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Thema: Geschichten aus Tamriel (Fan-Fiction-Area)

Hybrid-Darstellung

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  1. #1

    Geschichten aus Tamriel (Fan-Fiction-Area)

    Dieser Thread bietet Raum für Nebenhandlungen, Ergänzungen oder Bruchstücke zum Rollenspiel und für Geschichten, die abseits des Rollenspiels zur Thematik von The Elder Scrolls geschrieben werden. Damit dient dieser Thread auch als das Fan-Fiction-Area von TheElderScrolls.info.

    In diesem Thread könnt ihr Folgendes posten:
    • Fan-Fiction Geschichten zu The Elder Scrolls (ohne Beschränkungen in Inhalt oder Länge)
    • Charaktere und Charaktergeschichten, die aufgrund der Regeln nicht im Rollenspiel zugelassen sind
    • Charaktervorstellungen für Charaktere, die ihr euch ausgedacht habt
    • Ergänzungen/ Nebenhandlungen/ Vorgeschichten zum Rollenspiel (bspw. mit Nebencharakteren)

    Da er in diesem Thread frei seid zu schreiben, was ihr wollt, solange es mit The Elder Scrolls zu tun hat, gelten auch weiter keine speziellen Regeln. Bitte achtet aber darauf, dass auch Beiträge hier der Foren-Netiquette unterliegen und die Geschichten bei Verstoßes dagegen moderiert werden oder gelöscht werden können. Bitte schaltet auch in diesem Thread aus Gründen der Übersichtlichkeit eure Signaturen aus und gebt euren Geschichten zur Unterscheidung Überschriften.

    Da dies ein reiner Geschichtenthread ist, verlagert bitte Feedback und Diskussionen in den aktuellen Vorbesprechungsthread zum Rollenspiel oder in die Thekengespräche von Tamriel.

    Das TofT-Team wünscht euch viel Spaß beim Schreiben und Lesen.
    Geändert von KingPaddy (25.09.2013 um 13:10 Uhr) Grund: Re-Organisation

  2. #2
    Valkyrii

    Schwärze umfing sie, füllte ihren Geist vollständig aus. Es schienen Stunden zu vergehen, bis der Geruch des Rauches in ihrer Nase und der metallische Geschmack von Blut in ihrem Mund sie wieder zu Bewustsein kommen ließen. Zögernd sog sie die Luft ein, die neben den gewohnten Gerüchen noch so viel unbekanntes barg. Irgendwo zwischen ihren Rippen saß ein stechender Schmerz, der das Atmen erschwerte. Sie versuchte, nicht darauf zu achten und sog die qualmgeschwängerte Luft tief ein.
    Schließlich öffnete sie die Augen. Direkt vor ihrem Gesicht fand sie den Boden, ein kaltes Kopfsteinpflaster, von ihrem eigenen Blut benetzt. Der Lärm des Kampfes, der hier getobt hatte, klang noch entfernt und leise in ihren Ohren. Doch nun war es ruhig. Weder das Schreien von Menschen noch das Kreischen von Scampen war zu hören. Nur der Wind, der zwischen den Ruinen hindurchpfiff und die Feuer weiter entfachte.
    Lamgsam streckte sie ihre Gliedmaßen und versuchte sich zu erheben. Ihre Beine fühlten sich taub und kalt an, ihre Finger dagegen heiß und geschwollen. Ein roter Schleier ließ das Bild der Stadt um sie herum verschwimmen. Unwirsch wischte sie sich über die Augen, nur um ihren Handschuh voll Blut zu finden. Die Schlagklingen, ihre besten Waffen, waren ebenfalls blutverkrustet und mit den Handschuhen fest verklebt. Dies, da war sie sich sicher, war jedoch nicht ihr eigenes Blut.
    Die Platzwunde am Kopf pulsierte und schickte einen neuen Schwall Blut über ihr Gesicht, als sie sich schließlich vollständig erhoben hatte. In ihrem Schädel brüllten mehrere Dremora gleichzeitig, wärend ihre Lungen weiterhin bei jedem Atemzug schmerzhaft stachen. Sie versuchte nach der magischen Kraft in ihrem Innern zu greifen, um ihre Wunden zu heilen, doch sie fand nur Leere vor. Sie hatte wahrlich alle Reserven im Kampf erschöpft. Geistig und Körperlich.
    Und was war nun geblieben? Sie ließ den Blick über die brennenden Trümmer schweifen. Ein Schlachtfeld, verlassen von Siegern und Verlieren gleichermaßen. Nur die Toten waren geblieben. Scampe, Clannfears und Dremora lagen zwischen menschlichen Wachen in weißen Wappenröcken. Welcher Berserker hatte hier gewütet? Wer brachte so viele gute Kämpfer um und verließ danach das Feld? Und wer hatte hier gewonnen?
    Sie überprüfte ihre eigene Rüstung, die ebenfalls stark gelitten hatte. An mehreren Stellen behinderte der Kürass nun mehr, als er schützte. Kurz überlegte sie, von den Toten eine passende Rüstung zu nehmen, entschied sich jedoch dagegen. Sie wollte sie nicht nackt in dieser Welt liegen lassen. Vorsichtig ging sie durch die Straßen der zerstörten Stadt. Auf der Suche nach einem Überlebenden. Doch sie fand niemanden, weder Freund noch Feind.
    Schließich, ob gewollt oder ungewollt, führten ihre Schritte sie zum Stadttor, welches weit offen stand und den Blick auf grüne, sonnenbeschienene Hügel frei gab. Sie blieb wie angewurzelt stehen, als dieses Bild wie Eiswasser durch ihre Eingeweide gurgelte. Die Erkenntnis hatte sie sofort getroffen, auch wenn das Verstehen noch etwas dauerte. Das Tor war verschwunden!
    Sie lief durch das Stadttor und blieb auf der verbrannten Erde stehen, wo einmal das Tor zu den Ebenen Oblivions stand. Es war verschwunden. Und so sehr sich ihr Verstand auch dagegen sträubte, so blieb es doch verschwunden. Es musste von der anderen Seite geschlossen worden sein. Doch warum? Warum war das Tor geschlossen worden? Hatten sie denn die Schlacht verloren?
    Von der verbrannten Erde führte sie ihren Blick langsam auf die sonnenbeschienen Hügel. Grün und braun unter einem blauen und weißen Himmel. Schwer lastete das Verstehen auf ihr. Sie war eine Gestrandete. Gestrandet in einer fremden Welt. Einer Welt aus grün und braun, blau und weiß. Wie keine Welt aussehen sollte. Die fremden Farben und das helle Licht brannten in ihren Augen.
    Langsam drehte sie sich um, blickte zurück auf die brennenden Ruinen. Rotes Feuer und schwarzer Rauch. Der Welt, die sie kannte, so viel ähnlicher. Sehnlichst wünschte sie sich zurück in die Ebenen von Oblivion. Ihrer Heimat.
    Der Wind brachte schwere Wolken heran und schließlich begann es zu regnen. Das Wasser wusch den Rauch aus der Luft und würde bald die Feuer löschen.
    Die schweren Tropfen durchnässten ihr rotes Haar und liefen wie Tränen ihr Gesicht hinunter. Die Menschen würden zurückkehren, um die Stadt wieder aufzubauen. Um die Erinnerung zu verteiben. Jegliche Erinnerung an ihre Heimat musste sie mit sich tragen und nicht an diesem Ort suchen.
    Sie kehrte sich von den Trümmern ab und wusste, dass sie diesen Ort niemals wieder sehen würde. Die Wolken hatten die Landschaft vor ihr etwas abgedunkelt, und damit ein klein wenig erträglicher gemacht. Sie seufzte und lief dann gerade aus los, den Hügel hinunter. Geschlagen und erschöpft, mit einer kaputten Rüstung und ohne Vorräte betrat Valkyrii die unbekannte und gefährliche Welt Cyrodiil. Mehrunes Dagon würde seine verlorene Dremora beschützen. Dessen war sie sicher.


    Geändert von KingPaddy (25.09.2013 um 12:55 Uhr)

  3. #3

    Der Fall des Weißgold-Turms

    Letzte Saat, 1 Ära 243:

    in aller Eile schreibe ich diese Zeilen für die Nachwelt, denn ich werde den neuen Morgen nicht mehr erleben. In den Straßen tobt seit Stunden der Kampf. Geschrei, Blut, Waffengeklirr und die Luft riecht nach Magie.
    Wie konnte das nur geschehen? Der Weißgold-Turm wird noch vor dem Morgengrauen fallen, wir können nicht mehr standhalten. Ich sollte diese Zeilen eigentlich mit meinem Blut schreiben, doch nutze ich ganz profan die letzte Tinte. Wer von den Unseren nicht nach Valenwood fliehen konnte, der ist dem Untergang geweiht. Die Menschen werden siegen. Wie ist das möglich, dass diese Barbaren, die geboren wurden, uns zu dienen, nun über die uralten Kultur, unsere Macht und unsere Herrschaft triumphieren?

    Doch vielleicht sollte ich von vorn anfangen: Mein Name ist Alandiriel und ich bin eine Ayleide. Und bald bin ich tot. Ich werde mein Leben selbst beenden, umso noch im Tod über diese unglaublichen Menschen zu triumphieren. Nein, ich gönne ihnen nicht den Sieg über mich. Ayleiden gehen in Würde.

    Diese Alessia, die sie die Sklavenkönigin nennen, wer ist sie? Diese Menschenfrau, diese Barbarin, die zuerst unser Eigentum befreite und dieses nun in den Kampf gegen uns führt. Und auch noch Hilfe bekam von einem, den sie Pelinal nennen und einem Morihaus, der die menschliche Armee anführt. Über seltsame Kräfte verfügen diese. Man sagt, dass Pelinal ein unsterblicher Held, ein Krieger, ein Zauberer sei. Nie hätten wir gedacht, dass es soweit kommen könnte, obgleich einige unserer Älteren bereits vor Monaten Warnungen ausgesprochen hatten. Wir lachten darüber. Hielten es für die Hirngespinste alter Krieger und Magier, die sich noch einmal wichtig machen wollten. Wir Ayleiden waren zu stolz und dies sollte unser Untergang sein. Aber wer hätte schon je geglaubt, dass der Weißgold-Turm fallen könne? Dass diese schier uneinnehmbare Stadt, diese Festung aus Schönheit und Glanz, aus uralter Kultur ihr Ende finden würde? Wir wähnten uns ewig, wo wir doch schon am Ende unserer Zeit angekommen waren.

    Warum ich nicht da draußen bin und mitkämpfe in den Straßen? Meine Magie nicht fliegen lasse wie einen Pfeil, der den Feind mit tödlicher Sicherheit durchbohrt? Oder warum ich nicht rechtzeitig nach Valenwood geflohen bin? Nun, bis vor wenigen Stunden war dieser Keller, in dem ich sitze, nur eine Vorraum zu einem Fluchtweg nach draußen. Kinder und alte Leute geleitete ich auf diesen Weg in der Hoffnung, sie würden Valenwood und die Sicherheit der Camoran-Dynastie erreichen. Dann schien auf einmal die Erde zu beben. Trümmer fielen herab und begruben die letzten Flüchtlinge unter sich. Ihre Schreie klingen noch immer in meinen Ohren. Als es endete, war der Gang eingestürzt und nur Staub lag in der Luft. Stille hier unten und von oben klangen noch immer die Kampfgeräusche. Ich weiß nicht, was das Beben ausgelöst hat. Fehlgeschlagene Magie? Ich werde es nie erfahren. Aber ein herabfallender Block einer Säule traf mein Bein und zerschmetterte es. So kann ich nicht kämpfen. Die Schmerzen scheinen alles zu beherrschen, vernebeln meinen Blick. Ich muss mich beherrschen, nicht zu schreien. Und will doch nur in aller Eile noch ein paar Zeilen schreiben. Wenn die Kampfgeräusche draußen enden, dann hat auch unsere Welt ihr Ende gefunden. Dann ist der Weißgold-Turm gefallen und diese elenden Menschen werden die Sieger sein. Was werden sie anfangen mit diesem Sieg? Sie verfügen nicht über unser Wissen, unsere uralte Magie, unsere Kräuterkunde, unsere Alchemie, unsere Weisheit. Sie sind Barbaren, die nach einer Freiheit schreien, die sich nicht verstehen. Barbaren, die sich gegen ihre rechtmäßigen Herrscher auflehnen. Was wird es ihnen bringen? Wird unser Wissen, unsere Kultur für immer verloren sein? Werden zumindest irgendwelche Mer etwas retten können, verstehen können?

    Die merethische Ära wird enden. Die Dämmerung der Ayleiden, unsere ganz persönliche Dämmerung hat begonnen. Mögen meine Brüder und Schwestern, die Valenwood erreicht haben, wieder stark werden. Vielleicht können sie eines Tages zurückholen, was uns gehört. Vielleicht ...

    Noch immer ist die Luft schwer von Magie, tobt der Kampf in den Straßen, klirren die Waffen, doch immer häufiger hört man Siegesschreie aus menschlicher Kehle, mit ihrer menschlichen barbarischen Stimme ausgestoßen.

    Ich hätte mit den anderen fliehen können, doch lehrte man mich schon als Kind, dass Adel verpflichtet. Und so fühlte ich mich verpflichtet, erst die wehrlosesten unserer Leute in die Freiheit zu geleiten. Doch für mich wurde das, was für sie der Weg in die Freiheit wurde, zur tödlichen Falle. Wird einer dieser Flüchtlinge sich später an mich erinnern? Oder werde ich nur eine gesichtslose Erinnerung bleiben? Vielleicht nicht einmal das, denn wer mit dem Überleben beschäftigt ist, hat keine Zeit für Erinnerungen.

    Der Kerzenstummel, der neben mir steht, ist fast runtergebrannt. Sich aufbäumend flackert das Lichtlein in der Dunkelheit. So wie wir uns aufbäumen gegen unser unvermeidliches Ende. Die Geräusche oben werden leiser, die Kampfgeräusche lassen nach. Und dann höre ich es: einen Siegesschrei, der aus tausenden von Kehlen stammen muss und doch klingt, wie aus einer. Meine Stadt, meine Stadt gefallen, mein Volk am Ende. Nun ist auch meine Zeit gekommen. Unter Schmerzen schleppe ich mein zerschmettertes Bein nach und humpel zu meinem Beutel. Nehme den Becher raus, der ursprünglich für Wasser gedacht war. Wasser, das ich auf der Flucht trinken wollte. Nun mische ich einige meiner Kräuter, die ich stets mit mir führe, da hinein und fülle diese Mischung, von der ich weiß, dass sie tödlich sein wird, mit Wasser auf. Noch einmal hole ich tief Luft, dann trinke ich den Becher in einem Zug leer. Es gibt keine Rettung. Ich sterbe einzig aus dem Grund, weil ich eine Ayleide bin. Ich gehe nun denselben Weg, den soviele meines Volkes mir vorangegangen sind heute. Die Dämmerung der Ayleiden, sie wird nun zu meiner persönlichen Dämmerung. Mir wird kalt, so kalt. Und ich werde so müde auf einmal. Das Gift wirkt und die Welt versinkt um mich herum, so wie zuvor die Kampfgeräusche schwiegen. Es ... wird ... dunkel ...

    hier endet der Bericht in einem Tintenklecks, so als wäre die Feder der Schreiberin mitten im Wort aus der Hand geglitten

  4. #4

    Morrowind, Innere See, Irgendwo zwischen Vvardenfell und dem Festland

    Was in der Zwischenzeit geschieht... I
    (als Ergänzung zu Tarrior im RPG)
    hier: Tirian Morvayn

    Frischer Wind, der Geruch von Salz in der Luft und das ächzende Geräusch, das die Balken von sich gaben, begleiteten das Schiff, welches sich unaufhaltsam gegen die recht unruhige See stemmte. Der Himmel war klar, doch der Wellengang dafür besonders stark. Die Männer zerrten an den Seilen und setzten damit Segel, oder zogen sie ein, andere wiederum stemmten sich gegen das Ruder, oder sicherten die Ladung. Der Kapitän brüllte Befehle und die Männer legten sich noch etwas mehr ins Zeug. Trotz all den Mühen und all der Hektik, die herrschten um das Schiff auf seinem Kurs zu halten, stand jemand ungerührt am Bug und blickte auf das weite Meer hinaus. Seine Augen verengten sich um etwas zu erkennen, was noch weit vor ihnen liegen mochte. Das Einzige was er jedoch sah, waren Wolkenberge, die sich am Horizont mindestens turmhoch zusammen brauten. Einer der Schiffsjungen kam zu ihm herüber gelaufen und hielt direkt neben ihm an. Der kaiserliche Junge war der Älteste von den Dreien, die auf dem Schiff ihren Dienst versahen. Mit seinen 16 Jahren würde er auch bald das Schiff verlassen. „Der Kapitän sagte, das er strikt Kurs halten will“: sprach der junge Mann, zu dem nicht wesentlich Älterem. Der Dunmer wandte seinen Blick vom Horizont ab und sah auf den Jungen herab.

    „Der Sturm wird schlimm werden. Ich kann sogar zuckende Blitze in den Wolken vor uns erkennen. Doch dahinter liegt Vvardenfell und da muss ich unbedingt hin. Was wolltest du eigentlich?“: reagierte der Dunmer. „Jorus geht es wieder schlechter. Ich fürchte um ihn, wenn wir den Sturm passieren. Ihr müsst doch noch etwas tun können“: bat der Kaiserliche. Jorus war bei einem Angriff von Piraten verletzt worden. Er war drei Jahre jünger, als der Junge der hier vor ihm stand. Er hatte sich zwischen den Kapitän und einen Angreifer geworfen. Sein Bauch war von einem Säbel regelrecht aufgeschlitzt worden. „Tut mir Leid. Ich kann ihm noch etwas gegen die Schmerzen geben, aber mehr liegt nicht im Bereich meiner Möglichkeiten. Ich habe die Wunde grob mit meiner Magie heilen und dann entsprechend verarzten können, aber die Infektion kann er nur alleine durchstehen. Wir haben nicht die Mittel an Bord, die ich bräuchte und wenn dann nur in zu geringer Menge. Er ist stark. Er wird das schaffen Grarius“: machte der Dunmer dem Schiffsjungen Mut, der den Anderen wie einen Bruder sah, schließlich waren sie jetzt vier Jahre gemeinsam auf See. Jorus hatte sich schon immer um die Jüngeren gekümmert. „Aber Herr Morvayn. Er fiebert und krümmt sich vor Schmerzen. Ihr müsst etwas unternehmen“: flehte er dennoch uneinsichtig. „Nein ich kann nichts tun. Viele sind während des Angriffes verletzt worden. Unsere Bestände hatten sich schon vor dem Angriff reduziert gehabt, aber jetzt ist kaum etwas da. Wir sind gewiss noch eine Weile bis Vvardenfell unterwegs. Wir müssen mit dem wenigen haushalten was wir haben. Und wenn ich jetzt noch den letzten Rest für eine zu geringe Dosis aufbrauche, dann wird es kaum eine Wirkung haben, aber für den Ernstfall ist dann nichts mehr da“: versuchte er Grarius einzuschärfen, doch uneinsichtig wie man in dem Alter ist, verzog er bloß wütend das Gesicht und stürmte davon.

    Er hatte Mitleid mit ihnen, doch er musste an das Wohl der Besatzung denken. Aus den letzten Kräutern konnte er immer noch viel Salbe für die vielen leichten Wunden machen, die der Piratenangriff geschlagen hatte, sollten sich diese entzünden. Doch einen Trank für den Jungen zu brauen, würde, damit er wirklich wirkt, viel mehr brauchen. Er war der Schiffsarzt und musste das Wohl des Ganzen über das Einzelner stellen, denn davon hing womöglich ihr aller Überleben ab. Dennoch konnte und wollte er den kleinen Jungen nicht einfach sich selbst überlassen. Er überlegte, wie zuvor schon, was er machen könne. Doch im Vergleich zu vorher kam ihn jetzt ein Einfall. Sie hatten in Schwarzmarsch einen Stopp eingelegt und hatten Fracht an Bord genommen, welche für den Tempel in Vivec bestimmt war. Eine Menge Fracht, darunter aber auch ein Päckchen, welches einen seltsamen Geruch verströmt hatte. „Womöglich sind da Heilkräuter drin“: überlegte er. Er wandte seinen Blick vom Meer und den schwarzen Wolken am Horizont ab und suchte den Kapitän in der Menge. Er stand oben beim Ruder und gab immer noch Anweisungen und half den Männern dabei, das Steuerrad eingeschlagen und das Schiff damit auf Kurs zu halten. Er bahnte sich einen Weg durch die eifrig beschäftigten und schwitzenden Matrosen und erklomm die kleine Treppe zum höher gelegenen Steuer. „Ah Tirian. Was gibt es?“: fragte der sonst wortkarge Mann. Er redete nicht gern lange um den heißen Brei.

    „Dem Schiffsjungen Jorus geht es sehr schlecht. Sein Körper kämpft gegen die Infektion, aber ohne Medizin fürchte ich...“: erklärte er, doch der Kapitän schnitt ihm mit einer Geste das Wort ab. „Was wollt ihr?“: fragte er knapp. Tirian schluckte. „Ich habe nicht ausreichend Kräuter für eine Medizin, doch in Schwarzmarsch haben wir Güter für den Tempel geladen. Ich glaube es war auch ein Päckchen mit Kräutern dabei...“: fuhr der Dunmer fort. „Und ihr wollt es haben?“: fragte der Schiffführer ohne ihn anzuschauen. „Ja“: antwortete der Heiler knapp. „Wir kaufen und verkaufen Waren, oder transportieren sie gegen Gebühr. Damit verdienen wir unser Geld. Doch was würde der Kunde sagen, wenn die Ladung nicht vollständig ankäme, zumal der Empfänger der Tempel ist. Er braucht die Kräuter gewiss zu ebenso wichtigen, wenn nicht wichtigeren Zwecken. Außerdem hat sich diese Mannschaft noch nie an der Ladung bereichert, so lange ich hier Kapitän war. Und so lange ich das auch weiterhin bleibe, solange wird sich das nicht ändern. Wir haben eine Verantwortung“: lehnte der Seemann ab. „Und ich trage die Verantwortung für das Überleben dieser Mannschaft und als Heiler auch dafür, jedem zu helfen, der in Not ist. Ich habe einen Schwur darauf geleistet“: protestierte Tirian. Sein Gesprächspartner drehte sich ruckartig um und schaute ihm tief in die Augen. „Geht unter Deck und tut für den Jungen was ihr könnt, auch mir tut es Leid was mit ihm geschehen ist, aber es ist nicht zu ändern. Ich werde meine Prinzipien, auf denen das Vertrauen unserer Kunden aufbaut, nicht über Bord werfen. Ihr mögt eure Verantwortung haben, aber als Kapitän ist dies die Meine“: fuhr er ihn in erhobenem Ton an.

    Tirian hielt nur einige Momente den wilden Blick stand, dann wandte er sich ab und ging. „Aber vergesst nicht, das er es gewesen ist, der euch vor dem Piraten gerettet hat und den Streich abfing, der euch getötet hätte“: sagte Tirian laut bevor er unter Deck verschwand. Die kurze Regung im Gesicht des Kapitäns, bekam er nicht mehr mit. Als er in das, von kleinen Öllampen erhellte, Zwielicht des Schiffes eindrang, wartete bereits jemand auf ihn. Grarius lehnte an einer Wand und schaute ihn an. Der vorherige Zorn war aus seinen Zügen gewichen. „Das vorhin tut mir leid“: entschuldigte er sich, doch Tirian winkte ab. „Ich hätte an deiner Stelle wahrscheinlich genauso gehandelt“: sagte er. Gemeinsam betraten sie die kleine Kajüte in der die drei Jungen untergebracht waren. Einfache Strohlager dienten den Jüngsten als Schlafplatz. Dem Ältesten hatte man eine Koje zugestanden. Doch jetzt lag Jorus darin. Grarius hatte ihm das Bett vermutlich überlassen. Der achtjährige Justus, der Jüngste lag neben ihm auf dem Boden und war eingeschlafen. Auch jetzt noch konnte Tirian die getrockneten Tränen auf dem Gesicht erkennen. Im Gegensatz zu Grarius der Jorus wie einen Bruder behandelte, aber nicht mit ihm verwandt war, war Justus wirklich sein Bruder. Die beiden waren Waisen, die sie in Vvalenwald aufgegabelt hatten. Grarius hatte sich um sie gekümmert und sie waren dann einfach bei ihnen geblieben und Schiffsjungen geworden. Der Älteste legte den kleinen Jungen vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, auf das Stroh und deckte ihn mit einer Plane aus Sackleinen zu.

    Tirian besah sich derweil den sich umherwälzenden Jorus. Er schien einen Alptraum zu haben. Das Gesicht war fahl, total bleich und die Kleidung war voller Schweiß. Der Atem ging schnell, aber schwer. Er legte ihm die Hand auf die Stirn und war erstaunt über die Wärme, die diese ausstrahlte. Er schlug die Decke zurück und zog das einfache Hemd des jungen hoch und begutachtete den Bauch. Die Wunde hob sich deutlich rot von der ansonsten fahlen Haut ab. Er hatte sie grob geschlossen und das Fleisch zusammenwachsen lassen mit seiner Magie und den Rest genäht. Doch selbst der klare Schnaps, den er in die Wunde gekippt hatte, hatte eine Infektion nicht verhindern können. Eiterflüssigkeit lief hier und dort aus der Narbe. Er konzentrierte seine Magie um die Wunde zu untersuchen und fuhr mit dem Finger nach. „Zumindest hat der Schnaps etwas Wirkung getan. Sie ist noch nicht allzu schlimm, aber es ist dennoch ernst“: dachte er. Die Salbe für die einfachen Wunden würde hier nicht helfen und er war magisch eher auf das Heilen von Fleischwunden und Knochenbrüchen spezialisiert. Gegen Infektionen und Krankheiten nutzte er die Alchemie und damit die heilende Wirkung von Kräuter, Tränken und Salben. „Wie steht es um ihn“: fragte Grarius. Die Sorge in der Stimme war überdeutlich. Tirian schüttelte den Kopf.

    „Nicht gut. Du hattest Recht. Der kommende Sturm wird es nur noch schlimmer machen. Aber du musst mir glauben, wenn ich dir sage, dass ich nichts für ihn tun kann, im Moment“: sagte der Heiler ebenfalls betrübt. Eine kleine Träne rann über Grarius Wange und fiel dann zu Boden. „Am besten du schläfst mit seinem Bruder diese Nacht in meiner Kabine. Ich werde hier bleiben und versuchen mein Leben mit ihm zu teilen“: schlug er nachdenklich vor. Beim letzten Satz wurde der Junge irgendwie blass. „Was bedeutet das?“: fragte er. „Ich kann seine Wunden mit meinen magischen Künsten nicht heilen, aber ich kann ihm mit ihrer Hilfe etwas von meiner Kraft geben. Sein Wille ist stark und sein Körper kämpft, aber ich fürchte er könnte verlieren“: erklärte Tirian das magische Verfahren. „Und es kann sein Leben retten?“: fragte Grarius noch mal zur Bestätigung. Der Heiler wich seinem Blick aus und strich Jorus durch das nasse Haar. „Ich hoffe es inständig, aber ich kann nichts versprechen. Sein Körper wird damit noch etwas länger durchhalten, aber wenn er nicht bald geheilt wird, kann ich ihm nicht mehr helfen“: sagte er mit Resignation in der Stimme. Er war zwar nicht bereit den Kaiserlichen aufzugeben, aber es stand tatsächlich schlecht um ihn. „Kann ich etwas tun“: fragte der junge Mann und Tirian nickte. „Hol abgekochtes Wasser und einen Lappen. Ich bereite derweil etwas zur Senkung des Fiebers vor“: wies der Schiffsheiler ihn an und beide verließen schnell den Raum.

    Er konnte er deutlich erkennen, das es Grarius schmerzte seinen „Bruder“ auch nur einen Moment allein zu lassen, aber er tat was er tun musste. Tirian beeilte sich ebenso und langte an seiner Kammer, den Gang hinunter, an. Er öffnete die Tür und schon kam ihm der unverwechselbare Duftschwall entgegen. Es war der typische Geruch seines Quartiers nach exotischen Kräutern, Tinkturen und altem Papier. Die Kammer war vergleichsweise groß, aber im Vergleich zu einem Herbergszimmer noch recht klein. Ein Schreibtisch auf dem seine alchemistischen Gerätschaften nebst einer Öllampe standen, ein Stuhl davor, in der Ecke zwei längliche Schränke für Zutaten und Tränke, Tinkturen oder Salben, ein Regal mit Büchern über die Heilkunde, die Alchemie und die Magie sowie ein paar wenige Romane und natürlich sein Bett. Alles stand relativ dicht an dicht, damit alles in den kleinen Raum passte. Um das Fiebermittel herzustellen brauchte er nicht viel. Er hatte bereits eine Grundflüssigkeit angerührt. Man musste der Grundflüssigkeit nur noch ein oder zwei zusätzliche Zutaten zufügen und schon hatte man einen gewünschten Trank. Er hatte die Methode entwickelt, als er festgestellt hatte, dass einige Medikamente auf einem gleichen Grundstock von Kräutern basierten. In diesem Fall rührte er in das bereit abgefüllte Fläschchen noch zerriebenes Hustengras ein und in ein anderes etwas Schwarze Flechte. Ersteres dürfte das Fieber senken, Zweiteres als leichtes Schlafmittel dienen, denn Schlaf war das, was der Junge ebenfalls dringend brauchte.

    Er entzündete eine kleine Kerze und hielt die beiden Glasfläschchen darüber und erwärmte die Flüssigkeit darin. Der Nachteil an den Grundflüssigkeiten bestand darin, dass sie danach nochmals erhitzt werden musste, damit sie sich auch mit der neuen Zutat verband. Außerdem musste man mit der Dosierung des zusätzlichen Inhalts aufpassen, denn da das Ganze danach nicht noch mal destilliert wurde, konnte es unter Umständen giftig sein, aber inzwischen hatte Tirian ein gutes Gespür dafür bekommen. Er ließ die Flüssigkeit in den Fläschchen kreisen und als er sie für gut befand, blies er die Kerze aus und eilte zurück zum kranken Jorus. Grarius war nur kurz vor ihm angekommen und hatte den Eimer mit warmem Wasser, neben den Kranken gestellt. „Gut wir werden die Wunde noch einmal ausspülen müssen“: sagte Tirian, als er sich neben die Koje kniete. Der Eiter saß unter der Naht und griff den Körper zusätzlich an. Er wollte sie, aber nicht wieder öffnen. Er hatte sich daher etwas anderes überlegt. Es würde insgesamt wohl nur wie ein Tropfen auf dem heißen Stein wirken, aber ihnen etwas Zeit verschaffen. Er nahm einen Beutel aus seiner Manteltasche und kippte auf seine Handfläche aus. Es viel ein kleiner Quader aus einem wächsernen Stoff heraus. Er brach ein Stück davon ab und verstaute den Rest wieder in dem Beutel. „Das ist Kreckenseife und schon mit einigen Kräutern vorbehandelt“: erklärte er und löste sie in dem Wasser auf.

    „Es sollte desinfizierend wirken. Ich werde das obere und das untere Ende der Wunde öffnen. Der Schnitt war tief und breit. Er dürfte noch nicht zusammengewachsen sein. Wir werden das Wasser in die Wunde kippen und sie damit spülen. Ich muss sie nicht wieder vollständig öffnen und wir können die Entzündung etwas lindern. Mit dem Rest des Wassern werden wir dann die Stirn kühl halten“: erläuterte Tirian das Vorgehen und Grarius nickte verhalten, als der Heiler einen Dolch zog und ihn im dem Seifenwasser reinigte. Er setzte am oberen Ende der Narbe an und trennte eine Nahtstelle auf und schnitt etwas ins Fleisch. Das gleiche machte er unten. Das Blut tupfte er ab. Grarius entnahm etwas von dem Wasser mit einem Tonbecher, der in der Nähe stand und kippte es langsam in den Wundkanal. Jorus Gesicht verzog sich augenblicklich vor Schmerz, doch er bäumte sich nicht auf, vermutlich fehlte im inzwischen die Kraft dafür. Tirian drückte fest auf die Wunde das Wasser sollte soviel wie möglich herauslösen. Dann richteten sie den Jungen auf und Tirian drückte das Wasser unten wieder hinaus. Diese Prozedur wiederholten sie noch drei Mal bis der Auslauf sauber war. Zuvor hatte man gut Eiter und ausgeschwemmtes eitriges Gewebe erkennen können. Die neuerlichen leichten Einschnitte heilte er mit Magie. Dann legte er seine Hände an den Eimer mit dem warmen Wasser.

    „Halt deine Hand hinein“: bat er Grarius und der Kaiserliche tat wie ihm geheißen. „Fühlst du etwas?“: fragte Tirian ihn. Er konnte sehen wieder der etwas Jüngere seine Augen schloss und sich konzentrierte. „Ja es wird schnell kälter“: antwortete er dann. „Sag Bescheid wenn es unangenehm an der Haut wird“: bat der Heiler und nach weiteren zwei Minuten zog er die Hand aus dem Wasser. Sie war gerötet. Tirian selbst testete nochmals die Temperatur und war ebenfalls zufrieden. „Wie habt ihr das gemacht“: fragte Grarius erstaunt. „Es gibt noch mehr Möglichkeiten Magie einzusetzen, als nur für das Heilen. Jetzt weiche den Lappen ein und leg ihn auf die Stirn“: wies er ihn jetzt an. Noch während der Kaiserliche machte was er sollte, drückte der Dunmer dem Kranken den Kiefer auseinander und ließ und ihn nacheinander die beiden Mittel schlucken. Die Augenlider flatterten kurz auf und sahen in Grarius Gesicht, als dieser den Lappen auf der Stirn platzierte. Der Junge verzog vor Ekel das Gesicht. Tirian wusste das die Medizin nicht unbedingt gut schmeckte, aber sie würde vorerst helfen. „Trink das“: bot er ihm sauberes Wasser aus einem Krug an und der Junge stürzte es in einem Zug herunter, bevor er zurücksank und die Augen wieder schloss. „Er wird jetzt schlafen. Am besten du gehst jetzt mit seinem Bruder in meine Kammer. Ich bleibe jetzt bei ihm“: schlug Tirian vor, der für den Zauber Ruhe und Konzentration brauchte. Er musste schließlich seine Energie im Körper des anderen auch richtig verteilen. Grarius legte sich Justus über die Schulter, doch bevor er den Raum verließ, wandte er sich noch mal um. „Wird er es schaffen?“: fragte er zum wiederholten Male. „Wir werden es sehen müssen. Bete am besten zu den Göttern. Ich werde es ebenfalls tun“: sagte Tirian und wandte sich ab, genau wieder Kaiserliche der hinter sich die Tür schloss. „Ich bete für uns alle“: fügte der Heiler gedanklich an und dachte dabei an den Sturm, auf den der Kapitän direkt zuhielt.
    Geändert von KingPaddy (04.06.2009 um 19:17 Uhr)

  5. #5

    Morrowind, Innere See, Irgendwo zwischen Vvardenfell und dem Festland

    Behutsam griff er nach der Hand von Jorus. Sie fühlte sich feucht und kalt an und lag in seiner eigenen Hand wie ein toter Fisch. Er tastete sich nach oben bis zum Handgelenk und presste einen Finger auf die Ader um den Puls zu fühlen. Er erschrak, als er bemerkte, dass kaum etwas zu fühlen war. Doch dann beschleunigte er sich plötzlich. Tirian legte dann seine Hand auf das Herz des jungen und fühlte, das es wie wild raste. Dann als sich der Herzschlag wieder beruhigte, war der Puls wieder fast null. „Ich muss mich beeilen“: stellte der Heiler fest. Er richtete das Strohlager neben der Koje her und legte sich direkt neben Jorus auf den Boden. Dann ergriff er wieder dessen Hand und schloss die Augen. Er spürte sofort, dass der Wellengang draußen langsam stärker wurde. Er hoffte inständig, dass sie die Nacht überstehen würde. Sie würden sich nun bis zum nächsten Morgen ein Leben teilen. Minutenlang lag er einfach nur so da und versuchte seine eigenen Gedanken und seinen Herzschlag zu beruhigen und zu fokussieren. Sein Atem wurde langsam und kam in immer längeren Abständen und sein Herz schlug nur noch alle paar Sekunden. Man hätte ihn für einen Schlafenden oder Toten halten können. Äußerlich bewegte sich an ihm nichts mehr, aber in seinem Kopf arbeitete es wie wild. Er blendete alle unnützen Gedanken und die gesamte Umwelt aus. Langsam verblassten die knarrenden und ächzenden Geräusche des Schiffes, das Schaukeln und Wackeln und auch der Geruch der salzigen Luft und muffigen Kabinen. Alle seine Sinne richteten sich nur noch auf Leben und Magie in sich und das Leben des Jungen aus.

    Langsam sandte er Energie in Jorus geschwächten Körper und begann diesen zu ergründen. Nach einer gewissen Zeit in der er sich auf das Leben des Anderen einstellte, schien es als würde ihm eine Binde von den Augen gerissen. Er konnte alles erkennen. Die verbliebende Kraft des Kaiserlichen, die er als langsam schwindendes Feuer visualisiert hatte und die dunklen fast kraftleeren Zonen in den Gliedmaßen und sogar schon bei einigen Organen. Die Flamme des Lebens zog sich dabei immer weiter in Richtung Herz zurück. Er wurde schwächer. Langsam knüpfte Tirian ein Band zwischen sich und dem Patienten und schon floss die Energie zwischen ihnen hin und her. Er verteilte soviel er konnte gleichmäßig in Jorus‘ Körper und konzentrierte sich dann auf den Lebenskreislauf zwischen ihnen. Der Heiler hoffte den Jungen die Nacht überstehen lassen zu können und genug Kraft für die restliche Fahrt nach Vvardenfell zu geben, wo es Kräuter gab und fähigere Heiler, als er es war. Während sie so dalagen verfiel der eine mit deutlich gemäßigterem Herzschlag in Schlaf und friedliche Träume, während der andere in eine traumlose und kräftezehrende Trance verfiel.
    Erst der nächste Morgen brachte wieder Licht in das Dunkel, das ihn ereilt hatte. Das Kreischen von Möwen und die Wärme der Sonnenstrahlen, die auf sein Gesicht fielen, weckten ihn aus seiner Trance auf. Jetzt nahm er langsam wieder bewusst die Verbindung mit Jorus wahr. Er hatte sich etwas erholt und der Zustand war nicht mehr so kritisch wie am Vorabend, aber Tirian gab sich auch keinen falschen Vorstellungen hin, wusste er doch, dass sie damit nur etwas Zeit gewannen. Er schickte noch einen Schub seiner eigenen Kraft in den Körper des Jungen hinüber und trennte dann die Verbindung zwischen ihnen. Ganz langsam öffnete er seine Augen und begann seine Glieder zu bewegen. Er wollte keinen Schock riskieren. Er musste warten damit sich Herz und Atmung, also sein ganzer Kreislauf, wieder auf den normalen Betrieb umstellen konnten. Nach einigen Minuten glaubte er dann soweit zu sein und setzte sich auf und unternahm einige Versuche aufzustehen, was aber erst beim dritten Mal klappte. Er stützte sich an einer der Wände ab und besah sich den Jungen, der immer noch in dem Bett lag und vor sich hin schlummerte. „Ich werde dich auf jeden Fall retten“: versprach Tirian ihm in Gedanken. In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen. „Wie gut, dass ihr schon wach seid. Ihr könnt die Medizin für Jorus doch herstellen“: prasselten Grarius‘ Worte auf ihn ein. „Ich sagte dir schon einmal, dass ich nicht mehr genug Kräuter für die Mixtur habe“: versuchte Tirian abzuwürgen, doch der Schiffsjunge ließ sich nicht aufhalten. „Doch habt ihr“: sagte er und drückte ihm ein Bündel der Kräuter in die Hand, die er für die Medizin brauchen würde.

    „Wo hast du denn das her?“: fragte der Heiler ganz erstaunt. „Ihr scheint nicht allzu sorgfältig in eurem Vorratsschrank geschaut zu haben. Nebst dem Wenigen was ihr auch gesehen hattet, klemmten noch einige Kräuter hinter einem großen Glas. Da waren diese mit darunter“: erklärte Grarius das plötzliche Auftauchen. Dem Heiler kam das zwar merkwürdig vor, denn er war sich eigentlich seiner eigenen Ordnung sehr sicher, aber zuckte nur mit den Schultern. „Dann werde ich sofort die Medizin herstellen. Umso schneller Jorus sie bekommt, umso besser“: sagte er, schnappte sich das Kräuterbündel und eilte zu seiner Kammer. Als er dort ankam, fand er den Jorus‘ Bruder Justus schnarchend in seinem Bett vor. Er lächelte, als er sich an den Schreibtisch setzte und seine alchemistischen Gerätschaften zur Hand nahm. Er zerstieß die Kräuter im Mörser zu einem grün-bräunlichen Brei, mischte noch ein paar andere Kräuter unter und pürierte das Ganze nochmals. Den Brei tat er dann in einem Glaskolben und stellte ihn in den eisernen Halter über einer Art kleiner Eisenpfanne. Tirian zog ein Stück Kohle aus einer Schreibtischschublade und legte es in die Pfanne. Dann zündete er es an, indem er einige kleine Funken von seinen Fingern auf das Stück überspringen ließ. Rasch brannte es und gab eine Menge Wärme ab. Er goss Wasser in den Kolben und sah zu, wie es zu kochen begann. Blubbernd stieg der Wasserdampf oben aus der Kolbenöffnung. Nach geschätzten drei Minuten aufkochen, drehte er ein kleines Ventil und durch eine angeschlossene Glasröhre lief die Flüssigkeit. Sie passierte mehrere Filter bevor sie in ein weiteres gläsernes Behältnis floss. Auch hier legte er ein Stück Kohle unter und zündete es an. Nach wenigen Minuten verdampfte die Flüssigkeit und zurückblieb ein grüner Staub – das Konzentrat. „Dieser Heiltrank wird den Jungen in jedem Fall wieder auf die Beine bringen“: dachte er und kratzte das Pulver zusammen um es wieder in eine seiner bereits mit Grundflüssigkeit bestückten Fläschchen einzurühren. Dann erhitzte er die Flüssigkeit über der noch brennenden Kohle, damit sich die beiden Bestandteile auch gut miteinander verbanden. Schließlich löschte er die beiden glimmenden Stücke und hielt den Trank prüfend gegen das Licht und schwenkte etwas die Flüssigkeit hin und her. Als er zufrieden war, verkorkte er das Fläschchen und verließ den Raum.

    Er achtete darauf die Tür leise zu schließen, um Justus nicht aufzuwecken – sollte der Junge ruhig noch etwas schlafen. Dann machte er sich zurück zur Kabine der Schiffsjungen um Jorus den Trank schnellstens zu verabreichen. Doch vor der Tür der Kammer wurde er aufgehalten. Zwei Männer standen dort und hielten ihn auf. „Was ist hier los?“: verlangt er zu wissen. Doch noch bevor der Matrose auf die Frage antworten konnte, trat, dicht gefolgt vom stämmigen 1.Maat, Grarius heraus. Die Hände hatte man ihm gefesselt und jetzt wurde er brutal vorneweg gestoßen. „Was macht ihr da mit ihm“: schrie er den 1.Maat an. Der bullige Kerl drehte sich um und sah ihn abschätzig an. „Ah ihr könnt gleich mitkommen“: sagte er und sofort packten ihn die beiden Matrosen und verdrehten ihm die Arme auf den Rücken. Sie stießen sie vor sich her, durch den Bauch des Schiffes und dann die kleine Holztreppe hoch an Deck. Er war einen Moment regelrecht blind, als er aus dem Zwielicht des Schiffsinneren in das Tageslicht stolperte. Tirian blinzelte um die leuchtenden Punkte zu vertreiben, die ihm die Sicht nahmen. Als ihm das gelungen war, schaute er jedoch in das missgünstig dreinblickende Gesicht des Kapitäns. „Wo sind sie?“: verlangte dieser zu wissen und richtete die Frage nicht nur an ihn, sondern auch an Grarius neben ihm. Er selbst hatte keine Ahnung was er meinte und Grarius erweckte auch nicht den Eindruck, als würde er irgendetwas sagen wollen. „Was meint ihr?“: fragte der Heiler nun zögernd. „Ich will wissen wo das Diebesgut ist!“: schrie er. „Ihr seid zwar der Schiffsheiler, aber ich werde bei Verletzung der Bordregeln auch euch gegenüber keine Nachsicht walten lassen“: fügte der Mann noch an. „Was für Diebesgut?! Ich weis überhaupt nicht wovon ihr redet“: stieß Tirian ehrlich hervor. „Stellt euch nicht dumm. Ihr wart es doch sicher gewesen, der Grarius dazu angestiftet hat, die Heilkräuter zu stehlen. Also WO SIND SIE?!“: warf der Kapitän ihm wütend hingegen. Sofort fiel sein Blick auf Grarius, doch dieser wandte sich ab und vermied es ihm in die Augen zu sehen. Von einem Moment auf den anderen wurde ihm klar, woher die Kräuter für den Trank plötzlich gekommen waren.

    „Versucht es nicht zu leugnen. Man hat Grarius gesehen, wie er in der letzten Nacht aus dem Laderaum geschlichen war, obwohl er um die Zeit dort nichts zu suchen hat. Und heute Morgen war das Päckchen, welches ihr mir gegenüber gestern noch erwähnt hattet, weg. Ihr seht leugnen hat keinen Sinn, also wo sind die Kräuter. Wenn ihr gesteht und es mir sagt, werde ich davon absehen dir die Hände abhacken zu lassen“: sagte der Kapitän streng, als Tirian keine Antwort gab. „Ich besitze die Kräuter nicht mehr, ich habe einen Heiltrank daraus hergestellt. Grarius hatte mir erzählt, das er die Kräuter in meinen Vorratsschrank versteckt gefunden hatte. Und ich habe einen Trank für seinen Bruder gemischt“: berichtete der Dunmer wahrheitsgemäß. Der Schiffsobere schaute ihm tief in die Augen, wohl um die Lüge in der Aussage zu finden, wandte sich dann aber unzufrieden ab, weil er keine finden konnte. „Lasst ihn los!“: befahl er seinen Männern und sie gaben seine Arme wieder frei. Dann wandte er sich Grarius zu. „Du hast es gestohlen um deinen Bruder zu retten. Ein uneigennütziger Grund, aber Diebstahl ist Diebstahl. Ich werde nur davon absehen, dir die Hand abzuschneiden, aber im nächsten Hafen übergebe ich dich der Wache. Sperrt ihn in die Brigg. Er bekommt nur Wasser“: befahl er, doch Tirian entdeckte ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen. Scheinbar wollte er nur, dass Jorus die Medizin bekam. „Und du Tirian händigst mir jetzt den Trank aus, womöglich nimmt ihn der Tempel anstelle des Kräuterpäckchens“: verlangte der Kapitän und ruckartig verharrte Grarius mitten im Schritt. „Aber ich könnte damit den Jungen behandeln“: wandte er sofort ein. „NEIN! Wir hatten einen Transportauftrag. Es ist schlimm genug, dass die gewünschten Kräuter weg sind. Und ich bin nicht gewillt den Gegenwert auch noch herzugeben. Es steht der Ruf dieses Schiffes auf dem Spiel – mein Ruf“: ließ er es nicht zu und Tirian zog das Fläschchen mit der grünlichen Flüssigkeit aus seiner Tasche. „Ich bitte euch. Sein Zustand ist zwar zurzeit stabil, aber wer weis wie lange das bleibt. Vielleicht wird er bis Morrowind durchhalten, vielleicht auch nicht. Auf jeden Fall sollte man die Krankheit so schnell wie möglich behandeln, egal wie schwerwiegend sie ist. Wer weiß was für bleibende Schäden zurück bleiben könnten“: versuchte Tirian es nochmals, doch er blieb eisern. „Und selbst wenn er sterben sollte, ich werde den Ruf dieses Schiffes und dieser Crew nicht gefährden. Wo kommen wir denn dahin, wenn die Matrosen sich einfach an der Fracht der Kunden bereichern. Und jetzt her mit dem Trank!“: stellte er klar und verlangte nochmals die Herausgabe des Trankes.

    Tirian resignierte und war bereit es ihm zu übergeben. „Er wird vielleicht sterben“: murmelte er. „Damit muss jeder auf diesem Schiff rechnen. Eine Welle, Piraten, Seeungeheuer, Krankheit alles kann das Ende bedeuten“: sagte der Kapitän nur gleichgültig und der Heiler streckte ihm die Hand mit der Flasche entgegen. In diesem Moment trennte Grarius den Strick an seinen Handgelenken, mit der Klinge des Säbels, des Matrosen auf, der ihn festhielt und riss sich los. Seine Hände glitten schnell am Rücken unter sein Hemd und schon blitzte etwas Metallisches in der einen Hand. Er schien etwas aus dem Bund der Hose gezogen zu haben. Er stürmte vor und ergriff den Kapitän von hinten. Tirian glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er den Schiffsjungen mit einem Fischmesser an der Kehle des Kapitäns sah. „Keine Bewegung oder er stirbt. Ihr tu jetzt was ich sage und niemand wird verletzt“: verlangte er lautstark, so das ihn jeder hören konnte. Erschrocken sogen die Männer um ihn herum die Luft ein und hielten sie angespannt an. Alle Blicke waren nun auf ihn, den Schiffsjungen und ihren bedrohten Kapitän gerichtet. „Herr Morvayn gehen sie unter Deck und verabreichen sie Jorus den Heiltrank“: befahl er. Tirian noch etwas neben sich reagierte erst gar nicht, bis Grarius den Druck des Messers auf den Hals des Kapitäns etwas verstärkte und ein kleiner Bluttropfen herunter lief. Sofort fing er sich, nickte heftig und rannte unter Deck um den Trank zu verabreichen. Schnellstens war er bei Jorus im Zimmer.

    Justus war inzwischen aufgestanden und stand nun neben dem Bett. „Was ist denn da oben los? Und wo ist Grarius“: fragte er als Tirian hereinkam. „Nichts Besonderes und Grarius ist gerade mit etwas wichtigem beschäftigt. Aber gut das du hier bist. Ich habe eine Aufgabe für dich. Du musst mir jetzt helfen, damit es deinem Bruder bald wieder besser geht. Machst du das“: fragte er und setzte ein Lächeln auf, von dem er selbst ahnte, das es ziemlich verunglückt aussehen musste. „Gut mach ich, damit Jorus schnell wieder gesund wird“: versicherte er und Tirian atmete auf. Er wollte nicht, dass der Junge mitbekam, was da oben vor sich ging. „Gut ich verabreiche deinem Bruder jetzt den Heiltrank und du achtest bitte darauf, ob sich bei ihm irgendwelche Nebenwirkungen zeigen, wie krampfen oder Atemnot. Das ist sehr wichtig“: bläute ihm der Heiler ein. Eigentlich konnte nichts passieren, aber er brauchte einen Vorwand um den Jungen hier festzusetzen. Er hob den Kopf von Jorus leicht an und drückte ihm wieder den Kiefer auseinander. Der Schluckreflex sorgte dafür, dass der Trank langsam aus der Flasche raus und in den Schiffsjungen hinein floss. Wenn alles gut ging, dann würde er bald aus seiner Bewusstlosigkeit aufwachen. „Hoffentlich ist es bis dahin vorbei“: dachte er und erhob sich wieder. „Pass gut auf ihn auf. Ich muss noch etwas mit dem Kapitän besprechen“: sagte er zu Justus, bekam ein Nicken und war dann auch schon auf dem Rückweg an Deck.

    In der Zwischenzeit hatte sich der 2.Maat unbemerkte an die Brüstung des erhöhten Steuerstands herangeschlichen. Die Armbrust in seiner Hand hatte er bereits gespannt. Er steckte sie zwischen den Holzstäben der Brüstung hindurch und begann den scheinbar wahnsinnig gewordenen Schiffsjungen ins Visier zu nehmen.

    „Ich habe ihm den Trank verabreicht. Wenn alles klappt, dann dürfte es ihm bald besser gehen. Und jetzt lass den Kapitän los Grarius“: sagte Tirian als er vollkommen außer Atem auf das Deck stürzte. Grarius vorher ernste Augen wurden nun etwas weicher, als würden sie „Danke“ sagen.

    Soweit er sehen konnte, hatte man ihn glücklicherweise nicht bemerkt. Womöglich hätte ihn noch jemand durch sein Verhalten verraten. Doch dann sah er, dass ihn doch jemand bemerkt hatte. Der Kapitän sah ihn direkt an. Seine Augen hatten einen konzentrierten Ausdruck. Zum Zeitpunkt, als der Schiffsheiler wieder aufgetaucht und der Geiselnehmer abgelenkt war, nickte er ihm zu. Demnach würde es gleich soweit sein. Er zielte auf die Brust des Mannes und wartete auf seine Chance.

    „Bitte lass ihn los Grarius“: bat Tirian, der nicht wollte das der Kaiserliche jemanden umbrachte und damit sein Leben ruinierte. Langsam nahm Grarius das Messer runter. Es war jetzt nur noch auf Brusthöhe. Doch bevor der Schiffsjunge den Kapitän ganz freigeben konnte, reagierte dieser selbst. Er rammte ihm den Ellenbogen in die Seite und stieß ihn von sich. Er kam frei und warf sich augenblicklich zur Seite.

    Der Moment auf den er gewartet hatte, war gekommen. Der Kapitän war aus der Schussbahn. Sofort schoss er den Pfeil auf die ungeschützte Brust des Wahnsinnigen ab.

    Es war nicht mehr als ein kurzes Zischen und eine Art Blitz der durch die Luft direkt an ihm vorbei zischte. Noch bevor der Kapitän auf den Planken aufkam, schlug ein Pfeil oder ein Bolzen, Tirian konnte nicht erkennen was genau, in Grarius‘ Körper ein. Ein erstickter Schrei und er kippte nach hinten, auf die Planken, um. Einen Moment war er, vom Schock gerührt, wie erstarrt, doch im nächsten Moment fing er sich und seine Instinkte als Heiler griffen. Er lief sofort zu dem röchelnden Grarius hinüber. Den Kapitän, der sich beim Fallen anscheinend den Arm verstaucht hatte, ignorierte er einfach.

    Augenblicklich kniete er sich neben ihn und riss ihm das dünne Leinenhemd auf. Der Bolzen, wie er jetzt erkannte, hatte den dünnen Stoff mit Leichtigkeit durchschlagen und war tief in die Brust eingedrungen. Grarius hustete Blut aus. Seine Augen weiteten sich, als er erkannte, dass das Geschoss einen Lungenflügel durchbohrt haben musste. Jetzt lief Blut in das lebenswichtige Atmungsorgan. Doch noch schlimmer als die Erkenntnis, dass der junge Mann sterben würde, war für ihn die Feststellung nur hilflos daneben sitzen zu können. Nur noch Magie konnte ihn jetzt retten, doch er besaß dazu nicht die nötige Stärke, noch das nötige Wissen. „Wie steht es um mich Doc?“: fragte er und biss die Zähne mehrmals vor Schmerzen zusammen, bevor er noch eine Ladung Blut hustete. „Du darfst nicht sprechen!“: sagte der Heiler eindringlich, zog den Bolzen heraus und presste im selben Augenblick die Hände auf seine Brust um die Einblutungen zu stoppen und vor allem um das Loch in der Lunge zu schließen. Er tat alles was er konnte und verwandte beinahe seine gesamte Energie, doch es half nicht. Er schaffte es nicht. „Ich werde sterben, nicht?“: stellte er fest und Tirian nickte traurig, als auch er feststellte, das es keinen Zweck hatte. Grarius spuckte noch eine Ladung Blut aus. „Wie geht es Jorus. Wird er es schaffen?“: fragte er und seine Augen wurden langsam glasig. „Ja er wird durchgekommen. Er wird durchkommen“: sagte Tirian und ihm standen bereits Tränen in den Augen. „Kümmer dich gut um die beiden Brüder. Versprich es mir“: verlangte er, packte die Hand des Heilers und krampfte dann. „Ich verspreche es“: versicherte Tirian schnell und Grarius bäumte sich ein letztes Mal auf, sank zurück und röchelte ein letztes Mal. Dann brachen seine Augen und Tirian erkannte, dass der Schiffsjunge tot war. Dann begann er zu schreien und brüllte in den Himmel hinauf: „NEEEIIIINNN!“

  6. #6

    Morrowind, Innere See, Irgendwo zwischen Vvardenfell und dem Festland

    Wie als wollte der Himmel den schrecklichen Tod beweinen, hatte höchstens eine halbe Stunde später starker Regen eingesetzt. Der Wind war in etwa gleich geblieben und der Wellengang damit auf einem annehmbaren Niveau. Tirian hatte mit Tränen in den Augen den toten Grarius in eine Plane gewickelt und fest verschnürt. Der Kapitän hatte die Leiche sofort über Bord werfen wollen, doch diesmal hatte er sich mit allen Kräften dagegen ausgesprochen. Doch er war sich sicher, das der Kapitän seinem Wunsch nur entsprochen hatte, weil er gedroht seinen verletzten Arm nicht zu behandeln. Wie sich herausgestellt hatte, war es nur eine kleine Verstauchung gewesen. Nichts ernsthaftes, vor allem nicht im Vergleich zu dem Schiffsjungen, der an seinem eigenen Blut erstickt war. Danach hatte er nur noch kurz nach Jorus und Justus gesehen und sich dann in seiner Kammer eingeschlossen. Erzählt hatte er den Beiden noch nichts, obwohl das eh kaum Sinn gemacht hätte, da der nun älteste Bruder noch immer nicht aufgewacht war. Das hatte ihm eine gewisse Gnadenfrist eingebracht, aber spätestens heute Abend würden sie wohl, zumindest der kleine Justus, eine Antwort haben wollen, wo ihr „Bruder“ stecke. Aber wie sollte man dem Kind und dem halben Kind schonend beibringen, dass ihr Bruder für das Heilmittel und nicht einmal verdient in den Tod gegangen war. Zum Einen würde sich Jorus womöglich schuldig fühlen und zum Anderen würde es wahrscheinlich Rachegefühle gegenüber der Crew wecken, oder zumindest dem Kapitän und dem Todesschützen. Er selbst konnte immer noch nicht fassen, was da passiert war.

    Grarius war bereits gewesen seine Geisel gehen zu lassen und sich zu ergeben, dennoch hat man ihn einfach niedergeschossen. Natürlich hatte der 1.Maat sofort versucht die Situation zu rechtfertigen. Tirian hätte beinahe einen Wutanfall bekommen, als der Mann versucht hatte, den Schiffsjungen als gefährlichen Verrückten oder zumindest Kriminellen hinzustellen. Entgegen der Schiffshierarchie hatte er zwar seine Hand unter Kontrolle behalten, aber ihn so laut angeschrien, das man ihn womöglich noch in Himmelsrand hatte hören können. Wie konnte man auch einen Unschuldigen töten und es im Nachhinein so darstellen, als hätte er ihnen keine Wahl gelassen, als wäre er der Täter und nicht das Opfer. Gewiss konnte er Grarius Taten nicht gutheißen, aber das war noch lange kein Grund ihn einfach zu töten, zumal er es für seinen Bruder getan hatte. In diesem Moment traf er für sich und die beiden Jungs eine Entscheidung. Sobald sie Vvardenfell erreicht hatten, würden sie von Bord gehen. Sie mit ihm. Er hatte jetzt die Verantwortung für die Beiden. Und sie hatten ein Recht darauf zu erfahren, was passiert war. Er erhob sich von seinem Bett, in dem er gelegen und an die Decke gestarrt hatte. Er schlang sich seine Robe wieder um die Schultern und zog den Riemen um seine Hüften fest, damit sie zusammenhielt, dann verließ er seine Kammer und machte sich auf dem Weg zum Raum der Schiffsjungen. Unterwegs kam ihm Justus schon freudestrahlend entgegen gelaufen. „Er ist wach. Er ist wach!“: rief er aufgeregt und ein müdes Lächeln zeichnete sich auf Tirians Gesicht ab. Ein Beobachter hätte den eigentlich jungen Dunmer in diesem Moment für einen alten Mann halten können. Er beschleunigte etwas seine Schritte und kahm vor dem nur halb so großen Kind zum stehen.

    „Er ist aufgewacht. Ihr habt ihn wieder gesund gemacht“: sagte er und schlang seine Arme um den Körper des Dunmers. Tirian fühlte wie ihm warm ums Herz wurde, doch nur einen Moment später schlichen sich jedoch Kälte und Schmerz ein, wenn er an den Moment dachte, wenn er ihnen offenbarte das ihr Stiefbruder tot war. Eine kleine fast unmerkliche Träne rollte über seine aschfarbene Wange, doch der Junge bemerkte sie dennoch. „Hab ich dir weh getan“: fragte er entsetzt und ließ sofort los. Tirian lächelte wieder leicht und schüttelte den Kopf. „Nein das hast du nicht. Dann lass uns doch mal nach deinem Bruder sehen“: schlug der Heiler vor und gemeinsam betraten sie den Raum. Jorus saß aufrecht im Bett und trank langsam mit kleinen Schlucken eine Tasse Tee, die ihm irgendjemand gebracht hatte. Er sah zwar immer noch etwas blass aus, aber hatte mehr Farbe als noch vor ein paar Stunden. „Wie fühlst du dich?“: fragte der Heiler, als er neben ihm stand. „Müde“: antwortete er. „Ja das kann ich verstehen. Dein Körper benötigt alle Kräfte um die Infektion zurückzuschlagen und die Wunde genesen zu lassen. Der Heiltrank hat seine Wirkung erzielt, mit seiner Hilfe wirst du schon wieder. Dir wird es sicherlich bald wieder gut gehen, obwohl dich die Narbe wohl ein Leben lang zieren wird“: erklärte Tirian fachmännisch. Er versuchte das Unvermeidliche solange es ging heraus zu zögern. „Dann trage ich sie mit Stolz“: verkündete Jorus und lächelte leicht. „Wo ist Grarius?“: fragte der kleine Justus und legte den Kopf schief: „Möchte er nicht sehen, das es Jorus wieder besser geht?“ Wieder durchfuhr ein eher seelischer, als physischer Schmerz seinen Körper. „Der Augenblick ist wohl gekommen“: stellte er in Gedanken fest.

    „Vermutlich ist es besser, wenn ich zunächst nur mit Jorus spreche“: dachte der Heiler. „Justus ich brauche dringend mein Notizbuch. Es liegt in meinem Zimmer. Du kennst es ja. Kannst du es bitte schnell herholen“: bat er den Jungen, damit er ihn aus dem Raum bekam. Dieser verzog nur missgestimmt das Gesicht, da er keine Antwort erhalten hatte, aber setzte sich dennoch in Bewegung. Tirian würde genug Zeit haben, denn das Buch trug er bei sich, aber der Junge würde erst einmal eine Weile suchen. Dann setzte er sich auf einen kleinen Schemel neben das Bett. Jorus schien der ernste Gesichtsausdruck sofort aufzufallen. „Was ist los?“: fragte er besorgt. Anscheinend machte er sich wohl Sorgen, das er doch noch sterben würde. „Keine Angst es geht nicht um dich. Aber das, was ich mit dir zu besprechen habe, macht es dadurch auch nicht weniger schlimm“: sagte er. Der Schiffsjunge schluckte schwer, aber hörte weiter aufmerksam zu. „Ich wollte damit nicht gleich vor Justus damit herausplatzen, aber…“: er brach ab. Irgendwie konnte er es nicht. „Jetzt sagt schon. Es muss etwas Wichtiges sein“: verlangte der Junge nun. Der erhobene Tonfall kostete ihn mehr Kraft, als er eigentlich hatte. Tirian konnte eindeutig Schmerz von den Zügen des Kaiserlichen ablesen. Er nahm sich zusammen. Am besten war es wohl, wenn er es kurz und schmerzlos machte. „Grarius ist… ist… ist tot“: offenbarte er. Einige Augenblicke lang wurde er ungläubig angeschaut, aber dann trat Erkenntnis in die Augen seines Gesprächspartners, als er erkannte, das Tirian keinen schlechten Witz gemacht hatte.

    „Das kann nicht sein“: stieß er nur hervor, doch der Heiler schüttelte den Kopf. „Leider doch“: reagierte er. „Aber. Nein. Wie ist das passiert?“: fragte er sofort nach. Erste Tränen standen ihm in den Augen. Wieder durchzuckte es ihn schmerzlich. Einen Moment lang überlegte er, ob er ihm die Wahrheit sagen sollte oder nicht, doch dann entschied er sich wiederrum das Jorus ein Recht darauf hatte zu erfahren, was wirklich passiert war. So erzählte er ihm davon, dass sein Bruder die Kräuter gestohlen hatte um daraus den Heiltrank machen zu lassen. Wie der Kapitän das Ganze hatte auffliegen lassen und wie dieser die Nutzung des Trankes untersagt hatte. Dann wie Grarius den Mann als Geisel genommen hatte um ihn zu retten. Und dann von dem feigen Anschlag per Armbrust, an dem sein Bruder schlussendlich zu Grunde gegangen war. Jorus‘ Augen wurden dabei immer größer, als er die ganze Schrecklichkeit und das Opfer seines Bruders begriff. „Er… er hat das alles nur getan, um mich zu retten?“: fragte er zweifelnd und Tirian nickte. „Ihr wart zwar nicht verwandt, aber du und Justus seid für ihn vermutlich wie Brüder geworden, seit er euch in Vvalenwald gefunden hatte“: mutmaßte der Heiler. Einen Moment rollten ein paar Tränen, doch dann verengten sich die Augen des Kaiserlichen. „Ich bringe ihn um“: kam es erst leise von ihm. Tirian hatte Mühe die Worte zu verstehen. Doch bevor er eine entsprechende Frage stellen konnte, wiederholte er seine Worte nochmals lautstark. „Ich werde diesen Mistkerl umbringen!“: schrie er fast. Er wollte sich aus dem Bett schwingen, doch Tirian benötigte nicht viel Kraft um den Körper des Jungen zurück aufs Bett zu drücken. „Du in deinem jetzigen Zustand wirst nirgendwo hingehen. Du kannst ja nicht einmal aufstehen, wenn ich es nicht zulasse. Wie willst du gegen den Kapitän oder den 1.Maat antreten“: redete der Dunmer eindringlich auf Jorus ein und langsam beruhigte er sich. Das Gesicht war jedoch noch von Wut verzerrt.

    „Du musst dich erholen. Grarius ist gestorben, damit du wieder gesund wirst, damit du lebst. Jetzt wirf es nicht einfach so weg, indem du dich in einen verzweifelten Kampf stürzt, oder sogar jemanden umbringst. Er habe ihm versprochen mich um euch zu kümmern. Und ich werde nicht zulassen, dass du dich damit verfluchst. Und vor allem denk an Justus, soll er dich auch noch verlieren?“: appellierte Tirian und wurde dabei immer lauter. Dann nach einen kurzen Mal Luft holen fuhr er etwas leiser fort: „Du bist das Einzige, was der Kleine noch hat. Ich habe dir nicht umsonst zuerst davon erzählt. Ich denke es ist besser, wenn er es von dir erfährt. Ich bin ja doch eher ein Fremder. Und gerade für ihn solltest du wieder gesund werden.“ Und erkannte das seine Worte Wirkung zeigten. Die Wut wich sofort aus seinen Zügen und machte einer sichtlich tiefen Trauer Platz. Im nächsten Moment brachen die Dämme und er fing an zu weinen. So erwachsen er auch manchmal tat, Jorus war halt noch ein Kind. Eine Weile saßen sie nur nebeneinander, der Schiffsjunge schluchzend und Tirian mit bedrückten Blick, als Justus ins Zimmer kam. Mürrisch verkündete er, das er nichts gefunden habe, entdeckte dann aber seinen weinenden Bruder. „Was ist los. Ist was Schlimmes passiert“: fragte er unschuldig. Tirian sah ihn an. Sein Gesicht musste wohl mitleidig wirken. „Ist etwas mit Jorus. Wird er etwa doch sterben?“: fragte er und seine Augen wurden bei dem Gedanken ganz groß. Tirian wollte gerade ansetzen, als ihm der Bruder zuvorkam. „Nein Justus. Es ist etwas anderes. Ich muss mit dir reden“: sagte er rasch und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Ich denke ich lasse euch jetzt alleine“: schlug der Heiler vor und Jorus nickte. Er verließ das Zimmer und wandte sich in Richtung seiner eigenen Kammer. Auf halber Strecke konnte er dann das lautstarke Weinen des jüngeren Bruders hören. Er verriegelte die Tür, warf sich aufs Bett und schlief nach einer Weile, in der er sich selbst verflucht hatte, ein.

    Er war zwar immer wieder während der Nacht aufgewacht. Beim ersten Mal war gerade eine Stunde vergangen gewesen, aber er hatte es nicht gewagt, nochmals zu den beiden Jungen zu gehen. Er hatte Jorus klar gemacht, das es keinen Sinn haben würde, den Kapitän töten zu wollen. Die Götter würden ihn noch rechtzeitig zu sich holen und ihn seiner entsprechenden Strafe zu führen. Er war sich sicher, dass er dem älteren der Beiden vertrauen konnte. Erwacht war er am Morgen, nachdem es auf dem Schiff zu großen Lärm gekommen waren. Er war aufgestanden und hatte nur sporadisch seine Kleider gerichtet, die er die Nacht über anbehalten hatte, dann war heraus gegangen um den Grund für den plötzlichen Lärm zu ergründen. Und dieser Grund trieb auch ihm ein Lächeln ins Gesicht, als er am Bug stand und vor sich bereits Vvardenfell erkennen konnte. Die prächtigen und strahlenden Wohninseln von Vivec fingen das rötliche Morgenlicht ein und waren daher gut zu erkennen und erstrahlten in herrlichen Farben. Vivec war in seinen Augen wirklich eine Stadt der Götter. Die Männer waren ganz euphorisch in Aussicht auf Land und einen großen Hafen wie diesen. Auch wenn die Lage im Land angespannt war, wer zulange auf See war, freute sich immer über ein vernünftiges Bett und die Sicherheit und Wohnlichkeit des Festlandes. Für Tirian hatte der Anblick jedoch noch eine andere Bedeutung.

    Hierher war sein Freund Tarrior zurückgekehrt um seine Mission zu Ende zu bringen und seine Tochter aus den Fängen eines Telvanni-Fürsten zu befreien. Der Hexer sollte dafür bluten. Er war bereit gewesen seinem Freund dabei zu helfen. Es klang gefährlich und gemeinsam waren sie gewiss stärker, doch Tarrior hatte es abgelehnt und ihm untersagt ihn zu begleiten. Eigenmächtig hatte sich Tirian jedoch dazu entschlossen ihn nicht alleine zu lassen. Er hatte dem Kapitän von lukrativen Geschäften in Vvardenfell erzählt gehabt. Dieser war gleich Feuer und Flamme gewesen und hatte Segel setzen lassen. Unterstützend war noch hinzugekommen, dass sie Schwarzmarsch einen Transportauftrag für den Tempel in Vivec erhielten, was ihnen auch noch eine ungestörte Einreise in die zurzeit gesperrten Gewässer ermöglichte. Und jetzt waren sie fast da. Nur etwas störte seine bisherige Planung. Er hatte sich entschlossen die Crew zu verlassen. Nachdem was der Kapitän getan hatte, konnte er unmöglich weiter hier Dienst tun. Und er würde damit auch Jorus und Justus mitnehmen, schließlich hatte er Grarius versprochen, sich um sie zu kümmern. Da die Insel nun so nahe war, musste er sowieso mit den Beiden reden. Sie wussten noch nichts von seiner Entscheidung. Aber gewiss wäre es besser für sie, wenn sie nicht an Bord dieses Schiffes blieben. Grarius‘ Leichnam würde er ebenfalls mit an Land nehmen. Er würde eine anständige Beisetzung bekommen. Er wandte sich von der leuchtenden Stadt ab und schritt über das Deck zurück zur Treppe, die in den Schiffsbauch führte.

    Plötzlich schob sich der Kapitän in seinen Weg und blockierte ihn damit. „Herr Morvayn ich brauche euch nachher um den Priestern zu erklären, warum sie ihre Kräuter nicht bekommen“: sagte der Mann sachlich. Tirian lächelte. Da er sowieso nicht an Bord bleiben würde, konnte er seiner Wut jetzt Luft machen. „Natürlich. Ich werde ihnen erzählen das wir damit einen todkranken Jungen gerettet haben, obwohl ihr ihn lieben hättet sterben lassen. Und das wir ihnen dafür einen anderen toten Jungen mitgebracht haben, den ihr habt kaltblütig ermorden lassen. Gewiss wird Tausch sie zufrieden stellen“: zischte Tirian an und sparte nicht mit Hohn und Verachtung in der Stimme. „Wie könnt ihr es wagen?“: schrie der Mann ihn an. Der Kopf wurde knallrot. Die Faust war schon erhoben, aber hing noch in der Luft. „Nur zu schlagt mich nieder. Tötet mich genau wie Grarius oder braucht ihr dazu einen eurer Männer, der auch den Schlag wie den Todesschuss abnimmt“: reizte er den autoritären Mann weiter. Die beiden funkelten sich gegenseitig wütend an. So etwas hatte Tirian noch nie gemacht, aber er hatte einfach nicht mehr an sich halten können. Grarius war für seinen Bruder gestorben, doch das einzige was den Kapitän interessierte, war das er die Priester ihn womöglich zur Entschädigung zwingen würden. Der gefährliche Augenblick ging jedoch vorbei. Die Faust sank. „Herr Morvayn aufgrund ihres ungebührlichen Verhaltens entlasse ich sie aus meinen Diensten. Sie werden im nächsten Hafen an Land gehen“: verkündete der Kapitän lautstark, sodass jedes es hörte. Tirian jedoch blieb ruhig. „Ihr könnt mich nicht entlassen, weil ich meinen Dienst hiermit QUITTIERE!“: sagte er, schob sich um den muskulösen Körper des Mannes herum und verschwand unter Deck.

    Wie er erwartet hatte, traf er Beide, Jorus und Justus, in ihrer Kammer. Sie starrten ihn regelrecht an, als er eintrat. Einen Moment lang wusste er nicht was er sagen wollte, doch dann fiel es ihm wieder ein. „Ich habe soeben meinen Dienst hier auf dem Schiff quittiert. Ich werde in Vivec an Land gehen“: sagte er einfach heraus. Sie schauten ihn immer noch an. „Ich habe Grarius versprochen auf euch aufzupassen, also werdet ihr mit mir kommen“: kam er dann auch gleich zum Punkt. Es erhob sich kein Widerspruch. Vermutlich war auch für sie das Schiffsleben gestorben. „Dann packt schnell eure Sachen. Wir werden die Insel bald erreicht haben“: wies er sie an. Langsam begann Justus ihre wenigen Habseligkeiten zu packen, auch die von Grarius packte er zusammen. Jorus jedoch kam zu ihm hinüber. „Du musst das nicht für uns tun“: sagte der Schiffsjunge und Tirian legte ihm die Hand auf den Kopf und strich damit durch die Haare. Seine Mutter hatte das früher immer gemacht. „Gewiss nicht aber nach so einem Vorfall halte auch ich es hier nicht mehr aus. Es tut mir leid für die Männer, aber für diesen Mann kann ich nicht länger arbeiten. Außerdem wollte ich sowieso nach Vvardenfell um einem Freund zu helfen. Und wie gesagt ich habe es eurem Bruder versprochen“: winkte er ab. „Wie hat Justus es aufgenommen?“: fragte er dann mit einem Seitenblick auf den Jungen. Jorus schüttelte den Kopf. Nicht viel anders als mir. Er hat letzte Nacht noch sehr lange geweint. Für ihn war Grarius fast schon eine Art Vaterfigur. Er wird es verkraften denke ich“: antwortete er. „Wirst du das auch“: fragte er den Jungen vieldeutig. „Du hast Recht. Rache wäre genauso schlimm, wie das was man Grarius angetan hat. Ich werde damit klar kommen. Außerdem muss ich mich ja um meinen kleinen Bruder kümmern“: sagte er und beim letzten Satz lächelte er sogar etwas. „Gut packt eure Sachen. Ich werde das Gleiche machen. Wir treffen uns dann nachher an Deck“: sagte er und ging.

    Im Gegensatz zu den Beiden Jungs hatte er wesentlich mehr zu packen. Er hatte sich sogar dazu durchgerungen die ganzen Kräuter und andere Zutaten zurückzulassen. Mit seinen persönlichen Sachen, den Büchern und vor allem auch seinen alchemistischen Geräten hatte er schon mehr als genug zu tragen. Er musste sogar Jorus bitten seine Kleider zu tragen, damit er entsprechend den Sack mit den Büchern weg bekam. Schlussendlich aber hatte er alles Wichtige bei sich, als sie endlich in den Hafen von Vivec einfuhren. Ein recht großer Trupp Ordinatoren erwartete sie bereits. Das man die Sicherheitsvorkehrungen stark erhöht hatte, fiel ihm dabei sofort ins Auge. Ein Gespräch mit einem Priester später und schon war ihr Landgang gestattet, zuvor hatten die Wachen nicht zulassen wollen, das die Männer an Land gingen, aber als sie erfuhren, das das Schiff mit wichtigen Versorgungsgütern und Waren für den Tempel beladen war, waren sie sehr zuvor kommend. Wortlos gingen Tirian und die beiden Waisen von Bord, aber nicht ohne, das der Heiler dem Kapitän noch einen letzten verachtenden Blick zuwarf. Zwei Matrosen trugen den Grarius leblosen Körper hinter ihnen vom Schiff. Er bat daraufhin einen der der nahestehenden Priester, die das Entladen ihrer Waren überwachten, darum dem Kaiserlichen eine anständige Beisetzung zukommen zu lassen. Der Tribunalsdiener nickte und versprach sich um die letzte Reise des Toten zu kümmern. Dann entfernten sich die Drei.

    „Wo soll es jetzt hingehen?“: fragte Jorus, der in Morrowind vollkommen fremd war. „Mein Freund besitzt ein Plantagenanwesen im Nordwesten, in der Nähe einer Stadt, die man Caldera nennt. Wenn er wieder hier ist, wird er gewiss dort sein. Und er hat gewiss Platz für uns. Es wird vielleicht nicht leicht werden, dort hinzugelangen, denn ich weis nicht, wie sich dieses Land aufgrund der Krise verändert hat, aber sicher werden wir es schaffen“: antwortete Tirian. Die Beiden Jungen schauten ihn unsicher an und er schaute selbst nicht anders, denn er war wie die Beiden verunsichert. „Was wenn er Tarrior dort nicht fand. Und wie sollte er ihm überhaupt helfen“: darüber dachte er nach, während er sich mit Jorus und Justus ins Zentrum der Ascadia-Inseln aufmachte.
    Geändert von KingPaddy (04.06.2009 um 16:54 Uhr)

  7. #7

    Skyrim, Winterhold

    Alte Geschichten
    17. Sonnenuntergang, 3. Ära 416:

    So sehr er es auch versuchte, Xerxes konnte in dem sogenannten Bett, das ihm der Wirt für sein Geld angeboten hatte, nach 8 Stunden eines unruhigen Schlafes nicht zur Ruhe kommen. Oder lag es daran, dass er kein Geld mehr hatte? Einen Dolch konnte er sich kaufen, um sein Geld durch einfache Überfälle verdienen zu können. Doch er hatte genug davon, sich durch diese niedere Arbeit noch gerade so über Wasser halten zu können.
    Heute wollte er zu einem Mann namens Harald gehen, der angeblich Söldner einstellte. "Ob das klappt? Mit so einem Kopf und diesem einfachen Dolch?", Xerxes drehte sich oft in seinem Bett, bis er sich schließlich entschied aufzustehen. Mit einem sich langsam auflösenden verschwommenen Blick zog er sich an und verließ den Keller der Taverne. Das einzige woran er sich erinnern konnte war, am letzten Abend ein Frühstück bestellt zu haben und orderte es deshalb beim Wirt. Es war nicht mehr als ein wenig Brot und ein Stück Fleisch, aber bei dem wenigen Geld, das Xerxes anbieten konnte war das auch nicht verwunderlich. Er schlang es schnell herunter und suchte das Haus auf, das gestern ein Bürger als das Haus von Harald bezeichnet hatte. Das wollte er so schnell wie möglich hinter sich haben.

    Xerxes fiel die Kinnlade herunter, als er das Haus von Harald sah. Man konnte es zwar noch Haus nennen, doch es war sowohl riesig, als auch reichlich verziert. Er würde es als edle Villa bezeichnen, auch wenn ein solches Haus für die wohlhabenderen Einwohner Winterholds keineswegs unüblich war. Es kam ihm vor, als könnte er in den Gesichtern der Anwesenden große Verwunderung sehen, denn der Anblick des ärmlich gekleideten Riesen in einem prachtvollen Haus war nichts alltägliches. Xerxes war sichtlich nervös, er zitterte sehr stark. Zumindest schien es ihm so. Doch er musste sich zusammenreißen: "Ich habe gehört ihr sucht nach Söldnern?"
    Ein in edler blau-weißer Kleidung gekleideter Mann trat zwischen den Menschen hervor: "Darf ich euch nach eurem Namen fragen, junger Mann? Nein, lasst mich raten: Ihr heißt Xerxes, nicht wahr?"
    "Woher wisst ihr das?", fragte Xerxes mit einem Ausdruck des Erstaunens in seinem Gesicht.
    "Nun, ihr habt mich einmal überfallen", antwortete der Mann gelassen, "erinnert ihr euch noch daran? Als auf einmal dieser Schrank in Stahl auf euch zukam und ihr wie das Reh vor dem Jäger geflohen seid? Danach habe ich natürlich nach euch gesucht". Er legte eine kleine Pause ein:
    "Erlaubt mir mich vorzustellen, mein Name ist Harald. Und ja, ich suche nach fähigen Männern. Ich mag es nicht lange um den heißen Brei herum zu reden, also...", Harald drehte sich um, "Einar!"
    "Ist mir ein Vergnügen", ein ebenso großer Mann wie Xerxes trat hervor.
    "Dieser Mann soll sich seine Ausrüstung aussuchen, dann wollen wir sehen, ob er fähig ist"

    Einar führte Xerxes in einen von Rüstungen und Waffen fast platzenden Raum. Dort ließ er Xerxes seine Ausrüstung zusammenstellen. Viel Ahnung hatte Xerxes zwar nicht von Rüstungen, doch er entschied sich ebenso wie Einar eine Stahlrüstung zu tragen, seine Waffe sollte ein ebenso stählernes Langschwert sein.
    Er hatte noch nie eine Rüstung getragen und diese Rüstung aus Stahl fand er nicht angenehm. Sie verhakte sich oft, sodass er kurz stoppen musste. Anscheinend fand Einar diese unbeholfenen Bewegungen komisch, so jedenfalls interpretierte Xerxes das Grinsen in seinem Gesicht. Er versuchte die Bewegungen Einars nachzuahmen und als er erneut vor Harald stand erkannte er, dass er sich nicht schnell bewegen darf, damit die Rüstung ihn nicht behindert. Eine sehr ungewohnte Veränderung.
    Xerxes war so sehr in seine Gedanken vertieft, dass er fast nicht bemerkte wie das Schwert von Einar auf ihn zu raste. Noch schnell genug zog er seinen Schild hoch, um den Schlag abzublocken. Der Schlag war heftig genug, um ihn einige Schritte nach hinten taumeln zu lassen. Zeit sich auszuruhen hatte er nicht, kaum stand er wieder fest auf dem Boden, schlug Einar mit kurzen Angriffen auf seinen Schild zu.
    Er musste sich jetzt etwas einfallen lassen, doch die andauernden Schläge auf seinen Schild, hinderten ihn daran seine Gedanken zu sammeln. Seine einzige Idee war es, seinen Schild zum Angriff zu nutzen.
    Als Einar wieder zum Angriff ausholte, schlug Xerxes mit seinem Schild auf ihn zu. Es funktionierte. Einar konnte seinen Angriff nicht mehr schnell genug abbrechen, verlor das Gleichgewicht und nur einen Augenblick später lag er auf dem Boden, mit dem Schwert von Xerxes an seiner Kehle. "Ich schätze mal, du hast verloren", grinste er ihn an.
    "Anfängerglück. Ich habe einfach nicht damit gerechnet, dass du noch einen Angriff startest", behauptete Einar sofort.
    "Und dennoch", warf Harald ein, "hat er es geschafft dich zu schlagen. Täuschung ist auch eine wesentliche Kunst des Kampfes". Er drehte sich zu Xerxes um und schüttelte ihm die Hand: "Herzlichen Glückwunsch, bisher ist es noch keinem gelungen Einar zu besiegen. Ihr könnt auch gleich eure Fähigkeit in einer Gruppe zu arbeiten beweisen, ich hätte da nämlich schon eine Aufgabe für euch"...

  8. #8

    Vvardenfell-Distrikt, Ascadia-Inseln, Pelagiad

    Was in der Zwischenzeit geschieht... II
    (als Ergänzung zu Tarrior im RPG)
    hier: Tirian Morvayn

    Tirian schaute bedrückt in den Himmel, als er mit seinen zwei jungen Begleitern das wuchtige Stadttor von Pelagiad passierte. Sie hatten die ehemalige kleine Garnisonsstadt mit einem mächtigen Wall ausgestattet. Sie bildete jetzt neben Ebenherz das kaiserliche Zentrum auf den Ascadia-Inseln. Angreifer würden es schwer haben die Stadt anzugreifen. Er seufzte. Pelagiad war ein Fels in der Brandung, aber womöglich bald auch der einzige sichere Ort im Innern der Inseln. Der Dunmer hatte zusammen mit den Jungs ihre erste größere Rast hier eingelegt. Im Freien oder einer Höhle zu schlafen erschien ihm zu gefährlich in diesen Zeiten. Jetzt musste man sich nicht nur vor Räubern und Banditen in Acht nehmen, sondern auch vor Daedra, Kultisten und einem wütenden Mob aus Bauern und Sklaven. Letzteres hatte er in Pelagiad erlebt. In der Stadt war eine Weile Oblivion los. Der Gedanke daran machte ihn noch betrübter. Man gewann langsam den Eindruck, mit Vvardenfell sollte es zu Ende gehen. Die alten Strukturen brachen reihenweise weg. Erst verlor der Tempel seine Götter, zumindest wurden sie lange nicht gesehen und dann verlor er auch noch seine Autorität. Tatsächlich beherrschte der Tempel Vvardenfell als zusammenhaltendes Element. Jetzt agierten die Häuser jedes für sich. Eine Zentralgewalt durch den König wurde jahrelang durch Tempel und Fürstenhäuser blockiert und das rächte sich jetzt. Alles ging auseinander. Die Bauern, früher protestierten sie nie direkt, hatten sich gesammelt, die Arvel- Plantage und das Ules-Anwesen gestürmt, deren Sklaven befreit um ihren Mob noch zu verstärken und wollten nicht nur die Plantagenherren am liebsten aufknüpfen, sondern auch die mächtige Dren-Plantage brennen sehen. Dorthin hatten sich sämtliche reichen Großbauern und Plantagenbesitzer geflüchtet. Er bekam das am Rande mit, da die Legion darin eine ernste Gefahr für die Versorgungslage und den Bestand der wackligen Ordnung sah. Die Dren-Plantage und die Großgrundbesitzer konnten gerettet werden, der Mob wurde verjagt. Die aufständischen Bauern, verstärkt durch befreite Sklaven, zogen nicht nur marodierend durchs Land, sondern verweigerten den Städten auch die lebenswichtige Versorgung mit Nahrungsmitteln und anderen Waren. Ohne die Versorgung durch die Plantagen wären in den Städten, wo die Versorgungslage auch wegen der vielen Flüchtlinge angespannt war, sicherlich bereits Hungernöte ausgebrochen. All diese Tatsachen machten frei in der Taverne die Runde.

    Da er auf Jahre schon nicht hier war, war die desolate Lage des Landes für ihn ein Schock. Sofort packte es ihn an seiner Heiler-Ehre, nach Vivec oder Ebenherz zu gehen und den Flüchtlingen zu helfen. Doch wog sein Versprechen, das er Grarius gab, schwerer. Erst auf Tarriors Plantage wären sie vorläufig sicher. „Jorus, Justus beeilt euch“: hielt er die Jungen zur Eile an, als sie noch Zeit damit vertrödelten einigen Guars beim Grasen zuzusehen. Er war aber gleichzeitig froh darüber, dass sie ihre Unbeschwertheit zurückerlangt hatten. Er konnte sich nur ansatzweise vorstellen, wie Grarius Tod sie getroffen haben musste. Jorus spurte sofort. Der kleine Justus brauchte noch einen Moment länger, bevor er angetrottet kam. „Wie weit ist es denn noch zu deinem Freund“: fragte er den Heiler. „Noch ein ganzes Stück. Mal sehen ob du auf dem Marsch dahin, länger durchhältst als ich. Nicht das wir wieder alle paar Meter eine Pause machen müssen“: neckte er den Jungen. Diese setzte ein Dir-zeig-ichs-Gesicht auf und lief schon einmal los. Lächelnd sah Tirian dem kleinen Wirbelwind nach und setzte sich mit Jorus ebenfalls in Bewegung. „Es ist noch weit nach Caldera, richtig?“: fragte nun auch er. „Ja mindestens noch etwas mehr als ein Tag, vielleicht auch zwei oder drei. Wenn wir die Ascadia-Inseln verlassen, dann pass gut auf Justus auf. Wir biegen dann nämlich in eine Foyada ein. Das sind große gangbare Spalten, die die Lava des Roten Berges dereinst ins Land gefressen hat. Sie eignen sich gut für Hinterhalte, Straßensperren und Überfälle. Auf dem Weg nach Balmora müssen wir dort durch. Achte also auf deinen Bruder“: verlangte Tirian und Jorus gab per Nicken seine Zustimmung. Während sie so entlang schlenderten und Justus voller Tatendrang immer einige Meter vor lief um dann stehen zu bleiben oder wieder zurück zu rennen unterhielt Tirian sie mit seinem, eigentlich eher begrenzten, Wissen über Vvardenfell. Doch oft musste er bei einer Nachfrage eines Jungen um eine Wiederholung der Frage bitten. Seine Aufmerksamkeit galt dem Wegrand und vor allem Höhlen und Büschen, die groß genug waren, um Banditen Sichtschutz zu bieten. So konnte er nicht immer den Gesprächen voll folgen.

    Plötzlich hörte er Justus Stimme. „Da kommt jemand“: rief er aufgeregt. „Komm her!“: befahl Tirian schroff, als der Junge noch immer auf seiner vorgeschobenen Position verharrte, während die Unbekannten näher kamen. Schleunigst kam er zurückgerannt. Tirian kniff die Augen zusammen, um gegen die Sonne etwas sehen zu können. Er konnte zwar keine Einzelheiten erkennen, aber es waren wohl drei Personen und eindeutig allesamt Dunmer und sie kamen ihnen entgegen. Tirian schluckte. Seine Hand wanderte zu seiner Hüfte, wo sein Schwert hing und legte sich auf den Griff. „Bleibt dicht bei mir“: sagte er zu den beiden Brüdern und gemeinsam gingen sie weiter. Erst im Näherkommen und als er seine Augen mit der Hand beschattete, erwiesen sich seine Sorgen als unbegründet. Es handelte sich um einfache Passanten. Eine kleine Familie. Ein Mann, eine Frau und ein Mädchen, etwa in Jorus Alter. „Ihr wollt dich nicht etwa ins Landesinnere“: hielt ihn der Dunmer auf. „Doch, das haben wir vor“: antwortete der Heiler. Der Mann schüttelte den Kopf. „Da ihr Kinder dabei habt, seid ihr wohl kein Krieger. Jeden den ich kenne, möchte am liebsten so schnell es geht raus aus dem Zentrum und am Besten auch von dieser Insel hier herunter. Das Gleiche kann ich euch auch nur raten. Redoran ist tot. Ich und meine Familie sind vor ein paar Tagen aus einem Velothi-Turm im Aschland geflohen und davor aus Ald’rhun. Die Daedra haben den Turm geschleift und die redoranischen Wächter getötet. Wir haben es gerade so heraus geschafft. Wenn die es aus dem Zentrum heraus schaffen, wird Vvardenfell brennen“: redete der Dunmer eindringlich auf Tirian ein. Jorus beschäftigte sich derweil mit dem Dunmer-Mädchen. Zwischen ihren Finger tanzten kleine Funken und Flammen. Erstaunt und Neugierig ging der Kaiserjunge näher heran. Das Mädchen ließ die Flammen plötzlich etwas höher schlagen und erschrocken stolperte Jorus zurück und viel hin. Das Mädchen begann zu kichern und wurde daraufhin von ihrer Mutter gemaßregelt. Der Vater schüttelte kurz den Kopf und wandte sich wieder an den Heiler. „Ich empfehle euch kehrt um. Wenn ihr aber wirklich irgendwo hin wollt, dann geht lieber zu den Telvanni. Die Westspalte ist eine Todeszone“: beschwor der Mann ihn noch einmal. Tirian hatte nicht vor umzukehren. „Was meint ihr mit Todeszone?“: wollte er wissen.

    „Die Nord benutzen Solstheim als vorgeschobene Basis. Die Eisfalter-Festung soll wohl bereits gefallen sein. Den Gerüchten zu Folge, die ich bei den Wächtern aufgeschnappt habe, planen sie wohl eine Invasion und werden in den Hafenstädten an der nördlichen Küste der Westspalte anlanden. Die Nords und die Daedra, Redoran ist tot. Dort oben findet ihr nur Gefahren. Kommt mit uns nach Gnaar Mok. Gemeinsam zu reisen ist sicherer. Ich habe Schmuggler bezahlt, damit sie uns hier wegbringen“: bot er ihm an. „Tut mir leid. Mein Ziel ist Caldera“: lehnte er ab. „Wie ihr meint. Möge Azura euch und eure Kinder beschützen“: verabschiedete sich der Dunkelelf und zog mit seiner Familie weiter. Die Tochter zwinkerte Jorus, der sich mittlerweile wieder aufgerappelt hatte, zu, als sie gingen. Der Junge wurde leicht rot. Doch Tirian ließ sie nicht mehr lange verweilen, sondern wollte schnell weiter und legte auch enormes Tempo in seine Schritte, sodass die Kinder kaum mithalten konnten. „Die Nord auch noch“: dachte er zweifelnd. Was sollte bloß aus Vvardenfell werden. Gleichwohl dachte er auch an das Festland von Morrowind. Dort war die Situation, was die Bürger anging, entspannter. Dafür hatten sie dort überall Daedra und Oblivion-Tore und die Fürstenhäuser, die hier auf Vvardenfell einen Burgfrieden hielten, stritten sich dort unterdessen weiter. Er dachte wehmütig an seine Mutter. Schuldbewusst stellte er fest, dass er seit seiner Ankunft auf der Insel nicht einmal an sie gedacht hatte. Tränenstadt war zwar eine große Metropole und entsprechend gesichert, aber dicke Mauern hatten auch Kvatch nicht beschützt. Er hoffte und betete zu Azura und dem Tribunal, wo auch immer es sich aufhielt, das sie wohl auf war.

    Bald erreichten sie den Rand der Ascadia-Inseln. Im Norden lag von hier aus das wüste und verwüstete Aschland, in dem sich die Daedra austobten. Im Westen fanden sich der Fluss Odai und die Region der Westspalte. Wenn sie den Fluss erst einmal erreichten, wäre es nur ein Katzensprung nach Balmora. Der Tag war voran geschritten, doch würden sie die Stadt wahrscheinlich noch bei Sonnenuntergang erreichen. „Eine Nacht dort verbringen und dann weiter nach Caldera. Ich könnte mich auch in der Stadt umhören, ob Tarrior inzwischen bereits dort war und wie lange das her ist“: überlegte Tirian. Die Plantage lag zwar nahe, aber sein Freund konnte bereits wieder sonst wo unterwegs sein. Nach Caldera wäre es von Balmora aus nur ein Fußmarsch von wenigen Stunden und zur Plantage nur etwas weiter, aber er wollte den Kindern nicht noch mehr Strapazen für diesen Tag zumuten, außerdem war die Wahrscheinlichkeit, in der Nacht überfallen zu werden, deutlich größer. Wäre der Heiler allein unterwegs, wäre es ihm egal, doch so musste er auch an Jorus und Justus denken. Jorus war zwar kräftig, aber einem Banditen war er keinesfalls gewachsen und Justus wäre im Kampf hinderlich. Er konnte sich vielleicht selbst verteidigen, aber zeitgleich noch die Jungen zu beschützen, war für ihn ausgeschlossen. Bei diesen Gedanken an Balmora und die weitere Reise bogen sie nun in die Foyada Mamaea ein, die nahe an Balmora und dicht an der Legionsfestung der Mondfalter-Legion vorbei führte. Um Klippenläufer brauchte er sich glücklicherweise nicht mehr zu sorgen. Der Heilige Jiub, dem Tempel und dem Tribunal sei Dank, hatte diese hinterhältigen Kreaturen aus Morrowind vertrieben. Hier in der Foyada hätten sie ansonsten eine leichte Beute abgegeben. Zwar war an den Jungs nicht allzu viel dran, aber besser eine magere Beute, als gar keine. Trotz dieser relativen Sicherheit wollte er schleunigst aus der Schlucht heraus. Wer wusste schon, wer sich statt der Klippenläufer hier eingenistet hatte. Doch leider wurde ihm das Weiterkommen durch einen großen Holzverschlag verwehrt. Mitten in der Schlacht war eine große Holzbarrikade mit einem schmalen Durchgang errichtet worden. Man kam nicht daran vorbei. Über der ganzen Konstruktion wehte das Kaiserliche Drachenbanner.

    Als sie sich näherten vertrat ihnen ein Kaiserlicher, in Rüstung der Legion, den Weg. „Ihr wollt uns doch hoffentlich nicht aufhalten. Ich möchte noch vor Sonnenuntergang die Stadt erreichen“: sagte Tirian. „Nicht so voreilig Dunmer. Ich will euch ja gar nicht aufhalten. Wer unbedingt ins Landesinnere will um sich abschlachten zu lassen, der solle das gerne tun. Mir ist es egal. Ich wurde leider für die Aufgabe eingeteilt, hier Wache zu stehen und allen Passanten mitzuteilen, das das Aschland für alle Zivilisten offiziell gesperrt ist und das sie sich von Daedra-Toren in der Westspalte fernhalten sollen“: erklärte er den Grund für die Barrikade. Die beiden Männer schauten sich eine Weile an. „Ist das etwa alles?“: fragte dann Tirian. „Ja sie dürfen jetzt passieren“: antwortete der Legionär und setze sich zurück auf einen Holzschemel. Kopfschüttelnd trat der Heiler durch den Durchgang und bedeutete den Jungs sich mit dem Nachkommen zu beeilen. „Als ob ich mich mit zwei Kindern im Schlepptau auch freiwillig in den Rachen der Daedra werfen würde“: dachte er immer noch kopfschüttelnd. Nach einer weiteren Weile passierten sie auch noch die Mondfalter-Festung. Justus, der mal wieder ein Stückchen vorgelaufen war, setzte sich plötzlich mitten auf die Straße. „Was ist denn?“: fragte Jorus seinen kleinen Bruder. „Ich will nicht mehr. Meine Füße tun weh“: beschwerte sich der Kleine. „Nach Balmora ist es nur noch ein kleines Stückchen“: versicherte Tirian, doch davon wollte der Junge nichts hören und stellte sich stur. Während Jorus noch versuchte seinen Bruder zum Weitergehen zu überreden, ging der Heiler einfach weiter. Jorus lief ihm dann schnell nach. Justus blieb erstaunt allein auf der Straße zurück und sah den Beiden mit großer Augen nach. Nach einigen Augenblicken registrierte Tirian zufrieden und mit einem Lächeln im Gesicht, wie der Junge ihnen hinterher gelaufen kam. „Und es ist wirklich nur noch ein kurzes Stückchen?“: erfragte Justus und Tirian nickte ihm aufmunternd zu.

    Nach etwa einer knappen halben Stunde standen sie am Ufer des Odai, abseits der beiden Brücken nach Balmora. „Schaut. Das ist Balmora“: sagte er den beiden Jungen und legte Justus die Hand auf den Kopf. Gemeinsam betrachteten sie den prachtvollen Anblick der Stadt, wie sie im Licht der Abenddämmerung golden zu glänzen schien. Tirians Blick flog über die Stadtmauer und die neuen Wehranlagen. Die Hlaalu hatten sich vorbereitet um den Daedra entgegen zu treten. „Das ist ja schön“: verkündete Justus der außer dreckigen Häfen oder Hafenstädten wohl nicht sonderlich viel kannte. „Ja das ist es. Aber Gramfeste ist noch viel prächtiger. Vielleicht werde ich euch einmal dorthin mitnehmen“: stimmte der Heiler dem zu. Er genoss noch einen Augenblick lang den Ausblick auf die golden wirkende Stadt, bevor er sich davon abwandte. „Kommt. Wir können die Stadt auch aus der Nähe betrachten und dann suchen wir uns eine Unterkunft“: schlug er vor und ging in Richtung der Brücken. „Und etwas zu Essen!“: fügte Justus noch an, als wäre es das Wichtigste. „Natürlich“: sagte Tirian und lächelte milde. Gemeinsam gingen sie über die Brücken und betraten die Stadt.

  9. #9

    Vvardenfell-Distrikt, Molag Amur, Mora Uvirith

    Was in der Zwischenzeit geschieht... III
    (als Ergänzung zu Tarrior im RPG)
    hier: Aurek Lichbrand

    Mit einem kräftigen Ruck setzte das Luftschiff auf. Schwerer, grauer Staub wirbelte auf und umwehte den mächtigen, narbigen Metallleib. An der Seite des fliegenden Ungetüms öffnete sich eine Luke und eine hölzerne Rampe wurde herunter gelassen. Innerhalb staubiger Schwaden trat ein hoch gewachsener, schlanker Mann in einfacher, schwarzer Robe und mit grob gearbeiteten Armreifen aus Ebenerz an den Handgelenken. Eine Augenbinde aus robustem, schwarzem Stoff war um den Kopf der Gestalt geschlungen und bedeckte vollends die Augen. Er machte eine Kopfbewegung, die auf eine eingehende Betrachtung der Umgebung schließen ließ, wandte den Blick die Rampe hinunter und setzte sich dann in Bewegung. Mit ausladenden Schritten ging er dem, vom Aschesand bedecktem, Boden entgegen. Ein junger Bretone schälte sich aus den wirbelnden Wolken und hielt auf den Mann zu. „Serjo Lichbrand. Wir erwarteten euer Kommen schon vor einigen Tagen“: begrüßte ihn der Bretone, in dessen Stimme deutliche Missbilligung mitschwang. „Die Reise hat sich verzögert. Wir waren wegen einiger schwerer Stürme gezwungen einen längeren Halt an der Azuraküste einzulegen und mussten dann auf dem restlichen Weg hierher ebenfalls ein Unwetter umqueren. Es tut mir leid, wenn ich den Meister habe warten lassen. Die schweren Schäden, die das Schiff aus Cyrodiil davon getragen hat und die rein provisorische Reparatur haben den Rumpf anfällig gemacht. Ich fürchtete ein schwerer Sturm würde es auseinander reißen“: erklärte Aurek die Verspätung. Der Bretone zog die Augenbrauen zusammen.

    Der Staub legte sich langsam wieder. „Sobald wir mit den Reparaturen fertig sind, wird es wieder bestens funktionieren“: versicherte der Nord. Der Bretone wollte den Ansatz machen, etwas zu sagen, aber wurde von einer anderen Stimme unterbrochen: „Das wird nicht nötig sein.“ Hinter dem jungen Adjutanten schälte sich nun der Meister selbst aus einer Aschewolke. Aurek neigte leicht den Kopf, um den Neuankömmling zu begrüßen um im direkten Anschluss eine Frage zu stellen: „Wie meint ihr dies? Was wird nicht mehr nötig sein?“ Behram Meradanz baute sich nun vollends vor ihm auf. Eine braune, reich verzierte Robe, ließ die Konturen seines Körpers verschwinden und ihn massiv, wie einen Baumstamm, wirken. In den roten Augen lag Gleichgültigkeit. „Das Luftschiff wird demontiert. Ich habe bereits ein Weiteres und die Materialien dieses Schrotthaufens werden wir benutzen, um noch eines herzustellen. Noch immer ist das Dwemer-Metall sehr kostbar und selten. Wir müssen daran sparen“: erklärte er. „Ihr habt noch ein Luftschiff bauen lassen? Habt ihr noch jemanden mit meinen Fähigkeiten gefunden?“: wollte Aurek nun interessiert wissen, denn bisher war er für den Betrieb des Luftschiffes ein essentieller Bestandteil. Nur er konnte es effektiv steuern.

    Noch immer lag Gleichgültigkeit in Behrams Augen als er schließlich antwortete: „Nein das habe ich nicht, aber das ist auch nicht nötig. Und auch eure Dienste werden nicht mehr benötigt.“ Die Worte drangen zunächst nicht an seinen Verstand. Als sie es doch taten entfuhr es ihm wie ein Pfeilschuss: „Wie meint ihr das?!“ Nicht die geringste Regung auf dem Gesicht des Telvanni-Hexers verriet seine Gefühle. „Ich habe in Hammerfell gut erhaltene Luftschiff-Baupläne erstanden und mit ihrer Hilfe und mit Unterstützung einer technischen Abhandlung die bisherigen technischen Probleme und Lücken in meinen Unterlagen gefüllt. Der Bau konnte endlich perfektioniert werden. Ich brauche keine unzureichenden Konstrukte mehr. Ich brauche keine dreckige Ayleiden-Magie mehr und brauche somit auch euch nicht mehr. Die reine, hochgradige Logik der Dwemer allein wird nun die Schiffe in den Himmel bringen und dort halten“: erklärte Behram den Grund. „Aber was…“: stammelte Aurek, immer noch geschockt von dieser Offenbarung.

    Der Staub war nun endgültig verflogen. Der bewölkte nachmittägliche Himmel kam in Sicht. Genauso wie die Landebucht des Luftschiffes inmitten von Mora Uvirith – ein aus Felsen und Wurzeln geschaffenes, ovales Areal, das von außen kaum einsehbar war und noch einige Meter in den Erdboden hinein reichte. Befand sich das Luftschiff innerhalb dieser Bucht, war es nicht mehr zu erkennen. Einige niederrangige Magier befanden sich auf speziellen Balkonen, auf denen auch riesige Kristalle aufgestellt waren. Sie waren eindeutig damit beschäftigt einen Zauber zu weben. Die Wurzeln begannen sich zu bewegen und langsam schloss sich die Landebucht über dem Luftschiff. Aus den Zugangstunneln des Geländes drängten nun gebückt gehende Wesen in langen Mänteln, die ihre Konturen und körperlichen Maße vollkommen verschwinden ließen. In ihren bandagierten Händen fanden sich schwere Werkzeuge. Vermutlich sollten sie schon jetzt mit der Demontage des Schiffes beginnen.

    Aytor, der bretonische Adjutant und Schüler von Behram Meradanz, gab auf dunmerisch Befehle, die an die Kreaturen gerichtet waren. Ohne weitere Befehle seines Meisters ging er mit den Wesen im Schlepptau nun die Rampe hinauf. Noch immer hatte Aurek das Gesagte nicht verdaut. „Und was soll jetzt aus mir werden? Ihr habt mich aus Einsamkeit hierher geholt. Ich habe meine Anstellung hinter mir gelassen und nun soll ich von euch entlassen werden?“: machte er seiner Fassungslosigkeit Luft. Der Telvanni legte den Kopf schief und lächelte kalt. „Ich habe nicht gesagt, dass ich euch entlassen würde. Ich sagte nur, dass euch eurer Dienste nicht länger Bedarf. Zumindest eurer Dienste im Bezug auf das Luftschiff bedarf ich nicht länger. Jedoch seid ihr ein passabler Magier und das macht euch dennoch für weitere Dienste in meinen Reihen geeignet. Dieser Stadt und uns allen wird eine goldene Zukunft bevorstehen, doch zunächst werden noch einige Bewährungsproben auf uns warten. Aber bis auf weiteres werdet ihr erst einmal eine Tätigkeit als Verwalter der Verliese übernehmen. Wir haben dort ein paar spezielle Gäste, die ab und an Probleme machen können. Eure Fähigkeiten wären dort sicherlich von Nutzen“: bot er ihm eine andere Beschäftigung an. Aurek wandte sich um und musste mit ansehen, wie die gemantelten Gestalten bereits das Schiff auseinander nahmen. Ein innerer, nicht zu deutender Schmerz durchzuckte ihn dabei. Der Nord dachte nach, doch blieb ihm selbst bei intensiver Überlegung keine andere Wahl. Er wandte sich wieder an den Telvanni. „Ich bin einverstanden“: stimmte er zu. Das Lächeln auf den Lippen des Hexers schien nun etwas ehrlicher zu werden, doch dann verschwand es schnell wieder. „Gut kommt mit mir“: befahl der Dunmer schroff und Aurek folgte ihm.

    „Was wollt ihr eigentlich mit den Luftschiffen?“: fragte Aurek. „Ich sagte doch, dass Prüfungen auf uns zu kommen. Eine große Prüfung ist mit den Daedra schon jetzt in Gange. Wisst ihr? Durch die Verbesserung der Konstruktion der Luftschiffe bieten sie nun genug Platz für einige rudimentäre Waffensysteme. Sobald ich auch noch weitere Baupläne entschlüsselt habe, haben wir in Uvirith Mora bald Waffen, die meiner Sache in diesem Konflikt sehr zum Vorteil gereichen werden“: antwortete der Dunkelelf, während sie in einen der Tunnel und damit in einen unterirdischen Wurzelgang traten. Kurz hinter dem Zugang zischte es plötzlich laut, sodass Aurek instinktiv zusammenzuckte. Aus dem Schatten rollten zwei Zenturio-Sphären und fuhren ihre Waffen aus. Sie Platzierten sich hinter ihnen und bildeten eine Art Eskorte. „Wisst ihr dies sind unruhige Zeiten, doch wer mir treu zur Seite steht, dem wird Mora Uvirith ein Fels in der Brandung sein“: sagte er, als sie aus dem Gang nach draußen in die wenig belebten Straßen der Stadt traten. Aurek würde diesen Ratschlag beherzigen.

  10. #10

    Vvardenfell-Distrikt, Sadrith Mora, Ratshalle

    Was in der Zwischenzeit geschieht... IV
    (als Ergänzung zu Tarrior im RPG)
    hier: Aytor von Brasselin

    Aytor ging ruhelos vor dem Eingang der großen Ratskammer auf und ab. Ab und an blieb er stehen, stemmte die Hände in Hüfte, schaute an die Decke und ließ Luft laut zischend aus seinen Lungen entweichen. „Er verspätet sich. Die Ratssitzung wird gleich beginnen. Die Leute sind bereits zusammen gekommen und füllen die Zuschauerränge. Wenn er nicht kommt, wird das Volk enttäuscht sein“: dachte der junge Bretone. Er hatte gemäß seines Auftrages Informationen über Inhalt und Ziel der Versammlung an den örtlichen Pöbel durchgesteckt, um ein anständiges Publikum für den heutigen Tag zu versammeln und nun schien es, als würde die Versammlung ohne ihn stattfinden. Er kaute bereits an den Nägeln, als die beiden Türwächter kamen, um die hölzerne Rundtür zur Ratskammer zu schließen. „Sprecher, die Versammlung beginnt pünktlich. Wir werden euch aussperren, wenn ihr nicht sofort eintretet“: wies ihn einer der beiden Wachen in Knochenpanzer mit dem üblichen Kopffüßerhelm auf das Protokoll hin. Laut seufzend trat er ein in die Ratskammer ein, während die Männer die Tür hinter ihm schlossen. Seine Instruktionen waren klar. Notfalls konnte er diese Versammlung auch allein bewältigen. Er blickte zur Decke, wo sich der große magische Kristall abzeichnete, der ein diffuses, blaues, magisches Licht in den Raum warf und mitsamt dem komplexen Wurzelmuster ebenso eine Zier der Kammer darstellte. Bis auf sein eigenes waren die Podeste der Sprecher bereits belegt. Sein Blick fuhr jedoch zunächst noch einmal nach oben, wo sich die Bürger Sadrith Moras bereits auf der kleinen Galerie oberhalb drängten, bevor er die Anwesenden Sprecher einer kurzen Musterung unterzog. Die Gesichter waren gewohnt ausdruckslos und desinteressiert. Nur das Gesicht von Galos Mathendis, zeigte, wie allerdings zu erwarten war, Abneigung und Abscheu. Dieser Dunmer repräsentierte Meister Aryon im Rat und war Aytor ein Dorn im Auge. Nicht grundlos sagte man dem Mann nach, dass er ein geschickter Diplomat sei. Er verstand es schon in der Vergangenheit die eher konservativen Ratsmitglieder von einigen Maßnahmen seines eher modernen Meisters zu überzeugen und die offensichtliche Distanz zwischen den einzelnen Ratsherren zu schließen. In letzter Zeit bildete er so etwas wie seinen Gegenpol im Rat. Galos machte ihm das Leben nur allzu schwer. Er hatte sich bereits darauf gefreut, wie der Sprecher in der heutigen Ratssitzung von einem leibhaftigen Ratsherrn verbal zerpflückt werden würde, aber offenbar hatte man ihn versetzt und nun blieb es wieder an ihm hängen. Die Instruktion war klar und er wusste was zu tun war. Er würde seinen Auftrag ausführen. Er holte noch einmal tief Luft und stieg gemessenen Schrittes auf sein Podest hinauf.

    Arara Uvulas, die Sprecherin Meister Neloths, eröffnete die Sitzung: „Werte Sprecher des Rates. Da wir nun vollzählig sind, lasst uns mit der Versammlung beginnen. Als erster Punkt steht die Aufnahme von Flüchtlingen aus angegriffenen Gebieten im Westen und Zentrum Vvardenfells auf der Tagesordnung. Wir wurden abermals von Haus Redoran und auch Haus Hlaalu inständig darum gebeten, uns der brisanten Lage bewusst zu werden, mit ihnen zusammen zu stehen und Flüchtlinge aus den versehrten Gebieten des Hauses Redoran aufzunehmen, um deren Städte und Versorgungssituation zu entlasten. Sollte der Rat diese dringende Bitte positiv bescheiden, so ist diese Entscheidung für alle Ratsmitglieder gleichermaßen bindend. Wie stehen die Sprecher zu dieser Angelegenheit?“ Seine Anweisungen waren eindeutig, also meldete er sich, doch Galos kam ihm zuvor, in dem er das Wort zuerst ergriff: „Meister Aryon unterstützt diesen Vorschlag. Trotz der schwierigen Situation in der er sich gegenwärtig auf dem Festland befindet, hilft er schon jetzt Inlandsflüchtlingen sicher nach Sheogorad zu fliehen und versorgt sie, soweit es uns möglich ist, mit dem Notwendigsten. Wenn wir den anderen Häusern helfen, können wir auch auf ihre Hilfe zählen. Das Kaiserreich hat seinen guten Willen bereits unter Beweis gestellt, in dem es meinen Meister im Kampf gegen die Daedra auf dem Festland mit Truppen unterstützt. Der Antrag soll angenommen werden.“ „Pah. Das Kaiserreich will nichts Gutes für das Haus. Die Hilfe, die es euch in Aussicht stellt, ist der erste Schritt zur Besetzung auch dieses Teils der Insel. Ihre Präsenz hier ist nicht groß genug, um diesem hohen Haus ihren Willen aufzuzwingen, doch wenn die Bedrohung durch Oblivion erst einmal abgewehrt ist, werden sie hier mit tausenden Soldaten direkt in unserem Land stehen und dann aus Gründen der Sicherheit nicht mehr weichen. Und die Bitte ist in jedem Fall auszuschlagen. Wenn ein Ratsherr sich bemüht sieht den Flüchtlingen zu helfen, wie Meister Aryon dies tut, dann ist das sehr nobel, aber auch seine eigene Entscheidung. Wir anderen sollten nicht über Gebühr dazu verpflichtet werden und uns eventuell Spione der Mythischen Morgenröte oder Bettler, Diebe und anderes Pack in unsere Städte holen, die hier die Moral und die Ordnung untergraben. Und ihr werter Galos, spracht von etwaiger Hilfe, die uns zu Teil werden würde. Das ist lächerlich. Hlaalu und Redoran können kaum die Daedra von der Westspalte fernhalten und brauchen dort all ihre Kräfte. Niemand von denen wird uns helfen, selbst wenn wir noch so viele hungrige Mäuler aufnehmen. Ich bitte daher auch alle anderen Sprecher eindringlich die Bitte abzulehnen“: legte Aytor dar. Damit waren die beiden widerstreitenden Positionen abgesteckt. Häufiger waren er und Galos die Wortführer der beiden Fraktionen in der Kammer bei solchen Abstimmungen. In der Regel verlegten sich die anderen Sprecher darauf sich einer der beiden Meinungen anzuschließen. Wie das Volk dazu stand, Flüchtlinge aufnehmen zu müssen, war laut und deutlich von oben zu hören. Das Auspfeifen seines Gegners und der Jubel bei seiner eigenen Positionierung ließen den Bretonen regelrecht wachsen und tatsächlich traf der Rat eine vernünftige, weil für ihn vorteilhafte, Entscheidung. Die Vertreter von Neloth, Dratha und Gothren stimmten mit ihm gegen die Aufnahme der Flüchtlinge. Nur Felisa Ulessen, die Sprecherin Meisterin Theranas, stimmte mit Galos überein. Damit war die Bitte abgewiesen. Außerdem gelangen ihm zwei weitere Siege, in dem er eine Lockerung der Freizügigkeitseinschränkungen für Fremdländer in Sadrith Mora in gleicher Weise verhinderte und sogar Mallam Ryon darin unterstützte eine Rüge Aryons durch den Rat vorzunehmen, die sein tolerantes Verhalten gegenüber entlaufenen Sklaven kritisierte. Doch waren das nur Vorgeplänkel für die zwei wichtigsten Punkte der Besprechung.

    Wieder kündigte Uvulas an: „Der vierte Tagesordnungspunkt sind die zwei Anträge Meister Aryons auf Verstärkung durch Truppen des Fürstenhauses, also der Streitkräfte des Rates sowohl jeden einzelnen Ratsmitgliedes. Die Anträge befassen sich zunächst, als dringlicher Eilantrag deklariert, mit der Verteidigung von Meister Aryons Position in Tel Vos und Vos und der flächendeckenden Verteidigung des telvannischen Festlandgebietes in den Weidenländern. Der zweite Antrag umfasst das Schicken von Truppen in die gefährdeten und umkämpften Gebiete im Westen Vvardenfells, um den anderen Häusern beizustehen. Als Vertreter des Antrags möchte Galos Mathendis als Sprecher Meister Aryons nun zum Rat sprechen.“ Gerade als der Dunmer zu sprechen ansetzen wollte, fühlte Aytor eine seltsame Schwingung im Raum. Er konnte sie nicht genau einordnen oder lokalisieren, also konzentrierte er sich wieder auf seinen Konkurrenten im Rat. „Wie ihr alle wisst, befindet sich mein Meister Aryon in einer schwierigen Lage. Die Daedra belagern den Sitz meines Meisters in Tel Vos und bedrängen unsere Stellungen trotz erfolgreichen Ausfallversuchen der Legion, die uns in unserem Kampf bereits unterstützt, von Tag zu Tag immer mehr. Unsere Verbände sind geschwächt und wir brauchen Verstärkung. Nicht nur, dass wir einen wichtigen und großen Teil des Festlandbesitzes unseres Fürstenhauses damit verteidigen, sondern wir fangen auch die Daedra ab, bevor sie überhaupt in die Nähe kommen, um die Residenzstädte eurer Meister oder gar dieses hohe Haus hier anzugreifen. Wir kämpfen nicht nur um unser Überleben, sondern auch für das Haus Telvanni und auch die anderen Mitglieder des Rates. Daher bitte ich im Namen meines Meisters um Verstärkung, um die Daedra abzuwehren, sie zurückzuschlagen und die Tore zu schließen. Nur mit der vereinten Kraft des Fürstenhauses können wir sie besiegen, bevor sie uns überwältigen. Und auch aus diesem Grund müssen wir die anderen Häuser bei ihrem Kampf unterstützen. Nur wenn wir ganz Vvardenfell von Daedra und vor allem den Toren als Nachschubportalen säubern, wird wieder Ruhe und Sicherheit einkehren. Ich bitte daher den Rat inständig den Anträgen zuzustimmen. Im Namen von Meister Aryon tue ich dies.“: brachte er seine Argumente vor. Die Ratsmitglieder schienen nachdenklich. Aytor knirschte mit den Zähnen. Ständig aufs Neue ließ Aryon diesen Antrag einbringen und seit Monaten blockierten er und sein Meister durch geschickte Diplomatie im Hintergrund die Entscheidungen dafür, doch inzwischen schien sich Aryon immer mehr durchzusetzen. Ein gehässiger Blick strahlte von Galos zu ihm herüber. Der Bretone wusste, dass er als Nicht-Dunmer im Rat der Telvanni insgeheim sowieso Objekt der Verachtung der anderen Sprecher war, aber er wusste auch, dass sie sich darüber im Klaren waren, dass er als Schüler und Sprecher seines Meisters wesentlich mächtiger war, als die meisten von ihnen, die in der Regel nicht viel mehr taten als die Anweisungen ihrer Meister auszuführen und im Ratssaal zu verschimmeln. Er würde Galos entgegentreten und ein gemeinsames Handeln der Telvanni wie zuvor verhindern. Doch bevor er das Wort ergreifen konnte, tauchte plötzlich aus einer violetten Wolke jemand inmitten der Ratshalle auf. In Aytors Gesicht bildete sich umgehend ein breites Grinsen. „Er ist spät, aber er kommt rechtzeitig“: dachte der Bretone und schaute zu, wie sich Behram Meradanz im Saal manifestierte.

    „Verehrter Rat. Ich möchte zu diesen beiden Anträgen gerne Stellung beziehen“: tat Meister Meradanz den Grund seiner Anwesenheit kund und fing sich dadurch Galos‘ heftigen Widerspruch ein: „Meister Meradanz. Die Ratsversammlung hat lange begonnen und ihr habt euer Erscheinen nicht angekündigt, überhaupt ist es unüblich, dass…“ Weiter kam der Dunmer nicht, sondern wurde bestimmt, aber nicht unfreundlich durch den Ratsherr in die Schranken gewiesen: „Verzeiht, Sprecher, inwiefern ist es unüblich, wenn ein Ratsherr (er betonte das Rat besonders) des Hauses Telvanni nicht im Rat der Telvanni sprechen möchte. Zudem war mein Sprecher, also mein Repräsentant pünktlich zugegen. Nun spreche ich für mich selbst, anstatt an meiner statt sprechen zu lassen. Ihr werdet mir wohl kaum dieses mir gebührende Recht verweigern wollen.“ Aytors Lächeln nahm nur eiskalte und boshafte Züge an, als er die Szene beobachte und er ließ seinen Konkurrenten die Zufriedenheit auch sehen. Derweil ergriff sein Meister nun das Wort an den Rat: „Immer häufiger schreit Aryon nach diesem oder jenem und beschwört den Zusammenhalt des Hauses. Innerhalb der letzten Monate verging kaum eine Sitzung in der er nicht Verstärkung gegen die Daedra forderte, ohne die er und wir bald Gefahr liefen, vernichtet zu werden. Doch sehe ich die viel größere Gefahr darin, diesem Gebaren nachzugeben. Stets lag es im Interesse der Meister des Hauses Telvanni, dass sich das Haus und die anderen Ratsherren aus ihren Angelegenheiten heraushielten. Und wir alle, auch Aryon, haben davon profitiert. Niemand sagte etwas, als er Herr der riesigen und fruchtbaren Weidenländer wurde und diese entsprechend bewirtschaften konnte, während die anderen hier anwesenden Sprecher für Meister sprechen, denen nicht viel mehr als eine Insel und die ein oder andere Eiermine gegeben sind. Ich für meinen Teil besitze zwar Land, aber ihr wisst selbst um die Beschaffenheit der Molag Amur. Niemand hat je von Aryon verlangt einen Teil seiner Einnahmen an die anderen Städte abzuführen oder gar das Fürstenhaus als solches zu alimentieren. Wir haben ihn auch nie mit Hilfegesuchen belästigt. Er hat also gute Jahre lang von der liberalen Haltung unseres Hauses profitiert. Und was ist nun? Jetzt verlangt er nicht nur von mir, sondern von uns allen Hilfe in nicht bezifferbarem Ausmaß. Er verlangt Truppen, die wir womöglich, ich erinnere an das Tor, dass sich vor einiger Zeit hier vor Sadrith Mora öffnete, selbst in naher Zukunft benötigen. Es widerspricht der Liberalität des Hauses Telvanni wenn die Gemeinschaft für einen Einzelnen einstehen muss. Wer seine Freiheit bekommt, der muss schließlich auch alleine zurechtkommen können. Es ist Aryons eigenes Verschulden, wenn er mit den Daedra nun nicht fertig wird. Wir sollten uns nun nicht dazu verpflichten lassen, für seine Fehler einzustehen und uns damit selbst zu gefährden.“

    Galos fuhr wütend nach oben, aber fing sich noch im letzten Moment. Aytor lächelte. Der Dunmer wusste zu gut, dass er gegenüber einem Meister im Gegensatz zu einem anderen Sprecher nicht so reden konnte. Es war ein geradezu genialer Schachzug von Meister Meradanz gewesen, persönlich vor den Rat zu treten. Und im Moment waren die Leute auf den Rängen auch auf seiner Seite. Kurzzeitig schien Galos seine Worte zu sortieren und sich zu beruhigen, bevor er zu sprechen begann: „Meister Meradanz, gewiss ist es richtig was ihr sagt, aber es ist doch eindeutig nicht von der Hand zu weisen, dass uns die Invasion der Daedra alle betrifft. Wir führen den Kampf doch auch für euch. Stünde mein Meister nicht für das Fürstenhaus in der Bresche kämen die Invasoren bis an die Zafirbel-Bucht heran und würden auch Tel Mora, Tel Aruhn und womöglich sogar Sadrith Mora bedrohen. Mein Meister kämpft für euch. Wir verlangen die Hilfe nicht für uns allein, sondern für uns alle und appellieren an die Solidarität des Hauses. Wir sind ein Fürstenhaus und müssen auch so handeln.“

    Meister Meradanz lachte. Aytor war sich sicher, dass sein Meister die Argumente seines Gegners bereits vorhergesehen hatte. Der Bretone lehnte sich entspannt gegen die Wand, zwar war das Flüstern der oberen Ränge nachdenklicher Mienen gewichen, aber sein Meister würde schon wissen, wie ihr das aufbrechen musste. Noch immer lachte er, doch hörte er von einem Moment auf den anderen damit auf und fixierte dann Galos, wie eine Schlange wohl ihre Beute fixieren würde. „Der Rat möge mir diesen kleinen Anflug von Belustigung verzeihen, aber diese Worte entbehrten nicht einer gewissen Komik. Ihr sagt also, dass ihr uns alle verteidigen wollt? Wir wären alle in Gefahr, wenn die Daedra durchbrechen würden? Ihr spracht von Tel Mora, Tel Aruhn und gar von Sadrith Mora. Doch was ist eigentlich mit Mora Uvirith und Tel Uvirith, meiner Stadt und meiner Festung in der Molag Amur? Ich stehe wie ihr an der vordersten Front der gegen die daedrischen Invasoren im Inland und ich belästige dieses hohe Haus nicht seit Monaten mit der flehenden Bitte nach neuen Truppen. Stand mein Sprecher hier jemals seit Ausbruch der Krise als Bittsteller vor euch und forderte von euch Truppen oder sonstige Unterstützung, weil ich nicht mehr in der Lage war, mein mir anvertrautes Gebiet zu sichern und zu halten? Nein, im Gegensatz zu Aryon, der offenbar nicht fähig ist seinem Amt gerecht zu werden, sah ich mich nie bemüßigt diesen Rat anzugehen und für Soldaten auszunutzen. Also sprecht ihr nicht davon, dass ihr UNS beschützen würdet, viel eher würdet ihr die Verteidigungskraft jedes einzelnen Ratsmitgliedes schwächen!“: warf Meister Meradanz Galos vor, der nun wirklich vor Wut kochte. Aytor erkannte, dass sein Gebieter den verdammten Sprecher Aryons in die Falle getrieben hatte. Würde er diesen Anschuldigen nicht konsequent widersprechen wäre es genauso schlimm für sein Ansehen als Sprecher, wenn er Meister Meradanz anfahren würde.

    „Ausnutzen? Ihr verkehrt den Begriff der Solidarität, die doch wohl einem Fürstenhaus wie dem unseren angemessen ist, zu einer Perversion! Außerdem ist es leicht sich so egoistisch zu gebärden, wenn man von den Daedra nicht angegriffen wird!“: warf der Sprecher dem Meister vor. Die anderen Sprecher runzelten die Stirn. „Galos, scheinbar habt ihr vergessen mit wem ihr hier redet. Ihr solltet euch die Frage stellen, ob euer Meister nicht vielleicht etwas falsch macht, wenn die Daedra bereits soweit in seinem Land stehen, während mein Volk von Angriffen unbehelligt bleibt. Wenn ihr eure Grenzen allein nicht sauber halten könnt, so sollte der Rat vielleicht vielmehr darüber nachdenken die Verantwortung für die Weidenländer jemand anderem zu übertragen. Und die Pervertierung der Solidarität, die ihr mir vorwerft, ist Makulatur. Als Mitglied des Rates der Telvanni fühle ich mich dazu verpflichtet die Statuten dieses Hauses zu wahren, wie sie im Braunen Buch niedergelegt sind. Es ist unser urgemäßes und unveräußerliches Recht, dass uns als Mitgliedern des Hauses die größtmögliche Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit eingeräumt ist. Diese Statuten bilden das Haus Telvanni! Jede Forderung, nach sonst wie begründeter Solidarität, schränkt die Freiheit des Rates und seiner Mitglieder und damit des Hauses ein. Aryon hat ebenso davon profitiert, das wir uns in seine ••••reien mit dem Kaiserreich über Jahre nicht eingemischt haben, sodass er nun auch nicht sagen kann, die Verantwortung, die er als unabhängiger Magierfürst des Hauses für seine ihm anvertrauten Ländereien allein übernehmen muss, müsse der Rat gemeinsam tragen. Wer Liberalität will, muss auch die Konsequenzen dafür tragen. Nicht nur das Gebot der Vernunft unsere eigenen Streitkräfte für den Ernstfall zu schonen, sondern auch das unveräußerliche Gesetz der berühmten telvannischen Unabhängigkeit seiner Mitglieder muss als zwingend angesehen werden, den Antrag Aryons auf Unterstützung zurückzuweisen. Oder wollt ihr etwa den Statuten des Hauses Telvanni widersprechen, Galos? Wollt ihr diesem Rat empfehlen entgegen der alten Gesetze zu handeln?“: fertigte Behram Meradanz seinen Debattengegner vor aller Augen ab.

    „Das war es!“: stellte Aytor fest. Galos senkte den Kopf während sein Kiefer mahlend arbeitete. Der Rat war eher konservativ besetzt und der Ausbruch Galos sowie der Verweis auf die alten Gesetze würden Wirkung zeigen. Meister Meradanz hatte einen weiteren Sieg über Aryon errungen, doch noch schwebte der Antrag zur Unterstützung der anderen Fürstenhäuser im Raum, dem sich der Magierfürst sogleich auch noch annahm: „Wenn ich recht informiert bin, so steht auch noch die Frage unserer Unterstützung der anderen Häuser im Raum. Wie dargelegt, werden die uns gar nicht helfen können, wenn wir ihnen unsere Hilfe entsenden. Wir haben keine Gegenleistung zu erwarten und schwächen dadurch unsere eigene Position und das Kaiserreich… reden wir nicht davon. Zur Güte ein Vorschlag. Wer willens ist seine Truppen, die eigentlich dem Schutz unserer Heimat dienen, für die Sicherung der Gebiete anderer Häuser abzustellen, die uns in der Vergangenheit mit Neid, Missgunst und Gewalt begegnet sind, der möge dies gerne tun, sofern er dies wünscht, aber ein Zwang für den gesamten Rat lehne ich aus den schon zuvor genannten Gründen unserer jeweiligen Eigenständigkeit ab. Denn ich will meinem Volk nicht erklären wollen, warum ich sie den Daedra preisgeben soll, um Leute zu schützen, die ihnen im letzten Bürgerkrieg noch den Schädel einschlagen wollten.“ Aytor konnte gar nicht mehr aufhören zu lächeln. Sein Meister bespielte das Tapet gekonnt. Außer einem gemurmelten Einwand von Solidarität und Notwendigkeit war von Galos auch nicht mehr viel zu vernehmen. Und das Volk auf der Galerie wusste, wo es die Soldaten haben wollte. Uvulas rief einmal mehr zur Abstimmung auf und der Ratsbeschluss konnte eindeutiger kaum sein. Für den Antrag war nur Aryons Sprecher allein. Dann wandte sich der Sprecher Meister Neloths wieder an Meister Meradanz: „Da der nächste Antrag der eure ist, wollt ihr euch wieder selbst vertreten oder überlasst ihr dies eurem Sprecher?“ Der Magierfürst beanspruchte dies für sich selbst, denn so war es auch geplant. Aytor konnte sich nun zurücklehnen. „Der letzte Punkt der Tagesordnung befasst sich mit dem Antrag Meister Meradanz‘ die Vertreter der Kaiserreichs und vor allem der Magiergilde, die sich in der Wolfenhalle niedergelassen haben, aus Sadrith Mora auszuweisen. Er wird nun zu dieser Sache sprechen“: verkündete Uvulas. Ein Raunen ging durch die Menge auf der Galerie und auch der Rat schien sich nicht sonderlich wohl zu fühlen. Bis auf Aryon war der Rat grundsätzlich gegen das Kaiserreich im Allgemeinen und die Magiergilde im Speziellen, was aber nicht bedeutete, dass sie einen offenen Eklat und Bruch mit dem Reich gewagt hätten, wie ihn Meister Meradanz derzeit anstrebte, um seine Pläne voranzutreiben.

  11. #11

    Vvardenfell-Distrikt, Sadrith Mora, Ratshalle

    „Sprecher des Rates. Der Antrag den ich eingebracht habe, erscheint sicherlich vielen von euch als gewagt, doch ist es meiner Ansicht nach die einzige angemessene Reaktion auf die jahrelangen Provokationen durch das Kaiserreich und dessen Institutionen. Und es ist gerade diese Situation in der mir dieser Schlag gegen das verdorbene Reich am geeignetsten scheint. Es ist im Moment verwundbar und angeschlagen und wird unsere Klage nicht mehr einfach vermittels seiner Legionen zum Verstummen bringen können. Nein. Dies ist die Gelegenheit eine Linie in die Asche zu ziehen. Ich spreche noch nicht vom offenen Bruch mit dem Reich, sondern nur von einem Signal, dass wir für unser legitimes Recht eintreten und das mit allem Nachdruck. Das Haus Telvanni rühmte sich bisher immer seiner Unabhängigkeit, seiner Sitten und seiner langen Traditionen und bewahrte diese Werte für alle Bürger, die unter seinem Schutz standen. Das Recht auf unsere eigenen Traditionen, unsere eigenen Gesetze, die Selbstverwaltung und unsere vom Reich unabhängige, eigene und einzigartige Lebensweise wurde Morrowind, damit allen Dunmern und damit auch diesem Fürstenhaus im Friedensvertrag, der uns als Provinz dem Kaiserreich angliederte, ausdrücklich eingeräumt. Wir haben hart gegen die Annexion durch die kurzlebigen Menschen gekämpft und wurden dafür mit Rechten belohnt, die einzigartig sind, für ein Land mit dem Status einer Provinz. Diese Rechte, die wir mit Blut erkauft hatten, stehen allen Dunmern und somit diesem Fürstenhaus zu!“: ließ er verlauten, während zustimmender Beifall von der Galerie hinunter tönte, sodass Uvulas der Menge das Wort verbieten musste, damit Meister Meradanz verständlich fortfahren konnte. Es war ihm anzusehen, wie sehr er sich dem Gelingen seines Vorhabens sicher wähnte.

    Aytors dezente Vorarbeit in den örtlichen Gasthäusern war dem Ganzen aber auch nicht abträglich gewesen, sodass der Magierfürst mit der Zustimmung der breiten Masse rechnen konnte, als er fortfuhr: „Das Kaiserreich hat uns diese weitgreifenden Zugeständnisse vertraglich zugesichert und festgehalten und wir haben uns gemäß des Vertrages in die Knechtschaft des Reiches gefügt. Doch seit einiger Zeit scheinen sie sich nicht mehr bemüßigt zu fühlen sich an ihren Teil der Abmachung zu halten. Wie oft in der jüngeren Vergangenheit wurde mehr oder minder offensichtlich versucht auf unsere Politik Einfluss zu nehmen und uns ihren Willen aufzuzwingen. Zunächst verbietet die Kaiserliche Handelsgilde den Handel mit seltenen Artefakten, manchen einheimischen Nahrungsmitteln und bestimmter Tränke und bietet sie dann mit großem Aufschlag in unseren Gefilden an. Desweiteren werden wir gezwungen unsere Märkte für fremdländische Händler zu öffnen oder unter einen Handelsboykott zu fallen. Dann will ich daran erinnern, dass uns die traditionsreiche Sklavenhaltung, ein Teil unserer Identität, verboten werden sollte. Doch der größte Eklat ist nicht einmal ein Jahrzehnt her. Vor sieben Jahren wagte die verfluchte Magiergilde mit dem Reich im Rücken einen Versuch ihr Magiemonopol im Reich zu erneuern, in dem es unsere Magieausübung unter die Kontrolle der Gilde stellen und uns die freie Lehre der magischen Künste verbieten wollte. Das Haus Telvanni war seit jeher das Haus der Magie und seit dem Zerfall Haus Dagoths vor Jahrhunderten die magische Frontlinie der Dunmer. Kein anderes Haus kann ein ähnlich großes Kontingent an Kampfmagiern aufstellen, wie wir dies können. Die Lehre und Ausübung der Magie und vor allem die freie Lehre und freie Ausübung und Erforschung der Magie jenseits der restriktiven Konzessionen der Gilde sind der Kern und die Seele dieses Fürstenhauses und aller seiner Bürger. Dieser Kern unserer ganzen Existenz sollte uns durch die Magiergilde und das Kaiserreich genommen werden. Wir konnten diesen Beschluss nur knapp verhindern. Doch bei diesem letzten herausragenden Versuch werden es weder die Magiergilde noch das Kaiserreich belassen, wenn es darum geht, sich Morrowind völlig Untertan zu machen. Wie weit unsere früheren Rechte bereits zersetzt sind, zeigt sich daran, dass das Reich nicht mehr direkt herrschen muss, sondern indirekt herrschen kann. Der Erlass, der die Sklavenhaltung auch für Morrowind verbieten sollte, entstammte der federführenden Hand des Hauses Hlaalu. Zunächst war es ihr Hlaalu-König auf dem Thron dieses Landes und dann der kaiserliche Statthalter in Ebenherz für den sogenannten Vvardenfell-Distrikt, ebenfalls ein Hlaalu, die dieses Abkommen durchzusetzen versuchten. Nicht nur, dass sie damit ihre eigene profitgierigen Zwecke verfolgten, uns und das Haus Dres zu schwächen, sondern sie handelten damit in direktem Auftrag des Reiches. Das dieses Land und dieser „Distrikt“ von Mitgliedern eines Hauses regiert werden, dass sich konsequent an das Kaiserreich verhurt und angeschmiegt hat, ist damit natürlich kein Wunder. Nicht wir bestimmen unsere Herrscher, sondern das Reich wählt das ihm genehmste Haus aus. Und so kann es uns in doppelter Weise beherrschen. Zum Einen gewinnt es Kontrolle dadurch, dass die Hlaalus alles tun, um dem Reich zu gefallen zum Anderen können sie über die Hlaalu, die die wichtigsten Posten in der Provinz besetzen, die Regierung bestimmen. Nicht König Hlaalu Helseth beherrscht Morrowind sondern der Lordkanzler in Cyrodiil beherrscht es und die Gilden und Institutionen dieser Besatzer, die sich als unsere Beschützer verkaufen, machen sich dieses Land zu ihrer Beute. Ich wähle hiermit klare Worte. Es muss eine Linie gezogen werden, in dem wir diese kaiserlichen Hunde, die uns durch ein Ränkespiel im Hintergrund in die Unterwerfung zwingen wollen, aus unserer Ratsstadt und am besten aus unserem gesamten Einflussbereich vertreiben. Lassen wir sie und ihre steingewordenen Symbole der Fremdherrschaft brennen. Dieser Antrag muss angenommen werden. Oder wollen wir etwa auf die Stufe des Fürstenhauses Hlaalu herabsinken und uns als ••••n und Marketender an das Kaiserreich und die Magiergilde verkaufen?!“

    Inzwischen waren die Leute auf den Rängen richtig eingepeitscht und feierten Behram Meradanz wie einen Volkstribun. Aytor lächelte in sich hinein. „Das Pulverfasst ist aufgestellt und die Lunte gelegt. Es bedarf nur noch eines letzten Funkens“: dachte der Sprecher, während Galos noch einen Versuch unternahm die Wogen zu glätten, aber von Meister Meradanz dadurch abgebügelt wurde, dass er ihn ebenfalls der ••••rei mit dem Kaiserreich bezichtigte, da Meister Aryon die Hilfe der Legion in Anspruch nahm. Aryons Position im Rat war nun erheblich geschwächt und damit ein weiteres Ziel erreicht. Die restliche Debatte zog sich nur noch kurz hin, bevor Uvulas zur Abstimmung aufrief. Wie erwarten stimmte Galos dagegen, tat dann jedoch etwas Unerwartetes und teleportierte sich nach der Stimmabgabe einfach weg. „Vermutlich hat er genug“: befand Aytor und konzentrierte sich wieder auf die Abstimmung. „Meine Haltung dürfte wohl offensichtlich gewesen sein“: unterstützte Meradanz seinen eigenen Antrag formell. „Dieser Antrag wäre ganz im Sinne meiner Herrin“: stimmte Raven Omayn, die Sprecherin von Meisterin Dratha, zu. „Gleiches gilt auch für meine Herrin“: tat dies Felisa Ulessen, die Sprecherin Meisterin Theranas, ebenfalls. Die Antwort der Sprecher der beiden grauen Eminenzen des Rates ließ allerdings auf sich warten, denn die waren noch in ein geflüstertes Gespräch vertieft, dem Aytor nicht folgen konnte. Erst nach einigen Minuten ergriff Mallam Ryon, der Sprecher von Erzmagister Gothren, wohl für beide das Wort. „Meister Meradanz wir können eure Intention verstehen und schließen uns dem hehren Ziel hinter eurem Antrag an, doch halten wir es für unklug in der jetzigen Situation einen noch größeren Streit zu provozieren und unsere eigene Position zu gefährden. Vielmehr sollten wir warten, bis sich die Krise gelegt hat, um dann aus einer stärkeren Position dem Kaiserreich diktieren zu können. Wir lehnen euren Antrag hiermit ab“: verkündete Ryon. Dann erhob sich Uvulas und brachte das Ergebnis auf ein Patt, wodurch der Antrag keine Mehrheit fand und deswegen abgewiesen werden musste. Von den Rängen waren ob dieses Ergebnisses allerdings wüste Beschimpfungen und deutlich andere Wünsche zu hören. Dennoch schloss Uvulas die Ratssitzung und der von Meister Meradanz eingepeitschte Mob wurde regelrecht kochend von den Wachen nach draußen verbracht. Ebenso verließ auch Aytor mit seinem Meister die Ratskammer und zog sich mit ihm in eine Nische zurück.

    „Eine erfolgreiche Versammlung, auch wenn der Antrag gescheitert ist“: meinte Aytor zufrieden. Das Gesicht seines Meisters verriet keine Gefühlsregung. Allerdings wirkte er von seiner Haltung ebenso zufrieden. „Damit hatten wir ja schon gerechnet. Ich hoffe doch, dass du die Vorbereitungen getroffen hast“: meinte Meradanz wegwerfend. „Natürlich habe ich sie getroffen. Es bedarf nur noch eines Zeichens. Der Mob, der sich jetzt vor der Ratshalle befindet, ist aufgrund eurer grandiosen Rede und der ablehnenden Haltung des Rates auch in der richtigen Stimmung, wie ihr es geplant hattet“: versicherte Aytor. „Warum müssen Gothren und Neloth bzw. ihre Sprecher auch so vernünftig sein? Dieser Zwist muss endlich auf eine neue Stufe gehoben werden. Erst ein handfester Kampf gegen die Gilde wird meinen Interessen dienlich sein. Wenn alles funktioniert, dürfte heute das Fass überlaufen“: sinnierte der Magierfürst über den Plan nach. „Gewiss wird es das. Noch einmal wird sich der Volkszorn nicht so glimpflich entladen wie damals. Ihr könnt ganz unbesorgt sein. Die Gerüchte und Hassreden, die ich in den vergangenen Wochen habe streuen lassen, werden ein übrigens dazu getan haben, den Pöbel da draußen in blutrünstige Tiere zu verwandeln“: war Aytor vom Gelingen des Plans überzeugt. Ein diabolisches Lächeln zeichnete sich auf Behrams Lippen ab: „Gut. Ich werde Meister Neloth in seinem Turm besuchen. Und wenn ich von seinem Balkon hinabschaue, möchte ich meinen Plan aufgehen sehen. Also los mit dir und lass das Fass überlaufen.“ Im nächsten Augenblick war sein Meister weg und Aytor ging nach draußen. Dort angekommen drängte er sich durch den Mob, der noch immer aufgeheizt war und die Ratsentscheidung durch lautstarken Protest noch ändern wollte. Er zog sich die Kapuze seiner Robe über, sodass sein Gesicht in Schatten lag, als er in der Menge nach seinem Funken suchte und ihn schließlich am Rand fand. Er packte ihn im Vorbeigehen an der Schulter und drückte sie einmal kräftig. Das war das Signal. Der Bretone selbst verschwand dann eilenden Schrittes in eine nahe Gasse zwischen zwei Pilzhäusern und verbarg sich im Schatten, um von dort aus zu beobachten. Mit innerlich überschäumender Freude beobachtete er, wie sich sein gedungener dunmerischer Provokateur auf einen halbhohen Felsen stellte und die Menge durch lautes Rufen auf sich aufmerksam machte.

    „Hört her Leute. Nicht jeder im Rat scheint den Ernst der Lage begriffen zu haben und den Mut von Meister Meradanz aufbringen zu können, diesen Unterdrückern und Ausbeutern vom Kaiserreich die Stirn zu bieten. Er hat Recht. Es geht um unsere Unabhängigkeit und unsere Freiheit. Außerdem kennt ihr doch auch die Geschichten über diese verfluchten Gildemagier. Ich sage euch: Sie sind mit den Daedra im Bunde und werden unser Tod sein, damit sich das Reich über unsere Leichen hinweg das aneignen kann, was wir ihm nicht freiwillig geben werden. Wenn der Rat nicht handeln will, lasst uns handeln und dieses verdammte Schlangennest auf der Klippe ausräuchern. Lasst die Unterdrücker brennen!“: schrie er die Menge schön ein und schon bald ertönte ein Choral aus „Tod der Magiergilde“ und „Nieder mit dem Kaiserreich“. Die Bluthunde waren von der Leine und es dauerte kaum zehn Minuten, bis sie bewaffnet und wütend zur Wolfenhalle zogen. Wie schon beim ersten Pogrom vor einigen Wochen hielte sich auch diesmal die Stadtwachen völlig heraus. Doch diesmal würde der Volkszorn nicht an den Toren der kaiserlichen Befestigung halt machen. „Bumm“: kommentierte Aytor lakonisch in Gedanken und wandte sich zufrieden ab und Tel Naga zu. Sein Meister würde zufrieden sein. Er konnte die Spitze des Turms gegen die Sonne nicht erkennen, aber war sich sicher, dass sein Meister alles genau verfolgte. Er selbst hielt sich lieber weiter im Hintergrund und sah zu, wie der Mob ohne Gegenwehr durch kaiserliche Soldaten in die Festung einmarschierte und es dauerte nicht lange da fielen die ersten kaiserlichen Banner von den Mauern und wurde von den nachdrängenden Leuten zertrampelt. Die größeren Flaggen und Banner zündete man noch direkt von der Mauer hängend an, ebenso wie den gesamten Festungskomplex. Mehr als eine halbe Stunde purer Gewalt entfesselten die wütenden Bürger in dem Komplex, bevor sie ihn ansteckten, was Aytor an den Flammen erkennen konnte, die aus den Fenstern schlugen und an allen freiliegenden, brennbaren Teilen entlang züngelten. Einige amateurhafte Magiekundige unter den entfesselten Tieren, feuerten Sprengflüche auf die Mauern ab und rissen mal mehr mal weniger große Stück der Wände ein. Noch immer wehten Rufe nach dem Tod der Magiergilde von dort zu ihm herüber, doch schienen die Stimmen geradezu enttäuscht zu sein. Er beachtete diesen Umstand zunächst nicht, bis sich sein Provokateur aus der Menge löste und schnell zu ihm in die Schatten schlüpfte. Etwas schien nicht zu stimmen.

    „Verdammt wir wollten uns doch erst in der Nacht treffen, du Narr. Wenn man uns zusammen sieht, gäbe das einen riesigen Aufschrei“: herrschte er den Dunmer in einfacher Hafenarbeiter-Kleidung an. „Das weis ich selbst, aber es gibt Probleme“: entgegnete dieser. „Was für Probleme?“: wollte Aytor schnellstens wissen. „Ich konnte mich so schnell gar nicht aus der Masse heraus kämpfen, um euch zu informieren. Die gesamte Festung ist leer“: berichtete er. Der Bretone starrte ihn entgeistert an. „Was soll das heißen?“: fuhr er ihn an. Der Dunmer schluckte. „Es soll heißen, dass niemand mehr dort ist. Kein Soldat, kein Gildemitglied, kein Magier, nicht ein einziger Fremdländer. Die sind alle ausgeflogen“: brachte er aus unmissverständlich auf den Punkt. „Aber wo sind sie hin? Das kann doch gar nicht sein“: rief der Bretone verwirrt aus. „Vielleicht haben sie von dem Mob Wind bekommen und sind geflohen“: wandte der Provokateur ein. „Das ist unmöglich. Es vergingen kaum zehn Minuten bevor sich unser Mob hier bewaffnet hatte und auf die Halle marschierte. So schnell kann man keine Festung evakuieren und außerdem wären sie uns dann direkt in die Arme gelaufen, du Skattelkopf. Mehrere Dutzend Menschen können doch nicht einfach so verschwinden!“: fuhr der Sprecher ihn wieder an. Der Dunmer zuckte nur mit den Schultern. „Vielleicht hat ihnen jemand etwas gesteckt, während wir noch in der Ratshalle waren“: warf er einen Vorschlag ein. „Ach wer sollte sie denn…“: begann Aytor, doch dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. „Galos!“: zischte er. Der Provokateur schaute ihn verwirrt an. „Er hat sich vor Ende der Ratssitzung wegteleportiert. Dieser Bastard muss die Fremdländer gewarnt haben. Aber sie können doch trotzdem unmöglich einfach verschwunden sein“: grübelte der Bretone über diesem seltsamen Umstand, als ihn wieder der Dunmer aus den Gedanken riss. „Ich glaube, dass ich weis wo sie sind“: sagte er und deutete die Gasse hinunter auf die Bucht hinaus. Dort konnte Aytor sehen, wie sich ein Schiff voller Menschen langsam von Sadrith Mora entfernte. Ein Galgenlachen entfuhr ihm daraufhin und der Andere schaute ihn an, als sei er verrückt geworden. „ Meister Aryon muss damit gerechnet haben, dass wir es auf eine Eskalation der Angelegenheit zusteuern lassen wollten und hat wohl seinen Sprecher instruiert“: erklärte er sich und gestand damit die Niederlage ein. Vermutlich würde das Schiff die Gildemagier sicher zum Festland oder zu einem Flüchtlingslager bringen. „Kommt mit zur Küste. Ich möchte mich dort umsehen“: bat der Bretone seinen gedungenen Dunmer, der nur mit den Schulter zuckte und ihm unauffällig folgte, während das Volk seine Wut immer noch an den leblosen Mauern ausließ.

    „Seht es so. Ihr habt euer Ziel doch erreicht. Die Magier sind auch ohne großes Blutvergießen endlich aus der Stadt verschwunden. Ihr wolltet doch, dass sie verschwinden. Ihr könnt doch froh sein, wenn sie euch diesen Gefallen tun“: meinte der Dunmer als sie einen uneinsichtigen Teil der felsigen Küste erreichten und er den unzufriedenen Blick seines Auftraggebers wahrnahm. „Pah. Es ging nie darum die Gilde hier loszuwerden. Ein Blutbad hätte es geben sollen, um endlich einen offenen Krieg mit der Gilde zu provozieren, wenn das Fürstenhaus sich schon nicht selbst dazu überwinden kann“: spie Aytor regelrecht aus und trat einen Stein ins Meer. „Das verstehe ich nicht“: gestand der Dunmer und der Bretone lächelte milde. „Das müsst ihr auch nicht, denn es ist eh egal. Die Beteiligung Meister Meradanz an diesem Aufstand darf so oder so nicht ans Licht kommen“: sagte er kühl und strich sich eine Strähne seines Haares aus dem Gesicht und holte tief Luft. „Da müsst ihr keine Sorge haben. Ihr habt mich gut bezahlt und ich werde schweigen wie ein Grab“: versicherte der Dunmer. Der Bretone nickte. „Ja das werdet ihr, da bin ich mir sicher“: sagte er und bot seinem Helfer einen Schluck aus einem Flachmann an, den er unter seiner Robe hervorholte. „Wir können den sicherlich beide gut vertragen, nach so einem Tag“: meinte der Bretone, woraufhin der Provokateur zugriff und mehrere kräftige Schlucke nahm. Aytor nahm die Flasche wieder in Empfang und steckte sie unter seinen Mantel zurück. Dann blickte er aufs Meer hinaus, während der sich der Dunkelelf zu seinen Füßen stumm und mit Schaum vor dem Mund unter Schmerzen wand, die sich Aytor nicht vorstellen konnte und wollte. Als der Körper keine Regung mehr von sich gab, rollte er ihn einfach ins Wasser. Als der Zeuge und damit der Beweis beseitigt war, tauchte pünktlich hinter ihm Meister Meradanz auf. „Ich habe versagt. Die Gildemagier und die anderen Fremdländer sind entkommen“: gab Aytor zerknirscht und unumwunden zu. „Ich weis. Ich habe die Wachen angewiesen den Mob zu stoppen, da sich ihr unerfüllter Blutdurst in Gewalt gegen die Stadt selbst manifestieren wollte“: erklärte sein Meister mild und ohne Spur einer Anklage in der Stimme. „Den erhofften Flächenbrand haben wir so zwar nicht entfesselt, aber meine Pläne entwickeln sich auch so bestens. Das Kaiserreich konnte heute vielleicht ohne Opfer aus Sadrith Mora abziehen, aber vor Tel Vos werden die Daedra sie dennoch wie Schlachtvieh in Stücke hacken“: richtete Meister Meradanz seinen Blick in die Zukunft. Aytor nickte. Die Krise war lange noch nicht vorbei und es würde noch mehr als genug Gelegenheiten geben. „Wir sollten nach Tel Uvirith zurückkehren. Mein Spion aus dem Lager bei Andasreth hat heute Morgen einen interessanten Bericht geliefert. Es scheint als sei der kleine Kultist wieder umtriebig. Ich habe bereits Vorbereitungen für eine baldige Reise nach Mar Gaan getroffen“: meinte der Meister und zusammen mit seinem Sprecher und Schüler kehrte er per Rückruf-Zauber in seine Festung nach Tel Uvirith zurück.

  12. #12
    Der Regen nahm zu und der Wind peitschte ihr die dicken Wassertropfen ins Gesicht. Ihre Haare klebten nass an ihrem Kopf. Der Weg führte an der Verteidigungslinie der Menschen vorbei. Angespitze Holzpflöcke, zu Barrieren gekreuzt versperrten den Weg. Doch die Männer, die hier Widerstand geleistet hatten, waren nun gegangen. Ungesehen konnte sie hindurch schlüpfen. Dahinter führte der Weg in engen Kurven den Berg hinunter und schon bald konnte sie kleine Lichter am Ende des Weges ausmachen. "Vermutlich ein Lager der Stadtbewohner", kam es ihr in den Sinn. "Vielleicht sollte ich versuchen, es zu umgehen." Doch ein Weg abseits des Weges war schwer zu finden. Der Berg war zu allen Seiten steil und sie hatte nicht mehr die Kraft für einen steilen Abstieg.
    Noch eine Kurve später konnte sie erkennen, dass der Weg genau durch das Lager der Menschen hindurch verlief und sie endgültig dazu zwang, selbigen zu verlassen. In einer Linkskurve vor dem Zeltlager verließ Valkyrii den Weg. Der Abhang vor ihr war nicht mehr ganz so steil, doch immer noch eine Zumutung mit vor Erschöpfung zitternden Beinen. Sie biss die Zähne zusammen und versuchte, möglichst sichere Schritte zu finden. Fast war sie schon am Ende angekommen, als ein Kiesel unter ihrem rechten Fuß nachgab und sie den Rest des Abhangs hinunterrutschte.
    Sie versuchte panisch zu bremsen, verlor dabei jedoch das endgültig das Gleichgewicht und als sie sich mit ihrer linken Hand abfangen wollte, ertönte ein lautes Knacken und Knirschen und abermals explodierte Schmerz in ihrem Kopf. Als sie am Ende des Hanges zur Ruhe kam, lüftete sich der Schleier des Schmerzes und sie konnte langsam wieder ihre Umgebung wahrnehmen. Einige Minuten verstrichen in Stille, wärend sie mit dem Schmerz kämpfte und hoffte, dass niemand das Getöse gehört hatte. Als sich nichts tat, und sie den Schmerz langsam unter Kontrolle bekam, sah sie sich um.
    Hier war das Gras trotz des Regens gelb. Es erstreckte sich über die felsigen Hügel, soweit sie gucken konnte. In einiger Entfernung schien eine Straße zu verlaufen. Plötzlich hörte Valkyrii ihren Magen knurren. Sie hatte seit sie diese Welt betreten hatte nichts mehr gegessen. Sie wusste überhaupt nicht, ob es hier etwas gab, das sie essen konnte. Langsam wurde es dunkler, und das schien nicht nur an den Wolken und dem Regen zu liegen. Momentan kümmerte die Dremora sich aber auch nicht weiter um den Grund, sondern begrüßte einfach nur das Zwielicht.
    Eine oder zwei Stunden stolperte sie über die grasbewachsenen Hügel. Ihre Schritte führten sie Richtung Straße, auch wenn sie die lieber nicht betreten wollte. "Wenn mich jemand sieht, werden sie mich jagen und töten. Genauso wie wir es mit ihnen gemacht haben. Auch wenn diese Jagd wohl recht kurz wird..."
    Als sie den nächsten Hügel erklommen hatte, sah sie abermals Feuerschein vor sich. Das Feuer war nur klein, grade groß genug, um die Gesichter einer Frau und zweier Männer zu erhellen, die drum herum saßen. Sie schienen sich zu unterhalten, doch die Worte klangen fremd in Valkyriis Ohren. So gut es ihr möglich war, duckte sie sich hinter einen großen Fels, um nicht gesehen zu werden. Einer der Männer bearbeitete einen kleinen, rotglänzenden Gegenstand, den er schließlich auf einen Stock spießte und über das Feuer hing.
    Der Geruch gebratenen Fleisches, der schon bald aufstieg, war auch Valkyrii nicht fremd. Ihr Magen rebellierte noch einmal, um auf seine Bedürfnisse hinzuweisen. "Es sind drei. Nur drei. Ich könnte es mit allen gleichzeitig aufnehmen", überlegte sie, "wenn ich nicht in diesem Zustand wäre." So beschränkte sich ihre Rolle weiterhin aufs Zusehen und Hungern. Doch schon nach wenigen Minuten wurde die Idylle jäh unterbrochen. Schwere Schritte von Tieren waren zu hören und bald darauf die Stimme eines weiteren Mannes. Der Ruf schreckte die Menschen am Lagerfeuer auf und ließ sie hastig nach ihren Waffen greifen. Doch schon waren zwei weitere Männer in schwerer Rüstung unter ihnen. Der Kampf währte nicht lang. Die Neuankömmlinge waren besser ausgebildet und besser ausgerüstet. Schon bald hatten sie die Frau erschlagen. Die anderen ließen ihre Waffen fallen und gingen mit den Neuen mit.
    Valkyrii wartete noch einige Augenblicke, konnte ihr Glück noch nicht ganz fassen. Als keiner der Männer zurück kam, kroch sie hinter dem Fels hervor und setzte sich ans Feuer. Ausgehungert griff sie nach dem Tier über dem Feuer. Der Braten hatte außen schon etwas Kruste bekommen, war innen aber noch roh. Dies scherte Valkyrii jedoch herzlich wenig. Sie schlug die Zähne in das Fleisch und riss es von den Knochen. Blut und Bratensaft liefen ihr gleichermaßen über das Kinn.
    Erst als sich an den Knochen nichts essbares mehr fand, warf sie sie fort. Da ihr Magen nun einigermaßen befriedigt war, verlangte auch der Rest ihres Körpers sein Recht. Neben dem Feuer stand ein kleines Zelt, welches Schutz vor dem Regen bot. Sie schleifte den toten Körper des Menschen hinein, damit er keine Aufmerksamkeit auf das Lager ziehen konnte. Die Frau trug einen eisernen Harnisch. Grob gefertigt und aus minderem Material, aber deutlich weniger beschädigt als ihr eigener. Sie zog ihre eigene Rüstung aus, was mit dem zerschlagenen Handgelenk eine wahre Hersauforderung war, und legte sie neben die Matte, die im Zelt lag. In einer unverschlossenen Kiste fand sie verschiedene Fläschchen, welche sie daran erinnerten, wie durstig sie war. Gierig trank sie alle aus, und ließ sich dann auf die Matte sinken.
    Wärend sie einschlief dachte sie an die Blutbrunnen und Magickafontänen, die es in jedem Turm gab und die ihr jetzt so schnell geholfen hätten.

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