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Thema: [Obl] Rollenspielthread # 3 (Signatur aus)

  1. #241
    Jeren kaute auf einem Apfel rum und blätterte durch Haufen von Büchern. Wie ihm Ser-Kueij geraten hatte, hat er sich gleich am Morgen im Büchergeschäft um die Ecke Bücher über Deadra und Oblivion gekauft. Nun war es schon Nachmittag und er war nicht mal unten um sich Essen zu holen. Er war von den Büchern gefesselt. In ihm regte sich einerseits Begeisterung und Faszination über die Entdeckung einer neuen Welt und ihrer Bewohner, andererseits Grauen und Entsetzen über eben diese Bewohner die „seine“ Welt angriffen und zerstörten. Dremora, Xivilia, Clannfear, Atronache und natürlich auch seine Freunde, die Deadroths und Spinnen-Deadra. Er las noch viel über die Deadra-Götter(und glaubte nicht, dass sie auch gut sein können), Oblivion und dann noch als letztes über die Siegelsteine. Es war ziemlich viel auf einmal und er konnte sich nur das einfachste merken, aber sein Interesse war groß und sein Hunger nach mehr Wissen nicht gestillt. Immerhin war er wahrscheinlich auch die letzte Person auf ganz Cyrodill, die von den Deadra erfuhr. Dennoch beschloss er erst mal eine Pause zu machen und etwas frische Luft zu schnappen. Er ging runter, aß ein wenig, holte Bogen und Köcher und verließ die Gaststätte. Die Sonne stand hoch am Himmel, die Luft war klar, sein Arm nicht von Schmerzen erfüllt und nachdem er Naasira doch noch „überredet“ hatte, durfte er auch ein paar Runden im Wald vor der Stadt drehen. Doch zuerst holte er sich bei der Schmiedin seine bestellte Lederrüstung ab.
    Zufrieden verließ er die Stadt. Die Rüstung war perfekt, er hatte sie, genauso wie seine alte, mit Ketten und kleineren Stahlplättchen verbessern lassen. Er richtete seine Kapuze noch einmal und begab sich Richtung Wald. Einerseits wollte er sich die Beine vertreten, andererseits wollte er auch einfach ein bisschen Ruhe und Zeit zum Nachdenken haben. Er lief eine Weile durch den Wald bis er eine Lichtung fand. Dort ließ er sich auf einen Baumstamm nieder. Er versuchte Ausnahmsweise mal nicht nachzudenken, was ihm doch sehr schwer fiel. Die letzten Tage haben einen ziemlichen Umbruch in seinem Leben verursacht. Er war ein einfacher Jäger, der einfache Menschen belieferte und dann auf einmal erfuhr er von Krieg und Dämonen, die überall ihr Unwesen trieben. Er starrte die Bäume rings herum an. Es war ein ganz anderes Gefühl als sonst. Normalerweise schaute er sich seine Umgebung nur an, wenn er dort beim Jagen Vorteile ausmachen wollte. Aber er hat sich noch nie den Wald einfach so angesehen. Er hatte es immer viel zu eilig von einem Ort zum anderem zu kommen, obwohl er eigentlich kein richtiges Ziel hatte. Er reiste einfach nur von Dorf zu Dorf, aber warum wusste er nicht. Nach dem Massaker an seiner Familie hat er nicht getan, was wirklich einen Sinn hatte. Stattdessen wollte er wohl einfach der Realität entfliehen, dem Tod seiner Eltern, seiner Verzweiflung, seiner Planlosigkeit. Er hatte beinahe ein Drittel seines Lebens vollkommen verschwendet. Diese Erkenntnis war sehr erschütternd für Jeren, der sonst immer alles bis aufs letzte Detail plante und kaum unüberlegte oder unnötige Dinge tat. Er starrte immer noch auf seine Umgebung. Kleine Pflanzen und Tiere überall zwischen den Bäumen und Büschen, so viele Farben. Es war wunderschön für ihn, obwohl es ein ganz normaler Wald war, denn er betrachte ihn durch ganz andere Augen als sonst. „Was wohl passiert wäre, wenn ich die Deadra nicht entdeckt hätte? Wäre ich dann immer noch sinnlos durch die Wälder gezogen?“ Jeren lächelte. „Schlechter Zeitpunkt um in Depressionen und Mitleid zu versinken. Jetzt wird erst mal trainiert!“ Er stand auf suchte sich einen Baum aus und fing an ihn mit Pfeilen zu beschießen, um wieder Gefühl für das Bogenschießen in seinen Arm zu bekommen. Es klappte gut. Am Anfang haperte es noch ein wenig an Präzision und Schnelligkeit, aber nach einiger Zeit war er so gut wie sonst auch. Dann wollte er versuchen zwei Pfeile gleichzeitig zu schießen. Beim ersten Versuch gelang es ihm nur einen Pfeil abzuschießen, der zweite fiel einfach zu Boden. Beim zweiten Versuch löste sich ein Pfeil von der Sehne, prallte gegen den Bogenrücken und flog mit hoher Geschwindigkeit knapp an Jeren’s Gesicht vorbei. Beim dritten Versuch gelang es ihm beide Pfeile gleichermaßen abzuschießen, jedoch flogen sie in entgegengesetzte Richtungen davon. Doch Jeren versuchte es weiter und irgendwann klappte es auch, jedoch nur ein einziges Mal, dann flogen die Pfeile wieder in alle Richtungen davon. Mittlerweile dämmerte es bereits und Jeren beschloss wieder zu gehen.

    In der Stadt angekommen begab er sich in die Herberge und wartete auf Ser-Kueij, doch der Argonier kam nicht. Es war fast dunkel, Jeren hatte die ganze Zeit über unten verbracht und die Leute beobachtet, als auf einmal ein lautes Glockenläuten ertönte. Es war nicht das Läuten, das ertönte, wenn eine neue Stunde angebrochen ist. Es war viel schneller und nicht rhythmisch, sondern eher wild, so als versuchte jemand mit aller Kraft die Glocke zum läuten zu bringen. Für einen Moment kehrte Stille in dem Raum ein. Dann wie auf ein unsichtbares Signal brach wildes Chaos in der Taverne aus. Die Menschen springen von ihren Plätzen und rannten Richtung Ausgang. Manche waren so angetrunken, dass sie halbwegs hinfielen. An der Tür herrschte großes Gedränge. Jeren war ganz ruhig geblieben und wartete bis sich die Lage etwas beruhigt hatte. Dann stand er auf und erkundigte sich bei der Wirtin was dass alles zu bedeuten hatte. Es handelte sich um ein Alarmsignal, das ertönte wenn die Stadt angegriffen wird. Jeren verließ nun ebenfalls die Taverne, um zu sehen was draußen vorging und von wem die Stadt angegriffen wird, als ihm schon Ser-Kueij entgegenrannte. Der Argonier sah so gar nicht aus wie ein ehemaliger Sklave, eher wie Meisterdieb. Er trug eine dünne pechschwarze Lederrüstung, ebenfalls pechschwarze Handschuhe, die schuppenartig mit kleinen Stahlplättchen beschlagen waren, die seinen Handrücken und die kurz nach seinen Fingerknöcheln endeten, sodass er seine Krallen immer noch einsetzen konnte. Anstelle von Stiefeln, trug er an den Füßen ebenfalls Stahlplättchen, die mit Lederbändern fixiert waren und beinahe seine Füße komplett bedeckten. Nur seine Zehen waren frei und. Dazu trug er noch ein Feinstahlkurzschwert und einen Silberdolch. Er sah aus, als wäre er mächtiger Gegner, doch Jeren konnte nicht ahnen wie stark der Argonier tatsächlich war. „Jeren, komm mit.“ „Was ist hier los?“ „Deadra. Sie haben ein Tor nicht weit von der Stadt geöffnet, mitten auf einem Hof.“ „Aber warum…“ „Später Jeren, erst mal müssen wir den Menschen dort helfen. Bist du fit?“ „Ja“ „ Na dann komm.“
    Die beiden machten sich auf den Weg Richtung Stadttor. Die Stadt war dem reinsten Chaos verfallen. Soldaten und Stadtwachen rannten umher und schrien Befehle, Mütter suchten nach ihren Kindern, Bewohner rannten zu ihren Häusern. Doch Jeren und Ser-Kueij rannten unbeirrt auf das Stadttor zu und von überall schlossen sich ihnen Männer an. Soldaten, Stadtwachen, Krieger in großen Rüstungen und Wachen und sogar einfache Bauern mit Sensen, Mähdreschern und Rechen. Sie schienen entschlossen das wenige, was sie noch besaßen zu verteidigen. Und das waren nicht mehr als ein paar Kartoffel-Felder, die nun von den Deadra verbrannt wurden. „Ser-Kueij!“, rief eine tiefe Stimme hinter ihnen. Der Argonier blieb rot und wirbelte herum. Einer der dick gepanzerten Krieger blieb vor ihm stehen. Er war ein Nord und...riesig. Ser-Kueij war schon ziemlich groß, aber dieser Mann war mindestens 2 Köpfe größer als er. Aber mit seiner Stahlrüstung und dem schweren Kriegshammer, den er mit nur einer Hand führte, machte er einen wahrhaft beängstigenden Eindruck. Sein Kopf war selbst zu groß um einen Helm zu tragen. „Marus“, begrüßte Ser-Kueij ihn mit einem Nicken. „Ich dachte dieses Mal wäre ich an der Reihe“, brummte Marus. „Ja, aber ich habe einen…“, Ser-Kueij überlegte einen Moment, „…Schüler.“ Er deutete auf Jeren. Marus musterte Jeren. Der Nord sah nicht sonderlich alt aus, Jeren schätzte ihn auf ca. 40. Sein Gesicht war kantig und machte einen mürrischen Eindruck, machte aber nicht den Anschein, als wäre er nie fröhlich gewesen. Seine dunkelbraunen Augen durchbohrten Jeren. Mit diesem Blick konnte er Bären in die Flucht schlagen. Zumal hielt es Jeren für gar nicht so unwahrscheinlich, dass Marus ein direkter Nachfahre von ihnen war. Er wandte sich wieder an Ser-Kueij. „Schüler? Seit wann nehmen wir Schüler?“ „Nun ja, er hat Potenzial.“ Der Argonier wirkte dabei ein wenig kleinlaut, was Jeren schmunzeln ließ. „Wie du meinst. Ich hoffe du weißt was du tust. Und jetzt beeil dich.“ Mit diesen Worten stampfte Marus davon. Jeren sah seinen Freund fragend an. „Später“, sagte der und wirkte dabei wieder so bestimmt und ernst wie immer. Die beiden setzten ihren Weg fort.

    Es war kein Problem das Tor zu erreichen. Eine brennende Feuerkugel vom Durchmesser eines Stadttores in einer stockfinsteren Nacht war schwer zu übersehen. Das Problem war die Orientierung vor Ort. Das Chaos hier war noch schlimmer als das in der Stadt. Im ersten Moment erkannte man nichts. Im zweiten nur dunkle Schemen. Im dritten konnte man so langsam Freund von Feind unterscheiden. Es sah nicht gut aus. Jeren konnte viele der Leichen sehen. Leichen von den Bauern und Soldaten, die er vorhin gesehen hatte. Jedoch sah er nur wenige Gefallenen der gegnerischen Fraktion. Ein paar Skampe und Clannfear. Die wirklich Starken Gegner, wie Dremora und Deadroth standen noch immer. Während sich Jeren noch umsah war Ser-Kueij verschwunden. Er versuchte ihn zu finden und entdeckte ihn bei einer Gruppe von Deadroth. Einer von ihnen flog gerade 5 Meter hoch in die Luft. Jeren konnte nicht glauben was er sah. Ser-Kueij rammte einem Deadroth gerade die Faust vors Kinn, packte ihn zugleich an der Schulter, um sich daran festzuhalten, sodass er an dem Deadroth der vor ihm stand hochlaufen konnte, wie an einer Mauer, um ihm dann seinen Fuß ins Gesicht zu treten und ihn damit gegen den nächsten Baum zu schleudern. Dabei nutzte er den Schwung um einen Rückwärtssalto zu vollführen, und mit diesem Schwung den Deadroth, den er immer noch an der Schulter hielt, nach hinten gegen einen anderen Baum zu schleudern. Dann rannte er los und trat den Deadroth, der grade von seinem Himmelsflug zurückkehrte, seinen Fuß ins Gesicht und ließ ihn gegen einen dritten Baum prallen. Dies alles geschah in nur wenigen Sekunden. Jeren stand nur da und konnte kaum fassen, wie gut der angebliche Sklave kämpfen konnte. Ser-Kueij sah ihn an. Und schleuderte augenblicklich einen Blitz in seine Richtung. Jeren war zu verwirrt und schockiert um sich zu bewegen. Doch der Blitz galt glücklicherweise nicht ihm sondern einem Dremora-Krieger der sich grade an ihn herangeschlichen hatte. Der Blitz traf den Dremora mit einer solchen Wucht, dass er wahrscheinlich an den nächst bestem Baum geschleudert wäre, wenn der Blitz von ihm nichts weiter als verkohlte Knochen hinterlassen hätte. Jeren sah wieder zu seinem Freund. Der sah ihn mit einem tadelten Blick an und machte eine Geste, dass sich Jeren endlich bewegen sollte. Dem kam er nun gerne nach. Er zückte Bogen und Pfeil und sah sich nach Hilfsbedürftigen um.
    Er entdeckte einen Bauern, der von einem mit einer Kriegsaxt bewaffneten Dremora bedrängt wurde. Im nächsten Moment bedrängte ihn nur eine mit einer Kriegsaxt bewaffneten Leiche mit einem Pfeil im Kopf. Jeren konnte von Rand aus zwar viele Gegner treffen ohne in Bedrängnis zu kommen. Jedoch zwang ihn der allmähliche Mangel an Feinden weiter ins Schlachtfeld zu schreiten. Was leider dazu führte, dass im nächsten Moment ein dick gepanzerter Dremora auf ihn zustimmte. Jeren sah sich in den Nahkampf gezwungen. Er war kein wirklich schlechter Nahkämpfer. Jedoch bereiteten ihn in dicke Rüstungen gepackte Krieger Probleme, denn so ein Kurzschwert erzielte nicht oft den gewünschten Effekt. So musste er auf Schwächen in der Verteidigung seiner Gegner hoffen. Da er immer noch lebte musste er wohl oft genug Erfolg gehabt haben. Sein Gegner trug keinen Helm. Schwäche erkannt. Der Streitkolben des Kriegers sauste mehrmals auf Jerens Kopf. Der hatte ziemliche Probleme auszuweichen, stolperte über Wurzeln und Geäst und fiel schließlich zu Boden. Sein Gegner holte zum vernichtenden Schlag aus. Jeren nutzte die Siegessicherheit seines Gegners und die damit verbundene Unachtsamkeit. Er verpasste ihm einen Tritt, der den Dremora zurücktaumeln ließ und rollte sich währenddessen seitlich ab, stellte sich auf, verpasste ihm einen Schlag ins Gesicht, der den Gegner abermals zurücktaumeln ließ und erledigte ihn schließlich mit einem Schwertstoß in den Kopf. Er entdeckte Ser-Kueij vor dem Obliviontor. Um ihn herum ein halbes Dutzend Leichen von Deadra. Er nickte ihm kurz zu und verschwand dann im Tor. Jeren wollte sich im anschließen, dachte aber, dass er für den Argonier nur ein Hindernis gewesen wäre. Stattdessen bemächtigte er sich wieder seines Bogens und machte sich daran, denen zu helfen für die es grade nicht so gut aussah.
    Er trat weiter ins Schlachtfeld, war aber diesmal aufmerksamer, sodass Gegner die sich diesmal heranschleichen wollten, sehr gute Reflexe und eine 100% Resistenz gegen Pfeile brauchten. So welche sind Jeren bisher noch nicht entgegengetreten. Es lief ziemlich gut. Bis es nicht mehr gut lief. Zu mindestens für Jeren. Er verschanzte sich gerade hinter der Wand eines Bauernhauses, um die Gefahr entdeckt zu werden zu senken. Und dann geschah es: Er bemerkte aus den Augenwinkeln wie jemand hinter ihm ein deadrisches Claymore hob, als er gerade um die Ecke trat um sich einen weiteren seiner Feinde zu entledigen. Jedoch wirbelte er stattdessen herum, um seinem Pfeil einem neuen Gegner zu widmen. Er traf. Keuchte auf. Und wurde blaß. Er hatte gerade keinen Gegner getötet. Sondern einen jungen Kaiserlichen im Alter von ungefähr 17 Jahren, der sein eisernes Claymore gegen ein deadrisches eintauschen wollte. Er starrte Jeren mit Augen voll Schock und Überraschung an. Jeren konnte noch sehen wie der Lebensfunke in den Augen des Jünglings erlosch. Dann kippte er zu Boden. Jeren konnte kaum glauben was gerade passiert ist. Er hatte jemanden umgebracht. Ermordet. Einen Jugendlichen, der nur helfen wollte. Irgendwo vor ihm hörte er das Gebüsch rascheln. Er ließ seinen Bogen fallen und fing an zu rennen. Hinter ihm implodierte das Obliviontor und schloss sich schließlich. Eine Gestalt in Schwarz mit einem Schwanz erschien an dessen Stelle und steuerte auf den nächst besten Deadra zu. Soldaten und Bauern jubelten. Deadra blickten verwirrt um sich, erkannten ihre Niederlage ein und fingen an in den Wald zu flüchten. Soldaten und ein entschlossener Ser-Kueij setzten ihnen nach. Er hielt eine schwarze Kugel in der Hand. Eine Flammenaura umhüllte ihn. Doch Jeren merkte nichts von all dem. Er merkte nichts mehr. Er rannte nur. Ohne Ziel wie zuvor in seinem Leben auch. Er rannte tief in den Wald. Schließlich blieb er stehen, legte sich auf den Boden. Tränen liefen an seinen Wangen herunter.
    Geändert von Dark Brother 94 (22.07.2010 um 21:25 Uhr)

  2. #242

    Cyrodiil; Skingrad-Kaiserstadt

    Anschluss an die Handlung von "Heiler und Dämon".



    …wie lange er gereist war, diese Frage vermag Juan nicht zu beantworten. Das Einzige, was er wusste, war die Tatsache, dass er nun endlich raus aus diesem finsteren Loch von Nekromantenfestung war. Seine nächtlichen Pausen verliefen ereignislos, anscheinend hatte das Schicksal entschieden, den arg gebeutelten Rothwardonen nun endlich in Frieden zu lassen, so kam es ihm zumindest vor.
    Nach einigen Tagen Reise durch das Dickicht, wobei ein fester Weg alles andere als gegeben war, betraten die Hufe des Pferdes endlich wieder einen offiziellen Weg des Kaiserreichs. Juan hatte festgestellt, dass er viel länger bis zu einem solchen gebraucht hatte als ihm bei Erinnerung an seiner Hinreise in den Sinn kam, und so musste er sich erst einmal orientieren, wo genau er sich nun befand. Eine Weile ritt er nur so vor sich hin und folgte dem Weg; es war früher Morgen, und auf der Straße war außer ihm weit und breit niemand zu sehen. Endlich sah er etwas weiter vor sich eine kleine Kreuzung, und am Straßenrand die dazugehörigen Wegweiser. Gleich würde er wissen wo er sich befand. Juan ritt heran und positionierte sich vor dem Straßenschild. Ungläubig starrte er das Stück Holz an, dann das andere, welches in die entgegengesetzte Richtung führte. „Skingrad? Und Kvatch? Anvil? Anscheinend führte der Weg, den ich vom Kloster dieser Psychopathen genommen habe, genau auf die Straße zwischen Skingrad und Kvatch. Jetzt ist nur die Frage, wie weit. So auf die Schnelle weiß ich nicht, wo ich mich befinde, und anscheinend bin ich auch etwas durch den Wind…“. Juan zuckte mit den Schultern. Skingrad war immerhin ein Anfang, dann würde er halt schon wieder in diese Stadt einkehren.
    Die Reise dauerte nur kurz, denn sie wurde abrupt unterbrochen, als sich zwei verlebt aussehende Gestalten durch die Büsche schlugen und den Weg blockierten. Juan hielt an und musterte die beiden. Ihre Rüstungen waren verschlissen und mit Kampfspuren übersät, und die Waffen, welche sie in den Händen trugen, gaben ein dreckiges und ungepflegtes Bild ab. Juan blickte kurz an sich hinab. Seine Arme hatte er notdürftig verbunden und die Bandagen waren bereits grau vor Dreck; der Rest seiner Rüstung war mit Brandspuren gezeichnet und machte keinen besonders stabilen Eindruck mehr, und der Umhang hing mehr oder weniger in Fetzen. Seine Augen wanderten zum Griff seiner Waffe. Er kannte diese Art der Wegblockade, dazu diese wenig sympathisch aussehenden Gestalten. Juan hatte weder die Kraft noch den Nerv dazu sich mit den Banditen anzulegen, und so griff er schnell in eine Satteltasche, als einer der beiden ein grobes „Wir wollen Wegzoll sehen!“ ihm entgegen schleuderte. Juan kramte und hatte schließlich ein kleines Beutelchen in der Hand, welches er dem Räuber zuwarf. Dieser war von dieser Kooperation offensichtlich überrascht und warf einen neugierigen Blick in das Lederbeutelchen. Seine Augen begannen zu glänzen, und mit einer Geste, untermalt von einem „Wünsche euch noch eine gute Reise, mein Herr“ machte er den Weg frei. Abschaum, allesamt, anstatt einem ordentlichen Beruf nachzugehen; aber wenn solche wie ich das Tagwerk dieser Gauner auch noch unterstützen, habe ich mich nicht darüber zu beschweren, dass diese Tätigkeit noch lukrativ genug ist, um sie auszuüben. Juan ritt mit ausdruckslosem Gesicht weiter, Personen begegnete ihm keine mehr, nur eine Gruppe Rehe kreuzte die Straße weit vor ihm. Schließlich, am späten Nachmittag, kam endlich die Silhouette Skingrads am Horizont in Sicht.

    Endlich konnte der Rothwardon von seinem Pferd hinabsteigen und es dem Stalljungen geben. Dieser war von der Erscheinung des Agenten erschrocken und wollte das Pferd zunächst nicht annehmen; als Juan ihm dann aber seine Plakette, welche ihn als Agenten auswies, unter die Nase hielt, spurte der Junge und stellte keine weiteren Fragen. „Bring das Pferd zum Ostausgang bis morgen“, grummelte er und ließ das Kind dann einfach stehen. Auch das Haupttor passierte er wortlos, indem er nur seine Ausweisung vor sich hielt als er an der Wache vorbeischlurfte.
    In der Stadt selbst trafen ihn immer wieder forschende Blicke; manche waren auch entsetzt oder angewidert, und wieder andere schienen ihn für einen Landstreicher zu halten. Dem Rothwardon war dies aber egal, er bewegte sich schnurstraks auf die Taverne zu, in welcher er vor einer halben Ewigkeit genächtigt hatte, zumindest kam es ihm so lang vor. An seinem Ziel angelangt, stieß er die Tür auf und trat ein. Im Inneren hatte sich wenig verändert, auch war hier unten im Empfangsbereich kein Gast zu sehen; nur der ihm bekannte Portier schob hier unten Dienst und lag sofort die Zeitung weg, als er den Agenten erblickte. „Bei allen Göttern, was ist denn mit dir passiert, Juan?!“, schreckte der Bretone von seinem Stuhl hinter dem Tresen auf und starrte mit entsetzten Augen Juan an. „Kaum der Rede wert, der Auftrag ist mir ein wenig missglückt…“, antwortete der Agent widerwillig, da ihm erst jetzt so wirklich bewusst wurde, dass er es gründlich vermasselt hatte. Aber er hatte nicht vor, diesem Kerl hier davon zu erzählen, obwohl dieser mit fragendem Blick geradezu darum bettelte. Stattdessen nickte der Rothwardon zu dem Buch auf dem Tresen. „Ich brauche ein Zimmer und etwas zu essen, und bis dahin fände ich ein Bad ganz in Ordnung…“, grummelte Juan halblaut und das Gesicht in den Händen vergraben, die Erschöpfung breitete sich langsam aber sicher in seinen Gliedern aus. „Aber natürlich, ich kümmere mich sofort darum…“, eiferte der Portier und bewegte sich Richtung Treppe. „Eine Sache noch…“, rief Juan ihm hinterher, sodass der Bretone stoppte und sich nach ihm umsah. „Wenn ihr Verbandsmaterial zur Hand habt, wäre ich sehr dankbar…“. Der Mann blickte erst fragend drein, aber dann fielen seine Augen auf die Arme des Agenten; er nickte und entschwand dann nach oben.
    Wenig später saß der Rothwardon dann mit zurückgelegtem Kopf in einer großen mit heißem Wasser gefüllten Wanne, entspannte sich und ließ das Geschehene der vergangenen Tage und Wochen Revue passieren. Gut, Ich habe den Auftrag vergeigt. Das ist die eine Seite. Die andere, noch viel Gravierendere ist jedoch: Was wird mich in der Kaiserstadt erwarten, wenn ich dem Hohepriester gegenübertrete? Aus dem Kloster haben wir niemanden entkommen lassen, er wird also nicht um die Geschehnisse dort informiert worden sein. Wusste er überhaupt all das, was ich herausfand? Dass das eine Hochburg der Nekromanten war? Hat er gar mit ihnen gemeinsame Sache gemacht? Ist er ein Nekromant? Oder einfach nur korrupt? Gut, korrupt sind sie alle. Wenn er informiert ist, bin ich geliefert. Ist er es nicht, brauche ich eine gute Geschichte. Ich sage dann einfach, dass die Observierung nichts ergeben hat. Dass Namsy einfach nur eine ungefährliche Spinnerin ist. Ich muss dann wahrscheinlich ein wenig Überzeugungsarbeit leisten, aber ich schaff das schon…. Juan räkelte sich noch ein wenig in dem Wasser, bevor er sich letztendlich aus der Wanne stemmte und sich abtrocknete. Dann verband er sich die Arme mit frischem Material und legte seine normale Kleidung an. Sein Blick fiel auf die verkohlte Lederrüstung. Wenn er mit dieser bei dem Hohepriester auftauchte, würde er sich unangenehmen Fragen stellen müssen. „Ich werde wohl meine Ausgehkleidung bei dem Zusammentreffen mit ihm anlegen…“, murmelte er vor sich hin, raffte die Rüstung zusammen und verstaute sie in einer Tasche. Mit dem Gepäck begab er sich dann auf sein Zimmer.
    Die Bediensteten der Herberge hatten ganze Arbeit geleistet, der Tisch auf seinem Zimmer war reichlich mit allerlei Essen und Getränken gedeckt. Anscheinend gaben sie sich besonders viel Mühe wenn ein Angestellter des Staatsapparates zu Gast war. Juan verspeiste alles relativ zügig, und gründlich, denn er war äußerst hungrig. Nachdem er fertig war, ließ er alles so wie es war stehen und liegen und ließ sich auf’s Bett fallen, wo er auch sogleich erschöpft einschlief…

    Am nächsten Tag stand Juan zum Sonnenaufgang auf und fühlte sich wie gerädert. Er hatte zu lange nicht in einem ordentlichen Bett geschlafen, du die Strapazen der letzten Tage machten sich in seinen Knochen bemerkbar. Aber er hatte keine Zeit zu verlieren, denn er wollte die Konfrontation mit dem Hohepriester so schnell wie möglich hinter sich bringen. Er packte seine Sachen und ging die Treppe hinab; dem Portier warf er bei seinem Abschied nur einen knappen Gruß entgegen und verließ schließlich die Herberge Richtung Osttor. Hier angekommen, fand er auch schon sein Pferd vor, welches sogleich von dem örtlichen Stallburschen gesattelt wurde. Auch diesem gab er nur eine knappe Geste der Verabschiedung mit auf den Weg; ihm war egal wie hochnäsig oder gleichgültig dieses Verhalten wirken mag, denn in Gedanken war er schon längst in der Kaiserstadt; in der Stadt, in welcher sich die Entscheidung über seine weitere Zukunft abspielen sollte.

    Juan schlug einen zügigen Ritt an, und so stand er kurz nach Mittag vor der großen Pforte des Palasts. Die Tür wurde ihm bereitwillig geöffnet, jedoch kam es ihm so vor, als würden die beiden Wächter, die ihn natürlich kannten, mitleidige Blicke zuwerfen. Wussten sie etwas? Oder war das nur Einbildung? Juan verdrängte den Gedanken und bereitete sich schon mental auf ein wenig Schauspielerei vor. Geradewegs ging er auf das Zimmer des Hohepriesters zu, als er von dem Wächter, der davor stand, aufgehalten wurde. Fragend blickte Juan ihn an. „Tut mir leid, aber er ist noch nicht bereit, euch zu empfangen.“. Der Agent stutzte. Dieser Kerl ließ ihn warten, obwohl er sich hat ankündigen lassen? War er denn nicht begierig darauf zu erfahren was aus diesem ach so wichtigen Auftrag geworden ist? Außer er wusste es bereits. Juan wurde ganz flau im Magen, aber dann straffte er sich, nickte und setzte sich auf eine Bank neben der Zimmertür. Er musste jetzt Ruhe bewahren, dies hatte noch gar nichts zu bedeuten…gar nichts…
    Juan verbrachte geschlagene zwei Stunden auf der harten, hölzernen Bank, ehe sich plötzlich ohne Ankündigung die Tür öffnete und der Wächter ihm zunickte. Seine Gelenke knackten, als er sich erhob, und er streckte sich noch kurz und straffte die Schultern, bevor er schließlich in das Zimmer ging.
    Leise schloss sich die Tür hinter ihm und der Agent sah sich um. Der Hohepriester saß mit verschränkten Armen an seinem Tisch und starrte den Rothwardonen direkt an, den Berg Papiere vor sich auf dem Tisch ignorieren. Gerade noch war Juan in Gedanken seine Version der Geschichte durchgegangen, aber die war nun wie weggeblasen, denn nur ein Gedanke wiederholte sich immer wieder in seinem Kopf, und es kam ihm vor, als würde er diesen nie wieder verlassen: Er weiß es, er weiß es, er weiß es, er…. Die Zuversicht, die der Agent bis eben noch besaß, hatte sich in Luft aufgelöst. Mit langsamen Schritt bewegte sich Juan auf den Priester zu und setzte sich auf den Stuhl, welcher bereit stand, wie für ihn gemacht, einem Galgen oder Hackblock gleich, denn das was jetzt folgen würde, käme wohl einer Hinrichtung sehr nahe.
    Juan wusste nicht, wie lange sie hier gesessen und sich nur angeschaut haben, als sich der Priester vorlehnt, die Hände faltet und mit leiser bedrohlicher Stimme anfängt zu sprechen. „Du weißt Dinge über mich, die du lieber nie erfahren hättest, genauso verhält es sich anders herum. Wir sind in einer Patt-Situation. Ich sollte dich sofort hinrichten lassen, glaub mir, Gründe gäbe es genug, und wenn ich deine Lebensgeschichte etwas verändere; jedoch würdest du dann mit Anschuldigungen an die Öffentlichkeit gehen, die meine politische Karriere wohl nicht verkraften würde. So gesehen wäre es unser beider Ende.“. Der Priester ließ seine Worte wirken, und Juan war sich bewusst, dass diese Missgeburt hier vor ihm Recht behalten würde. Er kam aus der Sache hier nicht mehr raus, wenn er etwas verraten würde, genauso wenig wie der Priester. „Denk nur mal an die Schmach, die du erleiden würdest. Ein fehlgeschlagener Auftrag. Das Brechen des Schweigegelübtes wenn du den Auftrag und mich verrätst. Was würde dein Vater sagen, wo er doch so stolz auf dich ist? Deine Familie? Deine Ehre wäre für immer dahin…“, säuselte der Bretone vor sich hin und stellte zufrieden fest, dass seine Worte sehr wohl Wirkung zeigen. Nachdem er eine bedeutungsvolle Pause gemacht hatte, lehnte er sich zurück, griff nach einem Blatt Papier und schob es dem Agenten zu. Juan nahm es zögernd auf und begann zu lesen, dabei wurde sein Blick immer ratloser und seine Augenbrauen zogen sich ungläubig zusammen. Er blickte auf und stammelte nur in einem verwirrten Tonfall „…ich soll nach Hochfels…?“. Der Priester lächelte berechnend und nickte. „Dort bist du außerhalb jeglicher Reichweite zu mir und hast nichts mehr mit mir zu tun. Du behältst deine Ehre, im Gegenteil, sie wird sogar noch aufgewertet weil du versetzt wirst. Deine Familie wird stolz auf dich sein…“. Der Priester lehnte sich zurück in seinen großen Sessel, faltete die Hände und legte den Kopf mit einem süffisanten Grinsen schief, was wie eine hässliche und monsterähnliche Fratze auf Juan wirkte. Der Agent verstand, dass das Gespräch hiermit zuende war, jegliche Diskussion war ausgeschlossen. So erhob sich der Rothwardon mit dem Zettel in der Hand und verließ das Büro.
    Draußen bewegte sich Juan wie im Delirium durch die Stadt, bis er schließlich im Elfengarten-Bezirk eine ruhige Ecke fand und sich niederließ. Dieser Abschaum von einem Hohepriester hatte ihn in der Hand, und in gewisser Weise durfte er sogar froh sein, so vergleichsweise glimpflich davongekommen zu sein. Der Priester wusste, dass die Ehre das Einzige war, mit dem man Juan kontrollieren konnte, und mit dieser Variante wurde er den Agenten los und wahrte gleichzeitig seinen Ruf. „Der Staatsapparat ist ein schmutziges Geschäft, und unsereins darf im Dreck baden…“, murmelte der Agent vor sich hin, ehe er sich erhob und Richtung Elternhaus davonschlich.
    Alles Weitere ging rasend schnell. Wie erwartet sahen seine Eltern die Versetzung als große Ehre; sein Vater klopfte ihm auf die Schulter und sagte, dass er noch nie so stolz auf ihn gewesen war. Es gab eine Abschiedsfeier im Familienkreis und eine offizielle Verabschiedungszeremonie im Palast der Kaiserstadt, bei der es sich natürlich der Hohepriester auch nicht nehmen ließ, Juan gebührend und beglückwünschend zu verabschieden. Kaum eine Woche nach dem Erhalt des Zettels lief das Schiff in Anvil mit Juan an Bord Richtung Hochfels aus, und der Agent blickte nicht zurück, als die Küste Cyrodiils schließlich am Horizont verschwand…

    [[Juan ist hiermit raus...]]
    Geändert von KingPaddy (19.02.2012 um 12:00 Uhr)

  3. #243

    Küstennahe Grenze Hammerfell -> Anvil

    Das Wetter war trocken und kühl, als Milan seine ersten Schritte auf dem Boden Cyrodiils tat. In Rihad, kurz hinter der Grenze in Hammerfell, hatte er sich einer Handelskarawane angeschlossen, welche sich auf dem Weg nach Anvil befand. Gerade eben überquerten auch die Händler, welche hinter dem Rothwardonen und seinem Pferd liefen, mit ihren Packtieren und Wagen die steinerne Brücke. Milan sah sich um. Die Landschaft sah etwas anders aus als in seiner Heimat, obwohl er sie doch gerade eben erst verlassen hatte. Dies hier glich einer Steppenlandschaft, die irgendwie frischer und vitaler wirkte als der karge Boden Hammerfells. Kleinere Felsbrocken waren umgeben von geduckten kniehohen Gräsern, und vereinzelt stand ein Baum in der Landschaft.
    Sie folgten dem ausgetreten Weg, welcher mehr einem Trampelpfad als einer ausgewiesenen Handelsroute glich. Dies liegt wohl daran, dass nur wenige Händler den Landweg wählen. Der Großteil benutzt sicherlich Schiffe, welche schneller sind und wohl auch mehr transportieren können. Aber ich werde mich nicht über den unebenen Weg ärgern, helfe ich doch so zum einen diesen Händlern und komme zum andern auch noch gegen Bezahlung in eine neue Stadt und Region. So habe ich gleich doppelt gewonnen…, und Milan beschloss, sich ein wenig mit den Händlern zu unterhalten, vielleicht erfuhr er so ein wenig über die Gegend hier.

    Der Jäger ließ sich, das Pferd neben sich her an den Zügeln führend, zurückfallen bis zur Karawane, indem er einfach das Tempo reduzierte, und reihte sich irgendwo in der Mitte des Trosses wieder ein neben einem dicklich aussehenden Händler, welcher auf einem mickrigen Esel ritt, weil er ganz offensichtlich zum selber Laufen zu faul war. Sein Kopf war kahl, und ein Hals fast nicht mehr zu erkennen, ebenso fand man sein Kinn nur beim zweiten Hinsehen. Seine ausladenden Wangen waren leicht gerötet, als habe er einen Dauerlauf hinter sich, aber tatsächlich, so hatte es Milan beobachtet, war er seid Rihad nicht einen Schritt gelaufen. „Wirklich sehr warm heute, nicht war?“, stichelte Milan mit freundlichem Unterton Richtung des Mannes, und dieser blickte ihn schweratmend an. „Ja, durchaus, mein Herr, unsereins ist auch nicht mehr so jung und vital wie ihr, sodass er eine Reise wie diese so einfach wegsteckt.“. Jung und vital? Du Fettsack bist kaum älter als ich und wärst wahrscheinlich in der Lage mal selber zu laufen wenn du nicht dauernd dieses Trockenobst da in dich reinschaufeln würdest, und wie auf Kommando griff der Händler in die Tasche und holte wieder eine dieser glasierten getrockneten Beeren hervor und schob sie sich in den Mund, gefolgt von einem großen Schluck Wein aus einer Karaffe, die die ganze Zeit schon an der Seite des Esels baumelte. Aber Milan ignorierte die Stimme in seinem Kopf, die seine Abneigung gegen diesen Kaiserlichen nur noch bekräftigte, und setzte einen etwas freundlicheren Gesichtsausdruck auf. „Sagt, gibt es irgendetwas über Cyrodiil zu wissen, was sich lohnt, es zu erzählen? Wie genau steht es hier um Tiere oder Monster? Gibt es Probleme mit ihnen? Bis jetzt habe ich keines gesehen, und mir sieht es nicht so aus als würden uns hier Banditen auflauern. Keine Verstecke für einen Hinterhalt in der Nähe…“, und Milan blickte nochmal prüfend in die Runde, in der Tat waren sie von leicht hügeliger Steppe umgeben, welche keinerlei Hinterhaltsmöglichkeiten bot. Der Kaiserliche auf seinem Esel räusperte sich, sodass Milan ihn wieder anschaute. „Der Karawanenführer bestand auf ein paar Wachen, ich selbst hätte keine Septim für jemanden wie euch ausgegeben. Oger, Wölfe und Goblins gibt es hier genug, ebenso Bären und anderes Viehzeug, dass ich jetzt nicht alles aufzählen werde, dafür ist mir meine Zeit zu schade.“ Was hast du denn groß zu tun, außer deine Kauleiste zu bewegen?[, warf Milan gedanklich ein, aber da sprach der Händler schon weiter. "Es gibt genug Aufgaben für euresgleichen hier in Cyrodiil. Das Säubern von Ruinen, welche an wichtigen Handelsrouten liegen, ist immer eine nette und einträgliche Beschäftigung, allerdings verreckt die Hälfte der bezahlten Söldner dabei oder erliegt ihren Kampfverletzungen. So spart man enorm viel Geld, da man den Sold nicht berappen muss. Aber wer seinen Job nicht ordentlich macht, kann auch nichts erwarten.“. Milan wurde dieser Kerl immer unsympathischer. Du hast bestimmt noch nie auch nur einen Kampf selbst erledigt, nimmt man mal das Abtrennen eines Flügels vom Braten außen vor. Der Rothwardon hatte genug gehört. „Danke für die umfassende Information.“, meinte er nur noch trocken und ohne Freundlichkeit in der Stimme und entfernte sich dann von dem Händler. Solche Leute waren echt das Letzte: Eingebildet, hochnäsig und hatten keine Ahnung vom gewöhnlichen Leben. Ein bleibender erster Eindruck von Cyrodiil, befand Milan für sich. Hoffentlich ist dieser nicht stellvertretend für die Provinz, sonst wird das hier kein langer Aufenthalt…

    Nach einiger Zeit kam am Horizont ein Gebäude in Sicht, und bald gingen sie daran vorüber. Milan, der sich inzwischen bei einem anderen Händler, einem Bretonen, wieder eingereiht hatte, erkundigte sich bei ihm über das Haus. „Das ist das Anwesen von Fürst Drad. Ihm gehört das Land hier, und wir bezahlen eine mächtige Gebühr dafür, um es mit unseren Karawanen kreuzen zu dürfen. Er ist recht habgierig und dementsprechend wohlhabend, aber hier draußen auch relativ abgeschieden vom Rest der Provinz. Wer weiß, mit seiner Art hätte er in der Stadt wohl sowieso nicht allzu viele Freunde.“. Milan blickte noch ein wenig über die Fassade des Gebäudes und wandte sich dann wieder dem Weg zu, welche nun etwas besser wurde. Wieder so ein Eingebildeter vom hohen Stand? Gibt’s hier nur solch hohe Tiere? Milan prüfte die Satteltaschen seines Pferds und holte eine Wasser Flasche hervor, aus der er sogleich einen Zug nahm und sie wieder verstaute. Dabei glitt sein Blick über den Hals des schwarzen Tieres. Die Verzollung hatte ein Vermögen gekostet, und am liebsten hätte er es dort an der Grenze zurückgelassen, denn für das Geld, so war er sich sicher, konnte er sich bestimmt ein neues Pferd hier in Cyrodiil zulegen. Letztendlich scheiterte seine Idee aber an dem Gepäck, welches er nicht so ohne weiteres ohne Pferd transportieren konnte und wollte.

    Bald waren sie endlich auf der Hauptstraße angekommen, was man an dem befestigten Untergrund erkannte, und ein Schild am Wegesrand wies nach Anvil. Milan spürte eine gewisse Erwartungshaltung an diese Stadt, sollte sie doch die erste Bastion der Zivilisation sein, die er hier in Cyrodiil erblicken sollte. Endlich kamen die mächtigen Stadttore in Sicht. Der Rothwardon ritt, kaum dass er die Tore sah, voraus, um sein Pferd in der örtlichen Stallung abzugeben, welche sich leicht rechts versetzt vom Haupttor befand. Ein untersetzter Dunmer nahm sich des Tieres an, aber nicht ohne einen skeptischen Blick auf das Schwert zu werfen, welches Milan auf dem Rücken trug. Der Jäger kümmerte sich nicht darum und blickte sich um; die Karawane hatte soeben das Tor erreicht und ließ die nötige Kontrolle über sich ergehen. Als sich Milan dazugesellte, musterten die Wächter ihn mürrisch, aber der Karawanenführer bekräftigte relativ schnell, dass dieser Mann zu ihnen gehöre. Als auch diese Hürde genommen war, öffnete sich endlich das große Schwere Tor nach Anvil und gab den Weg in’s Innere der Stadt frei.

    Das Erste, was Milan erblickte, war der große Baum auf dem Hauptplatz Anvils. Er musterte ihn interessiert, war er es doch nicht gewohnt, solche Pflanzen in der Nähe von Städten, geschweige denn in ihnen zu sehen. Dann aber sah er sich genauer um. Er sah einen Schmied. Dann große Gebäude mit Gildenwappen davor. Alles hier erinnerte ihn sehr stark an Rihad, die rothwardonische Architektur hatte anscheinend einen weitreichenderen Einfluss als er zunächst angenommen hatte. Oder war es anders herum und Rihad hatte Züge von Anvil? So genau konnte man das wohl nicht sagen, Milan war überrascht, hier in der Fremde etwas zu sehen, dass ihn an zuhaus erinnerte. Lange konnte er sich das nicht anschauen, denn die Karawane zog weiter rechts die Straße entlang, eine kleine Steigung hinauf. Milan ging neben ihr her und musterte dabei die Häuser. Einige muteten anders an als andere, sahen etwas wohlhabender und besser verarbeitet aus. Am oberen Platz wieder ein Baum. Diese Aufmachung gefiel dem Rothwardonen, sie brachte Natur in das Stadtleben und verlieh ihr eine gewisse Sauber- und Natürlichkeit. Nun standen sie vor einem großen Tor und wurden abermals kontrolliert. Nachdem auch dies vorüber war, kamen sie endlich an ihrem Ziel an: Dem Hafen von Anvil.

    Hier stieg Milan sofort der typische Hafengeruch in die Nase, den er auch von Zuhause kannte. Salzige Meerluft mischte sich mit leichtem Fischgeruch, wenn auch nicht so stark wie er es von anderen Häfen kannte. Die Ursache war sofort an dem geschäftigen Treiben hier und der Musterung der Schiffe zu erkennen: Dies war vornehmlich ein Handelshafen, Milan erkannte nur zwei kleinere Fischerboote an einem schwach besuchten Kai liegen, dafür waren die restlichen Anlegestellen mit Kisten, Fässern und Händlern überflutet. Die Karawane kämpfte sich durch das Gedränge und kam schließlich an einem kleinen Lagerhaus an, worin die Händler sogleich verschwanden und kurz darauf einige Männer wieder herauskamen, um die Pferde und Wagen zu entladen. Milan stellte sich etwas abseits zu den beiden anderen Wächtern, welche mitgereist waren, und beobachtete das Abladen, bis der Führer des Handelstrosses zu ihnen trat. „Eine ereignislose Reise, so wünscht man sich das. Ich bin sicher, im Ernstfall wärt ihr eine große Hilfe gewesen…“, und der Rothwardon schüttelte jedem die Hand und drückte ihnen dabei ein kleines Ledersäckchen mit ihrem Lohn in die Hand. Bei Milan verweilte er einen Augenblick, während sich die anderen beiden schon in eine Taverne namens „Das Vorschiff“ verabschiedeten. „In einer Stunde mache ich eine Tour zurück nach Rihad. Kann ich wieder mit dir rechnen?“. Dieser Mann nahm anscheinend an, weil Milan derselben Rasse wie er angehörte, dass er wieder mit zurückkam. Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich denke, ich werde eine Weile hierbleiben und die Gefahren Cyrodiils kennenlernen.“. Der Mann blickte kurz verwirrt drein, aber dann schien es bei ihm im Kopf zu arbeiten. „Ich wusste, dass ich euch irgendwoher kenne. Milan von Taneth, richtig? Warum habt ihr nichts gesagt, mit euch hätte ich nur zu gern geredet, ich denke, ihr habt viel zu erzählen und zu berichten. So aber muss ich mich um den nächsten Transport kümmern. Sei’s drum, war mir eine Freude, euch kennen zu lernen.“. Der Mann schüttelte Milan abermals die Hand und wand sich dann wieder seiner Karawane zu. Das wird wohl erstmal das letzte Mal gewesen sein, dass mich jemand wiedererkannt hat, lächelte Milan in sich hinein und schaute sich dann um. Es herrschte eine rege Betriebsamkeit hier, für die der Rothwardon nicht mehr die Nerven hatte, schließlich ging langsam die Sonne unter. Vor der Taverne, in der sich die anderen Wächter einquartiert hatten, hing eine Menschentraube, ebenso vor der anderen Spelunke namens „zur schwimmenden Schüssel“. Bei dem Weg durch die Stadt sah ich doch ein anderes Gasthaus. Dort sah es nicht nach soviel Betrieb aus, das werde ich wohl mal erkunden. Milan schob sich an den Leuten auf dem Kai vorbei Richtung Tor, dabei hielt er seine Hände nahe am Körper, denn solche belebten Orte waren ein gefundenes Fressen für Taschendiebe, und gleich am ersten Tag bestohlen zu werden, das musste nicht sein. Am Durchgang angekommen, ließen ihn die Wächter sogleich passieren, ohne Kontrolle, denn aus irgendeinem Grund konnten sie sich an ihn erinnern, obwohl hier zig Personen minütlich durchkamen. Im Weggehen hörte Milan noch ein „So ein Schwert hätt ich auch gern“, von einem der Wächter, der dies zu einem anderen sagte. Sieh an, das dürfte erklären, wieso sie sich erinnern.

    Nun stand er wieder auf dem oberen Platz von Anvil und ging zunächst auf den Baum zu, wo er sich erst einmal orientierte. Es war bedeutend weniger los als am Hafen, vielmehr waren nur zwei Wächter anwesend, die sich unterhielten, sowie eine Khajiit, welche die Büsche in ihrem Vorgarten stutzte, oder vielleicht war sie auch nur Angestellte, Milan wusste es nicht. Dann endlich sah er die Herberge. „Zu des Grafen Waffen…“, sagte er zu sich selbst, als er auf das Gebäude zulief und das Schild las. „Ein seltsamer Name für eine Herberge, sowas ist doch meist mehr Schein als Sein. Aber wer weiß, vielleicht finde ich Zeit, den Wirt zu fragen…“, und damit schob er die schwere Holztür auf und betrat das Gebäude.

    Drinnen schaute sich Milan um. Von Innen sah dieses Haus schon sehr edel aus, und er musste zugeben, dass der Name schon irgendwie zu ihm passte. Es hatte anmutig wirkende Bögen an der Decke, welche an ein Grafenhaus erinnerten, und auch die Einrichtung mit den edel aussehenden Holzmöbeln und den gut verarbeiteten Teppichen mutete sehr erlesen an. Über dem Kamin hingen zwei gekreuzte, ebenfalls teuer aussehende Schwerter. Aha, daher ‚Zu des Grafen Waffen‘, wieder ein Rätsel gelöst. Rechts vom Eingang befanden sich zwei Tische. An einem saßen zwei Dunmerinnen und unterhielten sich flüsternd, unterbrachen aber ihr Gespräch, als Milan die Herberge betrat. Der Rothwardon musterte die beiden, sie waren eine hübsche Erscheinung, eine schwarz-, die andere rothaarig, und er nickte ihnen knapp mit einem leichten Lächeln freundlich zur Begrüßung zu. Sie erwiderten dies mit derselben Geste, verfolgten ihn aber weiter mit ihren Blick, als er sich schon abgewandt hatte und Richtung Tresen marschierte.
    Milan hörte es hinter sich Kichern, aber fremde Gespräche gingen ihn nichts an. So erreichte er den Tresen und erspähte auch schon den Wirt, welcher ihn seinerseits auch schon erwartet hatte. „Seid gegrüßt, Reisender. Wilbur mein Name. Willkommen in ‚Zu des Grafen Waffen‘. Was darf es sein?“. Der Rothwardon musterte Wilbur. Schon wieder ein Rothwardon. Anscheinend hatte seine Rasse hier doch mehr zur Architektur beigetragen. „Milan von Taneth mein Name. Ich brauche ein Zimmer für eine Nacht und etwas zum Essen...“. „Sehr gern. Das Zimmer macht 25 Septime, und ein Abendmahl 10.“. Milan stockte. Wie bitte? 25 Septime und auch noch 10 für’s Essen? Nun gut, wenn ich mich hier so umschaue, glaub ich das gern. Ach sei’s drum, ist ja nur eine Nacht, und man gönnt sich ja doch nichts. „Sehr gern.“, und er ließ 35 Septime aus seiner Tasche auf den Tresen fallen. Dann drehte er sich herum und überblickte noch einmal den Raum. Die beiden Dunkelelfen tuschelten wieder unbelauschbar miteinander, und so wandte sich der Rothwardon zum Kamin hin. Zwei Stühle, welche zum Feuer hin gerichtet waren, standen hier, zwischen ihnen ein Tischchen. Milan zog sich den Waffengurt seines Schwerts über den Kopf und hing ihn an die Stuhllehne, dann setzte er sich und starrte ins Feuer. Hier bin ich nun endlich in Cyrodiil angekommen. Ein Dach über den Kopf, gleich etwas im Magen, ein Bett hab ich auch. Bestien oder Tiere habe ich noch gar nicht gesehen. Naja, das kommt bestimmt noch. Jetzt schau ich erst einmal, was man mir hier serviert…, und kaum hatte er die Worte ausgesprochen, kam der Wirt auch schon mit einem Teller und einer Flasche in der Hand stellte beides auf das Tischchen und wünschte einen guten Appetit .
    Das Essen schmeckte köstlich; Milan erkannte nicht, was das für ein Fleisch sein sollte, aber es war zart und sättigend. Das Dunkelbier, welches er dazu bekam, kannte er, aber es passte zu dem Essen geschmacklich optimal. Nachdem er fertig war, räumte der Wirt ab und schenkte Milan noch ein kleines Glas mit cyrodiilischen Weinbrand ein. Der Rothwardon vernichtete auch dies sogleich, und der Alkohol brannte angenehm in der Kehle und wärmte ihn von Innen, auch wenn das durch das Kaminfeuer kaum noch nötig war. Milan drehte sich schließlich um, da er schon lange kein Tuscheln mehr vernommen hatte und irgendwie das Bedürfnis nach einer Unterhaltung verspürte, aber zu seiner Enttäuschung konnte er die beiden Dunkelelfen nirgends mehr entdecken, sie waren wohl gegangen. Milan seufzte etwas enttäuscht und blieb noch einen Moment lang sitzen; dann erhob er sich, nahm sich seine Waffe und erkundigte sich beim Wirt nach seinem Zimmer. Nachdem er die Wegbeschreibung erhalten hatte, begab sich der Rothwardon in sein Zimmer. Auch das war gehobener eingerichtet als ein normales Wirtshaus, und das Bett stellte sich als sehr bequem heraus. Aus Gewohnheit schloss er die Zimmertür ab und entledigte sich dann seiner Kleidung; den Ledermantel hängte er über die Stuhllehne, den Waffengurt samt Schwert darüber. Seinen Gürtel, an dem sich zig Utensilien befanden, legte er auf den Stuhl, wo schon das Leinenhemd, der Wams und die Beinschienen lagen, und letztendlich stellte er seine ledernen Stiefel davor; nur die Leinenhose behielt er an. Schließlich kroch Milan in das weiche Bett und schlief fast augenblicklich ein…
    Geändert von Van Tommels (16.08.2010 um 10:47 Uhr)

  4. #244

    Anvil -> Skingrad -> großer Forst

    Milan wurde mit den Sonnenstrahlen, welche in das Fenster einfielen, wach. Mürrisch und noch etwas verschlafen drehte er den Kopf von ihnen weg und ärgerte sich darüber, dass er vergessen hatte, die Vorhänge richtig zu schließen, denn so drang ausgerechnet durch den kleinen Spalt das Licht und schien ihm genau ins Gesicht. Ein wenig blieb der Rothwardon noch liegen und döste vor sich hin, bis er sich dann endlich aufrappelte und schwerfällig aus dem Bett stieg. Er fühlte sich gut, ja, aber nicht so als könne er Bäume ausreißen. Der Jäger überlegte, als er sich seine Kleidung wieder anlegte, ob er sich noch baden sollte, entschied sich letztendlich aber dagegen. Erst einmal reise ich in die nächste Stadt und schau mich dort um, ein wenig was von der Provinz sehen. Das hier sieht mir alles zu sehr nach Rihad aus, ich bin schließlich nicht umsonst nach Cyrodiil gereist. Bevor Milan das Zimmer verließ, warf er noch einen prüfenden Blick in den Spiegel und strich sich mit den Fingern die wüsten Haare glatt und hinter seine Ohren zurück. Es war ein Wunder, dass sie ihn noch nicht beim Kämpfen gestört hatten. Schulterzuckend legte er die Hand auf die Klinke und verließ schließlich sein Zimmer.
    Unten im Gastraum wischte Wilbur gerade mit einem Lappen die Theke, als Milan die Treppe herunterkam. Auf sein „Guten Morgen“ nickte der Jäger nur knapp. „Ich hoffe ihr habt gut genächtigt“ und mit einem Blick auf die Kleidung Milans fügte er hinzu „und ihr wollt uns jetzt verlassen?“. Abermals nur ein knappes, aber freundliches Nicken von Milan, gefolgt von einem „Bis zum nächsten Mal“, welches auch wirklich so aufrichtig klang wie es gemeint war. Beim Verlassen der Herberge warf der Rothwardon noch einen Blick durch den Raum, konnte aber niemand anderen entdecken; dann stand er schon draußen auf der Straße und die Tür fiel hinter ihm ins Schloss.

    Draußen schaute sich Milan prüfend um. So früh am Morgen waren die Straßen, abgesehen von den Wachen, noch wie leergefegt. Bevor er aufbrach, beschloss er, sich noch ein wenig in der Stadt umzusehen, nicht dass er noch etwas verpasste. Langsam schritt er die Straße zum Hauptplatz mit den Gilden und dem Baum in der Mitte hinab und stoppte nur wenige Meter vom Ufer des kleinen Sees, an dessen anderen Ende sich die große Statue von Selkie von West Skerry befand. Eindringlich musterte Milan das Symbol, welches über die Stadt zu wachen schien. „Halb Mensch, halb….Fisch?“, fragte sich Milan selbst verwir t und halblaut. Gerne hätte er mehr über sie erfahren, aber ein Blick in die Umgebung sagte ihm, dass er allein auf dem Platz war. So wandte er sich der großen Kapelle zu und blieb vor ihrer Hauptpforte stehen. Er war nie besonders gläubig gewesen, bewunderte aber die handwerkliche Leistung dieser Gebäude. Nichtsdestotrotz konnte er mit diesem Gotteshaus nicht viel anfangen, so schaute er sich weiter um, konnte aber bis auf eine etwas verfallen aussehende Villa nichts Interessantes mehr entdecken. Trotzdem eine schöne Stadt, ohne Zweifel. Mit diesem Fazit im Kopf schritt der Rothwardon auf das Haupttor der Stadt zu, durch das er am Tag zuvor nach Anvil gelangt war. Die Wachen musterten ihn kurz mürrisch, bevor sie ihn hinausließen und die schwere Pforte hinter ihm donnernd schlossen. Zielstrebig bewegte sich Milan auf die Stallungen zu und klopfte an die Tür. Es tat sich nichts. Abermals klopfte der Rothwardon, aber noch immer war von drinnen kein Mucks zu hören als das Wiehern und Hufschaben der Pferde. „Ich trete hier die Tür ein wenn ich nicht gleich an mein Pferd komme…“, knirschte Milan leise in sich hinein und war sichtlich genervt. Gerade als er ein drittes Mal an die Tür hämmern wollte, wurde sie schwungvoll aufgerissen und der untersetzte Dunkelelf von gestern schaute ihn mit blutunterlaufenen Augen an. „Mein Pferd, bitte…“, meinte Milan übertrieben freundlich, nachdem er einen Blick ins Inneren geworfen und festgestellt hatte, dass sein Pferd das einzige war. „5 Septime“, bellte der Dunmer barsch und hielt die Hand auf. Der Jäger bezahlte den Mann und erhielt daraufhin sein Pferd, und sogleich donnerte die Tür hinter ihm mit einem lauten Knall zu. Milan schüttelte amüsiert den Kopf. „Ich bin zwar auch kein Morgenmensch, aber sowas bring selbst ich nicht fertig“. Behände schwang er sich in den Sattel und lenkte das Reittier zu den Schildern am Wegesrand. Kvatch….Skingrad….Kaiserstadt. Gut, dann wohl zuerst Kvatch.

    Nach einem ereignislosen Ritt, bei dem Milan an zwei Herbergen vorbeikam, stand er schließlich an einer Weggabelung. Der rechte Weg war mit Skingrad und der Kaiserstadt beschildert, der linke, welcher eine kleine Steigung besaß, mit Kvatch ausgewiesen. Nur war der zweite Weg mit Baumstämmen versperrt, welche wie eine Barriere über die Straße gelegt waren, und das Schild, auf welchem Kvatch in goldenen Lettern stand, war notdürftig durchgestrichen. „Was hat das zu bedeuten? Dass Kvatch nicht zugänglich ist? Wer weiß. Bevor ich jedoch irgendwelche Städte aufsuche, welche es laut dem Schild gar nicht mehr gibt und so noch mehr Zeit verschwende, reite ich lieber nach…“, Milan blickte zu dem Schild und las ab, „…Skingrad“. Sogleich drückte er dem Pferd seine Fersen in die Flanken und ritt in flottem Tempo den Weg weiter Richtung Skingrad.

    Am frühen Nachmittag kam endlich Skingrad in Sicht, und als Milan auf die Ställe zuritt, breiteten sich links und rechts des Weges lange Weinreben aus. An den Zäunen stand jeweils ein Schild. „Surilie-Weingut“, und er drehte den Kopf zu anderen Seite, „und Tamika-Weingut. Eine Weinstadt also?“. Weiterhin lenkte er das Pferd auf die Stallung zu und gab es schließlich auch dort ab, war aber in Gedanken weiterhin bei dem Weingut und beschloss, dort mal vorbei zu schauen, bevor er in die Stadt ging. Der Hochelf führte das Pferd auf die Koppel und der Rothwardon wand sich dem Tamika-Weingut zu.
    Auf den Weinfeldern schufteten die Arbeiter an den Weinreben. Sie lockerten den Boden mit Haken auf und entfernten größeres Unkraut. Milan schritt den Weg zwischen den Trauben entlang auf das kleine, untersetzte Holzhaus in der Mitte der Felder zu. Davor auf der Bank saß ein Waldelf mit gelockten schwarzen Haaren, einem grünen Hemd und Lederbeinschienen und –stiefel; in der Hand hielt er einen stählernen Bogen, und vor ihm auf dem Boden lag ein Köcher mit Pfeilen. Er machte einen verzweifelten Gesichtsausdruck und schaute abwesend vor sich auf den Boden. Neben ihm stand eine Rothwardonin mit langen schwarzen Haaren und einem mit goldenen Verzierungen gemusterten bräunlichen Kleid. Die Frau sagte etwas zu dem Bosmer, welcher daraufhin nur seufzte.
    Milan kam näher, und die Frau schaute auf und blickte dem Bestienjäger mit ihren braunen Augen direkt in die Seinen, bevor sie ihn dann im Ganzen von oben bis unten musterte. Er lächelte freundlich. „Wer seid ihr und was wollt ihr?“, sagte die Frau mit weicher, aber doch bestimmter Stimme. „Milan von Taneth mein Name. Mit wem habe ich denn hier das Vergnügen? Vielleicht kann ich helfen?“. Die Rothwardonin musterte abermals ihr Gegenüber leicht skeptisch, bis ihr Blick an dem Griff des Schwertes auf Milans Rücken hängen blieb. „Jaro, er glaubt er könne euch helfen…“, meinte sie mit einem Seitenblick auf den Bosmer, welcher daraufhin aufblickte. „Ich heiße Tamika, ich bin die Besitzerin dieses Weinguts hier. Das hier ist Jaro, ein Jäger aus dem großen Forst, der wohl eure Hilfe bedarf.“. Der Waldelf schaute zerstört aus, als er mit schwacher Stimme zu sprechen begann. „Diese verdammten Trolle haben mein Zuhause überfallen und mich aus dem Wald vertrieben; wie ein Wild haben sie mich aus dem Forst gejagt. Wer weiß, was sie gerade mit meiner Bleibe anstellen.“. Milan hatte aufmerksam zugehört. Das klingt nach einem ersten Auftrag, sehr schön. Trolle sind zwar nervig, aber jetzt nicht so kompliziert. Der Bestienjäger schaute von Tamika zu Jaro und wieder zu Tamika. „Ich denke, das ist zu schaffen.“. Daraufhin hellte sich das Gesicht von Jaro bedeutend auf, und auch Tamika schaute gleich viel freundlicher drein. Der Waldelf erhob sich. „Lasst uns aufbrechen, ich zeig euch meine Hütte!“, und zuversichtlich ging er an Milan vorbei Richtung Ställe. Tamika wand sich nochmal an Milan. „Wenn ihr es schafft und mal wieder in der Gegend seid, dann könnt ihr gern noch einmal vorbeischauen.“. Der Rothwardon war irritiert, wie nett diese Frau plötzlich war, und es kam ihm seltsam vor, aber er nickte und folgte dann dem Bosmer.
    Wieder an den Ställen angekommen, forderte Milan sein Pferd zurück. „Das macht 5 Septime“. „Was, aber ich habe es doch gerade eben erst abgegeben, wollt ihr mich über den Tisch ziehen?!“, erwiderte er etwas verblüfft. „Ihr habt es hierher gegeben, jetzt müsst ihr auch zahlen“, meinte der Hochelf hochnäsig und verschränkte die Arme. Gerade als Milan etwas näher trat und aussah, als wolle er dem Welfen an den Kragen, schritt Jaro ein. „Das geht schon in Ordnung, er gehört zu mir und hilft mir bei einer etwas heiklen Angelegenheit.“. Der Hochelf, welcher etwas eingeschüchtert zurückgewichen war, schaute zwischen Milan und Jaro hin und her und drehte sich dann Richtung Koppel; anscheinend konnte er gar nicht schnell genug von dem Rothwardonen wegkommen. Sogleich holte er die Pferde.

    Sehr viel sah Milan nicht von der Stadt Skingrad, als er hinter Jaro mit dem Pferd am Zügel der Goldstraße folgte. Ich werde nochmal hierhin zurückmüssen wenn ich die Stadt kennenlernen will.
    Nachdem sie wieder aus Skingrad heraus waren saßen sie auf den Pferden auf und ritten die Goldstraße entlang. Dabei saß Milan hoch auf einem Berg das große Schloss der Stadt und beschloss, auch das sich später anzusehen. Die Bäume wurden, je weiter sie ritten, höher und auch dichter, bis sie sich schließlich in einem Wald befanden; sie hatten den großen Forst erreicht. Am Wegesrand kam ein kleines Zeltlager in Blick, als sie schon etwas tiefer in den Wald geritten waren, an welchem Jaro anhielt. „Nehmt es mir nicht übel, aber ich trau mich nicht näher an diese Monster heran. Ich würde gerne hier warten bis ihr sie vertrieben habt“, und er schaute etwas betreten und peinlich berührt zu Boden und saß von seinem Pferd ab. Milan tat es ihm gleich und trat ihm gegenüber. „Ich lass mein Pferd bei euch. In welche Richtung muss ich?“. Der Waldelf deutet über seine Schulter nach Osten in den Wald. „Etwa fünf Minuten in diese Richtung.“. Milan nickte und verlagerte das Gewicht auf den anderen Fuß, schaute in die Runde und dann wieder auf den Elfen. „Was wir noch klären müssen, ist die Bezahlung…“, und abwartend musterte er den Bosmer. Dieser blickte zunächst etwas überrascht, dann aber resigniert. „Was veranlasste mich nur zu glauben ihr würdet das für den guten Willen machen. Aber sicher, auch ihr müsst von irgendwas leben. Was haltet ihr von einer Ladung Fell, welche ich eigentlich bei einem guten Händler zum Spezialpreis in der Kaiserstadt verkaufen wollte? Ihr könnt den Erlös haben, das ist mir meine Hütte wert.“. Was der Jäger aber verschwieg, war die Tatsache, dass sich die Felle in der Hütte befanden und er nicht wissen konnte, ob die Trolle sie nicht schon zerpflückt hatten. Milan aber willigte ein; so musste er zwar gleich danach in die Kaiserstadt, obwohl er eigentlich zurück nach Skingrad wollte, aber er hatte ja keinen Zeitdruck. So verabschiedete er sich von Jaro und schlug sich nach Osten durch das Unterholz Richtung Jägerhütte.

    Nach einer Weile erreichte Milan eine kleine Lichtung, auf der sich eine moosbewachsene Holzhütte befand. Der Jäger blickte sich um und griff nach seinem Schwert, konnte aber nichts und niemand entdecken. Er wog die Waffe in der Hand und bewegte sich langsam auf die Hütte zu, dabei sah er sich immer mal wieder um, damit ihm die Trolle nicht in den Rücken fallen konnten. Kaum war er nahe genug, hörte er Geräusche aus der Hütte. Ein leises, hohes Grunzen. Milan stutzte, solche Geräusche waren doch ungewöhnlich für Trolle. Es waren vielleicht noch zehn Meter bis zur Tür der Hütte, da öffnete sie sich plötzlich und mit lautem Krachen. In der Tür stand ein grüner Troll. Aber kein Gewöhnlicher, so wie Milan sie kannte; dieser hier hatte eine dunkelgrüne Farbe, was aber noch viel überraschender war: Der hier ging dem Rothwardonen gerade einmal bis zur Hüfte. Er war geradezu winzig im Vergleich zu den Trollen, die der Jäger sonst kannte. Die Überraschung war ihm wirklich ins Gesicht geschrieben und er entspannte sich ein wenig. Der Troll erblickte Milan und verharrte in der Bewegung; die kleinen Augen fixierten den Rothwardonen, und ohne einen offensichtlichen Anlass stürmte das kleine Monster plötzlich auf ihn zu, die kleinen scharfen Krallen hoch erhoben. Dieser kam sich irgendwie veralbert vor von diesem skurril wirkenden Angriff. Er ließ das Schwert sinken, und als der Troll fast bei ihm war, holte der Rothwardon mit dem Fuß aus und erwischte die Kreatur mit einem starken Tritt seiner mit Metallschienen verstärkten Lederstiefel genau auf dem Brustkorb. Der Troll fiepte, flog ein paar Meter durch die Luft, landete mit dem Rücken auf dem weichen Waldboden und rollte noch ein Stück, wo er weiter fiepend liegen blieb. Einen Moment lang schien die Zeit stillzustehen, und am Rande seines Blickfelds nahm Milan eine Bewegung im Inneren des Hauses wahr; kurz darauf schien sich die ganze Dunkelheit darin zu bewegen, und plötzlich stürmten aus der Hütte sechs weitere kleine Trolle auf den Rothwardonen zu; ganz offensichtlich wollten sie ihrem Artgenossen helfen, welcher immer noch wimmernd am Boden lag. Milan erschrak und wich ein paar Meter zurück; die Trolle rannten weiter auf ihn zu. Aus Reflex hob der Jäger sein Schwert und wollte gerade seine Klinge an dem ersten Troll platzieren, als die ganze Gruppe plötzlich abbremste und auswich. Sie umzingelten Milan, griffen aber nicht an, sondern hielten gehörig Abstand.
    Abermals war Milan verwirrt. Diese Viecher hatten ganz offensichtlich Angst vor seiner Waffe, aber noch genug Rückgrat um nicht so einfach kampflos aufzugeben. Er überlegte fieberhaft. Töten wäre ein Leichtes, diese Trolle hier konnten nicht kämpfen; dennoch waren sie in der Überzahl, also durfte er ihnen keine Möglichkeit geben, es sich anders zu überlegen und einen Gruppenangriff zu starten.
    Die Lösung war einfach, aber effektiv. Ohne einen Ansatz zu zeigen machte Milan zwei schnelle Ausfallschritte und war sogleich an einem der Trolle heran. Er holte wieder wie vorhin mit dem Fuß aus und trat den Troll, ähnlich wie den ersten, trocken und hart vor den Brustkorb, sodass dieser davonflog und unsanft auf dem Boden landete. Die verbliebenen fünf wollten auf Milan los, dieser aber drehte sich blitzschnell zu ihnen und hob bedrohlich wieder das Schwert, sodass sie abermals abbremsten und zögerten. Einer von ihnen rutschte noch etwas auf Milan zu, dieser nutzte die Gelegenheit, holte mit der Linken aus und traf den Troll mit seiner Faust an der linken Kopfhälfte. Wie ein nasser Sack fiel die grüne Kreatur in sich zusammen und blieb, sich leicht windend, liegen. Die verbliebenen vier wirkten unsicher, was sie tun sollten, ihre Augen bewegten sich zwischen ihren drei gefallenen Artgenossenen hin und her. Mittlerweile reichte die kleinste Bewegung Milans, um die Trolle in helle Aufruhr zu versetzen und ein paar Versuche des Bestienjägers, eine weitere Kreatur auszuschalten, liefen ins Leere. Er brauchte nun eine andere Taktik. Unauffällig sah er sich auf dem Boden um und entdeckte einen kleinen Stein. Diesen hob er langsam auf, die Trolle beobachteten ihn dabei genauestens. Dann, plötzlich, warf Milan den Stein auf die Trolle, welche zur Seite wegsprangen. In demselben Moment aber lief der Jäger etwas versetzt zur Wurfrichtung los und kam so genau bei einem zur Seite gesprungenen Troll an, welchen er abermals mit einem Tritt von sich wegbeförderte; dieser flog, bedingt durch den Anlauf, besonders weit und rollte auch noch ein Stück. Vor Schmerzen quiekend richtete er sich auf und blickte in Milans Richtung; auch die anderen, die er ausgeschaltet hatte, erhoben sich wieder und krochen und humpelten vor ihm davon Richtung Waldrand. Die drei verbliebenen gesunden Trolle stutzten und schauten ihren Artgenossen hinterher. Dann aber gaben sie klein bei und zogen sich in dieselbe Richtung zurück, bis sie schließlich im Gebüsch verschwanden.
    Milan entspannte sich und blickte noch einmal prüfend zum Waldrand. Trolle sind lernfähige Kreaturen, gerade solche jungen. Sie werden sich diese Lektion merken und so schnell nicht wieder hierherkommen. Er ging auf die Hütte zu und wagte einen Blick hinein. Die Trolle hatten einiges an Verwüstung angerichtet, was aber nicht anders zu erwarten war. Er schloss die Tür und begab sich zu Jaro zurück.
    Nachdem er diesen verständlich gemacht hatte, dass die Trolle weg waren, begab er sich mit ihm wieder zur Hütte, um seine Belohnung entgegen zu nehmen. Zunächst aber lamentierte der Bosmer über die Zerstörung in der Hütte und wie nervig und widerlich diese „riesigen“ Biester doch waren. Wohl noch nie einen richtigen Troll gesehen, der hätte dir wohl dein Haus abgetragen, dachte Milan schmunzelnd und wartete in der Tür. Dann endlich öffnete Jaro eine Kiste und nahm einen Packen Felle edelster Qualität heraus. Er reichte sie Milan mit einer gewissen Traurigkeit über den Verdienstausfall, aber es war ihm auch deutlich anzusehen, dass er froh war, wenigstens seine Hütte wiederbekommen zu haben. Milan wog die Felle in der Hand und zählte sie durch. Es waren elf Stück. „Ich danke euch wirklich für die Hilfe gegen diese Bestien…“, versicherte Jaro nochmals, als Milan die Felle auf dem Rücken seines Pferds verstaute und aufsaß. „Sagt, wo geht es zur Kaiserstadt? Ich bin fremd hier und…“, aber Jaro unterbrach ihn. „Dass ihr hier fremd seid sieht man euch an. Reitet einfach den Weg zur Hauptstraße zurück und folgt dieser dann weiter, immer der Nase nach. So könnt ihr die Kaiserstadt nicht verfehlen.“. Milan verabschiedete sich und tat wie ihm geheißen.

    Als er nach einer Ewigkeit endlich den Wald verließ, führte der Weg bergab. Unten sah man den Rumare-See, und in seiner Mitte baute sich die Kaiserstadt mit ihren gewaltigen Stadtmauern und dem alles überragenden Weißgoldturm auf. Milan verharrte einen Augenblick und ließ das Bild auf sich wirken, bis er dann seinen Weg nach Norden fortsetzte, Richtung Haupttor der Kaiserstadt, wobei er immer noch überlegte, was Jaro mit seiner Anspielung auf das Fremdsein meinte…


    Die Geschichte wird im Gruppenthread "Von Ruinen, Skamps und anderen Gefahren" fortgesetzt.
    Geändert von KingPaddy (07.07.2011 um 19:04 Uhr)

  5. #245

    Chorrol->Nach dem Kampf am Oblivion Tor

    Eine Gestalt in Schwarz näherte sich. Sie blieb vor Jeren stehen, der noch immer auf dem modrigen Waldboden lag, legte einen Bogen zu seiner rechten Seite auf den Boden und setzte sich dann zu Jeren’s linker Seite. Mit einer Hand stützte sie sich ab. Mit der anderen spielte sie an einer schwarzen und glatten Kugel herum. Flammen umhüllten sie. „Du weißt, dass…“, Ser-Kueij brach ab. Er suchte nach den richtigen Worten. „Unfälle passieren Jeren. Es war nicht deine Absicht. Ich verstehe dich, deine Trauer und deine Scham. Aber du hast keinen Fehler gemacht, du warst nicht übermütig oder dumm. Du wolltest auch niemandem beweisen wie stark du bist. Du hast einen Menschen getötet. Ich weiß das hört sich hart an. Aber du hast heute viel für die Bürger von Chorrol getan. Du hast viele Menschen gerettet, für den Preis eines einzelnen. Versteh mich nicht falsch, ich finde auch das Trauer angebracht ist. Aber du liegst hier schon seit zwei Stunden. Es wird nicht besser wenn du hier liegst. Du musst dich ablenken. “

    Der Tod war für Jeren keine alltägliche Sache. Es war eine Sache Tiere zu jagen. Eine andere, „böse“ Dämonen, die Unschuldige töten und seine Welt vernichten wollen. Aber es war etwas ganz anderes selber Unschuldige Jünglinge zu töten, sei es ein Unfall oder nicht. Überhaupt war der Tod für Jeren eine pikante Sache. Er hatte nur einmal Menschen sterben sehen und das war der Tod seiner Familie. Seine Reaktion darauf war es 9 Jahre lang durch die Wälder zu ziehen. Wie er jemals damit klar kommen sollte selber einen Menschen getötet zu haben, konnte er sich nicht vorstellen.

    „Ich habe auch Menschen töten müssen, als ich fliehen wollte. Auch Unschuldige. Ich musste auch viele Freunde und Verwandte sterben sehen. Trotzdem versuche ich nicht Gras zu werden. Komm schon Jeren.“ Ser-Kueij verpasste ihm einen leichten Stoß in die Rippen. „Wie bist du damit fertig geworden?“, fragte Jeren. „Nun zu Anfang hab ich mich auch zurück gezogen und mich bemitleidet. Aber ich hab früh genug erkannt, dass es alles nur schlimmer macht. Dadurch, dass du hier rumliegst, wird er auch nicht wieder lebendig. Ich hab mich abgelenkt, durch Training. Dann habe ich angefangen zu reisen. Du musst einfach akzeptieren was geschehen ist. Nichts was du tust kann ihn zurückholen.“ „Ich habe einen Menschen umgebracht Ser-Kueij. Ich habe nichts Dummes getan. Ich habe schlicht und einfach einen Menschen umgebracht.“ „Und?“ „Und? Und! Mehr hast du dazu nicht zu sagen?“ „Alles was gesagt werden musste habe ich schon gesagt. Ich kann es alles noch drei Mal wiederholen, aber es wäre lächerlich. Du bist siebenundzwanzig verhältst dich aber wie ein fünfzehnjähriger. Es herrscht Krieg, Jeren. Solche Dinge werden noch öfter passieren. Ich sage nicht, dass du das, was passiert ist, vergessen sollst. Es ist ein wichtige Lehre in deinem Leben, glaub mir. Aber wie ich schon gesagt habe, hier zu liegen und zu trauern wird ihn nicht zurückholen. Wenn ich mich nicht irre wird die Stadt bald wieder angegriffen. Wenn du dann immer noch hier liegst kannst du dich wirklich schämen. Aber wenn du es wieder gut machen willst, solltest du jetzt mit mir kommen und zu Kräften kommen, damit du bereit bist. Ich bin mir sicher, dass du einige Fragen hast und ich werde sie auch möglichst alle beantworten. Komm.“ Ser-Kueij reichte Jeren eine Hand. Ser-Kueij hatte Recht. Und ihm war von Anfang an klar, dass er es nicht grade besser machte. Aber nach einem solchen Ereignis brauchte man einen Freund der es einem klar machte. Jeren ergriff die Hand des Argoniers und der schien erleichtert. „Außer mir hast du aber niemanden mehr gesehen, oder?“, fragte der Argonier. „Nein, wen hätte ich denn noch sehen müssen?“ Ser-Kueij schien erleichtert und einen Moment zu überlegen. „Niemanden. Schon gut. Vergiss deinen Bogen nicht.“

    In der Stadt verabschiedeten die Beiden sich und verabredeten sich in einer Stunde in Jerens Zimmer zu sein. Jeren meinte er hätte noch was zu erledigen und Ser-Kueij wollte bei Marus vorbeischauen und ihm ein paar Dinge erklären. „Guten Tag“, begrüßte ihn Renoit, „Kann ich etwas für sie tun?“ „Ich suche ein Buch, welches beschreibt, welches Sternzeichen zu welchem Monat gehört.“ „Oh natürlich, so etwas müsste ich noch gewiss haben.“ Renoit schlenderte zu einem der Regale und hatte es nach nur wenigen Sekunden gefunden. „Bitte sehr. Nur 10 Septime.“ Jeren drückte ihm das Geld in die Hand, bedankte sich und ging. Er wusste, dass seine Vermutung zutraf. Aber man setzt trotzdem das letzte Puzzel Stück ein, auch wenn man das Bild schon vorher erkennen kann. In seinem Zimmer legte er seine Ausrüstung ab, zog seine Stadtkleidung an, säuberte sich ein wenig, ging runter um Bier und Essen zu bestellen, wartete bis alles fertig war, ging zurück und setzte sich auf einen der beiden Stühle an dem kleinen Tisch in seinem Zimmer. Dann schlug er das Buch auf und suchte nach „Zweite Saat“. Er hat es schnell gefunden: Schatten.

    Es war mitten in der Nacht als sein Freund kam. Jeren hatte Essen und Bier in sein Zimmer gebracht, denn er wollte sicher gehen, dass ihnen niemand zuhörte. „Hallo, Schattenschuppe“, begrüßte Jeren ihn. Es war nicht wütend gemeint oder genüsslich, es war einfach nur ein Fakt, den Jeren aussprach. Ser-Kueij schien für einen Moment überrascht. Dann lächelte er. „Ich wusste, dass du es rausfinden würdest.“ Jeren deutete auf den freien Platz gegenüber ihm. Ser-Kueij setzte sich behutsam. Er war leicht angespannt, denn er konnte nicht so recht einschätzen was Jeren durch den Kopf ging. „Was war Ausschlag gebend?“ „Nun ja, sagen wir mal du bist ein schlechter Lügner“, sagte Jeren lächelnd. „Du wurdest immer nervös wenn ich dich auf Dinge hinwies, die nicht so recht zu deiner Geschichte passten und es war schwer nicht zu bemerken, dass du etwas verheimlichen wolltest. Aber als ich dich kämpfen sah, war mir klar, dass irgendetwas nicht stimmte.“ Ser-Kueij deutete auf das Buch über Sternzeichen. „Vielleicht hätte ich dir nicht mein wahres Sternzeichen nennen sollen.“ Sie schwiegen für einen Moment. „Ich konnte nicht anfangen schlecht zu kämpfen, nur damit du keinen Verdacht schöpfst. Es ging immerhin um Menschenleben. Zumal ich vorhatte es dir irgendwann zu sagen. Aber du bist aufmerksam und clever, Jeren. Du hättest es auch ohne mich Kämpfen zu sehen und das Sternzeichen herausgefunden. Ich verstehe, dass du wütend und enttäuscht bist, aber…“ Jeren unterbrach ihn mit einem Kopfschütteln. Ser-Kueij blickte traurig in seinen Bierkrug. „Ich dachte mir schon, dass es so kommen würde. Ich verstehe dich auch. Ich habe schreckliche Dinge getan. Vor allem habe ich gesagt, dass du aufhören sollst zu trauern, obwohl ich so viele Menschenleben genommen habe. “ „Ich bin nicht wütend oder enttäuscht“, sagte Jeren. Ser-Kueij sah ihn an. „Du solltest wissen, dass ich keine Vorurteile hege. Immerhin bist du hier in Chorrol und rettest Menschen und bist nicht in Schwarzmarsch und tötest sie. Bevor ich über irgendetwas urteile, möchte ich, dass du mir deine wahre Geschichte erzählst.“ Der Argonier grinste breit. „Ich dachte mir schon, dass du so bist Jeren. Wenn du einen Mörder triffst, wirst du ihm nichts tun, ohne mit eigenen Augen zu sehen wie er jemanden umbringt. Du wirst dir erst seine Rechtfertigung anhören und du wirst durchschauen wenn er lügt, denn du erkennst was da ist und du bist intelligent genug ihm zu glauben, aber auch intelligent genug seine Lügen zu erkennen. Denn du hast eine besondere Eigenschaft, die nur wenige haben.“ „Und die wäre?“, fragte Jeren verwirrt. „Neutralität. Du hast absolut keine Vorurteile Jeren. Es geht sogar soweit, dass du jeden einzelnen Menschen auf eine Stufe stellst. Und das kommt davon, dass du solange in Abgeschiedenheit gelebt hast. Während du von der Natur umgeben warst, waren andere von Menschen umgeben. Ein Kaiserlicher wird sagen, ein Nord betrinkt sich, Ein Khajit stiehlt, ein Altmer ist arrogant, ein Ork dumm. Denn er lebt unter diesen Rassen und er hat früh gelernt auf diese Vorurteile zu vertrauen, egal ob er es selbst erlebt hat oder nicht. Er sieht nun mal das, was er sehen will. Du hast aber erst in dem Moment angefangen zu lernen, als du den Wald verlassen hast. Du hast Nord trinken und grölen sehen, aber du wirst nur sagen, dass es Nord gibt, die trinken und grölen, aber du wirst nie das Gegenteil ausschließen oder alle Nord anhand dieses einen Erlebnisses verallgemeinern. Du siehst was tatsächlich da ist und nicht wovon du denkst, das es da sein sollte. Und das ist wunderbar, Jeren.“ Jeren hatte zugehört ohne sich auch nur zu rühren. Das was der Argonier sagte war nichts Neues in dem Sinne. Er wusste auch so, dass er keine Vorurteile hatte. Aber so wie der Argonier es sagte, klang es wie eine göttliche Gabe und das ließ ihn nachdenklich werden. Jeren wollte nicht unbedingt etwas besonderes sein. Es war keine übertriebende Bescheidenheit, es war eher eine Akzeptanz, das es nun einmal so war und man nichts dran ändern könne, aber trotzdem könne er mit sich zufrieden sein. „Du bist doch nicht sehr viel anders oder?“, fragte er Ser-Kueij. Der lachte auf. „Oh doch Jeren. Glaube mir, Keiner, der sein ganzes Leben in der Gesellschaft verbracht hat, und erst recht kein Assassine kann ohne gewisse Vorurteile leben. Glaube es oder nicht, aber die Fähigkeit zu sehen was wirklich da ist macht dich sehr mächtig.“ Jeren nickte langsam. „Wo du schon anfängst von Assassinen zu sprechen: Erzähl deine wahre Geschichte. Und diesmal fängst du nicht wieder mit einem Vortrag über meine besonderen Fähigkeiten an.“ „Wenn du es nicht einsehen willst, muss es ja einer für dich tun.“ Die beiden Freunde grinsten. Sie kannten sich erst seit zwei Tagen, aber schienen sich schon ewig zu kennen. „Dann fangen wir mal an.“

    Der Argonier wurde wieder ernst. „Wo fangen wir am besten an? Hmm…ich war eine Frühgeburt. Eigentlich sollte ich zwei Monate später geboren werden. Somit wäre ich unter dem Sternzeichen des Magiers geboren worden. Aber meine Mutter bekam, warum auch immer, die Wehen zu früh. Somit wurde der Schatten mein Sternzeichen.“ Er überlegte einen Moment. „Heute bin ich mir gar nicht so unsicher, dass die Schattenschuppen etwas damit zu tun haben. Sie kennen Wege und Mittel. Und ich traue ihnen auch zu zu solchen Mitteln zu greifen und neue Rekruten zu erwerben. Denn weißt du, Jeren, Schattenschuppen gehören zu Argoniens höchsten Gütern. Als Kämpfer haben Argonier keine Chance gegen Orks und Nord, als Magier sind sie zwar überaus fähig, aber auch nichts Besonderes. Als Diebe sind sie mit den Khajit gleich auf, aber als Assassinen sind sie am stärksten, glaube mir.“ Er machte eine Pause und nahm einen Schluck Bier. „Nun ich wurde also unter dem Schatten geboren und meine Eltern wussten, dass mein Schicksal damit vorherbestimmt war. Als Bestätigung kam am nächsten Tag ein Rekrutierer der Schattenschuppen und verkündete feierlich, dass ich mit Erreichen meines sechsten Lebensjahres von den Schattenschuppen aufgenommen werde, um zu einem von ihnen zu werden. Du weißt sicher was es Bedeutet in Schwarzmarsch eine Schattenschuppe zu sein?“ „Es ist eine große Ehre.“ „Es ist das größtmögliche Glück, was einen ereilen kann, sagt man. Eltern einer Schattenschuppe sind sehr stolz und stehen besser in der Gesellschaft dar. Man selber hat große Macht. Es ist egal ob man aus einer Farmerfamilie kommt, denn ist man eine Schattenschuppe wir man behandelt wie ein Adeliger. Zumal man auch tatsächlich die Möglichkeit bekommt, dem König zu dienen und von seiner Majestät persönlich Aufträge entgegenzunehmen. So sollte es sein Jeren. Aber es lief nicht so und aus meiner Sicht ist das ein großes Glück.“ Er schwieg wieder für einen Moment. Er sah nicht traurig aus oder sehnsüchtig oder verkrampf, sondern einfach nur nachdenklich.

    „Nun ich wurde sechs und der besagte Argonier kam erneut um mich abzuholen. Hätte ich damals nur gewusst was meine Eltern dachten. Sie waren sehr ehrenvolle Leute. Wir lebten in Sturmfeste, der Hauptstadt. Meine Mutter war Magd, mein Vater Alchemist. Sie waren nicht immer mit dem zufrieden was in Schwarzmarsch so passierte. Aber sie blieben still, denn sie hatten ein gutes Leben und einen Sohn und wollten beides nicht aufs Spiel setzten. Sie waren auch mit den Schattenschuppen nicht einverstanden. Sie hielten es einfach nicht richtig, dass jemand, der Menschen umbrachte, auch noch so viel Macht, Möglichkeiten, Geld und Ehre besaß. Aber wie gesagt, sie schwiegen und versuchten möglichst stolz auf ihren Sohn zu sein, der nichts für sein Schicksal konnte.“ Er atmete tief durch. Diesmal war er ganz sicher traurig. Jeren meinte, dass er sogar eine Träne gesehen hatte. Ser-Kueij schüttelte den Kopf und fuhr fort. „Bei dem Quartier der Schattenschuppen…nun es ist kein Quartier sondern das Königshaus. Eine richtige Assassinengilde gibt es in Schwarzmarsch nicht. Doch der König kann sie aus allen Ecken Tamriels zu sich pfeifen, damit sie seine Drecksarbeit verrichten. Also… dort angekommen traf ich noch auf andere, die mein Schicksal teilten. Mit einem von ihnen, Tahreen, war ich später befreundet. Mit einem anderen führe ich noch bis heute eine Blutfede.“ Auch diesmal unterbrach er sich und überlegte mit trauriger Miene. Nachdem er ein müdes Lächeln zu Stande gebracht hatte sprach er weiter. „Wir bekamen die Wahl zwischen Morag Tong und Dunkler Bruderschaft. Tahreen, mein besagter Erzfeind und Ich entschieden für die Bruderschaft, die anderen für die Morag Tong. Weißt du, die Morag Tong hat Macht in Morrowind ähnlich der Schattenschuppen in Schwarzmarsch. Aber ich dachte mir, dass die Ausbildung bei der Bruderschaft besser sein würde oder ich dort zu mindestens mehr lernen würde. Ein Angehöriger der Morag Tong kann sein Opfer mitten auf einen großen Platz stellen, ihn mit Fackeln und Laternen beleuchten, warten bis sich die ganze Stadtbevölkerung versammelt hat und ihn dann umbringen. Wenn die Wachen angerannt kommen, zeigt er seinen Erlass vor und alles ist gut und er geht mit einem fröhlichem Pfeifen nach Hause als wäre nichts passiert. Mit den Erlässen droht ihm keine Gefahr, zumindest keine von den Wachen. Seine Opfer können sich natürlich immer noch wehren. Die Bruderschaft hingegen ist geheimer. Sie bietet so etwas wie einen Nervenkitzel und das führt dazu, dass man mehr aufpasst und mehr lernt. Ich habe keine Erfahrung in der Morag Tong gemacht, aber ich bin mir sicher, dass wenn es ums anschleichen und heimliche Attentate geht, die Bruderschaft um einiges besser ist. Man braucht es einfach zum Überleben und um Aufzusteigen in der Bruderschaft. Nach einiger Zeit entwickelt man sowas wie Instinkte. Man merkt sich wie man gegen wen am besten vorgeht. Als es dann wirklich um mein Überleben ging, habe ich bemerkt wie sehr mich dieser Nervenkitzel oder diese Angst geprägt hat.“ Pause und ein Schluck Bier.

    „Wir waren ja noch sehr jung, da hat man uns natürlich noch keine Aufträge machen lassen. Stattdessen wurden wir ganz normal ausgebildet. Das besondere an Schattenschuppen ist, Jeren, das sie kein Gewissen haben. Mit sechs Jahren geht es in deinem Leben nur ums Töten, da denkst du nicht drüber nach ob es richtig so ist. Und auch Tahreen, Ich und Skereas dachten nicht darüber nach. Und naja…das war es dann fürs erste. Die Ausbildung ging gut voran und mit dem Erreichen unseres zwölften Lebensjahres bekamen wir die ersten Aufträge. Nichts besonderes, nur sowas wie einen Streit zwischen Bauern schlichten. Aber halt auf Art der Dunklen Bruderschaft. Ich weiß noch mein erster Auftrag…es war ein so gutes Gefühl. Kein Gewissen zu haben ist das schlimmste, was dir passieren kann, Jeren, denn dann wirst du zum Monster. Ich habe mich wie ein Gott gefühlt…“ Er schüttelte den Kopf. „Mit vierzehn bekamen wir auch schwierigere Aufträge. Mit fünfzehn kam dann so ein seltsamer Argonier in die Bruderschaft, auch eine Schattenschuppe. Er war so freundlich und strahlte so eine Aura aus, in der man sich wohlfühlte. Er machte auch den Eindruck über das Schicksal der ganzen Welt Bescheid zu wissen.“ Er überlegte wieder, doch diesmal länger und angestrengter. „Ich hab keine Ahnung wer er war oder wie er überhaupt hieß. Nicht einmal die Sprecher wussten woher er kam. Aber er war eine Schattenschuppe und da fragte man nicht unbedingt nach. Seit dem Tag wurde er zu einer Vaterfigur für Tahreen und mich. Skereas hat er seltsamerweise immer ausgeschlossen, so als wüsste er, dass wir in der Zukunft planen würden zu fliehen und Skereas nicht. Als wir mal keinen Auftrag hatten wir er uns beide zu sich und meinte er könnte uns eine ganz besondere Ausbildung bieten, etwas, das nur erfahrene Schattenschuppen lernen konnten. Wir waren jung und fühlten uns geschmeichelt, zumal er einen so vertrauenserregenden Eindruck machte, dass wir nicht nein sagen konnten. Außerdem spürten wir schon damals, dass er sehr mächtig war. Und das war auch gut so. Er brachte uns tatsächlich viel bei. Seine Techniken basierten auf dem Körper eines Argoniers. Er zeigte uns wie wir unsere Krallen, Zähne und unseren Schwanz zu einer effektiveren Waffe machen, als ein Dolch es sein konnte. Nun das Ergebnis hast du ja gesehen.“ Jeren nickte.
    „Und dann fing es so langsam an. Wir waren sechszehn und bekamen nun schwierige Aufträge, die wir zu zweit oder zu dritt erledigten. Erst da merkte ich in welche Richtung sich Skereas entwickelt hat. Er war skrupelloser als alle Assassinen die ich kannte. Anscheinend ärgerte es ihn mehr, dass er nicht mit uns unterrichtet wurde, als er tatsächlich zugeben wollte. Wenn wir einen Mann umbringen mussten, der Frau und Kind besaß, wirkte er einfach einen Feuerball mit Flächenwirkung um ihn nicht zu verfehlen und tötete Frau und Kind mit. Wenn er sich von Leuten Informationen besorgte, tötete er sie anschließend. Zumal wurde er unfassbar arrogant. Ich meine es ernst, es gibt niemanden, der arroganter ist als er, ohne daran zu sterben.“ Ser-Kueij’s Miene wurde zornig. Er atmete ein paar Mal tief durch und fuhr fort. „Und ab diesem Moment fing ich an ein Gewissen zu entwickeln. Die Leute, die wir töteten, waren größtenteils unschuldig. Es war nur jemand da, der sie tot haben wollte und dafür ein wenig Gold springen ließ. Ich fing an das zu hinterfragen was wir taten. Das was Skereas tat hielt ich zwar auch vorher für falsch, aber ich fand es auch nicht mehr richtig für Gold Menschenleben zu nehmen und Gott zu spielen. Ich beobachtete Männer, die ich töten sollte. Wie sie nach Hause kamen und sich freuten Frau und Kind zu sehen. Wie sie ihre Familie liebten. Wenn ich sie töten würde, hätte die Familie kein Einkommen mehr und ich würde Frau und Kind praktisch mit umbringen, so wie Skereas. Aber das letzte, was ich wollte war, wie er zu werden. Ich sprach mit Tahreen darüber. Er war ein sehr guter Freund, sehr vertraulich. Wenn man ihm erzählen würde, dass man versuchen wird, den König umzubringen, würde er nicken, sagen das er sich einem nicht anschließen wird und es auch nicht billigt, aber er wird einen nicht aufhalten. Mit ihm konnte man sehr gut reden. Überhaupt war er sehr still und nachdenklich. Er verabscheute nicht was er tat, aber er freute sich auch nicht darüber. Und mein Glück war, dass er meine Meinung teilte. Ich weiß nicht was uns dazu brachte, zu denken, dass es falsch war Menschenleben zu nehmen. Vielleicht war es Skereas, der nur so wurde wie er ist, weil dieser seltsame Argonier ihn nicht mit trainieren ließ. Vielleicht war es auch dieser Argonier selbst, der etwas ausstrahlte, das uns nachdenklich werden ließ. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass es damit zusammenhängte, dass wir schwierigere Aufträge bekamen. Vorher bestanden die Aufträge darin, auf eine Farm zu gehen und den örtlichen Farmer zu töten. Nach einer fünfzehn Minuten war der Auftrag erledigt. Aber als die Aufträge schwieriger wurden, musste man mehr spionieren und herausfinden. Du triffst Menschen die deinem Auftragsziel nahe stehen, du spionierst im hinterher und siehst, dass er eine Familie war. Vorher wurde mir nicht wirklich klar, dass das Ziel nun…ein Mensch war. Du hast ihn vorher „einfach“ getötet. Aber später fing ich erst an zu begreifen, dass er einen Platz auf der Welt hatte und wir kein Recht hatten einfach über sein Leben zu entscheiden. Natürlich haben wir nicht nur unschuldige getötet. Wir haben Leute getötet die den Tod klar verdient hätten, wie Mörder und Männer, die ihre Frau und ihr Kind für eine andere Frau verließen. Aber dennoch haben wir nicht mehr Recht darüber zu urteilen, als jeder andere auch.“ Er machte einen Eindruck als wäre er wütend auf sich selbst. „Du weißt nicht was dass für ein schreckliches Gefühl ist, Jeren. Du machst etwas schon beinahe zehn Jahre lang und du denkst du wirst es noch dein ganzes Leben lang tun. Du hältst es für richtig, du fühlst dich gut dabei, du willst es tun. Und dann auf einmal wird dir klar, dass das was du tust, das schlimmste und grausamste ist, was man mit seinem Leben anstellen kann. Zehn Jahre lang war dein Leben ein einziger Fehler! Verdammt ich hab mich gefühlt wie ein Gott, ich bestimmte wer leben durfte und wer nicht! Und dann fällst du aus allen Wolken und denkst, dass du es verdient hast zu sterben. Dieses Gefühl kann einen zerreißen.“ Der plötzliche Wutausbruch überraschte Jeren. Er konnte sich bis dahin nicht vorstellen Ser-Kueij wütend zu erleben. Er konnte sich denken, dass er eine schwere Erfahrung für ihn war, aber er hatte selbst noch keine solche gemacht und konnte sich nicht ganz in Ser-Kueij reinversetzten. „So etwas verfolgt einen das ganze Leben lang, Jeren. Daher solltest du mir glauben, wenn ich sage, dass es besser ist sich abzulenken und nicht im Gras zu liegen und darüber nachzudenken.“ Er atmete tief durch. Einmal. Zweimal. Dann fuhr er fort, immer noch wütend und beschämt.
    „Schließlich trafen Tahrenn und ich den Beschluss die Bruderschaft zu verlassen, aber erst sobald wir in Sturmfeste zurück waren, den wir wussten, dass die Zeit kommt, wo der König unsere Dienste einfordert und uns zurückruft. Währenddessen rief der Argonier uns zu sich und verkündete, dass er von unseren Plänen Wind bekommen hat. Du weißt nicht was das für ein Schock war. Verräter der Bruderschaft werden auch so schon verfolgt mit dem Tode bestraft, aber die Kunde über eine verräterische Schattenschuppe verbreitet sich schnell und Schattenschuppen betrachten einen Verräter als größtmögliche Beleidigung. Das was die mit einem anstellen kann schlimmer sein als der Tod. Und wir hatten einen Meister vor uns der grade erfahren hat, dass wir Verräter waren! Er blickte zuerst ernst und wütend drein, dann lächelte er und sagte uns, dass man bei solchen Dingen aufpassen sollte, sonst gerät man in große Schwierigkeiten, aber wir sollten keine Angst haben, denn er würde uns helfen. Wir waren perplex und noch geschockter als vorher. Die Tatsache, dass wir überhaupt noch am Leben waren, war erstaunlich, aber dann sowas! Er sagte, dass er von Gildenhaus zu Gildenhaus reiste und Schattenschuppen suchte, die erkannten, dass es falsch was sie taten. Er meinte, dass er gleich erkennen würde ob sie solche Schattenschuppen waren oder nicht. Eigentlich bin ich nicht der Typ, der daran glaubt, dass man in einem Menschen sofort seine Zukunft sieht und wie er sich verändern wird, aber diesen Argonier glaube ich bis heute noch und das Problem ist, dass ich absolut keine Ahnung hab, was mich ihm glauben lässt. An ihm war an sich nichts Besonderes. Er lächelte oft und war sehr freundlich, aber ich habe schon gleich verstanden, dass sich in der Bruderschaft nicht nur die kaltblütigen Meuchelmörder, die nie auch nur lächeln und jedem einen bösen Blick zuwerfen, aufhalten. Es ist etwas an ihm, was weiß ich nicht. Er ist das größte Mysterium in meinem Leben. Ich weiß auch nicht warum er das alles getan hat und vielleicht bis heute auch noch tut. Es ist wahrscheinlich, dass er anderen Schattenschuppen, die wie Tahreen und ich waren, helfen wollte ihrem Schicksal zu entfliehen. Aber keiner wusste woher er kam und wer er war. Er ist…unfassbar und unbeschreiblich, die Art von Ereignis, die man nicht beschreiben konnte, sondern selbst erlebt haben muss. Auf jeden Fall sagte er noch, dass er ein professioneller Verräter war, der anderen auf der Karriereleiter eines Verräters helfen sollte. Unfassbar! Wir hatten den Schock unseres Lebens erlebt und er saß da und scherzte! Aber es half wenigstens um uns zu entspannen. Der nächste Schritt sei ein besonderes Training. Hmm…Ich frage mich, was aus ihm geworden ist….Nun ja seit neues Training bestand in dem Lehren der Magieschulen. Er brachte uns Zerstörung und Mystik bei, Zerstörung, weil wir noch gegen sehr mächtig Gegner bestehen mussten und wir ihm Nahkampf so gut waren, dass das einzige was uns noch beizubringen Sinn machte, Zerstörung war. Und Mystik, weil wir es brauchten, für das was er uns später beibringen wollte. Wir hielten es natürlich für sehr nützlich die Verwendung von richtiger Magie zu lernen. Wir haben zwar auch vorher schon Magie benutzt, aber nur schwache Zauber, wie Leben erkennen, Infravision, Leichte Schlösser Knacken, Bezaubern und so weiter. Aber mächtige Angriffszauber beherrschten wir noch nicht und für unser Vorhaben waren sie allemal nützlich. Wir lernten schnell, aber Zerstörung ist auch nicht wirklich kompliziert. Einen einfachen Feuerball kann jeder wirken, wenn er will. Bei Zerstörung geht es hauptsächlich darum, aus Magica zu negativer Form umzuwandeln und diese Form zu kontrollieren. Hört sich schwerer an als es ist, aber es ist wie mit der Zerstörung von Kvatch. Die Stadt wurde in einer Nacht zerstört, das Wiederaufbauen wird wahrscheinlich Jahre dauern. So ist das auch mit der Magieschule der Zerstörung. Ein Feuerball ist um ein Vielfaches leichter zu wirken als ein Heilzauber mit gleicher Stärke. Was einen Meister ausmacht ist, dass er immer größere Mengen an Magica in negative Form umwandeln kann, diese kontrollieren kann und weniger Magica für den gleichen Effekt benötigt. Ob Feuer, Eis oder Blitz macht keinen großen Unterschied, nur die pure negative Form, das direkte Lebensenergie-Schaden, ist schwerer als die anderen Formen. Aber der Argonier war nun mal ein sehr guter Lehrer und wird hatten es nach anderthalb Jahren drauf. Mit siebzehneinhalb begann dann die Ausbildung in Mystik. Hmm Mystik…Mystik ist…also wenn man die Schule der Mystik grundlegend verstehen will, muss man die Zauberei an sich verstehen. Zauber wie Leben-Erkennen und Telekinese haben zwar nicht viel mit dem Verständnis der für die Zauberei zu tun, aber wenn man ein Meister in dieser Schule werden will muss man es begreifen. Tahrenn fiel es sehr viel leichter als mir. Nach der relativ einfachen Schule der Zerstörung war Mystik umso komplizierter. Ich konnte selbst heute von den schwächsten Zaubern nicht die maximale Wirkung erzielen, aber das krieg ich wenigstens heute halbwegs hin. Aber Zauber wie Magie Absorbieren bzw. Reflektieren und Teleportation sind immer noch schwer zu wirken.“ „Du kannst dich teleportieren?“, unterbrach ihn Jeren erstaunt. „Nun ja…die richtige Teleportation haben nur mächtige Meister drauf, das was die normalen Mystikmagier wirken sind „Markieren“ und „Rückkehr“.“ „Nie davon gehört.“ „ „Markieren“ bewirkt, dass man den Punkt, wo man sich grade befindet mit einer Art magischer Handschrift markiert. Erst nachdem man das getan hat, kann man den Zauber „Rückkehr“ wirken. Dieser Zauber teleportiert einen dann, egal wo man sich grade befindet, zu dem markiertem Punkt zurück. Man kann aber nur zu dem Punkt zurückkehren, den man selber markiert hat, denn wie gesagt „Markieren“ erfolgt mit einer Art magischer Handschrift und jeder hat eine andere. Vielleicht können Meister zu von anderen Magiern markierten Punkten zurückkehren, aber das ist wirklich schwer und kompliziert und ich weiß nicht ob es überhaupt möglich ist.“ „Hast du einen Punkt, den du markiert hast?“ „Nein Jeren“, sagte Ser-Kueij traurig, „Ich hab keinen Ort an den ich zurückkehren kann.“

    Um sich abzulenken sprach er schnell weiter: „Auf jeden Fall hat mich das Erlernen dieser Schule drei ein halb Jahre gekostet. Wie gesagt die starken Zauber fielen mir im Gegensatz zu Tahreen schwer, aber ich hatte es soweit drauf. Vielleicht hätte ich es auch drauf gehabt, aber wir haben uns sehr viel mit dem besagten Verständnis für Magie beschäftigt. Der Argonier sagte, es sei sehr wichtig um ein guter Magier zu sein, egal in welcher Schule, denn wenn man es versteht, begreift man, was man tatsächlich tut wenn man Zauber wirkt und dann kann man sie…verändern.“ Jeren sah ihn fragend an. „Wie erklärt man das…hmm…guck einfach hin.“
    Dann hob Ser-Kueij die Hand und schien einen Zauber zu wirken, keinen mächtig, nur etwas in Richtung Schwacher-Feuerball-Zauber. Und dann brannte seine Haut plötzlich. Jeren schrie erschrocken auf, denn es geschah so plötzlich und Jeren hatte etwas ganz anders erwartet. Er blickte von der Hand zu Ser-Kueij, aber der betrachtete nur seine Hand und drehte sie vor seinem Gesicht. Dann blickte er zu Jeren und sagte mit einem Grinsen: „Ich hätte es auch mit Eis machen können, aber dann wäre es nicht so spektakulär gewesen und du hättest dich nicht erschrocken.“ Jeren bemerkte das die Hand nicht verbrannte, sondern einfach nur…brannte. „Was ist das für ein Zauber?“ „Es gibt keinen solchen Zauber.“ „Aber du hast ihn doch gewirkt, also muss es ihn doch geben.“ „Ah. Und genau das ist der Punkt.“ Der Argonier ließ die Flammen erlöschen, stattdessen wurde seine Hand von Frost bedeckt und kalter Nebel umhüllte sie. Auch diesmal kehrte sie in den Normalzustand zurück und dann durchzuckten feine Blitze seine Hand. Schließlich umgab ein roter Schimmer seine Hand. Zum Schluss schloss er die Hand zur Faust und die Hand blieb so wie sie sein sollte. „Diese nun…Auren sind nichts weiter als gewöhnliche Feuer-, Eis-, Blitz- und Leben-Schaden-Zauber, die ich manipuliert habe. Es sind ist eine Art Verzauberung, nur das sie nicht für immer ist, sondern so lange andauert wie ich will, und ich sie jedes Mal verändern kann, was mich aber natürlich auch Magica kostet. Jedes Mal wenn ich jemanden mit meiner Hand treffe, wird zusätzlich noch der Zauber, mit dem die Hand verzaubert ist, auf mein Ziel gewirkt. Das Wirken an sich kostet mich nicht mehr als ein normaler Zauber, nur wenn ich den Effekt anhalten will, verbrauche ich langsam und stetig Magica. Ich kann ihn so einstellen, dass er lange hält, aber dafür nicht so viel Schaden macht oder andersherum, er hält nur eine Berührung lang, dafür ist er aber sehr stark. Es hat den Vorteil, dass ich den Gegner nicht verfehle und anstelle von Berührungszaubern zu wirken auf meine Gegner einschlagen kann. Natürlich kann ich den Zauber auch auf Waffen wirken. Falls ich ihn nicht mehr brauche, kann ich ihn von meiner Hand lösen und auf meinen Gegner schleudern, wie einen normalen Zauber auch.“ „Und wie weit geht dieses verändern?“, fragte Jeren. Er war ehrlich gesagt, beeindruckt, hatte er sowas noch nie bei Bretonen, die nach Altmern die beste Magierrasse sind, gesehen. „Hmm schwer zu sagen. Es geht zu mindestens nicht ins komplette Gegenteil, heißt man kann mit Zerstörung nicht anfangen Heilzauber zu wirken. Ich kann es auch schwer einschätzen, denn ich beherrsche nur die Zerstörung und Mystik, wobei Zerstörung wie man es auch verändert, mehr oder weniger auf Schaden hinausläuft und Mystik auch so schon komplizier genug ist, als dass ich da noch groß was verändern kann. Aber ich kann so langsam Schilde mit Zerstöungszaubern wirken. Zum Beispiel kann man einen Feuerball in einen Feuerschild verwandeln, der einen dann vor Feuer schützt und zudem noch Gegner in dessen Reichweite Feuerschaden zufügt. Das klappt sogar mit Leben-Schaden-Zaubern, denn dann erhält man einen Schild, der einen vor physischen Angriffen schützt und der Lebensenergie der nahestehenden Feinde schadet. Natürlich wird dieser Schild nie so stark sein wie ein Schild, der von der Schule der Veränderung stammt und der Schaden, der mit dem Schild zugefügt wird ist auch eher schlecht als recht, aber es dient einfach der Vielfältigkeit. Natürlich hat man einen Vorteil, wenn man sich mit einer sehr aggressiven Schule auch noch schützen muss, so muss kann man bei dieser Schule bleiben und muss nicht noch zusätzlich Veränderung lernen, aber man wäre ja übermächtig wenn man damit die gleiche Wirkung wie mit Veränderungs-Schilden erreichen würde.“ Jeren nickte. „Erzählst du weiter? Tut mir leid wenn ich zu direkt bin.“„Schon gut. Ich habe dir heute beigebracht nicht zu lange um die Vergangenheit zu trauern. Das Gleiche gilt auch für mich.“ Er atmete tief durch, nahm einen Schluck Bier, verzog das Gesicht, weil es bereits warm geworden ist und machte sich daran weiter zu erzählen.

    „Es ging so weiter, bis wir dann einundzwanzig wurden. Dann endlich kam der Tag. Der Tag an dem der König nach uns rief. Tahreen und ich wussten, dass unsere Zeit, die Zeit der Flucht, bald kommen würde und wir waren angespannt und voller Ehrfurcht. Skereas haben wir in der Zeit kaum beachtet, aber es machte auch nichts, denn er scherte sich nicht um uns. Wir trainierten und er machte die Aufträge. Dem mysteriösem Argonier wagte niemand zu wiedersprechen und so befahl uns, zu unserem persönlichem Glück, auch niemand öfter mal Aufträge zu machen, anstelle nur zu trainieren. Auf dem Weg dahin passierte nichts Besonderes. Er stellte sich heraus, dass der König nur Schattenschuppen meiner Generation zurückrief, uns drei und noch die anderen drei, die sich der Morag Tong angeschlossen haben. Es erfolgte ein kurzes Wiedersehen, eine Bemusterung, die Auflistung der besten und schwierigsten Attentate, die man natürlich besser, als auch nur irgend möglich war, durchgeführt hatte und noch weitere Prahlereien. Wir wollten nicht auffallen und machten mit. Skereas dagegen war zu arrogant sich mit uns „einfachen Mördern“ abzugeben, denn jedes Attentat, das er durchführte, war gleich ein Kunstwerk. Er glaubte sich besser zu sein als wir alle und leider mussten Tahreen und ich feststellen, dass er recht hat. Es war nicht hinderlich für unseren Plan, Skereas nicht im Auge zu behalten, dass Problem war, dass wir nicht bemerkt hatten, wie mächtig er geworden war und ihn später unterschätzen. Die Wut auf uns, weil wir ihn immer ausgeschlossen hatten, ließ ihn schnell lernen und sehr stark werden und wir wussten nicht von wem er es gelernt hatte, aber auch er beherrschte die Schule der Zerstörung, Mystik und sogar noch der Illusion. Dennoch stuften wir ihn vorerst als ungefährlich ein. Ein Fehler wie sich später herausstellte. Auf jeden Fall kamen wir beim Königshaus an, bekamen aber erst mal einen Tag frei, um unsere Familien wiederzusehen. Ich habe mich schon sehr drauf gefreut…aber ich wusste, dass ich ihnen von meinem Plan erzählen musste, denn es konnte sie ebenfalls in Schwierigkeiten bringen. Ich habe ja schon gesagt, dass Schattenschuppen bei Verrätern hart durchgreifen und ich habe ihnen auch zugetraut meine Familie zu töten. Es war ein schönes Wiedersehen. Wir haben uns viel erzählt, nun ja, eigentlich haben meine Eltern viel erzählt, sie haben mich nicht auf die Bruderschaft und mein voran kommen dort angesprochen, denn sie wussten ja nicht wie ich darüber denke und wenn ich ihnen erzählen würde ich hätte dort großen Spaß und dass es ein schönes Gefühl ist Menschen umzubringen, hätte es ihnen das Herz zerrissen. Aber ich liebte meine Eltern sehr und wollte sie nicht in Gefahr bringen, deshalb erzählte ich ihnen von Tahreen’s und meinem Plan. Meine Mutter lachte und weinte gleichzeitig und mein Vater klopfte mir mit einem stolzen Blick auf die Schulter. Ich war unfassbar erleichtert. Wenn sie traditionell gewesen wären und mir gesagt hätten, dass sie sich für mich schämten und nichts mehr mit mir zu tun haben wollten, wäre es für mich schlimmer gewesen, als alles was die Schattenschuppen mit mir hätten anstellen können. Wir redeten noch weiter und es gab ein schönes Abendessen. Dann verabschiedete ich mich, aber nicht ohne ihnen das Versprechen abzunehmen, dass sie die Stadt am nächsten Tag verlassen würden. Seit dem habe ich sie nicht gesehen und ich weiß auch nicht was aus ihnen geworden.“ Ser-Kueij machte einen traurigen und fertigen Eindruck. „Du hast sie sehr geliebt oder?“ „Oh ja.“ Sie schwiegen. Jeren hatte seine Eltern auch verloren und wusste was das für ein Gefühl war. Doch nicht zu wissen, was mit seinen Eltern geschehen ist, ist noch schlimmer.

    „Wir hatten Glück, es bot sich noch im selben Jahr eine Gelegenheit zur Flucht, die wir auch nutzten“, fuhr der Argonier mit sichtlicher Mühe fort. „Der König war grausam, anders konnte ich es nicht sagen. Er ließ arme Bauern von uns umbringen, weil sie ihre Steuern nicht zahlten, ließ uns einfachen Händler hinterher spionieren um zu erfahren, ob sie ihn nicht betrogen hatten, ließ Gruppen umbringen, von denen es keinerlei Anzeichen gab, dass sie Rebellen waren, von denen er aber glaubte, dass sie Rebellen waren.“ Er seufzte. „Glaub mir , in Schwarzmarsch möchte bestimmt keiner freiwillig leben. Kommen wir zur Flucht. Unser Glück war, dass keiner etwas ahnte. Wir bekamen den Auftrag eine Gruppe zu zerschlagen, die der König für Rebellen hielt. Natürlich waren es Rebellen, aber sie gaben es nicht bekannt und sie taten auch nichts Verdächtiges und deshalb schickte der König uns, damit es im Nachhinein nicht hieß, er ließ Unschuldige töten. Obwohl es natürlich schon längst bekannt war, dass er das tat. Aber wir sollten die Sache schnell und ohne Spuren erledigen. Die Rebellen haben sich in einem Waldgebiet auf einer großen Lichtung nördlich von Sturmfeste in der Nähe zur Grenze zu Morrowind versammelt. Tahrren und ich wollten sie nicht umbringen, es war eine Art letztes Vermächtnis. Und so traten wir zu sechst in einer Reihe an das Lager heran. Wir brauchten keinen Angriffsplan und wir mussten uns auch nicht anschleichen. Es hätten zwei von uns gereicht um sie auszuschalten. Die Rebellenführer wussten wer wir waren, traten aus unseren Zelten, stellten sich uns entgegen…und beobachteten wie wir uns gegenseitig auseinander nahmen. Tahreen und ich haben beschlossen unsere Mitstreiter auszuschalten, zum einen um das Unheil unserer Generation zu beenden, zum anderen natürlich damit sie uns nicht aufhielten. Während die anderen weiter voranschritten, legten wir das Tempo uns stellten uns hinter sie. Tahreen kümmerte sich um zwei aus der Morag Tong und ich kümmerte mich um den Übrigen und Skereas. Zu mindestens war das der Plan. Tahreen nahm seinen Dolch, stieß ihn einem mitten in den Hinterkopf und packte den Kopf des anderen, drehte ihn ruckartig und brach ihm das Genick. Ich legte von hinten eine Hand auf das Gesicht des einen und wirkte einen Feuerzauber. Er war direkt tot. Skereas wollte ich von hinten mein Kurzschwert ins Herz stechen, doch er bemerkte mich zu früh, zog sein eigenes Kurzschwert und wehrte meinen Angriff ab. Jedoch fand er sich alleine gegen Tahreen und mich. Die Rebellen waren vor Ungläubigkeit erstarrt. So etwas hat es in der Geschichte kaum gegeben und erst recht nicht in einem solchen Ausmaß. Wir wussten, dass er mächtig war, aber wir haben seine Illusionskünste ganz vergessen und so waren wir erst mal geschockt, als Skereas mit einer überraschenden Drehung in Richtung Tahreen einen „Demoralisieren“-Zauber wirkte. Er war nicht dumm. Er wusste, dass ein Lähm –Zauber, der lange hielt, ihn zu viel Magica gekostet hätte, und Demoralisieren erreicht praktisch den gleichen Effekt, jedoch verbraucht er viel weniger Magica und so war Tahreen nichts weiter als ein Häufchen Elend, dass sich hinter einem nahelegenden Baum vor dem Kampf zurückzog. In Zerstörung war ich Skereas und Mystik war ich Skereas jedoch überlegen und meine Kampfkünste waren seinen mindestens ebenbürtig. Es folgte ein langes Duell, das größtenteils mit Magie ausgefochten wurde. Ich versuchte ihn mit Telekinese zu entwaffnen, doch er absorbierte den Zauber. Er warf einen Blitz auf mich, aber ich wand meinen eigenen Blitzzauber in einen Blitzschild um. Was mich ihm in der Magie überlegen machte, war, der Argonier, der mir sehr viel mehr beigebracht hatte, als bloßes Zaubern. Ich konnte meine Zauber auf vielfältige Weise verändern, im Gegensatz zu Skereas, der das Glück eines solchen Lehrers nicht hatte. Es ging so weiter. Er wirkte einen Licht-Zauber auf mich um mich zu blenden, aber ich wirkte Leben- und Magie-Entdecken-Zauber und konnte ihn und seine magische Angriffe immer noch sehen. Er wirkte einen Lärm-Zauber um mich zu verwirren, ich bannte die Magie. Kennst du solche Zauber?“ „Ja, Hochfels ist immerhin ein Magie durchwandertes Land. Ich weiß, dass es hier in Cyrodill meistens nur die klassischen Zauber gibt und dass eher Morrowind, Schwarzmarsch, die Summerset Inseln und Hochfels mit solchen Zaubern ausgestattet sind, sie sind immerhin auch die Länder, die würdige Magier hervorbringen. Ich selbst beherrsche von den „ungewöhnlichen“ Zaubern aber nur „Flossen“, „Sprung“, „Langsamer Fall“ und „Abschließen“. Zumindest glaube ich, dass ich sie beherrsche, ich habe sie seit einer Ewigkeit nicht mehr eingesetzt. Wobei ich mir „Abschließen“ in so manchen Situationen ziemlich amüsant vorstellen kann“, sagte Jeren mit einem breiten Grinsen. Er wusste, dass die Geschichte den Argonier mitnahm und er wollte ihm ein wenig von ihrem ernst nehmen und Ser-Kueij auflockern. Der schien sichtlich froh darüber.

    „Gut, dann muss ich das ja schon mal nicht erklären. Auf jeden Fall lieferten wir uns noch eine ganze Weile einen Magie-Kampf, aber ich wusste, dass ich dauerhaft keine Chance gegen seine zusätzlichen Illusionsfertigkeiten hatte, also überlegte ich mir wie ich ihn in den Nahkampf zwingen könnte. Schließlich markierte ich unauffällig eine Stelle ungefähr in der Mitte des Kampffeldes und lockte ihn dann mit Angriffszaubern, die ich so wirkte, dass er ihnen ausweichen musste, zu dem markiertem Punkt und als er dann einen Blitzzauber auf mich geschleudert hat, kehrte ich zu dem Punkt zurück. Skereas war völlig überrascht, so konnte ich ihm einen schnellen Stoß mit dem Kurzschwert verpassen. Leider konnte ich ihn nicht tödlich verwunden, aber ich habe ihn stark geschwächt und würde ihn früher oder später besiegen. Zumal Tahreen wieder normal wurde und sich diesmal nicht von einem Zauber treffen lassen. Skereas blieb nichts als die Flucht. Wir verfolgten ihn nicht, denn uns blieb nicht viel Zeit. Wir baten die Rebellenführer uns zu helfen und uns einige Informationen über Morrowind zu geben. Wir entschlossen uns nach Morrowind zu flüchten, denn dort war das Gebiet der Morag Tong. Sie hassten die Bruderschaft wie die Pest. Sie hießen es mehr als nur willkommen, dass wir die Bruderschaft verraten haben und würden uns in Ruhe lassen. Wenn jedoch ein richtiger Angehöriger der Bruderschaft auch nur einen Fuß auf Morrowind setzten würde, um uns zu verfolgen, würden Morag Tong Agenten aus jedem Winkel des Landes kommen, nur um die erstens zu sein, die ihre Klinge in ihn stoßen konnten. Wir gaben den Rebellenführen einige Informationen über das Königshaus und einige geheime Eingänge und sie stellten uns dafür zwei Dunmer, die aus Morrowind kamen, um die Rebellen zu unterstützen zur Verfügung, die uns nach Morrowind bringen sollten. Was aus den Rebellen wurde weiß ich nicht, aber die Dunmer hielten ihr Wort und brachten uns durch Dörfer und die Deshaan-Ebene nach Narsis, eine Handelsstadt. Dort verließen sie uns. Auf dem Weg dahin waren wir uns aber ziemlich sicher einige dunkle Gestaltet gesehen zu haben. Die Taktik die Bruderschaft mit der Morag Tong abzuschrecken ist nicht ganz aufgegangen. Wir stiegen auf ein Güterschiff, das auf dem Fluss Thir Richtung Vivec fuhr.
    Wir haben niemanden Auffälliges auf dem Schiff gesehen, so hofften wir, die Bruderschafte erst mal abgehängt zu haben. Aber wir wussten auch, dass das nicht lange so bleiben würde. So entschieden wir uns für einen riskanten Plan: Wir gaben uns als Sklaven auf einer der Plantagen auf den Ascadia-Inseln feil, denn das würde die Bruderschaft bestimmt nicht erwarten und eher in Sheogorad suchen, als auf den Plantagen. Wir entschieden uns nicht für die Dren-Plantage, denn sie ist zu groß und dort würde die Bruderschaft zuerst suchen, wenn sie bemerkten, was wir vorhatten. Anstelle davon entschieden wir uns für die Arvel-Planage, die kleiner und nicht so bedeutend war. Wir versteckten vorher natürlich unsere Ausrüstung, die wir in Narsis übrigens überarbeitet und jegliche Symbole oder Polster, die verrieten, dass wir von der Bruderschaft kommen, entfernt haben. Die Rüstung die ich heute trug war das Ergebnis. Jedenfalls war das Problem bei dieser Sache, dass wir die Wirkung der Sklavenfesseln unterschätzten. Sie nimmt dir nicht nur dein Magica, sondern macht auch das Wirken von Zaubern fasst unmöglich. Falls wir also fliehen wollten, mussten wir auf Krallen und Schwanz zurückgreifen, was nicht unbedingt ein Problem war, jedoch konnten wir sterben wie jeder andere auch und die Wachen waren nicht dumm, sie hatten schon öfter Sklavenaufstände erlebt und davon gehört. Sie passten gut auf und hatten ihre Waffen immer Griffbereit. Ein Jahr verging seit der Flucht aus Schwarzmarsch und langsam hatten wir das Gefühl, dass unsere Tarnung nicht mehr lange halten würde. Wir sprachen uns mit den anderen Sklaven ab und überredeten sie zu einem Aufstand. Das erwies sich als ziemlich schwierig, denn es gab nicht allzu viele Sklaven, kaum mehr als Wachen. Außerdem haben wir keinen Weg gefunden an Waffen heran zu kommen, also musste unser erster Angriff auf die Wachen sitzen, sonst würden wir nicht weit kommen. Es gab leider auch einen Schützen auf dem Dach, der das Ganze noch erschwerte.

    Und dann ging es los…elf Sklaven gegen sechs Wachen…vielleicht hätte es funktioniert, jedoch flohen einige Sklaven bei der erst besten Gelegenheit, ohne auch nur ihre Fesseln gelöst zu haben…Tahreen und ich konnten gleich zwei Wachen auf einmal überwältigen. Leider kam aber auch noch der Inhaber der Plantage aus dem Verwaltungsgebäude und unterstützte die Wachen mit Magie. Viele der Sklaven, die direkt flüchteten, fielen unter den Pfeilen des Schützen auf dem Dach. Wir teilten uns auf, Tahreen sollte versuchen den Magier den Schlüssel abzunehmen und ich kletterte aufs Dach um mich um den Schützen zu kümmern. Der erwartete nicht, dass sich jemand von hinten auf das Gebäude hinaufstieg, so war es nicht schwer ihn auszuschalten. Auf dem Dach konnte ich dann die ganze Situation überblicken…die meisten waren Tod, die Wachen waren zu gut ausgerüstet…es haben vielleicht zwei geschafft zu fliehen. Als ich dann wieder zurückstieg…“ Ser-Kueij atmete tief durch und schloss die Augen. „Der Magier…er hat Tahreen getötet nicht wahr?“ „Ja Tahreen war tot…der Magier jedoch auch…“ „Aber wer hat ihn dann…“ „Skereas“, sagte Ser-Kueij noch bevor Jeren aussprach. Tränen liefen ihm über die Wangen. „Es war Skereas, Jeren. Tahreen hat den Magier besiegt und sogar schon die Fesseln gelöst, doch dann war Skereas scheinbar wie aus dem nichts aufgetaucht und…hatte ihm seine Klinge ins Herz gestoßen.“ „Es war hart nicht wahr?“ „Hart? Jeren, seit wir sechs waren haben wir kaum einen Schritt von einander getan. Wir haben alles miteinander durchgestanden. Falls wir an etwas dachten, überlegten wir, wie wir es zusammen machen. Fast siebzehn Jahre waren wir Freunde, besser gesagt, wir waren Brüder und dann war er Tod! Das ist mehr als nur hart! Es wäre leichter zu verkraften wenn ihn irgendjemand getötet hätte, aber es war Skereas! Unser…Erzfeind, wenn du so willst. Den, den wir wegen seiner Art abgrundtief hassten, der der uns schon in Schwarzmarsch Probleme gemacht hat, den…den ich hätte töten sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte…aber ich habe es nicht getan und das rächte sich. Anstelle von Skereas war nun Tahreen tot…“ Es schloss wieder die Augen und machte keine Bewegung mehr. Man konnte ihm das Leid im Gesicht stehen sehen. Jeren hatte nie einen solchen Freund. Er wusste nicht ob ein solcher Verlust schlimmer war, als der der eigenen Familie. So ließ er Ser-Kueij seinen Moment der Trauer und sie beide schwiegen. „Und Skereas lächelte nur…dieses arrogante Dreckstück unternahm nichts. Er machte keine Anstalten mich anzugreifen, er lächelte nur…und wartete bis ich an meinem Leid zerbreche. Doch diesen Moment wollte ich ihm nicht gönnen. Ich schnellte nach vorne, was ihn ziemlich überraschte, denn er hoffte, dass ich nur noch ein Häufchen Elend sein würde, packte die Schlüssel, die Tahreen immer noch in den Händen hielt, öffnete die Fesseln und rannte los. Skereas wollte mir noch einen Zauber nachschleudern und mich verfolgen, doch ich machte mich mit meiner Schattenfähigkeit unsichtbar und er konnte mich sogar mit einem Leben-Entdecken-Zauber nicht mehr sehen. So holte ich meine Ausrüstung und floh tiefer ins Land. Dabei blickte ich nicht einmal zurück…“ Er atmete tief durch und entspannte dich, denn anscheinend war der schlimme Teil nun vorbei.
    „Seitdem geschah nicht viel. Ich blieb noch anderthalb Jahre auf Vvardenfell an der Westküste in Balmora und verließ Morrowind schließlich nach Westen durch Cyrodill. Dies war natürlich Riskant, denn ich lief mitten in das Gebiet der Bruderschaft, aber entweder sie haben nicht erwartet, dass ich das tue, oder sie haben das Interesse an mir verloren, aber auf jeden Fall gab es keine Zwischenfäll mehr, sogar nicht, als ich in Chendynhal eintraf, dort wo der größte Sitz der Bruderschaft ist. Vielleicht ist es wirklich so, dass sie mich nicht so nah vermuteten, denn ich war praktisch nicht in der Höhle des Löwen, sondern eher zur Hälfte in seinem Maul. Aber ich wollte mein Glück nicht herausfordern und zog weiter nach Westen und nun…bin ich hier, sechsundzwanzig Jahre alt und lebe.“ Den letzten Satz versuchte Ser-Kueij mit einem Lächeln zu untermalen, jedoch scheiterte er kläglich an seiner traurigen Miene. „Das war es also…deine Geschichte“, kommentierte Jeren, „Das mit dem Sklaven hat ja tatsächlich gestimmt.“ Der Argonier rang dich erneut ein Lächeln ab. Dann schwiegen beide. Jeren wollte keine Fragen mehr stellen oder etwas kommentieren, denn Ser-Kueij sah auch so schon fertig aus und man sah ihm an, dass er erst mal Zeit brauchte, bis er sich von seiner Geschichte erholte. „Danke, dass du das getan hast. Ich weiß es fällt dir sehr schwer und ich weiß es sehr zu schätzen.“ Der Argonier atmete tief durch und sagte: „Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich jetzt gerne gehen, das war ein ziemlich harter Tag.“ Jeren nickte nur mit einem Lächeln. „Sehe ich dich morgen?“, fragte er noch. „Ich hole dich hier am Nachmittag ab.“ „Gut. Dann Gute Nacht.“ „Nacht“, verabschiedete sich der Argonier und machte leise die Tür hinter sich zu. Er hat recht, dachte Jeren. Das war ein harter Tag. Zeit zum Schlafen.

    Und er legte sich ins Bett und schlief sofort ein.
    Geändert von Dark Brother 94 (20.08.2010 um 19:44 Uhr)

  6. #246
    Anschluss an die Handlung von "Zwei Beschwörer unterwegs auf den Shivering Isles" und "Zwei Beschwörer unterwegs auf den Shivering Isles #2".



    Arranges war jetzt fast 2 Tage mit seinem Rotfuchs unterwegs, allerdings nicht auf direktem Wege zur Kaiserstadt, er hielt den Weißgoldturm zu seiner Linken, war aber immer in Grenznähe zu Elsweyr unterwegs. Am zweiten Tag, als langsam aber sicher die Dämmerung einsetzte, suchte er sich mitten im Wald eine geschützte Stelle an einem recht beschaulichen Findling. Er hatte mittlerweile auch seine komplette Ausrüstung gewaschen und sich die doch recht tiefen Augenringe wieder beinahe weggeschlafen. Er machte den ganz normal müden Eindruck, mit einem scharfsinnigen Funkeln in den Augen, den er auch sonst pflegte. Das Einzige, was an ihm noch direkt an den Aufenthalt auf den Inseln erinnerte, war der recht ordentlich zerfetzte Umhang, den er allerdings aus Gewohnheit immernoch trug.

    Der Kaiserliche war gerade dabei, sein Pferd neben dem Lagerfeuer abzusatteln und ein kleines Einmannzelt zwischen zwei Bäumen zu errichten, als er einen lauten Ruf, etwas weiter entfernt, wahrnahm. Er konnte nicht genau sagen, was der- oder diejenige da gerufen hatte, aber er hielt kurz inner mit seiner Tätigkeit und horchte auf. Als er schon glaubte, sich das nur eingebildet zu haben und bereits weiterwerkelte, hörte er wieder einen Ruf. Es hörte sich an wie ein Kommando oder ähnliches, das von Jägern ausging oder so, er konnte es jedenfalls nicht richtig zuordnen. Nach dem zweiten Ruf kam auch nichts mehr und der Kampfmagier setzte sich kurze Zeit später an das kleine, gemütliche Feuer und begann, einige Rollen und Papiere zu studieren. Die Formel für den Lich und alles, was dazugehörte um den König der Untoten zu rufen, hatte er mittlerweile verinnerlicht und es gelang ihm jetzt sogar, diese Meisterhürde beinahe ohne Einschränkungen zu überspringen. Er konnte die Kreatur rufen und kämpfen lassen, ohne dabei irgendwie in Zwitracht mit dem mächtigen Wesen zu geraten, allerdings verlangte ihm dieser Spruch alles ab, danach ging für recht lange Zeit nichts mehr, die er nicht mit Schlaf überbrückte. Außerdem hatte er auch inzwischen die Macht der Hungerbeschwörung verstanden. Je mehr Konzentration und Energie er auf sie verwendete, desto mächtiger wurde die daedrische Kreatur, welche er rief.

    Arranges wollte sich gerade schlafen legen, als er einige Meter entfernt, ein lautes Knacken im Gebüsch hörte. Er ruckte mit dem Kopf in die Richtung, aus welcher das Geräusch kam. Einige Augenblicke später hörte er ein leises Flüstern, konnte aber nicht sagen, was dort geredet wurde. Der Magier war schnell aufgestanden und schlich in den Schatten des großen Felsblocks. Kaum war er außerhalb des Feuerscheins getreten, brachen zwei Gestalten aus dem Unterholz auf die kleine Lichtung. Ein wohl nur aufs Zertrümmern geschulter Ork mit einem etwas überdimensionierten Zwergenkriegshammer und etwas hinter ihm, ein Bretone, welcher eine Robe trug, die an Gewänder erinnerte, welche sonst nur Mönche zu tragen pflegten. Das sind aber... seltsame Räuber, nicht nur, dass sie sich selbst verraten, nein, sie scheinen wohl auch nicht wirklich zu teilen, was die Ausrüstung angeht... Der komische Mönch erhob seiner Stimme: 'Arranges? ... Ich weiss, dass du hier bist.' Er sah sich kurz suchend um, bevor er fortfuhr: 'Komm raus, ich denke, du weisst, was ich von dir will...' Wenn das mal nicht der Hohepriester ist! Das Schwein, welches mich gleich mit einer halben Streitmacht gejagt hat... Schoss es dem Kaiserlichen durch den Kopf. Arranges sprach eine Formel und vor dem Ork trat ein Markynaz aus einer blutroten Kaskade. Die beiden Krieger gingen sich direkt richtig hart an, aber Arranges hatte keine Lust auf Spielchen und schon nach wenigen Sekunden, streckte das Dremora den Ork nieder, welcher dem schlanken und schnellen Cleymore mit seinem Hammer nicht nachkam. Der Daedra verschwand augenblicklich und der komische Priester stand allein da. Der Kampf war aufbrausend, aber kurz, sodass der Bretone hatten nicht wirklich eingreifen können. Aja... Söldner... 'Lass doch diese Spielchen, ich weiss, dass du hier bist und ich weiss auch, dass du sehrwohl verärgert bist... zu recht, das muss man dir lassen... aber ich kann nicht neben einem Mann leben, dessen... Freunde... hier die Gewalt haben, die ganze Legion, die Klingen und sogar einige Agenten, so dermaßen zu beeinflussen, dass der Wert meiner Befehle praktisch gegen Null geht...' Während der Bretone gesprochen hatte, war er stetig näher zu Arranges Position gewandert und dem Kaiserlichen war dabei nicht entgangen, dass er eine Klinge gezogen hatte. Es musst dem Laut nach zu urteilen, eine recht kurze Klinge gewesen sein, ein Dolch oder Kurzschwert. 'Wir können das hier sicher wie normale Menschen klären...' Meinte der Priester noch und jetzt machte Arranges ihn nur noch einen Meter neben sich um eine Ecke des Felsbrockens aus. Ja sicher und ich heiße erstens Mehrunes und zweitens Dagon... Schnell hatte der Kampfmagier sein Schwert gezogen und schwang es mit beiden Händen ein wenig vortretend... Mit einem eingefrorenen, sehr verdutzten Blick, purzelte der Kopf des Hohepriesters zu Boden, ein Liedschlag später kippte der restliche Körper nach vorn.

    Arranges legte sich nur wenig später zur Nachtruhe und begab sich am nächsten Morgen in die Kaiserstadt. Er hatte es eilig, einmal wieder auf einer ordentlichen Matratze zu schlafen, zwar hatte er jetzt zwei Nächte unter freiem Himmel mit seinem Reittier sehr genossen, aber nach fast einem Monat nur ungemütlichem Schlaf, war das einfach nötig. Er reservierte sich im Hotel am Talosplatz ein Zimmer vor, verkaufte seinen Dolch im Marktbezirk für einen ganz ordentlichen Preis und kehrte mit einem jetzt wieder gut gefüllten Geldbeutel zurück ins Hotel. Er hatte die Stadt am Nachmittag erreicht und jetzt war es früher Abend. die Sonne war zwar noch längst nicht im Begriff, unterzugehen, aber Arranges war relativ erschöpft und so legte er sich beinahe direkt hin. Seinen Umhang hatte er durch einen Neuen ersetzt, natürlich wieder in dunkelgrau.


    Die Geschichte wird im Gruppenthread "Von Ruinen, Skamps und anderen Gefahren" fortgesetzt.
    Geändert von KingPaddy (07.07.2011 um 19:07 Uhr)

  7. #247

    Skingrad; Westebene

    Erynn verließ Skingrad durch das westliche Tor. Es war kurz vor Sonnenaufgang, und die Farbe des Himmels änderte sich bereits zu einem helleren blau, durchsetzt von zarten, rosafarbenen Streifen. In weniger als einer Stunde würde sich die Sonne über den Horizont schieben und der Frieden dieser so unwirklich scheinenden Stunde dem geschäftigen Treiben des Tages weichen. Zu dem Zeitpunkt wollte die Dunkelelfin allerdings schon längst mitten im Grasland der Westebene sein.

    Sie begab sich zu den Stallungen vor der Stadt um ihr Pferd von der Koppel zu holen, einen sechsjährigen dunkelbraunen Wallach mit vier weißen Fesseln und einer schmalen, geraden Blesse. Das Tier war der einzige Luxus, den sie sich leistete, aber sie hatte so viel Freude daran, daß sie die Septime dafür gerne ausgab.
    Nachdem sie das Pferd -das sie aus einer Laune heraus ‚Falchion’ getauft hatte- gesattelt und ihren Stahlbogen hinten am Sattel befestigt hatte, schwang sie sich auf seinen Rücken und ritt am langen Zügel die Straße hinauf Richtung Nordosten. Nebelfetzen hingen zwischen den Weinstöcken des Surilie-Weinguts zu ihrer Linken, das zu so früher Stunde noch still und verlassen dalag. Sie faßte die Zügel kürzer und trieb ihr Pferd zu einem flotten Trab an, als sie die Plantage hinter sich gelassen hatten. Ihr Ziel war Goblin Jims Höhle. Erynn wußte nicht, wer Goblin Jim war oder warum sich jemand die Mühe machen sollte, einem Goblin einen Namen zu geben, aber das spielte letztendlich auch keine Rolle. Nach einer Weile verließ sie die Straße und bog in die üppige Wildnis der Westebene ab. Jetzt, am frühen Morgen, verströmten die hier verschwenderisch wachsenden Gräser, Blumen und Kräuter einen fast berauschend intensiven Geruch. Die Sonne ging gerade auf und brachte den Tau auf den Blättern zum glitzern. Die Elfin hielt ihr Reittier an und genoß für einen Augenblick diesen Moment voller Schönheit. Dann wandte sie sich direkt nach Norden.

    Auf halbem Wege ließ Erynn Falchion in der Nähe einiger großer Felsen zurück. Sie saß ab und vergewisserte sich, daß in der Nähe kein Nachtschatten wuchs, an dem sich das Tier vergiften könnte. Dann löste sie den Bogen vom Sattel und spannte ihn. Mit der Waffe in der Hand schlich sie sich vorsichtig an die Höhle heran. Sie nahm nich den direkten Weg, sondern näherte sich von Osten, so daß ihr die aufgehende Sonne im Rücken stand. Ihre Lederrüstung knarrte leise, als sie hinter einem Busch in Deckung ging. Ein großer Felsen in ihrem Rücken würden hoffentlich dafür sorgen, daß ihr Überraschungen aus Richtung des Großen Forstes erspart blieben. Von ihrer Position aus hatte sie einen guten Blick auf den Höhleneingang wie auch auf den Bereich davor. Ein leichtes Lächeln stahl sich auf ihre Lippen: Goblinjagd war eine Art Sport in der Skingrader Kriegergilde, und sie beteiligte sich mit der gleichen Begeisterung daran wie der Rest der Berufskämpfer auch.
    Die Elfin mußte nicht lange warten. Aus Richtung des Hochlandes kam eine kleine, verwachsene Gestalt in Sicht. Der Goblin hatte scheinbar den Schutz der Dunkelheit genutzt, um Beeren oder ähnliches zu sammeln. Jetzt kehrte er zurück, um sich wieder in seinem Bau zu verkriechen. Erynn ließ sich auf ein Knie nieder und zog langsam, ganz langsam einen Pfeil aus dem Köcher und legte ihn locker auf die Sehne. Der Goblin wuselte direkt auf die grobe Brettertür zu, die den Höhleneingang verschloß, so daß sich keine Möglichkeit zu einem sicheren Schuß bot. Die Dunmerin hob den Bogen und stieß einen leisen Pfiff aus. Irritiert hielt das Wesen inne und drehte sich suchend zur Quelle des Geräuschs um. Es blinzelte, als es in die frühe Sonne starrte, deren Schein sich mit den Schatten des Waldes vermischte, und schirmte die Augen mit einer Hand ab. Erynn zog die Sehne bis zum Mundwinkel zurück und schickte den Pfeil auf die Reise. Mit einem dumpfen Klatschen schlug er in die Brust des Goblins ein und riß ihn herum. Er zuckte unkontrolliert, wirbelte im Todeskampf Staub und Grasbüschel auf und lag dann still. Dennoch verblieb die Schützin in ihrer Deckung und legte einen weiteren Pfeil auf die Sehne. Nur wenige Herzschläge später fand sie ihre Vermutung bestätigt: Goblins sind nur selten allein draußen unterwegs. Ich bin mir sicher, daß es noch mindestens einen zweiten gibt. Dieser zweite Goblin tappte in ihr Schußfeld, entdeckte seinen toten Artgenossen und sah sich mißtrauisch witternd um. Perfekt. Er starb ebenso wie der erste. Auch jetzt wartete Erynn wieder eine Weile, aber alles blieb ruhig. Schließlich wagte sie sich hinter ihrem Busch hervor, um die beiden Kadaver zu untersuchen. Wenn gleich sie dabei weiterhin auf ihre Umgebung achtete, tat sie doch ihr bestes, den schaurigen Behälter voller Knochen zu ignorieren, der sich zwischen anderem Müll vor dem Höhleneingang befand. Die Überreste darin sahen beunruhigend menschlich aus.

    Wie erwartet fand sie nichts Wertvolles bei den toten Gobbos. Sie trugen rostige, grobgeschmiedete Waffen, die bestenfalls zum Einschmelzen taugten. Erynn ließ sie liegen. Auch die matschigen Beeren und die Steinpilzkappen, welche die Kreaturen bei sich trugen -scheinbar die Ausbeute der vergangenen Nacht-, nahm sie nicht mit. Wer sollte so etwas schon noch essen wollen? Sie jedenfalls nicht. Nachdem Goblinklauen die Nahrungsmittel befingert hatten, wirkten sie auf die Elfin abstoßend. Irgendwie... unrein. Die beiden Pfeile hatten die Aktion ebenfalls nicht überlebt. Schäfte und Federn waren abgeknickt worden, als die Goblins stürzten. Zumindest aber ließ sich eine eiserne Pfeilspitze bergen. Man würde sie noch einmal verwenden können. Sie zog ihren Stahldolch und schnitt die jeweils rechte Hand der Biester ab; wegen dieser Trophäen war sie hauptsächlich gekommen. In die Höhle selbst würde sie nicht gehen, jedenfalls nicht ohne Unterstützung. Die Stollen und Gänge waren normalerweise zu eng und zu verwinkelt, um den Bogen sinnvoll einsetzen zu können. Meist bedeutete er dort mehr eine Behinderung als einen Vorteil. In einer Höhle war man mit einem Schwert besser bedient, aber wenn sie sich schon zu so offensivem Hauen und Stechen durchringen mußte, dann doch lieber mit Rückendeckung.
    Nach einem weiteren prüfenden Blick auf ihre Umgebung wandte sie sich zum Gehen, kehrte zu Falchion zurück und verstaute die Ausbeute des Morgens in den Satteltaschen. Das Pferd hatte auf sie gewartet, wie immer, und zupfte zufrieden noch ein paar Gräser, während Erynn den Bogen entspannte und verstaute.

    Sie wandten sich wieder Richtung Skingrad. „Tut mir leid, mein Großer. Das war wirklich kein besonders langer Ausflug heute“, sagte sie, wärend sie den Mähnenkamm des Tieres kraulte. „Vielleicht ergibt sich bald mal die Möglichkeit, einen Botengang zu erledigen, so daß wir beide etwas mehr Bewegung kriegen.“
    Wieder an den Stallungen angekommen, nahm Erynn ihrem Pferd Sattel und Zaum ab, kontrollierte die Hufe auf eingetretene Steinchen und ließ es dann frei auf der Koppel laufen. Den größten Teil des Lederzeugs konnte sie bei den Ställen lassen, allein die Satteltaschen nahm sie mit.
    Die Sonne stand noch nicht im Zenit, als sie Skingrad wieder betrat. Da sie von der Torwache als reguläre Bewohnerin der Stadt erkannt wurde, winkte man sie ohne Überprüfung durch. Sie begab sich direkt zum Gildenhaus, einem wuchtig aussehenden Steinbau, um die Goblinhände loszuwerden.
    Von der Eingangshalle wandte sie sich nach rechts in den Speisesaal, wo sie auf Parwen traf. In den acht Monaten, die sie jetzt in Skingrad lebte, hatte sie sich mit der Waldelfin angefreundet. „Und?“ fragte diese nur. „Zwei“, grinste Erynn und warf ihr die blutigen Goblinklauen zu. Damit hatte sich der Zweck der Trophäen auch schon erfüllt: Sie bewiesen die beiden Abschüsse. Die Dunmerin nahm ein Stück Kohle und zeichnete zwei weitere Striche hinter ihren Namen auf einem Stück Papier, das für alle sichtbar an der Wand hing. Sie hinkte den anderen noch ziemlich hinterher, vor allem dem großen Argonier Ah-Malz, hinter dessen Namen sich eine beeindruckende Anzahl von Strichen befand, aber sie spielte ja auch noch nicht so lange mit.
    Das wäre erledigt. Was mache ich jetzt nur mit dem angefangenen Tag?

  8. #248

    Vvardenfell-Distrikt, Westspalte, Tarriors Plantage

    Diese Offenbarung kam so plötzlich, dass Tarrior erst einen Moment brauchte, bis sie wirklich an seine Geist drang und noch weitere Augenblicke bis er sich ganz darüber klar wurde. Umgehend legte sich in seinem Kopf ein Schalter um und ließ ihn sich dem verweigern. „Das kann unmöglich sein. Du willst mich doch nur hereinlegen“: warf er ihr vor. Verasa schüttelte fahrig den Kopf. „Es ist die Wahrheit Tarrior. Und während wir hier reden, könnte er auf See oder an Land sonst welch unaussprechlichen Gefahren ausgesetzt sein“: widersprach sie dem. Der Dunmer wandte sich mit einer harschen Bewegung ab und blickte wieder aus dem Fenster auf eine hohe Mauer. „Mein Sohn“: hauchte er ungläubig. „Sie lügt nicht“: versuchte sein Verstand ihm klar zu machen, doch seine Gefühle ließen die Vernunft nur tröpfchenweise hindurch. Es war, als wollte man einen Ogrim durch ein Nadelöhr ziehen. Es begann ihn zu übermannen. Er spürte plötzlich eine Last auf den Schultern, die ihn regelrecht zu erdrücken drohte. „Tarrior bitte. Ich lüge nicht. Es ist die Wahrheit“: schwor Verasa und klang regelrecht flehend. Auch ihr Vorrat an emotionaler Kälte und Distanz war im Verlauf dieses Gespräches aufgezehrt worden. „Es kann einfach nicht wahr sein“: murmelte er für sich selbst, ohne das es die Dunmerin verstanden hätte. Doch er wusste, dass er sich etwas vormachte. Diese Frau sprach die Wahrheit. So unglaublich sie auch sein mochte. Er hatte nach all diesen Jahren einen Sohn. Müde massierte sich er sich die Augen. „Sieh mich wenigstens an Tarrior“: bat sie. Zwar drehte er sich daraufhin um, doch Verasa ignorierend trat er an ihr vorbei und auf den kleinen Unterschrank beim Eingang zu. Er merkte wie die Dunmerin aufstand und ihm folgte, aber einen gewissen Abstand hielt. Er entnahm dem Schrank ein Glas und stellte es auf die Oberfläche, dann goss er sich einen ziemlich starken Schnaps ein. Tarrior musste sich an dem Schränkchen mit beiden Händen abstützen. Noch immer hatte er das Gefühl, von alldem erdrückt und erschlagen zu werden. Nach einem Mal tiefen Einatmens nahm er den Schnaps zur Hand. Statt ihn zu trinken, schwenkte er die klare Flüssigkeit nur unschlüssig hin und her und stellte das Glas nach einigen Augenblicken zurück, ohne etwas zu trinken.

    Mit einem betrübten Blick, wie der Dunmer aus dem Augenwinkel heraus feststellte, beobachte Verasa ihn schweigend. Kaum hatte Tarrior das Glas wieder abgestellt, griff er sich ohne Umschweife die Flasche, setzte sie an seine Lippen und ließ den starken, brennenden Alkohol einfach in sich hinein fließen. Er schmeckte nichts davon. Das flüssige Feuer lief seine Kehle in einem Strom herunter und füllte die aufkommende Kälte in ihm, mit alkoholischer Hitze. Erst nach etwa einer halben Minute setzte er die Flasche, deren Inhalt jetzt ziemlich zusammen geschrumpft war, ab. „Wochen und Monate ohne einen Tropfen Alkohol“: dachte er wehmütig, zuckte im Anschluss innerlich mit den Schultern und nahm noch einen großen Schluck aus der Flasche. „Was soll’s?“: betäubten seine Gefühle das Gewissen, als er sich nun doch noch den Inhalt des Glases genehmigte. Dann sackte er zusammen und konnte sich gerade noch mit den Armen am Schränkchen abstützen. „Ist alles in Ordnung?“: fragte Verasa umgehend aufgeregt und besorgt. Ein kurzes Glucksen erklang, dann verwandelte es sich immer mehr in ein laut schallendes Lachen. Tarrior hörte Verasas Schritte, wie sie sich von ihm entfernte. Während er wie irre lachte, liefen ihm warme, salzige Tränen über die Wangen. „Ja es ist alles in bester Ordnung!“: brüllte er sarkastisch. „Ich war monatelang unterwegs, weil jemand es so wollte. Eine Frau taucht auf, die ich zu vergessen versucht habe und ich erfahre urplötzlich das ich seit Jahren einen Sohn habe“: sagte er sarkastisch. „Es ist wirklich alles in Ordnung“: fügte er zusammengefasst hinzu. Er vermied es, sich dabei umzudrehen, damit sie sein Gesicht nicht sehen konnte. Dann kippte es in ihm vollständig und die Kraft verließ ihn. Er sank vor dem Schrank auf die Knie. „Lass mich bitte allein“: bat er mit belegter Stimme. „Tarrior, ich…“: wollte sie sagen, doch er schnitt ihr mit einer Handbewegung das Wort ab. „Lass mich bitte allein“: wiederholte er und diesmal mit mehr Nachdruck in der Stimme. Sie nickte schweigend und verließ den Raum. Der Dunmer stand daraufhin auf, schleppte sich zur Sitzecke, legte sich auf das Polster und schloss die Augen. Nach einer Weile, in der die innere Kälte wieder die Überhand bekam und den Schmerz erstickte, schlief er ein.

    Er sah Wolken – dunkle, schwarze Wolken. Sein Körper war eingebettet in feinen, schwarz-grauen Sand. Er fühlte das sanfte Reiben der Körner an seiner Haut. Sein Blick war gen Himmel gerichtet. Vor einem dunklen grauen Hintergrund zeichneten sich diese finsteren Schwaden gut ab. Tarrior stemmte sich hoch. Die Umgebung kam ihm vertraut vor. Einsame Felsformationen, abgestorbene Bäume, Knochen und endlose Meere dieses Sandes. „Das Aschland“: erkannte er folgerichtig. Er wandte sich um, wollte wissen aus welcher Richtung die Finsternis am Himmel heran zog. Er folgte dem Verlauf und starrte in einen feurigen Schlund. Einige Augenblicke verstrichen, bis begriff, dass er nicht in eine dämonische Fratze blickte, sondern die feurige Gewalt des Roten Berges vor sich hatte. Brodelnd kochte das Magma, hell und gleißend glühte das Feuer an der Spitze und unaufhörlich türmten sich weitere dunkle Ascheschwaden auf, die über das Land zogen und die Sonne vollkommen aussperrten. Der Rote Berg war wieder erwacht. Der Zorn und die Kraft in seinem Inneren für Tarrior nur allzu deutlich zu spüren. Eine Energie die Vvardenfell verheeren konnte, sollte man sie freisetzen. Ein furchtbarer Schmerz durchzuckte ihn. Er spürte die Pein des Berges, mit dem er schon seit so langer Zeit verbunden war. Etwas quälte den Vulkan, etwas war dabei ihn zu zerstören. Irgendetwas wollte diesen Ausbruch. Die Urgewalt entfesselt von unsichtbarer Macht. Irgendetwas konnte nicht stimmen. Es taten sich Risse an den Flanken auf. Rot wie Blut pulste das Erdfeuer hervor und grub sich glühend heiß einen Weg ins Tal. Alles verbrennend, das auf seinem Weg lag. Die Flammen hielten direkt auf ihn zu. Tarrior wollte fliehen, doch es ging nicht. Er konnte seine Beine nicht bewegen. Es war als wäre er gefesselt. Voller Entsetzen musste er sehen wie das Magma mit einer unmöglichen Geschwindigkeit heranraste und ihn direkt erfasste. Das Erdblut türmte sich zu einer regelrechten Flutwelle auf und spülte über ihn hinfort. Seine Immunität gegen Feuer half ihm zunächst standzuhalten, doch die Schmerzen waren unbeschreiblich. Die Hitze nahm zu und Tarrior fühlte Knochen und Fleisch – sein gesamter Körper zu schmelzen begann. Zwischen den höllischen, flammenden Schleiern schimmerte es für einen kurzen Moment eisblau und er und die gesamte Welt um ihn herum erstarrten zu ewigem Eis. Sein Herz blieb stehen und es wurde schwarz um ihn.

    Mit einem Schrei wachte Tarrior aus seinem Alptraum auf. Sofort schien sich sein ganzer Körper zu verkrampfen. Er schnellte aus einer liegenden Position heraus in die Höhe. Kräftige, schuppige Hände packten ihn und drückten ihn mit animalischer Urgewalt zurück in die Kissen, die er nur am Rand unter seinem Kopf spürte. Mit geschlossenen Augen wehrte er sich gegen den Druck, der, so bildete er sich ein, sein Herz zermalmen würde. Er spürte weitere Klauenhände zupacken und ihn herunter drücken. Sein Widerstand erschlaffte und langsam setze Beruhigung ein. Sein Geist klärte sich und er kehrte ins Bewusstsein zurück. Noch leicht panisch riss er die Augen auf und versuchte zu ergründen, wo er sich befand. Sein Blickte irrte zunächst noch schwammig umher, bis er an zwei vernarbten, ausdruckslosen Schuppengesichert hängen blieb. Er erkannte die zwei argonischen Wächter seiner Plantage. Dann schob sich auch ein dritter Argonier in sein Sichtfeld, der ausgesprochen erleichtert wirkte. „Er ist aufgewacht“: verkündete Gilluk freudig und im Raum war erleichtertes Aufatmen zu hören. Zwischen den Gesichtern konnte er einen Blick auf den Rest des Raumes erhaschen. Er war in seinem Schlafzimmer und es hatten sich einige seiner Bediensteten versammelt, aber hauptsächlich waren es Khajiit und Argonier aus Gilluks Gefolge, die nun auch sichtlich beruhigt waren. „Was ist passiert?“: stellte er die naheliegende Frage. „Wir wissen es nicht. Wir fanden dich in der Bibliothek. Du schienst zu schlafen, doch wir konnten dich nicht aufwecken. Dann hast du dich komplett verkrampft und plötzlich wurdest du kochend heiß und wenig später eiskalt. Wir fürchteten schon, dass du sterben würdest. Alle hier waren in Sorge um dich“: klärte Gilluk ihn auf. Tarrior versuchte sich zu erinnern, doch es ging nicht. Es war wie weg geblasen. Er wusste nur noch, dass er Verasa gebeten hatte das Zimmer zu verlassen und sich dann hingelegt hatte. Er schüttelte seinen Kopf um die Benommenheit loszuwerden. Vorsichtig stemmte er sich in eine sitzende Position. Die Argonier waren jederzeit bereit zuzugreifen, wenn es nötig sein sollte.

    „Ich denke es geht wieder. Könnte mir jemand ein Glas Wasser bringen?“: bat er. Ein Khajiit war schnell unterwegs. Schweigend warteten sie, bis die Katze mit der Erfrischung zurück war. Tarrior trank es in einem schnellen Zug aus. „Ihr könnt jetzt gehen“: sagte der Dunmer in die Runde. Erst zögerlich, aber dann stetig verließen die Angestellten nun das Schlafzimmer. Zuletzt die beiden vernarbten Wächter. Schließlich war er mit Gilluk allein. „Tu mir einen Gefallen und bring Verasa her. Ich will mich mit ihr allein unterhalten“: bat er seinen Freund. Der Argonier stürmte sofort hinaus. „Was ist los?“: rief er der Echse nach, doch er war bereits entschwunden. „Seltsam“: fand Tarrior. Es dauerte etwas, da kam ein schwer atmender Gilluk mit der schwarzhaarigen Dunmerin zurück. Im Anschluss verließ er den Raum und ließ die Beiden allein. „Du hast Glück. Ich wollte gerade gehen, als dein Diener mich zurückgeholt hat“: sagte sie. Ihr Gesicht hatte sich wieder verschlossen. Die Frau hatte sich entfernt, ebenso wie er sich mittlerweile wieder verschlossen hatte. „Du wolltest gehen?“: fragte er erstaunt. Sie nickte. „Es war dir scheinbar so unangenehm deinem Sohn zu helfen, dass ich dachte du würdest sowieso ablehnen und dich lieber betrinken“: erklärte sie abschätzig. Schuldbewusst blickte Tarrior zu Boden. „Das siehst du falsch. Ich war nur… geschockt und durcheinander. Man erfährt schließlich nicht jeden Tag, dass man einen Sohn hat. Meine Reaktion tut mir Leid. Entschuldige bitte“: entschuldigte er sich. Verasa wirkte überrascht. „Achja Gilluk ist nicht mein Diener, sondern mein Freund“: warf er noch ein. „Die Entschuldig nehme ich an. Sag was willst du von mir?“: wollte sie nun wissen. „Wie gesagt du hast mich falsch verstanden. Ich werde ein Auge auf unseren Sohn haben, sobald er auf Vvardenfell eintrifft, wenn er denn wirklich auf dem Weg hierher ist. Aber ich werde nicht mehr sehr lange hier sein. Es gibt unglaublich wichtige Dinge, um die ich mich kümmern muss. Wie heißt er eigentlich?“: sagte er zu und gab sich versöhnlich. „Er hat gesagt er müsse seinem Freund helfen und das dieser Freund hierher nach Vvardenfell gekommen sei. Dann wird er gewiss hier auftauchen. Sein Name ist Tirian“: antwortete sie. „Tirian“: ließ Tarrior mehrmals in seinen Gedanken erschallen. Er hatte nun also einen Sohn namens Tirian. Plötzlich fiel ihm etwas auf.

    „Ein Heiler, auf einem Schiff, der einem Freund in Schwierigkeiten auf Vvardenfell helfen will und auch noch Tirian heißt“: ging es ihm durch den Kopf. „Nein das kann nicht sein“: dachte er ungläubig. „Du sagtest er heißt Tirian, richtig?“: fragte er noch einmal nach. Sie nickte. „Und du hast gesagt, du trägst jetzt den Namen Morvayn. Hat Tirian diesen Namen auch übernommen?“: fragte er weiter. „Ja natürlich, aber ich verstehe nicht worauf du hinaus willst“: bejahte sie. „Nein das ist doch vollkommen unmöglich“: stieß er hervor. Sie schaute ihn fragend an. „Gefällt dir jetzt sein Name nicht?“: beschwerte sie sich. „Nein das ist es nicht“: sagte er. Tirian sein Freund und Tirian sein Sohn waren wahrscheinlich ein und dieselbe Person. Irgendein Gott, irgendein Daedraprinz musste ihn wirklich sehr hassen und seine Spielchen mit ihm spielen. Das hier war an beißender Ironie schon gar nicht mehr zu überbieten, stellte sich schließlich heraus, das er seinen unbekannten Sohn bereits seit Jahren kannte und mit ihm befreundet war und das gerade erst seine persönlichen Schwierigkeiten Tirian dazu gebracht haben hierher zu kommen. Das führte schließlich dazu, dass er nun über diese Verbindung im Klaren war. Diese Geschichte war so verrückt, dass man meinen könnte, Sheogorath hätte sie geschrieben. „Das ist es nicht“: wiederholte er seine Worte noch einmal. „Du wirst es kaum glauben, aber ich kenne unseren Sohn schon seit Jahren“: fing er an zu berichten.

    Sie hörte seinen Ausführungen aufmerksam zu. Verasa bestätigte dabei Tarriors Verdacht, dass die beiden Tiriane ein und dieselbe Person waren. Sie konnte es ebenfalls kaum glauben, dass das Schicksal einen derart böses Spiel mit ihnen getrieben hat. Sie äußerte den Verdacht, dass es sich vielleicht sogar um ein Zeichen handeln könnte. Für was oder wen, wusste sie nicht. „Dann bist du wohl der Freund, dem er helfen wollte“: erkannte sie folgerichtig. Tarrior nickte. „Ich habe ihm gesagt, er solle auf sein Schiff zurückkehren und mir nicht folgen. Scheinbar hat er meine Dickköpfigkeit geerbt“: bejahte er. „Dann musst du in ziemlich großen Schwierigkeiten stecken. Er erzählte es zumindest“: schlussfolgerte sie. Tarrior machte eine wegwerfende Bewegung. „Ich bin da tatsächlich in eine üble Sache verstrickt. Deshalb werde ich auch bald ins Landesinnere aufbrechen um diese Sache zu erledigen. Das Ganze könnte also bald erledigt sein. Ich habe Tirian nicht die volle Wahrheit gesagt. Tatsächlich wurde ich von jemandem erpresst, aber mit einem anderen Druckmittel. Und jetzt ergibt sich die Chance selbst Beweise in die Finger zu bekommen um ihn auszuschalten“: erklärte er. „Ins Landesinnere? Sind da nicht die Daedra?“: fragte sie. „Genau. Deshalb wird es auch schwierig werden, aber ich muss es tun. Ansonsten bekomme ich nie wieder meine Ruhe zurück. Tirian wird vermutlich direkt hierher zu meiner Plantage kommen, da er mir ja helfen will. Wenn er hier ankommt, dann solltest du ihn darüber aufklären, dass ich sein Vater bin. Er solle hier bleiben. Ich denke, ich schaffe diese Sache bei Maar Gan schon allein“: schlug er vor. Sie nickte. „Du willst also, dass ich hier bleibe?“: wollte Verasa wissen. Er musterte die Dunmerin.

    „Auf Vvardenfell ist es gefährlich. Und dir wird er glauben. Es ist besser du bleibst hinter diesen sicheren Mauern. Aber hör bitte auf meine Bediensteten wie widerliche Sklaven zu betrachten. Sie sind frei, freundlich und loyal“: antworte Tarrior um dann noch anzufügen: „Das ändert nichts an meinen Gefühlen für dich. Es versetzt mir immer noch richtige Stiche auch nur an dich denken zu müssen. Wenn ich dir jemals verzeihen kann, dann wird es noch eine Weile dauern.“ Mit einem Nicken zeigte sie ihm, das sie es ähnlich sah. „Was mir gerade einfällt. Hätte Tirian nicht auch erkennen müssen, das ich sein Vater bin?“: kam ihn eine interessante Frage in den Sinn. Schuldbewusst schaute Verasa zu Boden. „Ich habe ihm nicht viel von dir erzählt und auch gesagt, dass du kurz vor seiner Geburt gestorben bist. Ich hielt es für das Beste“: erzählte sie kleinlaut. Ein „Hmm“ entrang sich Tarriors Kehle. „Ich denke auch, das es richtig war“: stimmte er dem knapp zu. Eine Weile herrschte Schweigen dann verabschiedete sich Verasa von ihm für die Nacht und wollte gehen. Auf der Schwelle blieb sie stehen und drehte sich noch einmal um. „Was ist das eigentlich, womit jemand dich erpressen kann?“: stellte sie eine letzte Frage. „Etwas für das ich mich nicht schäme, aber das Andere wohl nicht verstehen können. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Es tut mir leid“: wollte er auf diese Frage nicht antworten. Die schwarzhaarige Dunmerin nickte und verließ endgültig seine Gemächer und schloss die Tür. Tarrior stand vom Bett auf, auf dem er gesessen hatte, und ging zur Wand hinüber, wo er vor einem Wandteppich stehen blieb. Die Betrachtung des Teppichs konnte einen schon ziemlich verwirren, denn das Muster bestand aus in einander verschlungenen und verdrehten schwarzen Ranken auf rotem Grund. In diesem Wirrwarr waren Symbole des Sechsten Hauses versteckt ebenfalls eingewebt. Bei der kurzen Betrachtung schoss ihm das Gesicht einer rothaarigen, bretonischen Heilerin durch den Geist – nur kurz. Er schob den Teppich etwas zur Seite und legte eine Tür frei, durch die er hindurch trat.

    Er fand sich in seinem Kultraum wieder. Alte Kohlebecken im Dagoth-Stil standen an den Wänden. Sie waren erloschen. Mit einem kleinen Feuerball entzündete er eine von ihnen. Sie enthüllte, was sich sonst noch in dem Raum verbarg. Ein Glockenspiel, samt zwei Totems, die es flankierten, bildeten die Mitte das Raumes. An der gegenüberliegenden Wand war der eigentliche Altar aufgebaut. Es handelte sich dabei um einen Triolithen aus schwarzem Stein mit feinen Schnitzereien und roten Verzierungen, in dessen großen Einkerbungen sich Kerzen befanden. Auf dem Triolith stand eine sehr prachtvolle Aschestatue mit einem großen, roten Edelstein mitten in der Stirn. Aus einem kleinen Schrank zu seiner Rechen nahm er eine einfache rote Tonschale und stellte sie auf einen kleinen Tisch neben dem Altar. Aus einem kleinen Säckchen schüttete er ein moosgrünes Pulver und schichtete es in der Schale zu einem Häufchen auf. Es bildete sich eine kleine Flamme zwischen seinem Daumen und Zeigefinger, mit der er das Pulver entzündete. Augenblicklich verströmte es einen eigenartigen, aber doch zu gleich anregenden Geruch im Raum. Tarrior schloss die Tür und setzte sich im Anschluss im Schneidersitz vor den Altar. Dann begann er zu meditieren. „Die Anderen würden es nicht verstehen“: gingen ihm dabei die eigenen Worte nochmals für einen Moment durch den Kopf. Dann versenkte er sich in mentale Leere.

  9. #249

    Skingrad

    Erynn legte das Kohlestück wieder weg. Sie setzte sich mit dem Rücken zum Eingang des Raumes, Parwen gegenüber, und zog bedächtig ihre Lederhandschuhe aus. „Die beiden habe ich erwischt, als sie gerade vom Nahrung sammeln zurückkamen. Aber den Clan an sich wird das nicht allzu hart treffen. Man müßte in die Höhle gehen und das ganze Nest ausräuchern, wenn wir diese Plage irgendwann in den Griff bekommen wollen. Vor allem um die alte Mine an der Straße, in der Nähe des Friedhofes, sollte sich jemand kümmern. Dort werden am häufigsten Leute von den Viechern erwischt.“
    Parwen stützte das Kinn in beide Hände: „Jemand“, fragte sie mit einem spöttischen Funkeln in den Augen. „Heißt das, du selbst willst deine Nase nicht in diese Stollen stecken?“ Erynn verdrehte die Augen. „Komm schon. Ich bin Bogenschützin, genau wie du. Für so eine Aktion bräuchte man am Besten vier schwergerüstete Orks, die mit Streitkolben bewaffnet durch die Gänge stürmen und alles plattwalzen, was ihnen vor die Füße kommt.“ Die Bosmer grinste bei dem Bild, das sich hinter ihrer Stirn formte. „Ich sehe gerade vier eingedoste und wütende Orks vor mir, die alle gleichzeitig durch einen engen Stollen trampeln und dabei stecken bleiben. Nein, man müßte das schon etwas intelligenter angehen.“
    Erynn lehnte sich weit nach rechts und öffnete die Klappe eines windschiefen Schranks, der unter dem Fenster stand. Sie nahm sich ein Bier heraus und öffnete die Flasche, indem sie ihren Dolch als Hebel benutzte. „Ist es dafür nicht noch etwas zu früh?“
    „Wieso? Bist du jetzt meine Mama, Parwen?“ Sie ließ den Dolch wieder in ihrem rechten Stiefel verschwinden. „Außerdem bin ich schon seit lange vor Sonnenaufgang wach. Für mich ist es bestimmt schon Nachmittag.“
    „Ja, ja.“ Jetzt war es an Parwen, die Augen zu verdrehen. „Es wäre schlauer, zwei Magier am Eingang zu plazieren, die Feuerbälle mit Flächenwirkung in den Stollen schleudern. Ein halbes Dutzend Bogenschützen, in einem Halbkreis vor der Höhle verteilt, könnte sich dann um die Goblins kümmern, die noch herausgekrochen kommen.“
    Die Dunkelelfin nahm einen Schluck von dem Bier. „Wo willst du denn zwei Magier herkriegen? Aus der Gilde? Daß ich nicht lache! Eine kombinierte Aktion mit denen würde sicherlich schon daran scheitern, daß sie sich ihre feinen Roben nicht schmutzig machen wollen...“ Die beiden grinsten sich an. Der gegenseitige Spott gehörte zum Habitus beider Gilden. Vergeistigte Bücherwürmer gegen minderbelichtete Haudraufs. So war es schon immer gewesen, so würde es immer sein, und beiden Seiten würde ernstlich etwas fehlen, sollte sich das jemals ändern.
    „Wie dem auch sei: Wer bliebe sonst noch übrig? Allenfalls die Legionskampfmagier. Die Jungs sind wirklich hart im Nehmen, aber bis das Militär uns welche von denen freistellt, sind sogar wir beide alt und grau. Außerdem... die kaiserliche Administration schickt keinen von der Elitetruppe, um ein paar Gobbos zu töten. Schon gar nicht in diesen Zeiten.“ Sie starrte kurz ins Leere. „Nein, das ist alles Spinnerei. Ich weiß nur, daß ich nicht versuchen werde, mich allein durch einen Goblinbau zu schnetzeln. Ich würde wohl als Spießbraten für die nächste Clanfete enden, oder sowas ähnliches.“
    Parwen seufzte resigniert: „Zumal ganz Tamriel zur Zeit andere Probleme hat. Ein toter Kaiser, die ungeklärte Thronfolge und nicht zuletzt diese seltsamen Tore, die überall aus dem Nichts auftauchen. Schauderhaft, sag ich dir.“
    „Hast du schonmal eins gesehen?“
    „Mhm.“ Parwen griff nach der Bierflasche und nahm einen kräftigen Zug. „Hier in der Westebene, ungefähr auf halber Strecke zwischen Skingrad und dem, was von Kvatch noch übrig ist. Es steht einfach da, mitten in der Wildnis. Ich hab nur die Beine in die Hand genommen und bin gerannt.“ Die Stimme der Waldelfin war leise geworden, und ihre Augen blicken auf ein Bild, das die Andere nicht sehen konnte. Schließlich schüttelte sie sich, um die Erinnerung zur Seite zu schieben. „Ich sage dir, wenn ich die Wahl hätte, in so ein Ding zu gehen oder in einen Goblinbau – ich würde die Goblins wählen.“
    Die Dunkelelfin nickte. Die Bosmerin war eine kluge und umsichtige Kämpferin, und man konnte sich auf ihre Einschätzungen verlassen. Sollte sie selbst einmal auf solch ein Tor treffen –und angesichts der Situation war das nicht ganz unwahrscheinlich- würde sie mehr als vorsichtig sein. „Ich habe noch ein paar Sachen zu erledigen“, gab sie ihrer Freundin zur Antwort. „Wir sehen uns später. Vielleicht rede ich demnächst mal mit Ah-Malz. Die Tore ändern auch nichts daran, daß Reisende an der Straße von Goblins angegriffen werden, und das wirft ein schlechtes Licht auf die Gilde. Sowas können wir uns nicht leisten.“

    Sie griff nach ihren Handschuhen und ging nach oben. Hier bewohnte sie ein kleines Zimmer unter dem Dach, das ihr ein wenig Privatsphäre bot. Sie warf die Handschuhe auf das Bett, Schwert, Bogen und Köcher folgten. Dreizehn Pfeile waren noch übrig. Ich sollte mir ein paar neue besorgen, diese hier werden nicht mehr lange reichen. Und dann muß ich mich dringend nach einem Auftrag umsehen, der ein paar Septime in meine Kasse spült. So langsam wird es knapp. Wenn der Graf uns wenigstens die abgeschossenen Goblins bezahlen würde, wäre mein Leben um einiges leichter.
    Sie dachte kurz zurück an ihr Elternhaus in Cheydinhal. Da war alles irgendwie unkomplizierter gewesen, und sie hatte sich nie Gedanken machen müssen, wo sie Geld für Ausrüstung und Essen herbekam. Von den Kosten für das Pferd ganz zu schweigen. Aber sie wollte nicht wieder dorthin. So langsam, mit zweiundfünfzig Jahren, war sie irgendwo zwischen halbstark und erwachsen, und Cheydinhal war zu eng für sie geworden. Nein, es ist schon alles gut so, wie es ist. Bedächtig löste sie die Schnallen des Schulterschutzes und des Lederharnischs, beugte sich vor und wuchtete die Rüstungsteile über ihren Kopf, bevor sie diese ordentlich auf den Rüstungsständer hängte, der neben einem kleinen Sekretär in einer Ecke des Raumes stand. Nur gut, daß ich keinen Kettenpanzer trage... Erynn setzte sich aufs Bett, zog mit einiger Mühe die Stiefel aus und schnallte die Beinschienen ab. Sie schnüffelte prüfend an der leinernen Kleidung, die sie unter der Rüstung trug, und entschied sich dafür, sich umzuziehen. Wenn das Wetter warm blieb, würde sie heute Abend in dem kleinen Teich hinter dem Surilie-Weingut ein Bad nehmen. Wenn nicht, würde sie eben noch einen Tag länger stinken. Den Zuber aufzustellen und eimerweise Wasser zu erhitzen würde Stunden dauern, und das war ihr heute definitiv zu anstrengend.
    In der Kleidertruhe am Fußende des Bettes wühlte sie nach etwas Passendem zum Anziehen, und entschied sich schließlich für ein dunkelgrünes Hemd und einen langen Rock aus hellbraunem Leinen. Als sie die alten Kleider ablegte, sah sie an sich herunter. Ihre Beine und Arme waren schlank, wenngleich sich die durchtrainierte Muskulatur deulich abzeichnete. Ihr Bauch war flach; leider galt das ebenso für den Bereich darüber. Ob sich das irgendwann nochmal ändert? Eigentlich wäre ich gern weniger... eckig. Verwundert über sich selbst schüttelte sie der Kopf. Vor einem oder zwei Jahren hätte sie sich niemals Gedanken darüber gemacht. Seufend legte sie Rock und Oberteil an und schlüpfte in weiche Hirschlederschuhe. Eine kurze Überprüfung ihres Geldbeutels ergab ein Gesamtvermögen von dreiundsiebzig Septimen, nicht allzu viel, wenn sie auch noch Pfeile kaufen wollte.

    Erynn begab sich wieder nach unten. Im Vorbeigehen grüßte sie den Portier, dann verließ sie das Gildenhaus und wandte sich nach rechts. Ihr Ziel war die Herberge der „Zwei Schwestern“, wo sie zu Mittag essen wollte. Die Herberge „Zur Westebene“ war ihr zu teuer, außerdem fand sie die Wirtin seltsam.
    Sie stieg die steinerne Treppe zum Eingang des „Zwei Schwestern“ hoch und betrat die Taverne. Hier fand sie sich auf einer Empore wieder, von wo aus sie in den Schankraum hinunterschauen konnte. Durch die leicht rauchige Luft erkannte sie, daß der Laden gut gefüllt war. Viele Leute nahmen hier ihr Mittagessen ein, bevor sie sich weiter ihren Pflichten widmeten.
    Die Elfin schlenderte die Treppe herunter und zur Theke, wo sie bei der Wirtin Mog gra-Mogakh etwas gebratenes Wild und Salat bestellte. Die gut gelaunte und redselige Orkfrau versprach, sich schnellstmöglich darum zu kümmern, und schob Erynn ungefragt eine Flasche Wein über den Tresen. „Das geht aufs Haus, Kleines“, sagte sie mit ihrer dunklen, kräftigen Stimme. Es war billiges Zeug, aber die Kämpferin wußte die Geste dennoch zu schätzen und bedankte sich mit einem warmen Lächeln. Sie hatte sich vor nicht ganz einem Monat um ein paar Riesenratten in Mogs Keller gekümmert, und die beiden Frauen waren ins Gespräch gekommen. Da die eine genauso gerne quasselte wie die andere, war es ein langer Abend geworden, an dem Erynn eine neue Freundin gewonnen hatte. So nahm sie die Flasche als ein zusätzliches Dankeschön und setzte sich an einen freien Tisch, um auf ihr Essen zu warten.
    Währenddessen lauschte sie den Gesprächen in dem Lokal. Es ging, wie so oft in letzter Zeit, um den mysteriösen Mord am Kaiser, die seltsamen Tore, die anstehende Weinlese. Leider konnte sie keinen Hinweis aufschnappen, der sie vielleicht zu einem einigermaßen gut bezahlten Auftrag führen würde, wenn sie nicht gerade als Erntehelferin arbeiten wollte. Sie beschloß, später zur Burg Skingrad zu gehen und zu fragen, ob nicht vielleicht irgendjemand einen Boten oder Geleitschutz benötigte. So käme sie auch mal wieder für längere Zeit aus der Stadt hinaus, und auch Falchion würde die Bewegung gut tun.
    Schließlich kam Mog an ihren Tisch und brachte die Mahlzeit. Sie nahm sich die Zeit für ein Schwätzchen mit der Elfin, erzählte von der neuen Küchenhilfe, die zwar dumm sei wie ein Scheffel Roggenschrot, aber fleißig und freundlich. Im Gegenzug erzählte Erynn zwischen einzelnen Bissen von der Goblinjagd am frühen Morgen und ihrer Suche nach Arbeit. Mog schüttelte bedauernd den Kopf. „Ich habe leider keine Ratten mehr, die du jagen könntest. Aber das weißt du ja selbst am besten. Übrigens: Alle meine Gäste waren sehr angetan von dem Eintopf, den ich am darauffolgenden Tag serviert habe“, sagte sie mit einem verschwörerischen Augenzwinkern. Erynn grinste. Aus irgendeinem Grund hatten die Leute in Cyrodiil ein Problem damit, Rattenfleisch zu essen. Bei ihr zuhause hatte es solcherlei Gerichte allerdings recht häufig gegeben; ihre Mutter hatte da einige großartige Rezepte aus Vvardenfell mitgebracht. Das einzige Problem war, daß man nach dem Genuß des fettigen Fleisches regelmäßig im Freßkoma lag.
    Nachdem sie mit dem Essen fertig war, bezahlte sie ihr Essen und verabschiedete sich von der Wirtin. Die Flasche mit dem Wein nahm sie mit. Vielleicht hatten am Abend ein paar Leute in der Gilde Lust auf einen gemütlichen Abend, dann könnten sie das Zeug gemeinsam niedermachen.


    Um zehn Septime ärmer, dafür mit gut gefülltem Magen, verließ sie das „Zwei Schwestern“. Sie nahm einen Umweg und schlenderte an der Kapelle vorbei, über die Brücke, welche sich über Skingrads Durchgangsstraße spannte, zu Agnetes Schmiede. Ein Blick auf den Sonnenstand sagte ihr, daß es langsam so spät sein dürfte, daß die trinkfreudige Nordfrau ihren Kater überwunden haben und mittlerweile schon wieder gut dabei sein dürfte. Erynn war egal, wie viel sie soff, sie war die verdammt noch mal beste Schmiedin diesseits der Valusberge! Und sie kannte sich auch mit Pfeilen aus.
    Ihr Besuch im „Hammer und Zange fiel kurz aus. Agnete hatte gerade keine fertigen Eisenpfeile vorrätig, versprach aber, der Dunmerin bis zum Abend fünfundzwanzig Stück davon herzustellen. Sie einigten sich auf einen Preis von fünfzig Septimen. Dazu kaufte Erynn noch eine Rolle gewachstes Garn. So langsam wird es wirklich knapp. Ich gehe am besten gleich zur Burg. Hoffentlich braucht dort jemand einen Boten oder Söldner, sonst muß ich mich für die nächsten Tage auf Kosten der Gilde durchfressen. Das wär mir echt peinlich.

    Von der Tür zur Schmiede wandte sie sich direkt nach Süden zur Burg Skingrad, die außerhalb der Stadt auf einer Anhöhe stand. Die hohe Brücke zum Burgtor war von Feuerschalen gesäumt, was selbst am hellichten Tag beeindruckend wirkte. Des Nachts war es geradezu überwältigend. Am Tor gab sie sich bei dem diensthabenden Wächter als Mitglied der Kriegergilde zu erkennen, und er ließ sie eintreten, nachdem er ihre kleine Gestalt einer mißtrauischen Musterung unterzogen hatte. Ja, verdammt. Ich bin kein Schrank, aber das heißt nicht, daß ich nicht kämpfen kann, Blödmann. Die Elfin stapfte das kurze Stück zum Ratssaal hoch. Unterwegs fragte sie sich, warum sie in letzter Zeit so gereizt reagierte, wenn jemand sie intensiver ansah. Sie zuckte mit den Schultern und schob sich eine schlohweiße Haarsträhne hinter das spitze Ohr, dann trat sie in die große Halle.
    Eine Argonierin in grünem Gewand trat auf sie zu, kaum daß sie das wuchtige Portal hinter sich geschlossen hatte. Sie stellte sich als Hal-Liurz vor und erkundigte sich nach Erynns Wünschen. „Mein Name ist Erynn Releth, meine Dame“, erwiderte sie. „Ich bin Mitglied der Kriegergilde und auf der Suche nach Arbeit. Sagt, gibt es etwas, womit ich der Stadt Skingrad zu Diensten sein kann?“ Die Argonierin überlegte einen kurzen Moment, während sie die Dunmerin abschätzend musterte. „In der Tat“, antwortete sie dann. „Ihr kommt zur rechten Zeit. Ich werde Euch zwei Botschaften mitgeben, die für die Administration von Bravil bestimmt sind. Bitte wartet hier einen Augenblick, während ich die Schriftstücke hole.“
    Mit diesen Worten drehte sie sich um und verschwand in den Tiefen des Schlosses. Erynn stand derweil etwas verloren neben dem Eingang herum und hoffte, daß die Frau sich beeilen würde. Die schiere Größe des Herrschaftssitzes machte sie nervös.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit kehrte Hal-Liurz zurück und übergab ihr zwei versiegelte Schriftrollen. „Es reicht, wenn ihr morgen früh aufbrecht“, verkündete sie der Bogenschützin. „Es ist zu nichts nutze, wenn Ihr Euch des Nachts im Großen Forst überfallen laßt und die Nachrichten verloren gehen. Sorgt nur dafür, daß sie sicher in Bravil ankommen. Andernfalls könnt Ihr Euch auf mehr Ärger einstellen, als Euch lieb ist. Vergeßt das niemals.“ Sie drückte Erynn einen kleinen Beutel in die Hand. „Hier drin sind fünfzig Septime für Ausgaben, die Ihr auf Eurer Reise haben mögt. In Bravil wird man Euch ein Antwortschreiben mitgeben. Liefert das hier ab, und Ihr erhaltet die Bezahlung für Euren Dienst.“ Sprachs und verschwand.

    Fluchtartig verließ die Dunkelelfin die Burg. Sie war wirklich froh, als sie wieder auf der Brücke stand und frische Luft atmete. Die ganze Atmosphäre aufgesetzter Wichtigkeit hatte sie verwirrt und verunsichert; hinzu kam Hal-Liurz eindringliche Warnung, den Auftrag nicht zu versauen. Allerdings fühlte sie sich hier, unter freiem Himmel, schon wieder bedeutend wohler. Natürlich sorge ich dafür, daß dein Wisch sicher ankommt. Was denkst du denn, daß ich damit aus Versehen ein Feuer anzünde, oder was?
    Sie ging zurück zum Gildenhaus. Den Abend würde sie wohl hauptsächlich damit verbringen, ihre Ausrüstung zu überprüfen und für den kommenden Tag zu packen. Zwischendurch mußte sie noch ihre Pfeile abholen. Am folgenden Tag wollte sie bei Sonnenaufgang bereits auf dem Weg nach Bravil sein.

  10. #250

    Grenznähe; Cyrodiil -> Morrowind

    Anschluss an die Handlung von "Von Ruinen, Skamps und anderen Gefahren".



    Arranges war die ganze Nacht durchgeritten und befand sich, als die Sonne aufging schon wieder in den etwas milderen Gefilden des Nordens. Die Landschaft war immernoch alles andere als lebensfreundlich, aber hin und wieder kreuzten kleinere Gruppen Rehe seinen Weg und stellenweise sah man braunes Gras die Schneedecke durchbrechen. Auch der ein oder andere wenigstens zum Teil grüne Busch oder Strauch war zu sehen. Der Kaiserliche hatte nicht den direkten Weg eingeschlagen, ritt aber dennoch recht zielstrebig an den Ort, zu dem er in der letzten Nacht gerufen wurde.

    Der Nekromant war auch die folgenden drei Tage unbehelligt unterwegs. Er schlug den Weg nach Osten ein, als er die eisigen Hochebenen der Jerallberge hinter sich gelassen hatte und überquerte am vierten Tag die Grenze zu Morrowind zwischen den Hängen der Valusberge im Osten Cyrodiils und dem Massiv der Jerallketten im Norden und Nordosten. Die Hänge nahmen schnell ab, als er über die wenigen Pässe in das Heimatland der Dunmer kam und schon bald fand er sich in weitläufigen Steppen, karg bewachsen, mit mäßigem Klima, wieder. Er ritt einen Tag nach Norden. Die Vegetation nahm immer mehr ab, bis sie schließlich nur noch aus Sträuchern und borstigem Gras zu bestehen schien.

    Es war eigentlich meistens ein gut geratener und oft falsch eingeschlagener Weg dorthin. Eigentlich befand sich der von Arranges gesuchte Ort gar nicht so weit von der Grenze Cyrodiils entfernt, aber die weitläufigen Landschaften ließen das ganze Bild so wirken, als befände er sich mitten im Nirgendwo. Der einzige Orientierungspunkt waren die Silhouetten der mächtigen Gebirge zu seiner Linken, die in Cyrodiil in die Jerallberge überliefen. Es dämmerte schon und die Sonne schickte gerade ihre letzten Strahlen durch den wolkenverhangenen Himmel, als der Kaiserliche in einiger Entfernung ein Gebäude aufragen sah. Es war ein etwas wuchtig wirkender Bau, mit einer recht stabil wirkenden Mauer um das kleine Grundstück. Ein Haus ganz aus Bruchtsein, welcher außen mit Lehm verputzt war. Ein etwas unregelmäßiger Bau mit kleinen Fenstern, welche sich leicht nach außen wölbten und grün schimmerten, wenn die Sonne darauf schien. Die Mauer führte etwas kantig um das ganze Gebäude herum und öffnete sich mit einem Tor direkt gegenüber der Eingangstür des Hauses. Das Anwesen hatte einen kleinen Anbau, aus dem Arranges, als er in den recht großen Hof einritt, schon das Wiehren zweier Pferde vernahm. An einer Seite des Hauses war eine Art Turm angebaut. Eckig und etwa einen Stock höher, als das Wohngebäude. Das Seltsame an dem ganzen Gemäuer war allerdings, dass überall ein anständiges Satteldach zu fehlen schien. Sowohl das Dach des Turms, als auch das Dach des Hauses waren flach und eben. Das ganze Anwesen sei im Stil eines Adelshauses auf der Insel Vvardenfell errichtet worden, wie man Arranges vor vielen Jahren mal gesagt hatte. Er hatte nicht weiter danach gefragt, ihn wunderte nur die doch eher seltsame Architektur, aber andererseits, war sie auch interessant anzuschaun.

    Arranges schaute sich einen Moment um, dann stieg er aus dem Sattel. Kaum hatten seine Füße auf dem sandigen Boden aufgesetzt, trat auch schon jemand aus dem stallartigen Anbau. Es war der Botschafter. Aber jetzt, da er sich im eigenen Territorium befand und nicht Arranges im Geheimen aufsuchte, war der Riese unverhüllt. Ein Dreughpanzer umgab den Torso, Beine und Arme waren von einer Rüstung bedeckt, welche auf Vvardenfell hergestellt wurde. Man nannte es Netchleder, das Material, aus welchem die leichte Rüstung bestand. Der Kopf war frei. Um die Hüfte schlang sich ein breiter Gürtel, ähnlich dem, den Arranges besaß. Ein stabiler Lastgürtel aus Leder. An der rechten Seite hingen zwei Dolche aus einem weißen Material, es waren sogenannte Chitindolche. Anscheinend aus den Panzern riesiger Insekten oder Käfern gefertigt, welche es auf Vvardenfell geben solle. An der linken Seite baumelte ein nordisches Langschwert. Und als wäre das nicht genug, sah man auf dem Rücken einen Köcher mit Pfeilen und einen Kurzbogen hängen. Der Botschafter war bewaffnet bis an die Zähne und selbst wenn das Schwert brechen, die Dolche stumpf werden würden oder ihm die Pfeile ausgehen sollten, so sagte man Arranges, verfügte dieser barbarisch wirkende Mann über ein enormes Spektrum an magischem Wissen, auf welches er zurückgreifen konnte. Das Gesicht war überhaupt etwas, von dem man nur schwerlich den Blick wenden konnte. Waren die schaufelartigen Pranken mit den zahlreichen Narben des Hünen schon furchterregend, so setzte das Gesicht dem Ganzen Anblick die Krone auf. Der Kopf war kahl geschoren, nur am Kinn war ein leichter, brauner Ansatz eines Ziegenbärtchens zu erkennen. Die Haut am ganzen Kopf wies einige Pockennarben auf. das linke Ohr war nur noch zur Hälfte vorhanden, es wirkte, als hätte etwas sehr hungriges hineingebissen. Das rechte Auge war nur noch eine weiße, reglose und blinde Kugel. Das andere Auge funkelte in einem satten Giftgrün. Über das gesamte Gesicht verliefen schräg, drei parallele, breite Narben. Es handelte sich um einen Nord. Er öffnete den Mund um Arranges zu begrüßen. Sah man die Zahnreihen dieses Mannes, fühlte man sich irgendwie an den Rachen eines Wolfes erinnert. Die Eckzähne des Oberkiefers traten unnatürlich weit vor und liefen genauso bizarr spitz zu. Die untere Zahnreihe war weitestgehend normal. Die Stimme, welche bellend und stürmisch zugleich klang, auf der anderen Seite aber brodelte wie eine heiße Quelle und dazu einem noch einen kalten Schauer über den Rücken jagte, als würde man Nackt auf dem höchsten Gipfel stehen, drang an die Ohren des zwei Köpfe kleineren Kaiserlichen: 'Arranges, schön euch zu sehen, endlich seid ihr da!' Zweifelsohne war dies ehrlich freundlich gemeint, aber bei so einem verzerrten Ton fiel es oft schwer, dies auch so zu verstehen. 'Ich hoffe, der Meister musste nicht zu lange warten.' Gab Arranges zurück, während er die ihm gereichte Hand des Botschafters schüttelte.
    'Aber nein, er hat doch immer genügend zu tun... nichts desto trotz wird es ihn ungemein freuen, mal wieder ein paar Worte mit euch wechseln zu können. Gebt mir euer Pferd und geht schonmal ins Haus, ich komme sofort nach.'
    Es war immer wieder seltsam, auf den Botschafter zu treffen. Wenn er Arranges aufsuchte um ihm Nachrichten zu übermitteln, wirkte er stets kühl und berechnend, aber nicht unfreundlich. Jetzt, da er ihm aber tatsächlich in die Augen oder vielmehr in das Auge blicken konnte, während er mit ihm sprach, kam es Arranges immer so vor, als wären sie langjährige gute Freunde und pflegten einen lockeren Umgang miteinander, wann immer sie sich trafen.

    Der Nekromant ging auf die Tür zu, welche recht tief in die Wand eingelassen war. Er drückte leicht dagegen, sie war nicht verschlossen und schwang leicht und ohne Quitschen oder Knarren nach innen auf. Vor ihm eröffnete sich das große, gemütlich eingerichtete Wohnzimmer, welches im Erdgeschoss fast den ganzen Raum des Hauses einnahm und eher mit der Empfangshalle eines kleineren Herrenhauses zu vergleichen war. Die Wand gegenüber der Tür wurde vollständig von Bücherregalen eingenommen. An der Wand rechts von Arranges war mittig eine Feuerstelle an der Wand, welche wohl mit einem klassischen Kamin vergleichbar war. Der Boden war mit gewobenen Teppichen ausgelegt. Links führte eine Treppe nach oben und daneben eine nach unten, welche allerdings mit einer Tür am Treppenansatz versehen war. An der Wand, welche nach außen die Front des Hauses bildete, war nahe der Feuerstelle, eine Art Sitzecke eingerichtet. Um einen recht niedrigen Tisch herum, lagen dicke Sitzkissen auf dem Boden. Als der Kaiserliche weitere Schritte in den Raum tat, hörte er es im Keller kurz poltern. Wenige Sekunden später vernahm er das leise Aufschwingen einer Tür hinter sich und kurz darauf drang die typische raue Stimme eines Dunkelelfen zu ihm in den Raum. 'Arranges? Ihr seid ja doch noch recht schnell hier angekommen. Sehr gut!' Arranges drehte sich um und vor ihm stand ein nur wenig größerer Dunmer. Gekleidet in geschnürte Sandalen, eine dunkelblaue Kniehose und ein braunes Hemd. Das Gesicht war schmal, aber fein geschnitten. Die Augen leuchteten intensiv und komplett rot. Auf dem Kopf war ein ausfallender, grau melierter Irokesenschnitt zu sehen. An einem der spitzen Ohren hing ein golden glänzender Ring. 'Meister...' Arranges wollte die Ehrung des Meisters gerade fortführen und sich verneigen, als der Dunmer auf ihn zukam und dies verhinderte, indem er ihn an den Schultern packte und wieder hochzog. 'Lasst doch den Quatsch! Ich habe einen Namen und soweit sind wir doch auch schon, dass ihr es nicht mehr nötig habt, euer Haupt vor mir zu verbeugen...' Meinte der Dunmer gespielt ernst und lächelte. Arranges erwiederte das Lächeln. 'Nun... Jurano... ich freue mich ebenfalls, wiedereinmal Gast bei euch sein zu dürfen.' Der Dunmer nahm die Hände von den Schultern des Kaiserlichen. 'Ihr seid bestimmt erschöpft? Das Gästezimmer oben wäre frei, wenn ihr euch also einen Moment der Ruhe gönnen wollt und euch umziehen wollt, könnt ihr das noch tun... Yuphaistos hat schon begonnen das Mal für den Abend zu bereiten...'
    'Sehr gerne...' Arranges wandte sich ab und ging die Treppe hoch, er kannte sich aus und musste daher nicht wirklich suchen oder überlegen. Er betrat das Zimmer, welches etwa ein Drittel so groß war, wie das Erdgeschoss. An einer Wand stand ein komfortables Bett und eine Komode, dem gegenüber standen ein Tisch mit Stuhl. Auf dem Tisch befanden sich eine Waschschüssel und ein paar Tücher. Wie immer... Dachte Arranges und entledigte sich seiner Sachen. Er wusch sich den Staub und den Schweiß der vergangenen Tage vom Körper und zog dann Kleidung aus der Komode an. Eine schwarze Kniehose, darüber eine etwas weitere dunkelblaue Hose und der Oberkörper wurde von einer dunkelgrauen Tunika bedekt. Die Stiefel ließ er stehen, er ging barfuß nach unten.

    Jurano erwartete ihn schon und sie setzten sich an den niedrigen Tisch. Keine fünf Minuten später betrat der Hüne wieder das Haus, warf den beiden sich Unterhaltenden einen kurzen Blick zu und verschwand dann nach unten. Wieder einige Munten später kam er nach oben, mit beiden Händen einen etwas größeren Topf vor sich hertragend. Diesen stellte er auf dem Tisch zwischen den beiden ab und holte dann aus einer Glasvitrine noch zwei Suppenteller aus Keramik, sowie das dazugehörige Besteck. 'Du kannst dann für heute deinen Dienst beenden Yuphaistos... komm nachher zu uns und hab Teil am Gespräch...' Sagte der Dunkelelf freundlich und blickte zu dem Hünen auf. 'Gerne...' Meinte der Nord und entfernte sich.

    Kurze Zeit später kam er zurück, nun ohne Waffen und ähnlich gekleidet wie Arranges und Jurano. Sie nahmen zusammen das Essen ein und erzählten einander die wichtigsten Neuigkeiten, die jeder mitbrachte. Arranges erzählte von den Zitternden Inseln und was er danach tat. Jurano hörte interessiert zu, warf hin und wieder einen Kommentar ein und fragte etwas. Das Ganze geschah in einer freundlichen und netten Atmosphäre ohne Spannungen oder ähnlichem. Als der Kaiserliche geendet hatte, schwieg Jurano kurz. 'Du wisst, dass das der Gathering auch beigebracht werden will?'
    'Nun... ja... Yuphaistos ist einem längeren Spaziergang sicher nicht abgeneigt.'
    'Natürlich nicht, euch zweimal in einer Woche in Anvil aufzugabeln hat mich damals auch nicht gestört...'
    'Das ist es nicht.' Warf Jurano ein und zwang sie durch ausbleiben seines Grinsens zu ein wenig mehr Ernst. 'Die Gathering ist sich bei dir nicht mehr sicher, sie wollen es von dir persönlich hören Arranges.'
    Der Kaiserliche stutzte. Zu der Gathering zu sprächen war in etwa so, als würde man versuchen wollen, einen Troll mit einem Zahnstocher zu erschlagen. Man kam in jedem Fall gebrochen und gedemütigt wieder heraus und hatte noch Tage später Alpträume. 'Aber warum?'
    'Sie ziehen es in Erwägung, das Kaltblutritual mit euch aufzufrischen...' Jetzt gefror sogar die Mine des Nords und er sog scharf die Luft ein. Arranges zuckte bei der Nennung des Rituals zusammen und sah etwas verunsichert zwischen seinen beiden Gesprächspartnern hin und her. 'Wie kommt die Gathering darauf, das bei mir zu machen, ich habe mich vor fünf Jahren dabei doch mehr als genug bewiesen?!'
    'Die Tatsache, dass du so lange Zeit mit einer Frau unterwegs warst und sie sogar noch deinem Pferd... vorgezogen hast, sieht die Gathering nicht so locker, wie ich es getan hätte... du weisst, was für ein Rahmenbild sie von ihren Mitgliedern haben... Keine Gnade, kein Erbarmen... kein Gefühl!'
    'Ja, aber ich würde jetzt vermutlich als Asche eines Verbrannten Ketzers irgendwo im Wind treiben, hätte ich damals versucht mein Reittier zu verteidigen...'
    'Das weiss die Gathering auch, aber sie denken, dass sich in deinem Unterbewusstsein etwas dafür entschieden hat, mit ihr zu gehen... deswegen wird euer Ritual wahrscheinlich wiederholt, um eine konstante Verrohung zu gewährleisten... Ich habe auch versucht, sie von diesem Gedanken abzubringen, aber ich bin Meister und kein Gatheringmitglied... Wir sollten uns nun schlafen legen, es ist schon spät und sie erwarten uns schon morgen Abend...' Morgen Abend?! Bei so einer Strecke?! Die sind wohl nicht mehr ganz bei Trost...

    Sie legten sich nur wenig später schlafen. Am nächsten Morgen erwachte Arranges schon recht früh. Er behielt die neue Kleidung an und legte seine Ausrüstung darüber, dann trat er nach unten. Jurano war schon zugegen. 'Für ein Frühstück bleibt leider keine Zeit, wir müssen direkt aufbrechen, Yuphaistos hat die Pferde bereits gesattelt und wartet im Hof.' Der Dunkelelf hatte sich ebenfalls ordentlich ausgerüstet, er trug jetzt eine Glasrüstung - ohne Helm, er war etwas eitel, was seine Frisur anging - im Stil von Vvardenfell. Sie saßen kurz darauf in den Sätteln und ritten nach Süden davon. Yuphaistos blieb allein auf dem Anwesen zurück.
    Geändert von KingPaddy (07.07.2011 um 19:16 Uhr)

  11. #251

    Südöstliche Grenzgebiete Cyrodiils

    Sie waren knapp zwei Tage nach Süden unterwegs. Am Vormittag des zweiten Tages erreichten sie die dichten Wälder, welche noch weiter südlich in die Sümpfe von Schwarzmarsch übergingen. Es war bereits dunkel, als sie vor sich zwischen den relativ licht stehenden Bäumen, ein großes Jagdhaus aus dem Wald auftauchen sahen. Eine massige Hütte, mit einem etwas kleineren Schuppen, nur wenige Meter weiter. Das Gebäude war ohne Brunk und Zierde und hatte nur ein Erdgeschoss. Das Dach war aus dunklen, hölzernen Schindeln und etwas flacher aufgesetzt. Dunkle Fenster und eine breite Tür waren in der Front zu erkennen. Als Arranges und Jurano näher kamen, erkannten sie etwas entfernt, nahe einem Dickicht im Wald, zwei Pferde stehen. Sahen sie noch genauer hin, konnten sie einige Meter weiter, nochmal ein Pferd sehen. Alles recht stattliche Tiere. 'Wir sind also nicht die Ersten...' Bemerkte Jurano.

    Sie saßen vor dem Haus ab und ließen die Tiere vorerst einfach stehen. Die Tür war nicht abgesperrt, sodass sie einfach eintreten konnten. Drinnen eröffnete sich ihnen ein großer Raum. An einer Wand war eine Art Garderobe eingerichtet. Lange Bänke stützten sich an die Holzwand, alle paar Meter wurde sie von einem größeren, offenen Schrank unterbrochen. Links der Eingangstüre führte eine breite Steintreppe nach unten zu einer zweiflügeligen Tür. Auf der rechten Seite des Raums stand ein etwas größerer Tisch an der Wand. An diesem saß mit dem Rücken zu den beiden Neuankömmlingen, eine leicht über die Tischplatte gebeugte Gestalt, gekleidet in eine graublaue Robe. Erleuchtet wurde der ganze Raum von einem ausladenden Kerzenleuchter, welcher an einer massiven Kette von der Decke hing. Die Person an dem Tisch hob den Kopf, als sie die beiden hereinkommen hörte. Der Kopf war von einer Kapuze bedeckt. Dann schob die Gestalt den Stuhl zurück und stand auf. Jetzt erkannte man an der Statur, dass es sich wohl um eine Frau handeln musste. 'Haltet euch zurück, sie ist noch nicht sehr lange dabei... am besten ihr haltet komplett den Mund.' Flüsterte Jurano Arranges zu. Die Frau drehte sich zu ihnen um und kam die wenigen Schritte auf sie zu. Was zum Teufel...?! Der Kaiserliche musste sich für einen Moment beherrschen, um nicht überrascht zu schauen. Links und rechts fielen goldene Haarsträhnen aus der Kapuze. Die voll roten Lippen waren so perfekt geschwungen, als hätte man sie gemalt. Die Haut glich reinster Seide. Eine zierliche Nase fand sich zwischen den tiefbraunen Augen wieder. Der restliche Körper war soweit ebenfalls ohne Makel, zumindest konnte man das aufgrund der Umrisse und Konturen sagen, welche durch die wollene Robe zu erkennen waren, nicht zu üppig, aber auch nicht zu dürr. Ich wusste gar nicht, dass die Gathering neuerdings Wert auf das Äußere der neuen Schüler und Novizen legt... Grinste Arranges innerlich. 'Seid gegrüßt Meister Jurano. Auch ihr Mentor Arranges, seid willkommen!' Ihre Stimme war in etwa das, was man sich von dem Klang einer wohl gespielten Flöte oder Laute versprach, schön und zum Träumen einladend. Arranges zuckte etwas zusammen, als sie ihn mit seinem Titel ansprach. Er mochte diese Anrede nicht. Nur diejenigen, die von ihren Meistern anerkannt wurden, wurden aus dem Stand des Lernenden zum Mentor erhoben und konnten sich zur Verfügung stellen, neue Schüler und Novizen unter dem Leitfaden der Meister, an die Nekromantie und ihre Grundlagen heranzuführen. Arranges wurde zwar von Jurano hoch gelobt und auch einige aus der Gathering zollten ihm regelmäßig ihren Respekt, aber er versucht dies grundsätzlich nicht so zu sehen, wie es tatsächlich gemeint war. Er war in seinen eigenen Augen noch lange nicht so gut, wie man ihm immer sagte. Er versuchte die Gathering und Jurano grundsätzlich zu verdrängen, wenn er nicht gerade direkt mit ihnen sprach oder im Auftrag selbiger unterwegs war. Dies war wichtig, denn so konnte er sich praktisch parteilos unter Gleichgesinnten in Cyrodiil bewegen.

    'Seid mir ebenfalls gegrüßt Vaiolenna!' Antwortete Jurano. 'Wie ich sehe, habt ihr euch inzwischen zum Schreiber durchgerungen, meinen Glückwunsch... Sagt, wer ist denn schon alles da?'
    'Nun, danke... Bis auf den Meister aus Hammerfell und die Meisterin aus Schwarzmarsch sind schon alle da, aber es gibt zu Beginn erst noch eine traurige Nachricht, die man euch später mitteilen wird... Man erwartet die beiden noch heute zur späten Stunde... Die Gathering ist allerdings gestern schon vollzählig gewesen...' Sie sah mit einem undeutbaren Blick zu Arranges, dann blickte sie wieder zu Jurano. 'Holt eure Sachen rein und begebt euch schonmal nach unten in eure Gemächer, ich werde dann Bescheid geben, wenn die Letzten ebenfalls eingetroffen sind.' Vaiolenna senkte kurz ihren Kopf und wandte sich dann wieder ihrem Tisch zu.

    Arranges und Jurano gingen derweil wieder hinaus. Sie sattelten die Pferde ab, brachten die Satteltaschen nach drinnen und das Zaumzeug in den kleinen Schuppen. Mit den Satteltaschen gingen sie nach unten und bezogen ihre Zimmer. Es war mehr als nur ein Keller unter dem Haus, es war eigentlich ein vor Jahrhunderten planmäßig angelegtes Höhlensystem, welches in den Boden aus Fels und Sandstein gehauen worden war. Dort waren Zimmer für alle Meister aus Tamriel, für einige Schüler und für die Gathering. Daneben gab es dort noch eine Art Ratshalle, eine recht großzügige Küche, eine Höhle, welche nur Ritenhalle genannt wurde und einen großen Speisesaal. Es gab noch weiter Räumlichkeiten, von deren Existenz zwar jeder, auch die Schüler, wusste, zu denen aber ausschließlich die Gathering Zugang hatte. Der Raum, welcher hinter der großen Tür lag, war allerdings als Trophäen- und Speisekammer getarnt. Schließlich blieb so eine große Jagdhütte wohl kaum unbemerkt von Wanderern oder Kundschaftern. Man konnte eines der breiten Regale wie eine Tür aufziehen, dahinter lagen nun die Höhlen. Nichts war irgendwie natürlich belassen worden. Die Gänge wie mit Steinen gebaut, eben und waagerecht, sowohl der Boden, als auch die Wände. In regelmäßigem Abstand waren Fackeln angebracht und tauchten so die Gänge in ein gleichmäßiges Licht. Alle paar Meter zweigte ein Gang nach rechts oder links ab. Sie mussten nicht sehr lange gehen, da die Höhlen logistisch recht kompakt angelegt worden waren. Nach wenigen Minuten schob Arranges die Tür zu seinem Zimmer auf, welches ihm vor knapp 6 Jahren zugeteilt wurde, als er das erste Mal vor der Gathering gesprochen hatte. Der Raum war recht groß. Ein edles Doppelbett stand an einer Wand, an der anderen ein großer Schrank und der Tür gegenüber ein großer Schreibtisch. Der Boden in der Mitte war mit einem großen Teppich ausgelegt. Von der Decke hing ein vierarmiger Leuchter. Alle Jahre wieder... Seufzte der Kaiserliche in Gedanken. Er legte seine Rüstung ab und verstaute die Sachen, damit sie nicht ungünstig herumlagen. Wieder in der blauen, weiten Kniehose und der grauen Tunika, an den Füßen nun mit halb über die Waden geschnürten Sandalen, trat er aus dem Zimmer und machte sich auf den Weg zum Speisesaal, welcher auch noch als Aufenthaltsraum fungierte. Dort saß schon Jurano, jetzt wieder in der bequemeren Kleidung, ohne Rüstung. Arranges setzte sich zu dem Dunmer an den Tisch. Beide schwiegen sich einige Minuten an und schienen ihren Gedanken nachzuhängen, als Vaiolenna den Saal betrat. 'Die beiden Letzten sind gerade angekommen und schon auf dem Weg zur Gathering, ihr solltet euch auch dort hinbegeben.' Arranges atmete einmal tief ein und aus, dann erhob er sich. Und zusammen mit Jurano begab er sich auf den Weg zu der großen Halle, welche im Grunde nichts anderes war, als eine Ratshalle, aber von der Ausstattung und Gesamtgestaltung her eher einem Gerichtssal glich. Nur wenige Minuten später standen beide vor zwei Türen. Einer der Beiden Eingänge bestand nur aus einer kleinen, einfachen Tür, der andere zeichnete sich durch ein recht niedriges Tor mit flachem Bogen aus. Jurano legte Arranges eine Hand auf die Schulter. 'Dir kann nichts passieren, du kennst alle aus der Gathering und du weisst, wie du ihnen zu antworten hast... mach es einfach wie immer und wir sind bald wieder weg von ihnen.' Ja, ich segne einfach alles mit meiner Zustimmung ab, dann bin ich wohl morgen früh wieder hier heraus... Der Dunkelelf zog seine Hand zurück und schritt durch die kleine Tür neben dem Tor. Hinter dieser führte eine kleine Treppe hinauf zu einer Art Tribüne, welche sich über dem Tor, durch welches Arranges treten wird, befand. Der Kaiserliche wartete noch einen Moment, dann trat er durch das Tor.

    Arranges stand nun am unteren Ende der gestuften Tribüne, deren vorderste Reihe über dem Tor lag. Die Tribüne bot Platz für alle Meister, ein paar wenige Schüler, welche hier Gast sein durften, während sie gelehrt wurden und theoretisch für alle Mentoren, aber von diesen kam nur seltenst die volle Zahl, im Schnitt waren es ihrer fünf. Normalerweise saß Arranges selbst dort oben, es war jetzt gerade erst das dritte Mal, dass er selbst vor der Gathering vorsprechen musste. Alles hätte er sich im Moment gewünscht, nur nicht hier stehen zu müssen. Vor ihm baute sich ein Halbkreis auf einem hufeisenförmigen Podest auf, welches nicht sehr hoch war. Auf diesem Halbkreis waren insgesamt dreizehn hölzerne Stühel, welche an schlichte Throne erinnerten. Eigentlich war nur die Lehne etwas erhöht, aber sonst waren es einfache und normale Stühle. Auf jedem dieser Stühle saß jemand. Die Mitglieder der Gathering waren in samtene, schwarze Roben gekleidet, die Kapuzen zurückgeschlagen, sodass man den Blickkontakt mit ihnen aufnehmen konnte, wenn man zu ihnen sprach. Arranges begab sich zur Mitte des Halbkreises und wartet einen Moment.

    'Seid gegrüßt und uns allen willkommen Mentor Arranges Moryn.' Sagte ein Kaiserlicher, welcher ihm genau gegenüber auf einem Stuhl saß.
    'Es freut mich ebenfalls hier zu sein Großmeister.'
    'Nun, bevor wir uns anhören, was ihr zu erzählen habt, gibt es eine Nachricht, die bekanntgegeben werden will.' Der Kaiserliche erhob sich und deute auf einen Sitz in dem Halbkreis.
    'Erst vor wenigen Tagen ist ein geschätzter Großmeister von uns gegangen.' Arranges folgte dem Zeig des Kaiserlichen und sah, dass auf dem Stuhl auf welchem normalerweise ein Bretone sitzen sollte, ein Nord saß. Ähh... der war ja auch schon älter, aber warum dieser Nachfolger? Der Nord war einer der zwei Meister in Himmelsrand gewesen und jetzt wohl das neue Mitglied und der Nachfolger des Bretonen. 'Wir haben uns entschieden, dass Meister Jacoll seine Nachfolge antreten wird.' Die Begrüßung erfolgte stumm. Dann sprach der Kaiserliche weiter: 'Nun zu euch Arranges. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten einige Beobachtungen gemacht, die uns etwas seltsam erschienen. Dabei fällt so manche Frage unter eine solch gewaltige Unverständnis, dass wir zu dem Entschluss gekommen sind, euch herkommen zu lassen. Aber vielleicht ist es ja besser und verständlicher, wenn ihr ohne Vorbelastung ersteinmal erzählt, wo ihr überhaupt ward, als unsere Botschafter euch nichtmehr auffinden konnten und das nirgends in Tamriel über einen Zeitraum von gut drei Wochen.' Der Kaiserliche hatte den Posten des Sprechers inne, seine Stimme war angenehm und klang mit keiner Silbe vorwurfsvoll. Jetzt erzählte Arranges von seinen Erlebnissen auf den Inseln. Teilweise wurden seine Worte von Raunen auf der Tribüne begleitet, als er geendet hatte, herrschte zunächst für ein paar Minuten das Schweigen - er hatte nichts davon erwähnt, dass Meryann ebenfalls eine Nekromantin war. Plötzlich erhob ein Hochelf seine Stimme, im Halbkreis links von Arranges: 'Ihr habt also ohne großes Überlegen die Bretonin angesprochen? Warum? Seit wann braucht der hochgeschätzte Mentor Arranges die Gesellschaft einer Frau?' Arranges drehte sich zu dem Hochelfen um. 'Nun, ich hatte einen langen und beschwerliche Ritt hinter mir nach Bravil, ich suchte einfach das Gespräch.'
    'Das ist nicht das Problem, ihr habt ihre anschließende Begleitung noch immer geduldet. Warum?'
    'Die Tatsache, dass ich mich in unbekanntes Terrain vorwagte, ließ mich überlegen, ob es nicht vielleicht ganz sinnvoll wäre, dort mit Begleitung hinzugehen.'
    'Einer der besten und ergeizigsten Schüler braucht plötzlich eine Begleitung um seine Vorhaben zu meistern? Ich frage mich, warum ihr den Titel eines Mentors tragt...' Kam es von hinter Arranges. Dieser drehte sich um und sah sich einem Argonier gegenüber, der ihn nun fixierte und auf eine Antwort wartete. Ich frage mich, was eine Kreatur wie du in der Gathering verloren hat... 'Nun, wie ich bereits sagte, wollte ich sie auf dem Weg zu der Insel in der Nibeneisenke schon... neutralisieren, aber ihre Künste in der Schule der Illsuion haben mich beeindruckt und im Enfeffekt waren sie auf den Inseln recht nützlich. Daher habe ich ihre Gesellschaft angenommen.' Das war wohl Antwort genug für den Argonier und er sagte nichtsmehr darauf. Stattdessen erhob wieder der Hochelf seine Stimme: 'Das glauben euch wohl nur die wenigsten Arranges... Was war da tatsächlich? Habt ihr sie... geliebt?' Der Nekromant schwieg. Er konnte auf diese Frage nicht antworten, da er es selbst nicht wusste. Klar war seine Sympathie für die Bretonin recht groß gewesen, aber war das schon Liebe? Arranges glaubte nicht an soetwas wie Liebe, er tappte hier selbst im Ungewissen und tat die Frage als eine reine Fangfrage ab. 'Nun, es ist schon merkwürdig, dass ein Mentor, welcher das Kaltblutritual mit einem herausragenden Ergebnis abgeschlossen hat, auf eine solch klare Frage nicht antworten kann... für mich ist die Sache eindeutig würde ich meinen.' Damit lehnte sich der Hochelf in seinem Stuhl zurück und schwieg. 'Arranges?' Jetzt wurde er von einer Kaiserlichen, direkt neben dem Hochelfen angesprochen, sie wartete noch kurz, bis er zu ihr sah, dann sprach sie weiter: 'Bevor ihr euch das zweite Mal zu dem Portal in der Nibenbucht begeben habt, wurde euer Pferd verletzt und ihr habt es zurückgelassen. Darf man fragen warum?' Diese Frage war hart für den Kaiserlichen und er überlegte einen Moment fieberhaft, was er der Großmeisterin als ernsthafte Antwort verkaufen könnte. 'Ich habe es zurückgelassen, um den Händen der Legion zu entgehen und um auf die Inseln zu gelangen.'
    'Mit der Bretonin?'
    'Ja, mit der Bretonin.'
    'Ihr habt also indirekt die Frau eurem Pferd vorgezogen?'
    'Nein, ich musste es zurücklassen, um nicht jetzt im Kerker der Legion zu verfaulen.'
    'Also habt ihr die Frau der Gefangenschaft vorgezogen?'
    Was für eine dämliche Frage, natürlich, das hätte jeder andere auch getan... 'Was hättet ihr getan?'
    'Arranges, ihr wisst, dass es euch untersagt ist, der Gathering Fragen zu stellen, wenn sie es nicht wünscht!' Sagte der kaiserliche Großmeister drohend.
    'Ja.' Beantwortete Arranges die Frage.
    'Gut, damit ist für mich auch alles recht klar.' Gab die Kaiserliche zurück. Arranges wurde von der unterschwelligen Mentalität der Großmeister fast erschlagen, aber dieses Verhör musste er über sich ergehen lassen, auch wenn er zunehmend daran zweifelte, hinterher noch gut dazustehen. 'Wie hat sie es geschafft euch an sich zu binden?' Ein alter Bretone neben dem Sprecher begann nun damit seine Fragen zu stellen. Arranges nahm den Blickkontakt zu ihm auf. 'Wie hat sie es geschafft, dass ihr anders als früher, kein eindeutiges nein von euch gegeben habt, euer Pferd liegen lasst und mit ihr auf die wahnwitzige Reise zu einer Oblivionebenen geht? Was hat sie euch geboten? Ihren Schoß, dafür, dass ihr euch als Schild und Schwert für sie gebt?'
    'Weder noch, ich habe das alles aus freien Stücken auf mich genommen.' Ein lautes Raunen ging durch die Tribüne. 'Ihr habt euch doch nicht etwa irgendwelche Hoffnungen gemacht?' Setzte der Alte nach.
    'Nein, ich bin vorrangig aus eigenem Interesse auf die Inseln gegangen...'
    'Und was hat euch dieser Ausflug nun gebracht? Außer einem Zauber, den ihr für nichts bekommen habt und der Lichbeschwörung, die ihr euch seit drei Jahren versucht zu erarbeiten und erst seit knapp einem halben Jahr den Ansatz eines Fortschritts zeigtet und jetzt, innerhalb einer Handvoll Tage den König der Untoten fast aus dem Ärmel schüttelt... nachdem ihr mit dieser Frau zusammen unterwegs ward?! Ich glaube, die Ungereimtheiten dürften eindeutig gewesen sein und alle Zweifel beseitigt!' Der alte Bretone erntete zustimmendes Nicken von einigen. Es folgte ein kurzes Schweigen, während dem der Sprecher mit jedem Großmeister einen kurzen Blickwechsel hatte, bevor er wieder Arranges ansah. 'Arranges,' begann er freundlich, 'ihr habt uns eine recht klare Vorstellung davon geliefert, wie es wohl seit einigen Tagen in eurem Bewusstsein aussehen muss. Ihr seid einer unserer besten Schüler gewesen, ihr seid ein mächtiger Mentor und vor allem seid ihr ergeizig und das schätzen wir an euch. Damals, als ihr Falanu Hlaalu mehr als nur einmal zurückgewiesen habt, dachten viele, dass ihr das Kaltblutritual gar nicht nötig haben werdet und doch haben wir es euch durchführen lassen. Das Ergebnis war eines der besten, welches wir je hatten. Aber die Art und Weise eures Handelns in letzter Zeit und damit spreche ich von dem letzten halben Jahr und noch der Zeit davor, steht in völligem Kontrast zu den Jahren davor... Wir können uns das nicht so ganz erklären, haben aber ähnliches schon bei anderen beobachtet... die Wiederholung des Rituals zeigte deutliche Wirkung und danach hatten wir mit diesen Mentoren keinerlei seltsame Vorkommnisse mehr...'
    'Ich bin mir sicher Großmeister, dass dies nur eine vorübergehende Sache ist... ich habe trotz der letzten Begleitungen und Gesellschaften stets taktisch und nie unüberlegt gehandelt.'
    'Das ist richtig und im Grunde sehen wir bei euch im Kampf genau das, was wir uns auch bei eurem sonstigen Verhalten wünschen würden, aber wir wünschen seit mehr als einem halben Jahr vergebens fürchte ich, so kann das nicht weitergehen Arranges, ihr müsst wieder zu eurer Spur zurückfinden.'
    'Ich werde diesem Wunsch nachkommen!' Sagte Arranges fest entschlossen.
    'Das ist lobenswert, aber wir müssen befürchten, dass das, so ernst ihr das auch meint, nicht eintreten wird... Wir haben uns entschieden, euch nochmal das Kaltblutritual machen zu lassen. Wenn ihr euch dann dafür rüsten würdet und dann ohne Zeitverzug in die Ritenhalle kommen würdet? Wir erwarten euch dort.' Dann erhob sich die Gathering und ging geschlossen durch eine Tür hinter dem Halbkreis. Arranges war nicht ganz in der Lage einen sinnvollen Gedanken zu fassen, er wusste nur, dass er das Ritual nicht mochte, er hatte es damals schon nicht gemocht, aber komischerweise hatte ihm die ganze Sache vor den Jahren irgendwie nichts ausgemacht, er tat es einfach. Arranges drehte sich um. Auf der Tribüne herrschte Schweigen, alle sahen ihn entweder aufmunternd oder mitleidig an. Jurano stand als Erster auf und verschwand von der Tribüne. Arranges verließ nun ebenfalls die Ratshalle. Draussen traf er auf Juran, der ihn schweigend in Richtung Ritussaal begleitete. Vor der massigen Eingastür angekommen, bogen beide nach rechts ab und standen in einem kleineren Raum. Die folgenden Handgriffe bedurften keiner Verständigung, schließlich kannten beide schon alles. Arranges zog die Tunika und die Hose aus, ebenso, wie die Sandalen. Er streifte sich ein graues Gewand über, welches bis knapp über die Lenden reichte, dann schlüpfte er noch in Orkbeinschienen, welche den Bereich vom Knie aufwärts bis fast zum Bauchnabel schützten. 'Ich wünsche euch gutes Gelingen.' Sagte Jurano tonlos, klopfte dem Kaiserlichen auf die Schulter und blieb dann allein in dem kleinen Vorbereitungsraum zurück, während Arranges durch die Tür zum Ritensaal trat und diese sorgfältig hinter sich verschloss, indem er einen groben Metallriegel vorschob.

    Er stand jetzt auf einem kleinen, runden Platz, der etwa sechs Meter im Durchmesser hatte. Die steinerne Fläche wurde von einer Mauer umgeben, die gut und gerne zwei Meter nach oben reichte und oben mit nach vorr gebogenen Eisendornen gespickt war. Über dem Ganzen saßen am Rande nun die Großmeister und konnten den ganzen Schauplatz einsehen. 'Arranges, Mentor in Cyrodiil, Schüler unter Jurano, ihr seid hergekommen, um das Kaltblutritual durchzuführen.' Sagte der Sprecher feierlich. Arranges drehte sich zu dem Kaiserlichen um und blickte zu ihm auf. Auf der gegenüberligenden Seite befand sich ebenfalls eine Tür, die sich jetzt öffnete. Durch die Öffnung trat ein etwas abgemagerter Bretone, nur mit einer ledernen Reiterhose bekleidet. Hinter diesem wurde die Tür wieder geschlossen. Der Man blickte sich verwirrd um, schwieg aber. 'Arranges, wenn ihr bereit seid, beginnen wir.' Arranges nickte nur und einen Moment später bemerkte er, wie ihn ein Zauber traf und seinen Körper von Magie durchflutet wurde. Auch der Bretone wurde von einem Zauber getroffen und schimmerte kurz auf. 'Arranges, beginne mit dem Ritual.'

    Arranges bemerkte, wie langsam, ganz langsam, Wut, Zorn und Raserei in ihm auftsieg, aber noch nicht so, dass er direkte Aggressionen verspürte. Der Bretone hingegen schien etwas Schwierigkeiten zu haben sich zu beherrschen und kam auf Arranges zu. Allerdings alles andere als provozierend. Das änderte sich aber, als der Bretone begann irgendwelche Mätzchen zu machen. Arranges wusste nicht, was für ein Zauber man auf ihn geworfen hatte oder was für Drogen er im Vorfeld bekommen hatte. Er wusste nur, dass das dämliche Rumgehample des Bretonen vor ihm ihn langsam aber sicher nervte. Aber noch stand der Kaiserliche reglos da und verfolgte das seltsame Getänzel seines Gegenübers. Der Bretonen merkte wohl, dass etwas nicht stimmt und stellte sich ersteinmal nur ruhig vor Arranges und schaute diesen einen Moment an. Glotz nicht so dämlich, sonst kannst du deine Zähne bald an einer Halskette tragen... Dann tat der Bretone das, was der Zauber eigentlich bewirken sollte. Er tat noch einen Schritt auf Arranges zu und stand jetzt nur noch eine Handbreit vor der Kaiserlichen. Er hob die Hand und tätschelte Arranges etwas fester auf die Wange. 'He... mach was du feiges Schwein!' Raunzte der Bretone Arranges entgegen. Darauf kannst du wetten... du jedoch machts nachher nichts mehr! Der Zauber, welcher Arranges getroffen hatte, entfaltete jetzt seine Wirkung. Der Nekromant registrierte blitzschnell die genaue Standposition des Bretonen, welcher nur wenig größer war als er selbst. 'Stirb!' Knurrte Arranges diesem entgegen und zog dann ein Knie an. Ein Ruck ging durch den Körper des Bretonen, als die Oberschenkelplatte der Orkbeinschienen in die Weichteile des anderen schlug. Der Bretone taumelte zurück und japste nach Luft. Arranges kam direkt nach und trat den halb am Boden kauernden Bretonen einfach um. Dann ging er neben ihm in die Knie und griff in den Haarschopf. Er riss den Kopf nach hinten, sah in die vor Schmerz geweiteten Augen des Mannes und schlug dann den Kopf mit voller Wucht auf den Boden. Das wiederholte Arranges einige Male, bis die Nase komplett zertrümmert war, und der ein oder andere Zahn in dem zerschundenen Mund fehlte. Der Kaiserliche bearbeitete den Bretonen weiter mit bloßen Händen. Das Stroh und der Sand auf dem Boden sogen sich mit Blut voll. Die Wände waren Bald gespränkelt und Arranges sah nach kurzer Zeit aus, als wäre er hauptberuflich Schlachter und käme gerade von der Arbeit.

    Das Ritual bewirkte, dass die Wahrnehmung, was Gefühl und Erbarmen oder gar Mitleid anging, total abgestumpft wurde. Man wurde so in Raserei versetzt, dass man zwar das komplette Bewusstsein behielt, aber nicht aufhören konnte, die arme Seele, welche eigens zu diesen Zwecken gefangen oder gelockt wurden, zu töten. Auch wenn das Opfer schon längst nichtmehr lebendig war, machte man einfach weiter und immer weiter. Emotionen, die sich ein Meuchelmörder entweder abtrainieren musste, oder nie hatte, wurde hier innerhalb weniger Stunden aus dem Verstand ausgeschlossen...

    Arranges erwachte in einem weichen Bett. Er schlug die Augen auf und stellte fest, dass er sich in seinem Zimmer befand. Sofort kamen ihm wieder die Bilder in den Sinn, welche er aus dem Kampf... oder vielmehr der Hinrichtung, mitgenommen hatte, bevor er vor Entkräftung ohnmächtig wurde. Nachdem er das Gesicht des Bretonen auf dem Boden und an der Wand komplett zerstört hatte, drang er durch die Bauchdecke des Mannes, weidete ihn zur Hälfte aus und häutete ihn anschließend halbseitig. Danach trat er auf den Brustkorb ein, bis die Rippen nur noch ein großes Puzzle waren. Er hatte noch versucht, den Kopf irgendwie vom Rumpf zu trennen, aber bevor ihm das gelingen konnte - viel hätte es nicht mehr gebraucht - wurde er bewusstlos. Jetzt, da er so darüber nachdachte, störte ihn gar nicht, was er getan hatte, er reflektierte über das Kaltblutritual, als würde er über einen unterhaltsamen Roman nachdenken.

    Er stand auf, zog seine Sachen an und ging raus auf den Gang. Er war auf dem Weg nach oben, unter einem Arm die Satteltaschen, als ihm Vaiolenna entgegenkam. 'Arranges, endlich seid ihr wach. Meister Jurano ist oben und wartet schon auf euch, er wollte unbedingt nochmal mit euch sprechen, bevor er wieder abreist.'
    'Abreist? Wie lange habe ich denn geschlafen?'
    'Gute zwei Tage.' Arranges stutzte. Folgte dann der Schülerin nach oben.

    Oben angekommen, sah er Jurano schon auf der Bank sitzen und seine Glasstiefel anziehen, den Rest der Rüstung trug er bereits am Körper. 'So, ihr habt euch also selbst übertroffen... meinen Glückwunsch Arranges.' grinste der Dunkelelf.
    'Nun, vielleicht hatte die Gathering Recht, wer weiss, auf jeden Fall habe ich das nun endlich hinter mir... Sind denn schon alle weg?'
    'Ja, bis auf dich, mich und zwei Schüler ist keiner mehr da. Die Gathering fand dein Ritual so beeindruckend, dass alle zustimmten, es wäre alles gelaufen und es bedarf keiner weiteren Worte mehr.'
    'So?'
    'Ja, ich habe mich bei diesen Worten des Sprechers ebenfalls etwas gewundert, haben die dich ja noch davor ordentlich zusammengefaltet und waren so irgendwie gar nicht überzeugt von dir...'
    Jurano bedeutete Arranges ihm nach draussen zu folgen, nachdem sie sich noch von Vaiolenna verabschiedet hatten. Vor dem Haus standen die beiden Pferde. Arranges sattelte seinen Rotfuchs und saß auf. Als beide auf ihren Rössern saßen, richtete Jurano nochmal das Wort an Arranges: 'Ich werde dich jetzt wieder verlassen und so wie ich dich kenne, werden wir uns für eine recht lange Zeit nicht mehr sehen... Ich wollte dir nur sagen, dass ich alt werde Arranges. Ich bin nicht mehr der, den du vor gut 10 Jahren kennegelernt hast, ich habe jetzt noch drei Schüler an der Hand, die ich lehren werde, aber danach werde ich keine mehr annehmen und mich als Berater zurückziehen... Ich brauche noch einen Nachfolger Arranges. Neben dir gibt es zwar noch einen weiteren Mentor, aber er, du kennst ihn ja, ist absolut ungeeignet... aber wir reden darübe, bei unserem nächsten Wiedersehen. Machs gut Arranges!' Damit preschte der Dunmer davon und ließ den Kaiserlichen allein zurück. Ich wollte nie Mentor werden, wie soll ich also der Nachfolger von Meister Jurano werden? Arranges schüttelte den Gedanken ab und ritt ebenfalls los.

    Nach Westen, immerzu nach Westen, bis er die ersten Ausläufer der Valusberge im Süden Cyrodiils erreicht hatte. Er ritt weiter die offiziellen Straßen entlang in Richtung Skingrad.
    Geändert von weuze (13.02.2011 um 18:39 Uhr)

  12. #252
    Zurück auf ihrem Zimmer verstaute Erynn zunächst die Botschaften in einer flachen Tasche, damit sie auf ihrer Reise keinen Schaden nähmen. Dann begann sie damit, ihre Lederrüstung akribisch auf ausgefranste Nähte und andere Schwachstellen zu überprüfen. Sie fand einige abgeschabte Stellen am Mittel- und Ringfinger des rechten Handschuhs, dort wo das Leder durch das Ziehen und Loslassen der Bogensehne stark beansprucht wurde. Seufzend begann sie, die schadhafte Naht auszubessern. Es erforderte einiges an Geduld, und geduldig war sie im Moment gar nicht. Hinter ihrer Stirn arbeitete es. Warum hat diese argonische Ziege so darauf herumgeritten, daß die Botschaften sicher ankommen müssen? Das ist doch selbstverständlich, oder etwa nicht? Entweder hatte sie in letzter Zeit Pech mit ihren Kurieren, oder sie hat mir nicht alles gesagt. Verdammt, wie ich diese Adelsheinis und ihre Spielchen hasse. Sie überlegte einen Augenblick, was sie über Bravil wußte: Ein Sumpfloch mit schlechter Luft und noch schlechterem Ruf. Über die Beziehungen zwischen Bravil und Skingrad wußte sie gar nichts. Mach dich nicht verrückt, Erynn, schimpfte sie mit sich selber. Vermutlich wollte sich dieses Weib nur beim einfachen Pöbel wichtig machen, weil sie sonst nicht viel zu melden hat.
    Mit diesen Gedanken legte die Elfin sich hin und lauschte den Geräuschen im Gildenhaus, die gedämpft in ihre Kammer hinaufdrangen, bis ihr die Augen zufielen.

    Als Erynn erwachte, war es, wie sie erwartet hatte, noch dunkel; vielleicht die achte Stunde der Nacht. Sie erhob sich und wusch ihr Gesicht mit kaltem Wasser, um die Müdigkeit zu vertreiben. Dann legte sie die Rüstung und Waffen an. Das Schwert hing schwer und beruhigend an ihrer linken Seite, der Köcher mit den neuen Pfeilen auf dem Rücken und der Dolch wie immer in dem Futteral im rechten Stiefel. Die Tasche mit den Botschaften ließ sie unter dem Lederharnisch verschwinden. Das würden die Schriftstücke vermutlich nicht ganz knitterfrei überstehen, aber es bestand auch nicht die Gefahr, daß sie verloren gingen oder gestohlen würden. Sie nickte entschlossen und griff nach dem Bogen, der entspannt auf der Kleidertruhe lag. Wahrscheinlich würde sie ihn nicht brauchen, aber man weiß ja nie...

    Die Nachtluft war klar und kühl, als sie sich auf den Weg zu den Stallungen mache. Falchion begrüßte sie mit einem leisen, grollenden Wiehern. Kurz darauf waren sie unterwegs. Sie folgten der Goldstraße in einem weiten Bogen um Skingrad herum in die Richtung des großen Forstes. Noch immer war es dunkel, und die langsam im Westen versinkenden Zwillingsmonde warfen ihr Licht auf den Pfad vor ihr – der eine bleich und kalt wie der Tod, der andere warm und einladend wie das Leben selbst.

    Als sie die Verlassene -und jetzt von Goblins besetzte- Mine erreichte, zügelte sie das Pferd und saß ab. Mißtrauisch sah sie sich um, lauschte angespannt auf irgendwelche verräterischen Geräusche, die auf das Vorhandensein der kleinen Mistviecher hindeuten konnten. Aber alles schien ruhig zu sein, keines der Wesen zeigte sich. Plötzlich fuhr sie herum und riß noch in der Drehung ihr Schwert aus der Scheide. Da war etwas, in den Büschen! Die Elfin verharrte reglos und lauschte, aber das Geräusch wiederholte sich nicht. Fünfzig Herzschläge später ging sie langsam auf das Gebüsch zu, das Schwert vorgestreckt, mit dem sie die Zweige auseinanderschob. Nichts. Kein Goblin, nicht einmal eine Ratte oder ähnliches.
    Erynn schüttelte den Kopf. Scheinbar hatte ihr der Wind einen Strich gespielt.

    Sie kehrte zu Falchion zurück und stieg wieder in den Sattel. Die dunkelste Stunde der Nacht war verstrichen, und der heraufziehende Tag ließ sich bereits erahnen. Wie auf ein geheimes Signal hin begannen Vögel zu zwitschern, einige wenige zunächst nur, doch schon nach wenigen Minuten piepste und zirpte es in allen Sträuchern der Westebene, als wollten sie mit ihrem Gesang die Sonne hinter dem Horizont hervorlocken. Erynn genoß ihr Konzert und die Morgendämmerung; wenngleich sie sich kaum noch an ihr Herkunftsland erinnerte wußte sie doch, daß die Dunmer eine besondere Beziehung zu Azura und dem Zwielicht hatten, das ihre Domäne war. In Momenten wie diesen fühlte sie einen tiefen Frieden, und im Stillen dankte sie der Daedrafürstin für das Geschenk des neuen Morgens.
    Als die Sonne höher stieg, erreichte die Elfin den Rand des Großen Forstes und sah sich wachsam um. Direkt an dem Pfad gelegen gab es einige Höhlen, an denen sich manchmal seltsame und unberechenbare magische Kreaturen herumtrieben. Es würde besser sein, den Wald so schnell wie möglich zu durchqueren, um diese Wesen nicht mehr als nötig zu stören. Sie trieb Falchion zu einem flotten Trab und behielt während des ganzen Rittes ihre Umgebung im Auge. Mehrfach glaubte sie, daß unsichtbare Augen sie beobachteten, und langsam aber sicher wurde sie nervös, warf immer wieder Blicke über die Schulter, konnte aber nichts entdecken bis auf ein paar Rehe, die hinter ihr den Weg kreuzten und mit raschen Sprüngen wieder im Unterholz verschwanden.
    Ungefähr auf halber Strecke durch den Wald holte sie einen Reiter der kaiserlichen Legion ein, parierte ihr Pferd und sprach den Kavalleristen an. „Seid gegrüßt, Soldat. Würdet Ihr mir erlauben, mich Euch anzuschließen? Zu zweit reist es sich sicherer durch diesen Wald als allein.“ Er musterte sie kurz und gab dann brummelnd, aber nicht unfreundlich seine Zustimmung. Er schien es gewohnt zu sein, Reisende durch den Forst zu eskortieren.
    Ein bißchen dumm kam sie sich schon vor. Sie war ein Mitglied der Kriegergilde, in eine gute Rüstung gehüllt und ein Schwert an ihrer Seite, und hier war sie und bat um Begleitschutz. Jedoch wollte sie das Kribbeln im Nacken nicht einfach so abtun, das sie verspürte, seit sie Falchion in den Wald gelenkt hatte. ‚Ein Mer, der nicht auf seinen Instinkt hört, wird entweder ein ziemlich schlechter Jäger oder ein ziemlich toter Krieger sein’, pflegte ihr Vater zu sagen, und Erynn hatte nicht vor, diese Lebensweisheit jetzt auf die Probe zu stellen. Unauffällig tastete sie nach der Tasche mit den Briefen. Sie war noch da.
    Schweigend ritten sie nebeneinander her, und als sie die alte Ayleidenstätte Ceyatatar passierten, atmete die junge Dunkelelfin auf. Jetzt hätten sie es fast geschafft.
    Sie erreichten die Ringstraße am frühen Nachmittag. Der Soldat verabschiedete sich und wünschte ihr eine sichere Weiterreise; dann wandte er sich nach Norden, während Erynn den Weg nach Südosten einschlug, am Ufer des Rumaresees entlang. Auf ihrer Karte war etwa auf halber Strecke zwischen Skingrad und Bravil ein kleiner Ort mit Namen ‚Pells Tor’ eingezeichnet, in dem es auch eine Herberge geben sollte. Dort wollte sie rasten und am folgenden Tag nach Bravil weiterreisen.

    Sie erreichte das Dorf noch bei Tageslicht, auch wenn die kümmerliche Ansammlung von Bretterbuden diese Bezeichnung kaum verdiente. Eine Herberge gab es, einen Stall allerdings nicht. Erynn betrat die Taverne, einen schummrigen Laden, dessen Luft rauchgeschwängert war. Jemand sollte sich dringend um den Abzug des Kamins kümmern, aber wenigstens wird hier geheizt, kommentierte sie in Gedanken. Sie sprach die ältliche Wirtin hinter dem Tresen an: „Seid gegrüßt. Ich hätte gern ein warmes Essen und ein Zimmer für die Nacht.“ „Das läßt sich einrichten“, erwiederte die Menschenfrau. „Es gibt Steinpilzsuppe, dazu Brot und Met oder Bier, je nachdem, was Euch lieber ist. Ihr könnt natürlich auch Wasser haben, billiger wird es dadurch allerdings nicht. Fünfzehn Septime für Essen und Übernachtung.“ Erynn nickte. „Einverstanden.“ Sie zählte die Münzen auf den Tresen. „Kann ich mein Pferd hier irgendwo unterstellen?“
    Konnte sie nicht, denn es gab tatsächlich keinen Stall. Also pflockte sie Falchion auf der Wiese hinter der Herberge an. Für eine Nacht würde es schon gehen. Nachdem sie ihr Tier versorgt hatte, umrundete sie die Taverne wieder, gerade rechtzeitig um zu sehen, wie drei Personen Pells Tor betraten. Sie wirkten etwas abgerissen, ihre Reisemäntel waren staubbedeckt und die Gesichter lagen im Schatten der Kapuzen, die sie sich übergestülpt hatten. Ziemlich viel Durchgangsverkehr hier, grübelte sie. Erstaunlich, daß die Bewohner dieses Kaffs nicht mehr Kapital daraus schlagen... Sie betrat die Taverne wieder, nahm jetzt auch wahr, daß der Schuppen offenbar ‚Zur schlafenden Stute’ hieß, jedenfalls behauptete das das verwitterte Schild über dem Eingang. Die Wirtin teilte Erynn mit, daß das Abendessen in einer halben Stunde fertig sei. Sie nickte zur Bestätigung und schleppte Falchions Sattel und Zaum auf ihr Zimmer, wo sie sich auch gleich ihrer Rüstung entledigte. Die Tasche mit den Botschaften befestigte sie an ihrem Gürtel. Auch wenn die Leute in Pells Tor wie einfache, anständige Menschen wirkten, würde sie nicht das Risiko eingehen, diese unbeaufsichtigt herumliegen zu lassen. Die Elfin stieg die Treppe wieder herab, und ihr Blick fiel auf die drei verstaubten Reisenden, die offensichtlich ebenfalls die Taverne entdeckt hatten. „... Zimmer habe ich leider keine mehr frei, aber wenn die Herren zum Abendessen bleiben wollen...“, hörte sie die Wirtin sagen. Sie wollten.
    Erynn suchte sich einen Tisch nahe am Kamin. Zwar war es nicht wirklich kalt, aber der lange Ritt saß ihr durchaus in den Knochen und die Wärme half ihr dabei, die protestierenden Muskeln zu lockern. Ich war wirklich schon viel zu lange nicht mehr unterwegs. Die drei Gestalten setzten sich ebenfalls an einen Tisch. Seltsamerweise machte keiner von ihnen Anstalten, seinen Reisemantel abzulegen, ja, sie schlugen noch nicht einmal die Kapuzen zurück. Seltsames Völkchen, dachte Erynn und begann, das Trio verstohlen zu beobachten. In dem Moment kam die Wirtin mit ihrer Suppe und einem Krug Bier, so daß sie für den Augenblick abgelenkt war.
    Während des Essens blickte sie aus dem Augenwinkel immer wieder zu den drei Männern, die sich sich über ihre Suppenschüsseln gebeugt hatten. Sie schienen es nicht eilig zu haben, sprachen jedoch kein Wort miteinander. Schließlich schob sie den Teller von sich fort und beschloß, noch einmal nach Falchion zu sehen bevor sie schlafen ging. Dem Pferd schien es gut zu gehen, es graste zufrieden hinter der Taverne. Erynn kehrte ins Haus zurück und stellte fest, daß die Männer verschwunden waren. Was waren das bloß für komische Galgenvögel? Ich bin bloß froh, hier noch ein Zimmer bekommen zu haben. Denen möchte ich nicht allein und im Dunkeln begegnen. Sie ging nach oben und ließ sich auf die Matratze fallen. Das Stroh darin war frisch, die Laken fadenscheinig aber sauber. Wenigstens etwas...

    In der Nacht schlug das Wetter um; es regnete, als sie Pells Tor verließ. Sie folgte jetzt der Grünen Straße nach Süden, die bereits schlammig zu werden begann. Der Regen wurde stärker und sie beugte sich im Sattel etwas vor, um die Kapuze über den Kopf zu ziehen. Das rettete ihr wahrscheinlich das Leben. Der Pfeil, der sie wohl im Rücken hätte treffen sollen, durchschlug ihre Rüstung am Oberarm und hinterließ dort einen tiefen blutigen Kratzer, taumelte, aus der Flugbahn gebracht, an Falchions Kopf vorbei und verschwand aus ihrem Blickfeld. Das Pferd scheute, und mit einem scharfen Ruck an den Zügeln brachte die Elfin es zum Stehen. Sie ließ sich aus dem Sattel fallen, rollte sich ab und kam wieder auf die Beine. Im Aufstehen zog sie ihr Schwert.
    Verflucht!
    Einer der drei Kapuzenmänner stand hinter ihr auf dem Weg und hatte bereits einen weiteren Pfeil auf der Sehne, legte aber noch nicht an, da seine beiden Kumpane bereits mit gezogenen Waffen auf sie losstürmten. Dem Kerl, der ihr am nächsten war, war die Kapuze zurückgerutscht und sie konnte erkennen, daß es sich um einen Kaiserlichen mit dunkelblondem Haar handelte. Der dritte Angreifer folgte, durch schwere Rüstung behindert, etwas langsamer. Dann war der Kaiserliche heran und holte zu einem schräg nach oben geführten Rückhandhieb aus. Erynn blockte den Schlag, schloß mit einem schnellen Ausfallschritt den Abstand zu ihrem Gegner und ließ ihre Klinge an der des Widersachers herunterrutschen, bis sich beide Parierstangen ineinander verkeilten. Die Schneide ihres Schwertes lag jetzt seitlich am Hals des Halunken. Entschlossen riß sie ihre Waffe zurück; ein roter Nebel nahm ihr für einen Moment die Sicht, als der Kaiserliche stürzte.
    Die kurze Orientierungslosigkeit kam sie teuer zu stehen, als der Schwergerüstete sich auf sie stürzte. Schon bei dem ersten, wuchtig geführten Hieb geriet sie hoffnungslos ins nach, blockte nur mit Mühe den Schlaghagel, der auf sie niederprasselte, indem sie ihr Schwert mit der einen Hand am Heft, mit der anderen kurz unter dem Ort gepackt hielt. Unnachgiebig trieb er sie vor sich her, während ihr nichts anderes übrig blieb als rückwärts zu stolpern. Ihr mußte etwas einfallen, und zwar schnell!
    Ihr Feind holte zu einem neuerlichen Schlag aus, als Erynn sich fallen ließ. Sie rollte sie ihm entgegen und ihr Körper traf auf die Schienbeine des Gegners, während dieser sich in der Vorwärtsbewegung befand. Das Schwert kam ihr dabei abhanden, aber die überraschende Aktion erzielte den gewünschten Effekt. Der Angreifer verlor das Gleichgewicht, segelte über sie hinweg und schlug scheppernd der Länge nach in den Schlamm. Die Dunkelelfin wirbelte herum, kam auf die Füße und riß den Dolch aus dem Stiefelschaft. Sie sprang auf den Rücken des Mannes, der sich gerade wieder aufrappelte, und stach nach seinem Hals.
    Einmal. Zweimal. Erneut spritzte ihr Blut ins Gesicht.
    Noch immer auf der Leiche hockend, den Dolch halb erhoben, sah sie sich mit wildem Blick nach dem Schützen um. Der stand, wie versteinert, noch immer auf dem Weg und glotzte ungläubig. Dann ließ er seinen Bogen fallen und flüchtete ins Unterholz.

    Mit unsicheren Bewegungen kletterte Erynn von dem toten Körper herunter, nur um drei Schritte weiter in die Knie zu brechen. Ihr war kotzübel.
    Wahrhaftig, sie hatte getötet. Menschen getötet. Keine Goblins, Trolle oder tollwütige Wölfe. Zwar war ihr klar gewesen, daß es früher oder später so weit sein würde, allerdings hätte sie niemals geglaubt, daß sie in dieser Situation mutterseelenallein und in strömendem Regen auf einem matschigen Pfad hocken würde, blutbesudelt zwischen den Leichen ihrer Gegner.
    Noch schlimmer als das war die Empfindung gewesen, als sie auf ihren zweiten Widersacher eingestochen hatte – die blinde, schiere Raserei. Sie hatte ihn töten wollen, zerfetzen wollen in dem roten Nebel ihrer ungezähmten Wut. Das war also der Blutrausch, über den selbst gestandene Krieger nur halb flüsternd und hinter vorgehaltener Hand sprachen, wenn sie es denn überhaupt taten.
    Die Dunkelelfe schlug die Kapuze zurück, legte den Kopf in den Nacken und ließ den Regen auf ihr Gesicht fallen. Wie lange sie so dort gehockt hatte, im Innern völlig taub und leer, vermochte sie später niemals zu sagen. Endlich erhob sie sich steifbeinig, sammelte ihr Schwert auf, fing Falchion ein und setzte ihren Weg fort.
    Sie schaute nicht zurück.

  13. #253

    Südliche Grenze Cyrodiils -> Skingrad

    Arranges kam auf der Höhe der Ausläufer des Panther wieder nach Cyrodiil und ritt dann auf der gelben Straße nach Norden. Er hatte den Fluss nach einem halben Tag überquert und war noch bis Anbruch der Dämmerung unterwegs. Etwas abseits des Weges, schlug er sein Nachtlager auf. Einen Strick zwischen zwei nahe beieinander stehenden Bäume gespannt und die grobe Filzplane darüber gelegt, ergab ein provisorisches, aber ausreichendes Zelt. Der Kaiserliche war, seit er aufgebrochen war, ausschließlich mit seinen Gedanken beschäftigt, welche sich wiederum um das Kaltblutritual drehten. Normalerweise wäre er gemütlich durch die Landschaft geritten und hätte die Natur bewundert, aber jetzt schien ihm das alles etwas zu unwichtig zu sein, als dass er sich tatsächlich damit beschäftigen hätte können. Er wusste nicht wirklich, was das zweite Ritual bewirkt hatte, hätte man ihn jetzt gefragt, hätte er vermutlich geantwortet, dass gar nichts anders sei als zuvor. Für ihn fühlte sich alles ganz normal an, wie er jetzt am Feuer saß, zu seinem Rotfuchs schaute, der ruhig ein paar Grashalme aus dem üppig bewachsenen Waldboden zupfte und ab und zu den Kopf hob, ob der nächtlichen Geräusche. Arranges blickte fragend zu den Sternen auf, welche er zwischen den lichten Zweigen erblicken konnte und überlegte, wie es damals nach dem ersten Ritual gewesen war. Er erinnerte sich nicht mehr ganz daran, aber er hatte die Zeit vor dem ersten Mal noch gut in Erinnerung. Die Studienzeit und die Gesellenprüfung zum aufsteigenden Schüler. An seine Studienzeit erinnerte er sich gerne zurück und normalerweise wäre an dieser Stelle ein wenig Sehnsucht in seinem Verstand aufgestiegen, aber er spürte nichts davon. Daran brauche ich nicht denken, während der Studienzeit war ich ein Nichts, ein Amateur, welcher dachte, er wäre begabt... nein, so war es nicht, so ist es nicht und so wird es auch noch länger nichts sein. Die Gathering hatte Recht und ihr Entschluss war richtig, ich habe nachgelassen und sie haben das erkannt. Warum habe ich mich auch nur versucht quer zu stellen? Die Gathering hat die Weisheit, sie hat das Wissen... Dass er überhaupt die schwachsinnige Idee hatte, die zitternden Inseln zu betreten, kam ihm jetzt mehr als nur ein bisschen töricht vor, ja am liebsten hätte er sich in diesem Moment geohrfeigt. Dass Meryann dabeigewesen war, machte die Sache nicht unbedingt besser... Als er noch ein wenig mehr in den Erinnerungen von der Zeit auf den Inseln stöberte, sank seine Laune. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Er ließ sich von einem zusammengenähten Fleischberg den Weg verstellen, rettet eine Frau, die ihm als Leiche ganz klar nützlicher gewesen wäre und nimmt sie anschließend nochmal auf die Inseln mit, nachdem sie in der Zwischenzeit seine Taktiken und Handlungen mehr als nur einmal in Frage gestellt hatte. Ja sogar sein Pferd, seinen Rotfuchs, seinen Freund und treuen Begleiter, hatte er wegen ihr und den Inseln einfach den groben Händen der Legion überlassen. Und warum konnte sie Xiviliais rufen und brachte es fertig einen Lich zu kontrollieren?! Warum hatte Falanu mehr Ahnung von Alchemie als er, warum verstand es ein Gladiator aus der Arena besser mit dem Schwert umzugehen als er und warum zum Täufel konnte er den Blick nicht von Masser und Sekunda nehmen, welche seit einigen Augenblicken am Himmel standen und kalt auf ihn herabschienen. Etwa wegen ihrer Schönheit? Mach dich nicht lächerlich! Arranges stand vom Feuer auf und ging zu seinem kleinen Zelt hinüber. Neben den Statteltaschen ging er in die Knie und suchte ein Buch und ein fast leeres Papier hervor. Nach einigen weiteren Augenblicken des Suchens, hielt er auch ein kleines Beutelchen in Händen, aus welchem er zwei kleinere Stückchen Kohle herausholte. Er setzte sich wieder ans Feuer, schlug das Buch an irgendeiner Stelle auf, legte es neben sich, nahm ein Kohlestück zur Hand und legte das Papier auf eine Seite des aufgeschlagenen Buches. Dann begann er zu schreiben. Stichwortartige Abschriften und Randnotizen, wie zu seinen Anfängen, als er noch in Cheydinhal seine Selbststudien betrieben hatte. Er musste sich irgendwie ablenken. Nach einiger Zeit sah er auf zum Himmel und stellte fest, dass die beiden Monde schon eine beachtliche Strecke zurückgelegt hatten. Er sah auf seinen Aufschrieb und überflog nochmals kurz, was er geschrieben hatte und was dort im Buch stand. Eine Zornesfalte bildete sich auf seiner Stirn und Adern traten an den Schläfen hervor. Er hatte das Buch erwischt, welches die Grundlagen der Zerstörung beinhaltete. Es war noch ein Überbleibsel seines Vaters. Dummerweise hatte er die Seite aufgeschlagen, welche das Kapitel zur Schockmagie beihaltete. Vom Element Blitz hatte er nicht unbedingt viel Ahnung. Er konnte zwar Zauber daraus wirken, doch misslangen ihm diese gerne mal. Eis und Feuer lagen ihm eigentlich recht gut und zum Töten reichte beides mehr als genug, aber Schockzauber verstand er einfach schon in ihrem Wesenszug oft nicht so ganz. Links und rechts verkrallten sich seine Hände in die Seiten. Die ganze Zeit hatte er eigentlich nicht so darauf geachtete, was er geschrieben und gelesen hatte, aber jetzt, da er das Ganze bewusst durchlas, ärgerte er sich maßlos darüber, dass er den Teil der Magie nicht wirklich beherrschte. Aber warum nicht?! Er schlug das Buch so zu, dass sein Rotfuchs zusammenzuckte und die Ohren aufstellte. Gottverdammter Scheissdreck! Arranges stand abruppt auf, nahm das Buch in eine Hand und schleuderte es gegen den nächsten Baum. Der Nekromant zwang sich zur Ruhe und setzte sich wieder. Das Feuer vor ihm war auch schon gut heruntergebrannt und gab nur noch wenig Licht und Wärme ab. Ab morgen wird wieder intensiv gelernt... wie konnte ich nur so sinken und verweichlichen... Er trat neben sein Pferd und legte ihm sanft die Hand auf die Nüstern. 'Du stellst wenigstens keine Fragen...' Dann legte er sich in sein Zelt und schlief auch nur wenig später ein. Sein Schlaf war alles andere als erholsam. Er träumte wirres Zeug und welzte sich immer wieder herum.

    Am Morgen erwachte er mit den ersten Sonnenstrahlen. Er baute rasch sein Zelt ab und war gerade dabei, die Satteltaschen zu packen, als ihm auffiel, dass eines der beiden Bücher, die er eigentlich immer dabei hatte, fehlte. Dass er es am Abend zuvor aus lauter Wut von sich geschleudert hatte, kam ihm im Moment nicht in den Sinn. Er schaute sich fragend um und erblickte den uralten Folianten am Fuße eines Baumes. Absolut gedankenleer ging er zu dem Baum, kniete sich nieder und hob das Buch auf. Er tat es zu den anderen Sachen und befestigte dann die Taschen am Sattel. Wenig später war er wieder auf der offiziellen Straße entlang des Niben nach Norden unterwegs. Er überquerte die große Brücke, welche sich in der Ringstraße eingliederte. Weiter war er nach Westen unterwegs. Nur einmal hatten Räuber versucht ihn zu überfallen. Sie wurden eiskalt von dem Kampfmagier niedergemacht. Dort wo sie versucht hatten Arranges zu überfallen, roch es jetzt nach verbrannten Haaren, ein grausam verstümmelter und verkohlter Khajiit und zwei Orks, welche nur noch von der Statur her als solche zu erkennen waren, lagen in ihrem Blut, welches jetzt die Straße buchstäblich überflutete und sich in größeren Lachen unter den Toten sammelte.

    Arranges war gut dreieinhalb Tage unterwegs gewesen. Es war später Nachmittag und die Sonne war schon im Begriff hinter dem Horizont zu versinken, als der Kaiserliche endlich das Osttor Skingrads erreicht hatte. Einige Meter vor den Wehranlagen stieg er ab und führte sein Pferd die restlichen Meter am Zügle. 'Halt, wer da?' Rief ihm die Wache entgegen und kam auf ihn zu. Vor Arranges blieb der Wachmann stehen und musterte ihn kurz. 'Wenn ich eure Papiere kurz haben könnte?' Wortlos reichte Arranges dem Soldaten einen zerknitterten Wisch mit Stempelzeichnung. 'Ihr könnt passieren.' Das große Tor Skingrads war noch offen. Arranges lief die Hauptstraße der Stadt entlang und gab auf der anderen Seite sein Pferd ab. Dann machte er sich auf den Weg zu Falanu. Als er durch die etwas engeren Straßen der Stadt lief, wurde er plötzlich von einer etwas größeren Gestalt in eine kleine Nebenstraße gewunken. Arranges schaute kurz über die Schulter, aber die Wache hinter ihm war gerade mit einem Passanten beschäftigt, schnell tat er zwei Schritte zur Seite und verschwand zwischen den zwei Gebäuden rechts und links der Gasse.

    'Der Meister lässt euch Grüße ausrichten... Zeitgleich gibt es aber auch eine schlechte Nachricht, wegen der ich euch aufgesucht habe. Arvundez, der gekaufte Dieb, der euch das Buch besorgen sollte, hat wohl entschieden, dass das Buch wo anders einen recht netten Preis erzieheln könnte. Torrah de Llevria ist bereits informiert und würde sich euch zur Seite stellen, wenn ihr es denn wünschen würdet.' Arranges zuckte bei der Erwähnung des Namens ein wenig zusammen. Nein, nicht Torrah! Sie wird hier, wie auch sonst, ihre Finger aus meinen Angelegenheiten schön rauslassen! 'Nun, weiss man denn, wo sich Arvundez im Moment aufhält?'
    'Zuletzt hat man ihn gestern Mittag südlich von Chorrol gesehen. Er war in Richtung Kaiserstadt unterwegs. Aber er war nicht allein. Er hatte noch zwei dick gepanzerte Kumpanen bei sich. Ein Ork und ein Nord, deswegen das Angebot von de Llevria.'
    'Nein, ich brauche Torrah nicht. Gebt die Grüße an den Meister zurück.'
    'Also gut, bis zu unserem nächsten Treffen.' Plötzlich war der Hüne verschwunden.

    Den restlichen Weg zu Falanu überlegte Arranges, was er jetzt tun könnte. Er musste dieses Buch bekommen, bevor der Rothwardon die Chance hatte, es in der Kaiserstadt zu verkaufen.

  14. #254

    Skingrad -> Großer Forst -> Skingrad

    Arranges stand nach nur wenigen weiteren Schritten vor dem Geschäft der Dunkelelfin. Sich über das Kinn streichend, schaute er auf zu dem Aushang, welcher quer zur Straße stand und so das Gebäude als Geschäft der Alchemie kennzeichnete. Der Kaiserliche schaute unschlüssig nach links und rechts, dann wieder auf die Eingangstür vor sich. Er schüttelte den Kopf und machte sich dann wieder auf den Weg zu den Stallungen. Er holte sein Pferd und ritt dann im Schein von Masser und Sekunda los. Arranges trieb seinen Rotfuchs zu höchster Eile, er flog fast schon wie ein Schatten über die Landschaft.

    Am nächsten Morgen erreichte Arranges zusammen mit der aufgehenden Sonne die Kreuzung, wo die Ringstraße auf die Brücke zur Kaiserstadt abzweigte. Während der Dämmerung hatte Arranges das Tempo gemäßigt und kam nun im Schritttempo auf den Brückenkopf zu. Als er gerade an den ersten Zwillingstürmen vorbeiritt, sah er im Augenwinkel noch eine Gestalt an der Mauer lehnen. Das Gesicht war unter einer Kapuze verborgen, gekleidet war die Person in eine recht eng anliegende Lederrüstung, aber mehr als dass es sich um einen kleinen Menschen handelte, welcher sogar nochmal einen Ticken kleiner war als Arranges, konnte man im Dämmerlicht nicht erkennen.

    'Ihr kommt ziemlich spät...' Ich hasse sie! Arranges zügelte sein Pferd und schaute zur Seite auf die Gestalt herab, welche sich jetzt von der Wand löste und mit beiden Händen die Kapuze zurückschlug. Zum Vorschein kam das Antlitz einer Kaiserlichen. Die goldenen, nackenlangen Haare nach hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, ließen sie ihr trotzdem noch eine einzelne, kurze Strähne in die Stirn fallen. Die mandelförmigen Augen leuchteten blau unter den feinen, ebenfalls blonden Brauen hervor. Eine kleine Stubsnase war zu erkennen, unter welcher etwas blasse, aber dafür absolut runde und volle Lippen den Mund beschrieben. Torso, Schultern und Schenkel wurden, wie Arranges auch schon zuvor erkannt hatte, von einer engen Lederrüstung bedeckt, sodass man die vollkommenen weiblichen Rundungen praktisch nicht ignorieren konnte. Waden und Unterarme waren nackt und von der gleichen edlen, aber nicht ungesund wirkenden Blässe, wie ihr Gesicht. Die Füße steckten in Läuferschuhen, welche gerade bis über die Knöchel reichten und recht bequem aussahen. An den Händen hatte sie fingerlose Stoffhandschuhe. An der Seite hing ein vergleichsweise kurzes Bastardschwert aus einer rotgelben Legierung. Torrah de Llevria stand neben Arranges und schaute zu ihm auf, als wäre sie die oberste Instanz, die man sich überhaupt vorstellen konnte. Gleichzeitig aber lag etwas Verletzliches und Beschützenswertes in ihrem Blick. Warum? Warum bei Dagon bekomme ich diese... Kreatur an die Seite gestellt, obwohl ich gesagt habe, dass ich keine Hilfe bräuchte?! 'Hat es euch die Sprache verschlagen Arranges?'
    'Nein...'
    'Nun, das will ich hoffen, denn ich will zu den folgenden Worten, die ich gleich an euch richten werde, eure Meinung hören.' Sagte sie und lächelte. Dieses Lächeln war wie der ungetrübte Sonnenaufgang an einem Wintermorgen, es war absolut unmöglich die Augen davon wegzubewegen. 'Achso?' Mehr brachte der Kaiserliche nicht hervor und dieses eine Wort war auch mehr gestammelt als ordentlich gesprochen. Der Kaiserliche stieg wie selbstverständlich ab und ging, die Zügel in einer Hand haltend, um das Pferd herum und trat vor Torrah. 'Ihr habt euch wiedereinmal nicht verändert Arranges.' Meinte sie und grinste verschmizt. Bei dem Nekromanten zuckte lediglich ein Augenlied, während er sich beherrschen musste, seine steinerne Maske des müden Wanderers mit den wachsamen Augen aufrecht zu erhalten. 'Genau das...' Legte sie nach. Haltet den Rand und kommt endlich zur Sache, damit ich euch baldmöglichst wieder los bin! 'Also, dann will ich euch mal nicht länger auf die Folter spannen, ich weiss doch, wie sehr ihr immer beschäftigt seid... Mir ist zu Ohren gekommen, dass ihr ein kleines Problem habt. Ein Rothwardon namens Arvundez steht zwischen euch und eurer Karriere. Die Meisterin ließ mir dies zutragen und bat mich darum, mich um die Sache zu kümmern, während ihr... weg sein würdet.' Während die Kaiserliche gesprochen hatte, war sie immer näher an Arranges herangetreten und stand jetzt nur noch gute zwei Handbreit vor ihm. 'Ich habe mich also auf den Weg gemacht um zu sehen, was meinem Mentorenkollege solche Schwierigkeiten bereitet... Aber was musste ich erfahren? Ihr habt jegliche Hilfe abgelehnt...' Die letzten Worte sprach sie mit gespielter Kränkung. Allerdings war sich Torrah darüber bewusst, wie Arranges reagieren würde. Sie kannte ihn schon zu lange. Der Kaiserliche wusste um die abartigen Künste der Magierin und nahm sich eigentlich jedes Mal vor, nicht wieder auf ihre Worte und Gesten anzuspringen, aber immer scheiterte er wieder daran. Lediglich in Gedanken konnte er sich neben seinem tatsächlichen Handeln den Weg zeichnen, den er eigentlich hätte einschlagen sollen, nämlich weg von ihr, weg von der unübertroffenen Torrah de Llevria. Was sie sagte legte bei Arranges eine Art Schalter um, er konnte einfach nicht umhin, nach ihrer Pfeife zu tanzen, zwar versuchte er dies zu vermeiden, aber er sah sich schon wieder als sabbernden Idioten im Schatten der Kaiserlichen wandeln, solange er mit ihr zusammenarbeiten würde. 'Ich... versteht doch, ich wollte euch nur nicht in Dinge miteinbeziehen, die ich selbst versaut habe... soetwas sollte ich selbst wieder geraderücken.' Ohne euch! Mit einem unfehlbaren Augenaufschlag sah sie zu ihm auf und seine Fassade begann zu bröckeln. 'Arranges, in Cyrodiil gibt es nur uns beide, wir müssen einander helfen...' Nein, eben nicht... von einer zweitklassigen Beschwörerin lasse ich mir nicht helfen! In der Tat war Torrah nichteinmal halb so gut wie Arranges, was die Schule der Beschwörung anging, dafür aber übetraf sie ihn in allen anderen Disziplinen. 'Das ist... richtig...'
    'Auch wenn ich weiss, dass ihr lieber allein arbeitet, aber zumindest ich freue mich jedes Mal darüber, euch sehen zu dürfen...' Ein stummer Vorwurf hallte den Worten nach. Ich bin verdammtnochmal nicht dein Schoßhündchen... also hör auf mit diesem Gesülze! 'Ich arbeite eben am effektivsten, wenn ich allein bin...'
    'Ich weiss doch, wie sehr ihr um euren Platz bei uns bemüht seid, aber trotz aller Befremdlichkeit und dem Drang nach dem einsamen und ruhigen Studium ist es wichtig auch Kooperation zu zeigen... aber genug dieser Dinge, wir haben noch einiges zu bereden.' Sie stellte sich neben ihn und schob ihn mit einem Arm, den sie um ihn legte, vorwärts, weg von der Kaiserstadt. 'Ich habe Arvundez außerhalb von Chorrol auf der Straße abgefangen. Ich gab mich als Händler und bot ihm einen Handel an. Er ist darauf eingegangen. Wir treffen uns heute bei Anbruch der Nacht im großen Forst an einem ausgemachten Platz.' Der hätte euch das Buch auch so gegeben, aber warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? 'Ihr habt den Weg also schon geebnet, ich muss praktischerweise nur noch die Pflastersteine fugenlos darauf verteilen?'
    'Genau so ist es.'

    Sie machten sich auf den Weg in den großen Wald, welcher das Herzland umgab. Während der Stunden, die sie unterwegs waren, bearbeitete Torrah Arranges wie sie es immer tat. Niemand beherrschte das Wort und die Gestik so wie sie. Half dies einmal nicht weiter, wusste sie sich ihre Partner und Partnerinnen auch mit Magie gefügig zu machen. Sollten alle Stricke reissen war sie dennoch unangreifbar. Ihre Schwerthiebe waren zwar nicht von großer Kraft geprägt, dafür aber mit schnellen und taktischen Streichen geführt, wie sie nur die aller Wenigsten hinbekamen. Ihre Zerstörungsmagie war absolut tödlich und das Zusammenspiel ihres Körpers mit der leichten Lederrüstung so tadellos, dass sie auch direkte Hiebe ohne merkliche Verletzungen wegstecken konnte. Sie war im weitesten Sinne unantastbar.

    Es dunkelte bereits, als Torrah und Arranges in den dichten Wald eintauchten. Die Kaiserliche führte sie zu einem kleineren Grasfeld, welches dicht von Bäumen umwachsen war. Eine kleine Insel, wie es ihrer viele gab, über welcher man durch das Geflächt der Äste das Firmament sehen konnte. Sie blieb stehen und sah zu Arranges. 'Haltet euch zurück...' Sie wusste, dass diese Worte bei dem Kaiserlichen allein kaum helfen würden, schließlich kannte sie ihn und seine Art mindestens so gut, wie er sich selbst kannte. Sie trat an ihn heran und sah ihm kurz eindringlich in die Augen. Dann legte sie sanft ihre Hand auf Brusthöhe auf den Mithrilpanzer. 'Ihr wollt doch nicht, dass mir oder euch etwas passiert... wenn ich Hilfe brauche, sag ich es euch.' Arranges war wie Wachs in den Händen de Llevrias, er hatte nicht mehr das Verlangen, sich über sie ernsthaft aufzuregen. Mit einem undeutbaren Lächeln drehte sie sich um. Als die Sonne ganz untergegangen war, sorgte nur noch Sekunda für eine eher spärliche Beleuchtung. Die beiden Kaiserlichen mussten nicht sehr lange warten. Schon nach kurzer Zeit traten zwei Riesen aus dem Wald auf die kleine Fläche. Ein Ork und ein Nord, beide in kompletten Orkrüstungen mit zwergischen Claymoren auf dem Rücken. Die beiden Krieger traten einige schritte auf die Nekromanten zu, blieben aber ungefähr in der Mitte der Fläche stehen. Der Ork, welcher den Nord zwar nicht an Breite, aber an Höhe übertraf, tat einen großzügigen Schritt zur Seite. Hinter ihm erschien der schon fast lächerlich klein wirkende Rothwardon, unter dem Arm ein in Tuch gehülltes, eckiges Packet. 'Bleibt hier, ich regle das schon.' Flüsterte Torrah Arranges zu, der nur mit einem Nicken antwortete. Sie ging auf die drei Gestalten zu und blieb vor ihnen stehen. Sie beredeten etwas. Arranges sah teilnahmslos, wie der Rothwardon ein paarmal den Kopf schüttelte. Torrah versuchte ihn wohl noch irgendwie anders umzustimmen, aber Arvundez zeigte sich sichtlich unbeeindruckt von ihrer Art. Dann kam sie zurück zu Arranges, während die anderen an Ort und Stelle stehen blieben. Sie stellte sich wieder neben den Kaiserlichen und legte ihm die Hand auf den Rücken. Arranges wusste zwar, was kommen würde, aber Torrah hatte ihn schon in den Stunden zuvor so sehr für sich eingenommen, dass er es einfach geschehen ließ. Ich kann... einfach nichts dagegen tun... Der Kaiserliche merkte, wie ihn Magie durchflutete. Augenblicklich sah er nur noch rot. Seine Hände ballten sich zu Fäusten und sein Blick verängte sich. Ein ganzer Mix aus magischen Sprüchen und Formeln wirkte Torrah auf ihn ein. Seine Muskeln krampften und schmerzten unter dem Einfluss der Magie, sein Bewusstsein wurde nur noch auf seine Kampffertigkeiten ausgerichtet, er fühlte, wie Adrenalin durch seinen Körper rauschte. Dann nahm sie die Hand wieder runter und sah zu ihm auf. Das schwere Atmen und die hervortretenden Adern an den Schläfen zeigten ihr, dass ihre Zauberei so wirkte, wie sie es wollte. Sie zeigte nur auf den Rothwardonen und sprach leise zu Arranges: 'Er hat dein Buch, lehnt jetzt aber den vereinbarten Handel ab, ich weiss nicht wieso... wir müssen ihn loswerden...' Verrecken soll er! Schon als die Kaiserliche auf ihn zeigte, überkam Arvundez ein komisches Gefühl und er schaute zu seinen Beschützern links und rechts. Sie verstanden die Geste und langten nach ihren Waffen. Das leise Klirren von Metall auf Metall war zu hören, als der Ork und der Nord ihre Zweihänder zogen. Arranges hatte währenddessen ein ganzes Duzent Sprüche im Anschlag, sein Schwert gezogen und die Zügel seines Rotfuches losgelassen. Mit langen Schritten kam er auf die drei Gestalten zu. Er hob seine freie Linke, welche direkt von einer azurblauen Flamme eingehüllt wurde. Ein Meter vor Arvundez blieb Arranges stehen. 'Mein Buch wenn ich bitten darf!' In diesem Moment bemerkte er aber schon den neuerlichen Magieeinfluss, von hinten. Torrah hatte nochmal nachgelegt.

    Ohne auf eine Antwort zu warten, zuckte die Klinge des Kaiserlichen nach vorn und Arvundez sackte zusammen. Mit so einem Angriff hatte er wohl nicht gerechnet. stöhnend presste er die Hand auf ein klaffendes Loch im Bauch. Die beiden Krieger erfassten die Bedrohung nicht gleich, sodass Arranges Zeit hatte, einen Satz nach hinten zu machen. Aber kaum hatten sie sich gefangen, stürmten sie auch schon auf Arranges ein. Der eine kam nicht sehr weit. Vor ihm wuchs ein Markynaz aus dem Boden und blockte den Hieb zur Seite weg. Dem Dachschlag des anderen begegnete Arranges mit einem Gegenschlag. Scheppernd prellten die Klingen auseinander. Beiden wurden ihre Waffen aus den Händen gerissen. Der Ork blickte etwas verwirrt, hatte aber weiters keine Zeit mehr, sich darüber Gedanken zu machen, was er tun sollte. Arranges hatte ihm bereits die zaubernde Hand entgegengestreckt und brachte den Spruch zu Ende. Die Grünhaut ging augenblicklich in Flammen auf. Brüllend und mit den Armen rudernd stolperte der Ork herum. Weiter gehts... Der Nord hatte den Markynaz nach einem kleinen Kampf überwunden und sah jetzt ein paar Sekunden verstört auf den brennenden Ork. Als sich seine hasserfüllten Augen wieder auf Arranges gerichtet hatten, war es schon zu spät. Der Kaiserliche hatte in der Zwischenzeit das Silberschwert mit einem verächtlichen Blick weggeschleudert und sich ein daedrisches Cleymore gerufen. Der Hieb war präzise und mit einiger Wucht geführt, von der Arranges für den Bruchteil einer Sekunde selbt überrascht war. Ein Scheppern, begleitet von einem widerlichen Knacken bestätigte, dass die rechte Schulter unter der Rüstplatte des Nords gebrochen war. Arranges ließ seinem Kontrahenten aber keine Zeit zum Schreien. Er drehte sich mit ordentlich Schwung um die eigene Achse und ließ das Schwert von der Seite heranfliegen. Knirschend schlug es eine Kerbe in die Rüstung auf Lungenhöhe. Pfeifend entwich dem Nord die Luft. Er ging vor Arranges in die Knie. Dieser ließ das Schwert mit einer Hand los und riss dem Krieger den Orkhelm vom Kopf. Dann packte er ihn in den Haaren und wechelste in der anderen Hand die Waffe. Das Cleymore verschwand und ein daedrischer Dolch manifestierte sich. Das blanke Entsetzen stand dem Nord ins Gesicht geschrieben, als er in die leeren Augen des Kaiserlichen blickte. Arranges setzte die Spitze des Dolchs über dem Kehlkopf des Nords an. Ein bestialisches Grinsen zeichnete sich auf dem Antlitz des Nekromanten ab, als er langsam aber beständig die Klinge im Halse des Nordmanns versenkte. Gurgelnd verkündete der Nordkrieger nach wenigen Augenblicken sein Ableben. Arranges blickte auf. Der Ork war mittlerweile auch tot und lag bis zur Unkenntlichkeit verkohlt mit glühender, deformierter Rüstung ein paar Meter weiter im Gras. Als er zu Arvundez sah, hielt er einen Moment inne und ein Ruck ging durch den Körper des Kampfmagiers. Er blickte direkt in die Augen des Rothwardonen, welcher sich von seinem ersten Schock erholt hatte und die Wunde jetzt wohl einfach zu ignorieren schien. Er hatte sich auf einen Ellenbogen gestützt und die andere Hand erhoben, als würde er etwas halten, aber da war nichts. Ungläubig schaute Arranges an sich herab und sah den Griff eines Ebenholzdolches aus seinem Bauch ragen. Er sah wieder auf und erkannte das triumphierende Grinsen im Gesicht des Rothwardonen. Er ließ den Nord los und richtete sich auf. Dann packte er den Loch und riss ihn aus seinen Eingeweiden. Mit der triefenden Waffe schritt er auf den Rothwardonen zu, dessen Grinsen gefroren war und sich jetzt langsam aber sicher zu einer Angstgrimasse wandelte. Er hob noch abwehren die Hand, was ihm aber überhaupt nichts nutzte. Nachdem Arranges sich einige Augenblicke später von Arvundez abwandte, war dessen Gesicht nur mehr eine rote, breiige Masse. Der Kaiserliche hob das Buch auf und ging ungeachtet des roten Stroms, welcher aus dem Loch in seinem Unterleib drang, zu Torrah de Llevria.

    'Arranges, wie seht ihr denn aus? Ihr solltet mit den Leuten verhandeln... wisst ihr, verhandeln...' Sie kicherte und langte nach dem Buch. Mit der anderen Hand tippte sie dem Kaiserlichen an die Stirn, voraufhin dieser nach hinten kippte. Den Folianten in Händen haltend, ging sie neben dem Kaiserlichen in die Knie. Arranges selbst sah nur noch verschwommen. 'Keine Sorge, ich werdet morgen nichts mehr spüren... ich kann euch hier ja nicht einfach sterben lassen...' Wieder kicherte sie. Dann spürte Arranges die warme Umarmung des Schlafes.

    Arranges erwachte, weil ihn irgendetwas an der Wange anstubste. Es war weich und haarig. Er schlug die Augen auf und sah die Nüstern seines Rotfuches über sich. Was zum Henker?! Er fühlte sich wie gerädert. Als das Tier wahrnahm, dass Arranges erwacht war, ging es zur Seite und blickte ihn nur an. Arranges setzte sich mühsam auf, ihm war als hätte er seit Wochen nicht geschlafen, obwohl er gerade erst erwacht war. Er lag auf einer kleinen baumlosen Fläche mitten im Wald. Was mache ich hier? Warum... Seine Gedanken brachen jäh ab, als er sich umblickte und die Verstümmelten sah. Torrah... DAS BUCH! Schnell war Arranges auf den Beinen, stöhnte aber auf und fasste sich keuchend an den Bauch. Als er die Hand wegnahm, sah er nur noch die Stelle, wo der Dolch durch den Mithrilpanzer gedrungen war, darunter aber war die Haut unversehrt. Trotzdem würde es noch eine Weile dauern, bis auch die letzten Schmerzen und Heilprozesse abgeklungen sein werden. Er sah sich um und langsam aber sicher kamen die Erinnerungen an das Massaker wieder zurück. Torrah hatte es einmal mehr geschafft, ihn komplett zu kontrollieren... und jetzt hatte sie auch noch das Buch mitgenommen, denn Arranges konnte es hier nirgends finden. Ich bin mal gespannt, was gewisse Leute dazu sagen werden... Aber Arranges drängte seinen Groll zurück, jetzt half ihm das auch nichts und außerdem war er viel zu müde und erschöpft, als dass er ihr hätte direkt nachjagen können. Davon mal abgesehen, wusste er überhaupt nicht, wo sie hingegangen sein könnte.

    Der Kaiserliche machte sich auf nach Skingrad. Nach einem flotten Tagesritt war er in der Stadt angekommen. Nach einem Besuch bei Falanu, die er durch seine neuerlich noch kühlere Art mit tränenden Augen in ihrem Geschäft zurückgelassen hatte, nahm er sich am Abend ein Zimmer in der Herberge zur Westebene und verbrachte die Nacht damit, alchemistische Rezepte und Mischtaktiken aus einem etwas angestaubten Buch zu studieren.

  15. #255

    Cheydinhal - Umland -> Bockbierquell -> Skingrad

    Sie saß Mordan Neladren gegenüber, ihrem Mentor und Ziehvater. Beide saßen in gemütlichen Sesseln in seinem Haus in der Nähe von Cheydinhal, welches weit weg von den Straßen stand, im Kamin prasselte ein Feuer, draußen war es bereits dunkel geworden. Dreveni hielt eine Tasse mit heißem Tee in der Hand, und sah Mordan fragend und skeptisch an. "Sein letzter Aufenthaltsort war also das Schloss in Skingrad. Du weißt dass ich dort normal nicht arbeite."
    "Ich weiß, es war auch sein letzter bekannter Aufenthaltsort, es besteht Grund zu der Annahme, dass er sich im Umland von Skingrad aufhält oder in einer anderen Stadt."
    "Oh, vielleicht ist er ja schon in Hammerfell, oder in Skyrim, oder..."
    "Dreveni...", dabei sah Mordan sie tadelnd an.
    "Entschuldige, ich lass dich schon ausreden.", antwortete sie lächelnd.
    "Er hat kaum die Mittel, weit zu kommen, außerdem ist er nicht gerade ein unbeschriebenes Blatt in Tamriel. Jetzt hat er es sich auch in Cyrodiil verscherzt, dieser Adlige, der den Auftrag gegeben hat, hat eine Tochter, und das Ziel ist nicht wirklich standesgemäß und naja, ich denke du verstehst."
    Sie nickte nur und beobachtete Mordan, während er weitersprach. Er hatte sich über die letzten Jahre eigentlich gar nicht verändert. Er trug das weiße Haar immer noch nach hinten in einem Zopf, sowie die einfache graue Robe, die er meistens im Haus trug.
    "In den anderen Provinzen droht ihm vermutlich nur Gefängnis, aber dieses mal hat er sich den falschen herausgesucht. Der Auftraggeber ist genauso jähzornig und nachtragend wie reich an Geld und Einfluss, und möchte seine Tochter entsprechend verheiraten, da versteht er keinen Spaß." Mordan schob ihr ein paar Pergamente über den niedrigen Tisch. "Das sind Unterlagen, die wir bis jetzt erhalten haben. Alles weitere werden dir die Kontaktleute des Auftraggebers in Skingrad erklären können. Sie werden erst in etwa einer Woche dort sein, vielleicht findest du allein in der Stadt schon etwas heraus."
    "Eilig scheint es ihnen ja nicht zu sein. In Ordnung, ich machs." Hauptsächlich reizte sie die Bezahlung an diesem Auftrag, weniger der vermutlich beträchtliche Aufwand das Ziel überhaupt zu finden. Wenn es soweit war, stellte er außerdem keine große Herausforderung da, ein Kämpfer war er nicht.

    Als Dreveni begann, die Pergamente durchzublättern und zu überfliegen, erntete sie den nächsten tadelnden Blick von Mordan. "Das hat Zeit bis später, vor morgen Vormittag brauchst du überhaupt nicht aufzubrechen, du wirst eh ein paar Tage in Skingrad warten müssen. Erzähl lieber davon wie es dir ergangen ist in der letzten Zeit." Sie sahen sich nicht so oft wie sie es gewollt hätten, auch wenn Dreveni mehr oder weniger in diesem Haus wohnte, wenn sie einmal nichts zu tun hatte oder eine Zeit nicht gesehen werden wollte, aber das kam selten vor. "Da gibt es nicht viel zu erzählen", antwortete Dreveni schulterzuckend. "Der letzte Auftrag ist in eine ziemliche Sauerei ausgeartet, aber es ist gerade noch einmal gut gegangen, wie du weißt...."
    "Das will ich doch meinen, was kann daran so schwer sein, jemandem im Schlaf die Kehle durchzuschneiden?"
    "Der hat sich ausgerechnet in dem Moment herum geworfen, ich hab ihn nicht richtig getroffen, und er ist aufgewacht." Sie sah etwas betreten zu Boden, das passierte normal nur Anfängern, ihrer Meinung nach. "Zum Glück hatte ich schon ein Kissen halb in der Hand, das konnte ich ihm auf den Kopf drücken bevor er geschrien hat. Geblutet wie abgestochen hat er natürlich auch, daher die Sauerei, denn er hat immer noch gezappelt. Es war gar nicht so einfach, ihn im Dunkeln noch einmal richtig zu treffen ohne dass er los brüllt weil das Kissen verrutscht, ich weiß auch nicht woher er soviel Luft darunter her hatte. Wie gesagt, eine Riesensauerei am Ende, aber es hat keiner gehört. Hätte der Auftraggeber nicht ausdrücklich verlangt, dass er durch die Klinge stirbt, hätte ich ihn gleich erstickt."
    "Na dann. Auch wenn ich DAS eigentlich nicht meinte."
    "Mordan..."
    "Was denn?" Er sah sie offen an, als er weitersprach. "Du sollst nicht dein ganzes Leben allein verbringen. Du bist in keiner Gilde, keinen Vorschriften unterworfen, du hättest die Möglichkeit..."
    "Nein hätte ich nicht, wie denn wenn ich die nächsten Wochen wieder jemandem quer durch Cyrodiil folgen soll?" Sie sah ihn ärgerlich an. Dieses Thema hatten sie schon zu genüge durchgekaut, ein ums andere Mal.
    "Danach..."
    "Danach wird der nächste Auftrag kommen, oder willst du dass ich aufhöre damit?" fragte sie ihn.
    "Nein, natürlich nicht. Ich möchte nur nicht, dass du dich jemandem verpflichtet fühlst, dass du dich mir verpflichtet fühlst. Du kannst tun was du möchtest."
    "Dann glaub mir bitte endlich dass ich weder einsam noch unglücklich bin. Außerdem hab ich ja noch etwas Zeit, ich bin ja noch jung." Damit war das Thema üblicherweise bis zum nächsten Mal erledigt, und sie verbrachten den Rest des Abends bei einem Kartenspiel.
    Dreveni ging recht zeitig zu Bett, und las dort die Pergamente. Außer einer hoffentlich gut getroffenen Zeichnung enthielt es nicht viel nützliches. Es war ein Kaiserlicher, er nannte sich Jack. Vermutlich war das nicht sein richtiger Name, und es war vermutlich auch das letzte Mal gewesen, dass er ihn in Cyrodiil benutzt hatte. Ein paar Angaben, was er in der Vergangenheit getrieben hatte, enthielten sie auch, das übliche, anscheinend kein Wohnsitz und laufend Ärger am Hals weil er die Hände an den falschen Töchtern hatte. Sie prägte sich das Bild genau ein, er sah - für einen Mensch - tatsächlich nicht schlecht aus. Braune Locken die ihm auf die Schultern fielen, strahlend blaue Augen und ein gut geschnittenes Gesicht.

    Am Morgen frühstückte sie noch mit Mordan und machte sich dann fertig zum Aufbruch. Sie trug einen schwarzen Overall mit kurzen Ärmeln, am linken einen Handschuh ohne Finger der bis zum Ellenbogen reichte, an dem ein Stilett aus Stahl befestigt war. Das lange, tiefschwarze Haar flocht sie im Nacken zu einem Zopf, den sie rund um den Kopf feststeckte. Sie nahm den daedrischen Dolch von der Kommode, schlug ihn in ein Stück Leder ein, tat ihn zu ihrem Gepäck und warf den langen schwarzen Wollmantel über die Schultern. Unten wartete bereits Mordan. "Hier, für deine Auslagen...", sagte er und drückte ihr einen Beutel mit Münzen in die Hand. "Die Kontaktleute werden in etwa einer Woche in der Zwei Schwestern Herberge eintreffen. Du hast gelesen, wie du sie triffst?"
    "Ja."
    "Über über sie kannst du mir auch einen Kurier schicken lassen."
    "Ja.."
    "Du kennst meinen Bekannten in Skingrad, wenn du etwas brauchst..."
    "Jaha...", wobei sie mit den Augen rollte. "Ich weiß, wie immer, außerdem hab ich alles."
    "Pass auf dich auf, sei Vorsichtig."
    "Bin ich immer. Mach dir keine Sorgen wenn du eine Weile nichts von mir hörst." Sie verabschiedeten sich mit einer Umarmung, und Dreveni stieg auf ihr Pferd. Den Bogen hatte sie entspannt zusammen mit den Pfeilen in eine Decke gewickelt und hinten am Sattel befestigt, das Langschwert war griffbereit aber schwer sichtbar seitlich am Sattel unter den Taschen befestigt. Tagsüber waren die Straßen außerdem relativ sicher, und sie hatte nicht vor durchs Unterholz zu reiten. Sie lies sich Zeit und übernachtete in Bockbierquell, einer einfachen Herberge auf halber Strecke nördlich der Kaiserstadt, die von Dunmern geführt wurde.

    Am nächsten Morgen ritt sie weiter nach Skingrad, was sie ohne Zwischenfälle am späten Nachmittag erreichte. Naja, der Bandit wäre fast ein Zwischenfall geworden, aber nach einem gut gezieltem Feuerball und einem Blick auf ihr gezogenes Schwert und dem entschlossenem Funkeln in ihren roten Augen hatte er sich dann doch für die Flucht entschieden. Sie gab das Pferd in die Hände des Stallburschen, nahm das Vulkanglasschwert was ihr einen erstaunten Blick von selbigen einbrachte, das Bündel mit dem Bogen sowie einen kleineren Beutel und ging auf das Tor zu. Die Stadtwache entschied sich bei ihrem Anblick, die Kontrolle doch einmal etwas ernster zu nehmen, und trat ihr in den Weg. Der Kaiserliche, Was auch sonst.., grinste sie schleimig an und fragte: "Ihr wollt also nach Skingrad?"
    "Skingrad?? Verflucht, eigentlich wollte ich nach Chorrol..."
    Die Wache schien ihren Sinn für Humor nicht so ganz zu teilen, auch wenn er bei einer solch dämlichen Frage doch mit so etwas rechnen musste. "Euren Pass. Habt ihr etwas zu verzollen?", fragte er sie jetzt, nicht mehr schleimig sondern ziemlich unfreundlich. Den Pass hatte sie griffbereit in einer Tasche und so musste sie ihre Sachen nicht ablegen, um ihn der Wache zu zeigen. Diese studierte den Pass eine Weile, bis er ihn ihr zurückgab. "Was zu verzollen?"
    "Nein."
    "Was ist das?", fragte er mit einem Blick auf ihr Schwert, das sie unter den Arm geklemmt trug.
    "Ein Schwert?"
    "Herrgott, nein, was wollt ihr damit?"
    "Ist es seit neuestem verboten ein Schwert mit sich zu führen? Ich möchte mein Glück bei der Kämpfergilde versuchen." In diesem Moment trat eine zweite Wache dazu und tippte die erste auf die Schulter. Diese war inzwischen schon leicht rot geworden, und schnautzte: "Was willst du?" Die zweite Wache sagte ihm leise etwas, auf das er mit einem lauten: "Nicht schon wieder!" reagierte, Dreveni mürrisch durch winkte und verschwand, wobei sie ihn noch rufen hörte: "Dieses Weib bringt mich noch ins Grab!". Stattdessen stand der zweite Wachmann jetzt am Tor und blickte gleichgültig geradeaus, den Ausbruch seines Kollegen ignorierend. Dreveni schüttelte kaum merklich den Kopf, Ich könnte SIE für dich gern ins Grab bringen..., und wandte sich in der Stadt zur Zwei Schwestern Herberge, wo sie sich ein Zimmer nahm. Dort angekommen lies sie ihr Gepäck aufs Bett fallen, zog den Overall aus und ein petrolfarbenes Kleid über, dass in dem Beutel war. Es ging ihr bis zu den Knöcheln, lag in der Taille eng an und hatte nach unten weiter werdende Ärmel, unter denen man so gut wie unsichtbar einen Stilett an zwei Lederschlaufen tragen konnte, was sie auch tat. Sie machte den Zopf auf und kämmte den Staub von der Reise aus den Haaren, die glatt und seidig bis über die Hüften fielen. Nachdem sie einen kurzen Blick in den Spiegel geworfen hatte, ging sie nach unten in den Schankraum und bestellte sich etwas zu Essen. Der Uhrzeit entsprechend war es relativ voll in der Taverne, sie beobachtete unauffällig die Anwesenden bis ihr ein Kaiserlicher auffiel, der sich gerade an der Theke niedergelassen hatte und mit der Wirtin, einer Ork, sprach. Sie beachtete ihn jedoch nicht weiter, und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder einer Ausgabe des Rappenkuriers zu. Der Mann verließ nach etwa einer Stunde wieder die Taverne, Dreveni ging noch etwa eine Stunde später auf ihr Zimmer, um ihren Mantel zu hohlen und trat in die kühle Nachtluft vor der Taverne.

    Es war inzwischen stockfinster, aber noch vor Mitternacht. Sie ging ein Stück die Hauptstraße entlang, verschwand dann aber auf den schmalen Wegen die hinter den Häusern an der Stadtmauer entlang führten. Kurz darauf hörte sie leise Schritte hinter sich und blieb stehen, nachdem sie vor sich niemanden sehen konnte. Die Hände vor dem Bauch zusammengelegt, die Rechte dabei in der Nähe des Griffes der Waffe unter ihrem Ärmel drehte sie sich um. Ein paar Schritte entfernt stand der Kaiserliche aus der Taverne und grinste sie an. "Was treibt dich denn mal wieder in diese schöne Stadt?", fragte er leise als er näherkam.
    "Arbeit, was wohl sonst. Deshalb muss ich dich auch leider gleich enttäuschen, ich habe keinerlei freie Kapazitäten."
    "Es tut sich ohnehin nicht viel hier, in Skingrad ist es erschreckend ruhig in den letzten Wochen. Ach, doch, zwei Geschwister wollen ihre alte Mutter loswerden, es geht wohl um ein Erbe."
    "Wie viel Erbe?"
    "Sowas interessiert uns doch nicht, dachte ich?", fragte er sie lächelnd.
    "Wie ich dich kenne, weißt du es trotzdem."
    "300 Septime, und gezahlt hätten sie 50. Da wäre meine Provision schon dabei gewesen."
    Dreveni antwortete nicht sondern sah ihn nur erstaunt und ablehnend an.
    "Genau die Reaktion habe ich ihnen gleich in Worte gefasst, du siehst, es gibt nichts zu tun hier."
    "In welchen Zeiten leben wir eigentlich," fragte ihn Dreveni leise und kopfschüttelnd als sie ein Stück weiter den Weg entlang gingen. "Jemand wegen 300 Septimen umbringen zu wollen und erwarten, dass es jemand für 50 macht. Aber ich bin wie gesagt sowieso wegen jemandem anderen hier. Schaust du später noch bei mir auf dem Zimmer vorbei?"
    "In Ordnung, nach Mitternacht."
    Sie nannte ihm noch die Zimmernummer, dann trennten sie sich wieder. Dreveni ging noch eine Runde durch die Stadt bevor sie wieder den Weg zur Herberge einschlug.

  16. #256

    Grenzgebiet Hammerfell-Cyrodiil -> Skingrad

    Langsam kehrte sein Bewusstsein wieder zurück. Die Hände des Rothwardonen verkrampften und krallten sich in den Sand, welcher sich unter ihm befand. Er versuchte sich zu erheben. Nichts. Sein Kopf fühlte sich an, als würde das Innere seines Schädels mit Spitzhacken bearbeitet, und als er die Augen aufschlug, explodierten die Punkte, welche vor seinen Augen herumschwirrten, in vielen bunten Farben. Ein Schwindelgefühl erfasste ihn, und schnell schloss er die Lider wieder. Das Gefühl legte sich langsam, und er traute sich nicht, die Augen wieder zu öffnen. Kraftlosigkeit war das vorherrschende Gefühl, und so wusste er nicht, wie lange er hier im Dämmerzustand jetzt gelegen hatte. Ihm kam es vor wie Stunden, in Wirklichkeit aber waren es lediglich wenige Minuten.
    Endlich richtete er sich auf, zunächst nur bis in eine kniende Haltung auf allen Vieren. Er hatte einen metallischen Geschmack im Mund, den er nicht einordnen konnte. Als er den Kopf zur Seite drehte, erkannte er ein Seil neben sich auf dem Boden liegen, dazu viele größere und kleinere Steinbrocken. Seine Augen tasteten langsam, beinahe träge den Boden ab. Der Rothwardon lag in einem Kreis aus fahlem Licht. Nach der Ursache suchend, drehte er den Kopf noch weiter und blickte schließlich nach oben. Dort erkannte er ein Loch in der Decke, durch das er den Mond sehen konnte; offensichtlich war dieser die magere Lichtquelle, die wenigstens ein wenig von der Umgebung erkennen ließ. Ich bin in einer Höhle. Wie bin ich hier hergekommen? Der Gedanke war ebenso langsam in seiner Formulierung wie die Augenbewegungen, und plötzlich bekam der Rothwardon ungeheure Kopfschmerzen. Ein Fiepen, dass er glaubte, sein Kopf würde explodieren, erklang in seinen Ohren. Er griff sich schlagartig an die Schläfen und sank wieder zu Boden. Sein Mund war zu einem stummen Schrei geöffnet, aber es erklang kein Laut; vor Schmerzen wandte er sich auf dem kühlen Sand hin und her. Gerade als er glaubte, sterben zu müssen, wurde der Ton leiser und leiser, bis er schließlich endgültig verschwand. Der plötzlich eintretenden Stille traute er noch nicht so ganz, so blieb er zunächst erschöpft und mit den Händen immer noch am Kopf auf dem Boden liegen.
    Die Gedanken in seinem Gehirn überschlugen sich; angestrengt versuchte er Ordnung in das Chaos zu bringen, was ihm nur mit Mühe gelang. Ich muss hier raus! Aber warum? Wo raus? Was willst du hier? Woher kommt der Sand? Das Seil? Die Steine? Der Mond? Die Dunkelheit? Das Loch? Er schüttelte den Kopf, es machte keinen Sinn, was er sich dort zusammenreimte. Nochmal versuchte er von vorne zu beginnen. Und dann traf ihn mit einem Mal der Schlag. Die Augen weit aufgerissen, erhob er sich mit zittrigen Beinen und betrachtete seine Hände. Wieder wirbelten die Gedanken durch seinen Kopf, aber er fand keine Antwort auf die Frage, der er sich bewusst geworden war. Sie war einfach. Und doch konnte er sie nicht beantworten. Mit leerem Blick schaute er auf und starrte in die Dunkelheit, bis er schließlich ungläubig flüsterte:
    „Wer bin ich…“.

    Über den Klang seiner eigenen Stimme erschrak der Rothwardon. Ich muss hier raus! Aber warum? Wer bin ich? Wo raus? Was willst du hier? Wer bin ich? Woher kommt der Sand? Das Seil? Die Steine? Wer bin ich? Der Mond? Die Dunkelheit? Das Loch? Zwischen seine Gedanken von vorhin mischte sich jetzt immer häufiger diese eine Frage, welche er auch unter größten Anstrengungen nicht beantworten konnte. Er war sich bewusst, dass er eigentlich gerade kurz davor stand, durchzudrehen, aber er zwang sich zur Ruhe. Der Rothwardon hatte sich an einer gemauerten Wand, etwas abseits des Mondscheinkegels, niedergelassen und musterte den Sand. Er spürte, es fehlte nicht mehr viel und er würde den Verstand verlieren. Du musst dich beruhigen. Atme ruhiger,..., aber wieder fiel ihm sein Name nicht ein. Tief atmete er ein und aus, und tatsächlich, je öfters er dies tat, desto ruhiger wurde der Herzschlag, bis er sich schließlich normalisiert hatte. Hinweise! Du brauchst Hinweise! Das wird dir helfen! Die Stimme in seinem Kopf klang verzweifelt, aber dennoch klammerte er sich daran. Im dämmrigen Licht musterte er seine Hände. Sie waren verschrammt und wiesen frische Kratzer auf. Sein Blick fiel zu dem Loch. Ich bin gestürzt. Dies klang logisch; der erste logische Gedanke. Das machte ihm Mut. Er suchte weiter mit seinen Augen. Seine Kleidung war verdreckt, aber noch halbwegs intakt. Sie war leicht und passte irgendwie in die Umgebung. Sand. Wüste. Noch immer hatte der Rothwardon keine Ahnung. Ein Halstuch, das voller Sand war. Ein Halstuch? Er zog es höher, es bedeckte seine untere Gesichtshälfte und den Hals. Eine Maske. Seine Hände tasteten zum Gürtel. An seiner rechten Hüfte am Gürtel war ein leerer Haken. Auf der anderen Seite: etwas Längliches und Gebogenes. Er löste es, hielt es sich vor die Augen und zog am Griff. Eine scharfe kurze Klinge kam zum Vorschein. Ein Krummdolch. Wozu? Ich weiß es nicht. Seine Gedanken wurden immer analytischer. Seine Finger betasteten jetzt seinen Oberkörper. Wieder Metall. Ein kleines Etui unter seinem rechten Arm. Vorsichtig öffnete er es. Fünf kleine Griffe erschienen, jedes gehörte zu einer kleinen spitzen, flachen Klinge. Wurfmesser. „Wozu? Ich weiß es nicht…“, flüsterte er und tat sie wieder an ihren ursprünglichen Ort zurück. An seinem Gürtel ein weiteres kleines Ledertäschchen. Darin klimperte es. „Goldstücke“, stellte er ratlos fest, als er einen Blick hinein warf. Noch immer kam ihm seine Stimme wie die eines Fremden vor.
    Er blieb nach seiner Analyse sitzen. Das Auseinandernehmen seiner Kleidung und Ausrüstung erbrachte nichts. Er strich sich mit der Hand über den Kopf. Er berührte kurzes Haar, welches vom Sand verdreckt war. Plötzlich ein stechender Schmerz, die Hand zuckte weg. Ein feuchtes Glänzen verriet: Blut. Daher die Kopfschmerzen. Ächzend erhob er sich, denn er spürte, wenn er jetzt wieder zu viel nachdachte, würde er wahnsinnig werden; ihm würden wieder diese wirren Gedanken kommen. Jene, die ihn verrückt machten. Er stand vor dem Seil und hob es auf. Die Augen richteten sich wieder in die Höhe, und er wog es in der Hand. Beinahe automatisch rollte er es auf und befestigte es an dem Haken an seinem Gürtel. Jetzt erst wurde ihm bewusst, was er gerade getan hatte. Ein vollkommen automatischer Bewegungsablauf. „Ich habe das also schon öfters so gemacht“, seine Stimme war wenig überzeugt, denn weiter brachte ihn diese Erkenntnis nicht. Ratlos schaute er sich um. War das dort ein Lichtschein? Erst jetzt bemerkte er den Durchgang, welcher fast vollkommen im Dunkeln lag, und dahinter flackerte etwas. Unsicher bewegte sich der Rothwardon darauf zu und spähte hinein. Etwas weiter hinten erkannte er eine Fackel an der Wand, welche brannte. Hier musste also jemand leben. Die Hand nahm er nicht von der Wand, denn er hatte nicht das Gefühl, schon frei stehen zu können. Er tastete sich voran bis zu der Fackel und blickte sich dann um. Er war allein. Er hörte nichts. Und er war ein Niemand. Ein namenloser Niemand. NEIN!, rief er sich innerlich zur Ordnung; er wollte nicht doch durchdrehen. Stattdessen rüttelte er an der Fackel, und schließlich konnte er sie tatsächlich aus der Halterung lösen.
    Sich immer noch an der gemauerten Steinwand orientierend, folgte der Rothwardon dem Gang. Der Wüstensand unter seinen Schuhen dämpfte die Schritte, und mehr oder weniger aufmerksam betrachtete er immer wieder den Boden auf der Suche nach Spuren. Plötzlich hörte er hinter sich etwas. Ein knackendes und klapperndes Geräusch. Hier? Was sollte hier klappern? Weicher Sand, festes Gestein. Langsam wandte er den Kopf herum, und im Schein der Fackel starrte ihn die Fratze eines Skelettes an, das aus einem Nebenraum, den er vollkommen übersehen hatte, auf ihn zulief. Waffen hatte es keine, aber der Rothwardon erschrak, ließ die Fackel fallen und rannte los.
    Seine Lichtquelle hatte er zurückgelassen, aber der helle Sand erleuchtete den Gang gut genug um sich grob zu orientieren. Panisch rannte der Rothwardon den Gang entlang, er warf keinen Blick zurück. Sein Herzschlag dröhnte ihm in den Ohren und er glaubte, dass dieser von den Wänden widerhallen würde, so laut kam ihm dieses Geräusch vor. Der Gang machte eine Abzweigung. Der Rothwardon rannte kopflos weiter. Links. Geradeaus. Wieder Links. Rechts. Ein langer Gang, er wurde niedriger. Die Angst, in einer Sackgasse zu landen, wuchs und ließ ihn noch schneller laufen und noch hektischer reagieren. Schweiß rann ihm über die Stirn, vermischte sich mit dem Sand zu kleinen Klümpchen. Links. Links. Rechts. Links. Wo ist der Ausgang?! Ein Labyrinth?! Muss ich sterben?!

    Er hörte erst auf zu laufen als er nicht mehr konnte und an der Wand zu Boden sank. Seine Lunge schmerzte und er keuchte stark. Das Adrenalin war verflogen und ließ einen erschöpften Körper zurück, welcher kurz vor dem Kollaps stand. Wasser, dachte er und warf den Kopf nach links und rechts. Nichts war zu hören oder zu sehen. Das Skelett schien er losgeworden zu sein. Ich werde hier sterben. Nein, ich darf nicht so denken. Es gibt immer einen Ausweg, aus jedem Labyrinth. Um Aufrecht zu gehen war der Gang jedoch bereits beinahe zu niedrig, so bewegte sich der Rothwardon leicht geduckt vorwärts. Da vorn machte der Gang eine Kurve, davor gab es einen Durchgang rechts in der Wand. Hier angekommen, schaute er hinein. Eine alte Grabkammer erkannte er. Ein mittelgroßer Sarkophag stand in der Mitte des Raumes, davor ein kleines Podest, auf dem etwas lag. Nachdem er sich versichert hatte, allein zu sein, trat er ein und an den Gegenstand heran. Er befühlte grobes Sackleinen, lange Ärmel, eine Kapuze. Dabei musste es sich um eine Robe handeln. Ohne zu wissen, warum, warf er sie sich über. Er dachte darüber nicht nach, die letzten Stunden waren sowieso zu unschlüssig gewesen um jetzt noch logisch das Anlegen der Robe zu argumentieren. Er verließ den Raum wieder und musste sich erst orientieren, woher er gekommen war; dann aber schlug er den richtigen Weg ein und folgte dem Gang.

    Mit der Zeit wich der Sand auf dem Boden festem Höhlengestein, und auch die Wände wandelten sich von Gemäuer zu Naturstein. An der Verwinkelung der Gänge änderte sich jedoch nichts. Obwohl sich der Rothwardon bemühte, immer in eine Richtung zu laufen, trug der steigende Durst und die Verwirrung dazu bei, dass er oftmals im Kreis lief und an Stellen vorbeikam, die er bereits kannte. Gerade als er schon kurz davor war, wieder auf die Knie zu sinken und aufzugeben, erspähte er eine morsche Holztür, durch deren Ritzen schmale Sonnenstrahlen schienen. Wieder voller Hoffnung, stolperte er darauf zu, fiel dabei einmal hin, rappelte sich aber sogleich wieder auf, die schmerzenden Knie ignorierend, und warf sich schließlich gegen die Tür, welche sogleich aufschlug und den Rothwardonen in die gleißende Freiheit entließ.

    Draußen bot sich dem Rothwardonen ein idyllischer Anblick. Sanfte Hügel erstreckten sich bis zum Horizont, der Boden war von hüfthohem Gras bedeckt und ab und an sah man einen vereinzelten Baum in der Landschaft stehen. Im Vergleich zu dem Martyrium, welches er gerade durchlebt hatte, kam ihm dieser Ort wie ein Paradies vor. „Vielleicht bin ich schon tot und dies ist das Paradies…“. Ihm erschien es logisch, vielleicht konnte er sich deshalb an nichts erinnern. Der Weg durch das Labyrinth war einfach nur ein Test gewesen. Ein Test, um hier Zutritt zu erhalten. Er machte ein paar Schritte. Nein. Das hier war real. Es musste real sein. Aber konnte er sich überhaupt noch erlauben, zwischen Realität und Fantasie zu unterscheiden? Wieder dröhnte ihm der Schädel. Er brauchte dringend Wasser. Hilflos blickte er sich um, in welche Richtung sollte er nur gehen? Schließlich entschloss er sich dazu, einfach weg von dieser Höhle zu gehen, soweit wie irgend möglich.
    Nach einem Marsch querfeldein erblickte der Rothwardon endlich eine Straße, aber hier war niemand zu sehen. Ratlos blickte er nach links, nach rechts und wieder nach links. Dann aber, endlich, sah er einen großen Wagen näherkommen. Zwei Pferde zogen das Gespann, welches sich als Handelskarawane herausstellte und dann direkt vor dem Rothwardonen anhielt. „Na, mein Freund, ihr seht mir aber recht zerschlagen aus“, sprach ihn der Händler fröhlich an. Der Rothwardon war von der Direktheit des Mannes etwas verwirrt und schwieg, aber seinem Gesicht schien man anzusehen, dass er nicht wusste was er sagen sollte. „Na nun steigt schon hinten auf, eine gute Tat jeden Tag, und wenn ich euch mitnehmen kann, dann habe ich meinen Soll erfühlt“, posaunte er heraus und setzte den Wagen schon wieder in Bewegung. Der Rothwardon folgte dem Angebot einfach und setzte sich hinten auf den Wagen, ohne nachzudenken. Was er tun sollte, darüber war er sich sowieso selbst nicht bewusst.

    Nach einer längeren Fahrt kamen die Türme Skingrads endlich in Sicht, und der Rothwardon stieg von dem Wagen, nachdem dieser etwas abseits gehalten hatte. Auf dem Weg hierher hatte er wieder Kopfschmerzen verspürt und das Fiepen in den Ohren, jedoch war beides wesentlich schwächer als noch in den Katakomben. Unsicher ging er auf das Stadttor zu, warum ihn seine Schritte dahin lenkten, wusste er nicht. Aber wo soll ich auch sonst hin? Dann stand er schon vor der Stadtwache.
    „Nicht noch ein Landstreicher. Ich hatte euch doch gesagt, ihr sollt hier fernbleiben.“. Der Rothwardon erwiderte nichts und blickte den Wächter an, anscheinend etwas zu lange und mit zu verwirrtem Blick. „Du verstehst mich doch, oder?“, blaffte der Mann den Neuankömmling an. Als dieser immer noch nichts sagte, seufzte der Wächter. „Gut, geh rein. Aber wenn du Ärger machst, fliegst du raus. Und wage es nicht, auf den Straßen zu betteln. Geh zur Kathedrale und lass dich dort versorgen.“. Er nickte und ging einfach an der Stadtwache vorbei. Was genau diese gesagt hatte, hatte er nicht ganz verstanden; das Verlangen nach Wasser und seine Zerstreutheit machten es ihm unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn aufmerksam zu bleiben wenn ihm jemand etwas erzählte. So schritt er durch das Stadttor und wurde von der Betriebsamkeit auf den Straßen Skingrads förmlich erschlagen…
    Geändert von Van Tommels (10.10.2010 um 01:13 Uhr)

  17. #257

    Skingrad (Zusammenfassung van Tommels & Andromeda)

    Händler hier, Wachen dort, Arbeiter da. Der Rothwardon sah sich angesichts der Betriebsamkeit in Skingrad mit vielerlei Eindrücken konfrontiert, mit denen er nicht umzugehen wusste. So versuchte er, niemanden anzurempeln und auch niemanden anzustarren, schließlich wollte er nicht auffallen. So wirklich gelang dies aber nicht, da ihn einige Leute komisch musterten. Was wollt ihr, warum schaut ihr so. Ein Mann ohne Namen in einer großen Stadt, die von seiner Existenz keine Kenntnis nahm, so kam er sich vor. An der ersten Kreuzung nach dem Tor hielt er etwas hilflos inne und blickte die Anhöhe hinauf. Ein Schild erregte seine Aufmerksamkeit; darauf abgebildet waren ein Mond und drei Sterne. Etwas sagte ihm, dass er hier richtig war, und so ging er hinein und betrat die Herberge „Zur Westebene“.
    Drinnen bot sich ihm ein ordentlich eingerichteter Schankraum, hinter der Theke stand eine Kaiserliche und musterte den Neuankömmling skeptisch. „Habt ihr euch verirrt?“, wurde er angesprochen von der Frau, dies klang wenig freundlich. Er blickte an sich hinab. Die Robe war schon sehr zerschlissen und machte nicht mehr den besten Eindruck, aber etwas sagte ihm, dass es besser war, sie an zu behalten. Mit der Kleidung darunter würde er hier nicht glücklicher werden. Er ging nun auf die Frau zu. „Sagt, habt ihr etwas Wasser?“, fragte er leise, kramte in dem Beutel und ließ eine der Münzen auf den Tresen fallen. Die Augen der Kaiserlichen weiteten sich und sie betrachtete das Goldstück, danach den Rothwardonen. Plötzlich wurde sie freundlicher. „Aber natürlich!“, und sie legte auch noch einen Schlüssel auf die Theke. „Euer Zimmer ist ganz oben das hintere linke.“. Was ist hier los?, fragte sich der Rothwardon und sah sich dann im nächsten Moment am Tisch sitzend mit einem großen Krug Wasser wieder. Schnell leerte er das Gefäß; das kühle Nass verschaffte ihm endlich wieder eine etwas klarere Denkweise, und schließlich begab er sich auf sein Zimmer, immer noch verwirrt über diese Kehrtwendung der Kaiserlichen.
    In seiner Räumlichkeit angekommen verschloss er die Tür hinter sich. Das Zimmer war klein, aber gemütlich. Aus dem Augenwinkel nahm er eine Bewegung war und erschrak, als er sich herumdrehte und in das Gesicht eines Fremden blickte.
    Vorsichtig befühlte er zunächst den Spiegel, danach sein Gesicht. Grüne Augen musterten ungläubig Ihresgleichen und die staubbedeckte und verdreckte Haut. An der linken Seite hatte er eine Blutspur, welche von der Oberseite seines Kopfes herführte, und dort eine Platzwunde. Geschwind reinigte er sich mit dem bereitstehenden Wasser und besah sich danach abermals im Spiegel. Anfreunden konnte er sich mit sich selbst nicht. Er kannte sich nicht. Zumindest die Person dort nicht. Noch eine ganze Weile stand er einfach nur da und sah sich an, befühlte dort sein Ohr, da seine Nase.
    Mittlerweile war es draußen dunkel geworden. Der Rothwardon hatte inzwischen die Münzen genauer unter die Lupe genommen, welche die Kaiserliche so schnell davon überzeugt hatten, ihm hier Asyl zu gewähren. Sie glänzten golden und waren recht gewichtig dafür, dass sie nicht allzu groß waren. Er zuckte mit den Schultern und verstaute sie wieder. Dem Bett warf er einen Seitenblick zu. Nein. Schlafen kam nicht in Frage. Er brauchte frische Luft. Rasch verließ er sein Zimmer und verließ die Taverne.
    Die Straßen waren wie leergefegt, und niemand war mehr zu sehen. Die richtige Zeit um mich ohne Aufsehen zu orientieren. Vielleicht fallen mir hier Sachen ein, die mir helfen, mich zu erinnern. Vielleicht stamme ich von hier. Bedächtig setzte er sich in Bewegung, aber schon kurze Zeit später musste er feststellen, dass er sich vollkommen verirrt hatte. Jede Gasse sah aus wie die andere, zumindest für ihn. So stand er jetzt auf dem Vorplatz der Kathedrale und blickte sich etwas verloren um. Außer ihm selbst erkannte er noch eine Stadtwache, welche sich aber von ihm entfernte, aber von jener hätte er wahrscheinlich sowieso keine Auskunft erhalten. So lief er einfach auf gut Glück nach Westen und fand sich dann allein in einer dunklen Gasse wieder.

    Dreveni ging durch die kleineren Gassen zur Herberge zurück. Außer ihr war niemand mehr unterwegs, als sie vor sich eine Gestalt in einer Robe stehen sah. Ohne die Schritte zu verlangsamen, ging sie weiter auf diese zu, dabei sah sie, dass die Robe auch schon einmal bessere Tage gesehen hatte. Bettler? Um diese Zeit? Die Gestalt stand immer noch in der Gasse und hatte sich ihr zugewandt. Ihre rechte Hand wanderte gerade instinktiv zu ihrem linken Handgelenk und dem Griff des Stiletts, auch wenn sie nicht ernsthaft damit rechnete, in Rufweite der Wachen angegriffen zu werden. Sie überlegte sich, ob sie die Gestalt, es schien ein Rothwardone zu sein, nicht einfach mit ein paar Münzen gesprächig machen sollte und nach den letzten Geschehnissen in Skingrad fragen, da hatte sie den Mann auch schon fast erreicht. Allerdings hielt sie etwas in seiner Haltung davon ab, was sie im Moment noch nicht genauer bestimmen konnte.

    Er hatte Schritte hinter sich gehört, und fühlte sich unangenehm an die Situation in den Katakomben erinnert. Schnell wandte er sich um und sah sich einer Frau gegenüber. Durch die Dunkelheit in der Gasse konnte er nicht allzu viele Details ausmachen. Er erkannte lange Haare, eine wenig auffällige Kleidung. Als die Frau ihn fast erreicht hatte, stellte er auch ihre Rasse, Dunkelelfe, fest. Frag ich sie nach dem Weg? Wie wirkt das? Aber hast du eine andere Wahl? Aber wenn sie dich nach deinem Namen fragt, wirst du Probleme bekommen. Schließlich fasste er sich ein Herz. "Entschuldigt. Könnt ihr mir sagen, wie ich zur Herberge...", und plötzlich stutzte er. Ja, wie hieß denn diese Herberge. Selbst diesen Namen kannte er nicht. "...zur Herberge...", meinte er mit fragenden Gesichtsausdruck und kratzte sich an der Schläfe. "...mit dem Mond und den drei Sternen auf dem Schild...komme...". Das klingt nicht sehr überzeugend, du tust nicht gerade viel dafür, um nicht aufzufallen.

    Die Entscheidung ob sie ihn ansprechen sollte oder nicht wurde ihr von dem Fremden abgenommen. Er fragte sie nach dem Weg zur Herberge, womit sich auch ihre Vermutung mit dem Bettler erübrigt hätte. Prüfend zog sie die Luft ein, als er etwas von einem Schild mit drei Sternen erzählte und anscheinend meinte, sie wüsste welche Herberge gemeint wäre. Aber nach Alkohol roch er auch nicht. Sie sah in skeptisch und mit verschränkten Armen an und sagte: "Welche Herberge? Es gibt zwei hier. Und dieses Schild hängt übrigens an jeder Taverne in Cyrodiil..." Sie konnte den Mann immer noch nicht einordnen. Er schien sich nicht auszukennen, war zumindest leicht verwirrt aber nicht betrunken. Und konnte sich trotz seines schäbigen Äußeren immerhin eine Taverne leisten.

    Jede Herberge? Einen kurzen Moment kam er sich vor wie ein kleiner Junge, der etwas Dummes gefragt hatte und sich dann bewusst wurde, wie dämlich diese Frage doch war. Auch wenn ein wenig besserwisserische Arroganz in der Stimme der Dunmerin mitschwang, so war der Rothwardon doch froh, dass er sich hier keiner Stadtwache gegenübersah. Ob dies allerdings besser war, wusste er auch noch nicht, denn die Dunkelelfe schien ihn ebenfalls für einen Bettler oder dergleichen zu halten. Er rieb sich bedächtig die Stirn. "Ja...ähm...ich bin vom Stadttor auf eine Kreuzung gekommen, und von da sah ich die Taverne...". Bei meinem Glück gibt es auch mehrere Stadttore, sie kann damit wieder nichts anfangen und wendet mir gleich den Rücken zu. Sich die Dunkelelfe genauer zu betrachten, davon ließ er erst einmal ab, denn schließlich wollte er sie nicht irgendwie reizen oder es sich mit ihr verscherzen. Er wusste selbst nicht, warum, aber etwas an dieser Frau war...beängstigend. Aber vielleicht taten hier nur das Treffen in der dunklen Gasse und die Geschehnisse in den Katakomben ihre Wirkungen.

    Aus seinem Gestottere konnte sie immerhin schließen, dass er anscheinend die Taverne zur Westebene meinte, die Zwei Schwestern Herberge lag etwas versteckter wenn man von den Stadttoren kam. "Die übernächste Straße Rechts, über die Brücke und auf der rechten Seite kommt die Herberge.", sagte Dreveni kurz angebunden. "Ihr seid noch nicht lange in der Stadt, oder?" Sie hatte immer noch nicht ganz erfasst, was sie an diesem Mann so störte, aber es musste die Diskrepanz zwischen seinem zerlumpten Äußeren und seiner Gestalt sein. Er wirkte nicht so schwächlich und krank wie die anderen Bettler und Landstreicher, wenn er ihr auch immer verwirrter vorkam. Vielleicht erfuhr sie ja doch noch etwas, wenn er auf den Straßen ein paar Reisende getroffen hatte, ihr Opfer war ja recht auffällig.

    "Danke...", meinte er auf die Erklärung der Dunmerin. "Ja, ihr habt Recht, ich bin noch nicht lang hier und kenn mich auch noch nicht hier aus.". Dass er von so ziemlich allem keine Ahnung hatte, ob es nun der Ort, sein Beruf oder gar der Name war, versuchte er sich nicht anmerken zu lassen. Aber dennoch kamen ihm seine Antworten doch alle sehr unsicher und nichtsagend vor. Du musst dich fangen. Aber der Blick mit dem er belegt wurde, machte das Ganze nicht einfacher. "Ich bedanke mich nochmals.". Damit drehte er sich herum und ging in die von der Dunmerin beschriebene Richtung davon, vielleicht einen Tick zu hastig um es noch als normale Gangart zu bezeichnen.
    Als er um die Ecke gebogen war und die Brücke in einiger Entfernung sah, verlangsamte er das Tempo und atmete ein paarmal tief durch. Er spürte wieder diese Panik in sich aufsteigen, aber er zwang sich zur Ruhe. Diese Dunmerin hatte etwas Kaltes an sich, ihr Blick bohrend, die Stimme fest und von sich überzeugt. Ihm kam der Gedanke, dass sie ihn verfolgen könnte, aber er wagte nicht, sich umzudrehen. Stattdessen passierte er die Brücke und erkannte plötzlich die Herberge wieder. "Endlich...", murmelte er erleichtert und betrat das Haus.
    Drinnen begab er sich sofort auf sein Zimmer und verschloss es wieder hinter sich. Eine Zeitlang saß er auf dem Bett, seine Gedanken bekam er nicht geordnet. Er legte die Robe ab und warf sie achtlos in die Ecke. Seine Tuchrüstung, welche er darunter trug, behandelte er sorgsamer. Als er jedoch mit dem Arm aus dem Ärmel fuhr, stockte er. Er stand auf und blickte in den Spiegel. Ein großes und verschnörkeltes schwarzes Tattoo in der Form einer Schlange in Angriffshaltung wandte sich von seiner linken Brust hoch bis auf die Schulter, wo sich der Schwanz der Kreatur teilte und zum Einen auf der Hälfte seines Oberarms und zum anderen auf seinem Schulterblatt endete. Der Rothwardon stierte das scharf gestochene Kunstwerk an. Das musste doch etwas mit ihm zu tun haben. Lange schaute er es an, überlegte angestrengt; aber wie so oft endete dies wieder in starken Kopfschmerzen. Letztendlich legte er sich, die Hände an den Kopf gelegt, auf das Bett und hoffte, dass die Schmerzen vergehen oder sein Gedächtnis zurückkehren würde. Der zweite Wunsch blieb unerfüllt, und nachdem es auch in seinem Kopf ruhiger geworden war, schlief er schließlich ein.

    Dreveni schaute dem Mann, der hastig in die angegebene Richtung verschwand, noch kurz hinterher. In der Taverne angekommen, ging sie in ihr Zimmer, versperrte die Tür von innen und verstaute Schwert, Bogen und Gepäck in einer größeren Kommode, legte den Dolch auf den Nachttisch und hängte den Mantel über einen Stuhl. Danach legte sie sich angezogen auf das Bett und döste etwas, bis sie leises Klopfen an der Zimmertür hörte. Mit dem Dolch in der Hand ging sie leise zur Tür, drehte den Schlüssel und zog sie vorsichtig einen Spalt auf. Als sie den Kaiserlichen erkannte, öffnete sie die Tür komplett und lies ihn eintreten, um hinter ihm wieder abzusperren.
    "Leg bitte den Dolch weg, da läuft es mir immer kalt den Rücken runter..."
    "Wieso, will dich jemand unter der Erde sehen?", fragte sie ihn grinsend, legte aber den Dolch wieder auf den Nachttisch und setzte sich mit angezogenen Beinen aufs Bett. Der Kaiserliche nahm auf dem Stuhl platz, der vor dem Schreibtisch stand. Er hatte schwarzes, halblanges Haar, dunkle, grüne Augen, war erstaunlich groß für einen Kaiserlichen und alles in allem kein schlechter Anblick. Sie kannten sich seit beinahe sieben Jahren inzwischen.
    "Nein, nicht das ich wüsste jedenfalls."
    Dreveni reichte ihm das Blatt mit der Zeichnung ihres Opfers, dass der Kaiserliche kurz ansah. "Ja, der ist vor etwa einer Woche hochkant aus dem Schloss geflogen. Ich kam gerade zufällig den Hügel hoch, und habe ihn vorbeilaufen sehen. Das Geschrei war vorher schon nicht zu überhören, ich dachte fast, die verhelfen ihn zu dem schnellen Weg aus Skingrad." Damit meinte er die hohe Brücke, die zum Schloss führte, einen Sturz überlebte man normal nicht. "Kurz danach ist er noch zweimal in der Stadt aufgetaucht, das letzte Mal vor vier Tagen."
    "Schade, anscheinend zu spät. Aber danke soweit, könntest du dich noch etwas umhören?"
    "Klar, für dich - und ein paar Münzen - immer.", lächelte er sie an.
    "Vorher ist mir noch ein seltsamer Typ über den Weg gelaufen, ein Rothwardone. Er scheint neu hier in der Stadt zu sein, und fragte nach dem Weg zur Herberge mit dem Mond und den Sternen auf dem Schild..."
    "Verrückte gibt es überall."
    "Ja, aber irgendetwas stört mich an ihm. Er ist etwa 1,85, trägt eine zerschlissene Robe, schläft aber in der Taverne zur Westebene.", sagte sie mit leicht gerunzelter Stirn.
    "Vielleicht halte ich die Augen nach ihm offen. So, das Geschäftliche hätten wir geklärt, nehm ich an?"
    Dreveni sah ihn aus den Augenwinkeln an und lächelte leicht.
    Er verlies das Zimmer früh am Morgen, noch vor der Dämmerung und bevor die ersten Gäste aufstanden. Dreveni schlief bis in den späten Vormittag.

    Am nächsten Morgen wachte er schweißgebadet auf. Der Traum der vergangenen Nacht war angsteinflößend. Eine Grube voller Schlangen, er in ihrer Mitte. Unzählige schmerzhafte Bisse, aber er starb einfach nicht. Ächzend rappelte er sich aus dem Bett auf und nahm das Tuch, welches neben der Wasserschüssel lag, um sich damit das Gesicht trocken zu wischen. Er kühlte sich mit dem Wasser ab und betrachtete sich dann im Spiegel. Noch immer nicht. kein Name, keine Erinnerung, ihn schaute immer noch ein unbekanntes Paar Augen an. Gerade wollte er sich seinen Sachen zuwenden, als sein Blick auf seine Arme fiel. Winzig, kaum zu erkennen, waren die kleinen weißen Punkte, die über seine Haut verteilt waren. Ohne sehr nah heran zu gehen sah man sie überhaupt nicht, und wenn dann nur ganz undeutlich. Ihm wurde flau im Magen. An den Beinen fand er dieselben Spuren. Ohne es zu wollen tauchten die Schlangen vor seinen Augen auf; er berührte die Tätowierung. Schlangen. Was habe ich mit Schlangen zu tun? Langsam kleidete er sich wieder an und warf sich die Robe über. Er brauchte etwas Neues. Hiermit schien er zu viel Aufmerksamkeit zu erregen.
    Er verließ sein Zimmer und begab sich in den Schankraum hinunter. Eine Bosmer saß am Tisch, musterte ihn, wendete den Blick aber sogleich wieder desinteressiert ab. Auch die Kaiserliche von gestern stand noch am Tresen. "Guten Morgen, ich hoffe ihr habt gut geschlafen.". Der Rothwardon nickte nur verwirrt und trat an die Frau heran. "Sagt, wo bekomme ich Kleidung?", fragte er sie leise. Die Kaiserliche legte den Kopf schief. "Direkt Kleidung gibt es hier nicht. Versucht es beim colovianischen Händler. Der ist hier gleich um die Ecke. Wenn ihr die Herberge verlasst, nach rechts, und dann auf der rechten Seite. Für jemanden von eurem Stand jedoch hat er bestimmt nichts Hochwertiges anzubieten.". Er stockte. Was meinte sie damit? Die Waldelfe am Tisch war nun auch hellhörig geworden und musterte den Rothwardonen, das spürte er. "Danke", meinte er daraufhin kurz angebunden und verließ die Taverne.
    Draußen war wieder die alltägliche Geschäftigkeit in Skingrad eingekehrt, überall liefen die Händler und Arbeiter geschäftig herum. Der Rothwardon wurde grob angerempelt und erntete dafür auch noch den giftigen Blick eines dicken Handwerkers, der sich dann über die Brücke davonmachte. Reaktion zeigte er selbst keine, und so orientierte er sich erst einmal. Irgendwie kam er sich beobachtet vor, aber das war hier auf dieser belebten Straße wohl lediglich eine Paranoia; so schlug er den von der Kaiserlichen beschriebenen Weg ein.

    Dreveni erwachte, kleidete sich wie gestern Abend auch schon in das petrolfarbene Kleid und entschied dass es noch zu früh für Mittagessen und zu spät für das Frühstück war. Wirkliche Anhaltspunkte hatte sie noch nicht, sie hatte noch nicht einmal selbst mit den Auftraggebern gesprochen. Die Kontaktleute reisten aus Hochfels an, von dort stammte der Auftraggeber, aus einer der unzähligen Grafschaften und Herzogtümer dort. Die meiste Zeit reiste er mit Töchterchen und Gefolge durch Cyrodiil, Beziehungen pflegen, Intrigen spinnen und was solche Leute eben sonst taten. Ihr Opfer war zwar wichtig, aber nichts mit dem sich der Adlige persönlich abgeben wollte. Sie beschloss sich etwas durch Skingrad treiben zu lassen, vielleicht bekam sie ein paar Gerüchte mit, unauffällig schien sich "Jack" hier ja nicht gerade benommen zu haben, weshalb auch die Chancen gut standen, dass der Kaiserliche mehr in Erfahrung brachte. Sie wusste nicht, wie er wirklich hieß, er gab sich viele Namen - Vermittler, Schnüffler, Informant - was in seinem Beruf auch durchaus verständlich war. In der Stadt herrschte schon reger Betrieb, die Leute standen im Allgemeinen früher auf als Dreveni, die ihre Aktivitäten oft in die Nacht verlegte. Sie schlug den Weg in den anderen Teil der Stadt ein, wo die Gilden, Geschäfte und die Herberge zur Westebene lagen. Sie beobachtete Aufmerksam die Passanten, ob sie vielleicht den Rothwardonen von gestern noch einmal sah. Vermutlich war an ihm gar nichts, aber es konnte verflucht gefährlich werden, etwas zu übersehen oder falscherweise für unwichtig zu halten. Man konnte doch nicht nach Skingrad kommen, ohne an einer einzigen Taverne vorbeizulaufen?

    Der Laden war schnell gefunden, und nachdem er ihn betreten hatte, fand er sich in einem geräumigen Verkaufsraum wieder. Der Händler, abermals ein kaiserliche, hatte viele verschiedene Waffen auf dem Tisch vor sich liegen und musterte den Rothwardonen bei seinem Eintreten.
    "Bitte?", fragte er etwas skeptisch.
    "Ich möchte gerne eine Robe kaufen", meinte der Rothwardon mit ruhiger Stimme und legte eine der Münzen aus dem Täschchen auf den Tresen. Wie am Vorabend weiteten sich die Augen des Mannes.
    "Und was noch?", fragte er ungläubig und besah die Münze. Der potentielle Käufer stutzte, holte eine weitere Münze hervor und legte sie neben die erste. "Reicht das?", fragte er, unsicher auf was der Mann anspielen wollte.
    "Soso, ein Scherzbold. Verzeiht mir...", sprach der Händler, drehte sich um und holte einen Stapel Stoffe von einem Regal. Alles waren es Roben aus dem feinsten Material. Sie waren reich verziert und schon recht auffällig. Dem Rothwardonen aber fiel ein zweiter Stapel auf, der neben dem ersten gestanden hatte. Er deutete darauf.
    "Was ist damit?". Der Kaiserliche schaute noch verwirrter, brachte dann aber den Stapel auch zum Tresen. Der Rothwardon griff nach einer gewöhnlichen dunkelgrünen Robe, besah sie sich und bedankte sich dann beim Händler. Die beiden Münzen ließ er liegen.
    "Danke. Auf bald", und er verließ das Geschäft und ließ einen verwirrt aussehenden Händler zurück, der ihm zur Tür folgte und dem ungewöhnlichen Kunden mit den Münzen in der Hand fassungslos hinterher blickte.
    Der Rothwardon begab sich mit der Robe unter dem Arm zurück zur Herberge und betrat sie eilig, ohne nach links oder rechts zu sehen. Geschwind ging er auf sein Zimmer, zog sich um und betrachtete sich dann im Spiegel. Das sah schon besser aus, weit weniger nach Bettler. Die alte Robe ließ er achtlos in der Ecke liegen, ging dann in den Schankraum und setzte sich an einen freien Tisch.

    Dreveni begegnete dem Rothwardonen nicht, bis sie mittags wieder in die Herberge ging. Auch Gerüchte hatte sie keine aufgeschnappt, dafür waren aber abends die Tavernen ohnehin der bessere Ort. Dafür hatte der Kaiserliche den Rothwardonen gefunden, und war ihm möglichst unauffällig aus der Taverne zum colovianischen Händler gefolgt. Dort wartete er in einer Nische bis der Mann mit einem Bündel unter dem Arm den Laden wieder verließ und in der Taverne verschwand. Darauf betrat der Kaiserliche den Laden und wandte sich freundlich lächelnd und im Plauderton an den Händler: "Was kauft denn bei euch neuerdings für Gesindel? Laufen die Geschäfte so schlecht?" Der Händler wirkte immer noch etwas verblüfft und hielt die Münzen in der Hand. Der Kaiserliche erkannte massive, dicke Goldmünzen mit einer fremdartigen Prägung. Man sah diese Zahlungsmittel selten in Cyrodiil, aber dem Kaiserlichen kamen sie bekannt vor. Er prägte sich die Zeichen gut ein, während der Händler antwortete,: "Das Äußere kann oft täuschen, das hat er für eine einzige Robe auf den Tisch gelegt... Was kann ich für euch tun?" Bei dem letzten Satz war er schon wieder gefasster, ganz Geschäftsmann.
    "Ich bräuchte nur etwas Tinte, Pergament und eine Feder." Nachdem er das Gewünschte erhalten hatte, verlies er den Laden wieder und betrat die Taverne zur Westebene. Er sah den Rothwardonen an einem Tisch sitzen, setzte sich selbst an die Bar und bestellte einen Krug Bier. Leider wusste er noch nicht, in welchem Zimmer der Rothwardone wohnte, aber das würde er bald herausfinden.

    Der Rothardon orderte sich ein Wasser und trank es schweigend und auf die Tischplatte schauend aus. Als der Kaiserliche die Herberge betrat, sah er nur kurz auf, aber der Mann sah gewöhnlich aus. Er bemerkte die Bosmer, die ihn nun interessiert von der Seite anschaute. Sie hatte braune Augen, etwa schulterlange fransige Haare, ein fein geschnittenes Gesicht und einen Zierlichen Körperbau. Sie trug ein graues, etwas edler aussehendes Kleid. Dass sie sich nun nur für ihn interessierte weil sie den Kommentar der Bedienung mitbekommen hatte, soweit dachte der Rothwardon nicht. Was soll's, beschloss er schließlich und setzte sich zu der Frau, um vielleicht ein paar Informationen über die Stadt heraus zu bekommen.
    Der Kaiserliche unterdessen hatte nur auf einen solchen Moment gewartet. Die Frau hinter dem Tresen rückte nach ein paar Schmeicheleien sehr schnell mit der Sprache raus wo denn der Rothwardon wohnte, und schon war der Mann die Treppe hinauf verschwunden.
    Das Gespräch mit der Waldelfe inzwischen hatte viele neue Informationen ergeben für den Rothwardonen. Die Stadt hier hieß Skingrad, wurde von einem Grafen geführt und war bekannt für ihren Wein. Die Bosmer selbst stellte sich als die Tochter eines ansässigen Adligen heraus, welche die Bevormundung jedoch gehörig satt hatte und sich einfach nur mal 'amüsieren' wollte, was immer das hieß. Gerade wurde er gefragt, wie er denn hieß, als die Kaiserliche von der Theke an ihn herantrat. "Verzeiht mir, aber...würdet ihr mir eure alte Robe geben? Ich sah, ihr nahmt sie mit auf das Zimmer.". Er blickte sie verwirrt an, wusste er doch nicht, dass sie das schlechte Gewissen gepackt hatte und sie so versuchte, ihn dazu zu bringen, nach seinem Zimmer zu sehen. Er nickte aber, entschuldigte sich bei der Waldelfe und begab sich die Treppe hinauf.
    Oben angekommen, steckte er den Schlüssel ins Schloss und wollte aufschließen; jedoch: der Schlüssel ließ sich nicht drehen, die Tür war bereits offen.
    "Was zum...", murmelte er und stieß die Tür auf. Der Anblick, welcher sich ihm bot, war skurril. In der Mitte des Raumes stand der Kaiserliche, seine alte Robe in der Hand, der leere Schrank war geöffnet. "Was tut ihr hier?" fragte der Rothwardon und trat in den Raum. Der Mann gab keine Antwort und schaute zum Fenster. Er will fliehen, schoss es dem Rothwardonen durch den Kopf. Warum, das wusste er nicht. Kaum hatte er zu Ende gedacht, zuckte der Kaiserliche zum Fenster, riss es auf und hatte schon einen Fuß auf das Fensterbrett gestellt. Die Bewegungsabläufe des Rothwardonen automatisierten sich. Plötzlich stand er hinter dem Eindringling, packte ihn an den Schultern und riss ihn mit Kraft zurück, wobei er selbst einen Schritt zur Seite machte. Der Mann stolperte rücklings in das Zimmer zurück und prallte hart gegen den Schrank, welcher daraufhin laut in sich zusammenfiel. Er wollte sich aufrappeln, aber da hatte der Rothwardon bereits ausgeholt und trat dem Mann mit dem Vollspann gegen die Schläfe. Er wurde zur Seite geschleudert, eine Platzwunde zeichnete sich an der getroffenen Stelle ab. Benommen richtete sich der Informant auf und fixierte den Rothwardonen. Aber dann kam auch schon dessen Faust angeflogen und traf ihn direkt auf die Nase, welche daraufhin auch stark blutete. Ein weiterer Schlag hinterließ unter einem Auge eine starke Schwellung. Der kaiserliche musste nun reagieren. Aus der Tasche zog er blitzschnell eine Phiole und blies den Inhalt dem Rothwardonen in die Augen - es war Pfeffer. Für einen kurzen Moment konnte der Getroffene nichts sehen, und der Spion nutzte dies. Er versetzte dem Rothwardonen einen Schubs, sodass dieser rücklings auf den Boden fiel, wandte sich dann zum Fenster, sprang kurzerhand hinaus und war verschwunden.
    Mittlerweile ließ der Pfefferstaub nach, auch nachdem er endlich die Wasserschüssel ertastet hatte. Dann blickte er mit geröteten Augen zum offenen Fenster und dann durch sein zerstörtes Zimmer. Hinter ihm erschien die Kaiserliche, welche einen spitzen Aufschrei verlauten ließ und sich dann neben ihn kniete.
    "Alles in Ordnung?", wurde er von ihr angesprochen. Er aber antwortet nur ungläubig: "Der ist aus dem Fenster gesprungen...", und deutete wage in die Richtung. Was genau hier gerade geschehen war realisierte er erst einmal nicht.

    Dreveni ging nach dem Essen zu ihrem Zimmer, und sah dass die Tür angelehnt war und der Kaiserliche dort stand. Was will er denn hier?, dachte sie sich erschrocken, so suchte er sie nur auf, wenn etwas wichtiges passiert war. Als sie eintrat, sah sie auch, wie er zugerichtet war. Unter dem Auge war eine dicke, blaue Schwellung, an der Schläfe eine anscheinend versorgte Platzwunde und die Nase sah auch nicht gut aus. Sie trat in das Zimmer, schloss die Tür hinter sich und sah ihn entgeistert an. "Wer war das?"
    "Dein Rothwardone. Nachdem er mit zwei ausländischen Goldmünzen für eine neue Robe bezahlt hat. Danach wollte ich mir sein Zimmer ansehen, aber er ist leider dazwischen gekommen." Sie sah ihren Vermittler immer noch erstaunt an, um ihn dermaßen zuzurichten, brauchte es schon einiges. "Verflucht, ich habe ihm Pfeffer in die Augen gestreut, sonst hätte er mich gehabt, und das zu erklären wäre schwer geworden. Und vor allem teuer. Eins ist klar, was immer er in dieser Stadt will, mir ist es nicht recht."
    "Du meinst Konkurrenz?"
    "Vielleicht, irgendwo muss er gelernt haben, so zuzuschlagen. Ich werde mich um die Wache kümmern, falls er den Einbruch meldet. Mir und einigen anderen ist jedenfalls nicht daran gelegen, wenn er das Gleichgewicht hier in Skingrad stört."
    Sie verabschiedeten sich, und Dreveni blieb etwas ratlos in ihrem Zimmer zurück. Neben dem Auftrag taten sich hier auch noch andere Probleme auf, wobei ihr noch immer nicht klar war, ob das überhaupt Probleme waren, auch wenn sich die Hinweise langsam mehrten.

    "Ich hol die Stadtwache!", meinte die Frau aufgeregt, aber der Rothwardon hielt sie zurück. "Er hat mir nichts gestohlen, lediglich eure Einrichtung zerstört. Ich bezahle sie euch...", und er griff nach den Münzen. "Aber nein, das habt ihr doch schon. Ihr bekommt ein neues Zimmer.". Der Rothwardon war noch verwirrter. Wie hatte er bereits bezahlt? Was meinte sie? Auf dem Weg nach unten dachte er über das eben Geschehene nach. Wie konnte er diesen Kerl so in Schach halten? War das wirklich ich oder mein früheres ich. Unten setzte er sich wieder zu der Waldelfe und bekam von der Kaiserlichen einen weiteren Krug. "Alles in Ordnung mit euch?" fragte die Bosmer. Der Rothwardon winkte ab und trank das Wasser aus.

    Dreveni saß auf dem Bett und rief sich noch einmal das Bild des verwirrten Mannes ins Gedächtnis, der sie gestern Nacht nach dem Weg gefragt hatte. Dieser sollte jetzt dafür verantwortlich sein? Sie war jedenfalls nicht gänzlich falsch damit gelegen, dass er für einen Landstreicher oder Bettler zu kräftig und trainiert in seiner Haltung gewirkt hatte, unter der schmutzigen Robe. Aber warum warf er dann dermaßen mit Geld um sich, wenn er schon in dieser Verkleidung in die Stadt gekommen war? Sie war sich sicher, dass sich der Kaiserliche melden würde, wenn er etwas über die Herkunft der Münzen in Erfahrung bringen konnte. In seinem Zimmer war anscheinend auch nichts weiter, sonst hätte ihr es der Informant sicher gesagt, wie das mit den Münzen, so gut kannten sie sich, dass sie sich ohne viele Worte verstanden in diesen Dingen. Kann ich es riskieren, zur Westebenen-Taverne zu gehen? Sie wusste nicht ganz, was sie dort erreichen wollte, und ohne Vorwand dort aufzutauchen, war zu auffällig, und für Abendessen war es definitiv noch zu früh. Wäre sie nicht außerdem für einen Auftrag hier, hätte sie selbst offensiver vorgehen können, so sollte sie allerdings besser nicht zu sehr auffallen, da sie nicht einfach aus der Stadt verschwinden konnte. Sie ging nach unten zur Wirtin, zahlte das Zimmer für die nächste Nacht und wartete dann oben, bis es Abend wurde. Sie aß etwas, ging noch eine Runde durch die Stadt und wieder auf ihr Zimmer. Nach Mitternacht hörte sie es wieder klopfen, und der Kaiserliche, dieses mal wieder fast ohne Verletzungen, er musste bei einem Heiler gewesen sein, stand vor der Tür.
    "Über den Rothwardonen hab ich nichts herausgefunden, außer dass die Sache noch nicht gemeldet wurde. Aber es wurde mir zugetragen, dass ein paar Frauen aus der Stadt, darunter auch die Tochter des Bäckers, die letzten Tage öfter mit Körben aus der Stadt verschwunden sind. Besagte Tochter tut das immer früh morgens, in der Dämmerung. Sie verlässt die Stadt durch das Westtor, ich denke du solltest dir mal ansehen, wem sie das bringt. Dein Jack hat sich einen ziemlich eindeutigen Ruf hier in der kurzen Zeit erarbeitet."
    Dreveni ging zu der Kommode mit ihrem Gepäck und zog einen kleinen Beutel heraus, den sie dem Kaiserlichen reichte. "Danke, ich hätte nicht so schnell mit Hinweisen gerechnet. Mit etwas Glück ist es erledigt, bevor die Kontaktleute auftauchen."
    Der Kaiserliche verabschiedete sich, und Dreveni ging ins Bett, nachdem sie die Tür abgesperrt hatte. Morgen früh wollte sie sehen, wohin die Bäckertochter verschwand.

    Der Rothwardon unterhielt sich noch eine Weile mit der Waldelfe, wobei er es entgegen seiner Erwartungen ganz gut verstand, das Thema um seine Herkunft und gar seinen Namen zu umgehen, indem er auf die Bosmer einging. Mit der Zeit wurde ihm bewusst, dass diese Frau wohl mit Vorliebe über sich selbst redete, und dies nutzte er aus, um noch mehr über seinen Aufenthaltsort herauszufinden. Er befand sich in der Provinz Cyrodiil, das hatte die Dunmerin letzte Nacht auch erwähnt, diesen Namen. Die Waldelfe erzählte von Städten wie Anvil, Cheydinhal oder der Kaiserstadt. Letztere stellte wohl die Hauptstadt dar, wenn man den Erzählungen glauben konnte.
    Am Abend wurde es ihr wohl langweilig, etwas Neues zu erzählen; jedenfalls verabschiedete sie sich von dem Rothwardonen mit den Worten, sie wolle noch ein wenig durch die Stadt schlendern. In dem Rothwardonen keimte der Verdacht, dass dieses Schlendern wohl der Suche nach Spass gewidmet war. Aber ihm war das egal. Nach dem Verschwinden der Bosmer erhob auch er sich und ging in sein neues Zimmer. Es sah genauso aus wie sein erstes, war allerdings spiegelverkehrt aufgebaut, was ihn jedoch nicht störte. Nach dem Abschließen der Tür und dem entledigen seiner Kleidung legte er sich ins Bett. Lange noch lag er wach, zum einen weil er über den kaiserlichen Einbrecher nachdachte, zum anderen ihm wieder der Traum mit den Schlangen in den Sinn kam. Letztendlich schlief er aber doch ein.
    Geändert von Andromeda (04.02.2011 um 18:39 Uhr)

  18. #258

    Bravil: Schloß; Kriegergilde => Skingrad

    Es wäre Erynn am Liebsten gewesen, den Ort des Geschehens schnellstmöglich zu verlassen -zumal sie nicht wußte, wo sich der letzte Angreifer befand-, jedoch ließ der strömende Regen kein flottes Reisetempo zu. Vorsichtig suchte sich Falchion seinen Weg über die glitschige Straße, den Hals lang gestreckt um das Gleichgewicht zu wahren. Sie passierten die Schenke „Zum schlechten Omen“ noch vor dem Mittag. Unter normalen Umständen hätte Erynn hier jetzt wohl eine Rast eingelegt, um besseres Wetter abzuwarten – aber es waren keine normalen Umstände. Schon seit sie sich wieder dazu aufraffen konnte, ihre Reise fortzusetzen, überlegte sie fieberhaft, ob sie nur nur zufällig von den Wegelagerern als Opfer auserkoren wurde, oder ob mehr dahinter steckte. Wieder einmal wanderte ihre Hand zu der Stelle, wo sie die Nachrichten aus Burg Skingrad unter der Rüstung verstaut hatte: Noch immer waren diese sicher an Ort und Stelle.

    Nach einer Weile besserte sich das Wetter, so daß sie Falchion zu einem schnelleren Tempo treiben konnte und Bravil noch am Nachmittag erreichte. Die Stadt machte nicht viel her; im Gegenteil. Alles an ihr schien sich im Zustand fortgeschrittenen Zerfalls zu befinden. Erynn gab das Pferd an den Ställen ab und wandte sich der eigentlichen Stadt zu. Eine Holzbrücke, die schon bessere Tage gesehen hatte, führte von den Stallungen zum Stadttor. Dort wurde sie von einem Wächter aufgehalten, allerdings nur kurz. Das Emblem der Kriegergilde auf ihren Papieren gewährte ihr wie so oft problemlos Einlaß. Rasch fragte sie noch nach dem Weg zur Burg, und der Torwächter gab ihr bereitwillig Auskunft, scheinbar froh darüber, daß seine langweilige Routine für einen Moment unterbrochen wurde.

    Erynn betrat die Straßen von Bravil. So abgerissen und schlammbedeckt, wie sie aussah, wirkte es fast, als gehöre sie hierher. Als sie auf ihrem Weg die Kriegergilde passierte, überlegte sie kurz sich umzuziehen, bevor sie zum Schloß ging, entschied sich aber dagegen. Sie wollte ihren Auftrag so schnell wie möglich erfüllen und diese verdammten Depeschen loswerden, von denen sie vermutete, daß sie der Grund des Überfalls am frühen Morgen gewesen waren. Ist das wirklich erst einen halben Tag her? Es kommt mir schon jetzt fast unwirklich vor...
    Sie überquerte eine weitere Brücke und den Burghof und betrat schließlich die Audienzhalle von Schloß Bravil. Ein paar Wachen standen herum; am fernen Ende des Raumes lümmelte sich ein Kaiserlicher in blauer Samtkleidung auf einem Thron - offensichtlich der Graf der Stadt. Zögernd trat sie ein paar Schritte auf ihn zu, während sie sich suchend nach einem Kämmerer oder Schreiber umsah – es kam ihr nicht ganz richtig vor, den Grafen direkt zu belästigen. Zu ihrem Verdruß konnte sie jedoch niemanden dergleichen erblicken. Innerlich seufzend straffte sie sich und trat vor den Thron. Sie verneigte sich, bevor sie ihr Anliegen vortrug: „Graf Terentius, Herr, mein Name ist Erynn Releth. Ich komme auf Geheiß der Kämmerin von Schloß Skingrad, um Euch einige Botschaften zu überbringen.“ Sie holte die Briefe hervor und reichte sie dem Grafen. Dieser nahm sie mit einem abschätzenden Blick auf ihr Äußeres, brach die Siegel und begann, mit gelangweiltem Blick zu lesen. Erynn trat zwei Schritte zurück und wartete, während sie die Augen gesenkt hielt. Zeit verstrich.
    „Nun?“ fragte Terentius schließlich mit schneidender Stimme. „Herr“, antwortete die Dunkelelfin, die ob der unfreundlichen Behandlung immer genervter wurde, „es ist weiterhin Teil meines Auftrages, ein Schreiben zurück nach Skingrad zu bringen. Kämmerin Hal-Liurz hat sich in dieser Hinsicht sehr deutlich ausgedrückt; Graf Hassildor erwartet Eure Antwort ungeduldig.“
    Na schön, das war geflunkert. Aber wenn sich dieser Clown einigermaßen wichtig fühlt, bewegt sich hier vielleicht endlich mal jemand.
    Der Graf von Bravil ließ sich nicht zu einer Antwort herab, schnippte aber lässig mit den Fingern, woraufhin sich ein in der Nähe stehender Wächter aufmachte, Papier, Tinte und Siegelwachs zu besorgen. Eine weitere gefühlte Ewigkeit später hielt Erynn den Brief endlich in der Hand. Sie verneigte sich knapp, machte auf dem Absatz kehrt und verließ die Empfangshalle.

    Mittlerweile dämmerte der Abend, doch die Luft in der Stadt war noch immer drückend und stickig. Die Elfin ging direkt zum Gildenhaus. Sie wollte nur noch raus aus ihren dreckigen Klamotten, außerdem mußte sie dringend mit irgend jemandem reden. Seit dem Vorfall mit den Wegelagerern lief sie wie betäubt durch die Gegend, so als würden Körper und Verstand nicht mehr zusammengehören. Als sie das Gebäude betrat, wandten sich ihr mehrere Gesichter zu. Eine andere Dunkelelfin erhob sich von einem großen Tisch zu Erynns rechten und kam auf sie zu.
    „Mein Name ist Tadrose Helas“, begrüßte diese die jüngere Frau. „Ihr seht aus, als hättet Ihr einiges hinter Euch. Wie kann ich Euch helfen?“
    „Erynn Releth, vom Skingrader Gildenhaus. Kann ich hier ein Bett für die Nacht und etwas zu essen bekommen?“ fragte Erynn. Sie war plötzlich sehr müde.
    Tadrose führte sie zu einem Zimmer im ersten Stock und ließ sie dann allein. Erynn schälte sich aus ihrer Rüstung und zog sich eine relativ saubere Hose und eine einfache Bluse an, die sie in den Satteltaschen bei sich trug. Dann ging sie wieder nach unten in die Halle.

    Die andere Dunkelelfin schien so etwas wie die Mutter der Kompanie der Braviler Gilde zu sein. Sie stellte einen Teller mit Brot und Fleisch vor Erynn ab, als diese sich auf einen Stuhl an dem großen Tisch plumpsen ließ. Sie wartete, bis die andere gegessen hatte, dann zog sie sich ebenfalls einen Stuhl heran und fragte: „Nun erzählt mal. Ihr seht aus, als hättet Ihr Euch mir einer Horde Minotauren gekloppt. Was ist geschehen?“
    Erynn seufzte und überlegte einen Augenblick, wo sie anfangen sollte. Sie mußte es erzählen. Mußte sich alles von der Seele reden, oder sie würde noch verrückt. „Ich habe von Skingrad aus eine Botschaft für den Grafen von Bravil überbracht. Auf dem Weg hierher wurde ich überfallen und fast umgebracht. Es waren drei Angreifer; zwei habe ich getötet, einer ist geflohen. Es war...“, sie stockte. „Ich habe noch nie zuvor einen Menschen töten müssen. Ich dachte immer, daß ich darauf vorbereitet wäre. Aber dann ging alles so schnell...“ ihre Stimme versagte.

    Tadrose zog eine Augenbraue hoch. „Niemand ist darauf vorbereitet. Der erste Tote durch die eigene Hand ist immer ein Schock. So war es bisher bei jedem Frischling, den ich gesehen habe. Eure Reaktion ist nicht nur normal, sondern sogar ermutigend. Ich wäre eher besorgt, wenn es Euch nichts ausmachen würde.
    Ich will nicht sagen, daß Ihr Euch daran gewöhnen werdet – mit Glück werdet ihr das nämlich niemals. Zweifelt nicht an Euch. Dies ist nunmal der häßlichste Teil unserer Arbeit, aber auch dafür ist die Gilde da. Es ging um Leben und Tod, was hättet Ihr schon anderes tun sollen?“

    „Ich weiß das alles. Seit heute morgen sage ich mir das Gleiche immer wieder. Aber trotzdem... vielleicht ist die Gilde nicht der richtige Ort für mich“, antwortete Erynn kleinlaut.
    Die ältere Elfin lächelte leicht. „Und vielleicht solltet Ihr erstmal eine Nacht darüber schlafen. Ihr wirkt, als hättet Ihr selbst noch gar nicht richtig begriffen, was überhaupt geschehen ist. Euer Kopf weiß all diese Dinge, ja, aber sie sind noch nicht bis in Euer Herz gesunken. Erst wenn das geschehen ist, könnt Ihr eine vernünftige Entscheidung treffen. Unser Geschäft beinhaltet den Tod, sicher, aber die Kriegergilde ist keine Mörderbande – und niemand will Euch zu einem Mörder machen. Ihr wißt das. Wenn es Tote gibt, dann nur, weil das die einzige Lösung ist, nicht aus schierer Lust am Abschlachten anderer Leute. Auch das wißt Ihr“, beendete Tadrose ihre Ansprache mit fester Stimme.

    Erynn stützte den Kopf in beide Hände. „Aber das ist doch das Problem“, flüsterte sie verzweifelt. „Als ich... einem der Angreifer wäre es fast gelungen, mich zu töten. Ich konnte ihn mit viel Glück zu Fall bringen, und dann... Ich habe ihn abgestochen wie ein Schwein!“ brach es aus ihr heraus. „Ich wollte ihn töten, versteht Ihr? Ich wollte, daß er verreckt! ... Und ich wollte, daß er leidet!“ Sie holt einmal tief und zitternd Atem: „Ich weiß nicht, ob ich mir selbst noch trauen kann. Was ist, wenn so etwas wieder passiert? Was ist, wenn ich unsere eigenen Leute in Gefahr bringe, weil ich wieder durchdrehe? Was ist, wenn...“

    Tadrose nahm Erynns linke Hand in ihre und wartete, bis die jüngere Frau den Kopf hob und sie anschaute. „Was wäre, wenn ich Euch sagte, daß Ihr heute eine wichtige Lektion gelernt habt? Bisher wußtet Ihr nicht, wie Ihr auf eine lebensgefährliche Situation reagieren würdet. Jetzt wißt Ihr es. Und Ihr werdet es niemals wieder vergessen. Beim nächsten mal seid Ihr darauf vorbereitet, und werdet Euch nicht wieder vom Zorn mitreißen lassen. Ich kann und werde Euch keine Absolution erteilen, dafür sind die Neun zuständig. Aber ich kann Euch sagen, daß es kaum einen fähigen Kämpfer gibt, der nicht ebenfalls erlebt hätte, was Ihr erlebt habt. Wenn Ihr Euch in Selbstmitleid ergehen wollt, ist die Gilde wirklich nicht der richtige Ort für Euch. Wenn Ihr daraus lernen wollt, wo Eure Schwächen und Grenzen sind und wie Ihr sie überwindet, seid Ihr auf einem guten Weg. Ruht Euch jetzt aus. Denkt darüber nach. Und zieht erst Eure Schlüsse aus dem Erlebten, wenn Euer Gehirn wieder so funktioniert, wie es sollte.“ Sie schloß kurz die blutroten Augen, und ihr ernstes Gesicht wurde weicher. Dann erhob sie sich und drückte noch einmal kurz Erynns Hand. „Wenn Ihr wollt, werde ich mich um Eure Rüstung kümmern.“ Erynn nickte wortlos, und die Andere ließ sie allein.

    Nach einer Weile stand Erynn schwerfällig auf und schleppte sich auf ihr Zimmer. Sie ließ sich aufs Bett fallen und schlief bald darauf ein. In der Nacht träumte sie. Träumte, wie ihr Schwert durch den Hals des einen Wegelagerers schnitt. Träumte, wie sie wie eine Harpyie auf dem Rücken des anderen saß, mit wildem, wutverzerrtem Gesicht, den blutigen Dolch erhoben. Dann veränderte sich der Traum: Sie hob den Dolch, stach aber nicht zu. Ihr Gegner warf sie ab, und sie landete mit dem Rücken im Dreck. Eine schnelle Bewegung, und ungläubig starrte sie auf den Zweihänder, den der Halunke in ihrer Brust versenkt hatte.
    Erynn erwachte mit einem Schrei.
    Jetzt war ihr, als beginne sie langsam zu verstehen, was die andere Kriegerin ihr hatte sagen wollen. Sie nickte bedächtig und ließ sich auf das Kissen zurücksinken. Die restliche Nacht schlief sie tief und traumlos.

    Am Morgen fand sie ihre Rüstung sauber und repariert vor der Zimmertür. Sie legte sie an, verstaute das Antwortschreiben für Hal-Liurz unter dem Harnisch und packte ihre Sachen zusammen. In der Halle traf sie noch niemanden an, also ließ sie eine kurze Nachricht und einen Beutel mit zwanzig Septimen für Tadrose zurück. Daraufhin ging sie zu den Ställen, sattelte Falchion und trat den Rückweg an. Heute würde sie nirgendwo anhalten, und wenn sie Tag und Nacht durchreiten müßte. Als Erynn den Wald erreichte, trieb sie das Pferd zum Galopp, ließ ihm die Zügel und jagte den Weg entlang Richtung Skingrad. Sie wurde auch nicht langsamer, als sie den Ort des Kampfes mit den Wegelagerern passierte. Die Leichen lagen noch dort.
    Kurz überlegte sie querfeldein zu reiten, verwarf den Gedanken aber wieder, als ihr die Obliviontore wieder einfielen. Sie wollte wirklich nicht riskieren, an so einem Ding vorbei zu müssen.

    Als Erynn Skingrad erreichte, standen beide Monde schon hoch am Himmel. Sie saß ab und führte ihr verschwitztes Pferd einige Runden durch den Paddock neben den Paßställen, bis es wieder ruhig atmete. Danach rieb sie es mit Stroh trocken und begab sich zum Gildenhaus. Den Brief von Graf Terentius würde sie gleich morgen als erstes im Schloß abgeben. Danach würde sie mit Ah-Malz über die Goblins sprechen. Morgen...

  19. #259

    Skingrad

    Arranges öffnete blinzelnd die Augen und starrte an eine Wand. Er war einen Moment verwirrd, bis er erriet, dass er über seinen Unterlagen eingeschafen war und jetzt seitlich mit dem Kopf auf dem Buch lag. War ich tatsächlich so müde?! Ungläubig schloss er nochmal die Augen, dann hob er den Kopf an. Das Reissen von Papier durchbrach die Stille des Raums. Verdammt! Arranges richtete sich im Stuhl auf und blickte durch das Fenster direkt vor ihm. Die Sonne war bereits aufgegangen und flutete das Zimmer mit ihren wärmenden Strahlen. Arranges sah vor sich auf den Tisch, begutachtete das Buch und stellte fest, dass auf der rechten Hälfte eine Seite zu fehlen schien. Einer Eingebung folgend langte er sich an die rechte Wange und fühlte vergilbtes Papier. Ein Seufzen, das eher an ein Knurren erinnerte, entwich seiner Kehle. Vorsichtig zog er das Papier von seiner Haut. Jetzt sabber ich schon im Schlaf oder was? ... Am besten wäre es wohl, wenn ich einfach in den Ruhestand gehen würde, ich habe keine Lust mehr... Behutsam legte er die ausgerissene Seite an ihren eigentlichen Platz im Buch und klappte es vorsichtig zu. Dann sah er nochmals nach draußen. Es herrschte sonniges Wetter, mit ein paar wenigen Wölkchen am Himmel. Naja, wenigstens etwas... Er schob sich mitsamt dem Stuhl vom Tisch weg und stand auf. Den Umhang und seinen Gürtel hatte er achtlos auf das Bett geworfen. Er hatte seine Rüstung anbehalten. Hmm... Das verdammte Schwert ist schon wieder schartig und mein Mithrilpanzer hat einmal mehr ein Loch... Gut, dann gehts wohl mal wieder zu einem Schmied... oder vielmehr der Schmiedin... Dachte der Kaiserliche, als er an sich herabsah. Aber zuerst werde ich mal sehen, was sich schon wieder regeneriert hat... Arranges dachte wieder zähneknirschend daran, was Thorra de Llevria mit ihm gemacht hatte... Ihre Zauber wirkten zwar auf eine Weise aufputschend, zehrten aber andererseits an seinen Kräften im Allgemeinen. Der Nekromant fokusierte eine gewaltige Menge magischer Energie zwischen seinen Handflächen, die er vor sich hielt, als würde er eine Metallkugel wie jene vor sich halten, die Gefangenen an die Beine gehängt wurde, um eine Flucht zu erschweren. Ein statisches Knacken breitete sich im Zimmer aus, aber die Energie war für jeden Unwissenden dennoch unsichtbar, nur anhand des leichten Zitterns der Arme, das jetzt einsetzte, konnte man erahnen, was dort vor sich ging. Hmm... da ist ja noch einiges da... in ein oder zwei Tagen wird sich das wieder normalisiert haben... Jetzt, da der Energiefluss wieder in Schwung gebracht worden war, besserte sich auch die Laune des Kaiserlichen wieder. Zufrieden sah er sich im Zimmer um, packte dann seine Sachen zusammen und verließ den Raum. Ein Bad wäre mal wieder nicht schlecht... wie lange ist das jetzt wieder her? Fast schon wieder einen Monat... Auf den zitternden Inseln hatte er das letzte Mal ordentlich und ausgibig die Strömung von Wasser am ganzen Körper gespürt, als er in dem Meer des Wahngotts gebadet hatte.

    Der Kaiserliche gab den Schlüssel ab und bezahlte. Dabei fiel ihm auf, dass seine Septime allmählich zur Neige gingen. Soetwas passierte ihm eigentlich recht selten, aber hin und wieder kam dieser Umstand vor. Hoffentlich reicht das noch für die Schmiedin... Arranges schlug den direkten Weg zur Schmiedin Skingrads ein. Als er eintrat mussten sich seine Augen erst kurz an das Zwielicht im Innern des Gebäudes gewöhnen, bevor er in den angrenzenden Raum gehen konnte. Die Nord hockte oder lehnte vielmehr wie immer mit einem gleichermaßen müden und genervten Blick an der Wand und starrte ihn an. Sie kannte Arranges, er war bei ihr ein ähnlicher Stammkunde, wie bei Falanu, nur mit dem Unterschied, dass er zu der Nord eine rein geschäftliche Beziehung pflegte und keine Freundschaft zu ihr unterhielt.

    'Ich bräuchte einmal mehr ein wenig eurer wertvollen Zeit.' Arranges schob den Umhang etwas zur Seite, damit das leicht ausgefranste Loch in der unteren Hälfte des Panzers, sichtbar wurde. 'Und mein Schwert, es ist schon wieder schartig...' Sagte Arranges. 'Ihr seid grausam zu eurer Ausrüstung, wisst ihr das?' Meinte die Nord und grinste ihn an. 'Ja, es ist eben so, dass auch Mithril gerne mal kaputt geht.' Meinte er und erwiederte ihr Grinsen. 'Das macht dann 150 Septime.' Ja, das hatte ich geahnt... 'Hmm, das ist ärgerlich, so viel habe ich momentan nicht.' Meinte Arranges und sah sie abwartend an. 'Ja richtig, aber nicht nur für euch, für mich auch, denn ich verdiene so kein Geld... Kommt wieder, wenn ihr zahlen könnt.'
    'Aber sicher doch.' Auch wenn die Unterhaltungen meistens etwas schroff schienen, wusste doch jeder der beiden, dass ihre gegenseitigen Sympatien hoch genug waren.

    Arranges wechselte das Gebäude und betrat das Alchemiegeschäft eine Tür weiter. Falanu stand mit dem Rücken zur Tür, drehte sich aber um, als sie die Tür ins Schloss fallen hörte. Ein Anflug von Freude war auf ihrem Gesicht zu erkennen. 'Ich wollte dir dein Buch wieder zurückgeben, das du mir gestern geliehen hast...' Sagte er, als er an die Theke herantrat und den Folianten hervorholte. 'Allerdings ist mir ein Missgeschick passiert und ich habe eine Seite abgerissen.' Fügte er hinzu, als er ihr das Buch zuschob. 'Das macht nichts, es ist ja auch schon älter...'
    'Warte, ich ersetze es dir...'
    'Nein, das ist nicht nötig.' Sie griff nach seiner Hand, die gerade unter den Umhang zu seinem Barvermögen wandern wollte. War Arranges Gesichtsausdurck im Gegensatz zu gestern recht freundlich gewesen und auch seine Worte alles andere als kalt und abweisend, so streifte er jetzt ihre Augen mit einem scharfen Blick. Sie wusste, dass er es eigentlich nicht gebrauchen konnte, wenn man ihn ungefragt anfasste. Eigentlich wollte er das nie, außer, er konnte fremde Berührungen nicht direkt zurückweisen, den Händedruck zum Gruß einmal ausgenommen, vermied er sie, wo es nur ging. Schnell ließ die Dunmer seinen Arm wieder los. Das Funkeln in den Augen des Kaiserlichen erlosch direkt wieder und wich der normalen, müden Leere. Arranges förderte einige Septime ans Licht und drückte sie der Dunkelelfe in die Hand. 'Verzeih mir, aber ich muss schon wieder weg. Ich hoffe, ich bin dieses Mal nicht wieder so lange fort wie bei meiner letzten Abwesenheit.' Etwas traurig sah sie ihn an. 'Komm bald wieder!' Arranges verließ das Gebäude.

    Nach wenigen Schritten bemerkte er, wie Hunger in ihm aufstieg. Oh ja, das ist eine hervorragende Idee! Lobte er mit einer gesunden Portion Ironie seinen Magen. Er hatte tatsächlich schon seit einer Ewigkeit nichts ordentliches mehr gegessen. Aber die Herberge zur Westebne war jetzt zu teuer, er machte sich auf zu der zweiten Herberge in Skingrad, die zwei Schwestern, im Grunde auch keine schlechte Taverne, er konnte nur mit Orks - er hatte nichts gegen die Grünhäute - nicht unbedingt viel anfangen, aber hier beschränkte sich die anstehende Konversation glücklicherweise nur auf das Beordern von Essen.

  20. #260

    Skingrad => Westebene => Skingrad, 'Zwei Schwestern'

    Am darauffolgenden Morgen ging Erynn direkt zum Schloß und gab das Antwortschreiben aus Bravil ab. Das Verhalten der argonischen Kämmerin ihr gegenüber wandelte sich daraufhin fast schlagartig; Hal-Liurz wirkte jetzt gelöst, ja beinahe erleichtert. Kurz darauf war die Dunkelelfin, jetzt um 200 Septime reicher, wieder unterwegs zum Gildenhaus.
    Dann habe ich jetzt endlich die Zeit, mit Ah-Malz über diese Goblinsache zu sprechen. Wir können das nicht mehr ewig vor uns herschieben.
    Sie betrat die Gilde und machte sich auf die Suche nach dem großen Argonier, den sie ziemlich schnell im Gemeinschaftsraum fand, wo er mit einer Dunmerin sprach, die Erynn vage bekannt vorkam.
    „Es ist gut, daß du hier bist.“ sagte Ah-Malz, als sie hinzutrat. Erynn nickte. „Ich muß mit dir reden. Es geht um die alte Mine neben dem Friedhof. Wir müssen uns darum kümmern, und das bald. Ständig kommen Berichte herein, daß es Zwischenfälle mit Goblins gab, und...“
    „Später“, schnitt ihr Skingrads Gildenleiter das Wort ab. „Zunächst will ich dir Falanu Hlaalu vorstellen. Sie ist die hiesige Alchemistin und möchte einige Ingredienzien außerhalb der Stadt sammeln. Dafür benötigt sie Geleitschutz. Du kannst das übernehmen.“
    Erynn seufzte. „Ja, das kann ich tun. Trotzdem sollten wir...“ „Jetzt, Erynn. Die Dame hat ein Geschäft zu betreuen und möchte vor Mittag wieder in der Stadt sein.“
    Die Bogenschützin zog die Augenbrauen zusammen. Ah-Malz war nicht gerade für seine Feinfühligkeit bekannt. Normalerweise störte sie das nicht weiter, aber jetzt war er ihr schon zweimal übers Maul gefahren. „Na schön“, antwortete sie mit erzwungener Ruhe, und an Falanu gewandt: „Ich hole nur schnell meine Ausrüstung, dann können wir los.“

    Kurze Zeit später schlenderten die beiden Dunkelelfinnen nebeneinander durch die Straßen von Skingrad auf das Westtor zu. „Wo wollt Ihr die Pflanzen denn sammeln, Muthsera?“ fragte Erynn. Das Wort in ihrer Heimatsprache war eines der wenigen, an die sie sich noch erinnern konnte. „Ein Stück hinter dem Surilieweingut ist ein guter Ort.“ antwortete die Andere. „Dort kann man eine reiche Ausbeute machen.“
    Als sie die Stadt verließen, warf Erynn einen kurzen Blick zur Pferdekoppel herüber. Falchion bewegte sich steif und träge; scheinbar hatte der Arme fürchterlichen Muskelkater nach dem langen Ritt.
    Sie ließen den Weinberg hinter sich und bogen in die Wildnis ab. Während Falanu begann, ihre Pflanzen zu schneiden oder zu brechen (scheinbar gab es da bedeutende Unterschiede), behielt Erynn die Umgebung im Auge. Alles schien ruhig. Ein kleines Rudel Wölfe zog in einiger Entfernung vorüber, hielt jedoch gebührenden Abstand. Nach einer Weile begann Falanu zu erzählen was sie gerade tat und welche Eigenschaften das ein oder andere Gewächs hatte. Scheinbar langweilte sich die Alchemistin ebenfalls. Erynn hörte nur mit halbem Ohr zu; sie konnte sich all das ohnehin nicht merken.
    Irgendwann gab sie sich einen Ruck. Normalerweise bin ich doch gar nicht so knurrig. Ich habe nur gerade viel nachzudenken, und außerdem nervt es mich, daß Ah-Malz seinen schuppigen Hintern nicht hochkriegt. Aber dafür kann die Alchemistin doch nichts.
    „Es tut mir leid, aber ich verstehe kaum etwas von Pflanzen“, sagte sie mit einem Lächeln. „daher kann ich nichts Kluges dazu sagen.“
    Falanu zuckte die Achseln: „Ich rede ohnehin hauptsächlich, um mich abzulenken. Aber Ihr scheint momentan ganz andere Sorgen zu haben. Ich konnte nicht umhin, Euer Gespräch vorhin in der Gilde mit anzuhören. Die Goblins sind wirklich eine Plage.“
    „Ja, aber es ist eine fast unmögliche Aufgabe. Sie vermehren sich wie die Ratten. Für jeden, den wir erschlagen, scheinen zwei neue nachzufolgen.“
    „Ich hatte nicht den Eindruck, daß man das Problem in der Kriegergilde vordringlich behandeln würde“, bemerkte Falanu spitz.
    Verdammt, und ich Trottel bin darauf eingestiegen. Es geht schon los. Das hast du jetzt davon, Ah-Malz.
    „Nun... so würde ich das nicht sagen. Wir haben eine Menge zu tun...“
    „Ja, natürlich...“
    Erynn war froh, daß Falanu geneigt zu sein schien, sie in dieser Sache vom Haken zu lassen. Schließlich konnte sie wohl nicht schlecht über die Mitglieder ihrer Gilde reden.
    „Wenn Ihr allerdings noch Hilfe gebrauchen könntet“, fing die andere Frau wieder an „ich kenne da jemanden, der Euch unterstützen könnte.“
    Die Bogenschützin wurde hellhörig. „Ach, tatsächlich? Wen denn?“
    „Er ist ein Kaiserlicher, und sicherlich ein starker und erfahrener Kämpfer. Und...“ sie betonte die folgenden Worte auf eine seltsame Weise „ein sehr interessanter Mann. Leider auch ein Herumtreiber“, -sie zog einen Schmollmund- „aber Ihr könntet Glück haben. So weit ich weiß, hält er sich momentan in Skingrad auf.“
    Erynn überlegte kurz. Wenn sie jetzt zu interessiert wirkte, würde sie Falanus Eindruck von der Kriegergilde nur bestätigen. Das wollte sie auf keinen Fall. Es war ohnehin schon genug Schaden angerichtet worden.
    „Ich glaube nicht, daß die Gilde Hilfe von außerhalb brauchen wird, Muthsera. Aber nur für den Fall: Würdet Ihr mir verraten, wie dieser Kaiserliche heißt und wo ich ihn finden kann?“
    Falanu gab ihr die gewünschte Auskunft. Arranges war sein Name. Wenn er in der Stadt war, hielt er sich häufig in einer der Herbergen auf. Kurzes, dunkles Haar und außergewöhnlich dunkelblaue Augen – so jedenfalls sagte die Alchemistin. Erynn war seine Augenfarbe herzlich egal, aber für Falanu schien dieses Detail von Bedeutung zu sein. Wie dem auch sei, sie beschloß, diesen Kaiserlichen aufzusuchen. Sie war noch immer sauer auf Ah-Malz (wie konnte er es wagen, sie dermaßen abzukanzeln) und so reifte in ihr nach und nach der Plan, sich ohne seine Hilfe um die Goblinbrut zu kümmern. Zudem wollte sie damit sich selbst beweisen, daß sie auch in brenzligen Situationen sehr wohl in der Lage war, einen kühlen Kopf zu bewahren. Zumindest in dieser Hinsicht hatten Tadroses Worte gesessen wie ein Blattschuß.


    Kurz vor Mittag war die Alchemistin endlich zufrieden mit ihrer Ausbeute, und so traten die beiden Frauen den Rückweg an. An den Stadttoren verabschiedeten sie sich voneinander. Erynn entschied, daß sie erst etwas essen wollte, bevor sie zum Gildenhaus zurückkehrte. Außerdem könnte sie dann direkt nachschauen, ob sich dieser Arranges in Mogs Taverne aufhielt. So lenkte sie ihre Schritte vom Tor aus nach rechts, zur Herberge der ‚Zwei Schwestern’.
    Die Orkwirtin begrüßte sie freundlich wie immer. Die Dunkelelfin bestellte eine Schlachterfischsuppe und ließ dabei ihre Blicke durch die Taverne schweifen. Sie konnte tatsächlich einen Kaiserlichen entdecken, der an einem Tisch in der Ecke saß. Entschlossen ging sie auf den Menschen zu.
    „Seid Ihr Arranges?“ fragte sie. Es erschien ihr nicht nützlich, groß um den heißen Brei herumzureden. Langsam hob der Mann den Kopf und sah sie an. Wirklich, sehr blaue Augen, schoß es ihr durch den Kopf.
    „Ja. Wer will das wissen?“
    Erynn setzte sich ungefragt an den Tisch. „Mein Name ist Erynn Releth. Ich gehöre der Kriegergilde an, aber das ist für die Sache, die ich mit Euch besprechen möchte, nur bedingt wichtig. Ich habe vor, eine Goblinhöhle hier in der Westebene auszuheben, allerdings kann ich das nicht allein tun. Eine Frau namens Falanu Hlaalu sagte mir, daß Ihr an dieser Art Arbeit Interesse haben könntet. Vorab: Ich kann Euch keine Bezahlung anbieten, aber Ihr könntet die ganze Beute behalten, falls Ihr Euch entscheidet, mir zu helfen. Mir geht es nur um die Ehre.“


    Die Geschichte wird im Gruppenthread "Die Jagd" fortgesetzt.
    Geändert von KingPaddy (06.07.2011 um 00:54 Uhr)

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