Guten Tag, liebe Community.
Gerade halte ich die aktuelle GamePro in der Hand und lese mir den kurzen Preview-Bericht über das Spiel "Brütal Legend" durch, ein Spiel, das hauptsächlich das Klischee der Rocker und Metaller aufs Korn nimmt, mit viel Gewalt aber ebenso viel Humor. Brütal Legend soll zwar kein RPG werden, aber dennoch kam mir da auch schon der Gedanke zum Thread:
Ich habe mir überlegt, wie es wäre, ein Spiel mit einem sehr speziellen Setting auf dem RPG Maker zu machen.
Ich habe mir vorgestellt, dass ich ein Spiel machen würde, das eben eine sehr spezielle Gruppe aufs Korn nimmt, wie bspw. angesprochene Rocker, Metaller, klischeehaft dargestellt mit schwarzen Lederjacken, -westen und -hosen, schwarze Sonnenbrillen, Voll- oder Oberlippenschnurrbart und natürlich mit Harley Davidson-Motorrädern, ebenfalls schwarz, meist garniert mit Flammen-Grafittis oder Ketten.
Ich habe mir wirkliche Gedanken darüber gemacht, wie die Community auf eine Vorstellung für so ein Spiel reagieren würde. Immerhin sind weder Rock noch Metal noch irgendwie damit zusammenhängende Musik-Genres erstens mal die Lieblingsmusik der Community, noch kann jeder was mit einem Spiel anfangen, das auf solch eine Gruppe zielt und diese persifliert.
Ich dachte mir (und ich denke, ich liege mit meinen Gedanken da richtig), dass das Spiel, egal wie gut es sein oder aussehen sollte, definitiv von 90% der Leute kaum bis gar nicht akzeptiert werden würde, da es von fast jedem als müder Fungame-Versuch abstempeln würde, welches sich über eine Randgruppe lustig macht (ob es das gut oder schlecht macht, sei hier mal dahin gestellt).
Weiterhin fällt mir auf, dass viele, viele Spiele immer nur ein bestimmtes Setting aufgreifen:
Das Setting des Fantasy-Mittelalters, meist angehaucht durch futuristische oder gegenwärtige Maschinerien und Waffen.
Man muss ganz ehrlich sagen, dass diese Settings doch langsam wirklich öde werden, solange man nicht irgendwas spezielles mit hineinbringt.
Deswegen stellt sich mir hier die Frage:
Wieso gibt es so unglaublich viele RPGs mit einem Fantasy-Mittelalter-Setting, aber so unglaublich wenige, die bspw. mal in der Gegenwart spielen oder in der Welt einer bestimmten (Rand-)Gruppe, z.B: angesprochene Rocker, oder meinetwegen auch HipHop, Klassik, oder vielleicht auch was ganz Spezielles: bspw. eine Welt bestehend aus Süßigkeiten, eine etwas normalere Zukunft ohne dieses ganze Weltraum-Geballere oder ganz einfach mal: die Gegenwart.
Erst gestern habe ich in meinem Blog ein recht großes Review über die MOTHER-/EarthBound-Serie gehalten, welche ja selbst weder in der Zukunft oder der Vergangenheit spielt, sondern eben in unserer (ungefähren) Gegenwart, ganz ohne Monstren und Schwerter, sondern mit normalen (besessenen) Tieren und Menschen, Städte mit Backstein-Häusern, Hotels und Burgershops, Baseballschläger und Bratpfannen als Waffen, PSI-Kräfte anstatt Magie usw.
Weiterhin geht es nicht ausnahmslos um das Setting. Schließlcih gibt es auch Charaktere, die diesen Settings innewohnen. Um nochmal auf das Rocker-Klischee und Brütal Legend zurück zu kommen:
Wie man sich kaum anders denken kann spielt man in Brütal Legend einen kräftigen, stämmigen Rocker. Nicht gerade einen Helden, den man in jedem Spiel sehen würde. Dicke Beine, dicke Muskeln, dicke Arme, dicke Lippe und Synchronstimme von Jack Black. Ein echter Hard Rocker eben.
Der Grund, wieso so wenige RPGs in der Gegenwart oder einer glaubhafteren Zukunft spielen, wird wohl kaum der sein, dass in der Gegenwart nichts passieren kann, was irgendwie mythisch oder einfach nur ungewöhnlich ist. Man kann immer Klischees auffassen wie Aliens, Telekinese, Zeitreisen oder parallele Dimensionen.
Vielmehr glaube ich, dass der Grund der ist, dass man Angst hat, das Spiel würde als Unseriös aufgenommen, denn schließlich sieht man die Gegenwart tagtäglich und auch die zukünftige Gegenwart ist nicht fern, wogegen die Vergangenheit so weit enfernt ist und eventuell auch viel interessanter, da man sie ja nicht selbst erlebt hat.
Und wenn es um die Charaktere geht, glaube ich, dass viele einfach keinen dicken Rocker, einen rappenden HipHopper oder vielleicht auch einen normalen Jungen als Held wollen.
Mir scheint es, als ob es immer eine Art Bishounen-Held sein muss. Ein schöner Jüngling zwischen 17 und 23 Jahren mit dem Schwert als seine Hauptwaffe (ob Stahl oder Laser ist hier zweitrangig). Und freundlich und hilfsbereit und mutig muss er sein, oh ja, sonst wäre man ja enttäuscht, wenn er sich nicht traut, in eine dunkle Höhle zu gehen, weil er weiss, dass dort garstige Gestalten hausen.
Und es darf ihm auch nicht alles Scheissegal sein. Und er muss Konflikte auch mal mit Worten statt mit Gewalt klären können.
All das glaube ich, möchte der RPG Maker-Spieler von heute nicht haben.
Vielleicht mag man es nicht, dass solche Leute eventuell total unsympathisch rüberkommen, obwohl sie ein aufs andere Mal einen echten Brüller reissen, während sie gegen ihre Gegner kämpfen und im Prinzpi nichts anderes wollen, als ihr eigenes Wohl zu sichern.
Das sind natürlich alles nur Vermutungen. Jeder hat für sich mit Sicherheit sein eigenes Bild von Spielen, die nicht gerade in einer Fantasy-Vergangenheit spielen.
Und eben jenes Bild hätte ich gerne von den Usern dieser Community hier im Thread gesehen.
Wie steht ihr also dazu? Hättet ihr Interesse daran, mal Spiele (egal ob RPGs oder nicht) zu sehen, die eher in der Gegenwart spielen oder sich eine spezielle Gruppe Musiker oder Künstler vornehmen?
Jüngste kommerzielle Beispiele, die zeigen, dass es geht, Spiele mit ungewöhnlich gewöhnlichem Inhalt zu schaffen wären übrigens u.a. MOTHER3 (spielt in der Gegenwart), angesprochenes Brütal Legend (Persiflage auf Rocker und Metaller) oder auch Eternal Sonata für die X-Box 360 (hat sich den Komponisten Chopin als Hauptthema genommen, welchen man im Spiel durch die Welt begleitet, garniert mit einem einzigen Soundtrack aus Chopin-Stücken).
~ V-King![]()