Als er seine Augen wieder öffnete, war das Erste, das er sah, mit Pelzen verhangene, niedrige Wände und die hölzerne Decke, seiner kleinen Hütte. Verwirrt und ungläubig blinzelte er ein paar Mal, um sicher zu gehen, dass er auch nicht träumte. Aber er befand sich tatsächlich in seinem Heim. Die Frage war nur, wie kam er dorthin? Das Letzte, an das er sich erinnern konnte, war, dass sie zwei in nobel wirkende Rüstungen gekleidete Nord mit glatten, gepflegten Haaren und ein wenig zu sauber duftende Nord ausgelacht hatten, wie alte Waschweiber. Eigentlich hatte es keinen Grund gegeben, immerhin waren solche Nord nichts Besonderes mehr, aber in ihrem, zu dieser Stunde schon ordentlich angetrunkenem Zustand, war das wohl egal. Ein gepflegter Nord war, und würde wohl bei den Skaal auch immer so bleiben, eine Lachnummer. Trotz dessen hatten sie einige bösartige Blicke kassiert. Wobei ihnen das mehr oder weniger egal gewesen war in ihrem Zustand. Danach war dann die, er war sich nicht mehr ganz sicher, die zehnte oder elfte Runde Met gekommen. Wie viel es am Ende gewesen war, konnte er nicht sagen, immerhin fehlte ihm jedwede Erinnerung an alles, das danach kam, aber es war genug gewesen, um ihm einen mörderischen Kater zu verschaffen. Und erst jetzt, da er sich nicht mehr auf das Vergangene, sondern auf das Hier und Jetzt konzentrierte, bemerkte er, dass er halb nackt in seinem Bett lag. Nur eine Leinenhose am Leib und sonst nichts, als seine Haut, lag er auf dem Rücken quer in den zerwühlten Pelzen seiner Schlafecke. Durch einen kleinen Spalt in den pelzigen Vorhängen erkannte er, dass seine Schneebärenfellrüstung über der Lehne des alten Holzstuhls hing. Mühselig machte er sich daran, aufzustehen, allerdings schlug es ihn gleich wieder nieder, als er aus einer sitzenden Position ganz hochkommen wollte. Ein kleiner Schwindelanfall befiel ihn und schickte ihn zurück. Es dauerte einen Moment, bis er sich wieder gefangen hatte und einen neuen Versuch starten konnte. Mit dem Zweiten kam er immerhin auf die Füße, auch wenn er mehr durch die Gegend eierte, als das er lief. Nie wieder so viel Met, schwor er sich dabei und kurvte auf den Kamin, mit dem noch leicht brennenden Feuerholz darin zu. Schnell warf er noch zwei Scheite hinein, dann stapfte er, wie er war, auf den Eingang seiner Hütte zu. Machte einen Schritt hinaus, in die eisige Kälte und warf sich halb nackt in einen Schneehaufen, um seine Sinne mit dem Schock von der lähmenden Trunkenheit zu befreien. Und tatsächlich: es funktionierte, auch wenn die Kopfschmerzen blieben, war zumindest die Müdigkeit verflogen. Der Schnee schmolz augenblicklich auf seiner heißen Haut und rann in kleinen Strömen herab. Er warf noch schnell einen Blick zum Himmel, der ihm bereits Nachmittag verhieß, und begab sich dann bereits leicht klappernd zurück in die Wärme seiner Hütte.

Hunger verspürte er keinen, also konnte er sich einiger Maßen in Ruhe daran machen, die Sachen für die Jagd zusammen zu packen. Unter der Decke über dem Kamin hingen einige geräucherte Schinkenstücke, die er nun herunter nahm und mit einem Strick zusammenband und in ein Ledertuch einwickelte. Dieses verschnürte er wiederum noch einmal und warf es dann in einen größeren Lederbeutel, in den noch so einige andere Dinge kommen würden. Beispielsweise Brot, einige Gewürze und getrocknete Früchte, Binden und andere Dinge für Wundversorgungen, einige weitere Schnüre und noch ein paar andere Utensilien für das Anfertigen von Salben oder ähnliches. Nachdem der Beutel randvoll war, wurde auch er verschnürt und durch zwei Ösen fädelte er dann ein dickes Lederband als Tragegurt. Die fertig gepackte Tasche stellte er dann neben den Eingang.

Nun kümmerte er sich um die Waffenausstattung. Eine ziemlich Große, mochte man meinen. Zuerst schliff er noch einmal die Klingen aller Dolche und auch des nordischen Stahllangschwertes, dann die des Speers. Polieren und gegen Wasser, also Schnee, und Blut einfetten, war dann auch noch an der Reihe. Die Armbrust mit den Bolzen legte er dann neben alle anderen Waffen auf einen Tisch. Dann wandte er sich wieder der Kleidung zu. Er zog sich die leichte Leinenhose aus und suchte dann nach seiner Lederausstattung. Splitterfasernackt wühlte er sich dann durch einen kleinen, dunklen und irgendwie windschiefen Schrank, der in der anderen Nische neben dem Kamin angelegt worden war. Nach einer Weile fand er schließlich auch die helle, lederne Hose und eine etwas dünnere, ebenfalls aus Leder gefertigte Jacke. Er begab sich zurück zur Rüstung und verharrte einige Augenblicke, als sich wieder einmal ein heißer, brennender Schmerz von den Narben auf seinem Rücken ausbreitete. Er hatte keine Erklärung dafür und auch keiner der Heiler im Dorf. Es war einfach so. Zwar sagte der Schamane, dass Wunden von Werwolfskrallen nie wirklich verheilen, aber irgendwie wollte er es nicht glauben. Für ihn war es mehr ein Fluch und Verspottung. Verspottung vom Mörder seiner Eltern, der seit mehr als sieben Jahren ungestraft durch die Wälder Solstheims zog und vermutlich weiter munter Menschen abschlachtete und sich an ihrem Fleisch und Eingeweiden labte, immer mit dem Wissen, seinem größten Feind entkommen zu sein. Die Finger seiner Rechten tasteten sich langsam zu den parallelen Linien, die sich tief durch sein Fleisch zogen. Schnell zog er sie wieder zurück, als sich der Schmerz verstärkte, weil seine Fingerspitzen die Hautwülste berührten. Wütend auf sich selbst und voller Hass auf seinen Peiniger schlug er, von einem wilden Schrei begleitet, mit der Faust gegen die Armlehne des Stuhls, die unter der Wucht splitternd nachgab.

Erst nach einer ganzen Weile, die er dann einfach ausharrte ohne sich zu bewegen, ließ das Brennen nach und er konnte sich einkleiden. Erst seine warme Unterkleidung und dann die Rüstung. Mit den Handschuhen und dem Helm wartete er allerdings noch, bis er sich die Waffen angelegt hatte. Er drehte sich schnell wieder seinen Jagdutensilien zu und stieß dabei mit dem Knie hart gegen die hölzerne Tischplatte. Er klirrte kurz metallisch, dann kehrte wieder Ruhe ein, nur sein Bein beschwerte sich ein wenig. Fluchend begann er sich ein Messer zum durchschneiden von Haut in eine kleine Scheide, die mit einem kurzen Band unter der Jacke hervor hing, zu stecken, danach ein weiteres mit dünnem Klingenblatt zum Abschälen von Fleisch von den Knochen und als Letztes einen silbrig glänzenden Dolch, der einem ganz besonderen Zweck dienen sollte, falls er die Gelegenheit dazu bekam: Rache. Das nordische Stahllangschwert hing er auf seinen Rücken, ebenso, wie den langen, aus dunklem Ebenholz und feinem Stahl gefertigten Jagdspeer. Zu guter Letzt kam dann auch noch die Armbrust an eine Schlaufe am Gürtel, ebenso die Bolzen. Er ging noch einmal in Gedanken alle seine Schritte durch, damit er auch sicher war, nichts vergessen zu haben und zog sich dann die Handschuhe an und streifte den Helm über seinen Kopf. Den Beutel mit Proviant und wichtigen Utensilien warf er sich über die linke Schulter und trat dann vor die Tür seines Hauses. Mittlerweile begann es bereits zu dämmern und er musste sich beeilen, um rechtzeitig zum ausgemachten Treffpunkt zu kommen. Das Feuer im Kamin würde er neu entfachen müssen, wenn er wieder kam. Es war unmöglich es über eine solch lange Zeit am Brennen zu halten, ohne selbst da zu sein. Also blieb ihm nichts anderes übrig.
Als die Sonne bereits den Horizont erreicht hatte, kam er schließlich auch am Fjalding See an. Er wurde auch bereits erwartet. Er stieß zu den vier anderen Mitgliedern seiner Jagdgruppe und sie wirkten nicht unbedingt frischer, als er. Zumindest soweit, wie er die Gesichter unter den Fellhelmen erkennen konnte. Brândil trug ebenfalls eine Schneebärenrüstung. Gondrim, Hulfgar und Rulmgar bevorzugten dahingehend aber eher die Schneewolfrüstungen. „Guten Abend, Thorin, grüßten sie ihn alle zusammen mit verschmitzten Grinsen, die mal mehr, mal weniger gut erkennbar waren, auf den bärtigen Gesichtern. „Die Nacht gut überstanden?“, lachte Rulmgar und wirkte noch am frischsten von seinen Gefährten.

„Mehr oder mindert gut, ja“, erwiderte er und konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Auch die anderen stimmten dann mit ein. Sie konnten nur zu gut nachvollziehen, was er meinte. Immerhin hatten sie noch einiges mehr getrunken, als er. Er warf noch einen letzten Blick auf die gefrorene Oberfläche des Sees, die im abendlichen Schein der Sonne schimmerte und nur gelegentlich von Löchern durchbrochen wurde. Dazu kam noch ein kühler Wind, der wenigstens einen kleinen Teil der Hitzeüber die Haut seines Gesichts aus ihm hinauszog. Er schwitzte enorm unter der dicken Kleidung, aber es war besser so, als anders herum. „Erster Halt, Nordpass an der Küste?“, fragte er in die Runde und erntete ein zustimmendes Nicken, von Brândil.
„Wir müssen zunächst den Fluss überqueren. Wenn wir auf der anderen Seite der Brücke sind, begeben wir uns auf der westlichen Seite der Moesring Berge, an die wir uns immer dicht halten werden, nach Süden und dann weiter in Richtung nach Westen zur Küste, wo wir dann unsere Jagdgründe haben. Also das Gebiet westlich des Hvitkld Gipfels“, erklärte dieser dann weiter ihre Route. Ohne, dass es dann noch weiterer Besprechungen bedurfte, setzten sich die Jäger in einem schnellen, aber keinesfalls rennendem Schritttempo in Bewegung nach Norden. Zunächst galt es, den Isíld Fluss zu überqueren …