Dein Ende soll mein Anfang sein. ^^

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Irgendwie scheinst du generell ziemlich aggressiv gegenüber einer solchen Form von "Ordnung" zu stehen, kann das sein?
Ich mag es nicht, wie die Dinge laufen, ja. Die gelegentlich himmelschreienden Geisteshaltungen, die daraus resultieren, machen mich gelegentlich auch wütend, ja. Allerdings werde ich weder einem Menschen im Allgemeinen vorwerfen, dass er ist, wie er ist, noch wurde dieser Text im Speziellen unter Aggression erstellt.
Mag sein, dass besonders der letzte Punkt etwas hart ist. Aber Du hast ja selber schon bemerkt, dass ein Herangehen an dieses Thema durch überholte Moralvorstellungen nicht ganz gelungen war. Der zweite Post relativiert das leider auch nicht im geringsten, sondern verstärkt das Bild eines Menschen, der einem Grenzdebilen (Der Pöbler) lieber den Handschuh ins Gesicht knallen würde, anstatt eben einfach tatenlos diese Schmach über sich ergehen lassen zu müssen.


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Ich verstehe zwar schon was du meinst, aber deine Auffassung ist schon arg streng.
Nicht, dass es mich weiter stört, es ist nur etwas... erschreckend. ^^
Buh! Ja, ich gestehe, ich mag es, wenn meine Texte erstens gelesen werden und zweitens mehr als flüchtige Beachtung erzeugen. Meine Neigung ist dahingehend, dass ich zum Nachdenken anregen möchte.
Mit warm gespülter Seifenlauge nach dem Motto "So kann man das doch nicht sagen..." oder "Meinst Du nicht auch..." kommt man nicht sonderlich weiter. Leider.

Weiter mit dem eigentlichen Thema.

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Naja... eine Schulhofclique ist wohl ein Beispiel, das nur wenig Aussagekraft hat, um generelle Zustände festzustellen.
Im Gegenteil. Als kleinste gemeinsame Einheit der sozialen Zusammenwürfelung ist sie ein fantastisches Studienobjekt für praktisch unreflektiertes zwischenmenschliches Verhalten.

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"Was das Leben ausmacht", ist, abgesehen von essentiellen Bedürfnissen wie Nahrungsaufnahme usw. nicht weniger eine subjektive Vorstellung als menschliche Perfektion; gesteckte Ziele im Leben allesamt gleichsam fragwürdig.
Ob Ehre also etwas völlig unsinniges ist, lässt sich pauschal wohl kaum feststellen.
Indirekt widersprichst Du Dir selbst. Im Grunde genommen ist tatsächlich jede Zielsetzung jenseits der essentiellen Bedürfnisbefriedigung fragwürdig und meistens sinnlos. Womit auch Ehre in erster Linie fragwürdig und sinnlos ist. Die Frage wäre: Warum brauchst Du Zielsetzung? Warum brauchst Du Ehre? Nach den Kriterien, die Dich am Leben und glücklich erhalten, brauchst Du keine Arbeit, keinen Kegelverein und mit Sicherheit keine Reputation. Aber Du brauchst es trotzdem.
Warum? Hinterfrage selbst. Einen Sinn wirst Du nicht finden, aber Du kannst gerne einen aufstellen.
Falls Du das dann noch für nötig hältst.


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Wieso denkst du, dass das Vermeiden von Fehlern lernunfähig macht? Und wieso schließt du eine Koexistenz von Vernunft und Ehrgefühl von vorne herein aus? ^^
Ich sprach von Vermeidungsverhalten, nicht vom Vermeiden von Fehlern. Es kommt häufiger dazu, dass man sich ein bestimmtes Element aus der Fehlersituation herauspickt, darauf schließt, dass jenes den Fehler verursachte, und im Anschluss dieses Element nicht mehr im eigenen Leben zulässt.
Vereinfachtes Beispiel: Du willst den Sonntagsbraten für die Familie zubereiten. Er verbrennt, weil Du von den Gesprächen abgelenkt warst und vergessen hast, nach der Zeit zu sehen. Lernen würde hier bedeuten, das nächste Mal die Konzentration auf den Kochvorgang zu legen und zum Beispiel die Küche nicht zu verlassen oder einen Wecker zu stellen. Viele Leute stellen sich aber hin, verurteilen sich selbst ("Ich kann halt nicht kochen!") und werden frühestens in zehn Jahren einen weiteren Versuch unternehmen.
beobachte Dich selbst und andere, wie sie auf ungewollte Situationen reagieren. Du wirst zum Beispiel auch feststellen, dass Menschen, die mit Omas "Damals im Krieg gab's nur Kartoffelschalensuppe!" oder Tantes "Die armen Kinder in Afrika!" auf den Vorfall anders reagieren werden, als Leute, die völlig ignorant davon ausgehen, dass sie genug Nahrungsmittel haben, um sie auch mal verschwenden zu können. (Und nein, ich wollte mit diesem Satz keine Wertung verteilen. Ich lebe in einem Land, das genug Nahrungsmittel hat. Ich werde das genießen und nicht mich dafür schuldig fühlen.)

Zur Koexistenz... nein, ich schließe es nicht defacto aus. Ich werfe an dieser Stelle nur ein, dass eine Ehre, die Beschuldigung und Revanche beinhaltet, für mich nichts mit dem Ehrgefühl zu tun hat, zu sich selbst zu stehen, sich selbst zu kennen, sich auf sich selbst verlassen zu können und etwas nach eigenen Wertmaßstäben erschaffen zu haben.

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Prinzipien, als wesentlicher Bestandteil der Ehre, versucht man natürlich immer Folge zu leisten.
Was sind für Dich Prinzipien? Man darf niemanden anpöbeln? Man muss für Fehler "bezahlen"?
Seinen Geist in ein Korsett aus Heldentaten und Tabus einsperren?
So wie Du Prinzipien hier aufführst, klingen sie eher nach Selbstversklavung, nach vorgekauten Richtlinien, die einzuhalten man vorhat, weil man sich dann besser fühlt. OK, nun ist das Streben nach einem "sich gut fühlen" für sich völlig in Ordnung. Aber würdest Du Dich denn besser fühlen, wenn Deine Form von Ehre überall ausgelebt würde? Es stinkt mir all zusehr danach, dass das Nachdenken darunter noch mehr leiden würde.
Man hat ja sein Geländer, an das man sich krallen kann. Wozu Anpassung an die Situation?

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Das gilt allerdings für jeden, der in irgendeiner Weise eine Persönlichkeit anstrebt. Wer völlig ohne Regeln lebt, kann sich auch gleich einen Spiegel vor das Gesicht halten.
Irgendwie verstehe ich das nicht wirklich... eigentlich sollte man seine Persönlichkeiten auflösen und ein homogenes Selbst entwickeln. Dazu MUSS man sich den Spiegel vorhalten. (Gerne in Form anderer Menschen. Informiere Dich über Projektion.) Außerdem haben wir hier, glaube ich, ein Definitionsproblem ganz anderer Art.
Freie Entfaltung hat nichts mit ungeregelter Unordnung zu tun. Vermutlich fußt das darauf, dass man unter "frei" tatsächlich eine völlige Loslösung von Allem versteht. Ich für meinen Teil anerkenne die Grenzen unserer Existenz, wie sie hier ist. Das beinhaltet physikalische Begebenheiten (Der Apfel fällt richtung Erdkern.), Sitten (Stech ich Dich nicht ab, stichst Du mich nicht ab.) und der simplen Tatsache, dass ich nicht alles werden kann, was ich sein könnte und auch wollte. Gewissen Entwicklungen schließen sich sogar aus. Ich muss mich also auf einen Weg festlegen. Und meine persönliche Festlegung war, es ruhiger anzugehen. Sollen anderen nach Höchstleistungen oder Anständigkeit streben. Jedenfalls. Freie Entfaltung - im Rahmen der Möglichkeiten, um diese Aussage meinerseits etwas zu konkretisieren.

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Allerdings ist Ehre nichts, dass diesem Prozess entgegenwirkt, sondern etwas, das sich durch das Wissen klarer definieren lassen will.
Ehre hat einen eigenen Willen? Wow. (Sorry, der musste sein. XD)

Ich finde, dass Ehre diesem Prozess durchaus entgegenwirkt, denn vermutlich wirst Du schon einige Fehltritte hinter Dir haben. Also bist Du bereits entehrt. Wie kannst Du das vereinbaren? Mit einem Messer?

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Dabei ist das oberste Ziel nicht die Selbstunterjochung, sondern die innere Vollkommenheit. Wie man diese anstreben will, kriegt man doch nicht auferlegt, sondern entscheidet selbst darüber. Unehrenhaft ist nicht ein stumpfes Fehlverhalten gegen niedegeschriebene Regeln, sondern der Verstoß gegen den eigenen Anspruch. Beispielweise wenn man anstrebt, freundlich zu sein, und dann den Kassierer im Supermarkt aus banalen Gründen beleidigt.
Das klingt schon ansprechender. Warum hast Du den Anspruch, die Kassiererin nicht beleidigen zu wollen?
Das ist der Knackpunkt, an dem sich entscheidet, ob Du fremde Fesseln anlegst, von mir aus freiwillig, oder Deinen Willen entfaltest. Ersteres ist und bleibt Selbstversklavung.
Zweite Sache: Was ist Vollkommenheit? Warum willst Du sie erreichen?
Wieso sollte Ehre Dir dabei dienlich sein? Würde Vollkommenheit nicht auch bedeuten, den Teil in sich auszuleben, der die Kassierin beleidigen will? Müsste man nicht auch jenen ausleben, der sie vielleicht flachlegen oder in Stücke schneiden will?

Meine Vollkommenheit wurde mir bereits verbaut. Ich habe keinen Appendix mehr. *schnief*
(Wer den jetzt ernst nimmt, ist selber schuld.)

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Natürlich schränken uns Regeln, seien sie nun gesellschaftlich oder von uns selbst auferlegt, ungemein ein.
Andererseits ist ein gesetzfreies Leben auch orientierungslos. Was bleibt denn noch als Lebensprinzip, wenn es überhaupt keine Regeln mehr gäbe, abgesehen vom Fortpflanzungstrieb?
Ist es für Deinen hochzivilisierten Geist etwa zu langweilig, einfach nur zu poppen?
Verwechsle den Beschäftigungsbedarf eines weit entwickelten Organes, hier unser Gehirn, nicht mit höheren Mächten und dem "Sinn des Lebens." Beides wird aus Dir selbst erschaffen. Wenn Du ein Prinzip brauchst, um glücklich zu sein, bitte, baue Dir eines auf. Aber, wie schon erwähnt, ein allgemein gültiges finden wirst Du nicht.

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Ein einfacher Gedanke kann schon nicht mehr völlig frei von Regeln entstehen. Ohne eine gewisse Vorstellung von Struktur ist der Mensch nicht zum denken fähig, weil er weder wüsste, woran er einen Gedanken festmacht, noch einen Sinn hinter seinem Denken vermuten könnte.
Anfangs klingt er ja vielleicht ganz schön, der Traum vom freien und ungebundenen Leben, aber ohne diese Einschränkung würde ein Mensch auch keinen Fortschritt mehr erzielen.
Ich hoffe, ich konnte deutlich machen, wie ich es gemeint hatte.

Imho hatte die Menschheit die beeindruckendsten Fortschritte, als sie noch mit Faustkeilen arbeitet. Aber diese meine Auffassung nur am Rande...

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Ich hoffte irgendwie schon, dass wenigstens durch meinen zweiten Beitrag klar geworden wäre, dass ich geistig auch im 21. Jahrhundert angekommen bin, und der Thread eigentlich auch mehr auf heutige kulturelle Umstände eingehen soll, und nicht die teils fanatischen Gedanken des Mittelalters aufrollt.
Die Fanatiker kamen größtenteils erst am Ende bzw. deutlich nach dem Mittelalter.
Und ich bezweifle, dass überhaupt irgendwer mal im 21. Jahrhundert angekommen ist.

(Für diesen Text habe ich jetzt zwei Stunden gebraucht.
Behaltet die Rechtschreib- und Grammatikfehler.)