Schwärze umfing sie, füllte ihren Geist vollständig aus. Es schienen Stunden zu vergehen, bis der Geruch des Rauches in ihrer Nase und der metallische Geschmack von Blut in ihrem Mund sie wieder zu Bewustsein kommen ließen. Zögernd sog sie die Luft ein, die neben den gewohnten Gerüchen noch so viel unbekanntes barg. Irgendwo zwischen ihren Rippen saß ein stechender Schmerz, der das Atmen erschwerte. Sie versuchte, nicht darauf zu achten und sog die qualmgeschwängerte Luft tief ein.
Schließlich öffnete sie die Augen. Direkt vor ihrem Gesicht fand sie den Boden, ein kaltes Kopfsteinpflaster, von ihrem eigenen Blut benetzt. Der Lärm des Kampfes, der hier getobt hatte, klang noch entfernt und leise in ihren Ohren. Doch nun war es ruhig. Weder das Schreien von Menschen noch das Kreischen von Scampen war zu hören. Nur der Wind, der zwischen den Ruinen hindurchpfiff und die Feuer weiter entfachte.
Lamgsam streckte sie ihre Gliedmaßen und versuchte sich zu erheben. Ihre Beine fühlten sich taub und kalt an, ihre Finger dagegen heiß und geschwollen. Ein roter Schleier ließ das Bild der Stadt um sie herum verschwimmen. Unwirsch wischte sie sich über die Augen, nur um ihren Handschuh voll Blut zu finden. Die Schlagklingen, ihre besten Waffen, waren ebenfalls blutverkrustet und mit den Handschuhen fest verklebt. Dies, da war sie sich sicher, war jedoch nicht ihr eigenes Blut.
Die Platzwunde am Kopf pulsierte und schickte einen neuen Schwall Blut über ihr Gesicht, als sie sich schließlich vollständig erhoben hatte. In ihrem Schädel brüllten mehrere Dremora gleichzeitig, wärend ihre Lungen weiterhin bei jedem Atemzug schmerzhaft stachen. Sie versuchte nach der magischen Kraft in ihrem Innern zu greifen, um ihre Wunden zu heilen, doch sie fand nur Leere vor. Sie hatte wahrlich alle Reserven im Kampf erschöpft. Geistig und Körperlich.
Und was war nun geblieben? Sie ließ den Blick über die brennenden Trümmer schweifen. Ein Schlachtfeld, verlassen von Siegern und Verlieren gleichermaßen. Nur die Toten waren geblieben. Scampe, Clannfears und Dremora lagen zwischen menschlichen Wachen in weißen Wappenröcken. Welcher Berserker hatte hier gewütet? Wer brachte so viele gute Kämpfer um und verließ danach das Feld? Und wer hatte hier gewonnen?
Sie überprüfte ihre eigene Rüstung, die ebenfalls stark gelitten hatte. An mehreren Stellen behinderte der Kürass nun mehr, als er schützte. Kurz überlegte sie, von den Toten eine passende Rüstung zu nehmen, entschied sich jedoch dagegen. Sie wollte sie nicht nackt in dieser Welt liegen lassen. Vorsichtig ging sie durch die Straßen der zerstörten Stadt. Auf der Suche nach einem Überlebenden. Doch sie fand niemanden, weder Freund noch Feind.
Schließich, ob gewollt oder ungewollt, führten ihre Schritte sie zum Stadttor, welches weit offen stand und den Blick auf grüne, sonnenbeschienene Hügel frei gab. Sie blieb wie angewurzelt stehen, als dieses Bild wie Eiswasser durch ihre Eingeweide gurgelte. Die Erkenntnis hatte sie sofort getroffen, auch wenn das Verstehen noch etwas dauerte. Das Tor war verschwunden!
Sie lief durch das Stadttor und blieb auf der verbrannten Erde stehen, wo einmal das Tor zu den Ebenen Oblivions stand. Es war verschwunden. Und so sehr sich ihr Verstand auch dagegen sträubte, so blieb es doch verschwunden. Es musste von der anderen Seite geschlossen worden sein. Doch warum? Warum war das Tor geschlossen worden? Hatten sie denn die Schlacht verloren?
Von der verbrannten Erde führte sie ihren Blick langsam auf die sonnenbeschienen Hügel. Grün und braun unter einem blauen und weißen Himmel. Schwer lastete das Verstehen auf ihr. Sie war eine Gestrandete. Gestrandet in einer fremden Welt. Einer Welt aus grün und braun, blau und weiß. Wie keine Welt aussehen sollte. Die fremden Farben und das helle Licht brannten in ihren Augen.
Langsam drehte sie sich um, blickte zurück auf die brennenden Ruinen. Rotes Feuer und schwarzer Rauch. Der Welt, die sie kannte, so viel ähnlicher. Sehnlichst wünschte sie sich zurück in die Ebenen von Oblivion. Ihrer Heimat.
Der Wind brachte schwere Wolken heran und schließlich begann es zu regnen. Das Wasser wusch den Rauch aus der Luft und würde bald die Feuer löschen.
Die schweren Tropfen durchnässten ihr rotes Haar und liefen wie Tränen ihr Gesicht hinunter. Die Menschen würden zurückkehren, um die Stadt wieder aufzubauen. Um die Erinnerung zu verteiben. Jegliche Erinnerung an ihre Heimat musste sie mit sich tragen und nicht an diesem Ort suchen.
Sie kehrte sich von den Trümmern ab und wusste, dass sie diesen Ort niemals wieder sehen würde. Die Wolken hatten die Landschaft vor ihr etwas abgedunkelt, und damit ein klein wenig erträglicher gemacht. Sie seufzte und lief dann gerade aus los, den Hügel hinunter. Geschlagen und erschöpft, mit einer kaputten Rüstung und ohne Vorräte betrat Valkyrii die unbekannte und gefährliche Welt Cyrodiil. Mehrunes Dagon würde seine verlorene Dremora beschützen. Dessen war sie sicher.