Der gleiche Grund, aus dem es heute kaum Sklaverei mehr gibt. (Jedenfalls solange wir von der Ehre reden, die Dinge wie Blutfehden und Seppuku hervor gebracht hat). Die Menschen werden zivilisierter, Schwarzmalerei hin oder her, "Ehre" ist nur ein Ueberlebensmechanismus, ein Vorwand, den es in der modernen Gesellschaft nicht mehr braucht. Die Moderne setzt mehr auf Fakten als auf Gefuehle, wenn es um Begruendungen geht. Du kannst im Gericht nicht sagen "Er hat meine Ehre verletzt, also habe ich eine Kugel in seinen Kopf gejagt.", das ist veraltet.Zitat
In dem Sinne auch dito an Valadas Punkte, vor allem 4 ist da wichtig, wuerd ich meinen.
Und es gibt in meinen Augen einen grossen Unterschied zwischen klassischer Ehre und Selbstwertgefuehl. Ersteres ist festgelegt. Zweiteres ist das heute viel gepredigte "man selbst sein", und "zufrieden mit sich sein", also etwas persoenliches, veraenderliches. Ehre ist eher eine Sache von Reglementierung (vergl. Knigge, Bushido) und Stolz, der bekanntlich, nicht ohne Grund, eine Todsuende ist. (Man unterscheide weiterhin Selbstwertgefuehl und Stolz, und beginne jetzt auch keine Todsuendendiskussion)
Ehre ist allerdings auch doppelt belegt. Die Ehre im Sinne von "ehrenhaft handeln" ist heute verloren gegangen, weil die Industrialisierung (bzw. ihre sozialen Veraenderungen) sowas nicht laenger zugelassen hat. Allerdings ist auch das ueberholt, gut oder schlecht. Wir leben in einer emanzipierten Zeit, da sollte man nicht aus Prinzip die Drecksarbeit fuer die Frauen erledigen (jedenfalls nicht fuer die, die nach Emanzipation schreien).
Ich denke, ein gutes, modernes Verstaendnis von Ehre waere das, sich in jeder Situation bewusst klar zu machen, wie man handelt, und ob man das mit dem eigenen Gewissen vereinbaren kann.