Die Klänge die im Hintergrund ertönten, schienen sein Denken anzuregen. Einen Moment nur genoss er, entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten, den leichten und unbeschwerten Takt und die Töne, die Sackpfeifen, Lauten und Trommeln verursachten. Schlussendlich hatte er sich dann entschieden. „Ich werde euch helfen“: versprach er. Zum einen hatten ihm die aufgezählten Vorteile zugesagt, zum anderen hatte er natürlich ein gesteigertes Interesse daran, wenn Vvardenfell nicht in die Hände der Deadra fiel. Eine Pauschallösung für die Invasion hatte bisher niemand gefunden. Ebenso wusste niemand wie lange es dauern würde bis, oder ob überhaupt, die Deadra zurückgeschlagen werden konnten. Sie hatten sich als hartnäckig und verheerend erwiesen. Außerdem wusste er aus Cyrodiil, das auf ein geschlossenes Tor bald ein neues folgen konnte. Irgendetwas hatte die Barriere zwischen Nirn und dem Reich des Vergessens durchlässig werden lassen, wenn nicht gar zerstört. Irgendetwas war geschehen und hatte den Deadra Tor und Tür geöffnet. Dauerhafte Tore nach Oblivion waren bisher undenkbar gewesen, doch die Mythische Morgenröte konnte aufgrund der geschwächten Barriere frei agieren und dutzende Tore im ganzen Reich öffnen. Hier zählte nun jede Provinz und jeder Distrikt für sich alleine. Und wohin sollte er gehen, wenn die Deadra alles zerstören würden. Er würde sich zwar nicht im Kampf opfern, das konnten andere erledigen, aber war durchaus bereit seinen Teil zu leisen. Und dazu zählte nun einmal, dass er die Versorgung von Balmora sicherstellte. Was auch immer in der Mine passiert war, er würde sie wieder zum Laufen bringen. „Das ist wirklich großartig. Ich danke euch“: freute sich Junai Gandrahit, der Minenverwalter, wie ein kleines Kind. „Aber könnt ihr mir, nicht noch ein wenig mehr über die Mine erzählen?“: fragte Tarrior, dem die bisherigen Informationen etwas sehr knapp bemessen waren.

„Nein es tut mir Leid. Viel mehr Informationen habe ich auch nicht. Der Kontakt riss vor einer Woche ab und die Boten sind nicht wieder aufgetaucht. Das hatte ich ja bereits erwähnt, aber mehr weis ich auch nicht“: gestand er ein. „Habt ihr eine Vermutung, was dafür verantwortlich sein könnte?“: fragte Tarrior. „Nein nur Spekulationen. Ich habe selbst schon darüber gedacht, doch in Anbetracht der Sachlage könnte es alles Mögliche sein. Von Deadra bis hin zu Banditen halte ich alles für wahrscheinlich“: antwortete der Minenverwalter. „Wenn ich einen konkreten Verdacht gehabt hätte, dann hätte ich den Rat gewiss überzeugen können, aber so...“: fügte er noch an. „Mich verwundert das der Rat die Sache einfach hingenommen hat, obwohl offensichtlich ist, dass etwas nicht stimmt“: wunderte sich Tarrior. „Na ja man vermutete nur einen Höhleneinsturz oder etwas derart banales dahinter und glaubte der Aufseher dort, wollte noch keine Meldung machen um nicht dafür verantwortlich gemacht zu werden. Außerdem wollte man die Truppen auf die Verteidigung der Pässe ins Aschland und zur Verstärkung der redoranischen Garnison in Mar Gaan, sowie natürlich der Vergrößerung der Garnison hier einsetzen. Eine Untersuchung der dortigen Vorkommnisse wäre wohl nur eine unnötige zusätzliche Belastung gewesen“: berichtete er und mehr als einmal konnte man leichten Zorn in der Stimme hören. „Ich verstehe. Der Rat will zwar nicht reagieren, aber wenn etwas schief gehen sollte, seit ihr derjenige, der über die Klinge springen muss“: fasste Tarrior zusammen und sein Gegenüber nickte. Derweil nahmen die Melodien im Hintergrund langsam ein erkennbareres Muster an. „Sie scheinen mit Warmspielen fertig zu sein“: dachte er. „Da wir nicht wissen, weshalb die Boten nicht durchgekommen sind, sollte ich vorsichtig sein“: dachte er nun laut.

„Ja das würde ich auch sagen. Ich habe zwar einen Kundschafter den Fluss absuchen lassen und er hat keine Leichen gefunden, aber das muss ja erstmal nichts heißen. Und was die Mine angeht. Egal wer oder was dahinter steckt, ich möchte, dass die Sache vollständig geklärt wird. Einige Ratsherren sind scharf auf die Mine und das seit mir das Haus die Verwaltung übertragen hat. Ein Vorfall wie dieser und sie haben endlich einen Grund mich abzusägen. Es ist sehr wichtig...“: machte er eindringlich klar. Tarrior hatte derweil begonnen die Melodie mitzusummen, irgendwie begann ihm die Musik zu gefallen. Sie war irgendwie wild, nicht erdrückend schwer, sondern einfach leicht und schnell. Sie ging gut ins Ohr wie er fand. „Keine Sorge, dass wofür ich mich einsetze, wird von mir auch gewissenhaft ausgeführt. Zumal ich ja auch von der Belohnung profitiere und meinen Vorteil aus der Aufklärung ziehe. Also seid unbesorgt, was auch immer da den Ablauf stört, wird restlos beseitigt. So oder so“: schwor er. Einen Moment trat ein nachdenklicher Ausdruck in das Gesicht von Junai. Er schien zu überlegen, was Tarrior mit so oder so gemeint hatte. Doch dieser hatte sich bereits wieder abgewandt und sah zu wie letzte Vorbereitungen getroffen worden, während die Gruppe eine einfache Melodie nach der anderen zum Besten gab. Es waren großteilig die Melodien bekannter dunmerischer Volkslieder und auch einige Waisen der Aschländer. Beides recht trommellastig, aber es gefiel ihm. Es weckte Erinnerungen. Seine Mutter hatte ihm, als Kind, immer diese alten Lieder vorgesungen. Er murmelte den Text mit und sah sich den erstaunten Blicken seines Gesprächspartners gegenüber. Er selbst hatte es gar nicht bemerkt, aber jetzt war es ihm irgendwie peinlich und er rettete sich auf ein schiefes Lächeln.

„Ich dachte ihr hättet keinen Sinn für Musik“: sagte er mit fragendem Tonfall. „Ich wusste ja nicht, dass sie auch derart alte Melodien spielen. Es weckt gute Erinnerungen“: antwortete er. „Na ja sie bringen immer zum Einspielen was Volkstümliches. Wenn es richtig losgeht, dann spielen sie auch eigene Melodien“: erklärte Junai. In diesem Moment fiel ihm auf, dass er sein Essen gar nicht angerührt hatte. Er tippte kurz mit dem Finger auf das Stück Bratfleisch und stellte fest, dass es glücklicherweise noch lauwarm war. „Ich wollte euch schon fragen, ob er es gar nicht mehr essen wolltet. Scheinbar habe ich euch mit meinen Problemen abgelenkt“: stellte der Minenverwalter an dieser Stelle fest. „Ja das scheint mir auch so. Wenn das alles war, dann würde ich mich zumindest für den Abend zurückziehen“: bat Tarrior. Der Verwalter legte den Kopf etwas schief. „Gewiss alles was ich zu der Sache mit der Mine sagen konnte, ist gesagt. Aber ich würde euch empfehlen. Bleibt hier unten und seht euch den Auftritt an. In diesen schlimmen Zeiten können wir alle etwas Aufmunterung vertragen. Aber dann solltet ihr euch mit eurem Essen lieber an den Tresen setzen. Ich habe leider keine Zeit hierfür. Ich muss noch mit einigen anderen Leuten sprechen, die sich um die Rationsausgabe kümmern. Aber genießt ihr doch die Veranstaltung“: sagte er und verabschiedete sich. Das „Warum“, weswegen er sich an den Tresen setzen sollte, ließ er offen. Er sah dem Verwalter nach, wie er das „Acht Teller“ verließ und zuckte mit den Schultern. Eigentlich hatte er sich das ganze nicht ansehen, noch anhören wollen, aber nun war er schon einmal hier und sonst weiter nichts zu tun, als auf den nächsten Tag zu warten. Er schnappte sich seinen Teller und ging hinüber zum Wirt. Dort angekommen, setzte er sich auf einen der hohen Hocker und begann sein Essen herunter zu schlingen. Er war hungriger als er gedacht hatte, aber das war ja auch kein Wunder. Seit den paar Pilzen am Morgen, hatte er nichts Anständiges mehr gegessen gehabt.

Das Fleisch war recht schnell weg. Die gekochten Aschekartoffeln und das beigelegte Gemüse hielten danach nicht viel länger durch. Den Rest Soße tunkte er mit einem Stück Brot auf und spülte mit etwas Wasser aus dem örtlichen Brunnen nach. Der Wirt, der den Teller gleich abräumte, fragte ob er etwas Bier oder Sujamma haben wolle, doch Tarrior lehnte ab. In diesem Moment fiel ihm auf, das es wirklich schon lange her war, das er etwas Alkoholisches getrunken hatte. Er wusste schon gar nicht mehr, wann das letzte Mal gewesen war. „Wahrscheinlich in Cyrodiil“: vermutete er. Er hatte einfach damit aufgehört. Er wusste kaum noch, warum er damals eigentlich damit angefangen hatte exzessiv und viel zu trinken. Doch dann fiel es ihm schmerzlich wieder ein. „Ja es muss damals gewesen sein. Nach dem Delirium, als Fürst Dagoth besiegt wurde und man das Herz zerstörte“: erinnerte er sich. Sein Schädel hatte sich danach wochenlang so angefühlt als würde er explodieren und er hatte sich unglaublich leer gefühlt. Der plötzliche Abzug der Kraft von Lorkhans Herz, hatte ihn schwer mitgenommen, ihn wie vermutlich dutzende andere Träumer auch. Danach hatte er Stimmen gehört, die nach ihm gerufen hatten. Manchmal hatten sie ihn fast in den Wahnsinn getrieben und er hatte sich betäubt. In anderen Momenten hatte er geglaubt Fürst Dagoth zu hören und hatte sich berauscht um in den Traumzustand zurück zu finden, in den sich zu begeben ohne das Herz eigentlich unmöglich oder zumindest unglaublich schwer geworden war. Doch seit Cyrodiil schien er geheilt. Er hatte nichts mehr gehört und nichts mehr getrunken. Aus irgendeinem Grund blitze, in diesem Moment, das Gesicht eines Mannes mit einer goldenen Maske vor seinem Inneren Auge auf. „...Herr? Herr?!“: drang plötzlich an sein Bewusstsein. Er bemerkte, dass er wohl vor sich hin gestarrt haben musst. „Ja, was?“: wandte er sich an den Wirt, der ihn angesprochen hatte. „Oder wollt ihr lieber etwas Wein?“: wiederholte er seine, anscheinend schon einmal gestellte, Frage. „Nein, danke“: lehnte er ab und drehte sich auf dem Hocker um, in Richtung Bühne.