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Thema: [Obl] Rollenspielthread # 3 (Signatur aus)

  1. #301

    Vvardenfell-Distrikt, Aschland, Maar Gan

    Ein Hornstoß ertönte in einiger Entfernung hinter seinem Rücken und im nächsten Augenblick war die Luft von unmenschlichem Brüllen erfüllt, dass ihm bis ins Mark fuhr. Tarrior raffte sich schnell aus dem Staub auf und versuchte seine Besinnung zurückzugewinnen, die durch den magischen Transport ins Wanken geraten war. Ein schneller und gehetzter Blick verriet ihm, dass sie sich Aschland befanden. Am Horizont nur einige hundert Meter entfernt sah er die Häuser der redoranischen Siedlung Maar Gan aufragen. Er wagte kaum nach hinten zu schauen, von wo die bestialischen Geräusche an seine Ohren drangen, aber der Schrei eines Kameraden verriet ihm, dass dort wohl die daedrischen Horden lauerten und sie entdeckt hat. „LAUFT!“: schrien einige Krieger der Eskorte und um ihn herum kam Bewegung in den zerstreuten Konvoi. Als er ebenfalls zu laufen begann, wie seine Begleiter, ging ihm durch den Kopf, dass der Zauber versagt und sie vor der Stadt abgeworfen hatte. Ihm gingen ebenso Alinas Worte durch den Kopf, dass er sich mit seiner Bauchwunde lieber noch hätte ausruhen sollen. „Verdammt!“: zischte Tarrior als der Schmerz ausgehend von seiner Bauchregion über ihn hinweg brandete. Nach nur einigen Metern war es ihm als könne er nicht mehr weiterlaufen, während er deutliche Erschütterungen im Boden fühlte, deren Stärke zunahm, sodass der Verursacher langsam aber sicher herannahte. Das tierische Brüllen wurde stärker. Das gierige Verlangen nach Blut und Tod war fast greifbar, so als hätte man einen ausgehungerten Bluthund von der Kette gelassen. Er wurde langsamer, er merkte es. Die Schritte wurden kürzer und immer anstrengender. So sehr sich sein Geist auch bemühte, so sehr widersetzte sich der Körper. Adrenalin und Schmerz rauschten gleichwohl durch Adern und Nerven und es war als würde der Widerspruch den Dunmer innerlich zerreißen. Erste humanoide Schreie lenkten ihn einen kurzen Blick ab, sah er neben sich einen Kaiserlichen stürzen, dem ein martialischer mit Zacken und Widerhaken geschmückter Pfeil das Bein durchschlagen und zu Fall gebracht hatte. Doch nur einen Augenblick später war dieser Vorfall wieder aus seinem Geist gewischt, der kaum mehr etwas anderes zuließ als das Geräusch herannahender Feinde und der eigene Wille zur Flucht. Die Pfeile, die um ihn herum niedergingen, waren nicht mehr als ein Zischen und Brechen in seinen Ohren und verschwommene Schatten vor seinen Augen. Auch das angst- und schmerzerfüllte Schreien der Eskorte, die von den Geschossen niedergestreckt und dann von der folgenden Meute in Stücke gerissen wurde, war kaum mehr als ein Teil des Rauschens des Blutes, dass ihm die Sinne benebelte. Eine weitere schmerzende Welle – er stolperte, fiel in den Schmutz, rollte sich ächzend ab und kam in einer flüssigen Bewegung nach oben, um sich dann erneut vor Schmerzen zu krümmen. Der Gegner war nur noch knapp hinter ihm. Die Luft schien wie flüssiges Blei zu sein, durch das er waten musste. Es schien ihm, als käme er nicht mehr von der Stelle, während er den Geifer seiner Gegner heiß und giftig bereits im Nacken zu fühlen glaubte. Vor seinen Augen war alles nur noch verschwommener Nebel, doch er rannte, humpelte weiter auf die rettende Siedlung zu.

    Er wähnte die Sicherheit in greifbarer Nähe als er vernahm, wie die Stadtwächter auf der vor ihm liegenden Stadtmauer Befehle von ihrem Kommandanten erhielten. Die Rettung war so nah, doch da ertönte wieder das Zischen. „Pfeile“: schoss es ihm durch den Kopf. Eine weitere Salve, die ihn wahrscheinlich nicht verschonen würde. Er warf sich nach vorne. Hoffte auf Rettung und hörte die Geschosse über ihn hinweg zischen. Er wollte wieder aufstehen, aber der Schmerz in seiner Bauchregion drückte ihn umgehend nieder. Es war vorbei. Die Pfeile hatten ihn offenbar verfehlt, aber seinen daedrischen Häschern konnte er nicht mehr entgegen. Da hörte er eine weitere Salve über ihn hinweg fliegen, doch diesmal ertönten keine menschlichen oder merischen Schreie mehr, sondern wieder das tierische Brüllen, aber diesmal mit einer von Schmerz gepeinigten Note. Zwei weitere Salven folgten in kurzer Zeit und er hörte wahre Kolosse zu Boden gehen. Zwei kräftige Arme packten ihn kurz darauf an den Schultern und zogen ihn unsanft hoch, sodass er gegen den Schmerz anschreien musste. „Kommt hoch!“: herrschte man ihn an. Auf zitternden Beinen schaffte er es, von den beiden Männern, die ihn aufgestellt hatten, gestützt, wieder zu laufen. Durch verschleierte Augen sah er, dass sie den niedrigen Wall der Stadt durch einen Torbogen passierten und hinter ihnen, wurde eben ein solchen geschlossen. Für einen Moment sah er voller Befremden das eine große Gruppe von Daedroths und Clanbannen, die sie zuvor verfolgt hatte, in kurzer Entfernung zum Wall in einem perfekten Halbkreis stehen blieb, während die Bogenschützen sie von oben aus Korn nahmen. Erst als ihre sicher geglaubten Opfer hinter dem Wall in Sicherheit waren, wandten sie sich mit wütendem und enttäuschtem Brüllen ab und entfernten sich in Richtung des Heeres, dass Tarrior nun unverhüllt als Masse aus dämonischen Leibern und schwarzgerüsteten Dremoren sehen konnte, bevor er einfach in die Knie ging und im weichen Aschesand zur Ruhe kam.

    Es konnten kaum mehr als ein paar Minuten vergangen sein, als jemand seinen Kopf anhob und ihm ein Fläschchen an den Mund setzte. Zunächst verweigerte er reflexartig das Trinken, doch dann packte ihn eine behandschuhte Hand stark am Kiefer und drückte ihm den Mund mit Gewalt auf, sodass eine minzig-bittere Flüssigkeit seinen Rachen hinunterfloss und er sie unter lautem Husten herunterschluckte. Er fühlte eine ungewöhnliche Hitze in seinem Körper, die seinen matten Glieder vom einem Moment auf den anderen neue Kraft schenkte und sich dann auf seine Bauchregion konzentrierte und den Schmerz auf ein sanftes Poches zurückstufte. Hektisch schlug er die Augen auf und sah in das Gesicht eines vernarbten Dunmers mit tiefen Falten im Gesicht. Seine Rüstung wies ihn als redoranischen Wächter aus. Der Mann, offenkundig von wortkarger Natur, hielt ihm kommentarlos die Hand entgegen und zog ihn auf die Beine. „Danke“: murmelte Tarrior. Der Trank schien seine Zunge betäubt zu haben. „Nichts zu danken. Ihr habt uns Vorräte gebracht. Es war das Mindeste euch zu retten“: winkte der Mann ab. Während der Alte sich nun entfernte und zu einigen anderen Redoranern am Wall hinüber ging, sah sich Tarrior um. Einige andere Magier der Liga, die wie er die Eskorte des Konvois gebildet hatten, genossen gerade eine ähnliche Behandlung. Der Kaiserliche, der ihren Konvoi angeführt hatte, sah er im Gespräch mit zwei weiteren Dunmern. Der eine trat in einer Prunk-Knochenrüstung mit redoranischen Abzeichen auf und war wohl der Kommandant der Stadt, der andere trug eine rote Robe mit goldenen Stickereien und daedrischen Symbolen und war wohl der Hohepriester des örtlichen Tempels. Von den ursprünglich fünf Karren mit denen sie aufgebrochen waren, befanden sich nur noch vier hier in der Stadt. Der fünfte schien scheinbar samt Guar und Fahrer vor der Stadt verloren gegangen zu sein. „Wenn der Zauber uns inmitten der Daedra abgesetzt hätte, wären wir jetzt tot“: erfasste Tarrior ein Grausen. Die Bogenschützen auf den Wällen hatten ihm das Leben gerettet. Er stieg über eine Leiter den Wall hinauf und besah sich von dort noch einmal das Feld vor den Mauern. Er erkannte die Stelle, wo er zum Ende hin liegen geblieben war. Kurz dahinter war der Halbkreis aus toten Daedra, die von den Pfeilen der Wächter erwischt worden waren und dann wenige hundert Meter freie Fläche in dessen Mitte er anhand eines großen Wirbelmusters die Stelle erkennen konnte, an der sie angekommen waren. Am anderen Ende warteten die Daedra mit ihrer Armee vermutlich außer Reichweite der Bogenschützen der Stadtwache. Von hier oben war es nicht nur eine Wand des Todes sondern ein ganzer See, denn bis zum Horizont hin, hatte sich der Bereich zwischen den beiden Hügelketten mit Gegner gefüllt und er konnte sogar zwei Tore ins Reich des Vergessens ausmachen. Der Himmel über Mar Gaan war entsprechend blutrot und wurde regelmäßig von Blitzen durchzuckt, als wäre die Stadt schon selbst Teil der daedrischen Heimat.

    Während Tarrior sich noch wunderte, warum die Daedra kurz vor dem Stadttor mit ihrem Ansturm gestoppt hatten, trat ein Wächter an ihn heran. „Serjo Gildres?“: fragte er. Der Dunmer nickte abwesend. „Euer Anführer möchte mit euch sprechen“: erklärte der Wächter und zeigte auf den Eskortenführer, der sein Gespräch mit dem Priester und dem Kommandanten dadurch beendete, dass er letzterem ein versiegeltes Schreiben übergab. Tarrior nickte erneut und stieg die Leiter hinunter, bevor er zu ihm hinüber ging. „Serjo Gildres. Es freut mich, dass ihr wohlauf seid. Ich fürchtete schon, dass ihr für uns verloren wäret. Madame Alina hat mich kurz vor unserer Abreise instruiert euch ziehen zu lassen, wenn ihr die Stadt verlasst. Wir werden euch mit einem Seil zwischen den großen Felsen im Nordosten herunterlassen, sobald ihr soweit seid. Allerdings sollte euch klar sein, dass ihr so nicht mehr in die Stadt zurückkehren könnt. Ich sollte euch daher empfehlen euch nach euren Erledigungen nach Norden an die Küste und von dort aus nach Khuul durchzuschlagen. Aufgrund der Bedrohung durch die Nord haben wir dort eine kleine Garnison stationiert, die euch zurück eskortieren kann“: erklärte der Mann ihm in zackigem Ton. Tarrior war überrascht, was Alina noch für ihn bewerkstelligt hatte. Er selbst hatte gar nicht überlegt, wie er nach seiner Suche nach dem Nordmagier nach Balmora zurückkommen sollte. „Vielleicht war es doch nicht so schlecht der Liga beizutreten“: überlegte er. „Richtet Alina meinen Dank aus. Ich werde mich erst einmal ausruhen. Ich denke das Beste wird es sein, wenn ich die Stadt in den frühen Morgenstunde verlasse“: schlug er vor. Der Mann nickte: „Ich hätte dasselbe vorgeschlagen. Auch die Späher der Dremora sind zu dieser Zeit unaufmerksamer und eure Chance, euch ungesehen bis zum Pass zu schleichen, ist damit größer.“ Dann verabschiedete sich Tarrior, um sich einen Platz zum Schlafen zu suchen.

    Recht bald fand er heraus, dass der Außenposten und das Handelshaus keinen Platz mehr boten und auch die Bewohner von Maar Gan ihre Häuser bereits für weitere Soldaten und Flüchtlinge geöffnet hatten und nun ebenfalls belegt waren. Man verwies ihn an den örtlichen Schrein und Tempel des Tribunals in der Stadt, denn Alkama Deryth der örtliche Priester hatte ihn nach langem Zögern als Notunterkunft geöffnet. Tarrior jedoch war bei dem Gedanken daran, die Hilfe des Tempels in Anspruch zu nehmen, gar nicht wohl zumute. Er hasste den Tribunalstempel und vermied es nach Möglichkeit sich deren heiligen Stätten auch nur zu nähern. Jetzt sollte er sie nicht nur freiwillig besuchen, sondern dort auch noch übernachten. Geradezu ein Alptraum für ihn. Der Dunmer seufzte und ergab sich in sein Schicksal. Wenn er sich nicht ausruhte, würde er die Reise durch das Aschland nicht überstehen und womöglich fiel er geschwächt einer Patrouille der Daedra in die Hände, dann wäre es aus mit ihm. So ließ er die Vernunft über seine Abneigung triumphieren und schob sich aus dem Eingang des Andus Handelshauses und lenkte seinen Schritte in Richtung des Tempels. Im Gegensatz zu Ebenherz wirkte die Stadt hier trotz der ganzen Flüchtlinge wie ausgestorben. Die meisten Bewohner hatten sich in ihren Häusern verbarrikadiert. Auf der Straße sah man hauptsächlich Soldaten mit grimmigen Gesichtern oder Kinder, die der Gefahr um sie herum nicht wirklich bewusst waren und fast schon unbefangen spielten. Die wenigen Erwachsenen, die Arbeiten nachgingen, die für das Funktionieren der Stadt unerlässlich waren, hatten ebenso verschlossene Gesichter wie die Wächter, doch spiegelten ihre Augen andauernde Furcht wieder. Auch war ihre Konstitution nicht die beste. An vielen Leibern hingen die Kleider nur schon herunter oder mussten mit Gürteln eng an die schmalen Körper gebunden werden. Die Bürger hungerten nicht, aber die Rationierung der Mahlzeiten machte sich bemerkbar. Auch die neuerliche Vorratslieferung die neben Munition für Bögen und Armbrüste, Medikamenten und Befestigungsmaterial hauptsächlich Nahrungsmittel enthielt, schuf da keine Abhilfe. Vermutlich rechnete man bereits damit, dass sich die nächste Lieferung wiederum verzögern wird. Es war alles in allem eine Stimmung, die auf ihn mehr als bedrückend wirkte und der er sich mit schnellen Schritten zu entledigen suchte, aber leider hatte sie die gesamte Stadt erfasst, sodass es für ihn keinen Ausweg gab. Ganz auf das Elend um sich herum konzentriert, hatte er gar nicht bemerkt, dass er bereits auf den Vorplatz vor dem kleinen Tempelgebäude getreten war.

    In der Sonne funkelte ein Ring aus großen Kristallen, der wohl der Resonanzring für sein Gegenstück in der Propylonkammer in Andasreth war. „Hier hätten wir also ankommen sollen“: stellte Tarrior mit Unbehagen fest. Der Teleport war wirklich eine gefährliche Art zu reisen, aber wohl die einzige Möglichkeit, wie die Stadt hier überhaupt versorgt werden konnte, wenn die Daedra sie eingeschlossen hatten. Ohne die Versorgung über die Liga wäre die Siedlung gewiss schon längst aufgegeben worden. Bei diesen Überlegungen wunderte er sich wiederum, dass die Daedra die Stadt noch nicht einfach überrannt hatten und warum die Daedroths ihren Angriff vorhin kurz vor den Stadttoren gestoppt hatten. Für diese gewaltigen Kreaturen wäre es doch kein großes Problem gewesen, dass Stadttor einzudrücken oder mit ihrem Klauen in Stücke zu schlagen. Er zuckte mit den Schultern, womöglich hatten die Magier einen Schild oder etwas in der Art gewirkt, der die Gegner fernhielt. Er durchschritt die Öffnung in der Mauer für den abgegrenzten kleinen Tempelbereich. Hier waren einige Frauen mit angestrengten Gesichtern dabei auf dem sandigen Boden Salzreis zu ziehen, wie Tarrior verwundert feststellte. Durch stetiges Ausbringen von Wasser hatte man den Boden schlammig gemacht und pflanzte kleine Sprösslinge dieser durchaus genügsamen Pflanze an. Allerdings würde die erste Ernte wohl erst in ein paar Monaten herangereift sein und dann wohl kaum den Bedarf eines nennenswerten Teils der Bevölkerung von Maar Gan decken. Und das auch nur, wenn die Siedlung den Daedra solange standhalten würde. „Ein paar Monate. Wenn sich diese Invasion noch solange hinzieht, dann wird Tamriel schließlich überrannt sein. Dann ist das Ende gekommen“: dachte Tarrior fatalistisch, denn diese Invasion konnte doch unmöglich zum Normalzustand werden. Es musste etwas geschehen. Die Tore mussten geschlossen werden. Allerdings kamen ihm wiederum die wenigen Monate, die die Krise nun schon im Gang war, fast vor, als dauerte sie bereits fünf oder sechs Jahre und ebenso lang kam ihm inzwischen diese Odyssee vor, die Behram ausgelöst hatte. Der Dunmer überquerte, während er noch diesen Gedanken nachhing den Hof und stand dann vor der Tür des Tempels und klopfte anschließend dreimal gegen das schwere Holz.

  2. #302

    Vvardenfell-Distrikt, Aschland, Maar Gan

    Die Tür wurde von innen von einer großen und breitschultrigen Gestalt in einer goldenen Rüstung geöffnet. Tarriors Augen weiteten sich, als er in dem metallenen Ungetüm einen Ordinator in seiner prachtvollen Prunkrüstung erkannte. Die starre, goldene Maske des Kriegers schob sich in sein Gesichtsfeld und eine dumpfe, metallisch klingende Stimme sprach ihn an: „Was ist euer Begehr?“ Tarrior war im ersten Moment unfähig zu sprechen und ganz instinktiv begann er sich an seinen Unterarmen zu kratzen, auf denen noch immer die Narben prangten, die ihm zwei Ordinatoren im Zweikampf beigebracht hatten und den er nur mit Mühe und Not für sich entscheiden konnte. Die Kultisten, die damals an seiner Seite gekämpft hatten, waren allesamt getötet worden. Er schluckte und versuchte die Angst, die ihn plötzlich erfasst hatte, unter Kontrolle zu halten. Einen Moment lang glaubte er in den hohlen Augen der goldenen Maske die Folterkammer des Ministeriums der Wahrheit erkennen zu können. Dieser Moment ging erst vorbei, als der Wächter ihn ungeduldig anherrschte: „WAS IST EUER BEGEHR, Sera?!“ Das Wort Sera zischte er abfällig. Tarrior fing sich. „Ich hörte der Tempel würde Unterkünfte für Flüchtlinge und Pilger bereitstellen. Ich möchte den Schrein besuchen und hier übernachten“: bat er. Ein Schnauben drang hinter der Maske hervor und der Ordinator trat einen Schritt zur Seite um ihn einzulassen. Mit einem unguten Gefühl trat Tarrior in das dämmrige Innere. Der Ordinator schloss hinter ihm die Tür und der Dunmer sah nur noch eine schnelle Bewegung am Rand seines Blickfeldes, bevor er hart gepackt und gegen die Wand gedrückt wurde. Ein weiterer Ordinator hatte sich im Raum befunden und ihn nun ergriffen. „Bitte ich habe nichts getan. Ich habe nichts getan“: stammelte Tarrior, der versuchte seine Arme aus dem Griff des Tempelkriegers zu entwinden, doch in den behandschuhten Pranken saßen sie fest wie in einem Schraubstock. „Legt dieses Amulett um!“: befahl der andere Ordinator, der die Tür geöffnet hatte und hielt ihm einen kleinen Silberanhänger mit einem eingefassten Stück Stein hin. Er war verwirrt und reagierte nicht sofort. „Legt es an!“: befahl der Wächter noch einmal und Tarrior griff mit der Hand zu, die der Mann, der ihn gepackt hatte, nun freigab und streifte sich den Anhänger mit Mühe über den Kopf und legte ihn sich um den Hals. Die Ordinatoren schienen auf eine Reaktion zu warten, die aber nicht kam und atmeten dann hörbar aus. Auf einen Wink hin, wurde Tarrior freigegeben und ihm das Amulett wieder abgenommen.

    „Was sollte das!“: schrie er die beiden Tempelkrieger an, aber diese wandten sich nur desinteressiert ab und bezogen Stellung neben der Tür des Schreins. Stattdessen kam der Dunmer in der roten Robe mit den Goldverzierungen, den Tarrior schon bei seiner Ankunft gesehen hatte, aus dem Schatten auf ihn zu. „Verzeiht diese Behandlung, aber wir müssen vorsichtig sein und sicher gehen, dass ihr kein Agent des Feindes seid“: entschuldigte sich der Priester. Tarrior schluckte eine bissige Bemerkung herunter, als er bemerkte, dass eine der Masken sich in seine Richtung gedreht hatte. „Ihr habt wohl Recht, aber ich verstehe nicht ganz was ihr geprüft habt“: lenkte Tarrior mit unterdrückter Wut ein. „Das ist nicht schwer, mein Kind. Der Anhänger enthielt ein Stück des heiligen Artefakts, das wir hier verwahren. Hättet ihr bedenklichen Kontakt mit den Kultisten Mehrunes Dagons gehabt, hätte der Anhänger auf euch reagiert und die beiden heiligen Wächter, die man uns aus Vivec geschickt hat, hätten euch getötet“: erklärte der Priester. Tarrior versuchte sich an den Schrein vor Maar Gan erinnern. Soweit er wusste beteten sie hier einen Stein an, der irgendwie mit Vivec in Verbindung stehen sollte, aber Genaueres viel ihm zu der Geschichte nicht ein. „Erzählt mir von dem Artefakt, ich verstehe es nicht“: bat er. Der Mann schaute ihn verwirrt an. „Sagtet ihr nicht, dass ihr ein Pilger wäret? Und da kennt ihr die Geschichte von der Rettung der Dunmer durch Vivec vor dem Zorn Mehrunes Dagons nicht?“: zeigte sich der Priester nun misstrauisch. Er konnte aus dem Augenwinkel heraus wahrnehmen, wie die Ordinatoren ihre Hände zu ihren Waffen führten. „Verdammt. Ich hätte mich nicht als Pilger ausgeben sollen“: ging Tarrior auf. „Nun ja. Vielleicht ist der Begriff Pilger etwas übertrieben gewesen. Ich gehöre zu Haus Hlaalu und habe mich bisher zu meinem Leidwesen nur wenig mit dem Tempel befasst. Die Geschäfte und der Reichtum waren mir wichtiger. Doch diese Krise die uns alle bedroht, hat mich dazu gebracht, meine Situation zu überdenken und ich habe festgestellt, dass ich mich, sollten wir das hier überleben, ändern möchte und dem Tempel als Laien-Mitglied beitreten will. Um den Beistand des Tribunals zu erflehen und Vorsorge zu treffen, habe ich mich eigentlich ohne großes Wissen auf die Reise begeben. Ein befreundeter Händler erzählte mir von dem Schrein hier in Maar Gan und ich nahm einige Schwierigkeiten auf mich um hierher zu gelangen, aber ich muss zugeben, dass ich unwissend bin“: ließ er sich eine hoffentlich glaubwürdige Geschichte einfallen. Der Priester strich sich durch einen kleinen Kinnbart und lächelte dann, sodass sich auch die Ordinatoren wieder entspannten. „Dann heiße ich euch im Tempel von Maar Gan willkommen. Folgt mir, denn eure Unwissenheit will ich in diesem Fall schnell heilen“: bat er Tarrior ihm zu folgen und gemeinsam gingen sie in einen extra abgetrennten Bereich des Tempel.

    Gleich beim Eintreten fiel Tarrior der große, in einem Aschebecken, gelagerte Felsen auf, der den Raum offenkundig dominierte. Zu Füßen des Steins waren etliche Opfergaben dargebracht worden. Tarrior entdeckte sogar einen Propylon-Index auf einem Teller. So sehr er sich sonst dafür interessiert hätte und ihn zu stehlen versucht hätte, umso mehr ignorierte er ihn nun demonstrativ, da er jeden Ärger hier vermeiden wollte. Neben dem Stein fiel ihm auch ein Dremora auf, der neben diesem stand und ihn grimmig anschaute. Als ersten Reflex wollte er seine Klinge ziehen, doch der Priester hielt seine Hand zurück. „Das ist Anhaedra durch die Magie von Fürst Vivec ist er Diener unseres Tempels und zugleich Prüfung für alle, die in die höheren Ränge des Tempels aufzusteigen wünschen. Er ist an diesen Ort gebunden und kann uns nichts tun, sofern wir nicht die Prüfung mit ihm wünschen. Für euch allerdings sollte es ausreichen ein Gebet zu sprechen und eine Opfergabe darzubringen. Denn dies hier ist das Herz von Maar Gan. Dieser Fels dort ist der Turm-Schrein“: erklärte Alkama ihm. „Der Turm-Schrein also…“: murmelte Tarrior und legte seine Hand auf die steinerne und raue Oberfläche des Felsens. Er betrachtete ihn ausgiebig, aber konnte nichts Besonderes an ihm entdecken. „Verzeiht diese Frage eines Unwissenden aber was soll an diesem Felsen so heilig sein“: fragte er. Der Priester lächelte ihn an und trat näher. „Eure Worte geziemen sich für einen Hlaalu, für den nur der Geldwert eines Objektes wichtig ist. Setzt euch und ich werde euch die Geschichte des Steins erzählen“: bat er den Dunmer und gemeinsam ließen sie sich auf einem Teppich vor dem Monolithen nieder. Der Priester begann zu erzählen:

    „Nachdem der Krieg des ersten Rates geschlagen worden war und die Dunmer das Land, dass sie den gotteslästerlichen Dwemern entrissen hatten, zu ihrem eigenen machten, erhoben sie das göttliche Tribunal, dass aufgrund ihrer Weisheit und Stärke den Status von Göttern erlangt hatte, zu ihren Göttern. Die Dunmer wandten sich ab vom Irrweg des alten daedrischen Kultes, der auch die zerstörerischen Kräfte der Säulen des Hauses des Chaos verehrte, die seit jeher nur Leid und Qual über unser Volk gebracht hatte. Die kultische Verehrung vereinigten nun die guten und gerechten Götter des Tribunals mit ihren daedrischen Abbildern Mephala, Boethia und Azura auf sich. Der schändlichen Verehrung der Daedra war damit in Morrowind endlich ein Ende gesetzt und unsere großen Götter konnten sich ganz dem Aufbau eines gläubigen Staatswesens unter ihrer weisen und gerechten Führerschaft widmen. Allerdings sollte das Haus des Chaos bald zu einer ständigen Prüfung für unser Volk werden, indem sie den rechtmäßigen Glauben an das Tribunal verdammten und die Gläubigen prüfen und zurück zu ihren schändlichen Kulten treiben wollten. So kam es, dass die Daedraprinzen Sheogorath, Mehrunes Dagon, Molag Bal und Malacath mehrfach ihren Zorn gegen die Gemeinschaft des Tempels und das Volk der Dunmer richteten. Allen voran tat sich der Zerstörer Mehrunes Dagon hervor. Und so kam es, dass er eines Tages hier auf Vvardenfell auf dem Roten Berg in seiner abscheulichen Gestalt erschien und drohte die Dunmer mit einem riesigen Felsen zu erschlagen, sofern sie ihn nicht länger fürchten und verehren wollten. Die Dunmer erbebten vor Furcht doch waren sie frohen Mutes, denn sie wussten, dass die Macht des Tribunals eine größere war und ihr Glaube größer war, als ihre Furcht vor dem Zerstörer, womit sie Dagons Zorn weiter schürten, der den Felsen mit seinem vier unheiligen Armen erhob und die Dunmer zu vernichten drohte. Doch bevor diese ruchlose Tat geschehen konnte, trat Fürst Vivec der große Gott unter den einfachen Dunmern hervor, als wäre er einer von ihnen und begann den Zerstörer zu verspotten und wortgewandt zu beleidigen. Blind in seiner Wut und seinem Zorn erkannte er Fürst Vivec nicht, der den Zerstörungswillen des Daedroth auf sich zog. Voller Groll, vergaß er die Dunmer und warf den Felsen stattdessen auf Fürst Vivec, der ihn noch bis zuletzt verspottete und den er damit nicht töten konnte, denn geschickt wich er dem Stein aus und verspottete den mächtigen Daedraprinzen triumphierend, ob seiner ungestümen Blindheit. Und als Mehrunes Dagon sah, dass die Dunmer durch diese List Vivecs noch am Leben waren, empfand er eine tiefe Schmach und kehrte besiegt in das Reich des Vergessens zurück. Fürst Vivec jedoch wurde von den Dunmer für seine Tapferkeit und seine Listigkeit gefeiert. Um den Felsen herum ließ er einen Tempel errichten, um auf ewig an die Schmach des Mehrunes Dagon zu erinnern und die ewige Güte, Gerechtigkeit und Fürsorge des Tribunals für das Volk der Dunmer zu demonstrieren. So band er mittels seiner Macht auch einen Dremora an diesen Schrein und gab dem Volk eine Pilgerstätte. So muss auch heutigen Tages jeder Adept, der die Reise zum Turm-Schrein wagt seine Tapferkeit und seine Wortgewandtheit unter Beweis stellen, in dem er den Dremora verspottet und sich ihm anschließend zum Kampf stellt. Das Ende aller Worte ist ALMSIVI“

    Tarrior war eingenommen von der Erzählung. Auch wenn ihm jede Huldigung des Tribunals durch den Priester sauer aufstieß, so faszinierte ihn die Geschichte dennoch. Er sah diesen schnöden Felsen nun mit ganz anderen Augen. Auch wenn er der Botschaft des Tempels trotzdem nicht mehr abgewinnen konnte, empfand er doch einen gewissen Respekt gegenüber einem Mann, der es gewagt hatte, einen Daedraprinzen zu verspotten. Wenn er aber genauer darüber nachdachte, konnte es auch genauso gut von besonderem Größenwahn zeugen. Der Priester ließ seine Worte noch etwas im Raum verhallen, bevor er sich wieder an Tarrior wandte: „Versteht ihr nun die besondere Bedeutung dieses Felsens für unseren Tempel. Ganz Maar Gan entstand einst als Pilgerstadt um diesen Schrein hier herum.“ Tarrior nickte auf die Frage hin. „Jetzt verstehe ich auch, warum der Anhänger mich als Anhänger der Mythischen Morgenröte erkannt hätte, wenn ich das denn gewesen wäre“: dachte er laut. „So ist es. Aber das ist nichts im Vergleich zur Macht des Steines. Noch immer liegt der alte Segen auf dem Schrein. Der Fels gibt nicht nur Pilgern einen stärkenden Segen, sondern er ist auch der einzige Grund, warum unserer heiliger Außenposten den verderbten Heeren des Feindes widersteht“: ergänzte der Priester diesen Gedanken. Tarrior warf einen Blick auf den Felsen und jetzt ging ihm auf, warum die Daedra nicht näher an das Tor hatten herantreten können: „Durch den Felsen können die Daedra den Boden von Maar Gan nicht betreten!“ Es erinnerte ihn an die Kathedrale von Kvatch. Auch damals hatte er gehört, dass der geweihte Boden der Kathedrale von den Daedra nicht übertreten werden konnte. Ebenso musste es hier sein. „So ist es, mein Kind. Ich lasse euch nun für euer Gebet allein. Wenn ihr fertig seid, tretet in den Vorraum. Ich werde euch dann eure Unterkunft zeigen“: sagte er und verließ leisen Schrittes die Kammer. Tarrior war nun mit dem Dremora allein. Er kniete sich vor dem Stein nieder. Wenn dieser Felsen die Stadt beschützte, tat er auch ihm etwas Gutes. Vivec war ihm egal, aber diese schützende Kraft verdiente geehrt zu werden. So murmelte er ein kurzes Dankesgebet und legte einige Stapel an Münzen vor dem Monolithen nieder. Als er sich erheben und dem Priester folgen wollte, knurrte ihn der Dremora an.

    „Ihr hasst den Tempel“: sagte der Daedroth frei heraus. Tarrior drehte sich langsam zu ihm. Sein Gesicht zeigte keine Regung. „Ich weis nicht wovon ihr redet“: widersprach er. „Oh doch. Ihr wisst das sogar sehr gut. Ich habe eure Ablehnung und euren Hass in den Augen gesehen, als euch der Priester die Geschichte von Vivec und Meister Dagon erzählt hat“: sprach das dämonische Wesen mit rauchiger Stimme weiter. „Und wenn es so wäre? Was geht es euch an, Kreatur?“: knurrte Tarrior nun seinerseits zurück. „Diese Stadt ist dem Untergang geweiht und ich erwarte die Ankunft desjenigen, der diesen Tempel und die Stadt der Vernichtung preisgeben wird“: faselte der Dremora. „Dir Kreatur hat wohl die lange Zeit, die du schon hier verbringst den Geist geschädigt. Diese Stadt wird nicht fallen“: machte er sich über den Daedroth lustig. Das Gesicht des Monsters verzog sich zu einem boshaften Grinsen. „Euch wäre genauso lieb wie mir, wenn der Priester ausgeweidet zu Füßen seines geliebten Felsens liegen würde, während der Tempel um ihn herum niederbrennt. Tut es und es soll euer Schaden nicht sein. Der Meister wird euch dafür reichlich entlohnen“: bot der Dremora an, doch Tarrior wandte sich mit einem Kopfschütteln ab und verließ den Raum. In der Vorhalle erwartete ihn der Priester des Tempels zusammen mit den beiden Ordinatoren. „Habt ihr Ruhe bei eurem Gebet gefunden?“: fragte der Mann der Götter. „Ja das hat es, auch wenn euer Dremora seltsame Worte von sich gibt. Aber ich würde mich jetzt gerne ausruhen“: bat Tarrior. Alkama runzelte bei der Erwähnung des Dremoras kurz nachdenklich die Stirn, aber zeigte sich dann bereit ihn zu führen. In einem kleinen Nebenraum gelangten sie über eine Leiter in weitere unterirdische Räume des Schreins, in denen sich die Kammern des Priesters und der Ordinatoren befand. Außerdem war dort ein umgebauter Lagerraum in denen man zwei Betten aufgestellt und drei Hängematten gespannt hatte. Ein Bett und zwei der Matten waren belegt mit Flüchtlingen oder Pilgern, die sich ebenso wie er ausruhen wollten. „Ihr habt die freie Wahl“: sagte Akama und ließ Tarrior dann allein. Der Dunmer wählte das freie Bett aus, legte seine Sachen ab und sich selbst auf die harte Matratze, die ihm nach der Flucht unendlich gemütlich vorkam. Recht bald schlief er ein.

  3. #303

    Goldstraße -> Skingrad

    Beim Erreichen der Straße verschwand soeben die Sonne hinter dem Horizont, und Raccan versuchte sich in der eintretenden Dämmerung zu orientieren. Leider hatte er die Karte seiner gelaufenen Strecke nur ansatzweise im Kopf und konnte deswegen nur vage vermuten, wo er sich jetzt befand. Vielleicht irrte sich der Rothwardon auch; laut seiner Vermutung musste er sich jetzt nordöstlich von Skingrad befinden, wenn es so wäre, müsste ihm die Umgebung hier bekannt vorkommen. Andererseits wäre es auch möglich, dass er sich südlich der Stadt aufhielt, dann würde ihm auch das Wiedererkennen von Wegmerkmalen nicht helfen, denn dort war er ebenfalls schon entlanggekommen, wenn auch er mit den dort vorhandenen Wäldern schon etwas mehr Erfahrung hatte. Ja, diese Assassine spukte ab und an immer noch durch seine Gedanken. Egal, da ist später noch genug Zeit dafür. Der Ritualassassine saß von seinem Hengst ab und führte ihn an den Zügeln hinter sich her, als er ein paar Schritte den Weg entlang ging, er hatte sich dafür entschieden, dass Skingrad südwestlich seiner Position liegt.
    Kurze Zeit später war es beinahe schon vollständig dunkel, als er vor sich plötzlich ein Lichtschein erkannte, offensichtlich von einem Lagerfeuer. Wer macht so nahe an der Reiseroute ein Lagerfeuer? Sein Gefühl lag selten falsch, und so führte er sein Pferd in ein Gebüsch und band es an dem Gestrüpp fest, um sich dann abseits des Weges an das Licht anzuschleichen. Das Terrain erhob sich leicht, es stellte sich heraus, dass sich das Lager direkt vor einem Höhleneingang befand, welcher direkt am Wegesrand lag. Raccan kroch den Hang hinauf und spähte über die Kante durch das Gras hinunter. Um das Feuer herum saßen drei Personen, allesamt bewaffnet, und mit schäbig aussehender Kleidung. Man musste kein Genie sein, um zu erkennen, dass es sich hierbei um Banditen handelte. Einer von ihnen, ein grobschlächtig anmutender Ork, rülpste laut und grinste in die Runde, aber die anderen beiden reagierten nicht einmal ansatzweise. Stattdessen lehnte sich einer von ihnen, ein Waldelf, der seinen Langbogen neben sich an den Baumstamm gelehnt hatte, nach vorn und stützte dabei die Ellenbogen auf den Oberschenkeln auf, um dann mit einem Stock in der lodernden Glut herumzustochern.
    „Ich finde das hier Zeitverschwendung, heute Nacht ist es viel zu kalt, um irgendwelchen Händlern aufzulauern. Der Boss sitzt drin im Warmen und vergnügt sich wahrscheinlich mit Odessa, und wir frieren uns hier draußen den Arsch ab.“. Für einen Bosmer hatte der Bandit eine recht raue Stimme. Wahrscheinlich der Alkohol. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten.
    „Dann geh doch rein und sag ihm das. Ich näh dich aber nicht wieder zusammen“, blaffte der Kaiserliche, welcher direkt vor dem Höhleneingang saß, trocken als Antwort zurück, woraufhin die Grünhaut das eben getrunkene Bier mit einem dumpfen Glucksen und Lachen wieder ausspuckte.
    „Was ist los, Matschgesicht, schmeckt das Gesöff nicht?“, setzte der Kaiserliche nach. Der Ork verzerrte wütend das Gesicht und wollte sich schon erheben und nach seiner Axt greifen, da fuhr im der Bosmer in die Parade.
    „Reiß dich zusammen, Balik; nicht schon wieder, du weißt doch wie er ist…“, woraufhin sich Balik etwas beruhigte und wieder niederließ. Allerdings war es nun an dem Unruhestifter, weiterzusticheln.
    „Na, wie bin ich denn, du Baummade, sprich dich nur aus“. Meine Güte, diesem Stinkstiefel merkt man seine Laune aber wirklich an, dachte Raccan während er sich flach auf den Boden presste und lauschte. Der Waldelf jedoch ließ sich nicht provozieren und setzte sich ebenfalls wieder, ohne dem Kommentar irgendwelche Aufmerksamkeit zu schenken. Stille, welche nur durch das Prasseln des Feuers unterbrochen wurde, trat ein. Dann räusperte sich wieder der Waldelf, ganz offensichtlich war er an einem Gespräch interessiert um die Langeweile zu überbrücken.
    „Was glaubt ihr, was er mit Odessa anstellt?“, und der Bosmer grinste verschlagen. Der Ork lachte kurz auf, biss ein Stück aus der Fleischkeule zu seinen Füßen und sinnierte kauend:
    „Ihr aus einem Buch vorlesen wohl kaum…“, und beide brachen in Gelächter aus. Der Bandit an der Höhle stieß jedoch entnervt und betont laut die Luft aus, woraufhin die beiden anderen verstummten.
    „Er macht das mit ihr worauf sie sich mit euch beiden nichtmal einlassen würde, wenn ihr die letzten Männchen in der gesamten scheiß Welt wärt. Lieber würde sie versuchen, mit einem verdammten Troll Nachkommen zu zeugen, anstatt es mit einem von euch Idioten zu treiben.“. Kawumm, dieser Kommentar hatte gesessen, und giftige Blicke trafen den Kaiserlichen, was ihm aber nichts ausmachte; er schien froh über die nun endgültig eintretende Stille zu sein. Raccan unterdessen fixierte, an den Grashalmen vorbei, den Ork. Irgendwie sahen sie alle gleich aus, und diesem ominösen Ko’Luk, der ihm am See eine Abreibung im Auftrag des Banditenchefs verabreicht hatte, sah er schon recht ähnlich. Aber nein, das hier war ein gewisser Balik. Insgeheim hatte sich der Rothwardon gewünscht, er hätte jene Banditen vor sich, das wäre interessant geworden. So aber war es nur ein einfaches Lager voller Gesinde, und es lohnte sich nicht, dieses auszuräuchern, erst recht nicht ohne jeglichen Rückhalt. Lautlos zog sich der Assassine zurück und schlich zu seinem Pferd, um dann dessen Zügel loszubinden und es tiefer in den Wald und im großen Bogen auf der rückwärtigen Seite um die Höhle herumzuführen. Nachdem er wieder auf den Weg angelangt war, blickte er sich noch einmal prüfend um und setzte seinen Weg fort.

    Seine Reise durch die Dunkelheit Richtung Skingrad verlief ereignislos, abgesehen davon dass er wieder an einer dieser seltsamen magischen Quellen und einer verlassenen Mine vorbeikam, und schließlich tauchten die Lichter der Stadt und des Schlosses in der Nacht auf. Wieder drängte sich der Gedanke in den Vordergrund, welcher ihm schon einmal seit der Erfüllung seines Auftrags in den Sinn gekommen war. Eigentlich hatte er hier nichts mehr zu schaffen in Cyrodiil und im Grunde sollte er zurückkehren; allerdings hatte er bei seiner Reise genug Gründe gesammelt, um hier so schnell nicht mehr verschwinden zu können. Dazu kam noch der Raub seines Schwertes und die Tatsache, dass er hier quasi mittellos durch die Gegend zog. Im Moment wünschte er sich wirklich die Goldmünzen zurück, mit welchen er bei seinem allerersten Besuch in Skingrad bezahlt hatte. Aber als er unter der Brücke, welche über die Hauptstraße gebaut wurde und zum Schloss führte, hindurchging, schwenkten seine Gedanken wieder zu der frechen Waldelfe. Nüchtern betrachtet hatte sie Assassinen gründlich hereingelegt, denn im Grunde wusste sie gar nichts über den Khajiiten, und dass die Bettler etwas wussten, das hätte Raccan früher oder später auch selbst herausbekommen. Er kam sich vor wie ein armer Tropf, der ein Pferd gekauft, jedoch eine Packratte erhalten hatte. Seltsam genug, dass ihm diese Erkenntnis erst jetzt kam, noch dazu wusste er nicht einmal, wie lange sein Gespräch mit der Waldelfe her war; ehe er sich darüber jedoch weiter den Kopf zerbrechen konnte, war er schon bei den Stallungen, die vor den Stadttoren der Weinstadt errichtet waren, angekommen und hatte sein Pferd und Gepäck für 5 Septime sicher verwahrt. Die Stadtwache ließ den Rothwardonen ebenfalls wortlos passieren, jedoch nicht ohne einen skeptischen Blick auf den Krummsäbel an seinem Gürtel zu werfen.
    Der Assassine steuerte zielstrebig die „Zwei-Schwestern-Taverne“ an, also jene, bei welcher er schon das letzte Mal genächtigt hatte. Die 10 oder 15 Septime, die es kostete, mussten einfach investiert werden, denn so kurz vor dem Ziel fühlte sich Raccan, als wäre er einmal zu Fuß quer durch die Alik'r-Wüste gelaufen. Die Straßen Skingrads waren zu so später Stunde zum Glück verlassen (abgesehen von den Stadtwachen), und so erreichte er ohne Umschweife besagtes Gasthaus.
    Zu seiner Überraschung fand er wieder die Hochelfen-Nachtwache von seinem letzten Besuch hier vor, er hätte fast wetten können, dass sie keine Dauerlösung darstellte, aber anscheinend hatte er falsch gedacht. Als die Altmer den Assassinen erblickte, legte sie ihr allgegenwärtiges Buch weg und erhob sich, um den Zimmerwunsch des Gastes aufzunehmen.
    „Ein Zimmer für eine Nacht…“, erwiderte Raccan auf den fragenden Blick von Elda, der Hochelfe, und ließ 15 Septime auf den Tresen klimpern, das würde das Frühstück mit einschließen. Die Frau musterte den Assassinen zögerlich und schrieb dann in das Gästebuch, während sie mir ruhiger Stimme sprach:
    „Mit Verlaub, ihr saht auch schonmal besser aus; zumindest seit eurem letzten Besuch scheint ihr ein bisschen was durchgemacht zu haben?“.
    Raccan setzte einen etwas perplexen Gesichtsausdruck auf; was hatte diese Frau für ein Interesse daran, was er erlebt hatte? Auch wenn der Assassine zugeben musste, dass er einen alles andere als guten Eindruck machte, denn die Wunden des Überfalls waren noch nicht vollständig verheilt, so stand dieser Hochelfe nicht das Recht zu, ihn darüber auszufragen. Dennoch antwortete er mit ruhiger Stimme.
    „Es gab ein paar Zwischenfälle, danke der Nachfrage.“. Punkt. Dabei beließ es Raccan, und die Rezeptionistin schien sehr wohl zu bemerken, dass sie aus ihrem Gegenüber wohl nichts mehr herausbekommen würde.
    „Dasselbe Zimmer wie letztes Mal. Die Treppe hinauf und die erste Tür rechts“, und damit legte sie den Schlüssel auf den Tresen, welchen Raccan sogleich aufnahm und sich mit schwerem Gang über den Holzboden Richtung Zimmer bewegte. Als er sich nochmal umschaute, war Elda verschwunden. Musste sie keine Nachtwache mehr halten? Ach was soll’s, mir egal. Schlafen. Nachdem er die Treppe hinaufgestiegen war, schloss er die Tür auf, schlurfte in’s Zimmer und ließ den Schlüssel von innen stecken nachdem er abgeschlossen hatte. Zügig legte er seinen Säbel, den Dolch, die Pfeile und den Langbogen auf das kleine Tischchen und entledigte sich dann seiner Rüstung, welche er auf den Boden neben das Bett platzierte. Nur noch mit der Unterhose bekleidet stellte er sich vor den schmalen Standspiegel und betrachtete sich selbst darin. Die blauen Flecken hatten eine hellere Farbe angenommen, und auch von den gebrochenen Rippen war dank des Heiltranks nicht mehr viel zu sehen außer ein paar dunkler Blutergüsse. Sein Gesicht zeigte ebenfalls noch ein paar Schwellungen, besonders an seinem linken Auge erkannte man noch die Spuren des Angriffs. In ein paar Tagen hat sich das wieder gegeben und die Schwellungen sind verschwunden, ist schließlich nicht meine erste Verletzung dieser Art. In der Tat fühlt sich Raccan an ein Ereignis in seiner Jugend erinnert, bei dem er einen Vorsprung an einer Felswand stabiler eingeschätzt hatte als dieser tatsächlich gewesen war; das Resultat waren einige Knochenbrüche, etliche Prellungen und ein Gesicht, als habe er bei drei Boxturnieren zeitgleich teilgenommen. Schulterzuckend wandte er sich von dem Spiegel ab und fixierte das Bett. Schlafen, das war der einzige Gedanke, den er jetzt noch hatte, und so verwunderte es nicht, dass der Assassine, kaum dass er sich hingelegt hatte, in einen traumlosen Schlaf fiel.

    Ein unbeständiges Pochen auf Holz riss ihn aus einem tiefen Schlaf. Zunächst dachte er, es würde sich um den klopfenden Regen auf das Dach handeln, je wacher Raccan jedoch wurde, desto mehr drang das Geräusch in sein Bewusstsein, und ihm wurde klar, dass es sich mitnichten um fallende Wassertropfen handeln konnte. Er schlug die Augen auf, hob langsam den Kopf und blickte zur Tür. Nein, von da kam das Geräusch nicht. Sein Blick zuckte suchend umher und blieb schließlich an den geschlossenen Fensterläden hängen. Wieder ein Klopfen, drei Mal an der Zahl, und dann wieder Stille. Langsam erhob sich der Assassine von dem Bett und runzelte die Stirn. Wurde er jetzt verrückt? Da, wieder ein schnell aufeinanderfolgendes Pochen. Entschlossen schritt er zu den Holzbrettern, welche das Fenster verschlossen, öffnete sie nach kurzem Zögern mit einem Ruck und blickte nach draußen. Nichts war zu sehen außer Dunkelheit. Aber was war das für ein Geräusch? Lange konnte er nicht darüber nachdenken, da landete ein großer Schatten auf der Fensterbank und blickte ihn mit seinen stechend gelben Augen an. Raccan war ein Stück zurückgesprungen und sein Herzschlag setzte einen Moment lang aus, dann aber erkannte er den Falken wieder.
    "Jail, ich habe dir doch gesagt, lass diese dramatischen Auftritte...", meinte der Rothwardon resigniert, ging langsam auf das Tier zu und strich ihm über den gefiederten Rücken. Er besah sich den Vogel von oben bis unten, etwas dreckig war er schon, aber immerhin trug er den Tornister immer noch am Fußgelenk.
    "Hast du eine Antwort von Sahi für mich?", fragte Raccan den Falken, was dieser mit einem starren Blick kommentierte. Geschickt löste er den Knoten, mit dem das Metallröhren befestigt war, und nahm es an sich. Jail unterdessen drehte sich, kaum dass der Fremdkörper entfernt war, auf der Stelle um, stieß sich ab und flog aus dem Fenster. Ja, war auch schön, Zeit mit dir verbracht zu haben, dachte Raccan zynisch und schloss das Fenster. Dann ließ er sich wieder auf der Bettkante nieder, löste den Deckel des Röhrchens und pfriemelte umständlich das Stück eng zusammengerolltes Pergament aus dem Behältnis. Überraschenderweise glitt es recht leicht heraus, aber Sahi hatte schon immer mehr Ahnung als er selbst gehabt, Briefe in dieses winzige Transportmittel zu verstauen. Wenn sie wöllte, bekäme sie bestimmt auch ein Stück Fleisch von der Größe eines Tellers hier hinein. Lächelnd rollte er vorsichtig das Pergament auseinander, strich es auf der Matratze ein paarmal glatt, sodass es sich nicht mehr einrollte, und begann zu lesen.

    Lieber Raccan,
    es tut wirklich gut, von dir zu lesen, lebe ich doch seit deinem vergangenen Auftrag in ständiger Angst, dir könnte wieder etwas zugestoßen sein. Auch ist es schön, dass du dein Ziel bereits vor Augen hast, aber gib trotzdem weiter auf dich Acht, schließlich weiß Hawa'ajala, dass der Stamm mit Verrätern nicht nachsichtig umgeht, ganz zu schweigen von Zalanu.
    Ich wusste, dass du eine Frau kennenlernen wirst, du bist schließlich ein hübscher Mann; dass sie dich auf ein Fest eingeladen hat, sollte doch Fingerzeig genug sein, Satakal meint es gut mit dir.
    Nur zu gern würde ich diese fremden Dinge, welche du beschreibst, mit eigenen Augen sehen, aber im Gegensatz zu dir würde ich in der Fremde gar nicht zurechtkommen. Pass bitte auf, wenn dir wirklich etwas geschieht, würde ich das wohl nicht überleben.
    Das Pferd trägt keinen Namen, es würde sich jedoch bestimmt freuen, wenn du ihm einen geben würdest.
    Ich werde Zalanu von deinen Fortschritten unterrichten, er wird erfreut sein, davon zu hören.

    Satakal möge dich beschützen.
    Sahi


    Einen Moment lang dachte Raccan darüber nach, wie gottesfürchtig seine Schwester doch war, sie beide waren wirklich wie Feuer und Wasser, gegensätzlicher konnten zwei Geschwister nicht sein, und doch verband sie ein unsichtbares Band, welches sich niemals lösen würde. Kurz darauf zuckten seine Augen jedoch zu dem Satz „Pass bitte auf, wenn dir wirklich etwas geschieht, würde ich das wohl nicht überleben“. Wie Recht du doch hast, dachte der Rothwardone, denn so wie man diese Aussage im ersten Moment verstanden konnte, war sie nicht gemeint; vielmehr wies Sahi darauf hin, dass Raccans Tod wahrscheinlich auch ihren Tod bedeuten würde, denn dann gab es für Zalanu und seine Konsorten keinen Grund mehr, seine Schwester mit Samthandschuhen zu behandeln. Eilig wischte der Assassine diesen Gedanken beiseite, denn noch atmete er, und solange dies der Fall war, würde er für seine Schwester da sein.
    Nun war die Frage, was er ihr antworten sollte; sicher, der Verräter war tot, aber sobald Zalanu dies erfuhr, würde er die Rückkehr des Assassinen einfordern, und ohne gesegnetes Schwert dort aufzutauchen war keine gute Idee. Leider hatte Raccan auch absolut keinen Schimmer, wo seine Waffe abgeblieben war, in diesem Land ein einzelnes gestohlenes Schwert zu finden würde sich als noch schwieriger herausstellen als es bei dieser Ratte Hawa'ajala der Fall gewesen war, und selbst hier musste der Rothwardon zugeben, dass er hier ebenfalls mehr Glück als normalerweise üblich gehabt hatte.
    Mit einem langen Seufzer rollte er das Pergament wieder zusammen und legte es auf seine neben dem Bett befindliche Rüstung. Es brachte nichts, sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen, denn nun überkam den Rothwardonen die Müdigkeit, und er legte sich wieder in’s Bett und schlief sogleich ein.

    Am nächsten Morgen schlug Raccan die Augen auf und stellte fest, dass so ein Bett doch einen recht großen Unterschied machte was den Schlaf anging, zumindest im Vergleich zum Nächtigen in freier Natur. So langsam gewöhn ich mich daran, dachte er, setzte sich auf die Bettkante und bewege ein wenig sein Rückgrat hin und her. Nein, es waren keine Schmerzen feststellbar. Rasch kleidete sich der Rothwardon an und unterzog bei der Gelegenheit seinen Waffen auch noch einer Blickprüfung. Im Grunde war das Einzige, was ihm nach dem Überfall noch geblieben war, das was er am Leib trug, abgesehen von den Decken, dem anderen Säbel und dem Ritualdolch bei seinem Pferd; selbst sein Geld reichte nicht für einen Einkauf von Heiltränken, geschweige denn für mehr als eine weitere Nacht hier in der Herberge. Seine zweite Reise nach Cyrodiil entpuppte sich immer mehr zu einem ironischen Trip; da hatte er während seines Gedächtnisschwunds mit Gold nur so um sich geworfen, und nun war er mittellos.
    „Erstmal raus hier“, befand er und verließ sein Zimmer Richtung Schankraum.
    Eigentlich hatte Raccan vorgehabt, die Herberge sogleich zu verlassen, aber soweit kam es nicht. Am Tresen hatte er die Person schon erkannt, die sich mit der Hochelfe angeregt unterhielt, obwohl sie ihm nur den Rücken zudrehte. Sonderlich schwer war dies nicht: ein tiefrotes Kleid, betonte Rundungen, lange, schwarze und perfekt hergerichtete Haare, dazu silberne Ringe an den Ohren. Elda wies in seine Richtung, und schon wandte sich die Waldelfe um und kam auf ihn zu. Von vorn war sie ein keineswegs schlechterer Anblick, denn das Kleid zeigte einen Ausschnitt bis zum Bauchnabel, und Raccan kam nicht umhin, seinen Blick kurz schweifen zu lassen, bis die Elfe vor ihm stand und zu ihm aufschaute.
    „Vorsicht, Raccan, sonst merke ich noch, wo du hinstarrst“, sprach ihn Adya grinsend an, aber sogleich verschwand ihr Lächeln, als sie den Rothwardonen genauer anblickte.
    „Wie siehst du denn aus?“, stieß die Bosmerin entsetzt aus und musterte die noch leicht sichtbaren Wunden im Gesicht des Assassinen.
    „Nichts, nur eine kleine Auseinandersetzung“, erwiderte der Rothwardon wortkarg und machte keine Anstalten, noch etwas hinzuzufügen. Dies schien Adya nicht sonderlich zu gefallen, aber sie bemerkte, dass ihr Gegenüber nichts weiter dazu sagen wollte.
    „Naja, bis zum Empfang siehst du hoffentlich weniger mitgenommen aus“, fügte sie mit einem Augenzwinkern an und strich Raccan leicht über den Arm. Tja, was sollte er jetzt dazu noch sagen? Dass er auf diesen Empfang keine Lust hatte? Dass er nicht als Trophäe einer selbstverliebten Elfe herhalten wollte? Innerlich sträubte er sich dagegen, aber letztendlich hatte er noch nie sein Wort gebrochen, und das würde auch jetzt nicht passieren.
    „Ja, ich freu mich schon drauf“, zwang er sich zu sagen und lächelte, allerdings wirkte dies leicht gequält.
    „Gib dir keine Mühe, aber ich sorge schon dafür, dass es dir Spass machen wird“, ließ sich Adya die Laune nicht verderben und umschlang dabei seinen linken Arm kurz. Ob die Zweideutigkeit ihrer Worte beabsichtigt war, wusste der Rothwardon nicht, und zum Nachfragen kam er nicht mehr, denn in diesem Moment betrat eine kleine Gruppe aus drei Leuten die Herberge, gefolgt von einem großen, grimmig aussehenden Nord. Die Gruppe bestand aus drei Männern; einem Dunmer, ein Bretone und ein Kaiserlicher. Alle sahen so aus, als ob sie noch nicht allzu alt wären, noch dazu machten sie keinen Hehl aus ihrem Reichtum, der sich durch ihre teure Kleidung bemerkbar machte. Mit geübtem Blick stellte Raccan fest, dass es sich bei dem Nord im Hintergrund wohl um sowas wie einen Leibwächter handelte, denn aufgrund seines Intellekt, den man ihm schon irgendwie ansah, wäre er wohl kaum zu einer so prächtigen Stahlrüstung gekommen.
    Die drei doch recht halbstark wirkenden Adligen hielten kurz inne, als sie Adya und den Rothwardonen entdeckten, flüsterten sich etwas zu, lachten dreckig und hielten schließlich vor den beiden an.
    „Adya, schöne Adya, sind wir wieder auf der Jagd?“, und unverhohlen blickte der Dunkelelf auf den Ausschnitt der Waldelfe. Der Kaiserliche und der Bretone ließen ebenfalls ungeniert ihren Blick auf den Brüsten von Adya ruhen, aber dann musterten sie allesamt Raccan mürrisch.
    „Hast du es jetzt schon so nötig, dass du dich mit deinem Leibwächter vergnügen musst?“, spöttelte der Kaiserliche, und die anderen beiden stimmten in das Gelächter ein; der Nord hingegen verzog keine Miene, Raccan zweifelte sogar daran, dass er überhaupt verstand, was hier gesprochen wurde.
    „Nein, du Küchenschabe, er ist meine Begleitung für nächste Woche“, und Adya umschlang wieder den Arm des Assassinen und legte ihren Arm auf seinen Rücken.
    Einen Moment lang herrschte Stille, dann prustete der Dunkelelf los, und seine Kumpanen stimmten mit ein. Nun sollte man meinen, dass die Waldelfe beleidigt sein würde, schnippisch reagiert oder gar resigniert. Aber ihre Reaktion überrasche sowohl Raccan als auch die drei Adligen. Adya legte die Hand auf Raccans Brust und schmiegte sich fest an ihn, während sie die drei vor sich überlegen anschaute.
    „Ja, lacht ihr nur, aber ich stehe nunmal auf Männer, und nicht auf solche Schlappschwänze wie euch“. Abrupt verstummte das Lachen, die Jugendlichen fühlten sich anscheinend in ihrer Ehre gekränkt. Wie lächerlich, sich von so etwas einschüchtern zu lassen, befand Raccan, aber diese drei waren auch noch jung und reagierten auf solche Kommentare wohl besonders empfindlich, und das wusste Adya ganz offensichtlich.
    „Ich sollte meinen Nord sich um dich kümmern lassen“, zischte der Kaiserliche giftig und bedrohlich, worauf Adya aber nur mit einem müden Lächeln reagierte.
    „Dass du es dir nicht zutraust, es mir zu besorgen und das deinen Schoßhund machen lassen musst, kann ich verstehen“, säuselte sie zuckersüß und streichelte unschuldig weiter Raccans Brust. Sie ist schlagkräftig mit Worten. Der Rothwardon war sichtlich beeindruckt, die Waldelfe nahm diese Halbstarken verbal regelrecht auseinander. Es wurde einen Moment lang still, man stand sich regungslos gegenüber. Dann aber wandte sich der Dunmer ab und stapfte wütend aus der Herberge, die beiden anderen und der Nord folgten ihm, und die Tür schlug sehr laut in’s Schloss.
    „Na, das war doch ganz witzig“, grinste sich Adya eins und löste sich von dem Rothwardonen. Er war sehr irritiert und machte daraus auch kein Geheimnis.
    „Und wer war das?“, fragte der Assassine verwirrt, deutete auf den Tisch und setzte sich dann. Adya ließ sich ebenfalls umständlich nieder und lächelte Raccan keck an, während sie antwortete.
    „Talbor, Ignaz und Olgar mit ihrem nordischen Schoßhündchen. Die Drei sind Söhne von den Freunden meines Vaters. Und sie geifern mir bei jeder Gelegenheit hinterher, aber diesen Zahn hab ich ihnen spätestens jetzt gezogen“, sie zwinkerte.
    „Die sahen nicht sonderlich erfreut aus“, bemerkte Raccan skeptisch. Tatsächlich hatte er bei diesen Kerlen ein ungutes Gefühl, so wie sie Adya angestarrt hatten.
    „Ach, die sind harmlos. Viel zu feige, um ihren Worten Taten folgen zu lassen, sie verstecken sich lieber hinter dem Reichtum und dem Einfluss ihrer Väter. Sie werden jetzt heulend zu ihnen rennen und verlauten lassen, wie böse und gemein ich bin, und vor allem werden sie meinem Vater mitteilen, dass ich beabsichtige, dich als Begleitung auf den Ball zu nehmen“. Dies sprach Adya so selbstverständlich aus als ob sie sich gerade über das Wetter monieren würde, aber Raccan stockte für einen Moment der Atem, ehe er antwortete.
    „Heißt das, dein Vater weiß gar nicht, dass du mich mit zum Empfang nehmen willst? Wie hast du dir das vorgestellt?“, fragte er ungläubig.
    „Immer mit der Ruhe, Süßer“, grinste die Waldelfe noch breiter und lehnte sich zurück, wobei sie provokativ ihren Vorbau herausstreckte. „Mein Vater wäre nur zufrieden, wenn ich mit einem stinkreichen Muttersöhnchen angesehenen Hauses antanzen würde, und diese sind absolut gar nicht mein Geschmack; jeder andere wäre meinem Vater zuwider, also was soll’s. Und wenn ich als Bonus auch noch jemanden mitbringe, der mir wirklich gut gefällt…umso besser“, und Adya zwinkerte wieder schelmisch ihrem Gegenüber zu.
    Raccan war für diesen Moment erstmal bedient, nach außen hin gab er sich jedoch Mühe, sich das nicht anmerken zu lassen. Diese Naivität und Gleichgültigkeit der Waldelfe war ihm vollkommen unverständlich, noch dazu dieses bewusst provokante Art; dies alles war sehr gewöhnungsbedürftig für den Assassinen, aber irgendwie machte dieses auf Krawall gebürstete Verhalten von Adya den Charme der Waldelfe für Raccan aus, und dieser Punkt führte letztendlich dazu, dass er sich ihr geschlagen gab.
    „Gut“, nickte er, „ich habe dir mein Wort gegeben, und ich werde es halten“.
    „Ich hätte dir auch nichts anderes geraten, schließlich habe ich den drei Gnomen dich jetzt schon vorgestellt“, antwortete sie locker.
    „Wann genau ist der Empfang?“, fragte er nach einer kleinen Pause und drückte dabei die Fingerspitzen gegeneinander.
    „In fünf Tagen, bis dahin hast du noch Zeit, dir etwas anderes als das da“, und sie deutete auf seine Rüstung, „zu besorgen“. Mit einem breiten Grinsen und den Kopf auf die Hände gestützt musterte sie dabei den Rothwardonen, ganz offensichtlich wartete sie nur darauf, um Hilfe gebeten zu werden. Bin ich wirklich so durchschaubar? Sieht man mir an, dass ich davon keine Ahnung habe und vor allem kein Geld?
    „Nun, es wäre schön, wenn du mir dabei…“ und die Waldelfe fiel Raccan in’s Wort.
    „…helfen könntest? Aber sicher doch, wir werden viel Spass haben!“, und sie stand auf, zog den Rothwardonen vom Stuhl hoch und führte ihn zur Tür. Auf was habe ich mich jetzt eingelassen, schoss ihm noch durch den Kopf, als er mit der Waldelfe nach draußen trat.

    Die nun folgenden Stunden waren die definitiv ungewöhnlichsten und anstrengendsten Stunden in Raccans gesamten bisherigen Leben, abgesehen von der Zeit seines Gedächtnisverlustes, wobei diese Situation, die sich ihm jetzt darbot, schon relativ heftig an dem Thron rüttelte. Vergessen waren die Strapazen in der Schlangengrube; vergessen war der Irrweg durch die Wüste Hammerfells nur mit einem Messer bewaffnet; vergessen das mühselige und fast tödliche Herausklettern aus dem tiefen Canyon. Unzählige Anproben später entschied er (oder vielmehr Adya) sich für ein rotes, orientalisch angehauchtes Gewand, welches nach Meinung der Waldelfe am besten zu dem Eindruck ‚Der Fremde aus der Wüste‘ passte. Nachdem sie die Schneiderin verließen und vor der Tür standen, grinste Adya über beide Ohren.
    „Na, das war doch toll, oder nicht?“.
    „Ja, sehr außergewöhnlich, muss ich schon sagen“, bemerkte Raccan immer noch etwas geschockt und mit kühlem Unterton; diese Seite der Zivilisation hatte er bis jetzt nur von Weitem gesehen, jedoch mitten drin involviert zu sein hatte ihm jetzt eine Art kulturellen Schock versetzt, was die Frau neben ihm jedoch gekonnt herunterspielte.
    „Ach was, du siehst darin wirklich bemerkenswert aus, dazu noch deinen Säbel, und du wirst auf diesem Empfang DER Blickfang sein“, und etwas freudiger fügte sie hinzu, „und noch dazu wirst du meine Freundinnen vor Neid platzen lassen“.
    Und wieder kam sich Raccan wie eine Trophäe vor, anmerken ließ er sich aber wiederum nichts, schließlich war er hier an diesem Schlamassel im Grunde selbst schuld mit seiner leichtfertigen Einwilligung, als Begleitung zu fungieren. Er seufzte leise und betrachtete kurz das Paket unter seinem Arm, in dem sich die Kleidung befand.
    „Und wo verbringst du jetzt die Zeit bis zum Empfang?“, fragte Adya plötzlich lauernd und blickte den Rothwardonen misstrauisch an.
    „Ich denke, ich werde versuchen, ein wenig Geld zu verdienen bis dahin, 5 Tage sind eine Menge Zeit“, antwortete er vorsichtig.
    „Ja, eine Menge Zeit um sich aus dem Staub zu machen oder sich zu verletzen? Hälst du es nicht für besser, noch etwas bei mir zu bleiben?“. Die Frage klang, als habe er eine Wahl, aber der Blick von Adya sprach mehr als tausend Worte, und im Grunde war die Entscheidung schon längst gefallen, es war jetzt nur noch die Frage, wie lange Raccan das Ganze hinauszögern würde. Der dominanten Ader der Waldelfe war der Assassine nicht gewachsen, zu sehr überforderte ihn diese bestimmende Art.
    „Wenn du das für eine gute Idee hälst…“, antwortete Raccan schließlich ausweichend und ließ sich von der freudestrahlenden Adya etwas widerwillig die Straße Richtung Stadttor entlangführen…

  4. #304
    Gehetzt lief er durch die muffigen Gänge. Er hörte die schweren Schritte seiner Verfolger hinter sich. Er selbst bewegte sich jedoch geradezu lautlos und leichtfüßig durch die Tunnel unter Vivec. Der Lärm, den die Ordinatoren verursachten war weithin hallend zu hören. „Und sie wundern sich immer, warum sie uns nie erwischt haben. Man hört sie auf hunderte Meter durch den Tunnel stapfen und unsere Sinne beherrschen diese Katakomben. Diese Stadt gehört uns“: ging es in Tarriors Gedanken herum, während er seinen Dagoth-Dolch noch fester umklammerte. Er fühlte das Blut wie es seine Hand nässte und langsam trocknete. Er hatte die Klinge erst vor einigen Minuten genährt. Dreckige Fremdländer hatten ihr Leben unter seiner Klinge ausgehaucht. Leider konnte die kaiserliche Brut dieser Familie entkommen und alarmierte die Wachen, während er sie zu einer kompletten Waisen machte. Glücklicherweise kündigten sich die Ordinatoren ebenso dort oben wie auch hier unten durch ihre donnernden Schritte an. Er konnte direkt vor ihnen die Unterkunft der kaiserlichen Besatzer verlassen und durch die Wohninsel in die Kanäle fliehen. Nun versuchte er seinen Verfolgern zu entkommen. Als Träumerprophet war es seine Aufgabe mit gutem Beispiel voranzugehen und neue Mitglieder zu rekrutieren und nach dem Willen Dagoths die ungläubigen Fremdländer zu vernichten. Und im Versteck hier in den Kanälen würde er mit den Träumern zusammentreffen und dann würden sie ihre Basis räumen und in einen anderen Teil der Stadt ziehen. Die Ordinatoren waren zu langsam. Sie würden sie nie einholen. Tarrior sprang abwechselnd über die Kanäle, um die Gänge zu wechseln und kam dem Versteck immer näher. Die Ordinatoren waren kaum noch zu hören. Er hatte es fast geschafft. Er befand sich nur noch eine Abzweigung vor seinem Versteck als er plötzlich Bewegungen aus den Schatten heraus wahrnahm. Er konnte gerade noch ausweichen, als zwei Bolzen aus zwei Richtungen an der Stelle in den Boden einschlugen, an der er gerade noch gestanden hatte.

    Zwei Ordinatoren stürzten aus der Deckung hinter zwei Kisten hervor und zogen jeweils ein mächtiges Bastardschwert, das sie mit einer Hand führten. In der anderen Hand hielten sie das typische Indoriil-Schild mit der bekannten Hand-Intarsie. Überrascht von dem plötzlichen Überfall konnte Tarrior gar nicht reagieren, sondern nur weiter in Richtung Versteck rennen, dass er auch noch einigen weiteren Schritten erreichte. Die Träumer erwarteten ihn bereits, aber erstarrten ebenso, als sie sie beiden Ordinatoren nahen sahen. „Nun haben wir euch verdammte Ketzer auf einem Haufen“: sagten sie mit ihren metallischen Stimmen. In ihren Stiefeln schwebten sie nur knapp über dem Erdboden. Die Levitationsstiefel hatten ihnen eine lautlose Bewegung und Annäherung ermöglicht. Tarrior steckte den blutigen Dolch weg und zog sein Schwert. Er stürzte sich auf die beiden Ordinatoren und wusste, dass seine Träumer ihrem Propheten folgen würden. Mehrere wirbelnde Schläge ließ er abwechselnd auf die Ordinatoren niederprasseln, doch ihre Rüstungen werten die meisten Schläge ab. So konzentrierte er sich auf seine Magie und packte die Ordinatoren mit je einer Hand und ließ magisches Feuer in seine Finger fließen. Doch als er gerade den Zauber entfesseln wollte, wurde er an der Schulter gepackt und zurückgerissen. Als er nach hinten fiel, schlitzten die Tempelkrieger seine Arme mit ihren Schwertern auf. „Was ist los?!“: er versuchte sich zu wehren, während seine eigenen Träumer ihn zu Boden zerrten. Er wehrte sich doch sie hielten ihn unerbittlich fest. Irgendetwas stimmte hier nicht mehr. Sie drückten ihn zu Boden. Er sah die Ordinatoren über sich und deren starre, ausdruckslose Helmmasken. Begleitet von einem lauten Knacken stellten sie sich auf seine Hände und zerquetschten sie mit ihren Stiefeln, deren Levitationszauber sie wohl beendet hatten. Schmerzen breiteten sich von seinen zerquetschten Händen aus. Etwas stimmte nicht. Es kam ihm so vor, als wäre das nicht so richtig. Er sah auch seine Träumer über ihm knien, wie sie ihn weiter festhielten. Mit Entsetzten sah er, wie sie ihre Dolche zogen. Im nächsten Moment spürte er, wie sie in sein Fleisch eindrangen. Er konnte nur noch schreien, während sie weiter auf ihn einstachen, aber aufpassten, dass sie keine lebenswichtigen Stellen verletzten. „Das kann einfach nicht sein. Ihr Verräter!“: brüllte Tarrior für Qualen, doch die Gesichter seiner ehemaligen Anhänger waren völlig ausdruckslos. Hinter den goldenen Masken der Ordinatoren glaubte er ein boshaftes Lächeln zu spüren. „Ihr werdet alle brennen. Fürst Dagoth wird euch alle vernichten“: brüllte er weiter, doch die Ordinatoren reagierten darauf nur, indem sie mit ihren Stiefel weiter seine zerschlagene Hand malträtierten.

    Doch damit war es noch nicht getan. Aus dem Schatten tauchte ein weiterer Ordinator auf. In seiner Hand hielt er einen kleinen Krug. Auf einen Wink ließen die Verräter von ihm ab, hielten ihn aber weiter fest. Sein Körper war dutzendfach durchbohrt und Blut bedeckte um ihn herum den Boden. Er wand sich vor brennendem Schmerz, der ihn peinigte. Nur aus verschleierten Augen konnte er erkennen, dass der Ordinator näher trat und den Inhalt des Kruges über ihm ausleerte. Er musste prusten, als eine braune, schmierige Flüssigkeit ihn bedeckte. Er schmeckte Öl in seinem Mund. „Das wird euch nichts nützen, Tempelhunde“: sagte er, doch die Augen der Goldmaske blieben hohl und leer. Der Mann in der Rüstung nahm eine Fackel aus einer Halterung an der Wand und steckte ihn damit an. Entgegen der unweigerlichen Hitze, an die er gewöhnt war, fühlte er wahrhaft höllische Schmerzen, als sich das Öl entzündete. Es brannte nicht in einem feurigen rot, sondern in einem eiskalten blau und war so kalt wie das Meer Himmelsrands. Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen und sein Mund war zu einem andauernden Schrei geöffnet, den er schon selbst nicht mehr hörte, während die kühle Flamme seinen Körper verzehrte. Noch während ihm die Sinne schwanden und er starb, nahm der Ordinator mit dem Krug, der direkt über ihn gebeugt stand, seine Maske an und schaute Tarrior aus blassroten Augen an. „Deine Zeit läuft ab. Du musst dich beeilen“: sagte er mit echoender Stimme, die wie ein Hammerschlag in seinem Kopf wiederhallte. Dann wurde es schwarz um ihn.


    Mit einem Schrei setzte Tarrior sich in seinem Bett auf und er schrie weiter, bis die Tür zu dem umgebauten Lagerraum aufgerissen wurde. Als er einen Ordinator im Türrahmen erblickte, entrang sich ein ganz und gar unmenschlicher Schrei seiner Kehle und er wand sich wie von Sinnen, als die behandschuhten Pranken des Mannes ihn packten und auf das Bett drückten. Er hörte andere eilige Schritte, die sich dem Bett näherten, aber sie kamen von leichterem Schuhwerk, als von den schweren Stiefeln der Tempelkrieger. Er hörte Alkamas Stimme, verstand die Worte aber nicht, die er mit dem Krieger wechselte. Tarrior wehrte sich immer noch mit Leibeskräften, dann jedoch berührte ihn die kühle Hand des Priesters auf der Stirn und nach einem kurzen Knistern, erfasste ihn eine selige schwere der Glieder und des Geistes. Sein Puls und sein Atem beruhigten sich. Kurz bevor er sich durch ein tiefes Ein- und Ausatmen beruhigt hatte, sah er ein Bild des Roten Berges in seinen Gedanken aufglimmen, das aber sofort wieder verschwand. Einige Minuten blieb er ruhig atmend liegen, während der Ordinator sich nun langsam entfernte. Der Priester blieb jedoch auf dem Bett sitzen. „Alpträume zeugen von einem schlechten Gewissen. Wollt ihr darüber sprechen?“: fragte der ALMSIVI-Vertreter. Tarrior setzte sich auf und wuchtete sich aus dem Bett. „Daran habe ich keinen Bedarf“: lehnte Tarrior ab. Dieser Tempel hatte einen schlechten Einfluss auf ihn. Er machte die Nähe zum Schrein für seinen Traum verantwortlich. Ihm behagten das Tribunal und die Ordinatoren in seiner Nähe überhaupt nicht. Es wurde Zeit, dass er von hier verschwand und endlich zur Höhle aufbrach. Unter den nachdenklichen Blicken des Predigers, zog er seine Rüstung wieder an und packte seine Sachen zusammen. „Ihr wollt uns verlassen? Ihr werdet die Stadt nicht so einfach verlassen können. Der nächste Rückholzauber wird erst in ein paar Tagen gewirkt werden, bis dahin werdet ihr hier bleiben müssen“: wies er ihn auf den Belagerungszustand hin. „Ich werde Maar Gan über die Klippen verlassen. Ich möchte versuchen Sheogorad und die dortigen Schreine zu erreichen. Aber habt Dank dafür, dass ich hier ausruhen konnte“: bekundete Tarrior und ließ den Priester einfach dort sitzen, während er den Raum verließ und allein zurück nach oben ging. Die Ordinatoren würdigte er keines Blickes als sie ihn hinaus ließen.

    Durch den Alptraum, das war wohl auch der einzige gute Aspekt daran, war er rechtzeitig aufgestanden. Der Himmel war zwar immer noch blutrot, aber wenn er sich konzentrierte, konnte er die Sterne und den sinkenden Mond durch die roten Schlieren erkennen. Auch war es noch recht dunkel in der Stadt. Es war noch vor dem Sonnenaufgang. Es war also noch genug Zeit diesen Alberich Schwarzherz aufzusuchen, von dem er in Caldera erfahren hatte und den genauen Standort der Höhle zu erfahren. Wäre er nicht so erschöpft gewesen, hätte Tarrior es lieber schon am vergangenen Abend getan. Er atmete tief ein. Der Traum ging ihm nicht aus dem Kopf. Er erinnerte sich an den Kampf damals. Nachdem er die beiden Ordinatoren mit seinen Feuerzaubern getroffen hatte, haben sie ihm noch die Arme aufgeschlitzt und dann stürzten sich seine Träumer ebenfalls ins Getümmel. Gemeinsam töteten sie einen der Ordinatoren und verloren zwei Leute. Die anderen drei starben gegen den anderen Ordinator, ermöglichten Tarrior aber einen letzten Angriff, der dem Ordinator die Maske vom Gesicht wirbelte und seine Kehle für einen direkten Treffer freigab. So war es damals geschehen. Er erinnerte sich genau daran. Diese Wendung, die der Traum genommen hatte, stimmte ihn daher besonders nachdenklich. Seine eigenen Leute hatten ihn verraten, gefoltert und dem Feuertod durch die Ordinatoren offenbart. Der Ordinator mit diesem seltsamen Öl kam ihm in den Sinn, doch das Gesicht, das ihm zuletzt durch die blauen Flammen so klar erschienen war, war jetzt in seiner Erinnerung wieder nicht mehr als ein verschwommener Schatten, so sehr er sich auch an den Traum zu erinnern versuchte. Fürst Dagoth hatte früher über Träume zu ihm gesprochen, doch waren die viel eindeutiger und leichter zu deuten, als diese verworrenen Bilder. „Vielleicht bin ich einfach zu erschöpft. Sobald ich den Telvanni erledigt habe, wird es mir wieder besser gehen und dann kann ich mich auch endlich ausruhen. Behram wird es noch bereuen, dass er mich erpresst hat“: schob Tarrior den Traum beiseite und konzentrierte sich lieber auf den nächsten Abschnitt seiner Reise. Nur das war jetzt wichtig und glücklicherweise hatte der sich der Anführer der Eskorte von der Liga sich an ihre Abmachung erinnerte. Tarrior entdeckte ihn bei den großen Felsen im Nordwesten von Maar Gan. Zwei andere Mitglieder der Liga sollten ihm scheinbar beim Herunterlassen des Seils assistieren. Er ging zu ihnen hinüber.

    „Oh da seid ihr schon. Wir haben nicht so früh mit euch gerechnet“: meinte der Anführer. Tarrior lächelte schief. „Ich konnte einfach nicht mehr weiterschlafen. Außerdem gereicht uns jeder frühere Zeitpunkt zum Vorteil, um sich an den Daedra vorbeizuschleichen. Außerdem muss ich mir vorher noch von einem Ortskundigen einige Informationen beschaffen. Kennt ihr einen gewissen Alberich Schwarzherz?“: fragte der Dunmer. Der Eskortenführer sah ihn an. „Ja den kenne ich. Er wohnt dort drüben“: antwortete der Mann und zeigte auf ein Haus in Richtung des Handelshauses. „Der Mann unterstützt die Magiergilde und vor allem die Liga, in dem er Betten für unsere Mitglieder bereitstellt. Ein guter und geradliniger Mann. Ein Kundschafter schien er mir allerdings nicht zu sein“: wunderte sich der Ligamagier. Tarrior zuckte mit den Schultern. „Er wurde mir in Caldera empfohlen. Nächtigt ihr in seinem Haus?“: tat der Hlaalu ahnungslos. Sein Gegenüber schüttelte den Kopf. „Nein, er beherbergt derzeit vier unserer Leute, die auf den Mauern Wache halten. Ich persönlich hatte bisher nur mit ihm zu tun, um über die Unterbringung unserer wechselnden Besatzungen hier zu sprechen“: verneinte er. „Gut. Ich werde mal schauen, ob er wach ist. Es dürfte nicht lange dauern. Ich werde in ein paar Minuten zurück sein“: meinte Tarrior, während der Ligamagier ihn missmutig ansah. „Beeilt euch aber. Wenn es Tag wird, wird es schwierig für euch werden, durch die Reihen der Daedra zu kommen“: empfahl ihm sein Gesprächspartner. Mit einem Nicken wandte sich der Dunmer ab und dem Haus seines Informanten zu. „Eine Höhle nördlich von Maar Gan und deshalb vermutlich in der Schlucht gelegen. Jetzt muss ich nur noch vom Bruder des Nord erfahren, um welche Höhle es sich dabei genau handelt“: überlegte Tarrior noch und stand dann schon vor der angewiesenen Tür, an die er auch klopfte und die umgehend von einem hochgewachsenen Mensch mit langem blonden Bart und verfilzten Haaren geöffnet wurde. „Was?“: knurrte der Mann. Seine Augen zeigten Tarrior, dass er nicht so schlecht gelaunt war, wie er wirkte. „Seid ihr Alberich Schwarzherz?“: fragte der Dunmer. „Der bin ich“: antwortete der Mann knapp. „Ihr wünscht?“: wollte er wissen. „Ich wollte mit euch über einen Verwandten von euch sprechen“: antwortete Tarrior. „Ich habe keine Verwandten mehr“: sagte der Mann und wollte die Tür schließen. „Und was ist mit Jonicus?“: warf der Hlaalu schnell ein. Der Nord hielt inne. „Den kenn ich nicht“: behauptete der Hüne, doch Tarrior blieb hartnäckig: „Auch nicht seinen altmerischen Lehrling, der Hanibal Traven eine Nachricht schicken sollte?“ Das Gesicht des Mannes blieb ausdruckslos, überhaupt schien der Bart eine Menge der Regungen zu schlucken, doch seine Augen spiegelten Erstaunen wieder. „Kommt schnell herein“: zischte er und trat einen Schritt zur Seite. Als Tarrior ins Haus getreten war, sah sich der Mann mehrmals misstrauisch vor der Tür um und schloss sie dann. Tarrior nutzte die Gelegenheit um sich etwas im Raum umzuschauen, der von einem großen Ofen und einem Rundtisch dominiert wurde, um den fünf Stühle herumstanden. Im hinteren Teil gab es eine Leite, die nach unten führte. Dort lagen wohl die Schlafräume. Hier oberen Teil fanden sich ansonsten noch Regale und Transporturnen mit Vorräten und ebenso vielen Büchern. An der Wand standen ein Rüstungsständer mit einer mit nordischen Mustern verzierten Eisenrüstung, ein langer, klingenbewährter Stab und ein kleines Schränkchen, in dem sich magische Spruchrollen, erkennbar am Siegel der Magiergilde, stapelten.

    „Hat euch der Magierrat geschickt?“: fragte Alberich ohne Umschweife. Der Eskortenführer hatte Recht. Der Mann war geradlinig und kam schnell zur Sache. „Nein, aber ich habe den Lehrling eures Verwandten in Cyrodiil kurz vor dessen Ermordung getroffen. Er hat es leider nicht bis zum Rat geschafft. Mächtige Männer wollten ihn wohl tot sehen. Er hat mir von den Angelegenheiten berichtet, in die Jonicus herein geraten ist“: erklärte Tarrior. Der Mann wurde misstrauisch. Nach einem Knistern stand plötzlich ein Dremora hinter Tarrior. Der Nord war ein Daedra-Kundler, wie er in Caldera erfahren hatte. Es war besser, wenn er ihn nicht provozierte. „Jonicus hat mir keine Einzelheiten seiner Probleme genannt, aber er wäre nicht ohne Grund so vorsichtig gewesen. Wenn ihr also nicht vom Magierrat gesandt worden seid, welchen Grund habt ihr dann ihm zu helfen. Vielleicht habt ihr seinen Schüler umgebracht und sucht ihn jetzt?“: wollte der Hüne wissen, der sich nun bedrohlich vor ihm aufbaute, obwohl er selbst sichtbar keine Waffen trug. „Ich würde euch auch ungern da mit hineinziehen, also nenne ich lieber keine Namen. Ich bin selbst Gildemagier, aber das ist nicht der Grund, warum ich eurem Verwandten helfen will, ansonsten hätte ich den Rat informiert, was ich nicht getan habe. Nein. Die Person mit dem er einen Zwist hat und die ihn tot sehen will, ist auch mir ein Dorn im Auge. Jonicus verfügt womöglich über Wissen, dass ich benutzen kann, um diese Person auszuschalten. Damit wäre auch Jonicus selbst geholfen. Ich muss ihn deswegen finden“: erklärte Tarrior weiter. Der Nord zog seine Augenbrauen hoch. „Und wer sagt mir, dass ihr nicht einfach jemand seid, der darauf angesetzt wurde, ihn zu finden und zu töten?“: fragte Alberich. „Ich hätte nicht gedacht, dass das so schwer werden würde“: dachte Tarrior zähneknirschend. „Ich kann euch nur mein Wort geben, dass alles, was ich sagte, der Wahrheit entspricht“: gestand der Dunmer ein und überlegte, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn er gleich gelogen hätte. „Ich kann dieses Risiko nicht eingehen. Ihr versteht bestimmt, dass Blut dicker als Wasser ist, auch wenn wir nur Großcousins sind“: lehnte Alberich ab. Tarrior seufzte. „Ich habe so vieles auf mich genommen, um mich an diesem Mistkerl zu rächen, in dem ich Jonicus finde. Jetzt legt mir nicht auch noch Steine in den Weg. Ich werde euren Großcousin finden, auch wenn ich mir alle Höhlen nördlich von hier vornehmen muss“: sprach Tarrior und wollte schon gehen, als der Nord ihn zurückhielt. „Was habt ihr da gesagt?“: fragte der Mann umgehend. „Da ihr mir nicht helfen wollt herauszufinden, in welcher der Höhlen er sich genau versteckt, werde ich wohl jede durchsuchen müssen“: wiederholte der Dunmer noch einmal. „Niemand hat etwas von einer Höhle gesagt, woher wollt ihr wissen, dass sich Jonicus in einer Höhle versteckt hält?“: war der Daedra-Kundler nun interessiert. „Sein Lehrling erwähnte dies mir gegenüber, als ich ihn vor ein paar üblen Gesellen gerettet hatte und bevor er seinen Weg zur Kaiserstadt fortsetzte“: erzählte Tarrior gleichgültig. Der Nord machte plötzlich eine Handbewegung und der Dremora verschwand. Dann strich er sich durch seinen langen Bart. „Das hätte er niemals ausgespuckt, wenn er euch für einen Agenten dieses Mannes gehalten hätte“: sagte der Nord und atmete tief ein. „Egal was euch zur Rache bewogen hat, wenn ich euch helfe, möchte ich, dass ihr alles tut, um meinem Großcousin zu helfen“: forderte Alberich ein Versprechen, dass ihm Tarrior umgehend gab: „Der Kerl wird am Ende sein, wenn ich ausreichend Beweise bekomme. Wenn Jonicus mir weiterhelfen kann, dann ist er in jedem Fall in Sicherheit.“ Der Nord und offenbarte den Aufenthaltsort: „Die Höhle heißt Sha-Adnius. Ihr müsst der Foyada Bani-dad, die, wie ihr sicherlich wisst, hier hinter Maar Gan in Richtung Küste verläuft, bis fast zu ihrem Ende folgen. In den Hügeln, die das nördliche Aschland von der Foyada abgrenzen, müsstet ihr auf eurem Weg die Türme zweier Ruinen der Dwemer entdecken. Etwa auf halbem Weg zwischen diesen beiden Ruinen findet ihr die Höhle. Die Daedra halten nur das Umland von Maar Gan besetzt. In der Foyada dürftet ihr sicher sein. Helft Jonicus, bitte.“ „Das werde ich tun. Ich werde umgehend aufbrechen. Glaubt mir. Der Mann, der für diese Leiden verantwortlich ist, wird seine gerechte Strafe erhalten“: verabschiedete er sich und verließ den Nord und kehrte zu den Ligisten zurück, die inzwischen ungeduldig geworden waren.

    „Ihr habt lange gebraucht“: bemerkte der Magier. Tarrior verzog das Gesicht. „Es gab noch einige Einzelheiten zu besprechen, auch was die Sicherheit der Reise anbetraf. Aber ich habe alle Informationen, die ich wollte. Hab ihr das Seil?“: erklärte er die längere Dauer und richtete seinen Blick auf den Himmel. Die Lichtverhältnisse waren immer noch vorteilhafte genug. Der Kampfmagier nickte: „Natürlich haben wir es.“ Sie ließen es über die Felsen hinweg die Anhöhe hinunter fallen. Die helfen Hände ergriffen den Strick, während Tarrior, sich daran festhaltend, über den Rand kletterte. Während die Männer es straff hielten, seilte er sich ab und setzte seine Stiefel bald wieder in die Asche des Bodens. „Mögen die Neun mit euch sein. Wir erwarten euch dann zu gegebener Zeit wieder im Lager“: verabschiedete sich der Liga-Magier von ihm. Tarrior nickte nur und hob als letzten Gruß die Hand, bevor er sich umwandte und sich festen Schrittes von Mar Gaan entfernte, ohne noch einmal zurückzuschauen. Seine Aufmerksamkeit galt den Daedra, die sich auch auf dieser Seite der Stadt wenn auch in kleinerer Zahl festgesetzt hatten. Die Dünen und die zwielichtigen Sichtverhältnisse gereichten ihm zu einem Vorteil. Eine graue Plane, mit der man ein Zelt hätte aufstellen können, hatte ihm der Magier noch nachgeworfen. So konnte er fast mit dem aschgrauen Boden verschmelzen und seine helle Rüstung fiel nicht weiter auf. So getarnt schlich er durch die daedrischen Reihen auf den Zugang zur Foyada zu. Ein Marsch durch die Asche stand ihm bevor.

  5. #305

    Vvardenfell-Distrikt, Aschland, Foyada Bani-dad

    Tarriors Marsch durch die Asche setzte sich nach Stunden immer noch fort. Er war den daedrischen Patrouillen ausgewichen, die den Zugang zur Foyada bewachten und hatte sich in die relative Sicherheit zwischen den beiden Hügelketten links und rechts von ihm gerettet. Trotz der allgegenwärtigen Gefahr durch Tiere und andere freie Daedra fühlte er sich hier wesentlich besser aufgehoben, als direkt im Operationsfeld der daedrischen Verbände Mehrunes Dagons, die nur darauf warteten einen jeden in Stücke zu hacken, der versuchte Maar Gan zu verlassen. Hier musste er nur den Bestien des Aschlandes ausweichen und nicht einer großen dämonischen Übermacht aus den Tiefen Oblivions. Doch der Weg wurde immer beschwerlicher. Aus irgendeinem Grund schien der Rote Berg wieder zu arbeiten und das sehr intensiv. Tarrior konnte so nahe am Vulkan die riesige Rauchsäule mehr als deutlich sehen, die sich über Inland erhob. Asche regnete in Mengen herab und es sammelte sich immer mehr davon beim Laufen auf seiner Kleidung und dem Boden ab. Seine Füße sanken immer weiter in den lockeren Boden ein und es behinderte ihn beim Vorankommen. Auch das Atmen viel ihm, trotz des Tuches um seinen Mund, dabei immer schwerer. Er hatte sich seinen Mantel eng um den Körper geschlungen, um ein Eindringen der Partikel in die Rüstung zu verhindern. „Was ist hier nur los? Seit Meister Dagoths Tod sollte sich der Vulkan doch beruhigt haben“: wunderte sich Tarrior, der kaum mehr aus den Augen schauen konnte, weil plötzlich auch noch Wind aufkam und die Aschepartikel in der Luft noch weiter beschleunigte und sie sich wie winzige Glasscherben in Gesicht und Augen zu bohren drohten. „Ob es etwas mit den Daedra zu tun hat? Vielleicht bringen die Oblivion-Tore das Erdfeuer durcheinander?“: überlegte der Dunmer, doch ein lautes Knurren riss ihn gerade noch rechtzeitig aus seinen Gedanken. Instinktiv ließ er sich zur Seite fallen und verspürte wieder ein widerliches Druckgefühl in seiner Bauchregion als er sich abrollte. Er versuchte noch in der Rolle wieder auf die Beine zu kommen, doch der Schmerz ließ ihn einfach zusammen klappen. Er hörte das Donnern als ein massiger Körper an der Stelle, an der er zuvor noch gestanden hatte, in die Asche einschlug. Die Erschütterung drückte auch Tarrior noch zur Seite weg. Sich die Asche dem Gesicht wischend, versuchte er wieder auf die Beine zu kommen, doch es war ihm nicht vergönnt, denn ein lautes langanhaltendes Klickern ertönte und dann ein lauter Schrei. Tarrior rollte sich noch einmal zur Seite weg und sah durch den Ascheregen hindurch, wie sich zwei riesige Hauer gefolgt von einem großen Maul neben ihm in den Boden bohrten. Umgehend riss der Kagouti seinen Kopf jedoch wieder aus dem flüchtigen Sand-Asche-Gemisch und verspritzte es in der Umgebung. Tarrior bedeckte sich schnell die Augen und nutzte die kurze Verwirrung des Tieres, um wieder auf die Beine zu kommen. Die Bestie schüttelte sich und nahm ihn wieder in einen starren Blick ihrer kleinen Augen.

    Der Dunmer ging mit gezogener Waffe auf Abstand zu diesem hungrigen Gegner, den es nach seinem Fleisch verlangte. Mit einem kehligen Laut stürmte sie wieder vor, senkte den Kopf, der zugleich einen Großteil des Körpers einnahm und öffnete das Maul. Tarriors Vorteil lag darin, dass er durch seine mittelschwere Knochenrüstung agiler bewegen konnte, als der schwerfällige Kagouti, aber er machte sich keine falschen Vorstellungen darüber, dass dieser Aschlandjäger ihm dennoch in dieser Umgebung überlegen war, sodass er kein Risiko einging und dem Angreifer zur Seite wirbelnd auswich, anstatt einen Angriff zu riskieren. Ein weiterer Ausfallschritt brachte ihn noch rechtzeitig außer Reichweite, um den herumfahrenden massigen Kopf und den Hauern des Biestes zu entgehen. Doch wieder stürzte der Kagouti vor und wollte erneut zubeißen und Tarrior blieb nichts weiter übrig, als wiederum auszuweichen, auch wenn er die vom Eis verbrannte Stelle am Bauch wieder deutlich spürte. Doch diesmal blieb er nicht einfach stehen, sondern brachte etwas Distanz zwischen sich und seinen Feind, der sich tänzelnd in der Asche bewegte und nach ihm Ausschau hielt. Der Dunmer versuchte sich nicht zu weit zu entfernen, um bei den, durch die Asche eingeschränkten, Sichtverhältnissen das Monstrum nicht aus den Augen zu verlieren. Der Kagouti hingegen wusste genau, wo er sich befand. Das Tier reckte seinen Kopf mit der gewaltigen schützenden Hornplatte in die Höhe und schnüffelte nach ihm. Ein Muskel im Nacken stellte den Hornschmuck deutlich auf und auch die Hauer reckte es als deutliches Zeichen der Dominanz heraus. Das Biest versuchte Tarrior einzuschüchtern, doch der Dunmer war dafür nicht empfänglich. Viel mehr brachte er sein Schwert seitlich ausgestreckt in Position und brachte sich selbst in eine lockere Haltung. Dem Gegner schaute er direkt in die Augen und zeigte eine offene Deckung, die das Tier zu einem Angriff einlud. Noch einmal frischte der Wind auf und brachte neue Asche mit sich, die wie Nadeln in Tarriors Gesicht stach, doch den Kagouti ließ er nicht einen Moment unbeobachtet. Ein Fehler konnte jetzt tödlich sein.

    Mit einem weiteren kehligen Schrei stürzte die Kreatur vor, senkte den Kopf ab und riss das Maul für einen weiteren Angriff auf, während sie auf ihn zustürmte. Tarrior neigte seinen Körper ein Stück nach rechts, umfasste sein Schwert fester und ließ den Feind näher kommen. Der Kagouti kam gerade so nah heran, dass er bereits den heißen Atem durch den Ascheregen hindurch spüren konnte. In diesem Moment ließ er sich zur Seite fallen und entließ aus seiner linken Hand einen Feuerball, der fauchend in den Ascheboden hineinfuhr und eine Fontäne aus schwarzgefärbten Sand und Aschepartikeln aufwirbelte. Er wandte sich schnell ab, während der Kagouti laut aufschrie und sich wild schüttelte und in Raserei geriet. Tarrior nutzte diese Chance ließ sein Schwert noch vom Erdboden aus einen Halbkreis beschreiben und direkt auf die Beine des Tieres zufliegen. Mit einem schmatzenden Geräusch drang die Klinge von hinten in eines der baumstammdicken Beine der Bestie ein und durchtrennte dort die Sehnen, sodass sie unter Schmerzenslauten seitlich in die Knie brach. Den Sack machte der Dunmer zu, indem er dies auch noch auf der anderen Seite tat. Der Kagouti war somit bewegungsunfähig, allerdings noch lange nicht wehrlos. Wild herum zuckend wand sich der Körper mit dem riesigen Maul auf dem Boden und drehte sich wild herum. Käme der Dunmer in die Nähe könnte ihm der Kiefer immer noch zum Verhängnis werden. Er hätte einfach gehen können, doch nach dem Kampf wollte er sich die Genugtuung eines Todes seines Gegners nicht entgehen lassen. Er wartete bis sich das Monstrum auf den Rücken gewunden hatte und den weichen, verwundbaren Bereich hinter der Hornplatte entblößte und fasste die Klinge fester. Dann war er mit einem beherzten Schritt auf dem Rücken des Untiers und bevor es nach ihm schnappen konnte, rammte er das Schwert mit einem Stoß genau in die weiche Schwelle. Noch ein letztes Mal zuckte der Kagouti und blieb dann regungslos im Staub zu seinen Füßen liegen. Hätte er irgendetwas von der Jagd verstanden, dass darüber hinausging Tieren das Fleisch herauszuschneiden, hätte er sich gerne das Leder seiner erlegten Beute oder einen der Hauer mitgenommen, aber so ließ er den Versuch lieber gleich bleiben und konzentrierte sich darauf die Höhle zu finden, denn durch den Kampf war ihm die Orientierung in der aschevernebelten Schlucht verloren gegangen.

    Gerade als er sich mit einem suchenden Blick am Roten Berg orientiert hatte, brachen plötzlich vier Sandfontänen um ihn herum aus. Aus zusammen gekniffenen Augen sah er, wie sich vier riesige Käfer aus dem Untergrund wühlten und an der sich ausbreitenden Blutlache des Kagoutis Witterung aufnahmen. Die schwarzen Panzer hoben sich auch gegen den dunklen aschehaltigen Sand ab. Die Insekten erschienen Tarrior wie riesige Asseln und mit gerümpfter Nase griff er wieder zum Schwert, doch die Tiere ignorierten ihn zunächst. Erst als er sich dem Kadaver mit einem Schritt näherte, um in eine gute Kampfhaltung zu kommen, fauchten sie ihn an und zirpten aggressiv. „Sie wollen offenbar nur den Kadaver“: erkannte der Dunmer und wandte sich ab, während sich die Käfer über das tote Raubtier hermachten. Er stapfte die Foyada weiter in Richtung Meer entlang und hoffte, dass der Wind bald drehen und die Asche in eine andere Richtung treiben würde, sodass er hier wieder freie Sicht bekäme. Er hatte nur wenig Lust darauf die Höhle zu übersehen und dann noch einmal in der Schlucht zurücklaufen zu müssen.

    Scheinbar war ihm irgendeine höhere Macht gewogen. Tatsächlich drehte der Wind nach wenigen Stunden als er langsam der Küste immer näher kam. Ein frischer Wind von Nordwest beendete den Ascheregen in der Foyada und blies die Luft frei und trug sogar noch auf die große Entfernung den Geruch von Salz in das Aschland. So konnte er gegen den blauen Himmel gut die Türme der beiden Dwemer-Ruinen erkennen, von denen Alberich berichtet hatte. Auf der gegenüberliegenden Schluchtseite etwa in der Mitte der beiden Türme würde er fündig werden. Tarrior schritt nur noch langsam voran und musterte die Hügel aufmerksam nach einem versteckten oder offensichtlichen Höhleneingang. Es dauerte nicht lange, bis er eine auffällige Felsformation entdeckte, die direkt aus der Seite der Hügelkette herausragte. „Wenn das nicht ein perfekter Ort für einen Höhleneingang ist, weis ich es auch nicht mehr“: dachte Tarrior bei diesem Anblick und wandte seine Schritte dieser Stelle zu, zumal sie auch etwa mittig zwischen den beiden Türmen lag, wenn er das richtig abschätzte. Doch er war schon wieder erschöpft. Müde schleppte er sich hinüber zur Felsformation. Und schaute sich um. Tatsächlich fand sich zwischen einigen großen Findling etwas versteckt ein Höhleneingang, der mit einer klapprigen, alten Holztür gesichert war. Da man nie wusste, was sich alles für Kreaturen in solchen Höhlen einnisteten, beschloss er eine kurze Ruhepause einzulegen, bevor er die Kavernen betreten würde. Er setzte sein Gepäck zwischen den Felsen einige Meter von der Tür entfernt ab und nahm sich einige Vorräte und eine Decke zur Hand und machte eine Pause, die er auch dazu nutzen wollte, sich noch mit einem Heiltrank um seine Bauchwunde zu kümmern.

  6. #306

    Aschland, Foyada Bani-dad, Sha-Adnius

    Tarrior besah sich den Eingang von Sha-Adnius, vor dem er sich jetzt augenscheinlich befand, etwas genauer. Die Holztür war recht alt, denn sie schien schon lange dem Wetter ausgesetzt zu sein. Allerdings befand sich an ihr ein neues und unbeschädigtes Schloss, was darauf schließen ließ, dass sich hier jemand aufhielt, der nicht wollte, dass man ihn störte. Allerdings war der Aschesand vor dem relativ windgeschützten Eingang unberührt. Tarrior vermutete, dass die Person, die die Höhle bewohnte, diese schon lange nicht mehr verlassen hatte. Er rieb sich durch den Bart. „Wenn der Mann tatsächlich Beweise für die Verschwörung dieses dreckigen Hexers gegen die Magiergilde und den Rat der Telvanni besitzt, dann schwebt er wirklich in Lebensgefahr“: überlegte der Dunmer und ein Lächeln umspielte seine Lippen. „Es muss so sein. Behram war ganz erpicht darauf, dass ich den Altmer in Cyrodiil töte. Wenn ich Jonicus finde, ist das sein Ende“: dachte er erfreut und richtete seine Aufmerksamkeit nun wieder auf das Schloss, dass ihn daran hindern sollte, in die Höhle vorzudringen. Er kannte einen Schlossöffnungszauber. Dieser würde ihm hier gute Dienste leisten. Er konzentrierte etwas Magie in seinen Händen und formte mit ihnen in Gedanken einen Schlüssel. Er legte sie auf das Türschloss, fühlte die nackte, kantige Oberfläche an den Fingern und hörte das Knistern das zwischen seiner Haut und dem Metall doch statt des sanften Klickens der einrastenden Bolzen erklang ein disharmonisches Knirschen in seinen Ohren. Er erkannte die Falle zu spät. Noch ehe Tarrior seine Hand wegziehen konnte, wurde er von einer magischen Druckwelle erwischt, die ihn wie eine Wand erwischte. Er fühlte sich als würde er zerschmettert werden, ehe die Masse seines Körpers nachgab und er im hohen Bogen weggeschleudert und langgestreckt in den Aschesand der Foyada gedrückt wurde. Ihm blieb die Luft weg als er aufschlug, doch bremste der weiche Untergrund seinen Fall. Er blieb dennoch lange Minuten liegen, um sich von dem Sturz zu erholen. Er bemerkte wie Blut langsam aus seiner Nase sickerte. Instinktiv wischte er sich mit dem staubigen Mantel durch sein Gesicht und verfluchte sich danach selbst, als ihm die kratzige Asche, die sich auf seinen Mantel gelegt hatte, zusammen mit dem Blut im Gesicht klebte. „Verflucht“: stieß er aus und rappelte sich unter Schmerzen wieder auf. Er glaubte sein gesamtes Skelett zu spüren. Es war von dem Zauber geradezu innerlich erschüttert worden. Seine Hände zitterten, als er wieder stand. „Ein Magier baut auch magische Fallen ein. Ich hätte daran denken sollen“: maßregelte er sich einmal mehr selbst und ging wieder zum Höhleneingang hinüber.

    Böse schaute Tarrior das Schloss an, das nun ganz offen vor Magie schimmerte. Hass baute sich auf. Er versuchte regelrecht mit seinen tiefen, roten Augen das Schloss kaputt zu starren. Als dies nicht gelang zog er die Brauen zusammen und schaute die Holztür wieder an. In seiner Hand sammelte sich erneut Magie doch diesmal in großer Menge und stark konzentriert. Mit einem fokussierenden Blick nahm er den Türrahmen im Bereich des Schlosses in den Fokus, streckte die Hand vor und ließ der Energie freien Lauf. Feuer entstand in der Luft und formte sich zu einer leuchtenden Kugel, die er nur noch mit einem Stoß in Richtung Tür schickte. Kurz bevor sie das Holz berührte, wandte sich der Dunmer ab und ging in die Hocke. Hinter ihm erschütterte eine Explosion den Boden und splitterndes Holz flog an ihm vorbei durch die Luft. Qualmende Holzspane lagen neben ihm im Sand. Als er sich wieder umdrehte, hatte die Tür nun anstatt eines Schlosses ein großes Loch. Mit einem Schubs drückte er sie auf und trat durch den niedrigen Türrahmen in die dahinterliegende Höhle. Der Lichtwechsel war dank des zugezogenen Himmels draußen nicht allzu stark, sodass sich Tarriors Augen schnell an das Dunkel des Tunnels vor ihm gewöhnten. Kleine Kristalle steckten in den Wänden und leuchteten. Das Licht reichte nicht einmal annähernd aus, um den Tunnel auch nur etwas zu erhellen, aber zumindest konnte er so erahnen, wo eine der Wände begann, denn umso weiter er sich nun der Tür entfernte, um so finsterer wurde es auch um ihn herum. Er wollte vermeiden allzu viel Aufmerksamkeit zu erregen und verzichtete daher auf Fackeln oder andere Lichtquellen und folgte dem Gang langsam aber sich immer tiefer unter die Erde, bis er völlig von den Dunkelheit geschluckt wurde.

    Es kam ihm mit der Zeit so vor, als er würde er sich durch das All bewegen – eine endlose Schwärze in der die Kristalle wie Sterne um ihn herum funkelten. Der Höhlenboden unter ihm war nicht etwa felsig, sondern er schien mit Aschesand bedeckt zu sein, zumindest war es unter seinen Füßen für einen Höhlenboden ungewöhnlich weich. Der Sand nahm nach einigen weiteren Schritten eine ekelhaft matschige Konsistenz an. Wenn er mit dem Stiefel auftrat gab es ein schmatzendes Geräusch, dass ihm kalte Schauer über den Rücken liefen. Er war so darauf konzentriert bloß nicht zu stürzen und „dort“ hinein zu fassen, dass er den üblen Geruch, der ihm so langsam in die Nase stieg, zunächst nicht einmal bemerkte. Erst als der Duft, der zuvor noch süßlich-scharf gerochen hatte, sich zu einem bestialischen Gestank ausdehnte, realisierte Tarrior diese Begebenheit. In diesem Moment war es auch, da er fühlte wie etwas nach seinem Bein griff. Er befand sich gerade im Schritt und geriet dadurch aus dem Takt. Er stolpert vorwärts stützte sich an der Wand ab. Als er ein lautes Stöhnen hinter sich hörte, brach ihm der kalte Schweiß aus. Er drehte sich blitzschnell um und in seiner Hand bildete sich noch in der Drehung eine Feuerkugel, die nur wenige Schritte vor ihm die hässliche, halb-verweste Fratze eines Zombies enthüllte. Vor Schreck stolperte er zurück, feuerte jedoch noch im Fallen den Feuerzauber ab, der den Untoten in den Bauchraum traf und diesen zu Boden streckte. Doch dem Dunmer wurde gewahr, dass seine Hände, mit denen er sich abgefangen hatte, nun in einer breiigen-fleischigen Masse steckten. Der gefallene Zombie brannte noch und erhellte so etwas den Gang. Mit schreckgeweiteten Augen richtete Tarrior seinen Blick auf den Boden, der mit dutzenden Leichen bedeckt war und in den nun langsam Leben kam. Verwinkelt abstehende Gliedmaßen, die aus der Masse herauslugten, begannen ekelhaft zu zucken und nach ihm zu tasten. Ebenso vibrierte der Fleischboden, auf dem er bis vor kurzem noch gelaufen war – tatsächlich war er, was ihn zumindest ein Stück weit beruhigte, bis auf die letzten fünf Meter über normalen Sand gewandelt. Tarrior rappelte sich sofort auf, denn unter ihm rumorte es auch und Hände brachen aus der Masse heraus und griffen nach ihm. Er trat nach den fauligen Armen und Händen, die zugreifen wollten und zerquetschte sie mit seinen Stiefeln. Da die Flammen auf dem verbrannten Untoten langsam erloschen, formte er eine weitere Feuerkugel in die Hand. Anstatt sie für einen Angriff zu gebrauchen, behielt er sie lieber als einzige Lichtquelle in der Hand. Er wollte seine magische Energie schonen. Die zwei Feuerbälle hatten ihn ein Stück weit erschöpft und bei den Untoten, die sich nun erhoben um ihn Weg und Rückweg zu versperren, war es zu erwarten, dass er seine magische Kraft noch dringend brauchen würde. Während er die Feuerkugel weiter über der geöffneten Handfläche schweben ließ, zog er mit der anderen Hand sein Silberschwert und brachte es zwischen sich und einen weiteren Zombie, der sich nun endgültig aus dem Knäueln verknoteter Leiber, aus denen der Boden bestand, herausgearbeitet hatte.

    Überall um ihn herum war nun der Gestank von Verwesung und Tod, sodass ihm die Augen beim scharfen Duft der fauligen Gase bereits tränten. Die Kreatur streckte den Arm nach ihm aus und röchelte geifernd. Mit einem Streich hieb er die Gliedmaße ab, die sich krümmend auf den zuckenden Teppich aus Fleisch fiel, aus dem sich immer mehr Untote erhoben. Er spürte weitere Hände nach seinen Stiefeln greifen und schlug blind in Richtung Boden, um dann die Klinge wieder nach oben zu ziehen und den Zombie zurückzustoßen. Er stolperte mehr als er zurückwich, bis er mit dem Rücken endgültig zur Wand stand, während sich der Tunnel, der sich jetzt im Licht als kleine Zwischenhöhle erwies mit immer mehr auferstandenen Leichen füllte. Noch behinderten sich die Untoten beim Aufstehen gegenseitig, aber es würde nicht lange dauern, bis der gesamte Fleischboden in Form von röchelnden Zombies um ihn herumstand. „Hätte ich bloß kein Licht gemacht. Das muss sie aufgeschreckt haben“: vermutete Tarrior und besah sich das Feuer in seiner Hand. „Jetzt ist es eh zu spät“: dachte er mit einem Schulterzucken und verschaffte sich einen Überblick. Zwar kamen die Zombies röchelnd und stöhnend näher, aber da sie sich eher ungelenk bewegten, bestand zunächst keine Gefahr für ihn, wenn er mit dem Schwert den Halbkreis vor ihm freihielt. Er konnte den Gang sehen, durch den er hineingekommen war und er konnte auch einen weiteren Gang erkennen, in dem wieder schwarzer Sand auf dem Boden lag und in dem er wohl tiefer in das Höhlensystem konnte. Der Weg war nicht weit. Es waren nur ein paar Meter nach links. Einige Zombies versperrten den Weg und der Boden über den sich die Leichen bewegten, zuckte auch vor Leibern, die sich langsam erheben wollten. „Augen zu und durch“: sagte er sich, griff das Schwert so fest, dass sich die Knöchel weiß abzeichneten und sprengte los. Noch in der ersten Bewegung holte er aus und hieb einem Untoten den Kopf in einer flüssigen Bewegung ab. Anderen Leichen kam er bei, in dem er blinde Schnitte ausführte und dort aufgedunsene Körper aufschlitzte und Gliedmaßen abschnitt. Naturgemäß empfanden die Kreaturen keinen Schmerz und ließen sich auch weiter nicht beirren, doch so verschaffte sich wichtigen Platz in ihren Reihen, wo er sich durchdrängen konnte.

    Kurz bevor er den Gang erreicht hatte, erwischte ihn ein Schlag von der Seite, der ihn taumeln ließ. Krallen bewehrte Zombiehände griffen nach ihm. Er reagierte schnell genug sich wegzudrehen und mit dem Schwertknauf zwei Zombies, die sich an ihm gütlich tun wollten, wegzustoßen. Der Schlag wurde von einem großen, massigen Zombie ausgeführt, der die Statur eines Schmiedes hatte und vor seinem Tod wohl ein stattlicher Nord gewesen war. Aus toten Augen starrte er Tarrior an. Der Dunmer erwiderte den Blick. Die Leiche stand ihm im Weg. Er fasste sein Schwert mit beiden Händen und wollte mit aller Kraft einen diagonalen Streich von oben nach unten gegen seinen Gegner führen. Scheinbar schaltete sich bei dem Nord ein alter Instinkt wieder ein, sodass dieser seine muskulösen, halbverwesten Arme hob. Die Klinge drang in den linken Arm ein und schnitt durch ihn hindurch, blieb aber bis zur Hälfte im Knochen des rechten Arms stecken. Die Kreatur riss den halb-abgetrennten Arm herunter und fast wäre die Klinge dem Dunmer aus der Hand geglitten. Er stemmte sich gegen den aufgedunsenen Körper und zog das Schwert mit einem schmatzenden Geräusch aus der Gliedmaße. Als das Biest erneut nach ihm schlagen wollte, stieß er die Klinge von unten nach oben auf den Kopf zu. Geradezu rechtzeitig lehnte sich der Untote, der offenbar über etwas mehr Intelligenz verfügte nach hinten und erhielt so nur einen tiefen Schnitt auf den Schädelknochen hinunter, der ihn zurücktaumeln ließ. Allerdings gab dies Tarrior die Möglichkeit seitlich an dem Koloss vorbei zu schlüpfen und somit endlich in den sicheren Gang und von den zuckenden Leichen herunter auf den ruhenden Sand zu kommen. Der massige Untote drehte sich jedoch schnell nach ihm um und auch die anderen Untoten wollten ihm nachsetzen. Seine Magie hatte sich inzwischen erholt. So ließ er noch mehr Magie in die Kugel in seiner Hand fließen. Als er die Hand ausstreckte flog sie los und traf seinen Widersacher frontal in den Bauch. Nach einer magischen Explosion ging die Kreatur endlich in Flammen auf und verwandelte sich regelrecht in einen riesigen Feuerball. Mit ihrem einem Arm und dem Armstummel wirbelte sie noch etwas herum, bevor der endgültige Tod über sie kam. Tarrior sah zu wie der brennende Kadaver zu Boden sank und sich die anderen Zombies in der Nähe daran entzündeten. „Die werden mir erst einmal nicht folgen“: kommentierte Tarrior dies in Gedanken und verschwendete keine Zeit mehr. Er folgte dem Gang weiter, während er diesmal zur Sicherheit gleich eine neue Feuerkugel als Lichtspender in der Hand behielt.

    Allerdings erwies sich das als unnötig, als er nach wenigen Minuten weiterer Dunkelheit der Tunnel Licht am Ende des Ganges entdeckte. Er löschte die Feuerkugel. Der Sand auf dem Höhlenboden dämpfte seine Schritte. Langsam schlich er auf das Licht zu und fand sich erneut in einer großen Höhle ein. In der Mitte der Höhle fand sich eine große Senke, die mit dem schwarzen Sand gefüllt war, drum herum erstreckten sich terrassenartig abgestufte Wasserbecken. Die ganze Szenerie war mit Stalagmiten und Stalagtiten durchsetzt. Genau gegenüber dem Tunnel, in dem gerade stand, befand sich an die Wand der Höhle heran gebaut eine kleine Holzhütte, zu der von der Senke aus eine kleine Treppe, die direkt aus dem Fels geschlagen war, hinaufführte. Erleuchtet wurde die Höhle von verstreut stehenden Laternen und Fackeln. Außerdem ragten aus den Wänden wieder die gleichen leuchtenden Kristalle, die zuvor seinen Weg markiert hatten, doch waren diese hier wesentlich größer und manche Exemplare mannshoch. Zwischen den Holzplanken der Hütte schien Licht hindurch. Sie war offensichtlich bewohnt. „Da muss er drin sein“: dachte Tarrior. Allerdings schien ihm die Höhle auch wie eine Falle. Der Mann war vorsichtig, vielleicht schon paranoid. „Vermutlich erscheint dem Nord mittlerweile jeder Eindringling wie ein gedungener Meuchelmörder“: überlegte der Dunmer. Er hielt es für besser sich anzuschleichen, um dann Gelegenheit zu bekommen sich zu erklären, bevor der Mann ihm seine Kreaturen auf den Hals hetzt. Er ging in die Knie und nutzte den weichen Untergrund, um sich lautlos der Hütte zu nähern. Sie besaß keine Fenster und wenn der Nord nicht gerade zufällig durch einen der Spalte zwischen den Holzlatten schaute, würde er ihn auch nicht bemerkten, doch auch diesmal schien Tarrior die Rechnung ohne den Wirt gemacht zu haben. Als er sich bis zur Hälfte an den Unterschlupf heran gearbeitet hatte und er sich mitten im Sandbecken befand, brachen vor ihm plötzlich zwei Skelette aus dem Boden. Sie waren mit alten Rüstungsteilen aus Chitin gepanzert. Der eine Knochenmann war mit einer Streitaxt aus Vulkanglas bewaffnet und der andere mit einem Streitkolben, der eigentlich ein großes Stück Stein war, in dem sich noch kleine Stücken des grünen Glases befanden, die man aber scharf angeschliffen hatte, eine auf Vvardenfell durchaus übliche Waffe. Tarrior schluckte. Da der Nord sich noch nicht in der Tür hatte sehen lassen, ging er davon aus, dass wohl allein das Betreten des Sandes die Untoten aufgestört hatte. Zunächst versuchte er dem Kampf aus dem Weg zu gehen und zur Treppe durchzukommen, doch die Skelette versperrten ihm rigoros mit ihren Waffen den Weg. Es blieb also nichts anderes übrig, als wieder zu roher Gewalt zu greifen. Erneut zog er das Silberschwert, dessen Klinge langsam wieder ziemlich schartig wurde und bereitete sich auf den Kampf gegen die beiden knöchernen Gegner vor.

    Das Silberschwert im Anschlag bewegte er sich im Halbkreis vor den beiden Gegnern hin und her, die ihn aus leeren Augenhöhlen heraus anstarrten. Allerdings ließen sie sich nicht dazu verleiten den Weg zur Hütte freizugeben. Tarrior erwartete einen Angriff, der allerdings ausblieb. Sie machten keine Anstalten selbst die Initiative zu ergreifen. Der Dunmer hatte keine Lust mehr mit diesen Knochenhaufen zu spielen und stürmte daher vor. Er schickte mit ausgestrecktem Arm zwei Feuerzauber vor, die die Untoten direkt am Kopf trafen und für einen Moment aus dem Takt brachten. Er nutzte den Moment der Verwirrung um das Schwert mit aller Kraft dem Skelett mit der Streitaxt über den Brustkorb zu ziehen. Der Aufprall erschütterte zwar das Knochengerüst, aber ein Schwert war offenbar nicht die richtige Waffe, um die Sache zu Ende zu bringen. Die Streitaxt wollte auf ihn hernieder fahren, doch rechtzeitig brachte er die Klinge dazwischen, die vom Aufprall eine weitere Scharte davon trug. Tarriors Aufmerksamkeit war so von dem einen Gegner gefesselt, dass er das andere Skelett erst wieder bemerkte, als er dessen Knurren direkt hinter sich hörte. Er versuchte noch zur Seite auszuweichen, doch er spürte die Keule, wie sie direkt in seinen Rücken krachte und ihn mit Schmerzen zu Boden schickte. Er krallte seine Finger in den Sand und stieß sich schnell wieder in eine kniende und dann stehende Position hoch. Ein brennender Schmerz fuhr ihm wieder durch die Bauchgegend. „Verflucht“: keuchte der Dunmer, aber biss sich auf die Lippen. An der Stelle, an der er gerade noch lag, fuhr die Streitaxt in den Sand. Schnell suchte er wieder etwas Entfernung zu den Gegnern, die ihn bedrängten, doch diesmal verhielten sie sich nicht abwartend, sondern setzten ihm umgehend nach. Tarrior blieb stehen und wirbelte einmal mit seinem Schwert herum, womit er die zwei Brustkörbe noch einmal traf und die Angriffsbewegung stoppte. Die Gelegenheit nutzte er für zwei weitere Feuerzauber, die er direkt mit dem Auflegen seiner beiden Hände auf je eines der Skelette losließ. Die Wucht des Feuerzaubers rußte seine Armschienen und drückte die Brustkörbe auseinander. Die Biester kreischten aus nicht vorhandenen Kehlen und holten mit ihren Waffen aus. In diesem Moment öffnete sich die Tür der Hütte wie Tarrior hörte.

    „Was bei den Daedra ist hier los?!“: rief ein Mann aus, den Tarrior nicht sehen konnte, weil ihm die Gegner die Sicht blockierten. „Ah! Tötet diesen Bastard!“: rief die Stimme aus und hielt die Untoten an, die Sache zu Ende zu bringen, doch Tarrior war auch geneigt die Sache zu Ende zu bringen. Er wich den weiteren Schlägen der Skelette aus, trieb mit einigen angetäuschten Streichen die Beiden auseinander, um sich dann mit vollem Körper und quergelegter Klinge gegen das Skelett mit der Streitaxt zu werfen. Der Rempler warf es direkt zu Boden. Tarrior dreht sich schnell um und ließ eine Kaskade von Schlägen auf den Streitkolbenträger einprasseln. Das Skelett versuchte mit der Keule zu blocken, doch darauf hatte der Dunmer gewartet. Er trat einen Schritt zurück und nutzte einen weiteren schwächeren Feuerball. Er schleuderte ihn auf den Totenschädel, der erneut in Flammen aufging. Das Skelett ließ seine Deckung fallen und reckte den Arm mit der Keule von sich. Auf diese Gelegenheit hatte Tarrior gewartet und schlug mit einer Bewegung von unten nach oben den Unterarm am Ellenbogen ab. Dieser fiel zusammen mit Keule auf den Boden. Der Dunmer war sein Schwert weg, dann schickte er das Skelett mit einem Tritt zu Boden und griff nach der Waffe. Er zertrat die Hand mit seinem Stiefel und hob den Streitkolben schnell auf. Bevor sich der einarmige Gegner wieder erheben konnte, warf sich Tarrior auf den knöchernen Leib und erhob den Kolben gegen seinen einstigen Besitzer. Unter einem begleitenden „Nein“ der Stimme zerschmetterte er dem Untoten mit dem Streitkolben den Schädel. Es benötigte einige Schläge, doch am Ende war Ruhe. Keuchend kniete er über den zertrümmerten Schädel. Er brauchte eine Pause, doch die war ihm nicht vergönnt. Neben ihm schlug ein Schockzauber ein, der den Sand auseinander spritzen ließ. Tarrior wandte sich kurz zu der Hütte um und sah dort tatsächlich einen Nord, der Angriffszauber formte und nach ihm schleudern wollte. „Jonicus!“: rief Tarrior und der Mann schien sich durchaus angesprochen zu fühlen. „Verdammter Meuchler. Ich bring dich um“: schrie er und warf einen neuen Schockzauber. Der Dunmer wollte auf die Hütte losrennen, doch erneut verstellte ihm der andere untote Wächter den Weg. Das Skelett tauchte so schnell von der Seite auf, dass Tarrior keine Chance hatte dem Axtstreich auszuweichen. Sie durchdrang direkt am Rand der Schulterplatte etwa auf dem halben Weg zum Hals das Leder der Knochenrüstung und drang ihm in die Schulter ein. Er brüllte vor Schmerz auf. „Ja schlachte diesen Dreckskerl“: geiferte der Nord am andere Ende der Felstreppe, als das Skelett zu einem weiteren Schlag ausholte. Tarrior taumelte zur Seite und hielt sich die Schulter mit der Hand in der sich noch immer die Keule befand. „Zum Glück hat es nicht die Schulter meines Waffenarms erwischt“: dachte er, als er zurückwich und Mühe hatte den brennenden Schmerz in der getroffenen Schulter zu unterdrücken.

    Weitere Schockzauber flogen heran. Da er sich ohne Schmerzen kaum mehr flüssig bewegen konnte, konnte er ihnen auch nur noch schwerfällig ausweichen und hätte mehr als einmal beinahe einen Treffer kassiert. „Jonicus. So hört doch. Ich bin hier um mit euch zu sprechen“: bat Tarrior, der immer noch vor der Kreatur zurückwich. „Ah Sprechen nennt man das jetzt also. Ich weis zwar nicht, wie du mich gefunden hast, aber deinen Auftrag werde ich dir mit dem Tod vergelten, Meuchler“: herrschte ihn der Mann und spuckte beim letzten Wort aus. „Nimm das hier“: rief er noch, bevor er den nächsten Schockzauber losließ. Tarrior hatte sich unterdessen etwas weiter bewegt und warf sich unter Schmerzen noch einmal auf die Seite. In letzter Zeit musste er häufiger auf diese unwürdige Art und Weise ausweichen, fiel ihm dabei auf, aber in diesem Fall heiligte der Zweck die Mittel. Der Zauber des Nord verfehlte und flog nun direkt auf das Skelett zu, das etwas hinter ihm gestanden hatte und traf es frontal. Blitze hüllten das Knochengerüst ein und für einen Moment schien es, als würde der Zauber, der den Untoten zusammen hielt, seine Kraft verlieren, da die Knochen bedenklich wackelten. Doch das Skelett fing sich. Allerdings reichte der Moment aus, dass Tarrior an es herantreten konnte, um erneut mit der Keule zuzuschlagen. Da er durch die Verletzung beeinträchtig und wesentlich langsamer war, hatte sich das Skelett leider soweit erholt, dass es noch den Arm zur Verteidigung heben konnte. Die herniederfallende Keule zerschmetterte die Knochenhand und prellte die Streitaxt weg. In diesem Moment flog ein weiterer Schockzauber heran und traf den Dunmer im Rücken. Er brach in die Knie. Vor seinen Augen begannen sich weiße Schlieren zu bilden. Er musste sich stark beherrschen, um nicht die Besinnung zu verlieren. Die nicht zerschmetterte Pranke des Skeletts schnellte vor und packte ihn an der Kehle und drückte zu. Panik kam in ihm auf. Er bekam keine Luft mehr, aber er konnte sich nicht befreien. Er versuchte sich zu beruhigen und drängte die Panik, die sein Denken zu benebeln begann, zurück.

    Die Meditationsübungen waren in diesem Fall endlich zu etwas gut. So konnte er in den wenigen Augenblicken ruhig nachdenken: „Ich kann meinen zweiten Arm wegen der Schulterwunde nicht bewegen und das Skelett… mit nur einer Hand abzuwehren… ist unmöglich. Ich bekomme diesen… Griff… niemals gelockert. Ich muss… die Keule… in der Hand behalten. Das ist meine… einzige Chance.“ Er stemmte sich hoch. Seine Muskeln zitterten noch immer von dem Stromstoß und wollten nicht so recht gehorchen, doch er zwang seinen widerspenstigen Körper unter seinen Geist. Das stahlharte Griff um seinen Hals verstärkte sich noch. Inzwischen konnte er nur noch röcheln. Langsam drückte sich Tarrior nach oben, kam langsam auf Brust- und dann auf Schulterhöhe des Skelettes nach oben. Als ihm schon die Sinne schwanden, schaute er der untoten Kreatur mit verschwimmendem Blick in die Augen. Mit letzter Kraft fasste er die Keule, holte aus und führte seitlich von unten einen letzten Schlag gegen den Schädel der Kreatur. An der Seite war der Knochen wesentlich instabiler. Unter der Wucht des Schlages gab er nach und drückte sich langsam nach innen. Von der Seite her zerschmetterte der Dunmer dem Skelett den Kopf. Augenblicklich ließ der Griff um seinen Hals nach und sein Widersacher stürzte als lebloser Haufen an Knochen zu Boden und rührte sich nicht mehr. Hustend und wild nach Luft schnappend stand er mit zitternden Beinen daneben, doch schnell lenkte er seine Aufmerksamkeit auf den Nord, der fassungslos im Rahmen der Tür seiner Hütte stand und ihn entsetzt anstarrte. Am Schweiß, der dem Nord über das Gesicht lief, konnte Tarrior erkennen, dass die ganzen Zauber, die er vermutlich auch mit voller Kraft gewirkt hatte, nicht spurlos an ihm vorrübergegangen waren. „Das kann nicht sein!“: stieß er noch hervor. Da seine magischen Reserven erschöpft schienen zog er sich umgehend in seine Hütte zurück. Tarrior steckte die Glaskeule an seinen Gürtel, griff sich wieder sein Langschwert und stürzte mit aller verbliebenen Kraft die Stufen zur Hütte hinauf.

    Der Türriegel, der ihm nun noch den Weg versperrte, konnte dem Feuerzauber, den er mit letzter magischer Kraft wob, nicht standhalten. Ein letzter Stoß mit der nicht verletzten Schulter öffnete den Zugang. Im Inneren sah er den Nord, wie er hektisch in einem Schrank mit Ampullen wühlte und nach einer Flasche mit einer blauen Flüssigkeit griff. Der Dunmer wusste, worum es sich dabei handelte. Er zögerte nicht und zog die Keule hervor. Er holte nur noch kurz aus und warf den Glasstreitkolben. Die Waffe traf den Nord in dem Moment, in dem er sich die Öffnung der Flasche an den Mund geführt hatte, am Kopf. Bewusstlos sank der Magier zu Boden. Tarrior stolperte zu dem Schränkchen mit den Ampullen hinüber und fand nach kurzem Suchen eine ebensolche Flasche mit roter Flüssigkeit. Er schluckte sie sofort. Nach einem kurzen brennenden Stechen in der Schulter wurde sie völlig taub und der Schmerz verschwand. Der Trank war schwach, aber zumindest konnte er sich jetzt wieder einigermaßen bewegen. Sein Blick richtete sich auf den am Boden liegenden Mann. „Verdammter Nord-Hohlkopf“: zischte Tarrior, doch er wusste, dass dieser Mann seine beste Chance war, um sich endlich an Behram zu rächen.
    Geändert von KingPaddy (11.10.2012 um 20:10 Uhr)

  7. #307

    Aschland, Foyada Bani-dad, Sha-Adnius

    Jonicus saß vor ihm. Tarrior hatte ihn auf einen Stuhl verfrachtet und die Hände hinter der Lehne zusammen gebunden. Der Nord lebte offenbar schon einige Monate nur allein mit seinen Untoten in dieser Höhle und das in der ständigen Angst vor Attentätern. Da wäre er selbst womöglich auch schon leicht verrückt geworden. In dem Moment, in dem er an die auferstandenen Leichen dachte, fühlte er Verachtung für den Mann, der vor ihm saß. Er konnte Nekromanten noch nie leiden und dieser hier war sogar noch Mitglied der Magiergilde. Tarrior wollte gar nicht daran denken, woher der Nord die Gebeine für seine Wächter genommen hatte. Er schluckte seine Abscheu hinunter und nahm einen Tonkrug, den er draußen an den Wasserbecken gefüllt hatte und goss sie dem bewusstlosen Mann über den Kopf. Prustend wachte der Mann auf und brauchte einen Moment um zu begreifen, wo er war. Als er dann den Dunmer entdeckte, war Tarrior froh, dass er ihn festgebunden hatte. Sofort wollte der Mann ihm an die Kehle springen. Der Hlaalu packte ihn an den Schultern und drückte ihn auf den Stuhl zurück. „Sie sind Jonicus der Verwirrte nehme ich an“: versuchte er ein Gespräch zu beginnen. Der Nord spuckte ihm auf den Brustharnisch. „Bring es schon hinter dich du hinterhältiger Meuchelmörder. Ich werde nicht um mein Leben betteln. Ich werde wie ein Mann nach Sovngarde gehen“: gab sich der Magier unbeugsam. Für einen kurzen Augenblick überlegte Tarrior, ob er nicht nach seinem Dolch greifen und dem Magier etwas Angst machen sollte, aber dieser Moment ging schnell vorüber. „Wenn ich hier wäre, um euch zu töten, hätte ich das bereits erledigt. Euer Cousin in Maar Gan hat mir verraten, dass ich euch hier finde. Ich habe euch gesucht“: erklärte er und der Magier beruhigte sich etwas. „Mein Cousin hat euch zu mir geschickt?“: murmelte er nachdenklich und schien zu überlegen, was er davon halten sollte. „Ich habe ihm versprochen euch zu helfen, allerdings brauche ich auch eure Hilfe. Ich weiß vor wem ihr Angst habt und genau dieser Mann ist es, gegen den ich eure Hilfe benötige“: führte Tarrior es etwas aus. „Ihr habt euch Probleme mit Behram Meradanz?“: fragte der Nord hellhörig. „Sagen wir, dass er mich erpresste und, wenn er will, mich immer noch erpressen kann. Mir wäre sehr daran gelegen diesen Sohn einer Dirne zu stürzen“: sagte Tarrior und ballte vor Wut die Fäuste, als er daran dachte, zu was ihn dieser Hexer damals in Cyrodiil zwang. „Aber wie soll ich euch dabei helfen können? Ich sitze hier in dieser Höhle, weil ich Angst haben muss, von seinen Häschern umgebracht zu werden. Ich kann euch nicht helfen“: wies es der Nord von sich. „Eure untoten Diener erschienen mir nicht gerade wehrlos und ihr auch nicht. Auch wenn ich Totenbeschwörer wie euch verabscheue“: zischte der Dunmer und betrachtete den Nord erneut mit Abscheu. Das Wort „Ahnenschender“ ging ihm dabei durch den Kopf. Der Magier stutzte einen Moment und brach dann in Gelächter aus. „Haltet mich bitte nicht für so jemanden. Ich respektiere die Regeln der Magiergilde im Bezug auf die Beschwörung von Toten. Die Skelette und Leichen, die ihr dort draußen seht, sind entweder aus dem freigegebenen Bestand der Gilde, schriftlich beantragt und ordnungsgemäß vermerkt, oder Banditen hier aus dem Aschland, für deren Kadaver das kaiserliche Gesetz keine Beschränkung hinsichtlich der Freigabe für die Forschung macht. Außerdem trefft ihr mit eurer Kritik den Falschen. Ich verabscheue die Leichenbeschwörung, aber ich bin nun einmal ein Beschwörer. Mein Fachgebiet sind die Daedra, aber man kann selbst den beschworenen Dienern nicht mehr trauen, seit Mehrunes Dagon in Alles involviert ist. Man kann nie wissen, ob man einen Daedroth oder einen Skamp nicht aus den Totenländern statt einem anderen Reich herbei ruft und man weiß nie, was sie alles erzählen, wenn sie in das Reich des Vergessens zurückkehren. Ich muss leider auf diese stinkenden Kadaver zurückgreifen. Allerdings sind sie zuverlässigere Diener“: erklärte er sich und Tarrior gelang es bei dem Gehörten seine Abscheu etwas abzuschütteln. Er hieß zwar die generelle Praktik der Totenbeschwörung, auch wie sie vom Kaiserreich gesetzlich geregelt war, nie gut, aber immer hin hielt sich dieser Mann an Anstand und Regeln, auch wenn er nicht verstand, welche Sorgen er sich wegen der Daedra machte, wenn es nur darum ging, sich zu verteidigen.

    Allerdings wollte er auch lieber zum eigentlichen Grund seiner Anwesenheit zurückkommen: „Herr Jonicus. Dieser Telvanni zwang mich zu einer Reise nach Cyrodiil, um dort Sachen zu tun, die ich lieber nicht näher beschreiben will. Einer seiner Aufträge sah vor, einen gewissen Altmer zu töten.“ In diesem Moment zog der Mann eine Augenbraue hoch und schien hoch aufmerksam. „Er war unterwegs zur Kaiserstadt, um mit dem Erzmagier zu sprechen“: erzählte Tarrior weiter und bemerkte, wie der Nord langsam sehr unruhig auf seinem Stuhl wurde. „Es war euer Lehrling“: sprach der Dunmer es endlich aus. „Habt ihr ihn umgebracht!“: brach es der Kehle des Magiers hervor, der aufzufahren versuchte, aber wieder von den Fesseln zurückgehalten wurde. „Nein, ich nicht. Ich befreite ihn aus einer Ruine, in die ihn Meradanz gelockt hatte, um ihn festzuhalten, anstatt ihn dort zu töten. Von ihm erfuhr ich von euch. Allerdings wollte er mir nicht allzu viel über euren Aufenthaltsort sagen, weshalb es noch Probleme gab, euch zu finden. Er starb wohl kurz nachdem wir uns getrennt hatten. Als Warnung an mich, deponierte man mir seinen Kopf im Bett“: Tarrior blieb ruhig und abgeklärt, als er dies erzählte, obwohl er innerlich brodelte. Der Nord allerdings war nicht so ruhig, sondern brach sogar in Tränen aus. Der Tod seines Schülers musste ihm wohl nahe gehen. „Ich hätte ihn nicht allein nach Cyrodiil schicken sollen. Aber ich hatte keine Wahl. Ich hatte gehofft, dass man ihn nicht mit mir in Verbindung bringen würde“: murmelte der Beschwörer und blickte betrübt zu Boden. Seine langen, grauen Haare fielen dabei strähnig über seinen Kopf. Erst jetzt wurde Tarrior gewahr, dass der Mann sich wohl lange nicht mehr richtig gewaschen hatte. Seine Haut und auch seine braune Robe sahen abgegriffen, ungepflegt und schmutzig aus. Tarrior trat hinter ihn und löste langsam die Fesseln. Die Arme des Nord hingen nutzlos herab. Der Dunmer gab ihm noch einen Moment, bevor er wieder das Wort an ihn richtete: „Euer Schüler hat mir von euren Problemen berichtet. Er schaffte es nicht mehr zu Erzmagier Traven und ich habe es gar nicht probiert. Ich ahnte schon, dass Behram das nicht zugelassen hätte und wollte kein Risiko eingehen, doch hatte ich eine Hoffnung. Euer Lehrling erwähnte mir gegenüber, dass ihr Beweise gegen den Hexer habt.“ Der Nord sah zu ihm auf. Seine Augen waren hart. „Das ist sinnlos. Wir können der Gilde hier in Morrowind nicht trauen. Haltet mich für paranoid, aber ich weiß es besser. Er hat bezahlte Späher überall“: klagte der Magier. „Ich sprach auch nicht davon, die Magiergilde von einer Dummheit abzuhalten, sondern ihn direkt auszuschalten. Die Vergiftung der Telvanni-Ratsherren dürfte doch wohl ein gutes Argument sein“: entgegnete Tarrior. „Wenn es das nur schon wäre… Aber wer würde uns schon glauben? Ich gelte als seltsam, nicht umsonst nennt man mich den Verwirrten. Welche Aussagekraft hätte ein Beweis, den ich vorlege?“: resignierte der Nord. „Welche Aussagekraft hätte ein Beweis, den ein angesehener Ratsherr von Fürstenhaus Hlaalu vorlegt?“: fragte der Dunmer zurück: „Ich vergaß mich vorzustellen. Ich bin Hlaalu Tarrior Gildres, Ratsherr von Fürstenhaus Hlaalu, Plantagenbesitzer und zudem Freund von Dram Bero, der wiederum ein Bekannter von Herzog Vedam Dren ist, der wiederum auch dem Fürstenhaus Hlaalu angehört.“ Der Nord rappelte sich auf. „Euch würde man Glauben schenken“: murmelte der Mann. „Behram würde seine gerechte Strafe bekommen und ihr könntet endlich wieder diese Höhle verlassen“: gab Tarrior noch zu Bedenken und der Mann strahlte für einen Moment. „Das wäre wunderbar“: dachte er laut und schien plötzlich abwesend, was Tarrior dazu veranlasste, noch einmal über den Beinamen des Magiers nachzudenken. Er seufzte und beließ den Mann bei seiner Träumerei, denn es war besser, wenn er ihm gewogen blieb.

    Stattdessen blickte er sich noch einmal in der Hütte um, in der dieser Mann über Monate gehaust hatte. Über einer kleinen Feuerstelle blubberte ein Topf mit Wasser. Auf einem schiefen Holztisch danebenlag ein großer Haufen von verschiedenen Pilzen. Bei dem Gedanken daran, dass sich Jonicus über Wochen nur von diesen Höhlengewächsen ernährt hatte, überkam ihn ein Stück weit Übelkeit. Er ließ den Blick umgehend weiter schweifen und entdeckte neben dem Schränkchen mit den Ampullen mit Tränken und alchemistischen Zutaten einen kleinen Tisch mit alchemistischem Gerät und zwei, der für jede Magierbehausung obligatorischen, Bücherregale mit entsprechendem Bestand. Der Tisch und die beiden Stühle, neben denen sie gerade ihre Unterhaltung führten, stellten wohl eine Art Sitzecke dar. Durch Trennwände aus Guarhaut waren ein Schlafbereich mit zwei Truhen abgegrenzt. Außerdem gab es eine kleine Ausbuchtung in der Felswand, die mit Teppichen abgehängt war. Dort drin befanden sich ein Seziertisch, auf dem ein blanken Skelett lag sowie ein Tisch mit Gerätschaften, von denen sich Tarrior nicht einmal vorstellen wollte, wofür sie von Totenbeschwörern beim Präparieren einer Leiche verwendet werden. Nichts Außergewöhnliches. Natürlich hatte er sich schon nach den Beweisen umgesehen, aber er hatte nichts gefunden, was auch zum Teil daran lag, dass er nicht wusste, wonach er überhaupt suchte. Umso mehr wurde es jetzt langsam Zeit, dass Jonicus mit der Sprache herausrückte.

    Tarrior berührte ihn an der Schulter und der Nord zuckte zusammen und brauchte wieder einen Moment, um sich zu besinnen. „Verzeiht. Ich war gerade in Gedanken an die Heimat. Wenn euer Plan funktioniert und ich mich wieder frei bewegen kann, will ich unbedingt die verschneiten Gipfel und tiefen Wälder Himmelrands wiedersehen. Dann sollte ich euch die Beweise aushändigen“: kam der Nord glücklicherweise selbst zum Wesentlichen zurück. Als er die Beweise noch einmal erwähnte, fiel Tarrior allerdings etwas ein, was der Mann gesagt hatte. „Was meintet ihr vorhin eigentlich mit ‚Wenn es das nur schon wäre…‘?“: fragte der Dunmer, während er Jonicus in Richtung des abgehangenen Bereichs mit dem Seziertisch folgte. „Nun ja. Das Rezept für das Gift, das die Telvanni-Ratsherren über Wochen ihrer Stimme beraubte, kam von der Mythischen Morgenröte“: warf der Nord diese Bemerkung fallen. Tarrior blieb wie angewurzelt im Durchgang stehen. „Ich sagte ja, dass das völlig unglaubwürdig ist. Wer würde einem so eine verrückte Geschichte glauben, wenn man als „der Verwirrte“ bekannt ist?“: fabulierte der Magier einfach weiter. Tarrior schloss umgehend zu ihm auf, packte ihn und drehte ihn zu sich herum. „Wollt ihr mir damit etwa sagen, dass Behram Meradanz ein Mitglied der Mythischen Morgenröte ist?!“: fuhr er ihn an. „Nun ja. Ein angesehener Ratsherr eines Fürstenhauses, der alles hat und bereits mächtig ist, wer würde schon glauben, dass der auf die Zusammenarbeit mit den Daedra angewiesen ist.“ Tarrior fing an der Kopf zu dröhnen. „Meradanz studierte die Dwemer und die waren nicht sonderlich gut auf die Daedra zu sprechen, waren geradezu lästerlich den Daedra-Prinzen gegenüber. Außer schickte Meradanz mich in die Totenländer um dort Vholendrung zu stehlen. Das passt irgendwie nicht zusammen“: drehten sich seine Gedanken. Er ergriff noch einmal den Nord: „Ich glaube ihr müsst mir jetzt ein paar Sachen erklären. Was genau habt ihr nun in der Hand?“ Jonicus schaute ihn an und seufzte: „Also hat euch mein Lehrling wohl doch nicht so viel erzählt.“ Der Nord setzte sich auf den Seziertisch und musterte das Skelett für einen Augenblick nachdenklich. „Ich und mein Lehrling untersuchten eine daedrische Ruine auf halbem Weg zwischen Ald’rhun, als es noch nicht von den Daedra erobert war, und der Geisterpforte. Ich habe ihn hinunter zum Altar geschickt, um einige Zutaten von den dort lebenden Kultanhängern zu kaufen. Ich untersuchte die außen gelegenen Inschriften, als ein Mann in einer Zwergenrüstung plötzlich auftauchte. Ich versteckte mich zwischen den Säulen und wartete ab, während er inmitten eines zerfallenen Raums wartete. Nach einigen Minuten tauchte ein Mann in roten Gewändern, ein Anhänger der mythischen Morgenröte aus dem Schatten auf. Ich hielt mich weiterhin verborgen. Das Treffer dauerte allerdings nicht lange an. Der Mann in der Zwergenrüstung übergab ein versiegeltes Schreiben an den Daedra-Anhänger und verschwand dann. Der Agent der Morgenröte wartete bis sein Gesprächspartner weg war, erbrach das Siegel und wollte gerade die Nachricht lesen, als mein Schüler aus den Katakomben kam und laut auf sich aufmerksam machte. Der Kultist wollte ihn töten. Ich beschwor einen Daedroth zur Verteidigung und erwischte ihn von hinten mit einem Blitzzauber. Wir nahmen den Brief an uns und kehrten schnell nach Ald’rhun zurück, wo man uns für meine Forschungen Unterkunft gewährt hatte. Dort lasen wir dann den Brief. Die Mythische Morgenröte hatte das Rezept für das Gift, dass die langanhaltende Stummheit hervorrief für Meradanz zusammengestellt. Der bedankte sich in dem Brief nicht nur dafür sondern bat auch noch darum Oblivion-Tore auf den Inseln um Sadrith-Mora herum zu öffnen. Im Gegenzug für seine Hilfe einen Krieg zwischen der Magiergilde und den Telvanni zu provozieren, erinnerte er seinen Ansprechpartner an eine vereinbarte Gegenleistung. Natürlich wollten wir damit umgehend an die stellvertretende Erzmagierin herantreten und meldeten den Vorfall. Allerdings versuchte man uns noch in derselben Nacht, bevor wir nach Balmora aufbrechen wollten, im Schlaf zu ermorden. Die Mitteilung musste abgefangen worden sein. Also haltet mich nicht für paranoid, wenn ich sage, dass er oder die Mythische Morgenröte ihre Agenten überall haben. Auf jeden Fall verließen ich und mein Lehrling Ald’rhun umgehend und kamen hierher. Ich habe nur noch meinem Großcousin in Maar Gan das Nötigste von der Sache erzählt, als wir dort durchkamen. Ich wollte dann Erzmagier Traven in Cyrodiil informieren, dass er mich hier mit einem unabhängigen Begleitschutz herausholt und ich ihm den Brief als Beweis übergeben kann, aber ihr wisst ja wie das endete.“: berichtete Jonicus ausführlich, was sich zugetragen hatte.

    Tarrior hörte aufmerksam zu und strich sich wieder durch den Kinnbart. „Woher wisst ihr, dass der Brief von Meradanz war?“: fragte er. „Das Siegel ist Seines. Im Schreiben bezeichnet er sich selbst als Magierfürsten und er hat es sogar unterschrieben. Er war offenbar völlig sorglos“: antwortete der Nord. „Er leidet an völliger Selbstüberschätzung und Arroganz. Das ist alles“: grummelte Tarrior. „Wo habt ihr den Brief?“: wollte er nun wissen. Der Nord lächelte. Ich habe ihn hier bei mir sicher verwahrt. Tarrior staunte nicht schlecht, als der Nord den Schädel des Skelettes auf dem Seziertisch ergriff und den Kiefer auseinander drückte. Tatsächlich befand sich im Mundraum eine zusammen gefaltete Nachricht. Ohne zu zögern übergab der Magier sie dem Dunmer. Tarrior konnte noch nicht glauben, dass er endlich die nötigen Beweise in Händen hielt. Und das hier war sogar noch besser als nur die Vergiftung des Rates der Telvanni. Mit diesen Beweisen würden die Ordinatoren hinrichten und egal, was er auch noch an Beweisen gegen ihn selbst vorlegen würde, würde alles an Bestandskraft damit verlieren. Tarrior war so glücklich wie lange nicht und wähnte sich fast am Ziel. „Ich muss diesen Brief nach Vivec bringen. Wenn die Ordinatoren das hier in die Finger bekommen, ist Meradanz‘ Zeit abgelaufen. Am besten wartet ihr solange hier in der Höhle. Hier ist es sicherer“: gab Tarrior Anweisungen, während er die Felsnische, dicht gefolgt von Jonicus, verließ und bereits auf dem Sprung zur Tür war. „Ihr seid ja so aufgedreht“: stellte der Nord fest, da traten sie gemeinsam auf die Treppe hinaus. „Wissen sie, wie lange ich jetzt auf der Suche nach diesen Beweisen war, um endlich meine Rache und meinen Frieden zu bekommen? Ich werde sie erst wieder hergeben, wenn ich sie dem obersten Ordinator höchstpersönlich in die Hand drücken kann. Vorher nur über meine Leiche!“: frohlockte der Dunmer, als plötzlich eine Stimme aus der Höhle heraus erklang: „Das würde ich mir noch einmal überlegen Serjo Gildres. Wir wollen doch nicht, dass wir euch beim Wort nehmen müssen.“ Ein junger Bretone trat aus dem Tunnel, durch den Tarrior zuvor hereingekommen war, in den Lichtschein der Fackeln. Ein hämisches Lächeln umspielte seine Lippen.

  8. #308

    Aschland, Foyada Bani-dad, Sha-Adnius

    Tarrior kannte ihn und nur wenig später fiel ihm auch der Name wieder ein: „Aytor!“ Der Nord schaute ihn fragend von der Seite an. Mit knirschenden Zähnen beantwortete der Dunmer die stumme Frage: „Das ist der Schüler von Behram Meradanz.“ Der Nord sog scharf die Luft ein, während der Bretone näher kam. „Es ist schön, dass ihr euch noch an mich erinnern könnt, obwohl es schon einige Wochen her ist, seit wir uns in Ebenherz sahen. Sagt, wie ist es euch ergangen? Vvardenfell hat sich seit eurer Abreise gewiss verändert“: begann der junge Mann ein Gespräch in einem höflichen Ton. Tarrior ging nicht darauf ein: „Was wollt ihr hier, wie habt ihr mich gefunden?“ Aytor zog seine Augenbrauen zusammen und die freundliche Maske, die er aufgesetzt hatte, wich einer eher kalten, geschäftigen Miene. „Glaubt ihr es bleibt unbemerkt, wenn ein Ratsherr von Haus Hlaalu unbedingt nach Maar Gan will und sich zu diesem Zweck sogar einen spektakulären Zweikampf mit dem Anführer einer großen Magischen Miliz liefert? Wir kamen kurz nach euch in Maar Gan an und es war ein Leichtes für mich, euch zu folgen, nachdem ihr euch über die Felswand abgeseilt und weggestohlen habt. Ich muss euch wirklich danken, dass ihr uns hierher geführt und uns sogar die Wächter aus dem Weg geräumt habt. Vielmehr muss ich sogar noch dafür danken, dass ihr dieses kleine Schriftstück für mich gefunden habt. Ich hätte ansonsten danach suchen müssen. Und nun gebt es her und liefert uns den alten Mann aus, dann können wir über diese kleine Unbotmäßigkeit von eurer Seite hinwegsehen, dass ihr euch Meister Meradanz widersetzt habt“: beantwortete der Bretone Tarriors Fragen. „Wer sind denn eigentlich ‚wir‘?“: wollte der Dunmer wissen, dachte aber schon darüber nach, wie er hier heraus kommen sollte. Der Bretone war gewiss nicht allein. „Nun ja. ‚Wir‘ sind zum Einen meine Wenigkeit und diese vier Herren hier, ihre schwere Rüstungen und ihre großen Waffen“: er deutete auf vier Wächter mit Telvanni-Helmen in Dwemer-Rüstungen, die nun aus dem Schatten des Gangs in die Höhle traten:“ und zum Anderen auch Meister Meradanz, der in Maar Gan einigen „Geschäften“ nachgeht.“ „Ihr verfluchten Bastarde ich weiß alles über eure Machenschaften“: schrie er den Bretonen an, doch versuchte er eigentlich noch etwas Zeit zu schinden, um eine Lösung zu finden. „Das bezweifle ich Serjo Gildres. Ihr versteht wahrscheinlich nicht einmal die Tragweite eurer eigenen Rolle. Aber nun ist es genug. Wir müssen noch ein Luftschiff bekommen. Übergebt uns den Nord und das Schriftstück freiwillig oder wir werden Gewalt anwenden müssen“: forderte Aytor. Seine Schergen zogen ihre Waffen – Langschwerter und Streitäxte nach dwemerischer Machart. Tarrior blickte zu dem Nordmagier an seiner Seite hinüber. Er sah entschlossen aus. Sie nickten sich zu. „Ohne einen Kampf werden wir hier nicht herauskommen“: dachte er und rief: „Ich sagte doch, dass ihr das Schreiben nur über meine Leiche bekommt und für den Magier gilt das Gleiche.“ Das Gesicht des Bretonen verzerrte sich einen Augenblick vor Ärger. „Angriff!“: befahl er und die Schergen stürmten los.

    „Das habt ihr euch so gedacht“: erklang Jonicus‘ Stimme. Der Nord erhob die Hände und murmelte ein paar Worte. Aus dem Sandbecken, über das die Angreifer gerade zu ihnen übersetzen wollten, brachen drei Skelette bewaffnet mit Glaskolben und Glasstreitäxten heraus. Die überraschten Meuchler gerieten sofort in eine Kaskade aus niederprasselnden Schlägen. Die Dwemer-Rüstungen waren dick und stabil, aber einige Treffer fanden die Lücken im Rüstzeug und konnten blutige Wunden schlagen. Tarrior zog sein Schwert und stürzte sich in den Kampf. Der Nord hingegen begann mit Angriffszaubern unterstützend in den Kampf einzugreifen. Tarrior befürchtete aber, dass da nicht mehr viel kommen würde. „Er ist garantiert so geschwächt wie ich“: dachte er. Zwar konnte er zwischenzeitlich etwas ausruhen und einen Trank zu sich nehmen, aber er war vom Kampf gegen die Untoten und dem langen Marsch noch sehr erschöpft. Was die Magie anging musste es dem Nord mindestens ebenso gehen. Dieser Kampf musste ein schnelles Ende finden und so warf sich der Dunmer gleich mit aller Kraft gegen einen seiner Gegner und ließ den schwerfälligen Koloss taumeln, während er mehrere schnelle Schläge gegen ihn prallen ließ. Der Gegner rückte damit direkt in Jonicus‘ Schussfeld und ein Kugelblitz schlug kurz darauf in die Rüstung ein. Ein Schmerzensschrei war zu hören. Offenbar bewusstlos sank der Feind zu Boden. Allerdings war das kurze Stärkegleichgewicht nicht von langer Dauer, als Aytor mit einem eigenen Blitzschlag ein Skelett frontal erwischte und der Erweckungszauber unter der Wucht der Zerstörungsmagie kleinbeigab. Das Knochengerüst fiel in sich zusammen. Tarrior focht derweil mit einem weiteren Schergen und dessen Langschwert und sie schenkten sich Nichts. Mehr als einmal verkeilten sich die Klingen ineinander, als Block auf Schlag und Schlag auf Block folgten. Der Mann unter dem Kopffüßerhelm wusste was er tat und gab sich auch keine direkte Blöße. Während der Dunmer also alle Hände voll zu tun hatte, kämpften die verbliebenen Skelette erfolgreicher und drängten ihre beiden Kontrahenten etwas zurück. Aytor und Jonicus selbst bewarfen sich mit Zaubern oder verhinderten zumindest mit Schilden, dass der jeweils andere in den Kampf eingreifen konnte. Ein Erfolg verbuchten die Diener von Meradanz‘ erst als einer der Kämpfer seinem gegenüberstehenden Skelett den Waffenarm abschlug. Als er ihm nachsetzen wollte, traf ihn allerdings das andere Skelett mit seinem Glaskolben von der Seite am Kopf. Der Helm fing zwar den Angriff ab, aber ein großes Stück des Materials brach heraus und gab den Blick auf das blasse Gesicht darunter frei. Tarrior wollte diese Gelegenheit nutzen und verschaffte sich durch einen Rundumschlag etwas Raum und lief zum Gegner mit dem angekratzten Helm hinüber. Er war noch vom Angriff des Skeletts benommen, sodass er Tarrior erst bemerkte, als es zu spät war. Der Dunmer kam heran, drückte seine Hand in das Loch und ließ einen konzentrierten Feuerstoß gegen den Kopf seines Opfers los. Sofort breitete sich der Zauber unter dem Helm aus. Schreiend und versuchend sich den Helm abzureißen rollte sich der Krieger auf dem Höhlenboden. „Bleiben noch drei“: zählte Tarrior in Gedanken.

    Das armlose Skelett verlor in diesem Moment allerdings auch seinen Kopf und war damit aus dem Spiel. Er und ein weiteres Skelett mit einem Glasstreitkolben gegen zwei schwer gerüstete Gegner. Die beste Chance für einen Sieg bestand in einem gemeinsamen Angriff. Der Streitkolben war kaum geeignet die dicken Rüstungen der Angreifer zu durchdringen. Er musste versuchten, dass die Gegner ihre Deckung gegen den Kopf fallen ließen. Das Problem bestand allerdings darin, dass er einen der beiden Angreifer dafür aus den Augen lassen musste und da der Mann mit dem Langschwert durchaus damit umzugehen verstand, war Tarrior nur wenig geneigt dies zu tun. Lauernd standen sie sich gegenüber und warteten auf einen Zug des jeweils anderen. „Bei den Göttern! Hampelt dort nicht rum. Ihr werdet dafür bezahlt, dass ihr mit euren Waffen zuschlagt und verstümmelt und nicht ein Tänzchen mit euren Gegnern beginnt. Wir haben nicht ewig Zeit. Stürzt euch auf sie“: forderte Aytor, der weiterhin halbuntätig am Rand des Sandbeckens stand und den Schild aufrechterhielt. Tarrior leckte sich die Lippen, packte sein Schwert fester und stürzte nach vorne los. Er hielt direkt auf den Schwertkämpfer zu, der sich bereits mit einem Bein abstützte und für einen Block bereithielt. Das Skelett rannte synchron mit ihm los. Auch der andere Kämpfer machte sich auf den Angriff gefasst, allerdings tat der Dunmer dann etwas, womit sie offenbar nicht gerechnet hatten. Er drehte kurz zuvor ab und führte aus dem Lauf heraus einen Streich gegen den Kontrahenten des Skeletts, worauf dieser nicht gefasst war. Taumelnd kassierte er einen Streich quer über den Brustpanzer, nur einen Augenblick später war auch der Schlag des Knochendieners heran. Der Streitkolben flog auf den Kopf zu und erwischte in einer Bewegung von unten das Kinn des Mannes. Tarrior mochte sich den Schmerz nicht einmal vorstellen, als es Meradanz‘ Scherge von den Füßen holte und nach hinten umwarf. Der andere Gerüstete nutzte allerdings seine Chance, sprang vor und köpfte auch das letzte Skelett. Tarrior schaffte gerade noch sein Schwert auf Brusthöhe zu bekommen, bevor der Krieger aus der Bewegung heraus den Schlag noch gegen ihn verlängerte. Wieder prallten die Klingen gegeneinander. In diesem Moment fiel der Schild um ihn herum zusammen. Der Dunmer wunderte sich, aber brachte seinen Gegner zwischen sich und Aytor, der offenbar die Chance schon ergreifen und einen Zauber schleudern wollte. Er selbst konnte Jonicus nun nicht mehr sehen, da er ihm den Rücken zugewandt hatte. Er hörte allerdings Schritte, die die Felstreppe hinunter eilten. Plötzlich hüllte ihn roter Rauch ein und ein außerordentlich bedrohliches Knurren erklang. Als er aus dem Augenwinkel heraus dann einen riesigen Berg aus Fleisch, Schuppen und Muskeln mit rasiermesserscharfen Zähnen und Klauen neben sich bemerkte, setzte sein Herz für einen Moment aus und vor Schreck stürzte er in den Sand. Das war auch besser, wie sich kurz darauf herausstellte.

    Die Bestie stürmte achtlos über die Stelle, an der er gestanden hatte, hinweg und fiel umgehend den letzten von Behrams Kriegern an. „Ich hoffe das hilft“: hörte er die Stimme des Nord hinter sich, der ihm auch wieder auf deine Beine half. Die Stimme und die Hand des Magiers zitterten. Seine Augen waren eingefallen und wiesen einen dunklen Rand auf. Er musste sich für diese Beschwörung völlig erschöpft haben. Doch jetzt schien sich das Blatt zu ihren Gunsten zu wenden und sie wollten es endlich zu Ende bringen. Da der Daedroth sich nun mit dem Gerüsteten amüsierte, wandten sich Tarrior und Jonicus dem jungen Bretonen Aytor zu, der nun völlig schutzlos war und ihnen den Weg aus der Höhle versperrte. Er schien allerdings kaum beeindruckt. Tarrior fühlte wie Jonicus neben ihm noch einen schwachen Blitzzauber konzentrierte. Er selbst wollte dem nicht nachstehen und unterstützte das Vorhaben mit einem starken Feuerball. Die Energie zeigte sich bereits stofflich als Aureole um ihre Hände. Sie streckten sie gerade vor und wollten die Magie loslassen, um Behrams Lehrling das verächtliche Grinsen aus dem Gesicht zu wischen, als dieser zwei dicke Schriftrollen von seinem Gürtel zog und sie mit einer geschickten Bewegung so warf, dass sie sich noch im Flug selbst aufrollten. Leuchtende daedrische Runen waren darauf zu sehen. Tarrior erkannte, worum es hier ging und feuerte den Zauber ab. Doch bevor diese ihr Ziel erreichen konnten, wuchsen zwei Zenturio-Sphären begleitet von einer weißen Wolke aus der Schriftrolle heraus. Die Zauber schlugen in die beiden Animunculi ein, die sich davon nur mäßig beeindruckt zeigten. Tarrior wusste, dass die Legierung nicht allzu anfällig gegen Zauber war. Außerdem hatten Maschinen kein empfindliches Fleisch, das durch Schock- oder Brandwunden geschädigt werden konnte. „Das sieht Behram ähnlich“: keifte Tarrior und erinnerte sich an den Animunculi-Diener damals bei ihrem ersten Treffen. Ein lautes Knirschen erklang in diesem Moment. Jonicus, er und auch Aytor richtete ihren Blick wieder auf den Daedroth, dem zwar das Langschwert seines Gegners tief in der Brust steckte, der aber diesem gerade den Helm und die Hälfte des Gesichtes weggerissen hatte. Mit wütendem Brüllen stürzte sich die daedrische Bestie auf die rechte der beiden Maschinen. Ihre Oberfläche begann lila zu leuchten. Tarriors Augen begannen sich zu weiten. Er schaute zu Aytor hinüber, dessen Hand ebenfalls leuchtete. Ein Lächeln stand in seinem Gesicht.

    „Jonicus ruf den Daedroth zurück!“: rief Tarrior noch, doch die Bestie biss sofort in die dürren ausgefahrenen dürren Glieder des Animunculus und riss den Körper auf. Eine lilafarbene Welle übertrug sich vom Körper der Dwemer-Maschine auf den Dämon aus dem Reich des Vergessens. Er kreischte, zerdrückte noch den Kopf der Sphäre und zerstob in einer roten Wolke. Die andere Sphäre rollte sofort zu einem Angriff heran und hatte es offenkundig auf Jonicus abgesehen. Der Nord selbst keuchte, sodass Tarrior, dem es kaum besser ging eingreifen musste und sich dazwischen warf. Mit einem Zischen fuhr die Sphäre eine lange Klinge aus. Tarrior parierte sie mit seinem Langschwert im rechten Moment und ließ sich auf ein Kräftemessen mit den mechanischen Muskeln dieses Gegners ein. Die Maschine war ihm physisch nach den ganzen Kämpfen ganz klar überlegen, denn sie besaß keine Ausdauer und würde das Duell schon sehr bald gewinnen. Sie brauchten Magie und wenn es ihr letzter Rest war. Auch Aytor hatte viel Magie verbrauchen müssen, um diese Gerätschaften zu beschwören. Sie mussten diesen Gegner einfach überwinden. „Jonicus. Habt ihr noch Kraft für einen Zauber?“: fragte Tarrior der Nord, der hinter ihm stand und ziemlich keuchte. „Ich… ich bin… fast am Ende, aber für eine Attacke dürfte es noch reichen“: antwortete er. „Ich werde gleich die Waffe der Sphäre freigeben, dann legte eure letzte Kraft in einen Frostzauber und friert dieses Ding ein“: presste der Dunmer zwischen den Zähnen hervor. Seine Arme taten weh und er konnte die Klinge kaum noch halten. Er hatte auf der Rückreise nach Vvardenfell ein Buch gelesen, dass die Expedition in eine Dwemer-Ruine beschrieb. Dort stand auch drin, wie man Animunculi außer Gefecht setzen kann. Tarrior hatte die Taktik noch weiter entwickelt. Hoffentlich funktionierte das alles, wie er sich das vorstellte.

    Er und der Nord tauschten noch ein Nicken aus und dann ließ Tarrior die Deckung fallen und rollte sich zur Seite ab. Der Animunculi ließ sich davon nicht beirren und wollte den Angriff auf den Nord wieder aufnehmen, doch dieser hielt bereits den Frostzauber bereit. Eine weiße Wolke hüllte die Maschine völlig ein und legte den Mechanismus im Inneren völlig lahm. Zwar funktionierte das Gerät nicht mit Dampf, aber eine vereiste Mechanik, kann auch nichts bewegen, weshalb damals beim Überflug über die Jeralls auch die Anlagen des Luftschiffes stets von Eis freigehalten werden mussten. Allerdings war der Zauber offenbar nicht stark genug. Ein Ruckeln ging durch die Sphäre und der Schwertarm begann sich mit abgehackten Bewegungen wieder zu bewegen. Tarrior handelte umgehend, konzentrierte Magie in der Hand und setzte einen letzten Feuerball gegen das Gerät. Es gab noch ein kurzes Zischen, bevor der Animunculus im nächsten Augenblick geradezu aufgesprengt wurde und als leblose, aufgerissene Hülle zurückblieb. Tarrior sah ein großes Zahnrad herausspringen, das dann irgendwo im hinteren Teil der Höhle verschwand. Sein Plan war aufgegangen. Der plötzliche Unterschied zwischen Kälte und Hitze hatte selbst das Metall der Dwemer zumindest an den Nähten nicht vertragen. Er sah zum Nord hinüber, doch Jonicus brach in diesem Moment offenbar vor Erschöpfung zusammen. Er entschied sich, sich um ihn zu kümmern, sobald sich die Angelegenheit hier geklärt hatte. Sofort richtete er seine Augen auf den jungen Bretonen, der mit etwas fassungslosem Blick, den Zugang zu den Tunneln blockierte. Tarrior erhob sich. Sein Blick spiegelte den Hass, den er im Moment empfand, deutlich wieder. Aytors Augen irrten hin und her und dann begann er mit den Zähnen zu knirschen. Im Näherkommen sah Tarrior, dass auch ihm Schweiß das Gesicht herunterlief. Der Dunmer war überrascht, als der Magier das Wort an ihn richtete: „Unglaublich, dass ihr mich dazu zwingt. Ich hätte nicht gedacht, dass ihr und der alte Mann solche Probleme machen würdet. Meister Meradanz hatte also Recht.“ „Dann war euer Meister intelligenter als ihr. Es wird Zeit diese Sache hier zu beenden, Aytor“: brüllte Tarrior und präsentierte die Klinge. Der Bretone kniete sich plötzlich hin und ein diabolisches Lächeln huschte über sein Gesicht, bevor es sich in tiefer Konzentration verhärtete. „Ohja Serjo Gildres. Zeit diese Sache zu beenden“: sagte er und zog noch eine dritte Rolle, die er am Gürtel hinter seinem Rücken getragen hatte. Sie war noch wesentlich dicker als die anderen Beiden und er entrollte sie ebenso gekonnt.

    Tarrior war zu erschöpft um etwas zu unternehmen. Aus der weißen Kaskade wuchs vor ihm ein kolossaler Dampf-Zenturio in die Höhe. „Es war noch nie nötig ihn einzusetzen, doch ihr zwingt mich dazu. Ihr habt meinen Respekt verdient, doch jetzt ist es vorbei mit euch“: sagte Aytor, der neben dem Zenturio auftauchte und ebenso eingefallen aussah, wie der Nord. Tarrior sah dem metallenen Monstrum entgegen. „Es ist aus“: dachte er. Gegen diesen Gegner konnte er und konnte er vor allem in seinem jetzigen Zustand nicht ankommen. Ein stechender Schmerz fuhr durch seinen Kopf und die Höhle verschwamm in gleißendem Weiß. „Wie schwach du geworden bist. Besiegt von einem Fremdländer? Jämmerlich!“: sagte er eine spöttische Stimme. Die Vision ging genauso schnell vor rüber wie sie gekommen war. „Ich muss mich zusammenreißen. Niemand besiegt einen Dagoth!“: dachte er und packte das Schwert fester. Getrieben von blinder Wut stürmte er vor. Seine Zauberkraft war erschöpft, doch seine Wut war es lange nicht. Er stürzte sich mit manischem Gebrüll auf den Animunculi und hieb mit ungezügelter Gewalt auf den Metallkörper ein ohne auch nur den geringsten Schaden anzurichten. Knirschend holte er mit seinem rechten Arm aus, der nicht in einer metallenen Hand sondern einer riesigen mit stachelbewehrten Kugel auslief, die jeden Streitkolben als lächerlichen Fleischklopfer vorführte. Es bedurfte nur eines Hiebs, den Tarrior in seiner Raserei nicht kommen und ihn deshalb direkt und unabgebremst traf, um ihn durch die Höhle zu schleudern. Er konnte nicht mehr atmen, sein Körper war ein Schmerz und kurzerhand schwanden ihm die Sinne. Doch nicht für lange. Unsanft wurde er in das Wachen zurückgeholt. Er sah in das ausdruckslose Gesicht Aytors.

    Seine Häme war verflogen, doch zu guter Letzt hatte er doch noch gesiegt. Tarrior hasste ihn, Meradanz und vor allem sich selbst dafür. Er versuchte sich zu bewegen, doch alles tat ihm weh, außerdem schien man seine Hände gefesselt zu haben. Als er versuchte sich auf Magie zu konzentrieren, bemerkte er an dem Schmerz an seinen Handgelenken, dass es wohl Sklavenfesseln sein mussten. „Er ist fixiert“: hörte er eine Stimme hinter sich, die bald darauf in sein Gesichtsfeld trat. Es war einer der Schergen, der offenbar wieder zu Bewusstsein gekommen war und scheinbar hatten sich auch noch zwei andere erholt, obwohl der Eine mit seinen schweren Brandwunden vermutlich einer weiterführenden Behandlung bedürfte. Der vierte Wächter, den der Daedroth erwischt hatte, lag noch immer tot im Staub. Die beiden Anderen waren gerade dabei Jonicus zu fesseln. Der Nord starrte ins Leere und sah fertig aus. „Wir haben nur ein Paar Sklavenfesseln dabei. Wie sollen wir den Magier ohne die sicher fesseln?“: fragte einer von Aytors Begleitern. Der Bretone wandte sich von Tarrior ab und ging zu dem Nord herüber. Er ließ sich von dem Kämpfer eine Axt geben. „Denkt doch mal nach. Wenn wir hierhergekommen sind, obwohl wir nur ein Paar Fesseln mithaben und ich euch anweise den Dunmer damit zu fesseln, was denkst du, soll wohl mit dem Nord gemacht werden?“: herrschte er seinen Untergebenen an, holte mit der Streitaxt aus und schlug sie Jonicus direkt in den Schädel. Blut spritzte aus der Wunde und der Nord kippte mit geschlossenen Augen zur Seite. Ein bedrücktes Schweigen trat ein, während Aytor die blutige Streitaxt seinem Krieger wieder in die Hand drückte. „Macht euch gefälligst nützlich. Holt die Guare hier herein und ladet die Leichen und die kaputten Zenturio-Sphären auf. Meister Meradanz bringt uns um, wenn wir seine Maschinen hier zurücklassen. Und dann zündet hier alles an. Verbrannte Erde. Ich will, dass keine Spuren übrig bleiben. Na los macht schon“: bellte der Bretone Befehle und die Männer machten sich murrend ans Werk. Auch sie waren deutlich vom Kampf mitgenommen und hätten eine Pause sicherlich gut gebrauchen können.

    Tarrior brauchte seine gesamte Konzentration, um dem Geschehen zu folgen und nicht erneut in Ohnmacht zu fallen. Der Bretone wandte sich ihm wieder zu. „Was habt ihr jetzt mit mir vor?“: fragte Tarrior. Seine Zunge fühlte sich an wie ein Fremdkörper, den er am liebsten ausgespuckt hätte. Der Bretone verzog keine Miene. „Der Meister hat euch davor gewarnt, euch in unsere Angelegenheiten einzumischen. Ihr wisst welche Strafe euch angedroht worden war“: antwortete Aytor. Der Dunmer begann zu lachen: „Behram wird mich also töten?“ Der Magier schaute ihn todernst an. „Es wird mir ein Vergnügen sein die Strafe noch hier an Ort und Stelle selbst zu vollstrecken“: sagte er. Tarrior schluckte. „Bring mir das Kästchen!“: brüllte der Bretone einem der Krieger zu, der kurz im Tunnel verschwand. Scheinbar hatten sie etwas Ausrüstung dabei. Und tatsächlich kam der Scherge mit einem kleinen Kasten aus Holz zurück und übergab es Aytor. Während sich die Augen des Dunmers weiteten, als er realisierte, dass sie ihn hier und jetzt töten wollten, schob der Magier den Deckel zurück. Als er allerdings den Inhalt herausnahm, konnte Tarrior kaum ein Lachen unterdrücken. In seiner Hand befand sich nur ein kleines, einfaches Silbermesser, das man nicht einmal als Dolch bezeichnen konnte. Aytor grinste plötzlich diabolisch. „Ihr lacht? Ihr solltet nicht über die Größe urteilen. Viel wichtiger ist was in dem Messer steckt oder besser womit es beschichtet ist“: wies er ihn hin. „Ein Gift“: keuchte Tarrior. „Das Gift ist geradezu tödlich, selbst in geringen Mengen. Der Meister hat einige Kanäle und so einige Draken bemühen müssen, um an einen Alchemisten heranzukommen, der ihm dieses Gift zusammen mischen konnte.“: erklärte der Bretone und es machte ihm sichtlich Spaß Tarrior mit dem Messer zu verunsichern. In einer schnellen Bewegung griff er nach Tarriors Haaren, zog daran und somit seinen Kopf nach hinten. „Das Messer ist kaum eine ernstzunehmende Waffe, doch ist sie dennoch tödlich. Eure Reise ist hier und jetzt vorbei“: sagte er und ritzte ihn schmerzhaft, aber nicht besonders tief der Länge der Klinge nach den Hals auf. Danach wischte er mit einem Tuch das Blut vom Messer und packte es zurück in das Kästchen. Tarrior spürte augenblicklich wie sein gesamter Körper taub wurde. Das Gift wurde von seinem immer schneller schlagenden Herzen in alle Teile seines Körpers gepumpt, wo es seine verheerende Wirkung tat. Im Kopf wirkte es zuletzt. Er fühlte wie ihm die Sinne schwanden und wie es eisig kalt in ihm wurde. Das Herz, das zuvor noch fast zum Zerreißen schnell schlug, schlug nun immer langsamer. Ein letzter Atemzug entwich Tarriors Lungen und der Herzschlag setzte endgültig aus. Er schloss die Augen – das Letzte, was er sah, war das Gesicht des Bretonen, der Anweisungen gab alles für die Reise nach Tel Uvirith aufzuladen – und Finsternis umfing ihn. „Ich sterbe“: war Tarriors letzter Gedanke.


    Die Geschichte wird im Gruppenthread "Die Erben der Häuser" fortgesetzt.
    Geändert von KingPaddy (02.12.2012 um 11:05 Uhr)

  9. #309

    Leyawiin => Skingrad

    Anschluss an die Handlung von "Schildstadt".



    Erynn machte sich bald zurück auf den Weg nach Skingrad. Sie hatte eine Nacht in der Gilde von Leyawiin verbracht und bemerkt, daß es ihr schwer fiel, sich wieder an die Gemeinschaft der Krieger zu gewöhnen. Sie waren so einfach, so herzlich, so... anders, als die Gesellschaft, die sie in den letzten Wochen und Monaten gepflegt hatte. Damit würde sie erst wieder klarkommen müssen.
    Noch kam es ihr unwirklich vor wieder allein unterwegs zu sein, und vor allem so plötzlich wieder einen Teil der öffentlichen Ordnung zu repräsentieren. Zu sehr hatte sie sich an die Gesellschaft von Totenbeschwörern und Mördern gewöhnt, zu sehr war ihre Einteilung der Welt in schwarz und weiß erschüttert worden. Die Frau, die jetzt nach Hause zurückkehrte, war nicht mehr dieselbe, die vor mehreren Monaten irgendeinen Fremden in der Zwei Schwestern – Taverne angequatscht hatte, womit die ganze Geschichte ihren Lauf genommen hatte.
    Erynn schob ihren Kummer beiseite – sie vermißte ihre beiden Begleiter, aus völlig unterschiedlichen Gründen. Aber das war nicht alles. Bisher war ihr Weg ihr vorgezeichnet erschienen: Karriere in der Gilde, vielleicht irgendwann nach Cheydinhal zurückkehren, wenn sie genug davon hatte, eine Familie gründen... Aber jetzt? Es gibt so viele Möglichkeiten. Ich könnte alles tun, was ich will.

    Nach zwei Tagen hatte sie Skingrad erreicht, ging den vertrauten Weg von den Stallungen hoch zum Gildenhaus. An der Pforte zögerte die Elfin kurz. Das Heimkehren erforderte mehr Mut als das Fortgehen.

    Erynn stieß die Tür auf und trat in die vertraute Halle. Das übliche Bild, die gewohnten Gerüche und Geräusche. Nach und nach wandten sich ihr einige Gesichter zu. Sie lächelte. „Ja, ich bin zurück.“
    Besonders Parwen und Bok freuten sich, die Dunmerin wiederzusehen, und es dauerte eine Weile, bis sie sich von beiden losmachen und mit ihrem Anführer sprechen konnte. Ah-Malz hatte sie ebenfalls begrüßt, sich dann aber in sein Büro zurückgezogen, wo Erynn ihn schließlich aufsuchte. Er versuchte sich an einem Lächeln, was in dem echsischen Gesicht eher wie ein Zähneblecken aussah, und wartete, bis die Elfin sich gesetzt hatte.
    „Es ist schön, daß du wieder da bist. Zwischenzeitlich hatte ich daran gezweifelt, dich überhaupt jemals wiederzusehen.“
    „Diesesmal werde ich bleiben“, antwortete Erynn. „Ich habe geregelt, was zu erledigen war und die Antworten gefunden, die ich gesucht habe.“
    „Wo bist du überhaupt gewesen?“
    „Vvardenfell...“
    „Die alte Heimat?“
    „Ja.“
    „Du bist doch sonst nicht so schweigsam.“ Ah-Malz beugte sich über die Tischplatte und fixierte die kleinere Frau.
    „Mag sein. Es ging um persönliche Angelegenheiten. Eine Familiengeschichte, wenn du so willst. Ich mußte wissen, wer ich bin. Wo ich hingehöre.“
    „Hört sich ganz schön mysteriös an, Erynn.“
    Die Elfin sah auf, schaute den Argonier an, als wolle sie jede Schuppe in seinem Gesicht einer genauen Musterung unterziehen. Ich weiß wie es sich anfühlt, solche Schuppen von den Knochen zu schälen... „Ja“, saget sie schließlich und war sich bewußt, daß ihre Stimme bestimmter war als sonst, wenn sie mit ihrem Vorgesetzten sprach. „So mag es klingen. Ich war auf Vvardenfell, um eigene Angelegenheiten zu regeln, welche die Gilde nicht betreffen. Und ich will sie hier nicht ausbreiten. Kann ich meine Kammer wiederhaben?“

    Ah-Malz stutzte kurz. Solche Worte war er von ihr nicht gewohnt. Die Reptilienaugen mit den geschlitzten Pupillen verengten sich kurz, dann lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück. „Kannst du. Was weiter? Kann ich mit dir rechnen, oder verschwindest du morgen wieder für ein paar Monate, ohne, daß jemand weiß wohin und ob du lebst oder tot bist?“
    „Ich sagte dir schon, daß ich bleiben werde. Du kannst auf mich zählen. Wenn es etwas zu tun gibt, bin ich bereit, meinen Teil zu leisten.“ Erynn schwieg einen Moment lang, versicherte sich, daß die Zimmertüre fest geschlossen war und fuhr dann ruhiger fort: „Gibt es denn etwas zu tun? Als ich aufgebrochen bin, war es hier sehr... ruhig. Wie ist die Situation? Ist die Blackwood Company...“
    „Die Company soll nicht deine Sorge sein”, fiel der Argonier ihr hart ins Wort. Sie blickte überrascht auf.
    „Was? Sie ist Sorge der Gilde, also auch meine. Was ist hier los?“
    „Erynn.“ Ah-Malz stützte die Ellbogen auf den Tisch und fixierte sie mit einem sehr ernsten Blick. „Ich weiß nicht, was du in den letzten Mondläufen getrieben hast, und du willst nicht mit der Sprache rausrücken. Du sagst, du warst auf Vvardenfell, aber woher weiß ich, daß das auch wahr ist? Du warst nicht aufzufinden, wie vom Erdboden verschluckt. Jetzt bist du plötzlich wieder da, vom Kampf gezeichnet und... verändert. Und das alles ohne eine vernünftige Erklärung!“

    Das genügte, um die Elfin für einige Augenblicke zum Schweigen zu bringen. Die Temperatur in dem Zimmer schien um mehrere Grad zu fallen.
    „Du glaubst doch nicht etwa...“ Sie sprang auf und brachte ihr Gesicht sehr nahe an das des Argoniers heran, während sie sich mit den Händen auf seinem Schreibtisch abstützte. „Du kannst doch nicht ernsthaft annehmen, ich hätte mich mit dieser Räuberbande eingelassen!“ fauchte sie.
    „Woher soll ich das wissen?“ wiederholte er.

    Die Dinge müssen wirklich schlimm stehen, wenn wir uns jetzt schon gegenseitig dermaßen mißtrauen. Was ist hier bloß im Gange? „Ich bin der Gilde niemals untreu geworden“, gab sie kalt zurück.
    „Dann beweise es mir.“
    Frostige Stille folgte, während der sich Mer und Tiermensch anstarrten. „Es gibt ein Banditennest an der Grenze zum Hochland. Etwas an der Sache ist seltsam, darum will der Graf so viele dieser Galgenvögel lebendig, wie es möglich ist. Ein halbes Dutzend unserer Leute gehen da rein und ich will, daß du dabei bist. Glaubst du, du kriegst das hin?“
    „Ja.“
    „Gut. Bis dahin will ich, daß du das Gildenhaus nicht verläßt. Die Mission startet in zwei Tagen, nähere Informationen am Tag des Aufbruchs.“
    Erynn brachte nicht mehr als ein knappes Nicken zustande, machte auf dem Absatz kehrt und ging die paar Schritte direkt zu ihrer Kemenate. Krachend fiel die Tür hinter ihr ins Schloß. So hatte sie sich ihre Heimkehr beim besten Willen nicht vorgestellt.
    Geändert von KingPaddy (30.03.2013 um 00:34 Uhr)

  10. #310
    Erynn zerrte den Kürass über ihren Kopf, entledigte sich der Stiefel und Handschuhe und ließ sich auf ihr Bett fallen. Sie tat sich selbst fürchterlich leid. Schmollend starrte sie an die Decke und überlegte, daß es wahrscheinlich ein Fehler gewesen war, überhaupt wieder zurückzukommen. Ihr war zwar nicht ganz klar, was sie überhaupt erwartet hatte, aber das hier mit Sicherheit nicht.

    Sie hielt ihr Versprechen und blieb im Gildenhaus. Nach ein paar Stunden traute sie sich, ihre Kammer zu verlassen Was solls? Ich kann ja schließlich nicht ewig hierbleiben.
    Bok gesellte sich zu ihr, nachdem sie eine Weile allein im Gemeinschaftsraum gehockt und ein bißchen gegessen hatte. Der massige Ork ließ sich auf einen Stuhl neben der Elfin fallen. Er wirkte etwas unsicher, was, bedachte man seine beeindruckende Gestalt, durchaus etwas witzig wirkte.
    „Erynn?“
    „Mhm.“
    „Alles in Ordnung?“
    „Mhm.“
    „Wo bist du so lange gewesen?“
    Er sah ehrlich besorgt aus. Erynn kannte den Kerl noch nicht allzu gut, aber sie mochte ihn. Bok war vielleicht nicht der hellste Stern am Horizont, aber herzensgut. Sie hatte schon zuvor bemerkt, daß er es sich scheinbar zur Aufgabe gemacht hatte, auf sie und Parwen aufzupassen. Ob das nun notwendig war oder nicht sei dahingestellt, aber Elfen wirkten nunmal häufig zerbrechlich. Das provozierte solche Reaktionen.
    „Ich war in Morrowind. Auf Vvardenfell, um genau zu sein. Es war... sehr seltsam, weißt du? Ich bin dort geboren, in einem winzigen Dorf, dessen Name dir wahrscheinlich nichts sagen wird. Aber ich beherrsche weder die Landessprache, noch ist mir dieses Land irgendwie vertraut. Aber ich wollte wissen, wie es dort ist. Wo ich herkomme und so.“
    Es kam der Wahrheit nichtmal im Entferntesten nahe. Vvardenfell steckte vielleicht tief in ihrer Seele, das war der Kriegerin bewußt geworden. Aber es war nicht der Grund, weshalb sie dort gewesen war „Jetzt bin ich zurück und weiß nicht mehr, wer ich eigentlich bin“, fuhr sie fort. Schon etwas näher an der Realität, aber immer noch vage genug, um keine Rückschlüsse zuzulassen. „Ich will eigentlich nicht darüber sprechen. Diese Erfahrung gehört mir, auch, wenn Ah-Malz das nicht begreift.“
    Der Ork nickte. Er wußte zumindest ungefähr, was im Gildenhaus vor sich ging.
    „Er macht sich Sorgen. Er...“ Der große Mann verstummte, schien wieder so unsicher.
    Erynn winkte ab. „Schon gut. Du mußt mir nichts erklären. Ich darf im Moment nicht wissen, was vor sich geht, und ich will nicht, daß du dich in Schwierigkeiten bringst. Ich mache keinem von euch einen Vorwurf.“ Nicht mehr, jedenfalls...
    Sie war so wütend gewesen, als sie aus dem Büro des Gildenleiters gestürmt war, aber jetzt nicht mehr. Was sie getan hatte, war nichts, was die Gilde gutgeheißen hätte. Tatsächlich, käme die Wahrheit ans Licht, wären die Kerker der Kaiserstadt noch immer eine Gnade gewesen. Sie mußte diese Sache allein durchstehen, ihre zukünftigen Taten für sich sprechen lassen, wenn sie das verlorene Vertrauen zurückgewinnen wollte.
    „Bist du übermorgen dabei, Bok?“
    „Ja. Das wird knifflig. Weißt du schon bescheid darüber, daß wir die Typen nicht einfach umnieten sollen?“
    „Ja, hab ich gehört.“ Erynn seufzte leise. „Das wir interessant. Nicht, daß es mich stören würde, ich töte nicht gerne. Aber wenn sich die Frage stellt, ob mein Arsch oder der von irgendeinem Banditen, dann ist die Antwort klar.“
    Der Ork mußte grinsen und konnte sich eine Bemerkung über Erynns Arsch nicht verkneifen, woraufhin er ein bißchen rot wurde und sich auf die Lippe biß, was mit seinen Hauern recht kurios aussah. Sie lachte.
    Vor einigen Monaten noch wäre ich vor Scham im Boden versunken. Wie schnell sich die Dinge manchmal ändern.
    Bok hob die Rechte und ballte sie bedächtig zur Faust. Die Elfin konnte nicht anders, als einen bewundernden Blick über seinen trockenen Bizeps gleiten zu lassen. „Ruhiggestellt krieg ich die schon“, brummte er mit unüberhörbarer Selbstzufriedenheit.

    Erynns Zorn verrauchte zusehends. Auch auf Ah-Malz war sie nicht mehr böse, als sie sich zwei Tage später gemeinsam mit der Truppe abmarschbereit machte. Sie war ausgeruht und gut erholt, ein Luxus, den sie sich in letzter Zeit fast nie hatte gönnen können. Jetzt, als sie mit sechs weiteren Kriegern durch das Tor von Skingrad trat, waren alle harschen Worte vergessen. Das Jagdfieber hatte sie alle gepackt...

  11. #311

    Westebene, am Rand des Hochlands

    Sie waren unterwegs. Erynn, Parwen, Bok, Fadus, ein Altmer namens Gelion und zwei Rothwardonen, deren Namen sich die Dunmer nicht merken konnte. Irgendwas Traditionelles, das schwierig auszusprechen war. Die Stadtwache hatte ihnen einen Gefangenenwagen gestellt, im Prinzip ein Käfig auf Rädern, gezogen von zwei kräftigen Falben. Der Kaiserliche Fadus saß auf dem Bock und hielt die Leinen in der Hand, Parwen, die es am wenigsten gewohnt war lange Strecken zu laufen, daneben. Der Rest trabte neben dem Gefährt her in Richtung Nordwest.
    Erynn stellte fest, daß sie die Westebene furchtbar vermißt hatte. Sicher, sie zogen gerade in eine Schlacht, aber der süße Geruch der verschwenderisch wachsenden Blumen, die summenden Insekten und das Zirpen kleiner Grasvögel versetzte sie in friedliche Stimmung. Sie dachte an Arranges, der immer Ruhe in der Betrachtung der Natur gefunden hatte, und die Gedanken an ihn taten ihr noch immer im Herzen weh, aber es war nicht mehr ganz so schrecklich. Es konnte nicht sein, das akzeptierte die Kriegerin so langsam. Mit einiger Mühe wischte sie die Gedanken an den Beschwörer beiseite. Es kann nicht sein...

    Der Abend dämmerte, als sie sich der namenlosen Höhle näherten. Sie ließen den Wagen hinter einigen großen Findlingen zurück, wo er nicht sofort auffallen würde. Erynn und Fadus spannten die Pferde aus, nahmen ihnen die Zäume ab und pflockten sie an, damit die Tiere ungestört grasen konnten. Eine kurze Sondierung der Umgebung ergab keine Störungen, und so begab sich die Gruppe auf den Höhleneingang zu. Hier, wo das Gelände von der Westebene zum colovianischen Hochland recht rapide anstieg, gab es mehrere Klüfte und Spalten, auch größere Höhlen, viele davon waren früher Bergbaustollen gewesen. Diese hier war jedoch neu. Oder zumindest lange Zeit unbekannt geblieben, weshalb es eine gewisse Zeit gebraucht hatte, das Versteck der Gesuchten zu finden. Sobald die Kundschafter der Stadtwache aber Erfolg gehabt hatten, waren Pläne geschmiedet worden, die in genau diesem Moment in die Tat umgesetzt wurden. Man hatte die Durchführung der Kriegergilde übertragen. Weil die Situation unklar ist. Weil man in der Krise keine Soldaten für so eine Aktion abstellen will. Weil wir entbehrlich sind, schoß es Erynn durch den Kopf. Es machte sie aus irgendeinem Grunde wütend. Das war die ganz normale Beschreibung für die Verwendung von Söldnern, aber die Dunkelelfin fühlte sich all dem nicht mehr zugehörig. Ich bin so viel mehr. Ich kann so viel mehr. Ich übertreffe euch alle, kann Schlachten befehligen. Kann feindliche Stützpunkte infiltrieren. Ich kann töten, kälter, als ihr es euch nur vorstellen könnt. Ich bin nicht mehr wie ihr.
    Die Erkenntnis traf sie wie ein Schwall eisigen Wassers. Ich gehöre nicht mehr zu euch!
    In ihrem Gesicht spiegelte sich all das nur als harter, kompromißloser Ausdruck wieder, nichts anderes, als sich auch in den Minen der anderen Gildenkrieger abzeichnete. Zusammen mit Parwen drang sie als erste in die Höhle vor. Normalerweise hätten die beiden Schützinnen die Nachhut gebildet, aber hier stellte sich die Situation anders dar. Sie würden auskundschaften, was in dem verdammten Rattenloch vor sich ging, vielleicht schon die ersten Gegner kampfunfähig machen und sich dann, wenn der Tumult losging, zurückziehen und den stärkeren und beeindruckenderen Kriegern den Vortritt lassen. Mit etwas Glück konnten Bok und die Rothwardonen diese Galgenvögel schon durch ihr Auftreten zum Aufgeben bringen; der hochgeschossene Altmer war allein durch seine Größe und die harten Gesichtszüge eine ehrfurchtgebietende Gestalt. Außerdem konnte er einige kleinere Zauber weben, die den gemeinen Wegelagerer durchaus ins Bockshorn zu jagen vermochten. Ah-Malz hatte eine gute Truppe zusammengestellt, wie immer.

    Schon bald öffnete sich der schmale Spalt des Höhleneingangs zu einer größeren Grotte. Dies hier war offensichtlich niemals eine Miene gewesen, vielmehr mußte Wasser vor Urzeiten diesen Kessel in das Gestein gewaschen haben. Es schien recht übersichtlich, die Gestalten hier drinnen arglos.
    Erynn und Parwen nickten einander zu und legten auf zwei der etwa ein Dutzend zählenden Banditen an. Auf jene, die am jüngsten und am schlechtesten ausgerüstet erschienen. Sie würden wahrscheinlich nicht wichtig sein. Scharfe Augen und ruhige Hände von Bosmer und Dunmer gleichermaßen führten zum Erfolg. Die ausgewählten Ziele stürzten, wanden sich noch kurz im Staub und lagen dann still.
    „Ergebt euch“, brüllte Erynn in die Kaverne hinein, als die übrigen Ganoven überrascht und erschrocken aufsprangen. „Ergebt euch, und ihr werdet leben!“
    Daraufhin zogen sich beide Elfinnen rasch zurück, drückten sich an die Wände des kurzen Tunnels, um die größeren Krieger vorbeizulassen. Ein Ork, zwei Rothwardonen und ein Altmerkampfmagier, das war schon ein Anblick. Fadus hielt sich zunächst etwas im Hintergrund und bellte Befehle, bevor auch er in den Kampf eingriff. Drei der Banditen starben noch, aber zuletzt hatten sie den gut organisierten und trainierten Gildenkriegern nichts entgegenzusetzen. Als Bok einen weiteren, wie zuvor versprochen, mit einem rechten Haken vorübergehend ins Reich der Träume schickte, ergab sich der Rest der abgerissenen Gestalten.
    Parwen und Erynn kamen wieder aus ihrer spärlichen Deckung hervor und halfen dabei, den übriggebliebenen Schurken die Hände zu binden. Den Ohnmächtigen warf sich der Ork ohne viel Federlesens über die Schulter.

  12. #312

    Westebene => Skingrad

    Sieben waren es, die sie lebend fingen. Fünf von ihnen Kaiserliche – erbärmliche, winselnde Kaiserliche, wie man sie sich vorstellte. Nicht so wie Arranges. Er hätte sich ihrer geschämt und vermutlich eigenhändig geköpft ob ihrer Armseligkeit Nicht so wie Arranges... Erynn, denk nicht daran. Denk nicht daran! Das ist vorbei!
    Ein zäher Nord und ein Argonier dazu. Die Elfin betrachtete vor allem letzteren mit kaltem Blick, als die stärkeren Krieger die beiden, in eine Haltung weit vornüber gebeugt gezwungen und die Arme hoch zwischen die Schulterblätter gedreht, an ihr und Parwen vorbeiführten.
    Erynn mußte sich eingestehen, daß sie Argonier haßte. Ganz unabhängig davon, daß sie mit dem Wissen aufgewachsen war, daß alle Völker des Kaiserreichs gleichberechtigt waren, die Erfahrungen mit Gumora und die Worte Methys Galethrans taten ihre Wirkung.
    Es dauerte eine Weile, bis der gesunde Merverstand wieder einsetzte: Dieser hier vor ihr in den Fesseln war ein Halunke, ebenso wie Gumora einer gewesen war. Aber sie waren halt einfach nur Verbrecher – waren es nicht deswegen, weil sie Schuppen hatten. Dennoch blieb für den Moment etwas, von dem sie wußte, daß es nicht in Ordnung war. Etwas, das sie nicht denken sollte. Aber damit würde sie sich später genauer befassen. Jetzt hatten sie anderes zu erledigen.
    Befriedigt schaute die Kriegerin zu, wie die stärkeren Männer die Gefangenen in den Käfig trieben. Von ihrem früheren Sanftmut, dem Mitleid und dem Verständnis war nichts mehr übrig. All das war mit Gumoras Blut fortgewaschen worden.
    Was für einen erbärmlichen Haufen diese da doch jetzt abgaben! Sie hatten sich stark gefühlt, als sie geraubt und getötet hatten. Jetzt waren sie nur noch... Beute. Ihre Beute, und die von Parwen und der Männer. Jegliche Aufmüpfigkeit unterband sie, indem sie ihren Bogen hob – zusammen mit Gelion, der ein deutliches, elektrisches Knistern um seine Finger spielen ließ. Wie armselig diese Halunken doch waren...

    Gemeinsam mit Parwen fiel ihr die Ehre zu, sich zuerst ihren Teil aus der Beute auszusuchen. Als Vorhut hatten die beiden Elfinnen den riskantesten Part übernommen, daher stellte niemand dieses Vorrecht in Frage. Natürlich würden sie Maß halten, nicht all die guten Stücke für sich nehmen. Es war kein Gesetz in dem Sinne. Eher ein ungeschriebener Kodex. Man achtete aufeinander in der Gilde und paßte auf, daß jeder seinen Teil bekam.
    Erynn sah sich den Hort an, nahm zwei schöne Topase und eine größere Anzahl Septime für sich, als ihr Blick auf eine außergewöhnliche Waffe fiel. Fast hätte sie das Schwert übersehen; es lag ein wenig im Schatten und war aufgrund der dunklen Scheide, in der es steckte, kaum auszumachen. Die Elfin griff danach. Glatt, fast flüssig fühlte sich der nachtschwarze Bezug an. Echsenleder? Nein... nein. Die Schuppen sind zu fein. Ist das etwa... Schlange?
    Sie zog die Klinge ein Stück weit aus dem Futteral. Sie war, wie die Scheide schon vermuten ließ. Filigran, kunstvoll. Und von einer unglaublichen Schärfe. Nichts, was man in einer gewöhnlichen Schlacht führen würde. Eher ein Ritualgegenstand, eine Klinge für besondere Zwecke. Erynn schlug das Teil in ein paar herumliegende Lumpen ein und klemmte es sich unter den Arm. Sollte sie Drevenis Ruf doch noch irgendwann antworten, würde ihr diese Waffe mindestens ebenso gute Dienste leisten wie das Tanto. Die Dinge mußten mit Stil getan werden, vor allem, wenn man ein Leben nahm. Und Stil hatte dieses fremdartige Schwert, ohne Zweifel.

    Parwens Ruf schreckte sie aus den Gedanken: „Hey! Kommt mal alle her! Ich hab hier was Seltsames.“
    Erynn ging zu ihrer Freundin herüber. Mehr wollte sie ohnehin nicht haben, alle anderen Beutestücke sollten ihretwegen für den Rest der Gruppe bleiben.
    Sie gesellte sich zu den übrigen Kriegern, die sich alarmiert um die Kiste geschart hatten, vor der die Bosmer hockte. Dunkle Kristalle lagen darin, bestimmt zehn oder fünfzehn Stück. „Was ist das?“ fragte Parwen.
    Erynn nahm eins der Dinger in die Hand. „Schwarze Seelensteine“, sagte sie. „Dieser hier ist gefüllt. Man erkennt es an dem schwachen Leuchten, das er abgibt.“
    „Was sind schwarze Seelensteine?“ Bok kratzte sich an der Nase.
    „Du weißt, was Seelensteine sind? Sie speichern die Essenz eines Lebewesens. Normalerweise die von Tieren oder Monstern. Magierkram. Schwarze Seelensteine sind noch verderbter als die anderen. Sie können die Seelen von Menschen, Mer oder Tierwesen einfangen. Das ist schwärzeste Magie.“ Sie ließ den Kristall wieder zurück in die Kiste fallen. „Wir sollten das hier auf alle Fälle mitnehmen. Der Graf wird davon wissen wollen.“
    Fadus schaltete sich ein: „Woher weißt du über diese Dinge bescheid, Erynn?“
    Das ist eine sehr gute Frage, mein Lieber. Weil ich das letzte dreiviertel Jahr mit einem Nekromanten durch die Gegend gezogen bin, deshalb. „Für uns Dunmer gibt es kein schlimmeres Verbrechen als die Totenbeschwörung. Du weißt doch, daß ich auf Vvardenfell war, oder nicht? Dort habe ich mehr über diese abscheuliche Hexerei gelernt. Wie man sie erkennt, zum Beispiel. Die Leute in der Alten Heimat sind da sehr sensibel und wissen genau, worauf sie achten müssen. Ich habe mir dort ein bißchen Bildung angeeignet.“ Sie grinste humorlos. Die Erklärung, welche die Dunkelelfin ablieferte, war natürlich eine glatte Lüge. Aber plausibel genug. “Wie dem auch sei“, fuhr sie fort, „das hier ist wichtig. Packt die ganze Kiste ein. Diese Galgenvögel da draußen werden einiges zu erklären haben.“

    Im Stillen machte Erynn sich große Sorgen. Wenn diese Steine in irgendeinem Zusammenhang mit der Gathering stehen würden, hatten sie ein großes Problem. Oder zumindest hätte Erynn ein Problem, denn sie war sich sicher, daß irgendein Botschafter sie früher oder später deswegen aufsuchen würde – ganz ungeachtet des Versprechens, welches die Großmeister Arranges gegeben hatten.
    Aber was soll’s? Dann werde ich ihnen halt einfach sagen, was ich weiß. Wenn dieser Scheißverein seine Antworten bekommt, wird er mich auch wieder in Ruhe lassen.

    Die übrigen Krieger wählten noch aus der Beute, was sie interessierte. Alles andere, von billigem Geschirr bis hin zu Waffen und Rüstungen, wurde separat verpackt, das würde zu Geld gemacht und der Stadtkasse zugute kommen. Die Seelensteine kamen gemeinsam mit einigen Schriftstücken, manche davon verschlüsselt, auf den Stapel mit Beweismitteln.

    Es gab ein gewisses Aufsehen, als der Karren mit den Gefangenen am frühen Abend durch die Stadt rollte. Die Leute jubelten den Gildenkriegern zu und bedachten die Gefangenen mit Schmähungen, bespuckten sie oder bewarfen sie mit Dingen, die gerade herumlagen. Mal wieder was los in Skingrad.
    Sie lieferten die Gefangenen zusammen mit den Beweisen im Kerker ab. Die Gefangenen brauchten sich nichts vorzumachen: Die nächsten Tage würden hart werden, und am Ende stand vermutlich der Galgen. Für so manchen von ihnen würde der Tod eine Erlösung sein, wenn es so weit war. Nachdem die Delinquenten in ihre Zellen verfrachtet worden waren, zogen sich die meisten Krieger zurück und gingen in Richtung Gildenhaus. Allein Fadus blieb noch zurück, um mit dem Hauptmann der Wache und wußten die Daedra wem sonst noch die Einzelheiten zu klären.
    Erynn ließ sich von der gelösten Stimmung ihrer Kollegen mitreißen. Auf halbem Wege setzte Bok sie auf seine rechte, Parwen auf seine linke Schulter und stolzierte mit den beiden durch die Gassen, als seien sie eine Art Rangabzeichen. Es würde noch ein langer Abend werden, mit viel Essen, Alkohol und Gelächter. Alle hatten überlebt. Ein guter Tag für die Kriegergilde von Skingrad.
    Geändert von Glannaragh (02.09.2013 um 18:18 Uhr)

  13. #313

    Skingrad [Umgebung]

    Raccan sagte den gesamten Weg über kein Wort und ließ sich von Adya im übertragenen Sinne eigentlich die ganze Zeit über mitschleifen; er war froh, dass er es noch geschafft hatte, sein Pferd aus den Ställen zu holen, denn weitere Tage hätte er es nicht dort lassen können, sein Geld war nun vollendens aufgebraucht. So gingen sie also vom östlichen Stadttor aus nach Süden, bogen jedoch noch vor der Schlossbrücke nach Westen auf einen etwas schmaleren Seitenweg ab, welcher zwischen der Felswand des Schlosses und der Stadtmauer entlangführte. Breit genug für einen Wagen, aber zwei würden wohl kaum nebeneinander passen.
    Der Weg führte sie noch einen kleinen Fußmarsch lang durch den dichten Wald, als sich dieser plötzlich lichtete und er sich mit Adya vor einem großen Eisentor wiederfand, von dem aus sich in beide Richtungen eine hohe Steinmauer erstreckte, nicht mal ebenso im Vorbeigehen zu überklettern. Neben dem Tor standen zwei Wächter mit Speeren, ihre Gesichter waren von dem Helmvisier verdeckt, aber Raccan spürte ihre Blicke auf sich liegen.
    "Er gehört zu mir", flötete Adya fröhlich und lächelte dem Rothwardonen zu. Die Wächter unterdessen zögerten, tauschten Blicke, einer von ihnen zuckte mit den Schultern, woraufhin der andere an das Tor trat und es nach innen aufschwenken ließ.
    "Dankeschön", freute sich die Waldelfe und zog Raccan mitsamt Pferd hinter sich her durch das Tor, welches kurz darauf hinter ihnen wieder geschlossen wurde. Und jetzt erst sah der Wüstenkrieger wirklich, wo er hier gelandet war.

    In einiger Entfernung baute sich ein beeindruckendes, steinernes Herrenhaus auf. Die schwarzen Dachziegel schimmerten matt in der Sonne, die grauen naturbelassenen Mauersteine wurden an einigen Stellen von Efeu überzogen und verliehen dem Gebäude, welches von der Anzahl der Fensterreihen abgeleitet drei Stockwerke besaß, ein Aussehen wie aus dem Bilderbuch. Davor schlängelte sich ein breiter Schotterweg auf Adya und Raccan zu, welcher schließlich an dem Eisentor endete. Etwas abseits zweigte ein kleinerer Weg ab und führte zu einem hölzernen Nebengebäude, höchstwahrscheinlich die Ställe. Die Umgebung des Herrenhauses war von grünem Naturrasen bewachsen, ohne jedoch verwildert zu wirken. Raccan konnte nur erahnen, was sich hinter dem Gebäude befinden würde, aber anhand der Aussicht, die er auf die zerklüftete Landschaft Valenwalds hinter dem Fluss Strid von hier aus hatte, würde er beinahe darauf wetten, dass es sich um eine Terrasse oder ähnliches handelte.
    Auf den zweiten Blick entpuppte sich das Anwesen als nicht mehr so einladend, denn vor dem Herrenhaus entdeckte er Wachen. Viele Wachen. Auch vor dem Stall stand ein kleines Grüppchen in voller Montur, desweiteren entdeckte der Rothwardon in der Ferne mitten auf der Wiese eine kleine Patrouille, welche wohl ihre Kreise um das Haus drehte. Und zum Abschluss lief direkt an der Mauer auch noch ein Zweiergrüppchen entlang.
    Erst jetzt bemerkte Raccan, dass Adya ihn interessiert und mit amüsierten Gesichtsausdruck musterte, denn er war unbewusst stehengeblieben um die Szene zu mustern; wahrscheinlich sah er aber mittlerweile so aus wie ein kleiner Junge, der zum ersten Mal die Kaiserstadt gesehen hatte.
    "So überrascht? Man könnte meinen, du hättest noch nie ein großes Haus gesehen", kicherte sie.
    Raccan schwieg zunächst und verfolgte weiter die Wachen mit den Augen. Adya folgte seinem Blick, drehte sich dann wieder zu dem Rothwardonen und lachte.
    "Achso, ich verstehe. Der böse, grimmige Krieger mustert die Feinde". Aus ihrem Mund klang das spöttisch. Geradezu herablassend.
    "Die sind nur hier wegen der Oblivion-Krise. Vater geht kein Risiko ein, mir gefällt dieser Auflauf auch nicht, aber wenn er meint". Sie verdrehte dabei die Augen, nahm die Hand des Assassinen und zog ihn ein Stück weiter, um ihn zum Weitergehen zu animieren; widerwillig folgte Raccan, die Wachen nicht aus den Augen lassend.

    Sie bogen Richtung Ställe ab, vorbei an dem kleinen Trupp Soldaten, der sie mürrisch musterte. Erst jetzt von Nahem fiel Raccan die geringe Körpergröße der Krieger auf, und bei genauerem Hinsehen stellte er fest, dass es sich ausschließlich um Waldelfen handelte.
    Kurios.
    Adya trat in den Hauptgang des Stalls und schaute sich um. Sie schien etwas oder jemanden zu suchen.
    "Shan, wo bist du, komm her!". Der Tonfall klang alles andere als freundlich, im Gegenteil, eigentlich hätte nur noch gefehlt, dass sie 'du Stück Dreck' hinzufügte. Raccan nahm eine Bewegung rechts in einer der Boxen wahr. Die Tür schwang auf und zum Vorschein kam ein in ein grünes Gewand gehüllter, schmächtiger Khajiit. Geschwind eilte er herbei und blickte Adya unterwürfig und fragend an.
    "Was glotzt du so? Los, kümmer dich um das Pferd. Das Gepäck schaffst du in's Haus.". Ohne eine Sekunde zu zögern, machte sich die Katze an's Werk, nahm Raccan die Zügel aus der Hand.
    "Danke", erwiderte dieser daraufhin freundlich, woraufhin der Khajiit inne hielt und ihn mit riesigen Augen anschaute; auch Adya hatte sich zu ihm gedreht und blickte ihn ungläubig an. Shan fing sich aber gleich wieder, schaute zum Boden und führte das Pferd hinfort.
    "Warum bedankst du dich? Ist doch nur ne Katze?". Desinteresse und Verachtung schwang in ihrer Stimme mit. Raccan schwieg, ihm wurde so langsam aber sicher sehr unwohl hier. Adya hingegen war ganz offensichtlich bester Laune und verließ mit Raccan den Stall Richtung Herrenhaus, wo wieder ein paar Wachen herumstanden; abermals Waldelfen. Aber noch ehe der Rothwardon darüber nachdenken konnte, waren sie auch schon an der Treppe angekommen und die Eingangstür schwang auf. Heraus trat, welch Überraschung, eine weitere Waldelfe, die sich als Hausmädchen herausstellte, in etwa in Adyas Alter und mit einem fein geschnittenen Gesicht. Soso, in's kostbare Haus auf den teuren Teppich darf der Khajiit wohl nicht. Das war mehr oder weniger nur Galgenhumor, denn Raccan erinnerte sich nicht, wann er sich das letzte Mal so unbehaglich wie in diesem Moment gefühlt hatte. Vorsicht, Raccan, eine Steigerung gibt's immer.
    "Lady Adya, willkommen zuhaus...", aber beim Anblick des Rothwardonen stutzte sie.
    "Hallo, Bianja. Das ist Raccan, meine Begleitung für den Empfang", antwortet Adya fröhlich und führte (oder vielmehr schob) den Rothwardonen durch die Eingangstür an der Waldelfe vorbei, welche zögerlich die Tür schloss und nicht so recht wusste, was sie davon halten sollte. Während sich Bianja flüsternd an Adya wandte, schaute der Assassine sich ein wenig um.

    Bis heute konnte er nicht verstehen, wie Reichtum glücklich machen konnte; und wenn er an die paar Paläste und großen Häuser in Hammerfell dachte, die er bereits gesehen hatte, reizte ihn das absolut nicht. Dieses Haus hier war allerdings ein ganz anderes Kaliber, soviel stand fest. In der großen Empfangshalle führte mittig eine breite, mit Teppich ausgelegte Treppe nach oben, wobei sich diese im oberen Drittel zweiteilte und separat in geschwungenen Bögen je nach links und rechts in's Obergeschoss schlängelte. Hier im Erdgeschoss war neben dem obligatorischen roten Teppich, auf dem sich Raccan wie auf einer Wolke vorkam, alle Wände holzvertäftelt, Gemälde hingen hier, Statuen standen da, kostbar aussehende Holzmöbel waren dort. An der Decke hing ein silberner Kronleuchter und überall tauchten edel anmutende Kerzen die Halle in ein helles Licht. Ja, er konnte sich jetzt langsam vorstellen, dass man sich hier wohlfühlen konnte, auch wenn ihm der Gedanke, irgendwo 'angekettet' in Form eines festen Wohnsitzes zu sein, nicht so recht zusagte. Aber andere Provinzen, andere Sitten. Gut, sei's drum. Er hatte genug gesehen und konzentrierte sich wieder auf die beiden Frauen, welche arg am Diskutieren waren.
    "Müsst ihr denn euren Vater immer so herausfordern?"
    "Ich bin kein kleines Kind mehr, Bianja."
    "Ihr wisst doch genau, wie das endet."
    "Ja."
    "Adya, ihr..."
    "Genug, Bianja, du bist nicht meine Mutter! Vater sagte, ich solle mir endlich eine Begleitung für den Empfang suchen, hier ist sie!", und ihre Hand zeigte ausladend auf Raccan. Ein herrischer Tonfall ergriff die Waldelfe, sie erinnerte in diesem Moment mehr an ein bockiges Mädchen als an die elegante, immer fröhliche und sorgenlose Frau.
    "Aber..."
    "Nichts Aber. Ich werd es ihm schon sagen, ist nicht deine Sache, Bianja. Und jetzt richte das Gästezimmer oben her."
    Eine kleine Pause folgte.
    "Wie ihr wünscht, Adya", antwortete das Hausmädchen schließlich, sichtlich eingeschüchtert, warf Raccan noch einen mitleidigen Blick zu (zumindest interpretierte er das so) und verschwand dann die Treppe nach oben. Das ungute Gefühl verstärkte sich als Adya sich wie ausgewechselt zu Raccan herumdrehte, keine Spur mehr von der gerade noch befehlenden Art und Weise; im Gegenteil, die gute Laune war in das Gesicht der Elfe zurückgekehrt, als wäre nichts passiert.
    "Und, gefällt's dir hier?", strahlte sie den Rothwardonen an, trat auf ihn zu und schmiegte sich, für Raccans Geschmack etwas zu aufdringlich, an seine Seite. Er versuchte sich nichts anmerken zu lassen und tippte die kleine goldene Waage auf der Kommode, die neben ihnen stand, leicht an, sodass sie in eine wippende Bewegung verfiel.
    "Doch, ja, schon recht schön", antwortete er ausweichend.
    "Recht schön...", äffte sie ihn grinsend nach.
    "Wegen dem Empfang...", setzte Raccan an und überging abermals den beißenden Spott Adyas, aber sie fiel ihm in's Wort.
    "Jetzt fang du nicht auch noch an. Du hast es mir versprochen...", sie änderte dabei ihren freudigen Gesichtsausdruck nicht, jedoch lag etwas in der Stimme der Waldelfe, was den Assassinen stutzen ließ.
    Sonst wird es mir leidtun, vervollständigte er Adyas Aussage in Gedanken. Ja, auf den ersten Blick wirkte diese Waldelfe naiv. Auf den Zweiten arrogant. Und auf den dritten Blick unglaublich hinterlistig und verschlagen, und der Rothwardon dachte zurück an die Situation, wie sie es überhaupt geschafft hatte, ihn für diesen Empfang zu 'verpflichten'.
    Raccan seufzte.
    "Ja, das habe ich", sagte er und hielt mit dem Finger die kleine Waage von ihrer Pendelbewegung ab.
    Adya ließ sich nicht beirren, zog den Assassinen von der goldenen Dekoration weg und setzte ihr 'Gespräch' mit Raccan unbeirrt fort.
    "Ich zeig dir jetzt mal das Haus, damit du dich nicht verläufst", kicherte sie und öffnete die Flügeltüren in den nächsten Raum.

    [...]

    Eine gefühlte Ewigkeit später saß Raccan allein auf dem weichen Doppelbett des Gästezimmers und ließ die Führung noch einmal gedanklich für sich ablaufen. Es wurden ihm soviele Zimmer und Räume gezeigt, dass er Mühe hatte, überhaupt noch alle zusammen zu bekommen. Der Speisesaal zu Anfang war sogleich beeindruckend, wirkte doch die riesige gedeckte Tafel in der Mitte immer noch zu klein für diesen großen Raum. 'Hier würde der Empfang stattfinden' hatte ihm Adya erzählt, aber im Grunde würden sich die Gäste im gesamten Haus frei bewegen können, mit Ausnahme des Obergeschosses. Das hatte die Waldelfe auch bei ihrer Führung ausgespart mit der Begründung, dass das die Gemächer ihrer Eltern seien. Nichtsdestotrotz waren die restlichen Örtlichkeiten trotzdem beeindruckend. Neben dem Speisesaal befand sich im Erdgeschoss ebenfalls ein großer Wohnbereich mit Kamin und der Ausgang zur Terrasse, welche sich wie vermutet hinter dem Haus befand. Die erste Etage beinhaltete vorrangig Gästezimmer, welche jedoch offensichtlich nur für gehobene Gäste gedacht waren, denn wenn sich Raccan hier so umschaute, konnte er sich nicht vorstellen, dass die Soldaten hier einquartiert wurden. Alles war aus bestem Material, wie in jedem der Räume, die er gesehen hatte. Der Höhepunkt der Führung war schlussendlich das Badezimmer, welches sich in derselben Etage wie die Gästezimmer befand. Weißer Marmor zierte Wände und Boden, und in Letzteren eingelassen war eine Art große Wanne, jedoch leer. 'Wenn du baden willst, dann sag Bianja Bescheid, sie leitet alles in die Wege', und Adya erklärte irgendetwas von einem ausgeklügelten System zur Beschaffung von warmen Wasser aus dem Keller bis hierher; Raccan verstand nicht so wirklich, was sie da erklärte, letztendlich schleppten sie wohl auch nur das Wasser irgendwie hier herauf.
    All das konnte den Wüstenkrieger jedoch nur kurzzeitig von seinem Gefühl ablenken. Er wusste es nicht einzuordnen, ob es nun eher Skepsis oder eine böse Vorahnung war; vielleicht fühlte er sich auch einfach nicht wohl in dieser feinen Umgebung, auch das war möglich.
    Der Blick zum Fenster verriet Raccan, dass es bereits dunkel geworden war, und er ging zu der verglasten Balkontür und schaute hinaus. Die auf dem Rasen entlanglaufenden Patrouillen waren von hier aus nur als Fackelpunkte erkennbar, und über den Baumkronen erhob sich in der Ferne die Stadt Skingrad. All das wirkte furchtbar idyllisch, wenn nicht sogar schon wieder zu sehr; der Rothwardon strich sich mit beiden Händen durch die Haare während er sich streckte und mit den Augen die kleinen Lichtquellen auf der Wiese verfolgte. Das werden lange Tage...

    [...]

    Während die streng aussehende Hochelfe das Gesicht des Assassinen betastete und mit einem Holzspatel einen seltsam riechenden Pflanzenbrei auf seine Wunden rieb, tigerte Adya in dem Zimmer auf und ab und schien recht nervös zu sein; Raccan freute sich zwar irgendwo über eine gewisse Art der Fürsorge, aber er hatte das Gefühl, dass diese nicht ihm galt. Die letzten Tage waren einfach so an ihm vorbeigezogen.
    "Bis übermorgen muss das verschwunden sein. Wie soll das denn aussehen auf dem Empfang? Komplett entstellt", und sie deutete auf die kleine Schwellung an Raccans Schläfe, wo ihn Tage zuvor der gepanzerte Handschuh des Orkbanditen getroffen hatte. Entgegen der Einschätzung des Rothwardonen regenerierte sich das Gewebe nicht schnell genug, oder zumindest tat es das in den Augen der Waldelfe nicht.
    "Morgen kommt mein Vater von seiner Reise zurück, und da kann ich ihm doch niemanden präsentieren, der aussieht, als hätte er an einer Hafenschlägerei teilgenommen", motzte Adya weiter, aber die Hochelfe erwiderte nichts und vollendete professionell ihre Arbeit.
    "Solch eine Mühe...", murmelte die Frau und schüttelte leicht den Kopf. Raccan stutze, sagte jedoch nichts; anscheinend war die Elfe von Adya ziemlich genervt.
    "Morgen lerne ich also deinen Vater kennen?", versuchte der Assassine das Thema aufzugreifen, erntete dafür aber nur einen verständnislosen Blick von Adya, ehe sie doch noch antwortete, diesmal etwas versöhnlicher.
    "Ja. Aber du solltest mich reden lassen. Er kann ziemlich....aufbrausend sein".

    [...]

    "Sehr geehrte Gäste, ich begrüße sie in meinem bescheidenen Haus...". Während der etwas untersetzt wirkenden Waldelf am Kopfende der großen Tafel sich vor seinem mit Samt bespannten Lehnstuhl postiert hatte und begann, die Eröffnungsrede zu halten, blickte Raccan unauffällig in dem Speisesaal umher, musterte die Anwesenden und dachte über die letzten Tage nach, während Adya zufrieden lächelnd neben ihm saß und der Ansprache ihres Vaters lauschte. Es war eine skurrile und äußerst unangenehme Situation, in der sich der Rothwardon gerade befand, denn erst gestern hatte er erlebt, was Adya mit 'aufbrausend' gemeint hatte. Er lernte ihren Vater Trálír kennen, und dieser hatte daraufhin einen Wutanfall erlitten, in dem er sogar damit gedroht hatte, die Feierlichkeiten abzusagen. Nur dem guten Zureden seiner Frau und Adyas Mutter war es zu verdanken, dass der in ein prächtiges Gewand gehüllte Besitzer des Anwesens nun gute Miene zum bösen Spiel machte und mit einem leicht gequälten und aufgesetzt wirkenden Lächeln gerade etwas von dem wichtigen Status philosophierte, welchen der Adel in Skingrad einnahm und dass ohne sein Zutun die Stadt quasi nur ein Dorf wäre. Die Tatsache, dass er einer der wenigen Nicht-Elfen in diesem Raum war (tatsächlich entdeckte er außer sich nur noch zwei Kaiserliche und drei Bretonen, von denen ihm bereits die beiden Halbstarken aus der Taverne bekannt waren; bei dem Rest handelte es sich ausschließlich um Wald-, Dunkel- oder Hochelfen) machte es ihm nicht unbedingt leichter sich zu entspannen und den Abend zu genießen. Von der Seite blickte er in Adyas fein geschnittenes Gesicht und beugte sich leicht zu ihr herüber.
    "Ich fühl mich irgendwie fehl am Platz...", flüsterte er kaum hörbar und blickte abermals in die Runde.
    Ohne den Blick von ihrem Vater zu nehmen oder das Dauerlächeln einzustellen antwortete sie.
    "Du hast es mir versprochen, vergiss das nicht.".
    Wo werd ich denn, du wirst ja nicht müde, es zu erwähnen.
    Der Kopf von Trálír ruckte in Raccans Richtung und fixierte den potentiellen 'Eindringling', während der Mann weitersprach: "...und welche Steine uns auch in den Weg gelegt werden, und welche unangenehmen Überraschungen das Schicksal für uns bereithält...", und er löste die Augen wieder von dem Assassinen, der es sich durch diese indirekte Zurechtweisung nun sparte, weiter mit Adya zu diskutieren und nun darauf konzentrierte, nicht aufzufallen. Gut, jetzt bist du hier, lässt sich nicht ändern. Wirst du schon schaffen.

    Auf die Rede folgte das Abendmahl, welches keine sonderlich großen Überraschungen bereithielt. Raccan beschränkte sich darauf, gelegentlich auf Adyas Einlassungen und Fragen zu reagieren und verzehrte dabei die Rehkeule, welche zugegebenermaßen wirklich sehr gut schmeckte, obwohl der Rothwardon dieser seltsamen Zubereitung mit grünen Blättern und einer bräunlichen Soße optisch zunächst nicht sonderlich viel abgewinnen konnte. Mit seinem direkten Nachbarn rechts neben sich, ein Dunmer, wechselte er kein einziges Wort, wobei dieser sich sowieso alle Mühe gab, den einen Kopf größeren Raccan neben sich bewusst zu ignorieren. Auf den Hauptgang folgte eine Nachspeise, und nachdem auch diese überstanden war, ging die Allgemeinheit zum Klatsch und Tratsch über, während im Hintergrund eine für Raccans Ohren ungewöhnlich klingende Musik vor sich hinträllerte. Adya war anscheinend zum Plaudern aufgelegt, erhob sich und forderte den Rothwardonen auf, sie zu begleiten. Selbstverständlich hakte sie sich bei ihm ein und führte ihn zu einer Gruppe Frauen, allesamt Waldelfen und Adya in Sachen Aussehen keineswegs überlegen.
    "Alién, Eire, Liloé, darf ich euch meine Begleitung vorstellen", säuselte sie vergnügt und kuschelte sich an die Seite des Rothwardonen, während dieser sich den musternden Blicken der Frauen ausgesetzt sah.
    "Beeindruckend, Adya. Wie heißt er denn?", fragte die Kleinste der Elfen, Eire, ebenfalls wie Adya schwarzhaarig, mit schlanker Figur und giftgrünen Augen, während sie den Assassinen von oben bis unten musterte und ihre Haare mit dem rechten Zeigefinger aufwickelte. Raccan wollte gerade antworten, da fiel Adya ihm in's Wort.
    "Raccan, ich hab ihn in der Stadt getroffen und er konnte mir nicht wiederstehen...", kicherte die Elfe und ihre Freundinnen stimmten mit ein, ehe die Brünette, Alién, nachsetzte.
    "Wo kommt er denn her", und dabei ließ sich unschwer erkennen, dass sie den Rothwardonen quasi mit den Augen auszog.
    Abermals wollte Adya antworten, doch diesmal fuhr der Assassine ihr in die Parade.
    "Er kommt aus Hammerfell und kann auch sehr gut für sich selbst sprechen", bemerkte Raccan mit einem Seitenblick auf Adya, legte den Arm um sie und musterte dann nacheinander die drei Frauen vor sich, die ihn erstaunt anblickten wie als wollten sie 'Oh, es kann reden' sagen. Auch die Augen der Adligen waren auf den Rothwardonen gerichtet, und in etwa konnte er sich schon vorstellen, was in ihrem Kopf vorging. Umso überraschender war ihre Reaktion. Sie kicherte und streichelte seinen Rücken, während sie sich noch enger an ihn schmiegte.
    "Entschuldige bitte, ich mach es später wieder gut...", und die Reaktion war ein zweideutiges Grinsen, welches sich auch auf die Freundinnen Adyas übertrug.

    Der Abend schritt voran, und Raccan ertappte sich dabei, dass ihm die ganze Feier weitaus angenehmer wurde je länger sie dauerte. Tatsächlich unterhielt er sich angeregter als gedacht mit den anwesenden Gästen, sie interessierten sich für seine Herkunft und sein "ungewöhnliches" Leben in der Wüste. Viele Sachen sparte er aus, und doch kam sich Raccan mit der Zeit nicht mehr so unwillkommen wie noch am Anfang vor, im Gegenteil, man ging auf ihn ein. Zuerst kam ihm das verdächtig vor, doch er tat dies als Hirngespinst ab und fuhr mit den Unterhaltungen fort, bis sich kurz vor Mitternacht plötzlich Adya an seine Seite gesellte und seine Hand nahm. Ihm war ihr kurzzeitiges Fehlen bis dahin nicht weiter aufgefallen, aber jetzt zog sie ihn leicht zu sich hinab, stellte sich dabei auf Zehenspitzen und flüsterte in sein Ohr.
    "Ich hab eine Überraschung für dich, Raccan...", säuselte sie, und der Rothwardon kam nicht umhin, sich zu fragen, was das wohl für eine Überraschung wäre; gut, zugegebenermaßen konnte er sich die grobe Richtung schon denken, Adyas Körpersprache war schon den ganzen Abend alles andere als abweisend gewesen, und so ließ er sich von ihr führen. Auf dem Weg stutzte er bereits, in dem Saal befanden sich kaum noch Leute, dabei machte der Empfang nicht den Eindruck, als ob er schon beendet wäre. Adya ließ sich davon nicht beirren, zog den Assassinen in Richtung geschlossene Terrassentür, stieß sie auf und trat mit ihm hinaus.
    Ein seltsamer Anblick bot sich ihm. Alle Gäste hatten sich hier draußen versammelt, blickten den Rothwardonen und die Elfe beim Eintreffen direkt an, schienen auf etwas zu warten. In der Mitte der mit Steinplatten gepflasterten Terrasse befand sich ein von kleinen Fackeln eingerahmter leerer Kreis von etwa zwanzig Metern Durchmesser, um den sich die Leute gescharrt hatten. Raccans Augen zuckten zu dem Gebilde, musterten die Leute. Das sieht aus wie..., aber weiter kamen seine Gedanken nicht; plötzlich spürte er Adyas Hände in seinem Nacken, welche ihn sanft herunterzogen, ihre Lippen drückten sich auf seine, küssten den Assassinen innig. Raccan war perplex, erwiderte den Kuss zögerlich, aber dann ging alles rasend schnell. Die Elfe glitt mit ihren Fingern plötzlich von seinem Hals nach unten, griff den Kragen seines Gewands mit beiden Händen und riss ihn einfach herunter. Das Geräusch von reißendem Stoff drang an Raccans Ohren, er wollte sich von ihr lösen, doch zu spät. Die Kleidung fiel zu Boden, mit entblößtem Oberkörper stand er inmitten der Leute, den skurrilen Kreis in seinem Rücken. Adya löste den Kuss, lächelte, während sie mit den Händen über die tätowierte Brust des Rothwardonen strich, sich auf die Unterlippe biss und den Anblick sichtlich genoss. Ihr Kopf zuckte nach oben, sie fing Raccans verwirrten Blick mit ihren wunderschönen Augen ein.
    "Mach mich stolz, Süßer...", säuselte sie wie in Trance, verwegen lächelnd, legte beide Hände auf den Oberkörper des Assassinen und stieß ihn sanft, aber bestimmt von sich. Er war wie gelähmt, überwältigt von der Situation, folgte der Bewegung, taumelte zurück und fand sich kurz darauf in der Mitte des Kreises wieder, umringt von den Adligen. Die Menge verschluckte Adya, versperrte jeglichen Ausweg, und verloren stand Raccan einfach nur da. Das Blut rauschte in seinen Ohren, all das kam ihm so unwirklich vor. Erlebte er das hier gerade wirklich? Stand er unter Drogen? War das echt?
    Eine Bewegung im Augenwinkel ließ ihn herumfahren, und als er den ihm bekannten Nord erblickte, welcher sich nur mit einem Lendenschurz bekleidet und eine schwere zweihändige Axt auf den Schultern ruhend durch die Menge schob und schließlich ebenfalls den Kreis betrat, dämmerte Raccan, in was er hier hineingeraten war.
    Wie konnte er nur so blind gewesen sein. So naiv. Hatte es ihn nicht verwundert, dass er der einzige auf dem Empfang gewesen war, der eine Waffe trug? Hatte ihn Adyas Hartnäckigkeit nicht stutzig werden lassen? Hatte er all das verdrängt, nur aufgrund eines schelmischen Lächelns und eines Blicks, der mehr sagte als tausend Worte? Der Rothwardon ließ seine Augen über die fremden Gesichter wandern; über Gesichter, welche in freudiger Erwartung des bald folgenden Schauspiels lächelten und ihn interessiert musterten; nicht ihn als Person, sondern als fleischgewordene Unterhaltung. Was bildeten sie sich ein? Er würde diesen Nord niemals freiwillig töten. Freiwillig. Das war das Zauberwort. Nichts hier war freiwillig, und instinktiv schaute er nach oben. Und dort waren sie. Die ganze, schreckliche Familie, versammelt auf dem Balkon, mit bester Sicht auf den Kreis. Trálír. Zu seiner linken seine Frau. Zu seiner Rechten Adya, daneben ihre Freundinnen. Alle blickten sie auf ihn herab. Aufgrund der Dunkelheit konnte Raccan ihre Gesichter nicht sehen, aber er wusste, dass sie lächelten. Allesamt. Seine Augen zuckten auf die Balustrade. Dort standen Bogenschützen, hatten die Pfeile bereits angelegt, zielten auf ihn. Richtig, nichts hier war freiwillig.
    "Willst du überleben, kämpfe, Rothwardon!", dröhnte es plötzlich vom Balkon mit Trálír's Stimme, und ein Geschoss zerbarst direkt vor Raccans Füßen.
    "Doch sei gewarnt, unseren Golk konnte noch niemand bezwingen...", und wie zur Untermalung schnaubte der Nord laut und setzte die Axt mit einem metallischen Klirren auf dem Boden ab.
    Raccans Blick wurde ausdruckslos, in seinem Kopf herrschte vollkommene Leere. Die Welt, so wie er sie kannte, zerbröckelte mit jedem Wort, mit jeder Silbe, mit jedem Buchstaben, den Trálír ihm entgegen schleuderte. Er war nur Mittel zum Zweck. Hatte sich von einer Frau um den Finger wickeln lassen, welche mit ziemlicher Sicherheit schon bei ihrer ersten Begegnung diesen Plan ausgeheckt hatte. All die spöttischen Bemerkungen ergaben nun einen Sinn. Der Streit mit ihrem Vater, ebenfalls fingiert. Der schüchterne Blick der Haushälterin. Der verängstigte Stall-Khajiit. Die Bemerkung der Hochelfe beim Versorgen seiner Kopfwunde. Alles Indizien, aber er war zu blind gewesen, es zu sehen; betört von dem üppigen Ausschnitt einer verwöhnten Göre, wie ein kleiner Junge war er ihr hinterhergehechelt.

    Es genügte ein Wort, um seinen Kopf wieder zu füllen.
    "Beginnt!", rief Trálír plötzlich laut, hob dabei die Arme und ein Raunen ging durch die Leute, als der Nord die Axt mit beiden Händen packte, seine Muskeln anspannte und auf Raccan zukam. Dieser warf den Kopf herum, griff instinktiv nach seinem Säbel und wog ihn locker in der Hand. Gegen die Waffe des Nords wirkte seine Klinge wie ein Spielzeug, in den Händen des Assassinen jedoch war sie eine tödliche Waffe. Während der Barbar ausholte und die Axt von oben auf Raccan niedersausen ließ, wich dieser behände zur Seite aus. Das riesige Schlaginstrument zertrümmerte eine Bodenplatte, kleine Steinsplitter spritzen umher, schmerzten auf der ungeschützten Haut. Aber davon bemerkte der Rothwardon rein gar nichts. In seinem Kopf überschlugen sich nun die Gedanken, sein Körper jedoch war voll einsatzbereit und instinktiv in den Kampfmodus gewechselt. Das hier würde nicht das Ende sein. Sein Ende wär auch Sahis Ende. Sahi. Die letzten Tage hatte er keinen Gedanken an sie verschwendet, hatte sie vergessen, ja, nicht einmal ihren Brief hatte er bis jetzt beantwortet. Er hatte seine kleine Schwester einfach vergessen. Was war er für ein Bruder, der nicht einmal seine Schwester beschützen konnte. Die Axt flog von der Seite heran, Raccan ging blitzschnell in die Knie, die Waffe strich haarscharf über seinen Kopf hinweg, beschrieb eine Kurve, der Nord wollten den Schwung nutzen und ließ die Axt wieder von oben auf seinen Gegner niedergehen, aber der Assassine rettete sich mit einer Hechtrolle zur Seite, federte sich geschmeidig ab und stand sogleich wieder auf den Beinen, den Barbaren fixierend, der soeben eine weitere Platte zerstörte. Die Rufe der Adligen blendete er aus, ihre lüsternen Blicke, welche nach Blut verlangten und sich an den durchtrainieren Körpern erfreuten. Jetzt hieß es er oder der Nord. Wollte Raccan überleben, musste er dieses perverse Spiel mitspielen. Denn sein Überleben war auch Sahis Überleben. Das Überleben seiner Schwester.
    Fest griff er den Säbel, ließ ihn schwingen, während er im Halbkreis um den Nord herumschlich, lauernd wie eine Katze. Abermals der Angriff von Oben, eine Drehung und Raccan war ausgewichen, während die Steinplatte zerbrach. Die Chance war da, er schlug zu, die Klinge des Säbels fuhr über den Arm des Barbaren, schlitzte ihn auf, ein Schrei, der durch Mark und Bein ging. Die umstehenden Menge hielt den Atem an. Golk, der Unbesiegbare; er konnte bluten. Ungläubig blickte der Nord auf die Wunde, dann auf den Verursacher, welcher sich schon wieder auf Distanz begeben hatte und den Säbel locker hin und her schwang. Das Blut floss in Strömen, aber der Champion war nun in Rage; ungeachtet des hervorquellenden Lebenssaftes riss er die Axt aus dem Boden und stürmte in Raserei auf Raccan zu, schwang die Waffe wie ein tödliches Pendel, drängte den Rothwardonen zurück. Ein Schmerz wie das Einschneiden von Papier durchzuckte seine Wange, als die Klinge der Axt den Kopf des Assassinen nur um ein Haar verfehlte. Blut lief aus der hauchdünnen Schnittwunde, eine weitere Narbe für den Wüstenkrieger; es würde jedoch eine sein, die ihn für immer an das hier erinnern würde. Sie würde ihm eine Warnung sein. Und sie sollte das Ende von Golk, dem Unbesiegbaren symbolisieren.
    Einen weiterer Pendelschlag des Nords nutze Raccan für eine gewagte Aktion. Er duckte sich nach unten weg, warf sich nach vorn und rollte sich durch die weit auseinanderstehenden Beine des Zwei-Meter-Hünen ab. Dieser verlor durch den Schwung kurzzeitig das Gleichgewicht, taumelte nach vorn, hätte mit seinem Axtschlag beinahe einen der Adligen erwischt, welcher erschrocken zurückwich. Der Assassine hatte sich unterdessen in einer fließenden Bewegung hinter dem Nord aufgebaut, holte aus und zog mit einem kräftigen Schlag den Säbel quer über den Rücken des Barbaren. Die Adligen schrien auf, das Blut spritzte, die Klinge stieß auf Knochen, traf die Wirbelsäule, schrammte darüber hinweg, schnitt sich dahinter abermals tief in den Körper des Nords. Ein Schrei wie der eines verwundeten Tiers, der Nord bog den Rücken vor Schmerzen durch, ließ die Axt zu Boden fallen, ging auf die Knie. Raccan aber zeigte keine Gnade, drehte sich einmal um die eigene Achse, richtete dabei den Säbel anders aus und schlug dem Barbaren ein tödliches Kreuz in den Rücken. Die Stimme erstickte, die Augen rollten nach oben bis nur noch das blutunterlaufene Weiß der Augäpfel zu sehen war. Wie in Zeitlupe kippte der Nord nach vorn und schlug mit einem dumpfen Knall auf dem Boden aus, die Axt unter sich begrabend.

    Es herrschte gespenstische Stille. Raccan blickte, den tropfenden Säbel in der Hand, auf den regungslosen Körper zu seinen Füßen. Sein Oberkörper war mit kleinen Blutspritzern übersät und aus dem Schnitt an seiner Wange floss ein kleines rotes Rinnsal. Golk war tot, daran gab es keinen Zweifel, und doch starrten die Adligen wie gebannt auf die Leiche ihres ehemaligen Champions, wie als würden sie hoffen, er würde sich doch noch einmal aufrichten. Aber es geschah nichts, der Körper bewegte sich nicht mehr, und eine Blutlache breitete sich bereits unter ihm aus. Raccans Kopf zuckte nach oben zum Balkon, er konnte Trálír erkennen, welcher sich auf dem Geländer aufstützte und fassungslos die Szenerie unter sich betrachtete. Der Rothwardon rechnete damit, dass der Elf jeden Moment den Befehl gab, ihn niederzuschießen, aber nichts dergleichen geschah, die Situation hatte ihn augenscheinlich überrumpelt. Der Assassine ließ den Kopf wieder sinken, warf noch einen Blick auf den toten Nord und ging dann langsam auf die Terrassentür zu. Die Menge teilte sich stumm, musterte ihn mit angsterfüllten Augen, keiner wollte sich ihm in den Weg stellen. Feiges Pack, und er schaute nicht zurück, als er die Tür leise hinter sich schloss und sich damit den Blicken der Menge entzog.

    Wie in Trance war er die Treppen hinaufgelaufen und hatte sein Zimmer gefunden. Er musste hier weg, auf der Stelle. Gerade legte er seine Rüstung an, als er ein Geräusch hinter sich an der Tür vernahm und herumfuhr.
    Da stand sie. Adya. Und...sie lächelte.
    "Ich wusste, du schaffst es...", säuselte sie und trat in das Zimmer, die Haare auf ihre typische Art und Weise sich um den Zeigefinger wickelnd.
    Raccan sagte nichts, zog die ledernen Laschen durch die Schnallen und zurrte den Wams fest. Den Säbel wischte er an der blutbespritzen Hose, welche auf dem Bett lag, ab und befestigte ihn an seinem Gürtel. Er drehte sich zur Tür wollte hier einfach nur noch raus, aber Adya stand nun direkt vor ihm, lächelte ihn sanft von unten herauf an.
    "Du hast bewiesen, dass du unser Champion bist, du musst nicht gehen...", säuselte sie weiter und legte ihre Hände auf Raccans Brust. Dieser aber griff ihre Handgelenke, beugte sich nach unten und hielt erst wenige Zentimeter mit seinem Gesicht vor dem Ihren inne. Er las in ihren Augen, sie versuchte es wieder mit ihrem Blick, aber dieser wirkte bei Raccan nicht. Nicht mehr. Er lächelte ausdruckslos.
    "Fahr zur Hölle", flüsterte er, stieß sie zurück und verließ das Zimmer, ohne noch einmal zurückzusehen.

    Auf dem Weg nach draußen begegnete ihm niemand, man hielt ihn nicht auf, und unbedrängt betrat er den Stall. Der kleine Khajiit kam angelaufen, machte große Augen wie als hätte er nicht mehr mit dem Assassinen gerechnet.
    "Mein Pferd...bitte", sprach Raccan kurz angebunden das Katzenwesen an, aber dieses rührte sich nicht.
    "Bitte...", versuchte es der Rothwardon nochmals, und das schien den Stallburschen aus seiner Starre zu lösen, denn er wuselte davon und führte kurz darauf Raccans Pferd samt Ausrüstung zu ihm.
    "Danke", und er wollte sich schon abwenden, aber dann wandte er sich doch noch einmal dem Khajiiten zu. "Du musst nicht hierbleiben...". Ausdruckslose und traurige Augen trafen Raccan, der Stalljunge ließ die Schultern hängen und schüttelte den Kopf. Es ließ sich nur erahnen, was ihm angedroht worden war, und so traurig es auch war, darauf konnte Raccan keine Rücksicht nehmen. Er fand es sowieso schon erstaunlich, so weit gekommen zu sein, ohne aufgehalten zu werden, da konnte er nicht das Risiko eingehen und unnötig Zeit verschwenden. So seufzte der Assassine nur, saß auf und machte sich auf dem Weg zum Tor des Anwesens. Bereits von Weitem hatte er seinen Bogen gezückt um sich notfalls den Weg durch die Torwächter freizuschießen, aber von denen fehlte jede Spur. Ein Hinterhalt? Skeptisch blickte Raccan sich um, prüfte vom Pferd aus das Tor, welches zu seiner Überraschung nur angelehnt war. Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht. Aber dann besann sich der Rothwardon; wollte er hier wirklich warten, bis die Wachen aus dem Anwesen ihn aufhalten würden? Nein. Jetzt musste er darauf vertrauen, dass Satakal ihm den Weg geebnet hatte. Dies fiel ihm schwer, aber eine bessere Erklärung hatte er beim besten Willen nicht, und damit drückte er die Fersen in die Flanken des Pferdes und ritt im Dunkeln den schmalen Pfad Richtung Skingrad entlang...

    Die Nacht war kühl und von der angenehmeren Sorte, aber davon merkte Raccan nicht viel, während er den Weg entlangritt, dann die Hauptstraße erreichte und sich ratlos umsah. Aus Reflex befühlte er seine Taschen, obwohl er wusste, dass sich kein einziger Septim darin befand. Das würde draußen schlafen bedeuten, aber derzeit hatte er sowieso das Gefühl, ständig die falschen Entscheidungen zu treffen, also was soll's. Er lenkte sein Pferd die Goldstraße Richtung Nordosten entlang und entschied spontan in den Wald abzubiegen. Unweit der Hauptstraße saß er ab und richtete sich ein provisorisches Lager her, und nachdem das Feuer endlich brannte, lehnte er sich an einen nahen Baum und rutschte daran hinab, wo er kraftlos sitzenblieb und in das kleine, flackernde Feuer starrte.
    Dieses Land ist nichts für dich. Nur Intrigen und Verrat. Was machst du eigentlich noch hier? Du hast deinen Auftrag erfüllt, die Katze ist tot. Er warf einen Blick zum Pferd und seinem Gepäck, in dem das zusammengerollte Fell des Khajiits verstaut war. Richtig, das Schwert ist weg, was fast so schlimm ist als wenn ich selbst der Verräter wäre. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, es wiederzufinden? Wieviel Zeit war seitdem vergangen? Werden mir diese Adligen auf den Fersen sein?
    Er befühlte seinen Hals, spürte Sahis Geschenk, betrachtete die kleine Pfeife lächelnd, blies lautlos hinein. Nichts geschah, nur das Rauschen der Bäume und das knisternde Feuer. Hatte Jail ihn verlassen? Es würde ihn nicht wundern. Noch einmal legte er die Lippen an das zierliche Instrument, endlose Sekunden verronnen, bis er endlich den vertrauten Flügelschlag vernahm, der Falke aus der Dunkelheit heran schoss und zielsicher auf einem umgekippten Baum neben dem Lagerfeuer landete. Ein schönes Tier, wie eh und je, anscheinend hatte er sich geputzt, denn von dem Sand war nichts mehr zu sehen. Natürlich nicht, es waren ja auch einige Tage vergangen. Zuviele Tage. Raccan streckte seinen Hand nach vorn aus und machte eine kleine Geste mit den Fingern, worauf sich Jail abstieß, zu Raccan herüberflog und auf seinem Handgelenk landete. Die scharfen Krallen bohren sich in seine Haut und hinterließen kleine, blutende Mahle, aber in diesem Moment war dem Assassinen das vollkommen egal. Er strich über den Kopf des Falken und seinen Rücken hinunter, woraufhin Jail innehielt und die ungewohnte Berührung sichtlich genoss.
    Er musste diesen Brief schreiben, so schwer es ihm fiel. Er musste schreiben, dass er das Schwert verloren, dass er versagt hatte. Aber für den Moment gab nur ihn, den Falken, sein Pferd und die Nacht. Sonst niemanden.

  14. #314
    1. Schenke zum Schlechten Omen



    Als Arcturus die Schenke betrat schaute Mannheim ihm nervös entgegen."Was gibts es Mannheim?" fragte Arcturus vorsichtig."N-Nichts. Ich weiss nicht ähm wollt ihr auf euer Zimmer oder soll ich euch ertsmal was zu essen bringen?". Etwas zu essen könnt ihr mir bringen aber das Zimmer lassen wir erstmal ich bin nämlich nicht zufrieden damit. Ich möchte ein neues." Mannheim sah ihn erschrocken an und gab ihm wortlos die Schlüssel für das Kellerzimmer. Arcturus drehte sich um und ging zur Falltür die in den Keller führte. Am Zimmer angelangt legte er die Hand auf die Klinke und atmete tief durch und öffnete dann ruckartig die Tür.Er machte einen Schritt in den nur vom Kaminfeuer beleuchteten Raum.Der Lichtschein wurde jedoch in Zwei breite strahlen geteilt dadirekt vor dem Kamin eine Gestalt in einem Kapuzenumhang stand. Sie hatte Arcturus den Rücken zugekehrt. Als er gerade etwas sagenwollte begann die Gestalt zu sprechen: "Wie ich sehe habt ihr euch meine Nachricht zu herzen genommen mein alter Freund. Das ist gut sehr gut."


    "Wer seid ihr" fragte Arcturus mit weit aufgerissenen Augen. "Was habt ihr hier zu suchen und wer ist in dem anderen Zimmer?" Der Mann drehte sich langsam um und sah Arcturus nun direkt an. Durch das dunkle in der Kapuze konnte man jedoch sein Gesicht nicht sehen. "Was glaubt ihr den wer ich bin? Ein weiterer Meuchelmörder der euch,aufgrund eurer Taten, auf den Hals gehetzt wurde? Nein das bin ich nicht. Macht euch mal keine sorgen Arcturus. Ich bin hier um euch zu helfen, nicht um euch zu töten."


    Acrturus wich zwei Schritte zurück und zog seine Axt aus dem Gürtel die immer noch vom Blut des Assassinen bedeckt war. "Ich warne euch.Ich habe in der letzten Woche mehr als genug Menschen getötet, erklärt euch jetzt und zwar auf der Stelle sonst seid ihr des Todes!"

    "Lasst mich euch erst etwas erklären. Wie gesagt bin ICH nicht hier um euch zu töten aber oben im Zimmer, das ihr zuvor bewohnt habe, werdeneuch zwei Vollstrecker und der Zuhörer der Dunklen Bruderschaft selbst erwarten. Die Bruderschaft hat endgültig genug. Sie wollen und werden keinen weiteren Assassinen mehr verlieren. Deswegen will der Zuhörer selbst nun ein Exempel an euch statuieren. Lasst mich euch helfen Arcturus... Bitte ich will euch nichts böses. Lasst uns zu diesen Schweinen nach oben gehen und sie fertig machen. Und nun lass mich ich dir beweisen das ich nicht dein Feind bin und auch nie dein Feind war."


    Der Mann tratt einen Schritt auf Arcturus zu und zog dann seine Kapuze vom Kopf...es herrschte Stille. Minutenlang starrte Arcturus nur seinen gegenüber an den er konnte es einfach nicht fassen. "Decius."flüsterte er mit vor Tränen erstickter Stimme. Auf einmal ließ erseine Axt fallen und bevor er sichs versah lag er schluchzend in denArmen des Freundes den er so lange nicht gesehen hatte. Die beiden standen lange Zeit nur da und endlich, als sie sich trennten, sagte nun auch Decius, mit einer Träne in seinem ihm verbliebenen Auge:"Es freut mich sehr dich wiederzusehen mein Alter Freund. Zehn Jahre sind eine viel zu lange Zeit um einen Freund zu vermissen.""Da hast du wohl recht Decius, aber was machst du hier nur? Und wie hast du mich gefunden?" fragte Arcturus.


    "Nunja ich habe meine Mittel und Wege." meinte Decius Augenzwinkernd."Aber alles andere Später. Wir müssen uns jetzt erstmal um diedrei Deppen kümmern die da oben ,sich die Beine in den Bauch,stehen." Arcturus erwiederte: "Also gut auf gehts."


    Acrturus folgte Decius ohne zu zögern die Treppe nach oben. Vor dem Zimmer angelangt stellte sich Decis mit gespanntem Bogen vor die Tür und Arcturus öffente Blitzschnell von der Seite die Tür. Decius liesseinen Pfeil fahren und der landete direkt im Auge eines Assassinen.Die anderen beiden Personen im Raum sprangen auf und wollten zur Tür rennen, sie wurden jedoch beide von einem von Arcturus Feuerbällen an die Wand geschleudert. Während Arcturus mit seiner Axt das Endedes einen besiegelte rappelte sich der andere wieder hoch und wollte nochmal zur Tür rennen. Decius jedoch warf seinen Dolch mit eiskalter Präzision. Mit, vor Entsetzten, weit aufgerissenen Augen fasste der Assassine an seinen Hals, aus dem der Griff des Dolches herausragte. Seine Augen drehten sich noch während der Bewegung nach hinten und er sackte mit einem leisen gurgeln endgültig in sich zusammen.

    Nachdem das Blutige Werk verrichtet war sahen sich die zwei Freunde die Leichen genauer an als Decius plötzlich erstarrte :"Verdammt der Zuhörer ist nicht hier."
    Geändert von TiberSeptim (06.01.2014 um 21:07 Uhr)

  15. #315

    Sheogorad, nordwestlich von Dagon Fel, Küste zum Geistermeer

    Brutale Kopfschmerzen pressten von allen Seiten auf sein Bewusstsein ein. Was bei den vier Säulen? Er brachte nur ein gequältes Stöhnen zu Stande. Harter, felsiger Untergrund bohrte sich in seinen Rücken. Kalter, felsiger Untergrund. Es dauerte einige Augenblicke, bis Arranges zu der Erkenntnis kam, dass er... oder zumindest sein Oberkörper ziemlich nackt war. Die Situation passte überhaupt nicht dazu, wie er in der Taverne in Dagon Fel eingeschlafen war. Und da war noch etwas. Seine Gliedmaßen, Zehen, Finger! Alles war taub vor Kälte! Wie kann das sein?! Arranges Kontemplation und sein Wissen um Feuerzauber schützten ihn normalerweise automatisch vor Kälte im Schlaf. Sein Geist war derart neben der Spur, dass Arranges erst jetzt bemerkte, dass er gar nichts sah. Seine Augenlider waren geschlossen. Er versuchte sie zu heben.
    Nichts.
    Er versuchte überhaupt sich zu rühren.
    Außer einem Zucken in den Armen geschah nichts. Erschreckend wenig. Der Magier horchte in sich hinein ob er irgendwelche Verletzungen hatte. Er war kein Heiler, aber an diesem Punkt konnte er sicher sagen, dass er keinen Blutverlust hatte und auch nichts gebrochen war. Kein Schlag auf den Kopf. Aber wer hat mich hierher - wo immer ich auch bin - gebracht und das völlig ohne dass ich irgendetwas bemerkt hätte? Arranges war vergleichsweise sicher alt, aber wenn jemand mächtig genug, ihn so zu überwältigen, in die Taverne in einem kaiserlichen Außenposten eingebrochen wäre, müsste er irgendetwas bemerkt haben.
    Zunächst muss ich diese Taubheit in den Armen loswerden. Arranges fokusierte Magie in seine Fingerspitzen... Und bemerkte davon rein gar nichts. Was ist das? Es ist kein Lähmzauber, so viel steht fest. Eine generelle Kälte, nicht von außen, von innen!? Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht mehr. Allerdings konnte dies auch der Dauer geschuldet sein, die er bereits hier lag. In jedem Fall musste er hier weg, bevor seine Entführer nochmals zurückkehrten. Er spürte, dass er Beinkleider trug, ob es seine eigenen waren konnte er unmöglich sagen. der Kaiserliche atmete tief ein und aus. Und ein und aus. Das Pochen in seinem Hinterkopf legte sich ein wenig. Und ein und aus. Er konzentrierte sich auf seine Magie. Und ein und aus. Seine Brust begann zu schmerzen, während er in seinem Mund einen beißenden Rauchgeschmack hatte. Und ein und aus. Nadelstiche gingen durch seine Finger, er knirschte mit den Zähnen und verzog das Gesicht. Und ein und aus. Der Boden unter ihm erwärmte sich, seine Armmuskeln begannen sich anzuspannen. Und ein und aus. Er spürte, wie ihm Blut schmerzhaft in die Wangen schoss. Ein letztes Mal holte er tief Luft. Seine Hände gehorchten ihm plötzlich unter dem Druck seiner Feuermagie wieder. Er ballte sie zu Fäusten. Seine Lider hoben sich.
    Ich bin... Seine Augen flitzten hin und her und versuchten die Szenerie zu erfassen. In einer Höhle... Die mittlerweile viel zu langen Haare fielen ihm in die Augen. Unter massiver Anstrengung gelang es ihm sich hochzustemmen. Links und rechts musste er sich mit den Händen stützen um nich direkt wieder umzukippen. Der Begriff Höhle war schon eher ein sehr überzogenes Kompliment für diesen Steunhaufen in dem zufällig genug Platz für einen, vielleicht zwei ausgestreckte Männer war.

    Der Nekromant musste sich zuerst eine Weile umsehen, bevor sein Bewusstsein gänzlich wieder zur Realität durchgedrungen war. Erst jetzt kam ihm in den Sinn, dass etwas fehlte - abgesehen von seinem Hab und Gut. Seine Stirn warf tiefe Falten, die ihn plötzlich sehr viel älter erscheinen ließen, als er tatsächlich war. Rote Augen... weiße Haare. Der Kopfschmerz kehrte zurück, während Arranges angestrengt nachdachte. Er schaute auf seine Handflächen, als wolle er dort die Antwort auf sein Sinnen ablesen. Seine Lippen begannen zu beben und wie von selbst formten sie einen Namen: 'Erynn.'
    Es war nicht mehr als ein Flüstern.
    Langsam begann sein Kopf sich zu drehen. Mit der Erwartung, dass die in seiner Erinnerung zierliche Dunmer irgendwo hier in diesem Loch liegen musste, suchten seine Augen den Felsen ab.
    Nichts.
    Dieses nichts zeigt sich mir in der kurzen Zeit seit ich wach bin schon erstaunlich oft. Wird Zeit, dass ich aus einem nichts ein etwas mache...
    Arranges hielt die Sorge um die Dunmer zunächst nieder. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie ebenfalls entführt wurde und irgendwo in der Nähe war, war für ihn hoch genug um sich darum ersteinmal keine Gedanken zu machen. Mit glühenden Händen machte er sich daran, seine Beine von der grausamen Kälte zu befreien.

    Nach einer Weile stand Arranges noch leicht wacklig in dem Loch. Er erkannte den typisch gesprenkelten Felsen der nördlichen und westlichen Regionen Morrowinds. Bei der Höhle handelte es sich um ein Loch, das gerade hoch genug war ihm im Stehen nicht den Schädel einzudrücken und führte nach wenigen Metern zu einem sehr zugewuchterten runden Ausgang. Tageslicht fiel zwischen den typisch braunen Blättern morrowindischer Vegetation hindurch. Das milchige Tageslicht der nördlichen Regionen außerhalb der Aschlande. Ein letztes Umsehen zog seine Aufmerksamkeit auf ein Funkeln zwischen zwei kopfgroßen Steinen. Arranges bückte sich danach und umschloß das Funkeln vorsichtig. Zum Vorschein kam ein Kettenhemd - so weit Arranges das in dem dämmrigen Licht beurteilen konnte.

    Er trat nach draußen und stand nur wenige Meter vom Meer entfernt. Die Tatsache, dass in der Ferne der Gipfel des Roten Bergs fehlte und die Zahl der sich im leichten Wellengang der See spiegelnden Monoliten schon nach rund 100 Metern deutlich abnahm, deutete darauf hin, dass er gerade nach Norden blickte.
    Der funkelnde Gegenstand war tatsächlich ein Kettenhemd. Und nicht nur irgendeines, es war sein Kettenhemd, das Erbstück seiner Familie. Allerdings war es grob zerfetzt und wies Spuren magischen Einwirkens auf. Ich wurde also nicht von gewöhnlichen Banditen verschleppt...

    Der Hang, in dem sich die Höhle befand fiel über drei Meter steil zum kiesigen Strand hin ab. Arranges erklomm ihn mit einiger Mühe. Oben angekommen blickte er über einen leicht hügeligen Landstreifen, übersäht mit Geröll. Die Riesenpilze fehlten beinahe gänzlich bis auf eine Handvoll Ausnahmen. Arranges erinnerte sich nicht im Detail an die Karte Vvardenfells, aber die Riesenpilze gab es nur im Zentrum und im Osten. Er blickte sich weiter um, von Erynn war keine Spur. Für eine Weile stand er nur da und überlegte. Es war sehr lange her, dass er in einer derart prekären Lage war. Überhaupt waren seine Erinnerungen bestenfalls verschwommen. Nicht nur die letzten aus Dagin Fel, sondern alles. Nur eine Nachwirkung des Überfalls... Beruhigte sich der Beschwörer selbst.

    Nachdem er die Steilküste ein wenig abgesucht hatte und keine Anzeichen von Menschen oder Mer gefunden hatte, kam er zu dem Entschluss, dass seine beste Option jetzt Dagon Fel war. Hätte er nicht bereits über die Geographie ausgemacht, wo Norden ist, wäre es mehr als schwer geworden die richtige Richtung einzuschlagen, da der Himmel mit dicken Wolken verhangen war, so aber folgte er der Küste einfach nach Osten. Das Mithrilkettenhemd hatte er sich in die schimmlige Schnur gesteckt, welche eine lottrige Hose um seine Hüften hielt. Während er barfuß über den groben Untergrund lief, sich immer wieder umschauend, versuchte er nochmals zu ergründen, weswegen er ursprünglich überhaupt hier gewesen war. Sie hatten jemanden gesucht... nein, gejagt. Einen Argonier. Aber der Grund dafür wollte ihm partout nicht mehr einfallen. Normalerweise werde ich doch auf Schritt und Tritt von der Gathering beobachtet, aber in dieser brenzligen Situation zeigt sich keiner von denen... überragende Pfeifen...

    Arranges war etwas über einen Tag unterwegs gewesen - inklusive einer Schwimmeinlage - als er in der kalten Morgendämmerung den Turm des Kontors von Dagon Fel auftauchen sah. Na endlich... Sheogorad ist nicht so langgezogen, wie es auf der Karte anmutet... oder ich war nicht so weit weg von der Hauptinsel des Archipels... Arranges war sich seiner Erscheinung bewusst und bemühte sich seine Hände offen zu zeigen ohne auffällig zu wirken, als er sich den provisorischen Verteidigungsanlagen des Außenpostens näherte.
    Eine kaiserliche Wache entdeckte ihn, bevor er jemanden auf den Palisaden ausmachen konnte.
    'HALT! WER DA?'
    Die Stimme des Legionärs klang grundlegend falsch, sie hatte etwas auffallend Panisches an sich. Und auch die Palisade selbst wirkte irgendwie übergewichtig, als hätte man einfach noch zusätzlich einige Stämme und Felsblöcke anmontiert ohne dabei auf Gleichmäßigkeit, sondern auf die pure Verstärkung der schützenden Funktion zu achten.
    Arranges blieb stehen: 'Ich bin ein einzelner Wanderer, ausgeraubt von Banditen.'
    'Kommt langsam näher!'
    Arranges tat was die Wache ihn geheißen. Aus der Dämmerung schälte sich ein bizarres Bild. Von dem Kontor war nur noch die Hälfte übrig, den Hügel hinauf konnte man pechschwarze Brandspuren im Felsen entdecken, die Straße hinter dem Legionär wieß Risse auf, so, als ob jemand mit roher Gewalt versucht hätte sie zu spalten. Was zum Teufel war hier passiert?
    Und genau diese Frage stellte er dem Legionär, welcher ihm den Zutritt versperrte und prüfend musterte.
    'Vor einer Woche hat irgendein völlig Irrer eine Kreatur in der Taverne beschworen. Das Monstrum war so groß, dass es die eine Hälfte des Kontors einfach wegsprengte, als es aus Oblivion gerufen wurde. Die Wachen konnten sie wohl in die Flucht schlagen, das ganze Untier ist in die Wildnis nach Westen geflohen, vom Beschwörer selbst fehlt noch immer jede Spur.'
    Beschwörer haben mich entführt? Das würde zumindest erklären, warum sie mir mein Kettenhemd gelassen haben, den Rest aber geklaut. Zeitlich passt der Ablauf aber nicht, ich kann unmöglich eine Woche in der Höhle gelegen haben.
    'Seit dem lebt das Dorf in Angst. Die Wachen wurden wegen der strategischen Wichtigkeit dieses Ortes verdreifacht und die Mauern verstärkt so gut das möglich war mit dem was wir zur Verfügung hatten.'
    'Habt ihr eine Dunmer aus dem Dorf flüchten sehen?'
    'Eine Dunmer? Das halbe Dorf ist geflüchtet.'
    'Lange weiße Haare.'
    'Hmm... ihr könnt gern eine der Wachen am Dock befragen, ich bin erst seit 4 Tagen hier. Ihr könnt ins Dorf, bitte versucht einfach keine Aufregung zu verbreiten.'
    Arranges trat an der Wache vorbei. Einige der Hütten wurden mit Felsblöcken verstärkt, während an einigen anderen Stellen nur noch verkohlte Reste übrig waren. Arranges trat auf eines der zwei Piers. Ein Langschiff lag dort vor Anker, zwei Legionäre unterhielten sich, während drei Männer Kisten von Bord schleppten. Erst die kritischen Blicke der Wachen machten ihn darauf aufmerksam, dass er immernoch halbnackt herumlief.
    'Entschuldigt den Anblick... Banditen draußen in der Wildnis.'
    Die Legionäre nickten nur verständnisvoll.
    'Ihr könnt euch glücklich schätzen, dass es nur Banditen waren...' Antwortete einer.
    'Ja, ich habe gehört, was hier vorgefallen ist, ich möchte auch nur schnellstmöglich weg...'
    'Ist euch nicht zu verdenken. Das Schiff dort wird gerade entladen, Wenn ihr in einer Stunde wiederkommt, setzt der Kapitän euch nach Vvardenfell über.' Der Legionär bedeutete Arranges näher zu kommen und drückte ihm dann ein paar Draken in die Hand. 'Geht zum Kontor und besorgt euch einen Gambeson oder irgendetwas, das ihr unter dem Kettenhemd tragen könnt, so ist es euch nicht sehr nützlich.' Sagte er mit gedämpfter Stimme.
    Ich muss wohl sehr bemitleidenswert aussehen... Arranges schaute kurz an seinem nackten Körper herunter und stellte fest, dass er tatsächlich eine sehr narbenreiche Vergangenheit vorzuzeigen hatte.

    Der Magier wandte sich zum Gehen in Richtung Kontor, er war gerade zwei Schritte gegangen, als plötzlich jemand hinter ihm auf dem Deck losbrüllte: 'HALTET IHN! DAS IST DER BESCHWÖRER DES FROSTMONSTERS!' Arranges blieb wie angewurzelt stehen. Frostmonster? Ein Frostatronach? Ich bin doch kein Eismagier?!.
    'Halt!' Sagte eine der Wachen bestimmt, aber ruhig.
    Arranges drehte sich langsam um. Hinter ihm hörter er weitere Wachen das Pier betreten. 'Da liegt sicher ein Missverständnis vor, sehe ich aus wie ein Magier, der einfach ein Außenposten in Schutt und Asche legt?'
    'Nein, aber das ist kein Beweis dafür, dass ihr es nicht sein könntet.'
    Der Arbeiter trat zitternd neben den Legionär. 'Er hat die Narbe auf dem Rücken.' Arranges zog eine Augenbraue hoch. 'Ich kann die Narbe nicht sehen und wenn, was soll sie beweisen?'
    'In dem Untier schimmerte stetig der Schatten eines Menschen und auf dem Rücken hatte die Kreatur eine Zeichnung, welche ziemlich ähnlich wie die Narbe auf eurem Rücken aussah.' Antwortete eine der Wachen.
    'Aber ich bin kein Magier.' Herrschte Arranges die Wache an.
    'Das entscheidet der befehlshabende Kommandant, folgt uns bitte, wir wollen keine Aufregung im Dorf.'
    Arranges Gemüt war schonmal leicht zu erhitzen, aber in solchen Situationen bewahrte er normalerweise einen kühlen Geist. Doch irgendetwas in seinem Hinterkopf entschied, dass Ruhe die falsche Reaktion wäre und zwang ihm Magie auf. Arranges hatte nicht die Reaktionsgeschwindigkeit um seine eigene Magie unter Kontrolle zu halten. Seine Arme hoben sich wie von selbst und die beiden Legionäre vor ihm wurden buchstäblich von innen wie Felsen durch Frost gesprengt. Gefrorene Splitter wirbelten durch die Luft. Die Arbeiter waren starr vor Entsetzen. Das Etwas in Arranges Kopf hatte sich aufgelöst und einen Großteil seiner gerade teils regenerierten Reserven mitgenommen. Arranges entschied, dass es jetzt zu spät war für diplomatische Ergüsse. Er konnte sich später Gedanken darum machen. Er hörte hinter sich die Schritte gepanzerter Füße schnell auf sich zukommen. So schnell es ihm seine Verwirrung gestattete drehte er sich um und zog vor sich eine brennende Linie über das Pier. Die Soldaten kamen stolpernd zum Stehen. Ein Pfeil verfehlte Arranges Kopf nur knapp. Seine beiden Hände fischte aus der Luft vor ihm Dolche. Er schritt entschlossen auf die Arbeiter zu. 'AN BORD ODER IHR ENDET WIE DIE LEGIONÄRE!' Brüllte er. Die pure Angst in den Augen hechteten die Arbeiter auf das Schiff. Arranges setzte mit einem langen Sprung hinterher. 'SEGEL SETZEN!' Die Arbeiter wirkten völlig geschockt, aber auf dem Schiff waren noch zwei Matrosen, welche nach einem kurzen Schreck handelten und das Segel setzten, Auch wenn ihre Bewegungen alles andere als routiniert aussahen, löste sich das Schiff allmählich vom Steg. Brandpfeile zischten am Schiff vorbei. Arranges fuchtelte in der Luft herum und es kostete ihn einiges an Konzentration um einen gewöhnlichen Feuerball zustande zu bekommen. Das Wasser zischte auf und nahm den Schützen auf dem Steg die Sicht. Die Brandpfeile nahmen ab.

    'Setzt Kurs nach Schwarzlicht.' Sagte Arranges zusammengesunken an der Reling. Er war völlig ausgelaugt und verwirrd. Die Mannschaft - falls man die fünf Männer so nennen konnte - war völlig verängstigt und wagte es nicht in irgendeiner Form zu wiedersprechen.

  16. #316

    Geistermeer

    Arranges erfasste sein unschätzbares Glück erst eine Weile nachdem die Silhoutte Dagon Fels im Dunst des Geistermeers verschwunden war. Es lag kein anderes Schiff vor Anker, das ihnen hätte folgen können.
    Zusammengesunken lehnte er an einer Ruderbank. Die Mannschaft machte einen großen Bogen um ihn und wagte es kaum in seine Richtung zu blicken, von reden ganz zu schweigen. Ich habe also ein Schiff geklaut... das ist in jedem Fall neu in meinem Leben. Oder zumindest neu in dießem Ausmaß... Arranges blendete die Welt um sich herum aus und versuchte irgendwie seinen Geist zu sortieren, was sich als recht schwierig erwies. Es fühlte sich an, als hätte er für all seine Gedanken und Wissen plötzlich zu wenig Platz in seinem Kopf. Er vertiefte sich in Meditation und sehr langsam kehrten vereinzelt klare Bilder zurück.

    Es war beruhigend zu wissen, dass er nicht unter komplettem Gedächtnisverlust litt. Wahrscheinlich war es sogar nur der Tatsache geschuldet, dass er irgendwie in den Vorfall mit dem Frostmonster in Dagon Fel verwickelt war und etwas abbekommen hatte. Was den Vorfall an sich anging, so konnte sich Arranges keinen Reim darauf bilden. Vor einer Woche also war er hier angekommen mit Begleitung und hat sich in einem Bett in der Taverne hingelegt. In der gleichen Nacht hat irgendein sehr unfähiger Magier eine Seele aus Oblivion gerufen, die wohl deutlich zu mächtig war. Und er muss unglaublich ungünstig in die ganze Sache verwickelt gewesen sein, wenn er eine neue Narbe auf dem Rücken hatte und sogar verschleppt worden war für keinen besonders plausiblen Grund. Er versuchte die Einzelheiten, die er bisher wusste zusammenzufügen sodass sie Sinn ergaben, aber es gelang ihm nicht. Langsam tauchte er aus seiner Meditation auf und öffnete die Augen. Es war Nacht, der Himmel war sternenklar, sie waren den ganzen Tag nach Westen gesegelt. Ihm gegenüber saßen die 5 Männer zusammengekauert zwischen einigen Kisten. 'Was ist in Dagon Fel genau geschehen?' Fragte der Kaiserliche ohne jemanden bestimmtes anzusprechen. Die Männer zögerten. Doch dann richtete sich einer der Arbeiter auf: 'Es war vor einer Woche...'
    'Ja doch, die groben Einzelheiten kenne ich bereits, ich will wissen was exakt passiert ist!'
    Der Arbeiter zuckte zusammen, antwortete dann aber mit leicht zitternder Stimme: 'Irgendjemand hat in der Taverne etwas beschworen. Eine Kreatur bestehend aus gefrorener Luft und Eisblöcken. Kein Atronach. Dieses Ding war deutlich größer als ein Atronach. Ich weiss nicht was es war, aber seine Präsenz konnte von den Mauern der Taverne nicht gehalten werden. Es drückte die Wände einfach auseinander.'
    Als der Arbeiter nicht weitersprach, wurde Arranges etwas ungeduldig, was sich direkt in seiner Stimme wiederspiegelte: 'Weiter? Was geschah dann?'
    'Nun... nichts. Die Kreatur stand hauptsächlich dort in den Trümmern und schien sich umzusehen. In ihrem eisigen Körper schimmerten die Umrisse eines Menschen. Legionäre stürmten heran und versuchten abzuschätzen ob es sich hierbei um einen Angriff direkt aus Oblivion handelte, aber es war kein Obliviontor weit und breit in Sicht. Die Kreatur schien aber auch nicht angreifen zu wollen, in jedem Fall zeigte sie keine direkt aggressives Verhalten... Einer der Soldaten wurde bereits nach wenigen Augenblicken unruhig und schleuderte seinen Speer auf das Ding. Danach brach die Hölle in Dagon Fel los. Ihr habt sicher schon einmal gesehen, wie Frost Felsen sprengt... Das erklärt woher die auffallenden Risse in der Straße vor dem Kontor kommen, welche euch kaum entgangen sein können.'
    'Und wie kommt man dazu, das Ganze mir anzulasten, ich bin verschleppt worden... zugegeben in der selben Nacht, aber ich war über einen Tagesmarsch westlich von Dagon Fel.' Unterbrach Arranges den Arbeiter. Er konnte sich immernoch keinen Reim darauf machen. Sicher, die Magie, welche er auf die zwei Wachen auf dem Steg gewirkt hatte war eher überzogen gewesen. Zudem waren es mächtige Frostzauber, wie in der Molag Amur - seltsam daran erinnerte er sich direkt mit einer Schärfe, die nicht zu übertreffen war. Es ergab keinen Sinn. Arranges verfügte zwar über manche Kenntnisse der Eismagie, aber er beherrschte einfach keine derart mächtigen Formeln. Er musste sich später darum Gedanken machen.
    'Ihr tragt die exakt selbe Zeichnung auf dem Rücken, welche auch die Kreatur aufwies.'
    'Was für eine Zeichnung?'
    Der Arbeiter ritzte mit einem kleinen Messer etwas in eine Ruderbank und deutete darauf. Wacklig kam Arranges auf die Beine und nahm die grobe Schnitzung in Augenschein: Ein Querbalken lag auf einem kleinen Kreis, links und rechts auf dem Balken waren Punkte. Mit viel Phantasie konnte man eine Waage erkennen. Mitten durch die gesamte Zeichnung verlief ein diagonaler Balken wobei am unteren Ende soetwas wie ein Pfeil war und am oberen Ende eine einfache Schneeflocke zu erkennen war. Arranges war das Zeichen völlig fremd und irgendwie zweifelte er an der Erinnerung des Arbeiters.
    'Nun, nachdem was ihr auf dem Steg gesehen habt ist es nicht notwendig euch weiterhin glaubhaft machen zu wollen, dass ich keine Ahnung von Magie habe, was es mit der Beschwörung auf sich hat kann ich allerdings nicht sagen nur so viel, dass ich absolut nicht weiss, was da passiert sein könnte. Ich sollte schnellstmöglich jemanden aufsuchen, der mir eventuell sagen kann, was es mit dieser Zeichnung auf sich hat und ob eine Narbe auf meinem Rücken tatsächlich aussieht wie das Symbol... Aber davon einmal abgesehen wäre auch spannend zu erfahren, was mit den anderen passiert ist. Die Wache sagte, dass viele in der Nacht aus Dagon Fel verschwunden waren, tot, geflohen, verschleppt... Arranges wollte unbedingt daran glauben, dass die beiden Dunmer einfach geflohen waren... oder ihn suchten. In letzterem Fall hätte Erynn ihn längstens finden müssen, sie war zu gut im Spurenlesen um einen Haufen Banditen, die ihn verschleppten aus den Augen zu verlieren. Also waren sie ebenfalls geflohen. Arranges erzwang eine Verbitterung, aber sein Geist wollte bei der Emotion nicht mitspielen. Auch Trauer war eher nicht zu spüren. Der Schock des Erwachens saß wohl noch zu tief...

    In den Kisten fand Arranges ein Hemd und etwas, das man Umhang nennen konnte, es war eine etwas seltsame.traditionelle Tracht der Dunmer vermutete der Magier. Aber sie würde ihren Zweck erfüllen und ihn einerseits warmhalten und andererseits das Mithrilhemd verbergen, welches er darunter trug. Eine bessere Hose als den Lumpen, den er jetzt trug konnte er nicht finden, dafür aber Sandalen. Nunja, besser als Barfuß.
    Sie segelten in den nächsten 5 Tagen zwischen massigen Eisschollen an der nördlichen Küste Solstheims entlang. Arranges vertraute auf die Fähigkeiten der beiden Seeleute. Und sie waren sehr bemüht den Kaiserlichen nicht zu verärgern.

    Die Standardbestückung der Vorräte hätte für die gesamte Mannschaft kaum ausgereicht über eine Reise von knapp 10 Tagen. Für 6 Männer an Bord reichten die zwei Kisten Salzfisch allerdings erstaunlich gut aus. Es war einmal nötig gewesen an der Westküste von Solstheim halt zu machen um aus dem Schnee die Wasservorräte aufzufüllen. Am Morgen des 10. Tages meldete einer der Männer Land voraus. Und tatsächlich, aus dem Dunst der Geistersee tauchten Lichter auf und dunkle Umrisse einer Stadt, Schwarzlicht. Während zwei Wachen in Knochenrüstung aufliefen um das höchstwahrscheinlich unerwartete Schiff in Augenschein zu nehmen, steuerten die Matrosen das Kai an. Arranges musste sich schnell eine kreative Allgemeinantwort auf die Fragen der Wachen einfallen lassen. Seinen Männern beschied er, dass sie gut daran täten nicht zu viel preiszugeben.

    Als er auf das gemauerte Pier trat, verstellten ihm die beiden Dunmer den weg. 'Das Schiff ist augenscheinlich nicht mit erwarteter Fracht beladen und überhaupt erwarten wir aktuell keine Schiffe.' Knurrte einer der Soldaten hinter seinem geschlossenen Helm.
    'Wir waren eigentlich auch auf dem Weg nach Vivec, als wir in einen Sturm gerieten. Nördlich von Solstheim. Das Schiff hat in der offenen See glücklicherweise nichts abbekommen, jedoch wurde der größte Teil der Mannschaft und der Ladung über Bord geschwemmt.'
    'Ahja? Habt ihr irgendetwas um euch auszuweisen, seid ihr der Kapitän?'
    'Nein und nein, leider wurde alles, was ich normalerweise bei mir Trage ein Opfer des Wellengangs. Ich bin nur ein Reisender an Bord.'
    Die Wachen schwiegen kurz, bevor sie antworteten: 'Wir haben massenhaft Flüchtlinge aus den Bergen. Ein Tor soll sich dort vor einigen Wochen geöffnet haben. Wir sind kaum in der Lage die Mäuler zu stopfen, es wäre also ratsam sich nicht zu lange hier aufzuhalten.'
    Arranges nickte, wandte sich zu den 5 Männern um, gab ihnen die Draken, die er ursprünglich von der Wache in Dagon Fel hatte und schärfte dem Haufen nochmals ein besser nicht zu viele Worte über die Wahrheit zu verlieren.

    Arranges sah keinen Nutzen darin in Schwarzlicht zu bleiben, er hatte kein Geld sich ein Zimmer zu nehmen oder eine Waffe zu kaufen. Er nahm von dem Salzfisch mit, was er tragen konnte und verließ dann die Stadt Richtung Süden. Er hielt sich in Sichtweite der Küste. Auf keinen Fall wollte er herausfinden ob die Meldungen über ein Obliviontor in den Velothibergen stimmten. Ich muss zu Meister Jurano. Bei dem Gedanken war er selbst überrascht, dass ihm der Name so spontan und schnell eingefallen war. In der Zeit auf dem Schiff hatte er stets gegen Lücken in seinen Erinnerungen gekämpft. Auch in den jüngeren Erinnerungen, die kaum älter als ein Monat waren...

    Irgendetwas ist in Dagon Fel passiert und ich muss wissen warum ich damit zusammenhänge... oder wenigstens wie. Eventuell kann Meister Jurano auch einen Botschafter zur Verfolgung Erynns abstellen. Arranges konnte keine Ambition aufbringen, sich - zumindest jetzt - selbst darum zu kümmern.

  17. #317
    'Wieso müsst ihr irgendejmanden finden?'
    'Weil ich Hilfe brauche, irgendetwas stimmt nicht.'
    'Aber ihr habt doch bisher keinen Schaden davongetragen?'
    'Ja richtig, aber ich fühle mich immer müde, immer unkonzentriert... und wo ist sie?'
    'Wer?'
    'Na sie!' Antwortete er mit Nachdruck.
    'Ich weiss gerade leider nicht von wem ihr sprecht.'
    'Na ihr wisst schon, etwas kleiner als ich, weiße Haare...' Antwortete der Magier um dem Kaiserlichen auf die Sprünge zu helfen.
    'Hmm... ach das Mädchen, das ich vor einiger Zeit mal getroffen habe?' Überlegte Arranges.
    'Ja, genau die.' Bestätigte der Nekromant.
    'Ich habe sie doch noch gebeten, mir die Fäden zu ziehen.'
    'Ja, das kann sie gut, dabei hat sie mir auch öfter geholfen.' Nickte sein Gegenüber.
    Er besah sich seinen Gesprächspartner. 'Ihr brauchtet ihre Hilfe?'
    Der Kaiserliche strich sich über die Mithrilkette und sah dann auf. 'Naja, die Rüstung ist zwar stark, aber hin und wieder geht doch etwas durch.'
    Arranges sah sich prüfend um. Seltsam, seit er aus Schwarzlicht aufgebrochen war nach Süden hatte er keine Menschenseele mehr gesehen auf der Straße. Es schienen wohl bereits alle das Land im großen Umkreis verlassen zu haben aus Angst vor den Toren. 'Naja, besonders schön ist es hier draußen auch nicht.' Erinnerte ihn seine einzige Gesellschaft seit gestern daran, dass er nicht ganz allein war. 'Ja... recht windig...'
    'Das ist die Innere See, deren Böen mir hart an die Nieren gehen.' Bekam der Magier zur Antwort auf seine Bemerkung.
    Er fühlte sich unendlich erschöpft, aber er war trotzdem nicht direkt müde. 'Wir sollten uns eher Richtung Berge halten.'
    'Ist es nicht klüger, der Küste nach Süden zu folgen?'
    'Vor allem ist es nicht sicher im offenen Grasland herumzuwandern.'
    Da musste er ihm in Gedanken zustimmen.
    'Sag ich doch.'
    Er zog kurz die Augenbrauen zusammen ob dieser etwas seltsamen Antwort. 'Naja vielleicht wäre ein geeigneter und etwas geschützter Lagerplatz keine schlechte Idee fürs erste.' Lenkte der Beschwörer ein und richtete seinen Blick in den Himmel, der langsam dunkler wurde.
    Abseits der Straße wollte er ein Feuer aufschichten. 'Nein! Seid ihr wahnsinnig? Hier gibt es schlimmere Kreaturen als Wölfe oder Berglöwen...'
    Das war allerdings richtig, er erinnerte sich kurz an die Kagouti, die zumindest auf Vvardenfell häufig in der Wildnis anzutreffen waren. Andererseits wurde es aber nachts auch schonmal sehr kalt so weit im Norden. 'Kälte ist im Vergleich zu wilden Bestien die angenehmere Wahl.' Bekam er zur Antwort, als hätte sein Begleiter seine Gedanken erraten. 'Ihr scheint euch ja sehr gut hier auszukennen...'
    'Nun, ich bin sicher nicht allwissend, aber nachdem ich mein Kartenmaterial vor nicht all zu langer Zeit verloren habe, musste ich mich großteils durch die Leute fragen und mir die Informationen auch merken... und mit einigen der Kreaturen Morrowinds habe ich auch schon bekanntschaft gemacht.'
    'Aha... Weswegen seid ihr nochmal hier unterwegs?'
    'Ich muss jemanden ausfindig machen. An der Nordostgrenze von Cyrodiil... Und ihr?'
    'Ebenfalls... in der selben Richtung.'
    Suchen wir vielleicht sogar die selbe Person? Arranges besah sich seinen Gesprächspartner im Halbdunkeln. 'Nein, ich gehöre nicht dazu.' Bekam der Nekromant zur Antwort ohne etwas gefragt zu haben. Das muss die Müdigkeit sein... 'Ich glaube ihr seid sehr erschöpft, ich übernehme die erste Wache, legt euch hin und schlaft ein wenig.'
    'Ja, das wird wohl das beste sein für den Moment.' Antwortete der Kaiserliche.
    Er zog die paar Lumpen, die er trug enger um seinen Körper, es kühlte wirklich sehr schnell ab, sobald die Sonne weg war. Er begann zu zittern. Seltsam, das kannte er gar nicht. Kennt ihr nicht? Dann wird es Zeit, dass ihr es kennenlernt... Arranges öffnete stirnrunzelnd die Augen und blickte Arranges in die Augen. Das Gesicht des Kaiserlichen verzog sich zu einer grinsenden Fratze. Arranges wusste gar nicht, dass er den Mund zu einem so extremen Grinsen verziehen konnte. 'Ihr müsst schlafen.' Sagte er zu Arranges. Die Augenringe des Kaiserlichen waren sogar noch in der voranschreitenden Dämmerung zu erkennen. Die Haut war leichenblass und der Blick wirkte gläsern. 'ja, ihr müsst dringend schlafen.' Sagte Arranges zu dem Nekromanten nochmals mit Nachdruck. Die Kälte kroch heran und umfing ihn wie eine Umarmung. Sein Zittern wurde heftiger. Sein gesamtes Skelett schien sich unter der Wucht der Krämpfe zu verbiegen und verkanten. 'Arranges?'
    'Was? Moment, du bist jemand!'
    'ARRANGES!?'
    'Wo ist mein Begleiter?'

    Ein Brodeln machte sich in seinem Hals breit. Mit einem Ruck fuhr der Kaiserliche hoch. Pfeifend und heulend strömte Luft in seine Lungen. Nur um im gleichen Augenblick wieder hervorgewürgt zu werden. Die überraschend warme Luft brannte in seinen kühlen Eingeweiden. Arranges stützte sich auf die Hände, hustete und würgte. Er erbrach kaum verdauten Fisch. Sofort schlug ihm der Gestank von reichlich Galle entgegen, die dem Fisch folgte. Sein Magen zuckte und krampfte und es fühlte sich an, als wäre da anstelle seiner Eingeweide einfach nur ein Loch. 'Gehts?' Arranges folgte der Stimme mit seinen Augen. Neben ihm kniete ein Bretone. Der Magier wandte seinen Kopf wieder dem Boden zu. Ein weiterer Schwall aus Magensaft und halb zerkauter Gräten verteilte sich über die sich bereits ausbreitende Lache am Boden. Keuchend wartete der Mann, dass der Würgereiz abebbte.
    Er versuchte an dem bretonen vorbei in den Himmel zu blicken. Aber gerade eben war es noch Nacht gewesen, es war nun mitten am Tage. Arranges wischte sich mit einer Hand über die Augen. 'Wie lange habe ich geschlafen?'
    'Geschlafen? Ihr seid seit über einem halben Tag, seit ich euch gefunden habe, der Einzige, der hier durchgehend nach Süden marschiert - entgegen des Flüchtlingsstroms.' Der Bretone deutete über seine Schulter zur Straße hin. Arranges folgte seinem Wink. Aber wie... gestern war hier keine Menschenseele... Die Straße war von Nord nach Süd voll mit Flüchtlingsgruppen. 'Aber hier war gestern noch keiner unterwegs.' Antwortete der Kaiserliche dem Bretonen.
    'Doch, aber ihr ward der Einzige, der nach Süden zog und das mit einem Blick im Gesicht, als hättet ihr Mehrunes Dagon höchstpersönlich die Hand geschüttelt. Ihr seid völlig teilnahmslos über die Pflastersteine geschlurft. Ich habe euch gefunden, aber ihr habt auf nichts reagiert. Ich beschloss euch einfach nur mal zu folgen, bis ihr...'
    'Wer seid ihr?'
    'Ein Staffelläufer der Gathering, Anton de Silva, zu euren Diensten Mentor Arranges Moryn.' Ein vertrautes Wort. Arranges Verstand klärte sich. 'Gibt es Neuigkeiten von der Gathering? Wo sind die Botschafter?'
    Der Staffelläufer verstand wohl sofort, auf was Arranges hinaus wollte. 'Ja, es gibt Neuigkeiten. euch ist nicht mehr gestattet eines der Anwesen oder eine der Konferenzhallen ohne ausdrückliche Erlaubnis zu betreten.'
    Arranges starrte den Bretonen völlig verblüfft an. 'Gibt es dazu auch eine Begründung?'
    'Herr,' Anton de Silva wich einen Schritt zurück, 'ich habe nur spärliche Informationen.'
    'Dann rate ich euch besser schnell damit herauszurücken.'
    'Während eurer Abwesenheit gab es nach dem Sieg über die Abtrünnigen eine große Konferez der Meister und Großmeister. Die Gathering hat Informationen mit mir unbekanntem Inhalt von Meisterin Marie erhalten. Daraufhin stimmten alle Anwesenden wohl einstimmig dafür euch zunächst von jeglichem Kontakt mit Meistern und Großmeistern auszuschließen.'
    Ich habe es doch gesagt, du musst niemanden suchen.
    Arranges Arm zuckte. Sein Mund und die Kifermuskulatur spannte sich, während seine Augen auf dem Boden nach irgendeiner Art der Antwort suchten. Mit bebenden Nasenflügeln sah er wieder den Bretonen an. 'Ich habe eine Nachricht für die Gathering, im Idealfall für die Großmeister: Ich will umgehend wissen, was hier läuft und welchen Grund es jetzt gibt mich aus der Gathering auszuschließen. Sollte ich nicht binnen einer Woche eine Antwort erhalten, wird es üblen Ärger geben. Und ich will wissen, was sie mit Erynn gemacht haben!'
    Arranges wusste selbst, wie lächerlich die Drohung wirken musste, jedoch war ihm das in diesem Augenblick egal, er hatte alle erdenklichen Anstrengungen auf sich genommen um die Bruderschaft vor einer Katastrophe zu bewahren und das war jetzt der Dank. Und wieder verbarg sich irgendwo in dem Chaos der Name Marie.
    'NA LOS! BEWEG DICH!' Herrschte er den Bretonen an. Die Luft zwischen seinen Fingern und um seinen Kopf begann zu flimmern vor Hitze. Ein wunderbar herrliches Gefühl, heißes Blut rauschte wieder durch seine Adern. Arranges spürte, wie seine Magie sich regte, die sich - wie er erst jetzt feststellte - zuvor völlig seinem Griff entwunden hatte.

    Anton de Silva wich einen weiteren Schritt zurück, zögerte aber noch. 'Worauf wartest du noch?' Mit einem tiefen und dumpfen Scheppern platzte eine Flamme aus seiner Rechten und loderte in alle Richtungen gleichzeitig.
    'Sehr wohl, Herr!' Es war immer wieder erstaunlich, wie viel Raum die Staffelläufer in nur einem Herzschlag gewinnen konnten. Die Flamme in des Magiers Hand verpuffte mit einem knackenden Laut. Die Flüchtlinge waren zu weit weg um sehr viel mitbekommen haben zu können. Arranges beschloss der Straße noch einen Tagesmarsch nach Süden zu folgen und dann nach Westen in die Berge abzubiegen. Nachdem was der Staffelläufer erzählt hatte, muss innerhalb der Gathering immernoch etwas extrem schief laufen. Er wollte es nicht riskieren der Ratshalle an der Grenze zwischen Morrowind und Cyrodiil oder Juranos Anwesen zu nahe zu kommen. Aber er musste wissen was eigentlich los war...

  18. #318

    Jerallgebirge

    Die komplett tauben Finger des Kaiserlichen krallten sich in den nächsten von frostigen Kanten gesäumten Spalt im Felsen. Arranges fühlte nur noch den Druck, wenn er tatsächlich etwas mit seinen Händen berührte. In der Nacht hatte er nach zwei Tagen stetigen Marschierens die Berge erreicht. Bei Tagesanbruch hatte er die Baumgrenze passiert und wanderte nun entlang eines Steilhangs entlang nach Westen. Er empfand es als höchst praktisch nichts mehr in Händen und Füßen zu spüren. Die Kälte, welche ihm seit Stunden ins Gesicht schnitt, machte ihm zumindest nach seinem Empfinden nichts aus und wenn schon, im Notfall hatte er ja seine Feuermagie. Aber insgesamt fühlte sich die Temperatur völlig normal für ihn an. Sicher, Hände und Füße schmerzten, aber was war schon Schmerz? So lange sich die Gliedmaßen nicht dunkel verfärbten war alles in bester Ordnung. Und Schlaf, wer brauchte schon Schlaf? Arranges hatte früher nie viel Schlaf gebraucht, warum sollte das mit zunehmendem Alter anders werden? Viele der Meister mit deutlich mehr Jahren schliefen kaum noch.

    Der Magier erreichte ein weites Schneefeld. Nach Süden hin abfallend, schien sich die gesamte Fläche über einen gähnend langen flachen Hang hin bis in ein Tal hin zu ziehen. Nach Westen hin war die Fläche so weit, dass Arranges das Ende in dem nicht vorhandenen Kontrast zwischem hellblauen und strahlend weißen Schnee kaum ausmachen konnte. Es war eine nicht zu überblickende Fläche aus weißer Masse. Die Sonne stand hoch am Himmel, leichte Briesen strichen über die Schneedecke und wirbelten teilweise etwas Pulverschnee auf. Der Nekromant drehte sich um sich umzusehen und schirmte reflexartig die Augen gegen die Sonne im Osten. Erst jetzt sah er die tief eingerissene Wunde an seiner Rechten. Er spürte keinen Schmerz. Das musste von der Kletterpartie stammen. An irgendeiner Felskante hatte er sich wohl die Hand aufgerissen ohne es zu bemerken. Mit einem ungeduldigen Ruck schüttelte der Magier das Blut ab. quer verteilten sich rote Sprenkel um ihn herum in dem bis dato makellos weißen Schnee.

    'Sie kommen näher.'
    'Ja, ich habe es auch schon bemerkt...'
    'Was tust du?'
    'Hmm...' Der Magier blickte sich um. Arranges folgte seinem Blick. Weiter unten auf dem Hang wurden drei Gestalten vom reflecktierenden Sonnenlicht überstrahlt, sodass der Nekromant nur grobe Umrisse erkennen konnte. Er drehte sich den Gestalten zu. 'Wer ist das?'
    'Eventuell die Antwort auf die Nachricht des Staffelläufers...'
    'Gut möglich.'

    Arranges sog die wunderbar eisige Luft in seine Lungen. Tausende heißer Nadeln schienen ihn von innen heraus zerbersten lassen zu wollen. Er wartete, bis die drei gestalten nahe genug waren um Einzelheiten erkennen zu können. Ein hochgewachsener Dunkelelf gehüllt in einen dicken Mantel. Die Kaputze war mit weißem Pelz besetzt. Hinter ihm konnte Arranges zwei in grau gekleidete Botschafter erkennen. 'Ah, also doch die Antwort.'

    'Mentor Arranges?' Es war der Dunkelelf, welcher den kaiserlichen ansprach. Die drei waren etwa 10 Meter von dem Nekromanten entfernt und schienen keine Anstalten zu machen um näher zu kommen. 'ist es neuerdings nötig Sicherheitsabstand zu halten?'
    'Ich weiss nicht, vielleicht sollte ich fragen?'
    'Arranges habe ich eure Aufmerksamkeit?'
    'RUHE! Ich rede hier!'
    'Achso, ich dachte ich rede, aber gut...'
    'Nein, ich regle das?'
    'Mit wem...?'
    'Mit dem Meister.'
    'Mit mir?'
    'Ja, mit wem sonst?'
    'Gut, dann werde ich euch nicht unterbrechen.'
    Arranges nickte und sah dann den Meister an, der gerade nochmals etwas erwiedern wollte. Wenn ich red, werde ich nur ungern unterbrochen, Meister...?'
    'Molentis, Meister Molentis.' Antwortete der Dunmer.
    'Meister Molentis.'
    'Arranges, ich bin hier um euch eine Nachricht als Antwort auf den Staffelläufer zu überbringen.'
    'Dann lasst mal hören.'
    'Vermutlich habt ihr selbst bereits gemerkt, dass ihr Schwierigkeiten habt, eure Magie zu kontrollieren.'
    'Hmm... eigentlich kontrolliere ich sie besser als jemals zuvor.'
    'Ist das so? Der Staffelläufer und Botschafter haben uns da aber andere Dinge berichtet.'
    'Was für Dinge?'
    'Ihr scheint in letzter Zeit eine ganz besonders beeindruckende Fähigkeit im Umgang mit Frostmagie entwickelt zu haben.'
    'Ich habe Frostmagie schon immer beherrscht.'
    'Sicher? Arranges wie genau haltet ihr euch hier eigentlich am Leben?' Meister Molantis blickte sich deutungsvoll um. 'Wäre Feuermagie nicht sehr viel praktischer?'
    Arranges sah dem Dunmer kurz mit suammengezogenen Augenbrauen ins Gesicht ohne einen bestimmten Punkt zu fixieren. Sein Kopf zuckte zur Seite, er blinzelte. 'Was meint ihr damit, Feuermagie wäre praktischer?'
    'Die Gathering beobachtet seltsame Veränderungen an euch. Meisterin Marie ließ die Versammlung wissen, dass ihr in einem Buch gelesen habt, das vermutlich die Macht eurer Fähigkeiten lange übersteigt... Ihr habt euch irgendetwas... oder irgendjemanden eingefangen Arranges. Die Gathering ruft euch unbedingt zur Meditation und Ruhe auf.'
    'Er redet Unsinn, ich habe bisher nur geholfen.'
    'Stimmt, ich habe nur mein bestes gegeben.'
    'Arranges!'
    'Seht ihr nicht, dass ich mich unterhalte?'
    'Arranges, wenn ihr nicht davon ablasst euren Geist aufzuwühlen, bin ich dazu verpflichtet, euch vorerst ruhig zu stellen.'
    'Ich wühle gar nichts auf und ihr habt mir nicht zu drohen!'
    'Arranges, wir haben euren Rotfuchs! Kommt zur Ruhe oder wir garantieren nicht länger für seine Unversehrtheit.'
    Alle Anwesenden konnten beinahe spüren wie etwas im Kopf des Mentors knackte. Der Magier griff sich keuchend an die Kehle. 'Wir haben ihn vor einiger Zeit aus den Fängen des Todes befreit, wir können ihn den Totenlanden auch wieder zurückgeben.
    Ein Bild, gezeichnet mit Blut, dekoriert mit Eingeweiden, zentriert um einen Fleischberg eingehüllt in braunrot leuchtendes, verkrustetes Fell krachte in den Kopf des Nekromanten. Sein Rotfuchs, mehr einem Igel gleich, zerrissen von vielen Bolzen und Pfeilen der Bravilwachen. Zuckend verblutend auf dem Westufer des Niben. Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, die Verwirrung und Zorn zugleich ausstrahlte. 'Arranges, beruhigt euch, wir haben nicht vor euch zu bekämpfen. Wir wollen euch helfen. Erynn will euch helfen.'
    'Ihr habt Erynn?!'
    'Ja wir...'
    Weiter kam Molantis nicht mehr. Arranges bewegte sich mit völlig irrwitziger Geschwindigkeit. Der Kaiserliche war heran und rammte Meister Molantis mit unnatürlicher Wucht. Der Dunmer wurde umgerrissen und krachte in den Schnee. Die beiden Botschafter reagieren nur einen Sekundenbruchteil später. Arranges wurde Ziel zweier Stillezauber gleichzeitig. Er duckte sich unter den glühenden Projektilen hinweg. Doch die Botschafter behielten ihre Disziplin bei. Ein Ruck lief durch die Arme des Kaiserlichen. Sie zitterten. Er wurde von einer Faust mitten ins Gesicht herumgeschleudert. Verwirrd blieb er auf dem Boden liegen. Molantis richtete sich auf und beugte sich über ihn. 'Wir wollen euch nichts Böses Arranges...' Daumendick wurden die Beine bis zur Hüfte von einer Eisschicht eingehüllt. 'Arranges stop!' Die Beine des Elfs zerbarsten in einer Kaskade aus gefrorenen Fleischfetzen und Knochensplittern. Völlig überrascht blickte der Beschwörer auf. Er hatte zumindest nicht direkt einen Frostzauber auf den Meister gesprochen. 'Unmöglich!'
    'Gar nicht unmöglich, los weiter!'
    Zappelnd klatschte der Torso des Meisters in den Schnee. Der Meister stand wohl selbst unter Schock - was ihm kaum zu verdenken war. Die beiden Botschafter ebenfalls völlig überrascht von diesem absolut unerwarteten und dazu noch erfolgreichen Angriff auf einen Meister. Zauber und Klingen flogen dem Magier gleichermaßen entgegen. Arranges spürte wie sein Mithrilpanzer auf einer Seite aufgerissen wurde und ihm in groben Fetzen um den Leib flog, während er sich mit lächerlich hoher Geschwindigkeit um die Botschafter herum bewegte. Es ist unmöglich einen Botschafter töten zu können, von einem Meister ganz zu schweigen.
    Nichts ist unmöglich, ich kann das...
    Ich bin Arranges!
    Ich bin Arranges!
    Seine Rechte hüllte sich in gleißendes Blau. Er schnellte vor und versenkte seinen kompletten Arm im Bauch des Botschafters, der ihm gerade am nächsten war. Gluckernd zock er die Hand zurück. In seiner Faust unzählige Schlingen eines Darms. Arranges riss daran, indem er sich mit Schwung um die Eigene Achse aus dem Blickfeld des sterbenden Botschafters drehte. Keine Sekunde zu früh. Die Brust des ausgeweideten Botschafters explodierte in grellem Licht als der zweite Botschafter ihn mit einem Feuerzauber berührte. Magen, Teile der Leber und andere Fetzen von Innereien verliehen dem zur Peitsche umfunktionierten Darm ungeahnten Schwung, in einem Bogen flog spritzend das blutige Etwas immernoch am Darm hänegnd um den Kopf des Botschafters. Wie ein gekonnt geschwungenes Seil wickelte sich der Verdauungstrackt um den Hals des noch lebenden Botschafters. Krächtzend und würgend landete dieser auf seinen Knien. Arranges warf sich mit seinem ganzen Gewicht dagegen. Die Schlinge zog sich so eng um den Hals des Botschafters, dass Adern an seinem Hals schnell anschwollen. Ein ohrenbetäubender Schlag kündete von dem plötzlichen reißen des Darms, als der Botschafter ihn einfach mit einem Dolch durchtrennte. Doch die Schlinge saß bereits zu eng. Arranges stürzte vornüber in den Schnee, sprang aber direkt wieder auf. er wandte sich noch schnell genug um sehen zu können wie sich eine Spur von Blutsprenkeln scheinbar aus dem Nichts uneinholbar entfernten. Arranges Blick wanderte zu dem was von dem Meister noch übrig war. Seine Augen tasteten über die Leiche und plötzlich erschrak der Kaiserliche, als er blutverschmiertes, weißes Haar erkannte.
    'Nein! Erynn.'
    'Ihr Bastarde, ich muss mich beeilen, vielleicht kann ich ihr noch helfen!'
    Arranges stürzte sich in den Schnee und griff nach dem vulominösen weißen Haar, das unter dem Meister hervolugte.
    'Halt durch Erynn, ich helfe dir!'
    Schiere Panik spiegelte sich in den Augen von Arranges wieder. Er zerrte dem Botschafter die Kutte vom Leib und breitete diese übr sie. Wo beginnen?!
    Am besten bei ihrer Brust. Er hatte recht, die Arme und Beine waren vorerst weniger von Bedeutung. Lunge und Herz sollten zuerst versorgt werden. Was haben sie dir nur angetan?
    Das werden sie mir büßen!
    Erynn sah wirklich übel aus. Er riss sich selbst Mithrilkette vom Körper, das Hemd folgte. Letzteres schob er unter Erynns Haare um wenigstens ihren Kopf ersteinmal vom kalten Untergrund zu isolieren. Das genügt nicht... ich bin doch kein Arzt!
    Nicht verzweifeln!
    Hinauf bis zu den Schultern waren Arranges Arme bald von Blut benetzt. Es hatte bereits eine ganze Weile gedauert, aber schlussendlich bekam er Erynns Torso soweit versorgt und sortiert, dass sie durchhalten sollte, bis er einen richtigen Heiler gefunden haben würde. Arme und Beine...
    Warte, ich sollte ihren Brustkorb irgendwie stützen, da waren doch einige gesplitterte Rippen dabei. Arranges wickelte Erynns Torso in seine Mithrilkette, die sollte alles zusammenhalten, seine Nähte waren lange nicht so effektiv wie jene, die Erynn zu fertigen im Stande war. Die Arme und Beine waren völlig desolat. Es brauchte eine ganze Weile, Arranges musste viele Knochen neu arrangieren und schienen. 'Halte durch Erynn...'

    Er hatte die Dunmer größer in Erinnerung, aber das konnte auch Einbildung gewesen sein, mehr Sorgen machte ihm, dass sie partout nicht die Augen öffnen wollte. Gut, das mochte vielleicht daran liegen, dass er Molantis Augen herausnehmen musste und ihr einsetzen, da die Augenhöhlen ihres Schädels im ersten Moment doch recht leer gewirkt hatten. Dafür hatte er ihr Gesicht aus dem was er noch zur Verfügung hatte doch recht gut wieder hinbekommen - zumindest so weit er das aus seiner Erinnerung noch konnte. Er musste das Kinn des Botschafterschädels ein paarmal brechen um die niedliche Rundung der Dunmer sauber hinbekommen zu können, aber dafür wirkte nun alles passend. Arranges war sich aber sicher, dass die weiße Mähne deutlich länger gewesen war als dieser pelzartige dicke Kranz aus flauschigem, weißem Material, den er sorgsam um ihren Kopf gelegt hatte. Vorerst musste sie auch damit leben, dass die meisten Nähte vor allem in ihrem Torso von Eisschichten unterstützt wurden, damit das Blut nicht einfach wieder herausfloss - Nähte an sich waren für den ungeübten bereits fordernd, Nähte aus Sehnen und Leinenfetzen dagegen die reinste Geduldsprobe. Aber ein geübter Heiler würde das wieder richten können. Auf dem Rücken mit extrem flachem Atem, trug Arranges sie durch den Schnee stapfend weiter über die Berge nach Westen, weiter nach Westen. Bruder Marbel wird ihr sicher weiterhelfen können...
    Geändert von weuze (25.09.2016 um 02:34 Uhr)

  19. #319

    Westliches Jerall

    Der dichte Nebeldampf über der von Eis und Schnee geharnischten Südflanke des Berges lichtete sich und gab mit fortschreitendem Vormittag die Sicht allmählich auf die massiven Berge rings um den Wanderer und seiner frostigen Begleitung frei. Arranges blieb stehen um sich orientierend umzusehen. Die Nacht war von dichten Nebelschleiern geprägt und es war unmöglich anhand der Sterne den Weg sicher zu finden und so war er hauptsächlich dem vagen Schein von Masser gefolgt, dessen blutrote Färbung sich mehr oder weniger deutlich durch den Nebel erkennen hatte lassen. Doch mit dem Sonnenstand stellte der Nekromant fest, dass er etwas von der eigentlich geplanten Route abgekommen war. Mit dem Gedanken im Hinterkopf einer gedehnten Kurve geschuldet des nach Süden hin abfälligen Geländes entgegenzuwirken, indem er sich leicht nordwestwärts hielt, war Arranges nun immernoch weit nördlich des Hauptmassivs der Jerallberge, obwohl er eigentlich längst einen weiten Pass nach Süden hätte überqueren müssen. Einen kurzen Moment nachdenkend, blickte er an sich herab. Das Leder seine Laufschuhe hatte den tagelangen Märschen über Eis und Schnee nicht sehr viel entgegenzusetzen gehabt und war nachsichtig ausgedrückt, etwas löchrig. Überall dort, wo Arranges seine Füße sehen konnte, war seine Haut blaugrau verfärbt. Er wusste, dass ihm diese Nekrose bald sichtlich zusetzen würde, umso mehr war er daran interessiert das Colovianische Hochland in Bälde zu erreichen um Bruder Murbel zu erreichen. Er konnte auf seine eigene Gesundheit wenig Rücksicht nehmen, da er zusehen musste Erynn zu einem richtigen Heiler zu bringen.

    Vor zwei Nächten hatte die Dunmer wieder ins Hier und Jetzt gefunden. Arranges hatte nicht wahrhaben wollen, dass sie bereits gestorben sei und mit naiv eisernem Willen weiter daran festgehalten, sie zu Bruder Murbel zu bringen, er selbst hatte getan, was in seiner Macht stand um sie wenigstens transportfähig zu bekommen. Sie war schwach und ihr Bewusstsein war nicht lange stabil genug um mehr als fünf Worte am Stück sprechen zu können oder den Kopf etwas zu neigen und so schleppte Arranges sie die meiste Zeit nur stumm und reglos auf seinem Rücken richtung Westen. Nach Westen, immerzu nach Westen. Es war ein Lauf gegen die Zeit - sowohl seine, als auch die der Elfe.

    'Warum haben wir gehalten?' Flüsterte es hinter ihm und ihre weißen Haare raschelten durch seine, als sie den Kopf etwas bewegte um sehen zu können. 'Siehst du das Glitzern dort oben?' Fragte er und drehte sich, damit sie seinem Blick folgen konnte. Über ein flaches Tal, südlich ihrer Position, hinweg auf einem hohen, grob gezackten Gipfel war ein zwar winziger, aber auffällig unnatürlicher Kegel zu erkennen, welcher im Sonnenschein und der Klaren Luft glitzerte. 'Was ist das?' Fragte die bereits wieder an Kraft verlierende Stimme. 'Das dort oben ist der Schrein von Hermeus Mora, dem Daedrischen Prinzen des Wissens... verbotenes Wissen, hauptsächlich.'
    Er bekam ein Seufzen als Antwort. Doch als er bereits wieder weitergehen wollte, da er dachte sie wäre bereits wieder weggedämmert, sprach die Dunmer nochmal: 'Dann müsste dieser Daedra ja dein bester Freund sein, hm?'
    'Tatsächlich ist er ein verehrenswerter Daedra.' Bestätigte Arranges.
    'Isanda... Isanda... Is...' War die Antwort, die er darauf erhielt. Damit wusste Arranges, dass Erynn wieder ohnmächtig oder zumindest wieder einem unruhigen Schlaf verfallen war. Der Name Isanda flüsterte sie seit sie überhaupt wieder ins Leben gefunden hatte immer wenn sie wieder kurz vor einer Ohnmacht stand. Zuerst hatte Arranges sich nichts dabei gedacht. Jemand, der derart schwer verletzt war und erstmals wieder die Augen aufschlug, mochte auch geistig etwas umnachtet sein, aber als die Dunmer den Namen immer häufiger nannten, hatte der Kaiserliche doch einmal nachgefragt. Die Antwort war so kurz wie seltsam: Es war der Name eines Familienzweigs von Arranges. Eine Urgroßmutter des Kaiserlichen musste irgendwann einmal einen Nord mit den Namen Isanda geheiratet haben. Wie diese Information nun aber zu Erynn kam, konnte er sich nicht erklären, war er sich bisher nichteinmal selbst über die Details seines Stammbaumes bewusst gewesen, was hauptsächlich daran lag, dass das Familienbuch eher eine sporadische Angelegenheit war und seit dem Unfall in seiner Kindheit wohl auch relativ sicher war, dass der Name Moryn mit ihm enden würde, auch nicht weiter von Belang. Vielleicht bildete sich Erynn auch nur etwas ein, jedoch war die Gewissheit, mit welcher sie den Hintergrund des Namens behauptete überraschend dafür dass ihr Bewusstsein sonst nicht sehr viel von der Realität um sie herum erfassen konnte.

    Vielleicht würde er noch herausfinden, was dahinter steckte, jetzt allerdings musste er ersteinmal zu Bruder Murbel trotz der Hartnäckigkeit, mit der Erynn den Namen immer wieder aufsagte, lagen die Prioritäten im Moment wo anders. Knirschend brach der Schnee unter seinen Füßen, als er sich weiter westwärts bewegte.

  20. #320

    Grenze Colovia Hammerfall

    Der Übergang von Jerallmassiv zu Colovianischem Hochland war fließend und das einzige Detail an welchem Arranges erkennen konnte, dass er sich bereits wieder auf dem Abstieg aus den eisigen Höhenlagen befand, waren vereinzelte, rostbraun verfärbte Grasbüschel, welche durch das weiße, felsige Meer stachen. Vier weitere, lange Tage mit einem Minimum an Schlaf waren vergangen, seit er den Schrein von Hermeus Mora hinter sich gelassen hatte. Wenn die Sicht es zuließ, konnte er jetzt zu seiner linken ins Herzland nach Osten hinunterblicken und die hellen Umrisse des Weißgoldturms erkennen. Vielleicht lag es an der vertrauten Umgebung oder den extremen Bedingungen, aber die geistige Apartheit, welche ihn noch bis in den Aufstieg ins Jerallgebirge von Morrowind aus gefangen gehalten hatte, war seither verschwunden. Tatsächlich fühlte er sich kräftiger denn je. Er musste sich zwar dann und wann über sich selbst wundern, da er trotz augenscheinlich völlig zerstörter Füße - geschwollenes Fleisch und schwarze Hautfetzen - keinerlei Schmerz oder Beeinträchtigungen wahrnahm. Die Muskulatur gehorchte ihm gänzlich, ohne, dass er irgendeinen Grund zu klagen gehabt hätte. Erynn ließ sich indessen nicht davon abbringen, diesen einen Namen immer wieder zu erwähnen, auch wenn sie sonst nicht sehr viel sprach oder überhaupt bei Bewusstsein war. Der Kaiserliche hatte aufgehört, sich darüber übermäßig viele Gedanken zu machen. So kurz er nur ein Elternhaus und eine Familie gehabt hatte, diesen Namen hatte er niemals gehört.

    Am Nachmittag erreichte der Magier die Vegetationsgrenze. Kleinere Büsche drängten sich braun gefärbt an von Flächten überzogene Findlinge, welche halb im kiesigen Grund vergraben auf den sonst abfallend flachgeschmirgelten Hängen lagen. Auch war jetzt mit zunehmender Häufigkeit tatsächlich Bodengrund zu sehen wo sich der Schnee immer weiter zurückzog. Aus einem ihm unerklärlichen Gefühl heraus wurde ihm mulmig dabei, als er feststellte, dass Schnee bald mehr die Ausnahme als die Regel im Landschaftsbild sein würde.

    Es dämmerte bereits, als Arranges vor einem langen, nur noch sanft abfallenden Feld, bewachsen von rostrotem Gras, ankam und sich sein gesamter Leib dagegen sträubte, die Fläche zu betreten, wo kein Schnee mehr lag. Seine Stirn legte sich in Falten, als er darüber nachdachte, warum er nun überlegen muss, wie er jetzt bestenfalls das Gras betreten solle. Er hob einen Fuß über das Gras, doch aus irgendeinem Grund wollte sich die Sohle nicht auf dem bewachsenen Boden absetzen. Der Magier versuchte es mit dem anderen Fuß und fühlt einen plötzlichen, nicht zu erklärenden Anflug von Schwäche. gerade so, als würden ihm die verdorrten Halme alle Lebensgeister absaugen wollen. Der Nekromant sah sich suchend um und fand einen etwas größeren, obenauf flachen Findling. Vielleicht war er im Moment nach diesem Marsch auch doch einfach nur einmal zu müde und übersah ein Detail. Dass die ganze Situation eigentlich höchst seltsam sein müsste wollte ihm in diesem Augenblick nicht einfallen. Warum auch, schließlich war der Schnee und die Kälte bisher seine treuesten Begleiter gewesen seit bald zwei Wochen. Wer brauchte schon ein Feuer...

    Der Kaiserliche legte Erynn vorsichtig auf dem flachen Felsen ab und setzte sich nachdenklich daneben während er hinauf in den Sternenhimmel sah. 'Isanda... wer mochte das wohl in meiner Familie gewesen sein?'

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