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Drachentöter
Cheydinhal - > Kaiserstadt -> Chorrol
Sie brach am frühen Morgen - die Sonne war noch nicht über dem Horizont - des nächsten Tages auf. Sie nahm den weg südlich an der Stadtinsel vorbei über die Brücke die über den Niben führte. Bis auf die üblichen Probleme mit Wegelagerern verlief die Reise ereignislos, und sie erreichte kurz vor Mitternacht die Tore der Kaiserstadt. Sie musste zwar den Stallburschen erst aus dem Bett klopfen, und die Wache reagierte auch immer skeptischer, je später die Stunde war, aber schließlich wurde sie in die Kaiserstadt gelassen. Dort wandte sie sich zum Marktviertel und nahm in der Taverne zum Kaufmann ein Zimmer. Zuvor hatte sie es gleich am Thalos-Platz versucht, dort waren aber alle Zimmer belegt. Gut, wenn es voll ist, dann gibt es vermutlich auch Arbeit hier. Im Zimmer angekommen räumte sie ihre Sachen in die Truhen. Dabei fiel ihr auch der Brief wieder in die Hände. Sie hatte ihn mitgenommen, da sie nicht wollte, dass Mordan ihn sah. Dazu hätte es allerdings auch gereicht, wenn sie ihn einfach verbrannt hätte, nachdem sie ihn ja sowieso ignorieren wollte. Immerhin schaffte sie es, ihn nicht wieder zu lesen.
Die nächsten Tage schlenderte sie durch die Kaiserstadt, vor allem durch die dunkleren Seitengassen und durch das Hafenviertel, grüßte alte Bekannte und verbrachte die Abende in deren Hütten, bei reichlich Wein und Met. Dadurch konnte sie tatsächlich für die nächsten Tage auch jeden Gedanken an den Absender des Briefes verdrängen. Nach einer knappen Woche hatte sie sogar einen Auftrag in der Kaiserstadt. Nichts außergewöhnliches, ein Nord der in einem größerem Haus im Tempelbezirk lebte. Es schien um Spielschulden zu gehen, auch wenn sie das eigentlich nicht interessierte. Es gab auch keine besonderen Auflagen, der beste Zeitpunkt war wohl Nachts, wenn er schlief. Die nächsten drei Nächte verbrachte sie damit, die Wachen im Tempelbezirk zu beobachten. Das Haus des Nord befand sich zwar in einer Gasse an der Stadtmauer und nicht auf dem Platz mit der Kapelle, doch es patrouillierten permanent Wachen durch diese Gasse, da am Ende der Eingang zu ihrem Wachturm lag. Also drückte sie sich durch das Gebüsch und hielt in den Schatten verborgen, und stellte fest, das sie zwischen zwei und drei Uhr nachts ein Zeitfenster von etwa einer halben Stunde hatte, in dem keine Wachen an dem Haus vorbeigingen. So konnte sie ungesehen hinein und wieder heraus kommen. Dabei war sie völlig in ihrem Element und hatte den Brief vorübergehend komplett vergessen.
Tagsüber war sie nur zum schlafen auf ihrem Zimmer.
In der vierten Nacht zog sie sich wieder ihre dunklen Sachen an, befestigte das Stilett an ihrem Arm und verließ die Herberge. Mehr Waffen nahm sie nicht mit, sollte irgend etwas schiefgehen, konnte sie zur Not fliehen, und das war unbewaffnet wesentlich unauffälliger, vor allem sollte sie kontrolliert werden. Sie ging in Richtung des Tempelbezirks und verschwand dort unauffällig in den Schatten der Gebäude, als gerade keine Wache hinsah. Es war inzwischen kurz nach zwei Uhr, und die letzten Wachen verschwanden gerade im Wachturm, also hatte sie jetzt theoretisch Zeit. Nach einem schnellen Blick in die Gasse legte sie die rechte Hand auf das Schloss der Tür und konzentrierte sich auf einen Zauber. Man brauchte dafür keinen speziellen Schlüssel, das hatte sie noch erfahren. Als das Schloss vernehmlich knackte, hielt sie kurz den Atem an, aber im Haus war nichts zu hören, als sie die Tür vorsichtig einen Spalt aufschob.
Drinnen war es beinahe stockfinster, aber ihre Augen hatten sich schon draußen an die Dunkelheit gewöhnt, so sah sie die Umrisse der Stufen. Die Tür zog Dreveni leise hinter sich zu, dann schlich sie leise die Treppe nach oben. So wie sie die meisten Häuser in der Kaiserstadt kannte, befand sich das Schlafzimmer im Obergeschoss. Und tatsächlich konnte sie es durch die Tür am oberen Ende der Treppe schnarchen hören. Perfekt. Vorsichtig drückte sie die Klinke herunter, immer darauf hörend, ob sich das Schnarchen des Nord änderte, doch den störte es nicht im geringsten, dass gerade ein Assassine durch sein Haus schlich. Hinten an der Wand stand das Bett, in dem ein wahrhaft riesiger Nord schlief, soweit sie das im halbdunkel ausmachen konnte. Werd jetzt bloß nicht wach... Sie warf einen kurzen Blick auf den Boden, aber es stand nichts im Weg. Mit wenigen, leisen Sätzen war sie bei ihrem Opfer und stach mit einer schnellen Bewegung das Stilett in sein Herz. Der Nord zuckte noch ein paar Mal kurz und röchelte, dann lag er still, die toten Augen zur Decke gerichtet. So, noch den Finger... Suchend sah sie sich um, sie hätte ihn zwar auch irgendwie mit dem Stilett abtrennen können, ein normaler Dolch oder Messer war dazu aber besser geeignet. An der Wand lehnte ein eisernes Schwert - Naja, auch noch besser - mit dem sie die Hand des Nord bearbeitete, als sie das Stilett wieder aus seinem Brustkorb gezogen hatte. Elende Sauerei... Sie wischte ihre Waffe am Bettzeug ab, wickelte den Finger in ein Stück Stoff, dass sie in den Beutel an ihrem Gürtel tat. JETZT sollte ich auch besser nicht kontrolliert werden... Sie warf noch einen letzten Blick auf den Nord, der jetzt in einer größer werdenden Blutlache in seinem Bett lag. Sie selbst hatte nichts abbekommen, darin hatte sie inzwischen Übung.
Genauso leise, wie sie in das Haus eingestiegen war, verließ sie es auch wieder, sie hatte nicht lange gebraucht und verschwand im Dunkeln. Und dieses mal hatte sie niemand gesehen, stellte sie befriedigt fest, als sie wieder in ihrem Zimmer war. Morgen würde sie sich mit ihrem Kontaktmann treffen um den Auftrag abzuschließen.
Sie setzte sich auf das Bett, sah in die Luft und überlegte, was sie jetzt tun sollte. Die letzten Tage war sie entweder unterwegs gewesen, oder hatte - meistens gut angetrunken - geschlafen. Gerade schielte sie zu der Flasche Wein auf der Kommode, da tauchte das Bild eines Dunmer vor ihrem inneren Auge auf. Ein Gesicht, dass sie die ganzen Jahre versucht hatte, zu vergessen. Die scharf geschnittenen Züge wurden von schwarzem, halblangem Haar eingerahmt, und obwohl es jugendlich wirkte, konnte man schon leichte Fältchen sehen. Um den Mund schien immer ein leicht spöttisches Lächeln zu liegen, das auffälligste waren aber für sie immer die Augen gewesen. Solch dunkelrote Augen hatte sie bisher bei keinem anderen Dunmer gesehen. Sie schienen fast von innen zu glühen, und es war ihr immer schwer gefallen, nicht in ihnen zu versinken.
Sie schüttelte leicht den Kopf um das Bild zu verscheuchen, stand auf und griff zur Weinflasche. Dann nahm sie den Brief noch einmal zur Hand. Mit keinem Wort erwähnte er, was damals passiert war. Das war eins der Dinge, die typisch für ihn waren. Es wunderte sie überhaupt, dass er sich in Cyrodiil aufhielt, aber er schien in echten Schwierigkeiten zu stecken, soweit dass aus dem Brief hervor ging. Außerdem hatte er nicht damit gerechnet, dass es solange dauerte, bis sie den Brief erhalten würde. Er wollte vor inzwischen über drei Wochen bei Chorrol sein, gut möglich dass er inzwischen tot war. "Verdammt." Sie knüllte den Brief wütend zusammen und warf ihn an die Wand, danach nahm sie einen großen Schluck Wein aus der Flasche. Sie könnte natürlich nach Chorrol reiten, und versuchen etwas herauszufinden, auch wenn es eindeutig unvernünftig war, und normalerweise pflegte sie auf ihre Vernunft zu hören. Seit damals jedenfalls.
Irgendwann, als es draußen schon dämmerte, schlief sie doch noch ein.
Aaah, so geht das nicht weiter..., dachte sie sich, als sie gegen Abend mit Kopfschmerzen erwachte, und ihr Blick auf die zwei leeren Flaschen fiel. Hä? Zwei? Wieso zwei? Von der zweiten wusste sie gerade beim besten Willen nichts mehr. Die Sonne war schon wieder dabei, hinter dem Horizont zu verschwinden, als sie sich aus dem Bett schleppte und kaltes Wasser aus einer Schüssel in ihr Gesicht spritzte. Nachdem sie ihre Haare und Kleidung gerichtet hatte, verließ sie ihr Zimmer um sich mit dem Kontaktmann zu treffen. Dieser wartete am Hafenviertel auf Dreveni. Sie gingen zu dem etwas abseits gelegenem Friedhof, und Geld und Finger wechselten den Besitzer. Den Finger hätte es gar nicht mehr gebraucht, die Leiche war in der Früh von einem seiner Bediensteten gefunden worden, welcher schreiend aus dem Haus gerannt war. Natürlich ging sofort das Gerede über die dunkle Bruderschaft los, was Dreveni - auch angesichts ihres Katers - nur ein müdes Lächeln entlockte.
Zurück in der Herberge nahm sie ein heißes Bad, aß etwas und legte sich wieder ins Bett, dieses mal ohne vorher Wein zu trinken.
Sie erwachte früh am nächsten Morgen, und da war ihr auch klar, was ihr nächstes Ziel sein würde. Chorrol. Sie war sich klar, dass es dumm war, und sie die Sache eigentlich ruhen lassen wollte, aber das konnte sie nicht, obwohl es schon so lange her war. Zuviel war offen und unausgesprochen geblieben damals. Sie hatte die Gedanken nur alle die Jahre verdrängen können, weil sie nie mehr ein Lebenszeichen von ihm erhalten hatte. Außerdem möchte ich ja nur herausfinden, ob er überhaupt da war. Andererseits kam Dreveni ihr Verhalten absolut kindisch vor. Es war Jahre her, sie war älter geworden seit damals, zu dieser Zeit war sie noch jung und ohne viel Erfahrung gewesen, sowohl im Leben als auch in ihrem Beruf. Fast wünschte sie sich, ihm noch einmal gegenüber treten zu können, um... Ja, um was?, dachte sie, wohlwissend dass sie die Antwort kannte - es gab nicht viele Optionen.
Sie versuchte diesen Gedanken wieder zu verdrängen, als sie ihre Sachen packte. Darüber würde sie sich später Gedanken machen, wenn es soweit war. Inzwischen musste sie davon ausgehen, dass er eventuell nicht mehr lebte oder untergetaucht war. Sie zahlte das Zimmer unten beim Wirt, verließ die Kaiserstadt durch das Tor am Thalos-Platz-Bezirk, lies ihr Pferd vom Stallburschen satteln und machte sich auf nach Chorrol. Der Weg von der Kaiserstadt nach Chorrol war nicht weit, ging aber an ein paar Festungsruinen vorbei, und so blieb es nicht aus, dass sie von Banditen behelligt wurde. Glücklicherweise wurde die Straße nach Chorrol häufig von der Legion patrouilliert; mit den zwei Banditen, die sie bei der Ruine der Festung Ash auflauerten, wäre sie zwar auch allein fertig geworden, aber es hätten ja auch noch mehr versteckt warten können. Am späten Abend erreichte sie schließlich Chorrol, nahm ein Zimmer in der Taverne Eiche und Krummstab und spazierte durch die Stadt um ausschau nach jemandem zu halten, den sie kannte. Sie überlegte noch kurz, jetzt zu Dibellas Schrein vor den Toren Chorrols zu sehen, entschied sich aber vorerst dagegen.
Geändert von Andromeda (08.02.2011 um 18:39 Uhr)
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