Dank des knöcheltiefen Schnees war ein Fährtensucher überflüssig. Vor wenigen Tagen hatte es wieder geschneit und alle Spuren waren frisch und deutlich in der weißen Schicht ablesbar, die die Welt um ihn herum wie einen Mantel bedeckte. Sie waren bereits seit dem Vormittag in dem „kleinen königlichen Hain“ wie ihn der Mann der Stadtwache genannt hatte unterwegs. An dem Wald war allerdings nichts klein gewesen, das war Arreth nach mehreren Stunden Fußmarsch, den er und der königliche Gutachter hinter sich gebracht hatten klar geworden. Der Wald war den Teilnehmern des Kochwettbewerbs freigegeben worden in dem sonst nur adlige Jagdgemeinschaften die ruhe der Natur störten. Arreth hatte sich noch keine genauen Vorstellungen gemacht was er den drei Mitgliedern der Jury servieren wollte. Statt dessen würde er blindlings auf die Jagd gehen und das erst beste Tier erlegen dass seinen Weg kreuzte.
Tatsächlich war er bereits drei verschiedenen Spuren bis zu ihren Besitzern gefolgt. Die ersten beiden waren jedoch nicht das was er sich unter einem „königlichen“ Mahl vorgestellt hatte; Eine Gruppe von Hasen die sofort Fersengeld gegeben hatten als die nervösen Tiere ihn erblickt hatten und ein halb verhungerter Wolf der anscheinend ebenso wenig Jagdglück wie er selbst hatte. Beim dritten Mal jedoch endeten die Hufabdrücke auf einer kleinen Lichtung am Rande des Waldes.
Ein junges Reh suchte nach genießbarem Grün in der wissen Winterlandschaft, während Arreth sich angeschlichen hatte.
Er hatte die Rechnung allerdings ohne den Wind gemacht, der sich als verräterischer Verbündeter erwiesen hatte. Noch während Arreth einen Pfeil auf die Sehne seines Bogens legte, hatte der niederträchtige Hund gedreht und seinen Geruch geradewegs in Richtung Beute getrieben. Das Reh war aufgeschreckt und Arreth gelang kein Sauberer Schuss.
Der Pfeil verschwand raschelnd im Grün, genau wie seine flüchtende Beute. Arreth hatte geflucht, der königliche Gutachter hatte verächtlich geschnaubt, so als ob Arreth etwas für die Launen der Natur könne. Arreth warf einen säuerlichen Blick zurück auf den stämmigen Hylianer der Arreth ohnehin nicht sehr sympathisch war.
Die Teilnehmer hatten sich an diesem Tag auf dem Marktplatz versammelt um mit ihren Gutachtern in die Natur aufzubrechen damit sie ihre Zutaten jagten, sammelten oder auf eine andere Weise besorgten die nichts mit kaufen zutun hatte. Als bereits alle Teilnehmer samt Gutachtern aufgebrochen waren hatte Arreth noch eine halbe Stunde zu warten, bis der Mann breitbeinig angewatschelt kam. Ungehalten hatte er etwas von wichtigen Pflichten gebrummt. Arreth waren jedoch nicht die Weinflecken auf der gesteppten Lederweste entgangen. Außerdem hatten seine Nasenspitze und Wangen verdächtig rot geleuchtet. Arreth machte ihn kurz darauf aufmerksam dass er noch Schaum in seinem Schnurbart hatte, drehte sich um und ging ohne jeden weiteren Kommentar aus dem Stadttor. Er hatte sich für ein weißes Wams entschieden mit einem gleichfarbigen Überwurf, dazu eine Jagdhose. Nur seine schweren Lederstiefel Gürtel und Handschuhe waren aus dunklem Leder. Er hoffte dass ihn die Kleidung in der verschneiten Winterlandschaft Hyrules einigermaßen tarnte.
Er hatte sich einen Langbogen genommen, einen kleinen Köcher mit Pfeilen den er am Gürtel tragen konnte, ein kurzes aber sehr scharfes Jagdmesser sowie einen Wildschweinspeer.
Falls er wirklich das Glück haben sollte auf einen der großen hylianischen Rieseneber zu stoßen, würde ihm nur ein Versuch bleiben und da sie keine große Jagdgemeinschaft bildeten, die ihn im Falle eines Fehlwurfes aus der Klemme helfen konnte, blieb ein gewisses Risiko. Vorsichtshalber hatte Arreth auch noch sein Kettenhemd unter dem Wams angezogen und das Gewicht der Stahlketten drückte beruhigend auf seine Schultern.
Gegen Abend hatte sich immer noch kein weiteres Wild in ihre Gegend verirrt und so errichteten sie einen kleinen Unterstand im Schatten drei großer Fichten und zündeten ein Lagerfeuer an. Die Temperaturen fielen empfindlich und beide Männer saßen dicht genug am Feuer dass Arreth aufpassen musste dass seine Kleidung nicht Feuer fing. Er hatte auch seinen schweren Reisemantel angelegt. Während der Jagd wäre der mit Pelz gefütterte Umhang nur im Weg gewesen aber Nachts verhinderte die Warme Kleidung ein Einschlafen ohne Aufwachen. Schweigend saßen beide da und lauschten dem Knacken der Äste. Das Feuer brannte allerdings schlecht und qualmte bis ihnen die Augen tränten, da das Holz das sie fanden vom Schnee feucht war. Nach einiger Zeit war Arreth an einen Stamm gelehnt eingeschlafen, in seinen Armen sein großer schwarzer Zweihänder.
Am nächsten Morgen wachte Arreth mit einem Rücken auf, der sich perfekt an die Form seines Baumstammes angepasst hatte. Der Gutachter war während des Schlafes auf die Seite gerutscht und eine gefrorene Speichelpfütze schimmerte im rötlichen Licht der ersten Sonnenstrahlen. Arreth schmiss noch einige Äste auf die glimmenden Reste des Feuers und schürte es bis die Flammen wieder fröhlich prasselten. Der Gutachter wachte mit verquollenen Augen auf und als er den Mund vorsichtig bewegte knisterte es während die dünne Eisschicht auf Lippen und Kinn barsten. Arreth ignorierte das laute Fluchen und setzte einen Metalltopf ins Feuer, in den er Schnee häufte. Als sie ein wenig Pökelfleisch und Wasser zu sich genommen hatten ließen sie ihr Lager zurück und machten sich wieder auf Fährtensuche.
Über Nacht war wieder frischer Schnee gefallen und hatte alle Spuren des Vortages ausradiert. Arreth war zwar kein erfahrener Jäger, hoffte aber dass dies ein Vorteil sei, da sie nun nur noch frische Spuren finden würden. Während einer Rast wechselte er die Sehne seines Bogens und spannte das Pferdhaar in die Kerben im Holz. Die Temperaturen waren erheblich gesunken und beide Männer hatten sich ihre Schals um Mund und Nase gewunden so dass unter Arreth Kapuze nur seine Augen und der schwarze Haaransatz zu erkennen war.
Als es Mittag geworden war und die Sonne alles gab um die niederen Temperaturen wett zu machen mit denen der Tag begonnen hatte, waren sie wieder an ihrem alten Lagerplatz angekommen. Die drei Fichten schmiegten sich wie eh und je aneinander und Arreth dachte gerade daran, dass sie wohl während eines kalten Winters wie diesen aneinander gerückt sein müssten um sich gegenseitig zu wärmen, als ihm im Schatten der Bäume ein Muster dunkler Abdrücke auffiel. Er lies sich auf ein Knie hinab und betrachtete die Spur im Schnee. Ein Tier schien die Stelle passiert zu haben und hatte bei dem heruntergebrannten Feuer kurz gehalten. Die Abdrücke stammten eindeutig von einem Paarhufer und vom Schrittabstand her, war es ein größeres Tier gewesen, allerdings konnte er nicht genau bestimmen wie lange der Besuch her sein mochte. Arreth schulterte seinen Bogen und eilte in langen Schritten durch den Schnee, in etwa fünf Metern Parallel zur Spur. Erfreulicherweise war es bis jetzt fast Windstill und so machte er sich keine all zu großen Sorgen frühzeitig entdeckt zu werden. Der Baumbestand lichtete sich und die Sonne war wieder im Begriff sich in ihr westliches Bett sinken zu lassen als Arreth und sein Gefährte auf ihre Beute stießen. Auf dem Kamm eines flachen Hügels, den Kopf unbekümmert in den Sonnenuntergang gerichtet, stand der Hirsch.
Es war ein kräftiges Tier, und seine Muskeln zeichneten sich deutlich unter dem Fell ab, das in der Sonne wie behauenes Kupfer leuchtete. Das Geweih zierte seinen Kopf wie eine Krone, und genauso königlich stand er da und betrachtete sein Königreich. Arreth verspürte einen Stich des Bedauerns in der Brust als er einen Pfeil aus dem Köcher nahm und ihn auf die Sehne legte. Er ging geräuschlos in die Knie maß die Entfernung noch mit beiden Augen. Er schätzte die Distanz auf gut fünfzig Fuß. Schloss sein rechtes Auge und zog die Sehne mit der Linken Hand bis er den gefiederten Schaft an seiner Wange spürte. Die Maserung des Pfeils schien in diesem Augenblick wie eine hölzerne Straße zu seinem Ziel zu führen, das sich hinter der stählernen Spitze auftat. Ruhig sog er die Luft ein und entließ den Pfeil. Das Tier keuchte, taumelte und stürzte seitlich in den Schnee. Als sie es erreicht hatten, färbte sich der Schnee unter ihm schnell rot wo der Pfeil die Kehle getroffen hatte.
Blutrot war auch die Sonne als sie das Tier zu ihrem Lager geschafft hatten, der Ort der sie auf die Spur des Hirsches gebracht hatte.
Im Schein des neu entfachten Feuers zückte Arreth sein Jagdmesser das er am Abend zuvor noch einmal sorgfältig gewetzt hatte. Konzentriert setzte er Schnitte an den Beinen am Hals und einen Letzten langen entlang des Bauches. Anschließend setze er die Spitze der Klinge unter die Haut und löste das Fell vorsichtig ab. Er spannte die Haut auf ein Holzgestell und wandte sich dem Rest des Tieres zu. Der Anblick war zwar keine Augenweide, aber Arreth war nach den Jahren in der Wildnis daran gewöhnt erlegte Beute zu Zerlegen. Er entfernte Muskelfleisch an den Lenden und am Rücken da diese die besten Stücke sein sollten während ihm der scharfe salzige Geruch von Blut in die Nase stieg. Der Königliche Gutachter stand derweilen mit einem kritischen Ausdruck auf dem Gesicht über ihn gebeugt, wobei sein Prachtexemplar von einem Schnurbart jedes Mal leise im Takt seines Nickens wippte, während er zustimmend grunzte. Nachdem Arreth fertig war, zogen sie die Überreste der einstmals stattlichen Kreatur in die Flammen und überließen sie ihrem Feuerbegräbnis.
Arreth entnahm seinem Rucksack ein Leinentuch und wischte das Blut von der Klinge bevor er es wieder in die Scheide zurück schob, das Fleisch fand in einer extra für diesen Anlass angefertigten Ledertasche platz die er zuvor noch mit Schnee und Eis füllte.
Inzwischen hatte sich schon in seinem Kopf eine Tafel gedeckt. Eine Reihe von Weinen schwebte durch seine Vorstellung und Nach- Vorspeise nahmen Gestalt an. Zufrieden zog er den Umhang enger und schmiegte sich an seine drei Fichten. Er konnte schon beinahe jeden einzelnen Geschmack auf seiner Zunge schmecken. Das leise Schnarchen neben ihm und das prasseln der Flammen geleiteten ihn in den Schlaf.