigneten Opfer zu suchen. Sofort fand er es:
    ein großer, reich gekleideter Kaiserliche stach ihm ins Auge. Der Dieb ging also in Position, wartete bis das Ziel nicht aufpasste und griff ihm schnell in die Tasche.
    Puh, er hat nichts bemerkt. Ich verschwinde dann mal besser. Nachdem er um die Straßenecke gebogen war und einige Meter zurückgelegt hatte, betrachtete er
    sein Diebesgut. Es bestand aus 70 Septimen , einer Perle und einem Ring. Hm, seltsam. Der Ring leuchtet so komisch. Und wirklich, er leuchtete hellila.
    Der neugierige Rylt zog den Ring auf und spürte sofort eine Veränderung: Der Ring musste verzaubert sein! Aber auf welche Weise ist er verzaubert? Er bemerkte
    es sofort: im Umkreis von ca. 5 Metern leuchtete jedes Lebewesen in einem hellen Lila. Sehr praktisch. So kann ich nicht mehr von irgendeinem Angreifer überrascht
    werden, wenn er zu nahe kommt.
    Zufrieden ging er weiter, als er plötzlich etwas bemerkte. In seiner Tasche steckte ein Brief! Auf dem Umschlag stand:
    "Vom Graufuchs".
    Was sollte das nun wieder heißen?

  9. #9

    Westspalte, Heerlager am Aschlandpass, Rüstungszelt

    Nach dem Schlussspruch des alten Nords löste sich die Versammlung schnell auf und es begannen sich kleine Diskussionsrunden zu sammeln. Da er sich als Abgesandter der Kriegergilde zu erkennen gegeben hatte, waren die umstehenden Männer vermutlich von anderen Söldnergruppen. Um die Frau herum versammelten sich wesentlich weniger Leute. Neben dem Mann, der ihr vorhin aus dem Zelt schon nachgerannt war, gab es noch zwei Altmer unter ihren Anhängern, eine rothaarige Dunmerin und eine alte, runzelige Kaiserliche. Tarrior konnte ihre Worte nicht verstehen, da sie zu leise sprach, doch war ihrem Gesicht die Wut deutlich abzulesen. Er ging zu ihr hinüber. Sie entließ gerade ihre Getreuen, als er sich zu ihr gesellte. „Wenn ich mich vorstellen darf? Ich bin Hlaalu Tarrior Gildres, Ratsherr in Balmora. Wie ich den Herrschaften hier schon erläutert habe, bin ich nicht der Abgesandte des Hauses“: stellte er sich vor. „Und was wünscht ihr dann von mir?“: fragte sie abweisend. „Ich fand eure Planungen für einen Angriff auf die Daedra interessant. Würdet ihr sie mir noch einmal ausführlich erläutern?“: bat er. Sie sah ihn für einen Moment misstrauisch und abschätzend an, dann nickte sie und führte ihn zurück zum Kartentisch. Inzwischen verließ auch der Nord mit seinen Leuten das Zelt. Zurückblieben noch einige wenige Personen, die sich während der Diskussion eher neutral verhielten. „Vielleicht habt ihr im Gegensatz zu diesem Feigling die Chance in meinen Planungen erkannt“: sagte sie und gemeinsam beugten sie sich darüber. Sie begann mit dem Finger die Einheitenbewegungen zu zeigen.

    „Ich würde wie gesagt einen Zweifrontenangriff durchführen. Wir teilen die Armee dazu zunächst zur Hälfte auf. Die eine Hälfte wird ohne größeren Zwischenwiderstand schnell nach Ald’rhun vorstoßen, oder was davon übrig ist, und einen Angriff auf die dortigen Feinde starten und versuchen sie zur Geisterpforte zurückzuwerfen. Die andere Hälfte soll den Belagerungsring um Mar Gaan knacken und die Dämonen dort vernichten. Das Ganze würde verhindern, dass uns der Feind in den Rücken fällt, während wir unsere Aufmerksamkeit auf die Befreiung der Stadt richten. So wären sie an beiden Positionen in der Defensive und könnten sich nicht helfen“: erklärte sie das Vorgehen. „Aber was ist mit dem Einwand, dass die Truppen durch die Aufteilung zu sehr geschwächt würden?“: fragte Tarrior interessiert. „Das ist Unsinn. Die daedrischen Truppen, die sich in den Ruinen von Ald’rhun festgesetzt haben, sind gewiss nicht so zahlreich wie die Hauptstreitkraft. Die Hälfte aller Leute die wir hier im Lager haben, sollte ausreichend sein, um sie zu vernichten. Ich sehe da gute Chancen“: antwortete die Bretonin. „Und Mar Gaan? Ihr sprecht ja selbst von der Hauptstreitkraft. Wäre da auf freiem Feld nur die Hälfte der Soldaten ausreichend?“: wies er sie auf eine Lücke in den Ausführungen hin. „Ich sagte ja, dass man ein Risiko eingehen müsse und dies wäre so eines. Gewiss ist der Gegner zahlreich, aber zusammen mit einigen Kriegern sind wir auf eine List gekommen. Diese würde unsere Unterzahl kompensieren und die Chance auf einen Sieg erhöhen. Der Kampf wird Verluste fordern, aber sie würden noch verkraftbar sein und die Belagerung beenden“: gab sie sich noch immer nicht eindeutig. „Und was soll dies für eine List sein?“: kam Tarrior zum Kern der Sache, die ihn eigentlich interessierte.

    „Wenn ihr die Sache für verrückt haltet, sagt es gleich. Ich will dann nicht weiter meine Zeit mit euch verschwenden“: schwor sie ihn darauf ein, bevor sie fortfuhr: „Wir planen dem Feind doppelt in den Rücken zu fallen. Wir könnten so von beiden Seiten des Belagerungsringes eine Schneise in ihre Armee treiben und ihre Formationen auseinandersprengen. Die disziplinierten Dremoren müssten dann so planlos kämpfen, wie geistlose Clanbanne oder Daedroths. Ihr müsst wissen, dass meine Liga das belagerte Mar Gaan mittels magischen Transportes mit Gütern versorgt. Wir würden die Hälfte der Streitkräfte die in Mar Gaan angreift nochmals in zwei Gruppen aufteilen. Eine Gruppe wird die Daedra wie geplant auf dem Landweg vom Pass her angreifen. So fallen wir ihnen zuerst in den Rücken, da sie mit einem Gegenangriff gar nicht rechnen. In der Zwischenzeit bringen wir die andere Gruppe mittels Magie nach Mar Gaan und stürmen, während der Angriff der ersten Gruppe bereits läuft und der Feind sich zur anderen Richtung orientiert, dann aus der Stadt. So können wir ihnen ein zweites Mal in den ungeschützten Rücken fallen. Zwischen beiden Fronten würden wir dann die Daedra zerreiben und die Tore schließen. Den Abschluss bildet ein Gewaltmarsch zur Streitmacht, die Ald’rhun säubern soll. Sobald das Heer wiedervereint ist, drängen wir diese Dämonenbrut zur Geisterpforte zurück. Natürlich ist was Koordination und Detailarbeit angeht, noch einiges zu erledigen. Es wäre zum Beispiel nämlich schön, wenn wir koordiniert zusammen mit den kaiserlichen und häuslichen Truppen aus Süden, Westen und Südwesten vorrücken könnten. Aber leider wird dieser Plan hier, ihr habt es ja gehört, schon von dieser erlauchten Gruppe abgelehnt. Wenn nicht einmal die ganzen Organisationen des Lagers dahinterstehen, wie sollen wir uns dann beim Generalsrat und dieser sich beim Herzog und den Häusern durchsetzen?“

    „Ihr versorgt Mar Gaan? Dann gehört ihr der Liga der Magischen Gewalt an?“: fragte Tarrior sehr erfreut über diese glückliche Tatsache. „Das ist richtig“: bejahte die Bretonin. „Euer Plan scheint gut zu sein. Doch sind da immer noch gewisse Unwägbarkeiten. Wenn ihr diese Truppen mittels Magie in die Stadt bringen wollt, könnte es doch passieren, das sie wegen der, von den Oblivion-Toren ausgehenden, Störungen vorher aus dem Zauber herausfallen und dann umzingelt inmitten des Feindes stehen“: griff Tarrior diese Bedenken noch einmal auf. „Das ist das größte Problem am Plan. Mit der Möglichkeit einer Niederlage muss man immer rechnen, da kann man auch nichts weiter tun, außer sich zu entscheiden nicht zu kämpfen und das ist gewiss keine Option. Trotzallem denke ich, sollten wir dieses Risiko eingehen. Wenn wir noch viel länger warten, könnte es zu spät sein und dann werden es alle bereuen diese Gelegenheit nicht wahrgenommen zu haben“: räumte sie ein. Tarrior lehnte sich mit dem Rücken an den Tisch an und schloss die Augen.

    „Die ganze Sache birgt Risiken und im Fall einer Niederlage wäre der Pass wirklich so gut wie schutzlos. Andererseits haben die anderen Herrschaften keinen besseren Plan präsentieren können und ohne Risiko und Opfer werden die Daedra auch nicht zu bezwingen sein. Der Sieg wird nicht einfach von Akatosh persönlich auf einem silbernen Tablett herbeigebracht, sondern muss mit Blut erkauft werden. Ihr hättet meine Unterstützung zu dem Plan, aber ich glaube mein Wort zählt hier nicht besonders viel. Ich bin schließlich nur ein kleiner Ratsherr und einfacher Magierkrieger“: sagte Tarrior ihr die Unterstützung des Planes zu.

    „Euer Haus bräuchte ein paar mehr Leute, die so mutig denken. Den meisten geht es um ihren Profit. Aber in der Magiergilde ist es nicht besser. Jeder schiebt die Verantwortung an die Kampfmagier der Kaiserlichen Legion ab, die für die magische Kriegsführung zuständig wären. Oder wer auch gerne den Dunmern den Schwarzen Peter zuspielen möchte sagt, dass das Haus Telvanni gefälligst eingreifen solle. Die Legion verfügt nicht, vor allem nicht hier auf Vvardenfell, das ausreichende magische Potential um diese Aufgabe zu übernehmen und die Telvanni betrachten diesen Krieg in weltfremder Art nicht als ihre Angelegenheit. Ihre Festlandsverwandten kämpfen, aber die erlauchten Magierfürsten hier legen die Hände in den Schoß. Wer wenn nicht die Magiergilde sollte eingreifen? Doch was tut die Gildenführung Vvardenfells, der im übrigen mit dieser Ranis Athrys aus Balmora gerade mal die stellvertretende Erzmagierin und dazu noch eine Frau aus der sicherheitsbedürftigen Hlaalu-Ratsstadt vorsitzt, gegen diesen Mangel an magischer Kampfkraft? Sie schicken Magier nur auf freiwilliger Basis und dann auch nur als Heiler, humanitäre Helfer oder Ausbilder für die eigentlichen kämpfenden Truppen in die Lager. Ich sage euch: Unter Erzmagier Malukhat hätte es so etwas nicht gegeben. Er erschien mir immer eher eine kämpferische Natur zu sein. Er hätte nicht einfach zugelassen, dass die Magiergilde die Arme verschränkt, während die Daedra Vvardenfell in Brand setzen! Aus diesem Grund habe ich mich auch der Liga der Magischen Gewalt angeschlossen“: hielt sie eine Brandrede auf die zögerlichen Verhältnisse in den Gremien der Gilde.

    „Das ist Politik“: widersprach Tarrior ihr nur gedanklich. Er konnte die Entscheider der Gilde verstehen, aber sein Herz gab ihr Recht. Die Daedra entstellten hier und heute seine Heimat und bedrohten seinen Besitz. Um das Kaiserreich oder um die Leben der Menschen und Mer, die sie in ihrer Zerstörungswut auf ganz Tamriel fordern würden, war es ihm ziemlich egal. Doch Morrowind und Vvardenfell, seine Heimat, waren für ihn vor der drohenden Vernichtung unbedingt zu bewahren.

    „Ihr sagtet ihr wäret Magierkrieger?“: fragte die Bretonin und riss ihn so aus seinen kämpferischen Gedanken. „Das ist richtig. Ich verstehe mich auf die Zerstörungsmagie und ein wenig auf die anderen Schulen. Ansonsten bevorzuge ich das Schwert um meine Gegner meinen Zorn spüren zu lassen“: bejahte er die Frage. „Habt ihr schon über die Mitgliedschaft in der Magiergilde nachgedacht?“: fragte sie nun mit einem seltsamen Ton in der Stimme. Tarrior lachte innerlich auf. Er verstand, worauf das Gespräch hinaus laufen würde. „Ich bin schon seit vielen Jahren Mitglied. In der gleichen Gildenhalle aus der auch diese Ranis Athrys stammt. Aber ich beteiligte mich bisher nicht sonderlich aktiv am Gildengeschehen“: antwortete er. In die Augen der Frau trat plötzlich ein hocherfreuter und zugleich hochinteressierter Blick. Ein gefährliches Funkeln schimmerte auf den Pupillen. „Das ist ja hervorragend. Wisst ihr, dies wäre doch eine perfekte Gelegenheit euch aktiv an den Gildengeschäften zu beteiligen – an vernünftigen Gildengeschäften. Unsere Liga rekrutiert kampfwillige Gildenmagier, die im Gegensatz zur Feigheit der Gildenleitung die tapferen Soldaten hier im Kampf unterstützen und die Daedra mit Zerstörungszaubern überziehen wollen. Ihr wäret doch perfekt“: bot sie ihm eine Mitgliedschaft in der Liga an. Das war seine Chance. Als Mitglied dieser Fanatiker wäre bei genau jener Gruppierung, die die Versorgung Mar Gaans sicherstellt und hätte guten Aussichten auf einen Platz bei den Begleitern der nächsten Lieferung. Mit der Fürsprache der Bretonin, die immerhin Abgesandte der Liga in diesen Rat hier war, wäre es gewiss leichter.

    „Ihr seid zwar nur ein kleiner Ratsherr, aber eure Fürsprache beim Abgesandten eures Hauses oder im Generalsrat könnte unserer Sache sicherlich dienlich sein. Die Daedra müssen bekämpft werden und wenn ihr euren Hausgenossen überzeugen könnt, würden die Anderen ihre Meinung gewiss überdenken und ich … ähm ich meine wir könnten diesem aufgeblasenen alten Narr von der Kriegergilde zeigen, dass selbst die papyruskritzelnden Zauberwerfer von der Magiergilde und die ängstlichen egoistischen Händler Hlaalus mutiger sind als die großen, tapferen und starken Krieger seiner Gilde“: warb sie bei ihm weiter für ihre Sache. „Also doch nicht ganz uneigennützig“: dachte er schmunzelt, doch er hatte sich sowieso bereits entschieden, wegen der besseren Zugangsmöglichkeit ins belagerte Mar Gaan. Die Aussicht diesen Nord von einem „kleinen Mädchen“ besiegt oder zumindest düpiert zu sehen, wäre ein Bonus. „Also wie ist eure Entscheidung?“: drängte sie ihn zur Antwort. „Ich werde eurer Liga beitreten. Sobald der Abgesandte meines Hauses eintrifft, werde ich mich bei ihm für euren Plan einsetzen. Ich kann natürlich nichts versprechen“: sagte er zu. „Wunderbar, wunderbar. Mehr verlange ich auch gar nicht. Kommt mit zu unserem Zelt. Dann kann ich euch in die Mitgliederliste aufnehmen. Wenn wir erst einmal siegreich hervorgegangen sind, werden die ganzen Toten gerächt und die Opfer der armen Familien Tamriels gesühnt sein“: sprach sie und wandte sich schnell zum Gehen. Scheinbar wollte sie ihm die Unterschrift so schnell wie möglich abnötigen, bevor er sich umentscheiden konnte. Tarrior allerdings hielt sie zurück. „Ich knüpfe allerdings meine Mitgliedschaft und meine Fürsprache an eine Bedingung“: eröffnete er ihr. Nun schaute sie ihn misstrauisch an. „Was für eine Bedingung?“: wollte sie wissen. „Es ist nichts Großes. Ihr erhaltet meine Fürsprache und dafür möchte ich eure Fürsprache. Ich möchte als einer der Wächter die nächste Versorgungslieferung nach Mar Gaan begleiten“: forderte er. „Ich soll dafür sorgen? Warum wollt ihr unbedingt nach Mar Gaan?“: fragte sie und überlegte scheinbar, ob sie vielleicht einen Agenten der Mythischen Morgenröte vor sich hatte.

    „Ich habe Bekannte in der Stadt und möchte mich persönlich ihres Wohlbefindens versichern. Außerdem gibt es in der Stadt einen heiligen Schrein des Tribunalstempels. Seinen Segen würde ich in diesen schweren Zeiten als große Hilfe empfinden“: log er und eine unmerkliche Gänsehaut überkam ihn, als er an den Tempel und das Tribunal dachte. „Ich hätte euch nicht für einen Religiösen gehalten. Ihr macht eher einen kühlen, sachlichen Eindruck, aber ich kann euch verstehen. Ich bin eine Gläubige des Kaiserlichen Kultes und bete täglich zu den Neun. Der Tribunals-Tempel erscheint mir zwar eine Sekte von Götzenanbetern zu sein, doch sofern es euch im Kampf hilft… Nun gut. Ich werde mich dafür einsetzen, dass ihr die nächste Lieferung begleiten dürft. Man wird euch dann über die möglichen Gefahren aufklären. Vielleicht überlegt ihr es euch dann noch einmal anders. Ansonsten würdet ihr uns also beitreten?“: stimmte sie seiner Forderung zu. „Ja das werde ich. Auch um die Daedra aus diesem Land zu jagen“: sagte er und die Beiden wandten sich zum Gehen. „Ich heiße übrigens Alina“: sagte die junge Bretonin noch, bevor sie das Zelt verließen.

  10. #10

    Vvardenfell-Distrikt, Westspalte, Heerlager am Aschlandpass

    Als sie aus dem Zelt herauskamen, führte Alina ihn durch die engen Gassen der Zeltstadt. Geschickt wich sie dabei marschierenden Soldaten und herumlungernden Freiwilligen aus. An den Zelten konnte Tarrior nun auch erkennen, dass sie sich langsam in den Bereich bewegten, in dem die Gilden ihre Unterkünfte aufgeschlagen hatten. Die Zelte waren größer, sahen ordentlicher und auch geordneter aufgestellt aus. Die roten Banner mit dem Schwert wehten im aufkommenden Wind, der etwas frische Luft in den Mief dieser Versammlung blies. Tarrior begrüßte regelrecht den salzigen Geschmack der Seeluft, die von Westen kam, auf der Zunge, als sie den Gestank von Kot, Urin und Schweiß für einen Moment hinwegfegte. „Da vorne ist unser Zelt. Da die Magiergilde keine eigene Heeresgruppe geschickt hat, sind wir Freiwillige von der Liga mehr oder weniger die Vertretung der Gilde hier“: sagte Alina und deutete auf ein hellblaues Zelt mit eingestickten silbernen Verzierungen, dass deutlich aus der Masse herausstach und zudem noch etwas erhöhter stand, als der Rest des Lagers. Im Näherkommen sah er, dass die kleineren Schlafzelte der Magier genauso aussahen. Das ihm bekannte Banner der Liga der Magischen Gewalt fiel ihm sofort ins Auge. An großen Standarten aufgehängt umgab es den ganzen Teil des Magierlagers, das tatsächlich auf einem kleinen Hügel errichtet war. Der Weg wurde daher auch steiler und der Dunmer und seine Begleiterin arbeiteten sich den steinigen Pfad hinauf. Die Höhe des Hügels war zwar nicht sonderlich beachtlich, doch gewann er trotzdem einen guten Eindruck vom gesamten Heerlager. Tarriors Augen tasteten diese Decke aus unterschiedlichen Zelten ab, die sich über das Land der Westspalte gelegt hatte. Tatsächlich dehnte es sich hier vom Pass bis an die Klippen des Aschebackens aus, in dem die Festung Andasreth lag. Die Nord-Süd-Ausdehnung war hingegen nicht so groß, womit es sich eher in die Länge, als in die Breite zog. Im Süden verlor sich sein Blick in der Entfernung. Wenn er sie zusammenkniff, glaubte er die Turmspitzen von Caldera zu erkennen. Im Westen schnitten die Klippen seine Sicht auf die Bitterküste und das Meer ab und im Osten Selbiges für das Aschland. Im Norden zeigten sich nur die unberührten Weiten der Westspalte. Irgendwo in dieser Richtung lagen Gnisis und die anderen Hafenstädte der Redoraner. Nochmals lenkte er seinen Blick auf das Innere der Insel. Hinter den Klippen zum Aschland stiegen gewaltige Rauchsäulen auf. Besonders eine stach ins Auge.

    „Ist das der Rote Berg?“: fragte Tarrior die Bretonin. „Ja das wird er wohl sein. Komisch. Ich dachte er wäre inaktiv seit der Vernichtung Dagoth Urs damals“: wunderte sie sich. Er erinnerte sich noch daran, dass er diese Rauchsäulen auch schon bei seiner Ankunft in Ebenherz vor einer ganzen Weile gesehen hatte. „Wie lange raucht er denn schon?“: wollte er nun wissen. Alina zuckte mit den Schultern, bevor sie antwortete: „Ich habe da gar nicht darauf geachtet. Hättet ihr mich nicht darauf hingewiesen, wäre mir nicht einmal aufgefallen, dass der Vulkan wieder aktiv zu sein scheint.“ Tarrior kratzte sich das Kinn. „Wirklich eigenartig. Wer weiß? Vielleicht haben die ganzen Oblivion-Tore das Land in Unruhe versetzt“: dachte der Dunmer laut. „Ein Grund mehr sie von der Insel zu tilgen“: meinte die Bretonin und bat mit einem Wink, ihr ins Zelt zu folgen. Er fuhr noch einen Moment den Horizont ab. Die Sonne stand inzwischen schon wieder ziemlich tief. Es würde bald dunkeln. Tarrior riss sich los und folgte der Magierin in das Zelt.

    Im Inneren war es deutlich dunkler als draußen. Der blaue Stoff fing eine Menge Licht auf und ließ nur sehr wenig davon hindurch dringen. Zudem war die Beleuchtung eher spärlich. Es dauerte einen Moment, bis sich seine Augen an den Unterschied gewöhnt hatten, doch dann konnte er endlich mehr von der Einrichtung erkennen. Er hatte schon den Besprechungsraum im großen Zelt als luxuriös empfunden, doch dies hier, stellte es noch einmal in den Schatten. Feingearbeitete Holzmöbel bis hin zu Kleiderschränken, Kommoden und Schubladen waren Pflicht. Feines alchemistisches Gerät lag auf vollen drei Tischen bereit, während scheinbar vollgestopfte Transporturnen die nötigen Zutaten bereitstellten. Ein Bücherregal, gefüllt mit magischer und alchemistischer Fachliteratur, gab dazu dann genaue Anweisungen. Den Boden hatte man wieder mit Teppichen ausgelegt. Sie waren nichts besonderes, doch man konnte hier bequem ohne Schuhe laufen. Auch hier wurde die Mitte des Raumes wieder von einem großen Tisch eingenommen, der mit Karten und Dokumenten übersät war. „Meine Vorgesetzten sind im Moment nicht da. Wahrscheinlich sitzen sie noch in der Festung und besprechen die nächste Lieferung und versuchen den Generalsrat von einem Angriff zu überzeugen. Der Rest dürfte derzeit in Caldera oder Balmora sein und versuchen neue Mitstreiter in den Gildenhallen zu finden und auszubilden. Unglücklicherweise sind die Meisten, die sich uns anschließen, noch junge Novizen und daher weder besonders gut im magischen, wie im kämpferischen Bereich. Zumindest tragen sie ihr Herz am rechten Fleck“: sagte die Bretonin und ging zu einem kleinen Schrank mit vielen Fächern hinüber und zog aus einem in der Mitte ein Stück Pergament hinaus. Dies legte sie zusammen mit einer Schreibfeder und einem Tintenfass auf den Tisch und bat ihn sich zu setzen. Tarrior kam dieser Aufforderung gerne nach und sah sich das Schriftstück an. Es handelte sich um einen Mitgliedskontrakt. Mit seiner Unterschrift würde er dann Teil der Liga werden.

    „Ihr müsst nur noch unterschreiben und werdet Teil unserer Vereinigung. Dann werden wir gemeinsam die magische Zerstörung über die daedrische Brut bringen. Natürlich sobald ihr Haus Hlaalu davon überzeugt habt, dass unser Angriffsplan der einzige Weg ist, diese Dämonen zu besiegen“: forderte sie ihn zur Unterschrift auf. „Vergesst nicht euren Teil der Abmachung. Ich will nach Mar Gaan und ihr werdet dafür sorgen, wenn ich euch helfe“: erinnerte Tarrior sie. Alina nickte. „Habt keine Sorge. Redet ihr nur mit dem Abgesandten eures Hauses“: beruhigte sie ihn und hielt dem Dunmer die tintengetränkte Feder entgegen. Mit kurzem Zögern ergriff er das Schreibgerät und setzte geschwungen seine Unterschrift unter den Kontrakt. „Gut das wäre erledigt. Der Abgesandte eures Hauses wird wahrscheinlich noch vor der nächsten Lieferung hier eintreffen. Natürlich wollen wir eure Gegenleistung vor eurem Aufbruch haben“: sagte sie. „Vertraut ihr mir etwa nicht?“: fragte Tarrior scheinheilig. „Doch natürlich, aber wer wird mit eurem Abgesandten reden, wenn ihr in Mar Gaan seid. Außerdem nehmt es als kleine Vorsichtsmaßnahme. Es hängt viel davon ab, dass dieser Angriff gestattet wird. Wenn die Daedra schneller als wir sind, ist es aus für Vvardenfell“: machte sie ihm die Bedeutung des Angriffs noch einmal bewusst. Derweil setzte sie ein kurzes Schreiben auf, dass sie mit dem Wappen der Liga siegelte, zusammenfaltete und ihm übergab: „Dies weist euch als Mitglied unserer Vereinigung aus. Nun können wir leider nur noch warten.“ „Dann empfehle ich mich hiermit. Ich werde mich noch etwas im Lager umschauen“: verabschiedete sich der Dunmer und verließ ohne eine weitere Reaktion Alinas das Zelt. „Ganz toll!“: dachte er resignierend: „Jetzt bin ich Mitglied in diesem Verein von Fanatikern und muss auch noch diesen Angriffsplan unterstützen. Wenn das Heer vernichtet wird, dann ist meine Reputation Geschichte.“

    Tarrior ging den Hügel, auf dem die Liga ihr Lager aufgeschlagen hatte, wieder hinunter. Sofort tauchte er in das wilde Gewusel des Heerlagers ein. In Anbetracht der Tatsache, sich wieder durch diese Menge quetschen zu müssen, kam ihm eine Idee. Behände streckte er seinen Geist aus. Natürlich konnte er den Verstand der Leute um ihn herum nicht kontrollieren, aber er konnte ihre Gehrichtung in etwa erahnen und konzentrierte sich zwecks der Genauigkeit nur auf die Leute, die ihm direkt entgegen kamen. So war es ihm möglich, sich mit einer ungewöhnlichen Grazilität durch die Massen zu bewegen und nur selten irgendjemanden anzurempeln. Unter Führung seines geistigen Auges gelangte er schnell zurück zum Verpflegungszelt, in dem er sich schon zu einem früheren Zeitpunkt des Tages aufgehalten hatte. Erschöpft von der zurückliegenden geistigen Anstrengung ließ er sich auf eine schlecht gezimmerte Holzbank sinken und brauchte einen Moment, um die Welt wieder mit seinen normalen Sinnen klar und deutlich wahrzunehmen. Er rieb sich die Augen. „Ich werde schwächer“: erkannte er in Gedanken.

    Seine geistigen Fähigkeiten, schon immer vorhanden, aber erst durch das ständige Training und die Macht Dagoth Urs im Kult des Sechten Hauses gereift und gestärkt, verließen ihn langsam wieder. Lange Zeit hatte er nicht trainiert und es fehlte die Anleitung durch den Meister in seinen Träumen. Zuviel Zeit war ohne die wichtigen Meditationen verstrichen. „Ich werde schwächer“: wiederholte sich die schreckliche Erkenntnis in seinen Gedanken. Er erhob sich von seinem Platz und schlenderte zur Essensausgabe hinüber. In seinem Geist rang der Wunsch nach Nahrung mit dem drängenden Bedürfnis, sich sofort in Trance zu vertiefen. Sein Gewissen gebot ihm, sich dem Verfall seiner geistigen Kräfte umgehend anzunehmen, doch sein Verstand überzeugte ihn, zuvor etwas zu essen, da der hungrige Körper danach verlangte und sich bereits körperliche Schwäche ausbreitete. Umso glücklicher war Tarrior, als er endlich an die Reihe kam und ihm eine Fleischpampe mit Aschekartoffeln aufgetan wurde. Das Gewissen drängte der Anblick des Essens einen Moment zurück und er setzte sich wieder an den Tisch. Der erste Bissen verzerrte sein Gesicht. So lieblos wie das Gericht aussah, schmeckte es auch, doch forderte der Magen mehr davon. Gierig schlang er die braune Fleischtunke hinunter, griff über den Tisch und zog eine herrenlose Mazte-Flasche an sich heran und nahm einen kräftigen Schluck, der den Geschmack sofort wegspülte. Mit einem Keuchen setzte er ab und nahm noch einen tiefen Schluck. Als Tarrior die Flasche wieder zurück stellte, war sie nur noch halb so voll. Er lehnte sich zurück, schloss für einen Moment die Augen und spürte wie der Alkohol langsam durch seinen Körper gepumpt wurde. „Ich muss wieder meditieren. Ich muss vor der Reise nach Mar Gaan vorbereitet sein“: entschied er, denn seine Fähigkeiten erlaubten ihm die kurzzeitige Kontrolle von Kreaturen minderer Intelligenz wie Skampen und das Zerstören von Bindungen zwischen Beschwörern und ihren Kreaturen, sodass letztere ihre Rufer angriffen. Doch wenn ihn schon der Weg durch das Lager erschöpfte, wie sollte das noch gelingen. Training war geboten.

    Die Dunkelheit senkte sich über bereits über die Westspalte und das Lager, als Tarrior zwei Stunden später einen geeigneten Ort auf einer winzigen Erhebung außerhalb der Zeltstadt gefunden hatte und sich unter dem dortigen einsamen Baum niederließ. Während das Licht schwand und sich die ersten Sterne am nur leicht bewölkten Himmel hervorhoben, entzündete man zu seinen Füßen erste Feuer und pflanzte Fackeln auf. Erst jetzt bemerkte Tarrior, dass man im Kreis um die Zelte einige provisorische Wachtürme, die man eher als Bretterverschläge bezeichnen sollte, errichtet hatte. Untereinander verband eine Kette aus Fackeln die Türme. Die Fläche um das Lager schien vollkommen ausgeleuchtet. Man wollte wohl vermeiden, dass sich jemand heimlich des Nachts einschlich. Tarrior hielt es für sinnlos. Dort unten herrschte den ganzen Tag über ein reges Kommen und Gehen. Allein heute hätten sich genug Spione der Mythischen Morgenröte einschleichen können. Gewiss gab es von ihnen genug zwischen den ganzen tapferen Kämpfern. Ein Schwall der abgestandenen Luft wehte zu ihm hinauf, als sich der Wind drehte. Es war das einzige Zeichen des Lagers und der vielen Menschen dort unten, das zur ihm herauf drang. Ansonsten hatte er sich mit seinem Aufstieg von der Beengtheit, der Unruhe und dem Makel der vielen Stimmen und Sinne dort unten befreit.

    Er schaute nun vor sich auf den Boden. Für seine Zwecke war dieser Ort perfekt. Er saß inmitten eines kargen Flecks Erde, auf dem nur spärlich das Gras wuchs. Perfekt für ein Feuer. Er erkannte es gleich nach seiner Ankunft und sammelte sofort abgestorbene Äste des Baumes auf, die er zu einer Feuerstelle aufschichtete. Das Holz hatte er danach mit verschiedenen Kräutern aus der Umgebung abgedeckt, die einen anregenden Geruch verströmen würden, wenn er sie entzündete. Genau dies tat er nun mit einem Schnippen seiner Finger. Knisternd fingen die Äste Feuer und rauchend gaben die feuchten Kräuter ihre Aromen preis. Tarrior nahm einen tiefen Zug, setzte sich im Schneidersitz vor die Flammen und schloss die Augen. Die Meditation begann.
    Geändert von KingPaddy (03.08.2011 um 00:12 Uhr)

  11. #11

    Vvardenfell-Distrikt, Westspalte, Heerlager am Aschlandpass

    Eine gefühlte Ewigkeit schwebte Tarrior durch die Dunkelheit der Meditation, doch plötzlich flammten helle kleine Punkte vor ihm auf. Wie Sterne den Nachthimmel erhellen, so erschienen nun immer mehr Lichtpunkte in der Dunkelheit seines Geistes. In der Entfernung unter ihm war es, als füllten sie ein Becken. Hunderte, womöglich Tausende ballten sich dort dicht an dicht zusammen. Mit den Lichtern veränderte sich auch die Schwärze. Langsam ging der einige schwarze Mantel zurück, enthüllte grau und nahm landschaftliche Konturen an. Wo zuvor nichts gewesen war, stand nun ein Abbild der Landschaft um das Feldlager. Sein Geist projizierte es aus seinen Erinnerungen direkt vor sein geistiges Auge. So verschwommen wie Erinnerungen oftmals waren, war auch dieses Abbild der Welt. Die Konturen waren seltsam unscharf, verschwommen und verwackelt und über Allem hing Nebel. Nichts war wirklich, sondern nur eine Einbildung seines Geistes. Die Lichter schienen dem zum Trotz wie kleine Sonnen und wirkten fast schon stofflich. Während das visualisierte Bild einer Landschaft seinen Erinnerungen entsprang, waren diese Lichter das Ergebnis seiner bescheidenen telepathischen Fähigkeiten. Sämtliche Geräusche, Gerüche und Empfindungen aus der „wirklichen“ Welt waren nun komplett ausgeschaltet. Inzwischen ging Tarrior in den Zustand ein, den sein Lehrmeister als Trance bezeichnet hatte. Eben der Ausschluss ablenkender Sinneseindrücke schärfte seinen Geist und machte ihn empfänglich für die subtileren Energien um ihn herum. In jedem Licht spiegelte sich der Geist eines Bewohners des Lagers. Seine Fähigkeiten reichten nur um das Lager in den Fokus zu rücken. Weder die Personen in der Festung im Westen noch die Bürger Calderas waren auch nur annähernd nahe genug, um sie spüren zu können. So gleich auch die Geister der unterschiedlichen Personen wirkten, so unterschiedlich waren sie dann doch, wenn man sie fokussierte.

    So konnte man an ihnen die Stärke, Entschlossenheit und Gedankenaktivität ablesen oder auch einfach nur feststellen, ob die Person schlief oder wach war. Ganz je nachdem, wie gut man seine eigenen Fähigkeiten im Griff hatte. Tarrior sah sich nur als Anfänger in den geistigen Fähigkeiten. Was die erleuchteten Schläfer oder gar die Aschenvampire, Fürst Dagoths Brüder, alles Kraft ihrer geistigen Fähigkeiten und über Visionen vermochten... – seine eigenen Kräften waren dagegen lachhaft. Von Fürst Dagoth war gar nicht erst zu reden. Er konnte sämtliche Bewohner Vvardenfells sehen und ihren Verstand über Träume und Visionen manipulieren, sie sogar in den Wahnsinn treiben. Zwar waren seine Kräfte auch an die Notwendigkeit der großen und kleinen Aschestatuen als Sender und Verstärker gebunden, doch kam niemand seinen Fähigkeiten gleich. Selbst die so genannten Götter des Tribunals vermochten nicht, ihn zu stoppen oder sich ihm entgegen zu stellen. Tarrior selbst konnte froh sein, wenn er jemandem auf diesem Wege eine Nachricht übermitteln konnte. Auch reichte seine Kraft um den Verstand niederer Kreaturen, wie Goblins zu manipulieren und die geistigen Verbindungen zwischen Beschwörern, sofern sie nicht zu mächtig waren und deren Kreaturen zu zerstören oder schwächere beschworene Wesen zu übernehmen. Aber im Vergleich zu den möglichen Kräften war das wirklich nur Anfänger-Niveau.

    Er streckte seine Sinne aus und es war als würde sich sein Geist von seinem Körper trennen, obwohl er das natürlich nicht tat, doch bewegte er sich in Gedanken durch das geistige, verschleierte Abbild der Welt. Er war körperlos und an keinerlei physikalische Gesetze gebunden. Mit einem kurzen Sprung hob er einfach vom Boden ab und besah sich das Lager von oben. Ab und an stieß er herab um sich einige der Lichter aus der nähe anzusehen. Einige der schlafenden Soldaten berührte er sogar mit seinem eigenen Geist. Immer nur sekundenlange Bruchstücke erhaschte er bei der ersten Berührung aus ihren Träumen, die sofort unruhiger wurden, wenn er sich ihnen näherte. Viele hatten Alpträume von den Daedra. Während des Schlafes mussten sie sich Bilder von eingebildeten Schlachten und Blutbädern ansehen. Tarrior entfernte sich nach einer Zeit wieder von den Träumenden, denn langsam sickerte deren Unruhe ihn hinein. Stattdessen schickte der Dunmer seinen Geist auf Wanderschaft und flog zu den Hügeln, die das Landesinnere von der Westspalte trennten. Doch noch bevor er deren Fuß erreichte, war es, als prallte er gegen eine unsichtbare Mauer. Das Land jenseits der Mauer war nur ein einziger verwaschener Fleck. Er vermochte nicht seinen Geist weiter als bis zu diesem Punkt auszustrecken und legte nun alle Kraft in die Konzentration. Auch wenn er sich nicht sehen und die Anstrengung in seinem Körper nicht spüren konnte, so war sich Tarrior dennoch sicher, dass er nun schwitzend und mit gerunzelter Stirn auf dem Hügel saß. Ganz langsam materialisierte sich aus dem verschwommenen Grau des jenseitigen Gebietes die geisterhafte Halbwelt, wie sie bisher auch das Lager dargestellt hatte. Unter Mühen wurde ihm langsam möglich weitere Schritte zu machen, bis er schlussendlich am Fuße des Hügels stand, doch weiter kam er nicht. Von einem Moment auf den anderen brach die Welt um ihn herum in sich zusammen. Die Nebelschicht begann zu verwirbeln und zog alles mit sich. Seine Konzentration hatte sich erschöpft. Tarrior verfolgte gelassen, wie er aus der Trance herausgerissen wurde. Mit schnellem Atem riss er die Augen auf. Das Feuer war fast herunter gebrannt. Nur kleine Flämmchen züngelten nach Luft. Er fühlte sich unglaublich müde. Die Meditation kostete ihn unheimliche Kraft. Mit einem Seufzen gab er seinem Körper und somit dem drängenden Gefühl nach Ruhe nach. Der Dunmer kippte einfach zur Seite und fiel ihn einen langen Schlaf.

    Ein kräftiges Rütteln holte ihn aus den Tiefen seiner Träume. „Geht es euch gut?“: fragte eine Stimme besorgt und mit einem schlecht gelaunten Brummen richtete sich Tarrior auf. Ganz behutsam öffnete er die Augen, da er erwartete vom Licht der Sonne gepeinigt zu werden, doch tatsächlich war nur stark gedämpfte Helligkeit um ihn. Zeltleinen verdeckte seinen Blick gen Himmel und das einzige Licht kam von einigen flackernden Öllampen. „Wo bin ich?“: fragte er und versuchte sich aufzusetzen. Ein stechender Schmerz fuhr durch seinen Kopf und er ließ sich augenblicklich unter einem Stöhnen zurücksinken und faste sich an die rechte Schläfe. „Ihr seid wieder im Lager. Meine Männer fanden euch bewusstlos in den Hügeln“: antwortete die Stimme, die er jetzt endlich Alina zuordnen konnte. Er drehte den Kopf vorsichtig um sie anzuschauen. Sie saß auf einem kleinen Schemel neben dem Feldbett, in dem er nun lag. „Wie spät ist es?“: fragt Tarrior. „Schon um die Mittagszeit. Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Als wir euch am Morgen im Lager nicht finden konnten, habe ich einige der Mitglieder der Liga angewiesen die Gegend abzusuchen. Sie haben euch dann neben einer Feuerstelle liegend vorgefunden, konnten euch aber nicht aufwecken. Sie haben euch dann hierher gebracht. Ihr trugt keine äußeren Verletzungen und wir befürchteten schon ein Kultist der Mythischen Morgenröte hätte euch vielleicht mit seiner Magie erwischt. Was ist passiert“: redete sie ohne Pause. Die vielen schnellen Worte überschlugen sich in seinem ausgelaugten Geist, der im Moment absolut nicht aufnahmefähig war und verhedderten sich in Knäuln. Es dauerte eine Weile bis er den Sinn ihrer Sätze verstand. „Ich kann mich an Nichts erinnern. Ich wollte mir eine Stelle zum Schlafen suchen und dann ist Nichts mehr“: log er. „Es ist besser diese verrückten Fanatiker erfahren Nichts davon, dass ich über gewisse Fähigkeiten verfüge“: überlegte er dabei. Sie runzelte die Stirn und machte ein besorgtes Gesicht.

    „Wenn sie euch etwas antun wollten, haben sie offenkundig versagt. Ich werde beantragen, dass die Wachposten in und um das Lager herum verstärkt werden“: nahm sie sich vor und rief einen Mann in Rüstung zu sich, der wohl eine Botschaft mit entsprechendem Inhalt an jemand Entscheidungsbefugten übermitteln sollte. Als er abgetreten war, wandte sich Tarrior an die junge Bretonin: „Es heißt ja nicht, dass die Mythische Morgenröte dafür verantwortlich ist. Vielleicht könnten…“ „Banditen dafür verantwortlich sein? Macht euch nicht lächerlich. Außerdem ist es egal wer oder was es getan hat, sondern wichtig ist, dass es passieren konnte. Wir hätten euch als unseren Fürsprecher verlieren können!“: schlug sie den Einwand nieder. „Aha. Es geht euch also vor allem um die Fürsprache“: stellte der Dunmer etwas beleidigt fest. „Natürlich wäre der Tod eines aufrechten Mannes wie euch immer ein Verlust“: beeilte sie sich nun noch hinzuzufügen. „Aber im Moment seid ihr für uns vor allem aus ersterem Grund besonders wichtig. Deswegen habe ich auch versucht euch aufzuwecken, was mir, den Neun sei Dank, auch geglückt ist. Ein Bote ist heute früh eingetroffen, um den Anführerrat darüber zu informieren, dass der Abgesandte des Rates von Haus Hlaalu gestern Morgen bereits in Balmora eingetroffen ist. Er wird wohl noch an einigen Besprechungen in der Stadt teilnehmen und sich dann auf den Weg machen. Die Chance steht nicht schlecht, dass er auf den Nachmittag hier eintrifft, da er in Caldera keinen Halt einlegen will. Wenn sich alles zu unseren Gunsten fügt, könntet ihr noch heute mit eurem Haus-Genossen reden. Es wird unsere Sache sicherlich einen großen Schritt voranbringen“: erklärte sie seinen Einsatz für den Plan der Liga zum Hauptanliegen.

    „Da der Moment schon so nahe ist, möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass ich auf der Gegenleistung bestehe. Habt ihr mit den Verantwortlichen in der Festung Andasreth bereits gesprochen?“: erinnerte Tarrior sie an ihren Teil der Abmachung. Alina wich daraufhin seinem Blick aus und schwieg. Der Dunmer erkannte sofort, dass wohl nicht alles zu seiner Zufriedenheit lief. Mit einem Mal kam mit schnellerem Herzschlag auch wieder etwas Kraft in seinen Körper. Schnell stand er aus dem Bett auf, packte sie mit beiden Händen an den Schultern und zwang die kleinere Frau zu ihm aufzusehen und direkt in seine rotglühenden Augen zu schauen. „Nun sagt schon!“: verlangte er ruhig, aber bestimmt. Die Bretonin schluckte und holte noch einmal tief Luft. Dann begann sie zu erzählen: „Ja ich habe einen Boten zur Festung gesandt um dem Führungsstab der Liga euer Anliegen zu unterbreiten und habe mich mit dem Verweis auf euren Einsatz für unsere Sache auch für euch eingesetzt. Euer Ersuchen wurde jedoch mit dem Hinweis abgelehnt, dass sie keinen unerfahrenen Hlaalu-Scholaren auf diese wichtige Mission ansetzen wollen. Es hänge zu viel von den Lieferungen ab, als das man einen Neuling damit betrauen könne. Durchaus erkennen sie aber den Willen uns zu unterstützen an.“ Tarriors Hände krampften sich etwas fester um die Schultern der armen Frau, die nun langsam Abwehrreaktionen zu zeigen begann. „Soll das heißen ich erscheine den Herren in der Festung zu schwach?!“: wollte er nun etwas lauter wissen. Alina konnte nur hilflos nicken. Er ließ sie endlich los. „Ich hoffe ihr werdet uns dennoch helfen, schließlich geht es ja auch um die Sicherheit Vvardenfells“: kam sie nun auf seinen Teil der Abmachung zu sprechen, obwohl sie den Ihren nicht einhalten konnte. Was so auch nicht ganz stimmte, wenn es Tarrior recht bedachte: „Sie hat nur gesagt, dass sie tut, was sie kann. Und bei Dagoth das wird sie!“

    Er wandte sich um und ging wild einige Schritte in dem Zelt auf und ab, bis ihm wieder schwindlig wurde und er sich auf einen nahestehenden Holzstuhl sinken ließ. „Ihr seht noch nicht wieder fit aus. Ihr solltet euch noch etwas ausruhen“: sorgte sie sich. „Ja natürlich. Ich kann ja sonst nicht mehr für euren Plan werben“: zischte er säuerlich. Die Frau setzte nun einen beleidigten Gesichtsausdruck auf. „Ihr seid jetzt ein Kamerad der Liga und deshalb sorge ich mich ganz selbstverständlich um euch. Es geht nicht nur um eure Fürsprache. Ich mache mir wirklich Sorgen. Und ich kann verstehen, dass ihr wütend seid, dass eure Bitte abgelehnt wurde, aber ich habe mein Möglichstes versucht“: wies sie den Vorwurf scharf von sich. Beim letzten Satz lag etwas Entschuldigendes in ihrer Stimme. Bei Tarrior wollte sich dennoch kein versöhnliches Gefühl einstellen. Es hing viel davon ab, dass er es nach Mar Gaan schaffte. „Sie kann nicht einmal im Ansatz verstehen, wie wütend ich bin! Ich würde diesen Telvanni-Hund nur zu gerne in Stücke reißen, aber leider hat er mich in der Hand. Ich habe eine Möglichkeit an Beweise gegen ihn zu kommen, aber ständig legen die Götter und diese fanatischen Trottel mir Steine in den Weg. OH JA! Ich bin wütend!“: brodelte es in den Gedanken des Dunmers. Äußerlich zeigten nur ein starkes Stirnrunzeln und ein stechender Blick, wie es hinter seiner Stirn tobte. Eben mit jenen durchdringenden Augen wandte er sich nun an die Bretonin. „Oh Ja. Du wirst mir helfen!“: dachte er nur. Wenn die Magier der Liga ihn für zu schwach hielten, bedurften sie wohl eines Beweises. „Ihr habt euch für mich eingesetzt, doch hat das leider nichts genützt“: sprach er sie an. Alina zuckte zusammen, denn Tarriors Stimme klang nun hart und boshaft, ganz anders, wie sie es bisher erlebt hatte. Ein Schauer durchlief sie, als er fortfuhr: „Ihr werdet daher etwas anderes für mich tun!“ Die Worte und die Art, wie er sie aussprach, ließen keinen Zweifel daran, dass er darauf bestehen würde.

    „Wenn die Führung der Liga mich für zu schwach hält, würde ich ihnen gerne das Gegenteil beweisen. Ich werde mit dem Abgesandten meines Hauses heute Nachmittag sprechen. Dafür werdet ihr mich morgen früh zur Festung Andasreth begleiten und eurem Anführer sagen, dass ich gegen ihn kämpfen möchte, um meine Kampfkraft unter Beweis zu stellen“: eröffnete er ihr seinen neuen Plan. Ihr Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie diesen Vorschlag ablehnte. „Das könnt ihr nicht verlangen!“: stieß sie hervor und war in diesem Moment genauso trotzig und stur, wie gegenüber dem Nord am vergangenen Tag. „Achja und wieso nicht?“: fragte er und nahm ihr damit den Wind aus den Segeln. „Ich habe zugesagt euch zu helfen und ihr wolltet euer Möglichstes tun. Glaubt ihr euer Möglichstes bestände allein darin einen Brief zu schreiben? Ich habe euch gerade eine weitere Möglichkeit eröffnet, was getan werden kann“: argumentierte Tarrior. Seine Stimme hatte nun wieder einen normalen Ton. Offenbar hatte Alina mit einem stur geführten Streit, wie mit dem Nord gerechnet, doch damit enttäuschte der Dunmer sie. Sie war nun verunsichert: „Aber es ist schwierig euch Zutritt zur Festung zu verschaffen. Wegen der Mythischen Morgenröte und all dem Ganzen… Außerdem wenn ihr uns nicht helft, werden die Daedra Vvardenfell vielleicht überrennen. Müsst ihr denn wirklich unbedingt zu diesem Schrein pilgern? Und euren Bekannten geht es bestimmt gut.“

    Er ergriff sie wieder, doch diesmal nur ihre Hand und drückte sie sanft mit seiner Eigenen. „Ich muss“: sagte er mit einem Ton, der von absoluter Gewissheit zeugte. Dabei blickte er tief in ihre blauen Augen. Wieder schluckte Alina, drehte den Kopf aus seinem Blickfeld und seufzte. „Zumindest an eurer Einsatzbereitschaft werden sie nicht zweifeln, da ihr unbedingt daran teilnehmen wollt. Ich stelle euch der Gildenleitung vor“: sicherte sie ihm nach einigen Augenblicken zu. Tarriors Stimmung hellte sich umgehend auf. Er war am Ziel. Sein Blutdruck sank wieder und mit ihm seine Kräfte. Er fühlte sich, als würde er zu Boden gerissen. „Ich danke euch“: bedankte er sich artig und brachte wieder ein Lächeln zustande, um die bedrohliche Kulisse, die er selbst verschuldet hatte, einzureißen und die Stimmung wieder zu normalisieren. Alina konnte schließlich Nichts für die Absage der Gildenleitung. Sie nickte stumm, aber schien trotzdem sehr nachdenklich. „Ihr habt Recht. Ich fühle mich noch recht schwach. Ich werde mich noch etwas ausruhen. Weckt mich, wenn der Ratsherr eintrifft“: erbat er sich noch etwas Ruhe. Während sich der Dunmer wieder auf das Feldbett legte, verließ die junge Frau das Zelt.

  12. #12

    Skingrad -> Chorrol -> Hammerfell

    Die zweite Nacht in Folge bekam der Rothwardon keine Auge zu, denn abermals wurde ihm bewusst, wie nah er an dem Tod vorbeigeschrammt war in der dunklen Seitengasse. Zuerst der Einbruch, dann der Mord im Wald, zuletzt das Zusammentreffen in der Seitengasse. Ich scheine den Ärger anzuziehen, aber wieso? Vielleicht war er schon immer so gewesen? Er schüttelte im Liegen den Kopf. Nein. Er hatte nicht das Gefühl, schon immer solche Probleme gehabt zu haben. Aber was sagten seine Gefühle schon aus; laut der Dunmerin war er 'alles andere als schlecht ausgebildet', Töten sollte laut ihr zu seinen Fähigkeiten gehören. Glauben konnte er dies nicht, allerdings bewiesen die Bewegungen und die Waffen etwas ganz anderes.
    Kaum war der erste Lichtstrahl durch das Fenster zu sehen, erhob sich der Rothwardon, kleidete sich an und verließ sein Zimmer. Er musste raus aus der Stadt, hier war es zu stressig und zu gefährlich. Anvil war bestimmt besser, sprich weniger gefährlich, aber das war in Anbetracht seiner Erfahrungen mit Skingrad auch keine Kunst. Nur in welche Richtung lag diese Stadt? Wenn er hier irgendwen fragen würde, würde dies nur Aufmerksamkeit erregen, und von der hatte er definitiv schon genug als ihm lieb war. Er brauchte trotzdem Informationen, aber woher sollte er diese bekommen?
    Nachdem er sich von der Besitzerin der Herberge verabschiedet und sie von seiner Abreise in Kenntnis gesetzt hatte, lief der Rothwardon zunächst ziellos durch Skingrad, in der Hoffnung, irgendwelche wegweisenden Schilder zu erblicken. Vor die Stadttore traute er sich noch nicht, denn die Wache würde ihn mit Sicherheit in den Fokus nehmen, wenn er das Tor passierte, nur um auf ein Schild zu schauen.
    Schließlich ergab es der Zufall, dass er auf dem großen Platz vor der Kapelle landete. Ein Priester würde mir bestimmt leichtfertig glauben, dass ich nicht von hier bin und mir weiterhelfen.
    Mit dieser Hoffnung betrat er das große Gebäude. Um diese Zeit war es noch nicht allzu gut besucht, die Morgenmesse war scheinbar schon vorbei, nur eine einzelne Gläubige kniete vor einer Statue mit gesenktem Kopf und murmelte unverständliche Worte in ihre gefalteten Hände. Angestrengt blickte der Rothwardon auf die Schriftzeichen, welche an dem großen Altar im Schiff der Kapelle eingemeißelt waren. "Julianos...", murmelte er vor sich hin und ging langsam auf den Hochelfen zu, welcher neben dem steineren runden Podest stand und einen silberner Kelch ausgiebig und in ruhigen Kreisen polierte. Als er den Rothwardonen bemerkte, blickte er auf und musterte sein Gegenüber etwas abweisend, und als der Altmer den Mund aufmachte, wusste der Rothwardon sofort, an wen er da geraten war.
    "Ja, ihr wünscht?", gab der Hochelf in einem hochnäsigen und herablassenden Ton von sich.
    "Verzeiht die Störung, ich dachte, ihr könnt einem...Reisenden helfen", antwortet der Redguard verunsichert.
    Der Altmer gab keinen Ton von sich, sondern wartete nur ab, wie als wäre er des Fremden jetzt schon überdrüssig.
    "Könnt ihr mir sagen, wie ich nach Anvil oder...Charrol komme?", versuchte es der Rothwardon weiter.
    Der Priester rümpfte mürrisch die Nase, überlegte einen Moment und antwortete dann: "Es heißt Chorrol. Dahin kommt ihr, indem ihr die Stadt zum Osttor verlasst. Anvil liegt in westlicher Richtung.".
    "Habt Dank", sagte der Rothwardon und wendete sich mit einer leichten Verbeugung ab, um die Kapelle zu verlassen. Eigentlich hatte er noch vor, den Priester zu fragen, ob er ihn kenne, aber damit hätte er wohl auf Granit gebissen, dieser Priester wollte ganz offensichtlich nicht gestört werden und sich nicht mehr als nötig mit dem Fremden abgeben.
    Wieder draußen, lenkte der Rothwardon seine Schritte auf die Hauptstraße. Anvil oder Chorrol? Aus den Erzählungen des Mädchens erinnere ich mich, dass sie sagte, Anvil liege am Meer...wenigstens etwas, an dass ich mich erinnere. Ich fühle mich jedoch gar nicht zum Meer hingezogen. Was sollte ich dort? Etwas sagt mir ich sollte nach Chorrol. Aber kann ich mich darauf verlassen, was mir mein Innerstes sagt? Letztendlich blieb ihm nicht anderes übrig, als irgendwohin zu gehen und zu hoffen, sich zu erinnern, so schlug er den Weg zum Osttor ein und ging hindurch. Aufgehalten wurde er von der Stadtwache nicht, diese war gerade damit beschäftigt, einen Händler und dessen Karren zu durchsuchen.

    Tatsächlich fand er draußen ein Schild, welches ihm die Richtung nach Chorrol angab. Darunter war noch 'Kaiserstadt' und 'Bruma' zu finden. Welch seltsame Namen...aber alles hier ist seltsam. Wie weit es wohl bis Chorrol ist? und er blickte sich etwas hilflos um. Die Meisten, welche die Stadt verließen, entfernten sich zu Pferde oder mit einem Wagen. Was würde dagegen sprechen, wenn er sich nach Chorrol auf dieselbe Weise transportieren lassen würde wie er nach Skingrad gekommen war? Wie auf Kommando fuhr gerade ein Karren vorbei, und der Rothwardon stellte sich leicht in den Weg, sodass der Mann halten musste. "Was zum...", fluchte der Nord auf dem Bock und setzte schon zu einer Schimpftriade an. Der Rothwardon hielt ihm aber schon eines seiner Goldstücke unter die Nase.
    "Fahrt ihr nach Chorrol? Könnt ihr mich mitnehmen?".
    Die Augen des Mannes weiteten sich.
    "Junge, dafür würd ich mitten ins Herz von Himmelsrand fahren, nackt und ohne etwas zu essen", die Stimmung des Händlers schlug merklich um. "Worauf wartet ihr noch, springt auf", und der Rothwardon war kaum auf den Wagen geklettert, da fuhr der Nord auch schon los. Das ist nicht der Erste, der seltsam reagiert auf diese Münzen, dachte er sich, sagte aber nichts, sondern verbrachte den Großteil der Fahrt schweigend neben dem Händler.

    Nach einer Weile wurde es dem Nord wohl zu langweilig, denn er suchte zuerst den Blick des Rothwardonen neben sich und sprach ihn dann an. "Sagt, Junge, nicht dass ich euch zu nahe treten will, aber warum kauft ihr euch von dem Gold nicht gleich ein eigenes Pferd? Davon habt ihr länger etwas, wärt schneller und müsstet nicht mein Gesaufe ertragen", lachte er und nahm einen Schluck aus dem Krug Met, den der Nordmann schon zum x-ten Mal nachgefüllt hatte. Ein ganzes Pferd? Für eine lumpige Goldmünze? Er wusste nicht was er sagen sollte und zuckte stattdessen nur mit den Schultern. Der Nord nahm dies rülpsend zur Kenntnis, gab aber sein Vorhaben, etwas über seinen Mitfahrer herauszufinden, nicht auf. "Was wollt ihr in Chorrol, Junge?".
    "Herausfinden wer ich bin...", nuschelte der Rothwardon teils als Antwort, teils zu sich selbst.
    Zunächst herrschte Stille, dann lachte der Nord. "Ah, verstehe, einer dieser vieldeutigen Antworten. Versuchen wir nicht alle Herauszufinden, wer wir sind?", und er ließ ein ersticktes Glucksen hören; ab dann war er ruhig, bis sie schließlich bei Abenddämmerung Chorrol erreichten.
    "Endstation, Junge", grinste der Nord den Rothwardonen an. Dieser nickte jedoch nur und stieg ab. "Ich danke euch", sagte er schließlich noch, wandte sich zum Stadttor und kehrte dem Nord den Rücken zu.
    "Komischer Junge...", murmelte der Händler noch, wendete den Wagen und fuhr Richtung Kaiserstadt davon.

    Auf dem Weg zum Tor dachte der Rothwardon nochmal über die Dunmerin nach. Wem genau er es zu verdanken hatte, dass er noch lebte, wusste er selbst nicht. Sich selbst? Ihr? Einer höheren Macht? Vielleicht diesem Julianos, dem die Kirche in Skingrad gewidmet war? Was war, wenn sie ihm gefolgt war? Verstohlen blickte er sich um, aber außer den Stallungen, dem mit Fackeln beleuchteten Stadttor und den davor positionierten Wachen konnte er niemanden sehen. Aber hier auf dem Platz war er eine ideale Zielscheibe, also nichts wie rein. Die Wächter hielten ihn nicht auf beim Betreten der Stadt, dachten sie wohl er wäre ein Landstreicher wegen seiner schäbigen Robe.
    Drinnen fiel dem Rothwardonen sofort die Statue gegenüber des Tores auf, und er blieb davor stehen und versuchte in der Dämmerung die Inschrift zu lesen. "St. Osla...", murmelte er vor sich hin und betrachtete die Bildhauerkunst. Ein gefallener Soldat wurde von einer Frau versorgt. Oder trauerte sie um den Mann? Für den Redguard war die Szene nicht eindeutig, auch was so etwas auf einem scheinbar öffentlichen Platz zu suchen hatte erschloss sich ihm keinesfalls. Schulterzuckend wandte er sich ab, zu viel Merkwürdiges hatte er schon gesehene in den letzten Tagen, da kam es auf eine komische Statue mehr oder weniger auch nicht mehr an.
    Gleich hinter dem Brunnen erblickte er das Schild einer Herberge, soviel hatte er dieser Tage schon gelernt, aber abermals war es der Name, der ihm suspekt erschien. Eiche und Krummstab? Wie bitte?, stand er etwas verwirrt vor der Herberge. In Zukunft würde er sich über keine Namen mehr wundern, das würde ihn nur noch mehr zu Grübeln geben, und damit betrat er die Taverne.

    Drinnen stach sofort die Bar ins Auge, dahinter stand ein seltsam anmutendes Katzenwesen. Er hatte davon gelesen, kam aber nicht mehr auf den Namen ihrer Rasse. Außer der Khajiit, welche sich als Besitzerin der Herberge herausstellte, befanden sich nur zwei weitere Gäste hier im Raum; ein Ork an der Bar, welcher regungslos in den Krug vor sich starrte, und eine Kaiserliche mit mittellangen, braunen Haaren im mittleren Alter am Kamin.
    Der Rothwardon trat an die Bar, die Schnurrhaare der Khajiit zuckten und sie blickte auf. "Willkommen im Eiche und Krummstab, der Herberge, welche besser ist als die graue Stute. Ich bin Talasma. Was kann ich für euch tun?".
    Hatte ich nicht etwas von einem seltsamen Akzent dieser Wesen gelesen? Egal. Der Rothwardon nickte. "Ich hätte gern ein Zimmer und etwas zu essen", und nach einer kleinen Pause entschloss er sich zu etwas Forschheit und legte eines der Goldstücke auf den Tisch, "ich zahle auch im Voraus". Die Ohren von Talasma zuckten, als sie das Goldstück in den Pfoten drehte und wendete, den Neuankömmling wachsam musterte, dann aber nickte. "Natürlich, ich werde euer Zimmer herrichten lassen, derweil bekommt ihr etwas zu essen. Setzt euch. Was wollt ihr trinken?".
    Der Rothwardon zuckte mit den Schultern. "Ich nehme einen Wein, egal welchen.". Tatsächlich war dieses Getränk das Einzige, was ihm auf Anhieb einfiel. Damit ließ er sich an einem der Tische im Raum nieder und stützte den Kopf in die Hände. Das alles hier kam ihm so unwirklich und suspekt vor. Wie als wäre alles ein böser Traum, aus dem er nicht aufwachen würde, egal was er tat.
    Er hing noch eine Weile seinen Gedanken nach, dann endlich kam sein Essen und der Wein. Beides vertilgte er rasch, ihm war gar nicht bewusst gewesen, welchen Hunger er die ganze Zeit gehabt hatte. Sogleich kam Talasma an seinen Tisch und legte einen Schlüssel darauf. "Euer Zimmer ist die Treppe hinauf, geradezu. Ich wünsche euch eine gute Nacht, oder habt ihr noch einen Wunsch?".
    Der Rothwardon schüttelte den Kopf, erhob sich und schleppte sich mehr als er ging die Treppe hinauf. Ihm war mit einem Mal schwindlig, und das erste Mal an diesem Tag hatte er wieder diese pochenden Kopfschmerzen, dieselben wie in der Ruine aus der er geflohen war. Er machte etwas hektisch die Tür hinter sich zu und schloss sie schnell ab, er konnte es sich nicht leisten, dass jemand seine Ausrüstung sah, welche er, nach der Robe, achtlos vor den Schrank fallen ließ. Er legte sich auf das Bett, der ganze Raum drehte sich; die Hände vor den Augen flüsterte er sich selbst gut zu. "Tief durchatmen, kein Grund, jetzt durchzudrehen...", und langsam öffnete er wieder die Augen. Der Raum drehte sich immer noch, allerdings nicht mehr so stark wie davor. Er strich sich mit den Händen über den nackten Oberkörper, er war verschwitzt, kalte Schweißtropfen rannen ihm durch die Finger. Plötzlich bemerkte er, dass seine linke Schulter taub wurde. Genauer gesagt strahlte dies von seiner linken Brust auf seine Schulter und von da auf den gesamten Arm. "Was zum...", murmelte er ungläubig und wollte sich aufrichten, aber es ging nicht. Er spürte Panik in sich aufsteigen, aber diese wurde jäh unterbrochen, als ihm schwarz vor Augen wurde...

    Er stand, nur mit einem Lendenschurz bekleidet, aufrecht vor dem mit Schlangenhaut bekleideten Mann. Die Musterung seiner Robe verlieh ihm etwas Mystisches, etwas Erhabenes, etwas...Unantastbares. Um ihn herum standen Menschen und bildeten einen Kreis um sie beide, sie alle hatten etwas gemeinsam: Sie trugen grotesk anmutende Masken, dabei machten sie seltsam, ruckartige Bewegungen, was durch das dämmrige Fackellicht eine unheimliche Note bekam; aber er fühlte keine Angst, nein, eher geborgen, und dabei blickte er sich ruhig um. Der Mann vor ihm sang ein Lied in einer seltsamen Sprache und sah ihn dabei unentwegt an. Seine Augen waren schwarz wie die Nacht, und fest erwiderte er den Blick. Neben dem Mann stand ein Korb. Langsam nahm der Schlangenmann den geflochtenen Deckel des Behältnisses ab, legte ihn behutsam beiseite, griff hinein. Eine schiere Ewigkeit verharrte er so, es schien, als würde er sich nie wieder aufrichten. Dann aber tat er es doch, und um seinen Arm, welchen er behutsam aus dem Korb zog, hatte sich eine schwarze Schlange gewickelt, welche bedrohlich zischelte und ihren Kopf nach allen Richtungen ausstreckte, als würde sie etwas suchen. Das Zucken der umstehenden Personen hatte, sobald das Tier sichtbar wurde, aufgehört, und alle schienen die Schlange voller Ehrfurcht anzusehen. Der Mann mit der Schlange an seinem Arm trat auf ihn zu und blieb vor ihm stehen, streckte den Arm mit dem gefährlichen Tier in seine Richtung aus, und die Schlange fixierte ihn sofort wütend, zischelte immer bedrohlicher; abgesehen davon herrschte Totenstille. Er hatte keine Angst, blickte dem Mann weiterhin ins Gesicht, wendete die Augen dann auf die Schlange und starrte diese ebenso an. Der Mann hob schließlich seine freie Hand, ballte sie zur Faust, und mit einem mal riefen er und die Umstehenden laut: Satakal, zeig deine Gnade und schenk uns ein weiteres Kind! Heil Yokuda!
    Die Schlange, durch diesen plötzlichen Bruch der Stille aufgeschreckt, griff sofort an. Sie schoss aus ihrer S-Haltung hervor und grub ihre Zähne in seine linke Brust. Er spürte förmlich das Gift des Tieres in sich schießen und sich in seinen Blutbahnen ausbreiten. Er stand noch einen Moment da, die Schlange hatte bereits von ihm abgelassen und kroch davon. Seine Augen lagen auf seiner Brust, zwei kleine Einstiche, aus denen Blut quoll, waren sichtbar. Langsam hob er den Blick, der Mann vor ihm lächelte und hatte die Arme zum Nachthimmel gestreckt; dann gaben seine Beine nach, er sank auf die Knie und fiel vornüber in den Wüstensand. Als er bereits auf dem Boden lag, kam es ihm vor, als würde er immer noch fallen, aber dann umgab ihn plötzlich nur noch Schwärze und er fühlte sich schwerelos, während die Bewusstlosigkeit von ihm Besitz ergriff...


    Die Augen weit aufgerissen, schreckte er vom Bett hoch. Er atmete schwer und befühlte seinen Körper, wie als könne er nicht glauben, endlich wieder wach zu sein. Was für ein verrückter Traum. Aber...war es ein Traum? Panik ergriff ihn, als er an die Schlange dachte, an den priesterähnlichen Mann, an die grotesken Figuren um sich herum. Ein Rundumblick verriet ihm, dass er sich jedoch tatsächlich im Zimmer der Herberge befand, zugegebener Maßen in einem sehr Schönen. Draußen war es noch dunkel, so hatte er keine Ahnung, wie lange er geschlafen hatte oder wie spät es war. Schwerfällig und mit zittrigen Knien stand er auf und zündete die Kerze neben dem Bett an. Mit ihr in der Hand ging er zu einem großen Garderobenspiegel, welcher sich gleich neben dem Kleiderschrank befand, und blickte hinein. Das Kerzenlicht ließ ihn unheimlich erscheinen, augenblicklich dachte er wieder an die lodernden Fackeln und das unrhythmische Zucken der Figuren...und an die Schlange, welche ihn biss. Der Rothwardon ging näher an den Spiegel und betrachtete seine linke Brust; sie wies das Tattoo einer Schlange auf, auf den ersten Blick sehr kunstvoll, aber für ihn hatte es seit dem Traum eine abschreckende Wirkung. Er blickte es genauer an...und traute seinen Augen nicht, er ging noch näher an den Spiegel und hielt die Flamme der Kerze fast bis an seine Haut. Die Augen der tätowierten Schlange waren ausgespart, und in ihnen ließen sich zwei kleine, punktförmige Narben erkennen. Wie von einem Schlangenbiss. Wie von dem Schlangenbiss in seinem Traum.
    Entgeistert musterte er sein entsetztes Gegenüber im Spiegel; wie lange er hier gestanden hatte, wusste er nicht, dann jedoch drehte er sich um und ging zurück zum Bett, stellte die Kerze auf das kleine Tischchen und legte sich wieder hin. An Schlafen war jetzt abermals nicht zu denken, stattdessen lag er wach im Bett und starrte an die Decke. Hatte er jetzt Angst vor dem Schlafen? Ja, irgendwie schon; andererseits hatte er das Gefühl, dass dieser Traum gar keiner war, sondern vielmehr eine Erinnerung aus seinem Leben. Was konnte es also schaden, noch mehr zu erfahren? Schon fühlte er, wie ihn die Müdigkeit übermannte, aber diesmal fiel er in einen traumlosen Schlaf, aus dem er erst spät am nächsten Tag wieder erwachte.

    Kaum war er aufgestanden, hatte sich der Rothwardon einen Zettel von dem Tisch gegriffen und mit der dabei liegenden Feder drauflos geschrieben, denn er wollte keineswegs vergessen, was ihm diese Vision mitgeteilt hatte. "Satakal...Yokuda...Schlange...nein, giftige Schlange, ja...Masken", murmelte er während des Schreibens vor sich hin und betrachtete danach kurz sein Werk. Ihm kam dies alles so grotesk vor, aber darüber konnte er sich ein andermal den Kopf zerbrechen. Eilig kleidete er sich an und verließ das Zimmer und die Herberge hastig. Erst draußen vor der Tür, wobei er feststellte dass schon später Nachmittag war, fiel ihm auf, dass er ja gar nicht wusste, wohin er nun gehen, geschweige denn was er mit den Informationen anfangen sollte. Ziellos wandte er sich nach rechts, und wie es der Zufall wollte, erblickte der Rothwardon sogleich ein Schild, auf dem stand 'Renoits Bücher'. Hier gibt es bestimmt etwas, dass mir weiterhelfen kann, dachte er und betrat das Geschäft.
    Drinnen wurde er sogleich von einer Bretonin freundlich empfangen. "Estelle Renoit, freut mich", überschüttete sie den Rothwardonen förmlich mit ihrer Freundlichkeit und wartete neugierig dreinblickend ab, was er denn hier wollte.
    "Guten Tag", stammelte er zunächst nur, dann aber überwand er sich aufgrund des freundlichen Blickes der Frau dazu, mit der Sprache heraus zu rücken. "Ich suche Informationen über den oder das Satakal, und über einen Yokuda. Hat das zufällig etwas mit Schlangen zu tun? Oder Masken?". Erst als er das ausgesprochen hatte, wurde ihm bewusst, wie unzusammenhängend das geklungen haben musste. Diese Annahme wurde durch das fragende Gesicht der Bretonin bestätigt.
    "Verzeiht...", setzte der Rothwardon erneut an und reichte ihr den Zettel, blickte sich dann um, und als er niemanden weiter in dem Laden erblickte, fuhr er halblaut fort. "Ich habe mein Gedächtnis verloren und habe letzte Nacht von den Dingen auf dem zettel da geträumt. Ich bin mir bewusst, wie absurd das ganze ist, aber könnt ihr mir weiterhelfen? Ich habe das Gefühl, dass diese Dinge etwas mit meiner Identität zu tun haben.".
    Er erwartete jetzt so etwas wie Ablehnung, Gelächter oder dergleichen; stattdessen aber machte die Frau einen nachdenklichen Gesichtsausdruck und studierte den Zettel. Eine Zeitlang war es vollkommen still, dann blickte Estelle auf und musterte den Rothwardonen, ehe sie antwortete.
    "Ich hoffe für euch, dass ihr nicht mit den Satakal in Verbindung steht, denn das was ich über sie las, ist alles andere als erfreulich gewesen...", begann sie halblaut, fuhr dann aber fort. "Ich habe nicht viele Bücher zu ihnen da, keines was sich speziell mit ihnen beschäftigt. Yokuda allerdings, dabei handelt es sich schlicht und einfach um die Provinz Hammerfell. Die Satakal sind ein alter Nomaden-Stamm, der dort lebt und auch dementsprechend etwas...altmodische Weltanschauungen und Glaubensrichtungen vertritt." Es folgte eine Pause. "Redet mit Casta Scribonia. Sie ist Autorin und hat schon oft über Hammerfell und seine Geschichte geschrieben, sie wird euch bestimmt weiterhelfen können. Ihr findet sie in der Taverne Eiche und Krummstab. Vielleicht auch der Priester Otius Loran in der Kapelle, er ist ebenfalls sehr bewandert was die alten Bräuche und Kulturen angeht. ich hoffe, ich konnte euch helfen...", endet die Bretonin schließlich.
    Der Rothwardon seinerseits war zunächst etwas überrascht. Mit sovielen Informationen hatte er nicht gerechnet, sodass der jetzt nur ein aufrichtiges "Habt Dank" hervorbrachte und den Laden verließ. "Casta Scribonia? In derselben Taverne wie ich? War das etwa die Frau unten am Feuer?". Etwas hektisch machte er sich auf den Rückweg zur Herberge, und dort angekommen spricht er sogleich die Khajiit an.
    "Casta Scribonia? Ja, sie wohnt hier. Aber im Moment ist sie nicht im Haus. Sie schlendert gern des Tages durch die Stadt, spricht mit Menschen oder genießt die Ruhe in der Kapelle. Warum, kann ich etwas ausrichten?", und die Ohren der Katze zuckten neugierig. Der Rothwardon aber winkte ab, verließ die Herberge wieder und schaute sich suchend um. Die Kapelle? Wo war die Kapelle? Er brauchte einen Moment, ehe er begriff, dass er geradewegs darauf starrte. Nun wurde ihm bewusst, dass er in Hektik verfiel. Er musste sich beruhigen, nur dann war es möglich, klare Gedanken zu fassen. Aber hatte er das nicht schon viel zu oft erfolglos versucht? Ja, das schon, aber nun war die Situation eine andere. Er hatte eine Spur.

    Als er die Kapelle betrat, umfing ihn eine wohlige Kälte. Rein vom Baulichen her unterschied sich diese Kapelle nicht groß von der in Skingrad, abgesehen von der anderen Heiligkeit, die hier angebetete wurde. In der Kapelle selbst sah der Rothwardon zunächst niemanden, allerdings wirkte das Bauwerk auch nicht verlassen. Er machte ein paar Schritte, bis er auf dem Teppich stand, welcher zum Altar führte, und blickte sich um. Immer noch war niemand zu sehen, aber er bemerkte eine Treppe, die nach unten führte. Vorsichtig spähte er hinab, aber außer einer von Fackeln erleuchteten Tür sah er nichts. Plötzlich legte sich eine Hand auf seine Schulter, der Rothwardon erschrak und fuhr hastig herum; nun blickte er in das freundliche Gesicht eines Kaiserlichen.
    "Habt keine Furcht, mein Junge...", säuselte der Mann und ließ ein Lächeln sehen.
    Ganz anderes Kaliber als noch in Skingrad, schoss dem Rothwardonen durch den Kopf. Er straffte sich und sprach den Mann an. "Entschuldigt mich. Ich suche den Priester Otius Laron...".
    Der Kaiserliche grinste noch breiter als davor. "Man nennt mich zwar Otius Loran, aber eure Suche hat wohl ein Ende. Sagt, was ist euer Begehr?", und er faltete die Hände, anscheinend wollte er wirklich aufmerksam zuhören, und das einem Fremden gegenüber.
    "Man sagte mir, ihr kennt euch mit der Geschichte von Yokuda aus. Die Buchhändlerin hier im Ort hat mich an euch verwiesen. Ich habe mein Gedächtnis verloren und suche Antworten. Ich habe von den Satakal und Yokuda geträumt...", platzte er mit einem Mal heraus, und im Gesicht des Priesters war deutlich zu sehen, dass er etwas überrumpelt war. Aber ehe er etwas dazu sagen konnte, trat eine Frau hinter einer Säule hervor, ebenfalls eine Kaiserliche.
    "Satakal? Habe ich das richtig verstanden?", und schon gesellte sich die Frau zu ihnen. Der Priester aber hob beschwichtigend die Hand.
    "Ruhig, Casta, lasst ihn doch erst einmal in Ruhe erzählen".
    Der Rothwardon erkannte die Frau aus der Herberge, und der Name gab ihm die letzte Gewissheit, dass er jetzt die besagte Autorin Casta Scribonia vor sich hatte.
    Nach einem kleinen Gespräch führte sie der Priester in ein kleines Zimmer, welches wohl als eine Art Arbeitszimmer fungierte. Hier erzählte der Suchende ihnen seine Geschichte; von der Ruine, von seinen Weg nach Skingrad und seinen Erlebnissen dort (die Dunmerin und seine Feststellung, dass er wohl sehr geübt im Töten war, ließ er gekonnt aus), und von seinem Traum, den er gehabt hatte.
    Nachdem er geendet hatte, blickten sich die Autorin und der Priester an, und dann ergriff Letzterer als erster das Wort.
    "Nun, mein Junge, wir glauben euch. Anscheinend hat euch das Schicksal kein schönes Los ausgeteilt, doch was die Neun Göttlichen euch auch für Prüfungen auferlegen, sie müssen einen Grund dafür haben. Stendarr...", dann aber wurde er jäh von Casta unterbrochen.
    "Otius, ich glaube, ihr könnt euch diese Schicksals- und Göttereinleitung sparen, er wird sie nicht verstehen...", und dabei grinste sie vielsagend, dieses poetische Gerede des Priesters schien öfters vorzukommen, denn er nickte entschuldigend und fuhr dann fort.
    "Verzeiht mir, mein Junge. Also, aus euren Erzählungen entnehme ich, dass ihr aus Yokuda, auch Hammerfell genannt, stammt. Es liegt an der nordwestlichen Grenze Cyrodiils und ist die Heimat der Rasse, der ihr angehört, Rothwardon. Euer Volk ist für sein robustes Auftreten bekannt, dieser Einschätzung scheint ihr auch voll und ganz zu entsprechen, wenn ich euch so ansehe, denn bei dem, was ihr durchgemacht habt in den letzten Tagen würde unsereins bei weitem nicht noch so gut erhalten aussehen. Aber ich schweife wieder ab, verzeiht abermals. Die Rothwardonen sind auch sehr traditionstreu, und viele in Hammerfell halten noch an den alten Gebräuchen fest, zu denen auch das Nomadentum zählt...", und der Priester blickte auffordernd zu Casta, welche sofort weiter erzählte. "Die Satakal, die ihr erwähntet, sind einer dieser Nomadenstämme, die der ehrenwehrte Otius soeben ansprach. Ich vermute stark, dass ihr zu ihnen gehört, denn was ihr dort aus eurem Traum beschrieben habt, ist ein Aufnahmeritual in den engsten Kreis der Satakal. Sie beten einen Schlangengott namens Satakal an, und dabei wird, wie sollte es auch sonst anders sein, die betreffende Person von einer giftigen Schlange gebissen. Nur wenige überleben dies, aber wenn sie es tun, dann wird ihnen als eine Art Anerkennung eben jene Tätowierung einer Schlange verliehen wie ihr sie mit euch herumtragt. Da dieser Aufnahmeritus sehr verschleißend ist was die Überlebenden angeht, wird er nur bei besonderen Leuten vollzogen, was uns zu der Frage bringt, wodurch EUCH diese Ehre zu Teil wurde. Ein Priester seid ihr nicht, zumindest seht ihr nicht danach aus, und solche verlassen auch ihren Stamm nicht, sondern bleiben stets bei ihm. Auf das Oberhaupt trifft dasselbe zu. Bleibt also nur einer der sogenannten Jäger. In unserer Sprache würden sie wohl Vollstrecker oder Assassinen heißen; sollte es Probleme mit anderen Stämmen oder unliebsamen Personen geben, kümmern sich diese Jäger darum. Sie werden nicht bezahlt, noch geht es um Ehre oder dergleichen; sie tun dies einzig und allein aus Ergebenheit zu ihrem Gott Satakal, und sehen die Priester ihres Stammes als Sprachrohr an.".
    Der Rothwardon hatte geschwiegen, aber mittlerweile wusste er, worauf die Autorin hinauswollte. Er war also wirklich ein Auftragskiller. Quasi wirklich wie diese Dunmerin in Skingrad, wie war doch gleich ihr Name. Dabei machte es für ihn keinen Unterschied, ob er dies aus Ergebenheit zu irgendeinem Schlangengott tat oder um des Geldes willen.
    Es herrschte eine Weile Schweigen, Otius und Casta beobachteten den Rothwardonen, wie er mit leerem Blick zu Boden starrte.
    Seine Gedanken rasten. Gut, du bist ein Auftragskiller ohne Gedächtnis. Was für eine Ausgangssituation. Willst du wirklich noch mehr wissen? Was ist mit deinem Namen? Wenn du ihn erfährst, erinnerst du dich bestimmt auch an alles andere; wer weiß wen du schon umgebracht hast. Du könntest ein neues Leben beginnen. Hier, in Cyrodiil, oder wie auch immer der Ort hier heißt. Aber würde dich das Glücklich machen? Wenn du dich Jack oder Otius oder sonstwie nennen würdest? Diese Namen sind so fremd, das wärst nicht du. Und was ist wenn du dich plötzlich irgendwann erinnern würdest? Dein Leben würde abermals zerbrechen. Nein, es liegt schon alles in Trümmern, das muss nicht nochmal passieren...
    Mit einem Mal blickte er auf. "Wie finde ich meinen Stamm?", fragte er unverhohlen, und die beiden Kaiserlichen waren sichtlich überrascht und blickten sich an. Der Priester fand zuerst seine Stimme wieder.
    "Das wird nicht so einfach wie gedacht, Junge. Die Satakali sind wie alle anderen Nomaden auch. Sie haben keinen festen Ort, an dem sie sich aufhalten. Einzig die Alik'r-Wüste wäre als Gebiet zu nennen, auf das sie sich beschränken. Freut euch jedoch nicht zu früh, es gibt einige verschiedene Stämme, welche Fremden und ganz besonders anderen Stammes-Mitgliedern alles andere als freundlich gesonnen sind. Außerdem ist die Wüste nicht gerade klein.". Die Autorin sagte nichts, aber für den Rothwardon stand seine Entscheidung schon fest. Er würde in die Wüste gehen und erfahren, wer er ist; lieber würde er dabei umkommen als sich weiter wie ein Fremder zu fühlen.
    "Ich werde gehen...", sagte er mit fester Stimme und blickte in die Gesichter.
    "Es ist eure Entscheidung, mein Junge...", meinte der Priester diplomatisch, die Augen von Casta Scribonia jedoch fingen an zu leuchten.
    "Wenn ihr es schafft, helft ihr mir ein Buch darüber zu schreiben?". Der Rothwardon war überrascht über diese Bitte, und auch der Priester schnappte nach Luft. "Casta...ich muss doch bitten!", keuchte er, aber diese ließ sich nicht beirren, und so nickte der Rothwardon schließlich vage, bevor er sich verabschiedete und die Kapelle verließ.

    Lange musste er nicht suchen in Chorrol, da hatte er schon einen rothwardonischen Händler gefunden, welcher mit seinem etwas exotischen und sandverkrusteten Wagen auf dem Marktplatz gastierte und seine Waren feil bot. Als der ihm unbekannte Mann an seinen Stand trat, ließ der Händler von der Kundin, die er gerade noch beraten hatte, ab und wendete sich ihm zu.
    „Grüße. Wann fahrt ihr wieder nach Hammerfell?“, fragte der Rothwardon und musterte ihn. Seine Gewänder waren einfach und leicht, wie man es erwarten würde, wenn jemand länger in einer warmen Region unterwegs ist. Seine Haare waren mithilfe vieler kleiner Perlen zusammengeflochten, man konnte den Eindruck gewinnen, dass er typisch traditionell wirken wollte um seine Waren besser verkaufen zu können. Der Mann blickte etwas skeptisch drein, antwortete dann aber: „Mein Wagen ist so gut wie leer. Warum, wollt ihr mitkommen?“. Er muss den Händler fragend angeschaut haben, denn dieser setzte sofort nach: “Schaut nicht so; Ihr seht so aus als ob ihr aus der Wüstengegend stammt, ich habe einen Blick dafür. Wenn ich euch mitnehme, erwarte ich aber, dass ihr mir erzählt, was euch hier in diese Gegend verschlagen hat.“. Der Gedächtnislose nickte, was hatte er schon zu verlieren, wenn er diesem Mann alles erzählte, was er wusste, ausgenommen die Sache mit den Auftragsmorden. Wer weiß, vielleicht erfuhr er neue Einzelheiten aus Hammerfell.
    Kurze Zeit später baute der Händler seinen Stand ab. Der Rothwardon half ihm dabei, ihm kam es fast so vor, als wäre der Mann etwas neugierig und würde deswegen sein Lager früher abbrechen, denn noch lagen einige Waren auf dem Karren.
    Die Sonne war schon am Untergehen, als sie auf dem Karren saßen und auf der Straße nach Hammerfell fuhren. Die Gespräche drehten sich größtenteils nur um das Erlebte des Rothwardonen, wobei er jedoch geschickt die Geschehnisse mit der Dunmerin aussparte. Viel Neues hatte der Händler nicht zu berichten, er erzählte ein Wenig über die Gegend und die Wüste. Hilfreich wurde es erst, als er auf die Stämme zu sprechen kam. „Alle beten sie diesen komischen Schlangengott an. Wenn ihr wirklich einer von ihnen seid oder wart, dann wirkt ihr ganz und gar nicht wie diese Verrückten. Fremden gegenüber sind sie wirklich nicht sehr freundlich gesonnen. Am Besten, ihr sucht euch eine Karawane und reist mit dieser mit, als Wächter oder Helfer, dann seid ihr relativ sicher und könnt nach Erinnerungen suchen oder hoffen, dass euch jemand erkennt.“. Mittlerweile war es schon dunkel geworden, der Händler fragte auch schon ob sie lieber rasten sollten, aber der Rothwardon winkte ab und bewegte den Mann zum Weiterfahren. Den aufkommenden Hunger stillten die beiden mit Trockenfleisch und irgendwelchen stachelbewehrten Früchten, welche noch auf dem Karren herumlagen.
    Zum Glück war es eine klare Nacht, so konnte der Rothwardon die sich verändernde Umgebung auf ihren Weg nach Hammelfell sehr gut wahrnehmen. Die großen Laub- und Nadelbäume waren schon lang verschwunden, und je weiter sie Richtung Grenze kamen, desto mehr verkam die Vegetation zu kleinen Sträuchern, und auch das Terrain wurde bergiger. Kaum eine Stunde später waren sie dann in Hammerfell. Der schlammige Untergrund der Straße verwandelte sich immer mehr in groben Schotter, das Gras und die Felsen der Umgebung in trockene, nur noch mit vereinzelten Grasbutzen verzierte Steppe. In der Ferne türmten sich hohe Berge auf, welche im Mondlicht wie spitze Zacken gen Himmel wuchsen, und einige Zeit kam es dem Rothwardonen so vor, als würden sie ins schwarze Nichts fahren; dann aber erkannte man am Fuße der Gebirgskette schwache Lichter, welche rasch näherkamen. Ein fragender Blick Richtung Händler entlockte ihm nur ein Achselzucken und ein monotones Murmeln von wegen „Nur eine Siedlung“.

    Diese Siedlung entpuppte sich als eine kleine Ansammlung von geduckten Häusern aus gehauenen Felsen und wurde Steinmoor genannt. Der Händler lenkte seinen Wagen zu einem der Häuser, an welchem sich seitlich ein kleiner Anbau befand, stieg ab und klopfte an die Tür. Sogleich wurde geöffnet, und zur Verwunderung des Rothwardonen blickte ihnen eine Hochelfe entgegen mit dem typischen, überheblich wirkenden Blick welcher wohl bei allen Vertretern dieser Rasse zu finden war. Der Händler aber ließ sich nicht beirren und redete auf die Frau ein, und schließlich wurden sie eingelassen. „Habt ihr Geld?“, fragte der Händler, und daraufhin bekam er von dem Rothwardonen eine der Goldmünzen, mittlerweile waren es nur noch wenige. Der Händler bekam große Augen und beäugte das Goldstück, steckte es dann aber ein und bezahlte von seinem eigenen Geld die Hochelfe, scheinbar war das hier so etwas wie eine Herberge, denn sie bekamen zwei Schlüssel und die Elfe deutete auf zwei verwahrlost aussehende Türen.
    Die Skepsis, welche sich beim Anblick der Tür in dem Rothwardonen angesammelt hatte, wurde leider bestätigt, denn in dem kleinen Raum, der nicht größer war als ein kleiner Schuppen, stand lediglich ein modrig aussehendes Gestell mit einer grob geflochtenen Hängematte, darauf ein fleckiges Kissen und eine dünne Leinendecke; gar kein Vergleich zu der Herberge in Skingrad und Chorrol, soviel stand fest. Als er sich darauf niederließ, knackte die Konstruktion bedrohlich, und er traute sich die ganze Nacht nicht, sich bequem hinzulegen, aus Angst, mit der Hängematte zusammenzubrechen.

    Am nächsten Morgen stand der Rothwardon mit dem ersten Sonnenstrahl auf; er hatte nicht viel geschlafen, eher vor sich hingedämmert, aber zu seinem Staunen hatte dieses „Bett“ wirklich gehalten. Einen Spiegel gab es hier nicht, und er war sich sicher, dass er den spöttischen Blick der Hochelfe draußen am Tresen mehr als verdient hatte, so wie er wahrscheinlich aussah. „Ist der Händler schon wach?“, fragte er mit etwas gequälter Stimme, seine Knochen schmerzen von der unbequemen Nacht. Wortlos schob sie ihm einen zettel hin, auf dem mit krakeliger Schrift geschrieben stand:
    Bin wieder zurück nach Cyrodiil. Für dein Gold habe ich euch eines meiner Pferde vor der Tür gelassen. Reitet gen Norden über North Hall und Vulkneu Town nach Riverpoint, dort gibt es viele Wüstenkarawanen. Ich wünsche euch viel Glück.
    Darunter war weder ein Name noch sonst ein Kürzel zu sehen. Der Rothwardon schob den Zettel zurück und verließ wortlos das Haus; die Hochelfe quittierte das mit einem verächtlichen Schnauben und zerknüllte den Zettel.
    Draußen vor der Tür stand tatsächlich das schwarze Pferd des Händlers samt Sattel. „Wer weiß, am Ende ist das Gold soviel wert, dass er davon 10 neue kaufen kann“, murmelte er vor sich hin und löste das Pferd von dem Zaun, an welchem es angebunden war, und saß auf. Reiten bereitete ihm keinerlei Probleme, zu seiner eigenen Verwunderung, im Gegenteil, es kam ihm vor als hätte er das früher schon immer sehr gerne getan und auch sonst nichts anderes gemacht. Die Reitkunst soll ja bei meinem Volk auch eine große Rolle spielen, dachte er so für sich und erinnerte sich an dieses Buch, was er gelesen hatte. Große Krieger und viele Helden, ja, so komm ich mir allerdings ganz und gar nicht vor. Allerdings rutschte er etwas ungeduldig wirkend in dem Sattel hin und her, irgendwie war ihm das doch sehr unbequem zumute, aber wenn man so ritt, warum nicht. Er wollte gerade einen der mürrisch aussehenden Handwerker nach dem Weg fragen, als er ein verwittertes Straßenschild entdeckte, welches auf den Weg deutete, der genau in das Gebirge führte. Darauf stand geschrieben „North Hall“, und darunter in kleineren Lettern „Vulkneu Town“. Misstrauisch blickte der Rothwardon auf die Berge, ihm wurde bei der Höhe schon etwas mulmig zumute, zumal die Wolken, welche um die Formationen herumzogen, alles andere als einladend aussahen. „Egal, ich muss weiter…was kann mir schon groß passieren außer ein wenig Regen“.

    Als er einige Stunden später an einer steilen Felsböschung hing, sich in verdorrtes Wurzelwerk krallte und sich wünschte, sie würde nicht immer mehr nachgeben während es leicht nieselte, hätte er sich für seine Leichtsinnigkeit ohrfeigen können.
    Vor einiger Zeit hatte er North Hall passiert, welches in einem Gebirgskessel gelegen hatte. Die Gewitterwolken waren dabei immer näher gekommen, aber noch hatte er sie nicht erreicht, denn die hing genau über den Gipfel der Bergkette, welche er nun auf den Weg nach Vulkneu Town vor sich hatte. Kurz überlegte er, ob es besser wäre, abzuwarten dass sich das Wetter besserte, aber er entschied sich dagegen. Mittlerweile war er voller Tatendrang und fühlte sich den Antworten auf alle seine Fragen viel näher, da konnte man doch unmöglich warten. Außerdem, was konnte ein Gewitter schon anrichten. Dieser Frage ging er kurze zeit später auf den Grund. Der Pfad war breit genug, um darauf zu reiten, und der Rothwardon kam gut voran, aber dann fing es an zu regnen; erst nieselte es nur, aber mit der Zeit entwickelte sich das Ganze zu einem gehörigen Wolkenbruch, der den Rothwardonen zum Absteigen zwang und er das Pferd an den Zügeln weiterführte, während er vorauslief. Jetzt spielte er mit dem Gedanken, sich irgendwo unter zu stellen, denn er hörte Donnergrollen und der Weg wurde auch immer schmaler, und den Boden zu seiner Linken hatte er durch den Regen auch schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. So schlängelte er sich den leicht nach oben führenden Bergpfad entlang, rechts eine schroffe, steil nach oben führende Felsböschung, links ein ebenso steil abfallender Hang, welche in einiger Entfernung einfach aufhörte und in einen Abgrund endete. Beim ersten Donner und dem darauffolgenden Blitz scheute das Pferd, und auch er selbst erschrak; die Idee, weiterzugehen, als er in der Siedlung war, erschien ihm immer unüberlegter, aber er ging weiter. Immer wieder zerrissen Donner und Blitz das Geräusch des prasselnden Regens, mittlerweile waren die Sachen des Rothwardonen vollgesaugt mit Wasser und eine schwere Last. In der Monotonie des Vorankommens, immer einen Schritt vor den anderen setzend und sich mehr an der Wand als am Abgrund orientierend, vernahm der Rothwardon das entscheidende Donnern nur unterbewusst. Erst als winzige Steine vor ihm herüberrollten, wurde ihm bewusst, dass das Pferd an seinen Zügeln zog und das Donnergrollen einen durchgehenden und immer lauter werdenden Ton angenommen hatte. Er blickte die Böschung hinauf und sah eine Welle aus kleineren Steinen auf sich zurollen, gefolgt von einer größeren mit richtigen Felsbrocken, welche jeder für sich die Größe eines normalen Hauses hatten. Er war wie hypnotisiert von diesem Anblick, sodass er nicht reagierte. Das Pferd riss sich los, sogleich wurde der Rothwardon von der ersten Welle der Steine von den Füßen gerissen und rutschte mit ihnen die Böschung hinunter, auf den Abgrund zu. Das Pferd sah er nicht mehr, die Welt drehte sich, in dem Donnergrollen hörte er nur mit Mühe ein jämmerlich klingendes Wiehern heraus. Sein Körper schüttete Adrenalin aus; so konnte es nicht mit ihm zu Ende gehen, er war nicht so weit gekommen um in einer Gerölllawine zu sterben. Reflexartig versuchte er sich an irgendetwas festzuhalten oder sich wenigstens erst einmal zu orientieren. Er rutschte gerade mit dem Rücken auf der Böschung entlang, um ihn herum rumpelten die kleinen Steine, malträtierten seine Arme, den Nacken, den Kopf. Er drehte sich unbewusst, rutschte nun auf dem Bauch, zerschrammte sich die Arme. Geistesabwesend krallte er sich in den Abhang und suchte Halt. Seine Handflächen wurden aufgerissen und er bekam immer wieder einen Schlag von vorn, wenn er irgendwie das Tempo verlangsamte. Dann plötzlich spürte er es noch steiler bergabgehen. Die Steine rollen jetzt nicht mehr, sie flogen nur noch so an ihm vorbei, und in einer panischen Bewegung bekam er etwas Festes zu greifen, was nicht aus Stein oder Moss bestand. Mit beiden Händen griff er danach und hielt sich mit aller Gewalt daran fest. Hart schlug er gegen die steil nach unten führende Felswand und ihm wurde die Luft aus den Lungen gepresst. Die Steine flogen über die Kante der Böschung hinweg und verfehlten den Rothwardonen nur knapp.
    Nachdem die ganze Lawine die Böschung passiert hatte, vergingen Stunden, zumindest kam es dem Rothwardonen so vor. In Wirklichkeit waren es nur wenige Sekunden die das ganze Ereignis gedauert hatte, und nachdem nur noch kleine Steinchen über die Kante gerollt kamen, wurde der Regen schwächer und auch das Gewitter klang wie auf Kommando ab. Nun wagte es der Rothwardon, sich nach oben zu ziehen; vielmehr versuchte er es, scheiterte jedoch kläglich. Er strengte sich nur ein wenig an, aber die Wurzel nahm die kleinste Kraftanstrengung gleich persönlich, indem sie nachgab und den Mann noch eine Sektion tiefer rutschen ließ.
    An seinen Armen floss das Blut von den Händen hinunter, und vorsichtig riskierte er einen Blick nach unten. Was er sah, ermutigte ihn nicht, denn nichts als gähnende Leere bot sich ihm dar. Was sollte er nun tun? Ewig konnte er hier nicht herumhängen, und darauf zu hoffen dass ihn irgendjemand fand auch nicht. Wer ist schon so dämlich und läuft bei diesem Wetter über den Pass? "Du natürlich...", presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und unternahm einen weiteren Versuch, sich nach oben zu ziehen; aber dies sollte sein Letzter sein, denn im selben Moment gab das Wurzelwerk vollendens nach und der Rothwardon stürzte in die Tiefe...

    Von dem Fall wusste der Rothwardon so gut wie nichts mehr. Auch nicht wie er hiergekommen war. Mit dröhnenden Schädel wachte er schließlich auf und schaute sich um. Er war in einer Steinhütte. Und es war heiß. Brütend heiß. Unglaublich heiß. "Was zum...", murmelte er und versuchte sich auf dem mit groben Leinen bezogenen Bett aufzusetzen, aber sein Körper machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Es ging gar nichts. Gerade einmal die Finger schaffte er zu bewegen und den Kopf zu drehen, auch wenn selbst das ihm Schmerzen bereitete und die Halswirbel knackten wie als wären sie eine Zeit lang nicht mehr bewegt worden. Angestrengt versuchte er den Kopf zu heben und an sich herunter zu blicken. Er war vollkommen nackt, abgesehen von dem Lendenschurz und der Decke über seinen Unterschenkeln. Dunkelrote und bläuliche Flecken verzierten seinen Körper, den schmerzen nach zu urteilen Prellungen. Sein linker Arm und selbiges Bein waren mit Holz bandagiert und sahen professionell verbunden aus, anscheinend waren sie gebrochen. Angestrengt dachte er nach, was war passiert? Mein Gedächtnis, die Satakal, der Abgrund, die Wurzel...ich bin gefallen. Hoffnungsvoll stellte er fest, dass er sich wohl schwer verletzt hatte, aber vielleicht war jetzt seine Erinnerung wieder da? Schläge oder Stürze helfen doch?! Er konzentrierte sich, kniff die Augen zusammen und öffnete sie wieder....
    Nichts. Absolut gar nicht. Das darf doch nicht wahr sein. Er erschlaffte, legte den Kopf zur Seite und sah sich deprimiert um. Das Haus hatte eine normale Größe, direkt gegenüber des Bettes, welches längs zur Wand stand, befand sich der Eingang, welcher mit einer Decke verhängt worden war, dasselbe bei den beiden Fenstern links und rechts davon. Ein kleiner Tisch samt Stühle stand links an der Wand, nachdem er den Kopf gehoben hatte, rechts sah er fremdartige Verzierungen an den Wänden und auf dem Boden, außerdem direkt neben seinem Bett eine weitere Schlafmöglichkeit. Als Lichtwelle identifizierte er nur eine fremdartig aussehende Lampe auf dem Tisch, ansonsten reichte die Sonne, welche durch die Ritzen zwischen Mauerwerk und Decke hineinschien, vollkommen aus um den Raum in angenehmes Licht zu tauchen. Nichtsdestotrotz war es stickig und heiß. Wo war ich gleich nochmal? Hammerfell, ja...wie bin ich hierher gekommen, von Sand war doch in den Bergen weit und breit nichts zu sehen.
    Erst jetzt hörte er es von draußen. Musik. Oder besser gesagt, Trommeln und Rasseln. Wie konnte das sein? Und warum kam sie ihm so bekannt vor? Wo bin ich nur?
    Sein Gedankengang wurde jäh unterbrochen, als der Vorhang plötzlich beiseite geschoben wurde. Das Licht von draußen blendete ihn und ließ die Person, welche in der Öffnung stand, wie eine geisterhafte Lichtgestalt wirken. Erst als sie eintrat und die Decke wieder an ihren ursprünglichen Ort zurückglitt. Und dann sah er sie. Vor ihm stand eine Rothwardonin mit fein geschnittenen Gesichtszügen, langen schwarzen Haaren und einem Körper, welche die Rundungen genau an der richtigen Stelle hatte um sie insgesamt als eindeutig schön betiteln zu können. Auf ihrem Arm hielt sie eine Schüssel mit Wasser und hatte ein Tuch darum gelegt. Die dunklen Augen musterten ihn sanft, und mit langsamen Schritten kam sie näher und kniete sich vor ihm hin. Sie kam ihm bekannt vor...so verdammt bekannt. Sie schwieg, er ebenfalls. Und als sie die Stille durchbrach und seinen Namen nannte, war es als ob eine Blitzbombe vor seinen Augen explodieren würde.

    Unzählige Bilder rasten dahin. Schlangen. Sand. Sonne. Tänze. Dörfer. Blut. Schlangen. Sahi. Jagd. Sand. Ruine. Dunkelheit. Es war als würden alle Erinnerungen auf einmal sich in seinen Kopf drängen wollen, als könnten sie sich nicht einigen, wer zuerst den Weg zurück in sein Gedächtnis findet. Farbige Punkte platzten vor seinen Augen, verwandelten sich in weitere Bilder, welche er in Sekundenbruchteilen in die richtige Chronologie brachte und so nach und nach alle Lücken füllte, welche er in seinen Erinnerungen hatte. Ungeheure Kopfschmerzen breiteten sich aus, schickten sich an, seinen Schädel zum Platzen zu bringen, so kam es ihm vor.
    Doch mit einem Mal war alles verschwunden. Das Rauschen in seinen Ohren, das Kaskadengeräusch wenn die bunten Kugeln explodierten, die Kopfschmerzen, alles. Plötzlich sah er nur noch das Gesicht der Frau vor sich, ganz nah vor seinem. Sie strich ihm durch das Haar und sah besorgt aus. "Komm schon, Raccan, sag etwas...wie geht es dir...", flüsterte sie immer wieder unentwegt und streichelte sein Haar.
    Entgeistert starrte er die Frau an. Raccan, Raccan. Der Name war ihm vertraut. Es ist sein Name. Ohne Zweifel. Auf einmal erschien ihm dieser Umstand so klar. Warum kam er nicht darauf? Raccan. Es ist doch das Natürlichste der Welt, dass ich Raccan bin. Seine Augen mussten verraten haben, dass er abwesend war, denn noch immer flüsterte die Frau ihm zu.
    "Raccan, verdammt nochmal, jetzt rede mit mir...", flüsterte sie erstickt und man konnte erkennen, dass sie kurz davor war, zu weinen. Ohne groß nachzudenken schluckte er einmal und sprach, ohne zu wissen wieso und weshalb er dies tat: "Fang jetzt nicht an zu heulen, Sahi...". Ihm kam dieser Satz so selbstverständlich vor. Er entsprach genau seiner Art, wie als wär er nie weg gewesen. Mit Galgenhumor, ja so kannte ihn seine Schwester. Ihr Gesicht zeigte Erstaunen, dann plötzlich brach sie in Tränen aus, warf sich an seine Schulter und schluchzte. Kurz darauf ging das Ganze in ein ersticktes Lachen über; sie löste sich von ihm und wischte sich die Tränen aus den Augen. "Dummkopf...", nuschelte sie, aber lächelte nun wenigstens wieder.
    "Wo bin ich, Sahi...was ist passiert...", fragte er sie nach einer Pause, welche ihm endlos lang vorkam. Die Frau setzte sich bequemer und blickte ihn aufmerksam an. "Du weißt es nicht? Du bist zuhause, in unserem Dorf. Ein paar Banditen fanden dich in einer Schlucht zwischen North Hall und Vulkneu Town. Laut ihnen hast du Glück gehabt dass du genau in die Bäume der Oase, welche sich dort befindet, gefallen bist. Ein Wunder, dass d noch lebst....ein großes Wunder...oh, naja, jedenfalls erkannten sie deine Tätowierung und brachten dich her. Sie wollten dich an uns zurückverkaufen. Zalanu hat sie...verschwinden lassen...", senkte sie die Stimme, es war unmissverständlich was sie damit meinte. Raccan nickte entwaffnend, so gut das möglich war in seiner Position. "...du hast eine Menge Knochenbrüche und Prellungen. Sag, wo warst du nur? Dieser Weg lag doch gar nicht auf deiner Route...", und besorgt blickte sie ihn an. Der Rothwardon ließ ein wenig Zeit verstreichen um seine Gedanken zu ordnen. "Zalanu gab mir den Auftrag, einen Khajiit zu finden und zu töten. Ich habe ihn verfolgt, er ist nach...Cyrodiil geflüchtet. Ich bin in eine Ruine gestürzt und hatte...alles...vergessen. Mich. Dich. Das alles Hier. Aber...Satakal hat mich zurückgeführt...", lächelte er sie an.
    Nachdem sie ein wenig geredet hatten, schickte sich Sahi an, sich zu erheben. "Zalanu will mit dir reden, ich werde ihn holen". Sie erhob sich und schaute, in der Tür stehend, nochmal zu Raccan zurück. "Ich bin froh, dass du wieder da bist, Brüderchen...", gab sie nochmals kund und verschwand dann.
    Es dauerte nicht lang, da betrat ein großer, kräftiger, jedoch etwas dicklicher Mann mit einem braungebrannten Teint den Raum. Über den ganze Körper hatte er Schlangentattoos verteilt, selbst im Gesicht. Bekleidet war er mit einem Kürass der aussah wie aus vielen kleinen zusammengeklebten Strohhalmen, und einem ledernen ausladenden Lendenschurz. Stumm musterten sich die beiden Männer, ehe das Stammesoberhaupt das Wort ergriff.
    "Raccan...du sahst auch schon einmal besser aus...", und ein Lächeln umspielte die Mundwinkel Zalanus. Dann aber wurde er ernst. "Hast du den Auftrag ausgeführt?".
    "Nein, Zalanu, vergib mir. Das reudige Katzenwesen ist nach Cyrodiil geflüchtet. Durch einen Sturz verlor ich mein Gedächtnis und habe es nur Satakal zu verdanken, dass ich wieder zurückkehren konnte, um dir davon zu berichten.".
    Zalanu nickte, bedachte Raccan mit einem nichtsagenden Blick und fuhr dann fort. "Dein Auftrag ist noch gültig, Assassine. Dein Schwur verlangt von dir, ihn zu beenden.".
    Raccan nickte nur.
    "Du warst mir immer ein zuverlässiger und treuer Anhänger. Deine Erfolge verschafften dir und deiner Schwester hier ein besseres Leben. Setz das nicht auf's Spiel...".
    Wieder nickte Raccan nur. Er wusste, je besser und effizienter die Anhänger des Stammes ihre Aufgaben erfüllten, desto angesehener und höher in der Rangfolge waren sie hier und genossen gewisse Privilegien. Der Rothwardon sah sich um. Ein eigenes Haus war nur wenigen vergönnt, ebenfalls hatte er es geschafft, seine Schwester aus diesen ihm befremdlichen Ritualen der Satakal-Priester, welche meistens mit Orgien oder Vergewaltigungen im Namen der Schlange einhergingen, herauszuhalten, wenngleich er wusste, dass diese geifernden Säcke nur darauf lauerten, seine schöne Schwester in einem dieser Rituale zu schänden. Dementsprechend warteten sie darauf, dass er eine Reihe von Fehlern beging, die seinen Status abträglich wären. Allein das war Motivation genug, über Leichen zu gehen.
    "Gut. Ich weiß, ich kann mich auf dich verlassen. Wir reden weiter, wenn du genesen bist", und damit drehte sich Zalanu um und verließ das Haus.

    Die folgenden Wochen waren für Raccan nicht leicht; anders als in der "zivilisierten" Welt benutzte der Stamm keine Wiederherstellungszauber, um Verwundete zu pflegen. Der Rothwardon war schon in Städten in Hammerfell gewesen und hatte die Magier beneidet. Einmal Handauflegen, und größere Verletzungen waren innerhalb von Sekunden Geschichte. Hier aber lief das anders ab. Der Kult sah die eigenständige Genesung als eine Form der Erschwerung des vom Schicksal bestimmten Weges, und diese Hürde hatte man nur mit eigener Kraft, ohne Magie, zu nehmen. Raccan machte sich in dieser Zeit nützlich und half hier und da, wo er konnte. Als er dann so weit genesen war, dass er sich wieder eigenständig bewegen konnte, begann er mit dem Training. Bogenschießen, der Kampf mit den Wurfmessern, Schwertkampf und waffenloser Kampf; Konditionstraining in der Wüste, Kletterpartien steile Felswände hinauf, Übungen in der Herstellung von Giften und Tränken. All das war für ihn ganz normal, vergessen war die Zeit, als er noch ziellos durch die Steppe irrte und nicht einmal wusste, wer er war. Es war, als wär er nie weg gewesen.

    Als er sich fit genug fühlte, bat er bei Zalanu um eine Audienz, welche ihm überraschend schnell genehmigt wurde, und sogleich trat er in das Haus des Anführers.
    Hier drin war es stickig und heiß, Raccan war nur selten hier drin. Es gab nur zwei Gründe, um hier zu sein: Entweder hatte man etwas falsch gemacht, oder die Obrigkeit hatte etwas mit einem vor. Aus anderen Gründen wurde so gut wie die eingewilligt, Zalanu "einfach so" zu treffen. Der Raum hatte eine runde Form, und allerlei Verzierungen hingen an den fensterlosen Wänden. Totenschädel, Wollgeflechte, bemalte Schlangenhäute. Selbst die beiden Wächter, welche drinnen links und rechts neben der Tür standen, machten schon beinahe den Eindruck, als gehörten sie zum Inventar. Eine Lederrüstung, mit Schlangenhaut bespannt, dazu ein Speer in der Rechten und ein ebenfalls mit der Schlangenhaut verzierter Rundschild verliehen den Kolossen den Eindruck, als ob es Statuen wären, denn sie zeigten keine Regung, als Raccan an ihnen vorbeischritt. Sie waren etwas größer und breiter als Raccan, was schon etwas heißen mochte, denn von schwacher Statur war er selbst ebenfalls nicht. Der Rothwardon versuchte die Wächter zu ignorieren und trat vor den hölzernen Thron, auf dem Zalanu saß und ihn interessiert musterte.
    Er deutete eine leichte Verbeugung an. "Hallo, Zalanu. Ich bin nun bereit, meiner Pflicht nachzukommen und die Aufgabe, bei der ich versagt habe, erneut in Angriff zu nehmen.".
    Der Mann nickte bedächtig. "Es freut mich, dass du dein Wort hälst, Raccan, ich hatte schon beinahe nicht mehr mit dir gerechnet und mir...Schritte überlegt. Deine Schwester wird es dir danken.".
    Unmerklich zuckte Raccan zusammen, was dem Häuptling anscheinend sehr gut gefiel.
    "Also, Raccan...", und er holte eine Schriftrolle aus Schlangenhaut hervor, "...hier ist dein Auftrag. Du sollst den Khajiit Hawa'ajala finden. Er ist ein Verräter unseres Clans und hat sich schuldig gemacht, Informationen an verfeindete Stämme weitergegeben zu haben, wofür ihm die Todesstrafe zusteht. Gemäß unserem Kodex muss er eine Wiedergeburt erfahren, damit Satakal sich seiner unreinen Seele annehmen kann.".
    Raccan nickte stumm. Die Wiedergeburt war ein Ritual, welches die Häutung der Schlange symbolisieren sollte. Jenes Tier geht aus dieser gestärkt hervor. Der Khajitt wohl eher...tot, denn eine Häutung bei lebendigen Leib war für niemanden zu überleben. Es war brutal, pervers und bestialisch, aber Raccan wusste es nicht besser, mittlerweile war dieses Vorgehen für ihn wieder normal, und er mochte sich nicht ausmalen, dass das Ganze für ihn vor noch nicht einmal zwei Monaten alles andere als nachvollziehbar gewesen wäre.
    Zalanu fuhr fort, nachdem er Raccan die Rolle in die Hand gegeben hatte. "Du wirst des nachts aufbrechen, denn heute Abend wird deine Waffe, welche du erhalten wirst, von Sahi geweiht, und es würde sie sicherlich schmerzen, wenn du währenddessen nicht anwesend wärst.".
    Raccan nickte wieder, verbeugte sich leicht und entfernte sich wortlos aus dem Zelt.

    Die Zeit bis zum Abend verbrachte der Rothwardon damit, seine übrigen Ausrüstungsgegenstände zusammen zu suchen und sie vorzubereiten. Wurfmesser, einen Bogen aus dunklem Stahl, Pfeile aus demselben Material, ein doppelschneidiger breiter Zeremoniendolch. Die Rüstung, welche er bei dem ortsansässigen Schmied erhielt, war eine dunkle, "weltliche" Lederrüstung. Anders, so waren sich die Ältesten, welche die Jagd abgesegnet hatten, einig, würde er sich in Cyrodiil nicht bewegen können, da er wie ein Ortsansässiger wirken musste. Skeptisch betrachtete der Rothwardon die Rüstung. Sie sah warm aus, war geschlossen und besaß eine Kapuze. Die Hose bestand aus dickem schwarzen Leder, die etwa wadenhohen Stiefel hatten eine kompliziert aussehende Verschnürung und saßen wie für ihn gemacht, desweiteren waren sie leise, boten viel Halt und hatten eine verstärkte Schuhspitze, ideal zum Klettern oder auch zum Zutreten. Abgesehen davon dass sich Raccan fragte, wie sehr er wohl in diesem Ding schwitzen würde, war ihm die Rüstung eigentlich ganz angenehm.

    Die Sonne senkte sich langsam über den Drachenschwanzbergen, als die Weihe begann. Alle Stammesangehörigen saßen im Kreis auf dem großen Platz in der Mitte des Lagers, einige waren bunt geschmückt und tanzten zur Trommelmusik. Raccan, bereits in voller Montur, setzte sich zu Sahi, welche ein freizügiges seidenes Gewand trug, dass nur ihre Brüste und den Unterleib bedeckte. An dem losen Seilgürtel hingen zwei Stiletts, welches sie wohl für den Hauptteil des Rituals brauchte, denn sie hielt vor sich auf dem Schoß ein Silberlangschwert mit schlangenförmigen Gravuren, dass zweifellos für Raccan bestimmt war.
    Kaum war die Sonne hinter den Bergen verschwunden, wurden Fackeln entzündet, der Lautstärkepegel fiel drastisch ab und die Weihe begann.
    Sahi erhob sich und ging auf die Mitte des Platzes zu, das Silberschwert in der Hand; hunderte Augen folgten ihr auf ihrem Weg zu dem Korb, welcher dort in der Mitte stand. Langsam legte die die Waffe auf den Boden, nahm den Deckel vom Korb und warf das Behältnis um. Ein wütendes Zischeln erklang, als die große Schlange aus dem Korb schleuderte und im Staub landete. Sie war schwarz wie die Nacht und blickte sich hektisch nach dem Unruhestifter um, und sogleich fand sie ihn in Sahi. Diese hatte inzwischen die beiden dünnen Waffen gezogen und hielt sie in Abwehrhaltung vor sich, die Augen fest auf das Tier fixiert. Raccan machte sich um seine Schwester keine Sorgen, er wusste dass es für sie ein Leichtes war, die Schlange auszuschalten. Das Einzige, was er ihr immer wieder vorwarf war die Tatsache, dass sie es liebte, mit ihr zu spielen, sie zu necken und das Unausweichliche, nämlich die Tötung des Tieren, in die Länge zog. Aber so war sie nun einmal, sie wollte ihr Können darbieten. So auch jetzt. Immer wieder wich sie geschmeidig den Angriffen der Schlange aus. Diese spritzte mit ihrem Gift, schnappte nach Sahi, versuchte sie in die Enge zu treiben, sie zu überraschen; aber nichts was das Tier tat brachte sie auch nur im Entferntesten in Bedrängnis. Im Gegenteil, es sah fast so aus als würde sie mit der Schlange tanzen. Der Tanz wurde schneller und schneller, bis man deutlich bemerkte, wie der schwarze Riese müde wurde. Auch Sahi registrierte das und brachte sich in Pose. Abermals schoss die Schlange auf die Rothwardonin zu, diese wich aber diesmal nicht zurück, sondern stach mit beiden Stiletts gleichzeitig zu. Blut spritzte, als die spitzen, dünnen Klingen in den Rachen der Schlange eindrangen durch ihr Hirn fuhren und sie auf der Stelle töteten. Mit weit aufgerissenen Maul wurde sie aufgespießt, das Gift traf Sahi auf Arme und Oberkörper, aber es richtete keinen Schaden an. Von der Menge gab es anerkennende Zurufe, und die Trommeln begannen wieder schneller und lauter zu werden, während des Tanzes waren sie nur dezent im Hintergrund zu hören gewesen. Sahi zögerte nicht lang. Sie griff nach dem Silberschwert, setzte es am Rachen der Schlange an und stieß zu. Die gesamte Klinge der Waffe verschwand in der Schlange, die Menge jubelt und schrie. Sogleich zog sie die Waffe wieder heraus und, blutverschmiert wie sie war, reckte sie sie in die Luft.
    Damit war das Weiheritual beendet, später am Abend wurde Raccan von seiner Schwester die Waffe ausgehändigt, samt dazugehöriger Schwertscheide, welche mit dem Leder jener Schlange bezogen war, die vorhin zugunsten des Schwertes geopfert wurde.

    Der Abschied fiel recht nüchtern aus. Ziemlich genau um Mitternacht trat Raccan, in voller Kampfmontur an den Häuptling heran. Dieser musterte ihn kurz, schien mit dem Anblick zufrieden und berührte die Stirn des Rothwardonen. "Satakal schütze dich...", sprach er mit kehliger Stimme. Raccan nickte stumm und wandte sich zum Gehen. Das Pferd vor seinem Haus, ein Achal-Teke-Pferd, welches sich durch hohe Zähigkeit auch bei trockenen Klima auszeichnet, war aufgezäumt und bereit zur Abreise. Auch ein Sattel befand ich darauf, auch wenn Raccan lieber ohne ritt. Aber er musste sich der "zivilisierten" Welt anpassen, da gehörte dies wohl einfach mit dazu. Er wollte gerade Aufsitzen, als ihm eine Hand auf die Schulter gelegt wurde.
    "Typisch, wie immer vergisst du dich zu verabschieden...", hörte er die sanfte Stimme seiner Schwester hinter sich.
    Er drehte sich um und blickte sie von oben bis unten an. Ungefragt wischte er ihr einen Tropfen Blut von der Wange, noch ein Überbleibsel des Rituals. "Entschuldigung...", erwiderte er und setzte ein Schuljungen-Blick auf, bei dem Sahi wie immer anfing zu lachen.
    "Dummkopf...pass auf dich auf...", und sie schloss ihn in die Arme und drückte ihn herzlich. Nachdem sie sich von ihm gelöst hatte, drückte sie ihm noch ein kleines geschnitztes Ding an einer Halskette in die Hand. Ein S war eingeritzt.
    Fragend blickte Raccan sie an.
    "Eine Pfeife. Probier sie.".
    Er tat wie ihm geheißen, ein hochfrequenter Ton erklang, fast nicht zu hören. Erst geschah nichts, dann aber landete ein Falke auf dem Sattel des Pferdes und blickte die beiden Rothwardonen vor sich fragend an.
    "Er heißt Jail. Ein Kurierfalke. Wir bleiben in Kontakt...er sucht dich auf wenn ich eine Nachricht für dich habe, und anders herum auch...zum Beispiel, wenn ich einen Mann gefunden habe...", grinste sie breit.
    "Vorsicht, Schwesterchen...aber ich danke dir...", sagte Raccan, umarmte Sahi abermals und schwang sich dann in den Sattel; der Falke war bereits wieder verschwunden und die Pfeife hatte er sich um den Hals gehängt und unter seine Rüstung versteckt. Leicht drückte er seine Fersen in die Flanken des Pferdes und es setzte sich in Bewegung. Sein nächstes Ziel würde Chorrol sein; aber diesmal würde er diese Stadt betreten als ein Jemand. Diesmal wusste er, wer er war. Er war Raccan...

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