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Drachentöter
Skingrad (Zusammenfassung van Tommels & Andromeda)
Händler hier, Wachen dort, Arbeiter da. Der Rothwardon sah sich angesichts der Betriebsamkeit in Skingrad mit vielerlei Eindrücken konfrontiert, mit denen er nicht umzugehen wusste. So versuchte er, niemanden anzurempeln und auch niemanden anzustarren, schließlich wollte er nicht auffallen. So wirklich gelang dies aber nicht, da ihn einige Leute komisch musterten. Was wollt ihr, warum schaut ihr so. Ein Mann ohne Namen in einer großen Stadt, die von seiner Existenz keine Kenntnis nahm, so kam er sich vor. An der ersten Kreuzung nach dem Tor hielt er etwas hilflos inne und blickte die Anhöhe hinauf. Ein Schild erregte seine Aufmerksamkeit; darauf abgebildet waren ein Mond und drei Sterne. Etwas sagte ihm, dass er hier richtig war, und so ging er hinein und betrat die Herberge „Zur Westebene“.
Drinnen bot sich ihm ein ordentlich eingerichteter Schankraum, hinter der Theke stand eine Kaiserliche und musterte den Neuankömmling skeptisch. „Habt ihr euch verirrt?“, wurde er angesprochen von der Frau, dies klang wenig freundlich. Er blickte an sich hinab. Die Robe war schon sehr zerschlissen und machte nicht mehr den besten Eindruck, aber etwas sagte ihm, dass es besser war, sie an zu behalten. Mit der Kleidung darunter würde er hier nicht glücklicher werden. Er ging nun auf die Frau zu. „Sagt, habt ihr etwas Wasser?“, fragte er leise, kramte in dem Beutel und ließ eine der Münzen auf den Tresen fallen. Die Augen der Kaiserlichen weiteten sich und sie betrachtete das Goldstück, danach den Rothwardonen. Plötzlich wurde sie freundlicher. „Aber natürlich!“, und sie legte auch noch einen Schlüssel auf die Theke. „Euer Zimmer ist ganz oben das hintere linke.“. Was ist hier los?, fragte sich der Rothwardon und sah sich dann im nächsten Moment am Tisch sitzend mit einem großen Krug Wasser wieder. Schnell leerte er das Gefäß; das kühle Nass verschaffte ihm endlich wieder eine etwas klarere Denkweise, und schließlich begab er sich auf sein Zimmer, immer noch verwirrt über diese Kehrtwendung der Kaiserlichen.
In seiner Räumlichkeit angekommen verschloss er die Tür hinter sich. Das Zimmer war klein, aber gemütlich. Aus dem Augenwinkel nahm er eine Bewegung war und erschrak, als er sich herumdrehte und in das Gesicht eines Fremden blickte.
Vorsichtig befühlte er zunächst den Spiegel, danach sein Gesicht. Grüne Augen musterten ungläubig Ihresgleichen und die staubbedeckte und verdreckte Haut. An der linken Seite hatte er eine Blutspur, welche von der Oberseite seines Kopfes herführte, und dort eine Platzwunde. Geschwind reinigte er sich mit dem bereitstehenden Wasser und besah sich danach abermals im Spiegel. Anfreunden konnte er sich mit sich selbst nicht. Er kannte sich nicht. Zumindest die Person dort nicht. Noch eine ganze Weile stand er einfach nur da und sah sich an, befühlte dort sein Ohr, da seine Nase.
Mittlerweile war es draußen dunkel geworden. Der Rothwardon hatte inzwischen die Münzen genauer unter die Lupe genommen, welche die Kaiserliche so schnell davon überzeugt hatten, ihm hier Asyl zu gewähren. Sie glänzten golden und waren recht gewichtig dafür, dass sie nicht allzu groß waren. Er zuckte mit den Schultern und verstaute sie wieder. Dem Bett warf er einen Seitenblick zu. Nein. Schlafen kam nicht in Frage. Er brauchte frische Luft. Rasch verließ er sein Zimmer und verließ die Taverne.
Die Straßen waren wie leergefegt, und niemand war mehr zu sehen. Die richtige Zeit um mich ohne Aufsehen zu orientieren. Vielleicht fallen mir hier Sachen ein, die mir helfen, mich zu erinnern. Vielleicht stamme ich von hier. Bedächtig setzte er sich in Bewegung, aber schon kurze Zeit später musste er feststellen, dass er sich vollkommen verirrt hatte. Jede Gasse sah aus wie die andere, zumindest für ihn. So stand er jetzt auf dem Vorplatz der Kathedrale und blickte sich etwas verloren um. Außer ihm selbst erkannte er noch eine Stadtwache, welche sich aber von ihm entfernte, aber von jener hätte er wahrscheinlich sowieso keine Auskunft erhalten. So lief er einfach auf gut Glück nach Westen und fand sich dann allein in einer dunklen Gasse wieder.
Dreveni ging durch die kleineren Gassen zur Herberge zurück. Außer ihr war niemand mehr unterwegs, als sie vor sich eine Gestalt in einer Robe stehen sah. Ohne die Schritte zu verlangsamen, ging sie weiter auf diese zu, dabei sah sie, dass die Robe auch schon einmal bessere Tage gesehen hatte. Bettler? Um diese Zeit? Die Gestalt stand immer noch in der Gasse und hatte sich ihr zugewandt. Ihre rechte Hand wanderte gerade instinktiv zu ihrem linken Handgelenk und dem Griff des Stiletts, auch wenn sie nicht ernsthaft damit rechnete, in Rufweite der Wachen angegriffen zu werden. Sie überlegte sich, ob sie die Gestalt, es schien ein Rothwardone zu sein, nicht einfach mit ein paar Münzen gesprächig machen sollte und nach den letzten Geschehnissen in Skingrad fragen, da hatte sie den Mann auch schon fast erreicht. Allerdings hielt sie etwas in seiner Haltung davon ab, was sie im Moment noch nicht genauer bestimmen konnte.
Er hatte Schritte hinter sich gehört, und fühlte sich unangenehm an die Situation in den Katakomben erinnert. Schnell wandte er sich um und sah sich einer Frau gegenüber. Durch die Dunkelheit in der Gasse konnte er nicht allzu viele Details ausmachen. Er erkannte lange Haare, eine wenig auffällige Kleidung. Als die Frau ihn fast erreicht hatte, stellte er auch ihre Rasse, Dunkelelfe, fest. Frag ich sie nach dem Weg? Wie wirkt das? Aber hast du eine andere Wahl? Aber wenn sie dich nach deinem Namen fragt, wirst du Probleme bekommen. Schließlich fasste er sich ein Herz. "Entschuldigt. Könnt ihr mir sagen, wie ich zur Herberge...", und plötzlich stutzte er. Ja, wie hieß denn diese Herberge. Selbst diesen Namen kannte er nicht. "...zur Herberge...", meinte er mit fragenden Gesichtsausdruck und kratzte sich an der Schläfe. "...mit dem Mond und den drei Sternen auf dem Schild...komme...". Das klingt nicht sehr überzeugend, du tust nicht gerade viel dafür, um nicht aufzufallen.
Die Entscheidung ob sie ihn ansprechen sollte oder nicht wurde ihr von dem Fremden abgenommen. Er fragte sie nach dem Weg zur Herberge, womit sich auch ihre Vermutung mit dem Bettler erübrigt hätte. Prüfend zog sie die Luft ein, als er etwas von einem Schild mit drei Sternen erzählte und anscheinend meinte, sie wüsste welche Herberge gemeint wäre. Aber nach Alkohol roch er auch nicht. Sie sah in skeptisch und mit verschränkten Armen an und sagte: "Welche Herberge? Es gibt zwei hier. Und dieses Schild hängt übrigens an jeder Taverne in Cyrodiil..." Sie konnte den Mann immer noch nicht einordnen. Er schien sich nicht auszukennen, war zumindest leicht verwirrt aber nicht betrunken. Und konnte sich trotz seines schäbigen Äußeren immerhin eine Taverne leisten.
Jede Herberge? Einen kurzen Moment kam er sich vor wie ein kleiner Junge, der etwas Dummes gefragt hatte und sich dann bewusst wurde, wie dämlich diese Frage doch war. Auch wenn ein wenig besserwisserische Arroganz in der Stimme der Dunmerin mitschwang, so war der Rothwardon doch froh, dass er sich hier keiner Stadtwache gegenübersah. Ob dies allerdings besser war, wusste er auch noch nicht, denn die Dunkelelfe schien ihn ebenfalls für einen Bettler oder dergleichen zu halten. Er rieb sich bedächtig die Stirn. "Ja...ähm...ich bin vom Stadttor auf eine Kreuzung gekommen, und von da sah ich die Taverne...". Bei meinem Glück gibt es auch mehrere Stadttore, sie kann damit wieder nichts anfangen und wendet mir gleich den Rücken zu. Sich die Dunkelelfe genauer zu betrachten, davon ließ er erst einmal ab, denn schließlich wollte er sie nicht irgendwie reizen oder es sich mit ihr verscherzen. Er wusste selbst nicht, warum, aber etwas an dieser Frau war...beängstigend. Aber vielleicht taten hier nur das Treffen in der dunklen Gasse und die Geschehnisse in den Katakomben ihre Wirkungen.
Aus seinem Gestottere konnte sie immerhin schließen, dass er anscheinend die Taverne zur Westebene meinte, die Zwei Schwestern Herberge lag etwas versteckter wenn man von den Stadttoren kam. "Die übernächste Straße Rechts, über die Brücke und auf der rechten Seite kommt die Herberge.", sagte Dreveni kurz angebunden. "Ihr seid noch nicht lange in der Stadt, oder?" Sie hatte immer noch nicht ganz erfasst, was sie an diesem Mann so störte, aber es musste die Diskrepanz zwischen seinem zerlumpten Äußeren und seiner Gestalt sein. Er wirkte nicht so schwächlich und krank wie die anderen Bettler und Landstreicher, wenn er ihr auch immer verwirrter vorkam. Vielleicht erfuhr sie ja doch noch etwas, wenn er auf den Straßen ein paar Reisende getroffen hatte, ihr Opfer war ja recht auffällig.
"Danke...", meinte er auf die Erklärung der Dunmerin. "Ja, ihr habt Recht, ich bin noch nicht lang hier und kenn mich auch noch nicht hier aus.". Dass er von so ziemlich allem keine Ahnung hatte, ob es nun der Ort, sein Beruf oder gar der Name war, versuchte er sich nicht anmerken zu lassen. Aber dennoch kamen ihm seine Antworten doch alle sehr unsicher und nichtsagend vor. Du musst dich fangen. Aber der Blick mit dem er belegt wurde, machte das Ganze nicht einfacher. "Ich bedanke mich nochmals.". Damit drehte er sich herum und ging in die von der Dunmerin beschriebene Richtung davon, vielleicht einen Tick zu hastig um es noch als normale Gangart zu bezeichnen.
Als er um die Ecke gebogen war und die Brücke in einiger Entfernung sah, verlangsamte er das Tempo und atmete ein paarmal tief durch. Er spürte wieder diese Panik in sich aufsteigen, aber er zwang sich zur Ruhe. Diese Dunmerin hatte etwas Kaltes an sich, ihr Blick bohrend, die Stimme fest und von sich überzeugt. Ihm kam der Gedanke, dass sie ihn verfolgen könnte, aber er wagte nicht, sich umzudrehen. Stattdessen passierte er die Brücke und erkannte plötzlich die Herberge wieder. "Endlich...", murmelte er erleichtert und betrat das Haus.
Drinnen begab er sich sofort auf sein Zimmer und verschloss es wieder hinter sich. Eine Zeitlang saß er auf dem Bett, seine Gedanken bekam er nicht geordnet. Er legte die Robe ab und warf sie achtlos in die Ecke. Seine Tuchrüstung, welche er darunter trug, behandelte er sorgsamer. Als er jedoch mit dem Arm aus dem Ärmel fuhr, stockte er. Er stand auf und blickte in den Spiegel. Ein großes und verschnörkeltes schwarzes Tattoo in der Form einer Schlange in Angriffshaltung wandte sich von seiner linken Brust hoch bis auf die Schulter, wo sich der Schwanz der Kreatur teilte und zum Einen auf der Hälfte seines Oberarms und zum anderen auf seinem Schulterblatt endete. Der Rothwardon stierte das scharf gestochene Kunstwerk an. Das musste doch etwas mit ihm zu tun haben. Lange schaute er es an, überlegte angestrengt; aber wie so oft endete dies wieder in starken Kopfschmerzen. Letztendlich legte er sich, die Hände an den Kopf gelegt, auf das Bett und hoffte, dass die Schmerzen vergehen oder sein Gedächtnis zurückkehren würde. Der zweite Wunsch blieb unerfüllt, und nachdem es auch in seinem Kopf ruhiger geworden war, schlief er schließlich ein.
Dreveni schaute dem Mann, der hastig in die angegebene Richtung verschwand, noch kurz hinterher. In der Taverne angekommen, ging sie in ihr Zimmer, versperrte die Tür von innen und verstaute Schwert, Bogen und Gepäck in einer größeren Kommode, legte den Dolch auf den Nachttisch und hängte den Mantel über einen Stuhl. Danach legte sie sich angezogen auf das Bett und döste etwas, bis sie leises Klopfen an der Zimmertür hörte. Mit dem Dolch in der Hand ging sie leise zur Tür, drehte den Schlüssel und zog sie vorsichtig einen Spalt auf. Als sie den Kaiserlichen erkannte, öffnete sie die Tür komplett und lies ihn eintreten, um hinter ihm wieder abzusperren.
"Leg bitte den Dolch weg, da läuft es mir immer kalt den Rücken runter..."
"Wieso, will dich jemand unter der Erde sehen?", fragte sie ihn grinsend, legte aber den Dolch wieder auf den Nachttisch und setzte sich mit angezogenen Beinen aufs Bett. Der Kaiserliche nahm auf dem Stuhl platz, der vor dem Schreibtisch stand. Er hatte schwarzes, halblanges Haar, dunkle, grüne Augen, war erstaunlich groß für einen Kaiserlichen und alles in allem kein schlechter Anblick. Sie kannten sich seit beinahe sieben Jahren inzwischen.
"Nein, nicht das ich wüsste jedenfalls."
Dreveni reichte ihm das Blatt mit der Zeichnung ihres Opfers, dass der Kaiserliche kurz ansah. "Ja, der ist vor etwa einer Woche hochkant aus dem Schloss geflogen. Ich kam gerade zufällig den Hügel hoch, und habe ihn vorbeilaufen sehen. Das Geschrei war vorher schon nicht zu überhören, ich dachte fast, die verhelfen ihn zu dem schnellen Weg aus Skingrad." Damit meinte er die hohe Brücke, die zum Schloss führte, einen Sturz überlebte man normal nicht. "Kurz danach ist er noch zweimal in der Stadt aufgetaucht, das letzte Mal vor vier Tagen."
"Schade, anscheinend zu spät. Aber danke soweit, könntest du dich noch etwas umhören?"
"Klar, für dich - und ein paar Münzen - immer.", lächelte er sie an.
"Vorher ist mir noch ein seltsamer Typ über den Weg gelaufen, ein Rothwardone. Er scheint neu hier in der Stadt zu sein, und fragte nach dem Weg zur Herberge mit dem Mond und den Sternen auf dem Schild..."
"Verrückte gibt es überall."
"Ja, aber irgendetwas stört mich an ihm. Er ist etwa 1,85, trägt eine zerschlissene Robe, schläft aber in der Taverne zur Westebene.", sagte sie mit leicht gerunzelter Stirn.
"Vielleicht halte ich die Augen nach ihm offen. So, das Geschäftliche hätten wir geklärt, nehm ich an?"
Dreveni sah ihn aus den Augenwinkeln an und lächelte leicht.
Er verlies das Zimmer früh am Morgen, noch vor der Dämmerung und bevor die ersten Gäste aufstanden. Dreveni schlief bis in den späten Vormittag.
Am nächsten Morgen wachte er schweißgebadet auf. Der Traum der vergangenen Nacht war angsteinflößend. Eine Grube voller Schlangen, er in ihrer Mitte. Unzählige schmerzhafte Bisse, aber er starb einfach nicht. Ächzend rappelte er sich aus dem Bett auf und nahm das Tuch, welches neben der Wasserschüssel lag, um sich damit das Gesicht trocken zu wischen. Er kühlte sich mit dem Wasser ab und betrachtete sich dann im Spiegel. Noch immer nicht. kein Name, keine Erinnerung, ihn schaute immer noch ein unbekanntes Paar Augen an. Gerade wollte er sich seinen Sachen zuwenden, als sein Blick auf seine Arme fiel. Winzig, kaum zu erkennen, waren die kleinen weißen Punkte, die über seine Haut verteilt waren. Ohne sehr nah heran zu gehen sah man sie überhaupt nicht, und wenn dann nur ganz undeutlich. Ihm wurde flau im Magen. An den Beinen fand er dieselben Spuren. Ohne es zu wollen tauchten die Schlangen vor seinen Augen auf; er berührte die Tätowierung. Schlangen. Was habe ich mit Schlangen zu tun? Langsam kleidete er sich wieder an und warf sich die Robe über. Er brauchte etwas Neues. Hiermit schien er zu viel Aufmerksamkeit zu erregen.
Er verließ sein Zimmer und begab sich in den Schankraum hinunter. Eine Bosmer saß am Tisch, musterte ihn, wendete den Blick aber sogleich wieder desinteressiert ab. Auch die Kaiserliche von gestern stand noch am Tresen. "Guten Morgen, ich hoffe ihr habt gut geschlafen.". Der Rothwardon nickte nur verwirrt und trat an die Frau heran. "Sagt, wo bekomme ich Kleidung?", fragte er sie leise. Die Kaiserliche legte den Kopf schief. "Direkt Kleidung gibt es hier nicht. Versucht es beim colovianischen Händler. Der ist hier gleich um die Ecke. Wenn ihr die Herberge verlasst, nach rechts, und dann auf der rechten Seite. Für jemanden von eurem Stand jedoch hat er bestimmt nichts Hochwertiges anzubieten.". Er stockte. Was meinte sie damit? Die Waldelfe am Tisch war nun auch hellhörig geworden und musterte den Rothwardonen, das spürte er. "Danke", meinte er daraufhin kurz angebunden und verließ die Taverne.
Draußen war wieder die alltägliche Geschäftigkeit in Skingrad eingekehrt, überall liefen die Händler und Arbeiter geschäftig herum. Der Rothwardon wurde grob angerempelt und erntete dafür auch noch den giftigen Blick eines dicken Handwerkers, der sich dann über die Brücke davonmachte. Reaktion zeigte er selbst keine, und so orientierte er sich erst einmal. Irgendwie kam er sich beobachtet vor, aber das war hier auf dieser belebten Straße wohl lediglich eine Paranoia; so schlug er den von der Kaiserlichen beschriebenen Weg ein.
Dreveni erwachte, kleidete sich wie gestern Abend auch schon in das petrolfarbene Kleid und entschied dass es noch zu früh für Mittagessen und zu spät für das Frühstück war. Wirkliche Anhaltspunkte hatte sie noch nicht, sie hatte noch nicht einmal selbst mit den Auftraggebern gesprochen. Die Kontaktleute reisten aus Hochfels an, von dort stammte der Auftraggeber, aus einer der unzähligen Grafschaften und Herzogtümer dort. Die meiste Zeit reiste er mit Töchterchen und Gefolge durch Cyrodiil, Beziehungen pflegen, Intrigen spinnen und was solche Leute eben sonst taten. Ihr Opfer war zwar wichtig, aber nichts mit dem sich der Adlige persönlich abgeben wollte. Sie beschloss sich etwas durch Skingrad treiben zu lassen, vielleicht bekam sie ein paar Gerüchte mit, unauffällig schien sich "Jack" hier ja nicht gerade benommen zu haben, weshalb auch die Chancen gut standen, dass der Kaiserliche mehr in Erfahrung brachte. Sie wusste nicht, wie er wirklich hieß, er gab sich viele Namen - Vermittler, Schnüffler, Informant - was in seinem Beruf auch durchaus verständlich war. In der Stadt herrschte schon reger Betrieb, die Leute standen im Allgemeinen früher auf als Dreveni, die ihre Aktivitäten oft in die Nacht verlegte. Sie schlug den Weg in den anderen Teil der Stadt ein, wo die Gilden, Geschäfte und die Herberge zur Westebene lagen. Sie beobachtete Aufmerksam die Passanten, ob sie vielleicht den Rothwardonen von gestern noch einmal sah. Vermutlich war an ihm gar nichts, aber es konnte verflucht gefährlich werden, etwas zu übersehen oder falscherweise für unwichtig zu halten. Man konnte doch nicht nach Skingrad kommen, ohne an einer einzigen Taverne vorbeizulaufen?
Der Laden war schnell gefunden, und nachdem er ihn betreten hatte, fand er sich in einem geräumigen Verkaufsraum wieder. Der Händler, abermals ein kaiserliche, hatte viele verschiedene Waffen auf dem Tisch vor sich liegen und musterte den Rothwardonen bei seinem Eintreten.
"Bitte?", fragte er etwas skeptisch.
"Ich möchte gerne eine Robe kaufen", meinte der Rothwardon mit ruhiger Stimme und legte eine der Münzen aus dem Täschchen auf den Tresen. Wie am Vorabend weiteten sich die Augen des Mannes.
"Und was noch?", fragte er ungläubig und besah die Münze. Der potentielle Käufer stutzte, holte eine weitere Münze hervor und legte sie neben die erste. "Reicht das?", fragte er, unsicher auf was der Mann anspielen wollte.
"Soso, ein Scherzbold. Verzeiht mir...", sprach der Händler, drehte sich um und holte einen Stapel Stoffe von einem Regal. Alles waren es Roben aus dem feinsten Material. Sie waren reich verziert und schon recht auffällig. Dem Rothwardonen aber fiel ein zweiter Stapel auf, der neben dem ersten gestanden hatte. Er deutete darauf.
"Was ist damit?". Der Kaiserliche schaute noch verwirrter, brachte dann aber den Stapel auch zum Tresen. Der Rothwardon griff nach einer gewöhnlichen dunkelgrünen Robe, besah sie sich und bedankte sich dann beim Händler. Die beiden Münzen ließ er liegen.
"Danke. Auf bald", und er verließ das Geschäft und ließ einen verwirrt aussehenden Händler zurück, der ihm zur Tür folgte und dem ungewöhnlichen Kunden mit den Münzen in der Hand fassungslos hinterher blickte.
Der Rothwardon begab sich mit der Robe unter dem Arm zurück zur Herberge und betrat sie eilig, ohne nach links oder rechts zu sehen. Geschwind ging er auf sein Zimmer, zog sich um und betrachtete sich dann im Spiegel. Das sah schon besser aus, weit weniger nach Bettler. Die alte Robe ließ er achtlos in der Ecke liegen, ging dann in den Schankraum und setzte sich an einen freien Tisch.
Dreveni begegnete dem Rothwardonen nicht, bis sie mittags wieder in die Herberge ging. Auch Gerüchte hatte sie keine aufgeschnappt, dafür waren aber abends die Tavernen ohnehin der bessere Ort. Dafür hatte der Kaiserliche den Rothwardonen gefunden, und war ihm möglichst unauffällig aus der Taverne zum colovianischen Händler gefolgt. Dort wartete er in einer Nische bis der Mann mit einem Bündel unter dem Arm den Laden wieder verließ und in der Taverne verschwand. Darauf betrat der Kaiserliche den Laden und wandte sich freundlich lächelnd und im Plauderton an den Händler: "Was kauft denn bei euch neuerdings für Gesindel? Laufen die Geschäfte so schlecht?" Der Händler wirkte immer noch etwas verblüfft und hielt die Münzen in der Hand. Der Kaiserliche erkannte massive, dicke Goldmünzen mit einer fremdartigen Prägung. Man sah diese Zahlungsmittel selten in Cyrodiil, aber dem Kaiserlichen kamen sie bekannt vor. Er prägte sich die Zeichen gut ein, während der Händler antwortete,: "Das Äußere kann oft täuschen, das hat er für eine einzige Robe auf den Tisch gelegt... Was kann ich für euch tun?" Bei dem letzten Satz war er schon wieder gefasster, ganz Geschäftsmann.
"Ich bräuchte nur etwas Tinte, Pergament und eine Feder." Nachdem er das Gewünschte erhalten hatte, verlies er den Laden wieder und betrat die Taverne zur Westebene. Er sah den Rothwardonen an einem Tisch sitzen, setzte sich selbst an die Bar und bestellte einen Krug Bier. Leider wusste er noch nicht, in welchem Zimmer der Rothwardone wohnte, aber das würde er bald herausfinden.
Der Rothardon orderte sich ein Wasser und trank es schweigend und auf die Tischplatte schauend aus. Als der Kaiserliche die Herberge betrat, sah er nur kurz auf, aber der Mann sah gewöhnlich aus. Er bemerkte die Bosmer, die ihn nun interessiert von der Seite anschaute. Sie hatte braune Augen, etwa schulterlange fransige Haare, ein fein geschnittenes Gesicht und einen Zierlichen Körperbau. Sie trug ein graues, etwas edler aussehendes Kleid. Dass sie sich nun nur für ihn interessierte weil sie den Kommentar der Bedienung mitbekommen hatte, soweit dachte der Rothwardon nicht. Was soll's, beschloss er schließlich und setzte sich zu der Frau, um vielleicht ein paar Informationen über die Stadt heraus zu bekommen.
Der Kaiserliche unterdessen hatte nur auf einen solchen Moment gewartet. Die Frau hinter dem Tresen rückte nach ein paar Schmeicheleien sehr schnell mit der Sprache raus wo denn der Rothwardon wohnte, und schon war der Mann die Treppe hinauf verschwunden.
Das Gespräch mit der Waldelfe inzwischen hatte viele neue Informationen ergeben für den Rothwardonen. Die Stadt hier hieß Skingrad, wurde von einem Grafen geführt und war bekannt für ihren Wein. Die Bosmer selbst stellte sich als die Tochter eines ansässigen Adligen heraus, welche die Bevormundung jedoch gehörig satt hatte und sich einfach nur mal 'amüsieren' wollte, was immer das hieß. Gerade wurde er gefragt, wie er denn hieß, als die Kaiserliche von der Theke an ihn herantrat. "Verzeiht mir, aber...würdet ihr mir eure alte Robe geben? Ich sah, ihr nahmt sie mit auf das Zimmer.". Er blickte sie verwirrt an, wusste er doch nicht, dass sie das schlechte Gewissen gepackt hatte und sie so versuchte, ihn dazu zu bringen, nach seinem Zimmer zu sehen. Er nickte aber, entschuldigte sich bei der Waldelfe und begab sich die Treppe hinauf.
Oben angekommen, steckte er den Schlüssel ins Schloss und wollte aufschließen; jedoch: der Schlüssel ließ sich nicht drehen, die Tür war bereits offen.
"Was zum...", murmelte er und stieß die Tür auf. Der Anblick, welcher sich ihm bot, war skurril. In der Mitte des Raumes stand der Kaiserliche, seine alte Robe in der Hand, der leere Schrank war geöffnet. "Was tut ihr hier?" fragte der Rothwardon und trat in den Raum. Der Mann gab keine Antwort und schaute zum Fenster. Er will fliehen, schoss es dem Rothwardonen durch den Kopf. Warum, das wusste er nicht. Kaum hatte er zu Ende gedacht, zuckte der Kaiserliche zum Fenster, riss es auf und hatte schon einen Fuß auf das Fensterbrett gestellt. Die Bewegungsabläufe des Rothwardonen automatisierten sich. Plötzlich stand er hinter dem Eindringling, packte ihn an den Schultern und riss ihn mit Kraft zurück, wobei er selbst einen Schritt zur Seite machte. Der Mann stolperte rücklings in das Zimmer zurück und prallte hart gegen den Schrank, welcher daraufhin laut in sich zusammenfiel. Er wollte sich aufrappeln, aber da hatte der Rothwardon bereits ausgeholt und trat dem Mann mit dem Vollspann gegen die Schläfe. Er wurde zur Seite geschleudert, eine Platzwunde zeichnete sich an der getroffenen Stelle ab. Benommen richtete sich der Informant auf und fixierte den Rothwardonen. Aber dann kam auch schon dessen Faust angeflogen und traf ihn direkt auf die Nase, welche daraufhin auch stark blutete. Ein weiterer Schlag hinterließ unter einem Auge eine starke Schwellung. Der kaiserliche musste nun reagieren. Aus der Tasche zog er blitzschnell eine Phiole und blies den Inhalt dem Rothwardonen in die Augen - es war Pfeffer. Für einen kurzen Moment konnte der Getroffene nichts sehen, und der Spion nutzte dies. Er versetzte dem Rothwardonen einen Schubs, sodass dieser rücklings auf den Boden fiel, wandte sich dann zum Fenster, sprang kurzerhand hinaus und war verschwunden.
Mittlerweile ließ der Pfefferstaub nach, auch nachdem er endlich die Wasserschüssel ertastet hatte. Dann blickte er mit geröteten Augen zum offenen Fenster und dann durch sein zerstörtes Zimmer. Hinter ihm erschien die Kaiserliche, welche einen spitzen Aufschrei verlauten ließ und sich dann neben ihn kniete.
"Alles in Ordnung?", wurde er von ihr angesprochen. Er aber antwortet nur ungläubig: "Der ist aus dem Fenster gesprungen...", und deutete wage in die Richtung. Was genau hier gerade geschehen war realisierte er erst einmal nicht.
Dreveni ging nach dem Essen zu ihrem Zimmer, und sah dass die Tür angelehnt war und der Kaiserliche dort stand. Was will er denn hier?, dachte sie sich erschrocken, so suchte er sie nur auf, wenn etwas wichtiges passiert war. Als sie eintrat, sah sie auch, wie er zugerichtet war. Unter dem Auge war eine dicke, blaue Schwellung, an der Schläfe eine anscheinend versorgte Platzwunde und die Nase sah auch nicht gut aus. Sie trat in das Zimmer, schloss die Tür hinter sich und sah ihn entgeistert an. "Wer war das?"
"Dein Rothwardone. Nachdem er mit zwei ausländischen Goldmünzen für eine neue Robe bezahlt hat. Danach wollte ich mir sein Zimmer ansehen, aber er ist leider dazwischen gekommen." Sie sah ihren Vermittler immer noch erstaunt an, um ihn dermaßen zuzurichten, brauchte es schon einiges. "Verflucht, ich habe ihm Pfeffer in die Augen gestreut, sonst hätte er mich gehabt, und das zu erklären wäre schwer geworden. Und vor allem teuer. Eins ist klar, was immer er in dieser Stadt will, mir ist es nicht recht."
"Du meinst Konkurrenz?"
"Vielleicht, irgendwo muss er gelernt haben, so zuzuschlagen. Ich werde mich um die Wache kümmern, falls er den Einbruch meldet. Mir und einigen anderen ist jedenfalls nicht daran gelegen, wenn er das Gleichgewicht hier in Skingrad stört."
Sie verabschiedeten sich, und Dreveni blieb etwas ratlos in ihrem Zimmer zurück. Neben dem Auftrag taten sich hier auch noch andere Probleme auf, wobei ihr noch immer nicht klar war, ob das überhaupt Probleme waren, auch wenn sich die Hinweise langsam mehrten.
"Ich hol die Stadtwache!", meinte die Frau aufgeregt, aber der Rothwardon hielt sie zurück. "Er hat mir nichts gestohlen, lediglich eure Einrichtung zerstört. Ich bezahle sie euch...", und er griff nach den Münzen. "Aber nein, das habt ihr doch schon. Ihr bekommt ein neues Zimmer.". Der Rothwardon war noch verwirrter. Wie hatte er bereits bezahlt? Was meinte sie? Auf dem Weg nach unten dachte er über das eben Geschehene nach. Wie konnte er diesen Kerl so in Schach halten? War das wirklich ich oder mein früheres ich. Unten setzte er sich wieder zu der Waldelfe und bekam von der Kaiserlichen einen weiteren Krug. "Alles in Ordnung mit euch?" fragte die Bosmer. Der Rothwardon winkte ab und trank das Wasser aus.
Dreveni saß auf dem Bett und rief sich noch einmal das Bild des verwirrten Mannes ins Gedächtnis, der sie gestern Nacht nach dem Weg gefragt hatte. Dieser sollte jetzt dafür verantwortlich sein? Sie war jedenfalls nicht gänzlich falsch damit gelegen, dass er für einen Landstreicher oder Bettler zu kräftig und trainiert in seiner Haltung gewirkt hatte, unter der schmutzigen Robe. Aber warum warf er dann dermaßen mit Geld um sich, wenn er schon in dieser Verkleidung in die Stadt gekommen war? Sie war sich sicher, dass sich der Kaiserliche melden würde, wenn er etwas über die Herkunft der Münzen in Erfahrung bringen konnte. In seinem Zimmer war anscheinend auch nichts weiter, sonst hätte ihr es der Informant sicher gesagt, wie das mit den Münzen, so gut kannten sie sich, dass sie sich ohne viele Worte verstanden in diesen Dingen. Kann ich es riskieren, zur Westebenen-Taverne zu gehen? Sie wusste nicht ganz, was sie dort erreichen wollte, und ohne Vorwand dort aufzutauchen, war zu auffällig, und für Abendessen war es definitiv noch zu früh. Wäre sie nicht außerdem für einen Auftrag hier, hätte sie selbst offensiver vorgehen können, so sollte sie allerdings besser nicht zu sehr auffallen, da sie nicht einfach aus der Stadt verschwinden konnte. Sie ging nach unten zur Wirtin, zahlte das Zimmer für die nächste Nacht und wartete dann oben, bis es Abend wurde. Sie aß etwas, ging noch eine Runde durch die Stadt und wieder auf ihr Zimmer. Nach Mitternacht hörte sie es wieder klopfen, und der Kaiserliche, dieses mal wieder fast ohne Verletzungen, er musste bei einem Heiler gewesen sein, stand vor der Tür.
"Über den Rothwardonen hab ich nichts herausgefunden, außer dass die Sache noch nicht gemeldet wurde. Aber es wurde mir zugetragen, dass ein paar Frauen aus der Stadt, darunter auch die Tochter des Bäckers, die letzten Tage öfter mit Körben aus der Stadt verschwunden sind. Besagte Tochter tut das immer früh morgens, in der Dämmerung. Sie verlässt die Stadt durch das Westtor, ich denke du solltest dir mal ansehen, wem sie das bringt. Dein Jack hat sich einen ziemlich eindeutigen Ruf hier in der kurzen Zeit erarbeitet."
Dreveni ging zu der Kommode mit ihrem Gepäck und zog einen kleinen Beutel heraus, den sie dem Kaiserlichen reichte. "Danke, ich hätte nicht so schnell mit Hinweisen gerechnet. Mit etwas Glück ist es erledigt, bevor die Kontaktleute auftauchen."
Der Kaiserliche verabschiedete sich, und Dreveni ging ins Bett, nachdem sie die Tür abgesperrt hatte. Morgen früh wollte sie sehen, wohin die Bäckertochter verschwand.
Der Rothwardon unterhielt sich noch eine Weile mit der Waldelfe, wobei er es entgegen seiner Erwartungen ganz gut verstand, das Thema um seine Herkunft und gar seinen Namen zu umgehen, indem er auf die Bosmer einging. Mit der Zeit wurde ihm bewusst, dass diese Frau wohl mit Vorliebe über sich selbst redete, und dies nutzte er aus, um noch mehr über seinen Aufenthaltsort herauszufinden. Er befand sich in der Provinz Cyrodiil, das hatte die Dunmerin letzte Nacht auch erwähnt, diesen Namen. Die Waldelfe erzählte von Städten wie Anvil, Cheydinhal oder der Kaiserstadt. Letztere stellte wohl die Hauptstadt dar, wenn man den Erzählungen glauben konnte.
Am Abend wurde es ihr wohl langweilig, etwas Neues zu erzählen; jedenfalls verabschiedete sie sich von dem Rothwardonen mit den Worten, sie wolle noch ein wenig durch die Stadt schlendern. In dem Rothwardonen keimte der Verdacht, dass dieses Schlendern wohl der Suche nach Spass gewidmet war. Aber ihm war das egal. Nach dem Verschwinden der Bosmer erhob auch er sich und ging in sein neues Zimmer. Es sah genauso aus wie sein erstes, war allerdings spiegelverkehrt aufgebaut, was ihn jedoch nicht störte. Nach dem Abschließen der Tür und dem entledigen seiner Kleidung legte er sich ins Bett. Lange noch lag er wach, zum einen weil er über den kaiserlichen Einbrecher nachdachte, zum anderen ihm wieder der Traum mit den Schlangen in den Sinn kam. Letztendlich schlief er aber doch ein.
Geändert von Andromeda (04.02.2011 um 17:39 Uhr)
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