Ihm schlug wohlig warme Luft und der Geruch gebratenen Fisches entgegen, als er in den Schankraum trat. Erstaunlicherweise war kaum etwas los. Hier und dort saßen einige Leute, überwiegend Kaiserliche aber auch ein paar Dunmer und Bretonen, aber der Raum war nicht mal annähernd gefüllt. Es drangen die Klänge einzelner Gespräche an sein Ohr. Während er sein Gepäck abstellte und zum Tresen hinüber ging, schnappte er einige Gesprächsfetzen auf. Die Leute unterhielten sich jedoch alle über ein und dasselbe Thema – die Invasion der Deadra. „Wie in Cyrodiil“: dachte er und verdrehte die Augen. „Seid gegrüßt Wirt. Ich würde ein Bett mieten wollen“: sprach er, als er den Tresen erreichte. Der Wirt gerade noch dabei ein paar Kräuter über zwei Teller mit Bratfisch zu streuen, drehte sich beim Klang von Tarriors Stimme augenblicklich um. Der Wirt musterte ihn einmal kurz von oben bis unten, dann weiteten sich seinen Augen beim Erkennen. „Bei den Winden von Himmelsrand! Tarrior du alter Halsabschneider, dich hab ich hier ja schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen.“: begrüßte ihn Ugning, der Wirt. „Ja es freut mich auch dich zusehen“: sagte er und setzte dabei ein leichtes Lächeln auf. „Sag bloß die Deadra haben dich auch von deiner Plantage vertrieben. In letzter Zeit kommen immer mehr Flüchtlinge in die Auffanglanger hier nach Ebenherz oder Vivec. Zwar großteilig Redoraner, aber ich habe Gerüchte gehört, wonach die ersten Horden in die Westspalte einfallen und dort die Farmer und Grundbesitzer vertreiben oder halt töten, wenn sie sie zu fassen bekommen“: berichtete er. „Nein keine Sorge. Eigentlich weiß ich nicht einmal wie es um die Plantage steht. Ich war bis vor einigen Wochen in Cyrodiil gewesen, Geschäfte du verstehst. Ich hab sozusagen den Ausbruch der Krise hier gar nicht mitbekommen. Bin gerade erst wieder angekommen. Aber das mit den Deadra scheint ziemlich schlimm zu sein“: erzählte er. „Oh dann willkommen zurück. Aber letzteres kannst du laut sagen. Der überschwappende Bürgerkrieg hat diese Invasion doch erst möglich gemacht. Wie mein Vater so schön sagte: „Wenn Zwei sich streiten freut sich der Dritte.“ Er wäre auch sicher der erste gewesen, der nach Ald’ruhn geeilt wäre. Ich bin mir sicher er hätte für die Aussicht ein paar Deadra mit seiner Axt zu spalten, die Herberge dicht gemacht. Naja zumindest sorgt der Flüchtlingsstrom für ein gutes Geschäft ich verlang jetzt 50 Draken pro Nacht in einem ordentlichen Bett und die Leute zahlen, oder müssen halt mit einem Zelt draußen vor der Stadt vorlieb nehmen. Die neulich angekommenen Legionäre haben in diesem Viertel bereits ein Lager aufgeschlagen, da die Kapazitäten der Burg nicht mehr ausgereicht hatten. Aber auch die sind gut fürs Geschäft. Trinken tun die nämlich gerne mal was“: plauderte der Nord.

Tarrior hatte dessen Vater Agning noch gekannt und konnte sich das gut vorstellen. Der Mann hatte selbst im hohen Alter noch einen resoluten Eindruck gemacht. Für den Dunmer war es eine Überraschung gewesen, das dieser damals so mir nichts dir nichts gestorben war. Doch als er den Preis für das Nachtquartier hörte, verging ihm die gute Stimmung augenblicklich. Er wollte gerade versuchen Ugning ein wenig runter zu handeln, als von einem der Tische missgestimmte Rufe laut wurden: „He Wirt wo bleibt unser verfluchtes Essen? Wir warten hier schon eine Ewigkeit!“ Ugning entschuldigte sich kurz bei Tarrior und eilte mit den beiden Bratfisch-Portionen in den Teil des Raumes aus dem die Stimmen erklungen waren. Er war gerade außer Hörweite, da legte jemand Tarrior eine Hand von hinten auf die Schulter. Er drehte sich ruckartig um und der, der hinter ihm stand taumelte kurz ein paar Schritte zurück. Er hatte fast gedacht es würde sich um den Boten Behrams handeln, aber er sah nur einen jungen etwas verloren wirkenden Bretonen, bei dem er sich ziemlich sicher war, das er wohl kaum für den Hexer arbeiten würde. Zynisch dachte er: „Schließlich trägt er auch keine graue Kutte oder besteht aus dwemerischen Metall.“ Bei diesem Gedanken grinste er. „Was wollt ihr?“: herrschte er den Bretonen dann mit leicht drohender Stimme an. Er hatte keine Lust und auch keine Zeit für irgendwelche Belanglosigkeiten eines Fremden. Dieser schaute ihn überrascht an, fing sich dann aber wieder und schaute ihm fest in die Augen. „Ihr müsst Tarrior Gildres sein nehme ich an?“: fragt er. „Ja der bin ich“: antworte er und wurde jetzt etwas misstrauischer. „Er ist doch nicht oder etwa doch …?“: fragte er sich in Gedanken. Die Antwort bekam er jedoch nur einige Augenblicke später. „Meister Meradanz schickt mich. Es geht um euren Auftrag. Ich bin übrigens Aytor von Brasselin. Wir müssen reden, ich sitze an dem Tisch dahinten“: sagte er und deutete auf einen Tisch der etwas weiter von den anderen entfernt in einer der Ecken des Raumes stand. Er konnte es nicht glauben. Dieser Bretone sollte der Abgesandte des Telvanni sein? Dann fiel ihm etwas ein. „Aytor? Euer Name kommt mir bekannt vor“: stellte er fest. „Das ist sehr gut möglich. Ich habe euch damals im Auftrag meines Meisters eine Nachricht zukommen lassen. Ich bin der Sekretär von Tel Uvirith und Sprecher von Meister Meradanz im Rat von Sadrith Mora“: sagte er und lächelte.

„Wahrscheinlich weis er nichts von den Hintergründen“: dachte er. „Ahja ich erinnere mich an den Brief. Ich habe die gewünschten Objekte dabei“: sagte Tarrior dann. „Ausgezeichnet“: ließ der Bretone nur noch verlauten und begab sich hinüber zu seinem Tisch. Tarrior suchte noch das Päckchen mit dem Hammer, den in Hrotanda Vale geborgenen Artefakten und seinem Bericht heraus und ging dann ebenfalls in den hinteren Teil des Schankraumes. „Sind sie das?“: fragte Aytor als er an den Tisch kam. „Ja das sind sie. Der Hammer und der Rest. Es ist alles da, wie von Herrn Meradanz verlangt. Ich erwarte entsprechend die vereinbarte Gegenleistung“: sagte er ernst. Der Bretone setzte wieder zu einem leichten Lächeln an, als er den Inhalt des Paketes einer raschen Prüfung unterzog und dann einen großen Beutel über den Tisch schob. „Es sind 10.000 Draken darin. Eine stolze Summe wie ich finde. Weiterhin solltet ihr diesen Brief hier erhalten und natürlich soll ich euch den überschwänglichen Dank meines Meisters für die Erfüllung dieser heiklen Aufgaben ausrichten. Er sagte ihr wüsstet schon wie es gemeint ist“: zeigte sich Behrams Gesandte erkenntlich und überreichte ihm ein gefaltetes und versiegeltes Stück Papier. „Was soll das?“: fragte Tarrior sichtlich wütend und mit erhobener Stimme, sodass sich alle Gäste im Raum zu den Beiden umdrehten. „Es war vereinbart worden, dass ich einige gewisse Gegenstände als Belohnung noch nebst dem Gold erhalten sollte. Also wo sind diese?!“: wollte der Dunmer von dem eingeschüchterten Bretonen wissen. Etwas fast schon wahnsinniges trat dabei in seine Augen. „Meeii-Meii-eiissssteerr Mehradanz hat mir nur das hier für euch mitgegeben. Das iissst wirklich alles“: sagte Aytor flehend. Von Zorn geschüttelt griff er nach vorne und zerrte den Menschen nach oben in dem er ihn an seiner grün-braunen Robe packte. „Ich meine es ernst. Ich bin in Cyrodiil durch Feuer und Tod gegangen und ich will das, was vereinbart worden ist“: schrie er ihm direkt ins Gesicht. Die anderen Herbergsgäste waren ihm mittlerweile ziemlich egal geworden. „Aber Meister Meradanz hat mir nur dies für euch mitgegeben, er hat noch extra gesagt vergiss den Brief nicht. Vielleicht steht da etwas Genaueres drin“: schlug der in der Luft zappelnde Mann vor. Tarrior ließ ihn herunter und setzte sich seinerseits an den Tisch und öffnete mit den Fingern das Siegel. Mit angespannten Fingern entfaltete er das Pergament und begann, mit noch immer Zorneserfüllten Blick, darin zu lesen.

Herr Gildres,

wenn ihr diese Nachricht in Händen haltet, habt ihr die euch aufgetragenen Aufgaben zu meiner Zufriedenheit ausgeführt. Diese Zeilen werden ihr vermutlich im Zorn lesen, denn Aytor hat euch nicht die, in unserem persönlichen Gespräch, vereinbarten Gegenstände ausgehändigt. Jedoch könnt ihr beruhigt sein. Die Gegenstände habe ich in der Burg von Caldera hinterlegen lassen. Natürlich war es mir zu unsicher sie einfach mit meinem Diener nach Ebenherz zu schicken. Womöglich wären sie noch einem Ordinator in die Finger geraten und das wollen wir ja nicht. Genauso wenig wollen wir, dass Informationen über den Grund eures Aufenthaltes in Cyrodiil an Dritte gelangen. Um dies in unserem beiderseitigen Interesse zu gewährleisten habe ich, sozusagen als Erinnerungsstück, einen Brief, von euch unterschrieben und gerichtet an den Kult des Sechsten Hauses, behalten. Es würde mich wirklich sehr betrüben müsste ich es den Ordinatoren übergeben. Ihr werdet ihn natürlich bei gegebener Zeit zurück erhalten. Solltet ihr jedoch daran denken, ihn forscherweise aus meinem Besitz entwenden zu wollen, so muss ich euch enttäuschen. Jemand kümmert sich um meine „Erinnerungsstücke“ und es ist kein Problem für ihn, den Brief den entsprechenden Stellen zu zuleiten. Aber natürlich möchte ich an dieser Stelle nicht mehr von eurer geschätzten Zeit, als unbedingt nötig, in Anspruch nehmen und empfehle mich. Seht unsere gegenseitig getroffene Abmachung hiermit als erfüllt an und ich schlage euch vor, euch nicht weiter in meine Angelegenheiten einzumischen.

gez. Muthzera Behram Meradanz, Magierfürst des Fürstenhauses Telvanni, Mitglied im hohen Rat zu Sadrith Mora, Herr von Tel Uvirith und dessen Besitzungen


Die Hinterhältigkeit und vor allem die Arroganz des Hexers überraschten ihn wirklich immer wieder. Glaubte er sich daran gewöhnt zu haben, setzte der Telvanni irgendwie noch einen drauf. In gewisser Weise hatte er ja vermutet, das Behram zumindest einen Teil der Beweise einbehalten würde um eine Rückversicherung zu haben, doch anstatt ihm den Rest auszuhändigen hat er ihn einfach in Caldera hinterlegen lassen. Wer wusste schon ob nicht jemand zufällig über die Unterlagen und Artefakte stolperte die er aus seiner Zeit im Kult behalten hatte. „Zumindest liegt es auf meinem Weg“: fand er gedanklich den einzigen Trost. Er wollte sowieso erstmal zurück auf seine Plantage um dort nachdem Rechten zu sehen. Und Caldera lag nun einmal direkt auf dem Weg dahin. Dennoch fragte er sich immer noch unwillkürlich wie der Telvanni überhaupt auf seine Kultesrelikte gestoßen war. Er hatte sie damals in einer alten deadrischen Ruine, in der Nähe des Roten Berges, in einer mehrfach gesicherten Truhe versteckt. Eigentlich konnte es ihm egal sein. Er würde ja bald wieder annähernd alles in seinem Besitz haben. Doch trotz allem machte der Brief ihm noch Sorgen, denn er machte ihm einen Strich durch seine Planung. Aber auch darum würde er sich noch irgendwie kümmern. Es galt erstmal andere Probleme anzugehen. So in Gedanken versunken hatte er den Bretonen ganze vergessen der sein Gewicht unruhig ständig vom einen Fuß auf den anderen verlagerte. Dann räusperte er sich. „Hat sich das Problem aufgeklärt“: fragte er in vorsichtigem Ton. „Ja“: antwortete Tarrior nur knapp und zerknüllte den Brief, den er immer noch in der Hand gehalten hatte. Dann schoss aus seiner Handfläche eine Stichflamme nach oben und das Pergament verbrannte in nicht einmal mehr als ein paar Augenblicken zu Asche, die der Dunmer aus seiner Handfläche einfach auf den Boden kippte. Aytor schluckte nervös. „Nunja ich habe für meinen Herren noch einige andere Geschäfte zu erledigen“: erklärte er dann und verabschiedete sich übertrieben höflich und verschwand so schnell er nur konnte aus der Herberge.

Die Glut schwelender Wut in den Augen des Dunmers hatte zwar etwas abgenommen, aber für den Bretonen war es sicher das Beste gewesen einfach zu verschwinden. Als die hölzerne Tür wieder in Schloss fiel und er sich auf dem Stuhl zurück lehnte überkam ihn eine unglaublich tief sitzende Müdigkeit. In seinen Augen war es die längst überfällige Reaktion auf den Stress und den ganzen Ärger der letzten Wochen und der Monate in Cyrodiil. Er atmete noch mal tief durch und rief dann Ugning an seinen Tisch, der sich mit dem Abwischen seiner Theke beschäftigte. Der Nord kam mit einem Lächeln heran geeilt, wohl in der Hoffnung ihm etwas servieren zu dürfen, doch er hatte andere Pläne. „Du hast ja ne ganze Weile mit diesem feinen Pinkel gesprochen. War wohl wieder mal was Geschäftliches. War das Gespräch erfolgreich?“: fragte er, wahrscheinlich um ein Gespräch zu beginnen. „Nicht wirklich. Irgendwie habe ich keinen Hunger. Ich muss mich von meiner Reise ausruhen. Ich muss schlafen“: sagte er. „Wie soll ich es sagen? Meine Betten sind aufgrund der großen Flüchtlingswelle alle belegt“: erklärte mit einem Anflug von Beschämung in der Stimme. „Schlafen! Egal wo. Irgendwo. Der Preis spielt keine Rolle“: verlangte Tarrior nun schon fast flehend. „Nungut ich wollte es dir zwar nicht zu muten, aber ich habe Hängematten und Strohlager im Weinkeller aufstellen lassen. Eine Hängematte ist frei. Es macht jedoch 40 Draken pro Nacht, das Essen nicht eingerechnet“: bot Ugning an. Wäre er nicht so erschöpft gewesen, die neuen Erkenntnisse waren ein wenig viel gewesen, dann hätte er lautstark über diese wahrhaft unverschämten Wucherpreise geschimpft, doch er sagte einfach zu und drückte dem Wirt das Geld einfach in die Hand. Dieser führte ihn hinunter in den Keller zu einer Hängematte in der hinteren Ecke, die zwischen einem Weinfass und einem Pfeiler gespannt worden war. Die anderen waren tatsächlich bereits belegt. Die Gäste ratzten einfach vor sich hin. Er zog die Schuhe aus und wuchtete sich mit letzter Kraft in sein schaukelndes Bett. Viel mehr bedurfte es nicht und er war eingeschlafen. Unterbewusst spürte er das pulsieren des Feuers in seinem Herzen.