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Mythos
Vvardenfell-Distrikt, Westspalte, Shulk-Eiermine
Das Blut rauschte noch immer durch seine Adern und sein Herz schlug mit einer Intensität, dass er glaubte es würde zerspringen. Schleier roten Zornes vernebelten seine Gedanken. Er starrte auf seinen bewusstlosen Gegner. Doch Tarrior riss sich mit aller Gewalt zusammen und unterdrückte den quälenden Wunsch, dem kampfunfähigen Söldnerhauptmann seine Klinge in das Fremdländerherz zu rammen. Er atmete mehrfach tief durch und langsam lösten sich die Schleier auf. „Wir brauchen ihn noch. Wenn einer etwas über das alles hier weis, dann er“: redete in Gedanken immer wieder beruhigend auf sich selbst ein. Als sich sein Puls langsam beruhigt hatte, schloss er die Augen und lauschte in sich selbst hinein. Er empfand immer noch Hass und Verachtung für diesen erbärmlichen rothwardonischen Hund zu seinen Füßen, aber der gefährliche Moment war inzwischen vorüber. Er schob das Schwert, das er bisher immer noch in der Hand gehalten hatte, zurück in die Scheide. Tarrior wandte sich dann wieder der Höhlenmitte und somit den Minenarbeitern und verschnürten Söldner zu. „Ihr da“: rief er zwei Arbeitern zu. Sie drehten sich um und sahen ihn fragend an. „Bindet diesem hier Hände und Füße mit dem festesten Strick den ihr finden könnt und benutzt zur Sicherheit einen doppelten Knoten“: wies er sie an. Die Männer waren erschöpft, man konnte es ihnen ansehen und entsprechend lust- und kraftlos setzten sie sich auch in Bewegung. Als sie sich jedoch einen scharfen Blick Tarriors einfingen, rannten sie schnell zu einigen Kisten hinüber um nach einem geeigneten Seil Ausschau zu halten. Er seufzte und ging zu den anderen Arbeitern hinüber. Auf halber Strecke kamen sie ihm jedoch entgegen. Ihre hageren, eingefallenen und von Dreck und stellenweise mit Blut bedeckten Gesichter spiegelten neben der Erschöpfung auch Freude wieder. Tarrior zwang sich zu einem Lächeln und stellte unnötigerweise fest, was alle sowieso wussten. „Es ist vorbei“: sagte er. Doch trotzdessen war es das, was die Leute von ihm hören wollte. Dieses Signal das sie zu einem Jubelschrei veranlasste und dazu ihm für seine Hilfe zu danken. Er selbst interessierte sich jedoch nicht so sehr dafür. Es waren ein paar gute Männer gefallen und man durfte auch nicht die vergessen, die getötet worden waren, als die Söldner die Mine überfallen hatten. Tarrior schüttelte innerlich den Kopf.
„Es ist noch nicht vorbei“: dachte er und achtete darauf seine Gedanken nicht unbedacht laut auszusprechen. Ihm kam nämlich in diesem Moment das Bild von dem unbekannten Besucher in den Sinn, der sich mit den Söldnern um den Sold gestritten hatte. „Irgendwer hat den Angriff auf die Mine befohlen“: schlussfolgerte er. Die großen Fragen, zu dessen Klärung er hierher gekommen war, standen somit weiterhin im Raum: Wer und wozu? Und dieses Rätsel war Tarrior gewillt aufzuklären. Die Mine war zwar jetzt befreit, aber wer sagte, dass derjenige, der den Angriff angeordnet hatte, nicht noch einmal zuschlagen würde. Balmora war auf die Versorgung durch die Eierminen angewiesen, jetzt wo die Bauern den Aufstand probten. Da konnten sie sich so etwas nicht leisten. „Womöglich steckt tatsächlich der Kult der Mythischen Morgenröte dahinter“: überlegte Tarrior schaudern. Dann schüttelte er den Kopf, denn diese Mutmaßungen brachten ihn kein Stück weiter. Er brauchte Antworten und er wusste, wo er sie bekommen würde. Sein Blick fiel dabei auf den bewusstlosen Rothwardonen, der gerade dabei war von den zwei Arbeitern verschnürt zu werden. „Was machen wir jetzt mit ihnen“: fragte ein Arbeiter und riss ihn damit aus seinen Gedanken. „Was mit wem?“: Tarrior war noch nicht ganz bei sich. Er hatte gerade über Methoden sinniert, mit denen er die Rothwardonen zum Sprechen bringen könnte, wenn sie ihm die Informationen nicht freiwillig geben würden. „Die Gefangen Serjo“: erklärte der Mann und zeigte zur Bestätigung auf das Netz, aber es war eindeutig das er Tarrior in diesem Moment für schwer von Begriff hielt. „Wir können sie nicht alle mit nach Balmora nehmen und wenn wir sie hier lassen, schaffen sie es womöglich noch sich zu befreien“: führte der Arbeiter aus, als Tarrior immer noch keine Antwort von sich gab. „Dann werden wir wohl hier bleiben“: traf er eine Aussage, die eigentlich schon eine Entscheidung war. Der Mann schien unzufrieden, aber gab außer einem mürrischen Brummen nichts weiter von sich. Er konnte die Männer auch gut verstehen. Nach dieser langen Gefangenschaft wollten sie sicherlich zurück nach Hause, aber sie konnten die Gefangenen weder mitnehmen, noch alleine hier lassen und Tarrior hatte nicht vor sie zu töten, was der Arbeiter wahrscheinlich gehofft hatte. „Hergehört!“: rief er und baute sich zu seiner vollen Größe auf, damit ihn alle sehen konnten. „Wir werden hier bleiben, die Mine absichern und die gefangen gesetzten Söldner bewachen. Ich brauche zwei Freiwillige, die nach Balmora gehen, den Verwalter informieren und die Stadtwache herholen. Also wer meldet sich?“: erklärte er den Anwesenden. Es dauerte eine kleine Weile, aber dann reckten sich zaghaft die Hände zwei der vier jungen Männer in die Höhe, die Tarrior vorhin sofort bei seinem Vorhaben hatten unterstützen wollen. Sofort suchten seine Augen den Höhlenraum ab und schauten nach den anderen beiden. Doch er fand nur noch einen. Der Dritte der Jugendlichen war der, dem der Hauptmann der Söldner die Hand abgeschlagen hatte, wie er erst jetzt feststellte. Den Vierten fand er, als er nach dem Ausschlussprinzip alle anderen Anwesenden abgehakt hatte. Es war derjenige, der nun tot mit einem gespalteten Schädel auf dem Höhlenboden lag. Ein kurzer Schmerz durchzuckte Tarrior.
Die beiden jungen Männer waren inzwischen zu ihm heran gekommen. „Vor der Mine an einem Baum ist ein Guar angebunden. Er gehört mir. Mit ihm seid ihr schneller in Balmora. Ich denke er wird euch Drei tragen können“: erzählte er ihnen von Fryrr. „Drei?“: fragten die Beiden gleichzeitig. „Ihr werdet euren Freund mitnehmen. Die Wunde habt ihr zwar verbunden, aber er wird schnellstmöglich einen Heiler brauchen, sonst wird er es womöglich nicht überleben. Also müsst ihr euch beeilen. Also geht schon und das ihr mir ja gut auf den Guar aufpasst“: beschwor er die beiden gut auf Fryrr und ihren Kameraden acht zu geben. Sie nickten, nahmen den Verletzten mit und machten sich schnellstens auf den Weg. Inzwischen war auch Geschäftigkeit in die anderen ehemaligen Gefangenen gekommen. Der Alte schien jetzt, wo sie frei waren und keine Gefahr mehr drohte, seine Lethargie vollkommen abgeschüttelt zu haben. Geschäftig gab er Anweisungen und verteilte Aufgaben. Soweit Tarrior das mitbekam, sollten Einige die Schäden in der Mine prüfen, andere ein Ersatznetz für die Höhlendecke besorgen und Weitere darauf achten, das die gefangenen Söldner auch Gefangene blieben. Er selbst war recht erstaunt über die Autorität, die der Mann unter den Arbeitern genoss. Als der Alte alles geregelt hatte, kam er zu ihm hinüber. „Ihr könnt von Glück reden das alles gut gegangen ist“: sagte dieser frei heraus. Er fragte sich was sein Gegenüber meinte und sprach es auch laut aus. „Als dieses sinnfreie Muskelpaket seine Axt in die Wand geschlagen hat, konnte man schon den Rissen dabei zu sehen, wie sie anfingen die Decke zu durchziehen. Ihr könnt also von Glück reden, dass wir noch nicht alle erschlagen worden sind“: erklärte er sich und Tarrior richtete eilig seinen Blick nach oben und erkannte jetzt auch, wie viel Glück sie wirklich gehabt haben mussten. „Ich habe bereits ein paar Männer angewiesen das Ersatznetz zu holen. Keine Sorge, wenn es hätte runter brechen wollen, dann wäre das schon längst passiert. Wir sollten aber schwere Erschütterungen vermeiden, bis das Netz hängt“: beruhigte er ihn jedoch wieder. „Ähm ja ich habe es mitbekommen. Ich war erstaunt, wie euch die Leute gehorchen“: gab Tarrior unumwunden zu. „Das möchte auch so sein. Ich bin Zorum Urithy, Vorarbeiter dieser Mine“: stellte er sich vor. In diesem Moment konnte er sein Erstaunen nicht verbergen der Mann lachte. „Ich wollte mich noch bei euch entschuldigen, dass ich vorhin euren Plan so sabotiert habe, aber ich dachte wirklich wir hätten keine Chance. Es war wohl die Angst und die lange Gefangenschaft“: entschuldigte er sich für sein vorangegangenes Verhalten. Doch Tarrior winkte ab: „Es gibt nichts wofür ihr euch rechtfertigen müsst. Es war gut, dass ihr mich auf die Schwächen der Männer hingewiesen hattet. Außerdem habt ihr ja auch dabei geholfen, den Leuten ihre Lethargie zu nehmen. Sonst wäre das vielleicht nie etwas geworden.“ Der Mann schien glücklich darüber. Tarrior meinte es sogar ernst. „Dann würde ich sagen wir können stolz auf uns sein. Die Hlaalu kriegt niemand so leicht unter. Mit etwas Glück haben diese Banditen meinen geheimen Vorrat nicht gefunden. Den besten Schnaps, den ihr diesseits des Aschlandes findet“: bot Zorum ihm an. In diesem Moment schien alles was vorher gewesen war, wie wegblasen und Tarrior fühlte sich dem Alten irgendwie nahe.
„Höchstens Wasser. Es gibt da noch einige Dinge zu klären – mit diesen rothwardonischen Hunden. Denn ich glaube zwar das wir aus dem Gröbsten raus sind, aber vorbei ist es noch nicht“: gestand er ihm gegenüber ein. Der Mann sah ihn erst verwirrt dann alarmiert an. „Wie meint ihr das?“: fragte er. „Es gibt da einige Dinge, die mich glauben machen, dass diese Rothwardonen-Söldner auf einen Auftrag hin diese Mine hier überfallen haben“: erklärte er sich und berichtete ihm von dem was er gesehen und gehört hatte. „Ich will versuchen herauszufinden, wer als Drahtzieher hinter dem Ganzen steckt und ihn zur Rechenschaft ziehen. Womöglich wird er es noch einmal versuchen, wenn er erfährt das seine gedungene Mörderbande versagt hat“: erzählte Tarrior von dem was er vor hatte. „Ich habe den Söldnerhauptmann verbinden lassen. Wir könnten ihn aufwecken, wenn er ihn befragen wollt“: bot Zorum ihm an. „Nein soll er noch etwas Schlaf bekommen. Ich knöpfe mir zuerst einmal seine Leute vor. Womöglich knicken die leichter ein, als er oder sind sogar bereit freiwillig etwas preiszugeben. Und wenn nicht… nun ja ich kann sehr überzeugend sein. Ihr könntet mir aber in einer Sache behilflich sein. Holt die Söldner aus dem Netz heraus und fesselt sie separat, damit ich sie einzeln verhören kann. Ich mache es dann in der kleinen Kammer. Danach können wir sie dort meinetwegen einsperren, bis die Stadtwache hier ist“: legte Tarrior den Ablauf fest und der Vorarbeiter nickte. „Ich werde mich darum kümmern“: versprach er, doch in diesem Moment wurde dem Dunmer schwindlig. Vor Tarriors Augen begann sich alles zu drehen und er schwankte einen Moment. „Geht es euch nicht gut?“: fragte Zorum besorgt und stützte ihn. „Es ist nichts. Ich bin wohl bloß erschöpft“: sagte er und setzte ein schiefes Lächeln auf, das seine beruhigende Wirkung aber um Meilen verfehlte. „Wann habt ihr das letzte Mal etwas gegessen oder getrunken“: wollte der Mann wissen, der sich um ihn kümmerte. „Heute Morgen. Ich war seitdem darauf aus, so schnell wie möglich her zu kommen. Da blieb keine Zeit mehr“: antworte er. Der Vorarbeiter rief irgendetwas das Tarrior schon nicht mehr verstand. „Ich lasse euch etwas bringen. Ich kenne diese Symptome. Manchmal haben Frischlinge hier unten in der Mine so etwas. Die stickige Luft und die harte Arbeit, wenn die Leute sich nicht ausreichend ernähren, kippen sie einfach um. In eurem Fall war es wohl der Kampf. Keine Sorge wenn ihr etwas gegessen habt, geht es euch sicher besser“: erklärte ihm Zorum und half ihm dabei sich auf einen Stein zu setzen. „Ruht euch aus und esst etwas. Ich hoffe ihr mögt Kwama-Eier. Von denen haben wir hier mehr als genug. Ich rufe euch, wenn die Gefangenen zum Verhör bereitstehen. Bis dahin dürfte es auch wieder gut gehen“: sagte der Mann und bei dem Satz mit den Eiern musste sie beide grinsen. Der Alte entblößte dabei einige schwarze Zähne und etliche Zahnlücken. Erst jetzt fiel Tarrior auf, dass das faltige Gesicht viel mehr etwas von dem eines gütigen Großvaters, als von dem eines rauen Bergmannes hatte. Und tatsächlich kamen wie er versprochen hatte bald zwei Leute und hatten auf einem einfachen Tonteller ein paar gebratene Kwama-Eimer aufgetan.
Sie fragten ihn ob er sich nicht zu ihnen an die Feuerstelle setzen wolle, die die Söldner eingerichtet hatten, aber jetzt mit neuem Holz nochmals angefacht wurde. Tarrior hatte zugesagt und war etwas wacklig auf den Knien mit zu den Anderen hinüber gegangen. Er wunderte sich noch immer über den plötzlichen Schwächeanfall, aber vermutlich hätte sein Körper schon eher protestiert, aber der Rest Adrenalin hatte ihn wohl noch auf den Beinen gehalten und jetzt wo dieser auch gewichen war, brach alles über ihn herein. Auch jetzt merkte er, wie hungrig er eigentlich gewesen sein musste. Kaum hatte er den Teller vor sich gehabt und ordentlich mit einem Messer Teile von dem großen Spiegelei abgetrennt und gegessen hatte, hatte er sich nicht einmal mehr diese Mühe gemacht. Das Messer hatte er nämlich bald zur Seite gelegt und schaufelte das Ei allein mit der Gabel in seinem Mund und schlang es nur mit minimalen Kauen herunter. Und tatsächlich ging es ihm in gleichem Maße besser, wie sich sein Magen füllte. Erst als er sein Ei aufgegessen und mit einem Schluck Wasser aus einem einfachen staubigen Tonbecher nachspült hatte, fiel ihm auf das die anderen ihr Essen kaum angerührt, sondern ihre Blicke auf ihn gerichtet hatten. Sein Blick begegnete den ihren und peinlich berührt senkte er ihn dann. „Ich hätte nie gedacht, dass die feinen Ratsherrenschaften so essen können“: sagte ein bärtiger Mann mit mattroten Augen um die Situation aufzuklären und schlug Tarrior kräftig auf den Rücken. Diese Situation kam ihm mit einem Mal verflucht bekannt vor. Er sagte nichts dazu und lächelte leicht. Die Männer lachten nun ebenfalls und wandten sich dann wieder ihrem Essen zu. „Sie sind soweit. Wir haben den Ersten schon in die Kammer geschickt“: kam plötzlich eine Stimme aus dem Hintergrund. Es dauerte einen Moment, bevor er sie dem Vorarbeiter zuordnen konnte. Zorum kam mit langsamen Schritten auf ihn zu. „Ich hoffe es geht euch schon besser“: fügte er im Näherkommen noch an. Er stand auf. Seine Beine fühlten sich zwar noch etwas wacklig an, aber der Schwindel und dergleichen waren weg. „Ja ich fühle mich wieder fit. Und ich werde mich noch besser fühlen, wenn ich erst einmal die Informationen bekommen habe, die ich brauche“: antworte er. „Sagt dann Bescheid, wenn wir euch den nächsten von diesem Lumpenpack rein schicken sollen“: sagte der Mann und Tarrior nickte zur Bestätigung. Während sich Zorum zu seinen Männern an die Feuerstelle setzte, hatte er inzwischen die Tür erreicht.
Er musste über die Ironie grinsen. Die Männer die er dort nun dort verhören würde, hatten zuvor noch die Minenarbeiter eingekerkert, welche sie schlussendlich besiegt hatten. Er trat in den Raum ein. Der Rothwardone saß auf einem windschiefen Stuhl und hob den Kopf. Anhand der schweren Brandwunden erkannte Tarrior ihn als den Söldner, mit dem er zuerst gekämpft hatte. „Traut sich einer von euch Bastarden vor? Traut ihr euch nur alleine hier herein zu mir, wenn ich gefesselt bin? Antwortet ihr mir Feiglinge“: provozierte er Tarrior. Dieser erkannte, dass der Mann wohl kaum noch etwas sehen konnte. Das Gesicht wies ebenfalls Brandverletzungen auf. Das eine Auge war geöffnet und der Augapfel nicht mehr als eine verschrumpelte Masse. Das andere Auge konnte der Rothwardone wegen der Wunde nur einen Spalt weit öffnen. Vermutlich war Tarrior nicht mehr als ein Schemen für ihn. Mit langsamen, kräftigen Schritten ging er auf den Mann zu. Er achtete sorgsam darauf mit dem Hacken kräftig aufzutreten um das typische Geräusch zu erhalten. Es wirkte autoritär und auf jemanden in der Position des Söldners auch einschüchternd. Als er neben dem Mann zum Stehen kam, wurde dieser langsam nervös. „Was wollt ihr von mir. So sagt doch etwas ihr Feiglinge“: schrie er. Tarrior beugte sich dem dunkelhäutigen verheerten Gesicht entgegen. „IHR!“: stieß der Gefangene hervor und sein Gesicht spiegelte gleichzeitig Erkennen und Erschrecken wieder. Auf diese Entfernung konnte er ihn also erkennen. Aufgrund dieser Erkenntnis setzte er ein höhnisches Grinsen auf. „Wäre ich nicht gefesselt, würde ich…“: setzte er an, doch Tarrior kam ihm mit der Vollendung des Satzes zuvor: „… herum stolpern wie ein unbeholfenes Kind, dem man das Augenlicht genommen hat.“ „Ich habe ein paar Fragen. Wenn ihr sie beantwortet, werde ich dafür sorgen, dass man euer jämmerliches Leben verschont. Denn angesichts der vielen Toten ist die einzige Alternative wohl der Strick“: fügte er noch an. Er sprach die Worte zwar in einer Ruhe aus, die seine Überlegenheit demonstrieren sollte, aber innerlich kochte er vor Wut, wenn er an die Opfer dachte. „Ich habe euch gar nichts zu sagen. Es ist gleich was ihr von mir hören wollt. Niemals“: schloss es der Rothwardone kategorisch aus. „So haben schon viele gesprochen“: sprach Tarrior und ließ bewusst offen, was mit denen passiert war.
Mit einem gelangweilten Seitenblick zog er sich einen der Handschuhe seiner Chitin-Rüstung aus. Ohne Vorwarnung drehte er sich blitzschnell um und zog ihm das Rüstungsteil mitten durch das Gesicht. Unter dem Aufprall platzten Brandblasen und innerhalb der übel anzuschauenden Brandnarben brachen Blutrinnsale auf. Der Söldner schrie lauthals. Die Brandwunden gingen tief. Tarrior konnte die höllischen Schmerzen nur erahnen. Er beugte sich wieder in das eingeschränkte Sichtfeld des Mannes und grinste schadenfroh. „Seid ihr euch wirklich sicher, dass ihr mir nichts erzählen wollt?“: fragte er rhetorisch. Die Antwort kannte er bereits, denn der Mann würde noch mehr Schmerzen brauchen um zur Vernunft zu kommen. „Ich sagte euch doch, ich sage nichts!“: antwortete er pflichtschuldig. Gekünstelt verzog Tarrior das Gesicht zu einem Schmollmund. Eigentlich war er sogar glücklich darüber. Das gleiche Gefühl, das ihn vorhin dazu angehalten hatte, den Söldnerhauptmann aus Rache zu töten, kam wieder in ihm hoch. Doch diesmal würde es sich allein schon mit dem größtmöglichen Leid der Söldnerbande begnügen. Tarrior freute sich schon richtig auf die Folter. Er ließ den Handschuh zu Boden fallen und besah sich seine Nägel. Er hatte sie schon seit einer gewissen Weile nicht mehr geschnitten. Sie waren lang geworden. „Perfekt“: dachte er und legte Hand an den verkohlten Harnisch des Söldners. Er riss ihn mit einigem Rucken herunter. Der Rothwardone stöhnte vor Schmerz. Er hätte auch das Schwert benutzen können, aber das Leder war durch den Brand so brüchig geworden, da wollte er es nicht sinnloserweise bemühen. Von dem Hemd, das der Gefangene offensichtlich unter dem Harnisch getragen hatte, war nicht mehr viel übrig. Scheinbar hatte das Feuer noch eine Weile unter dem Rüstzeug geschwelt. Auch die Brust des Mannes war nicht weniger schlimm gezeichnet, als sein Gesicht. „Deine letzte Chance“: sagte Tarrior. Er glaubte nicht daran, dass der Mann plötzlich vernünftig werden würde und insgeheim hoffte er auch auf die Weigerung. Diese trat in Form eines energischen Kopfschüttelns auch zu Tage. „Wenn du an irgendwelche Götter glaubst, bete dafür das sie dir eine rasche Ohnmacht schenken“: sagte er kühl und mit einem gehörigen Anteil an sadistischer Boshaftigkeit in der Stimme. Im nächsten Moment rammte er die Nägel seiner Hand mit aller Wucht in die Brandwunden und begann diese wie einen Acker zu bearbeiten.
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