Viel Spaß beim Lesen


[font=times new roman]Grandia III[/font]

[font=arial]Die Story[/font]
Auf der Insel Titalos lebt in dem kleinen und abgeschiedenen Dorf Anfog, das für sein Töpferhandwerk bekannt ist, der enthusiastische sechzehnjährige Junge Yuki mit seiner alleinerziehenden Mutter Miranda und träumt vom Fliegen. Obwohl eigentlich auch er das Töpfern erlernen sollte, hämmert, schraubt, sägt und bastelt er lieber in der Garage auf einem Hügel mit seinem Freund Rotts am eigenen Fluggerät. Darin möchte er den Ozean überqueren und das Festland erreichen, um seinem großen Helden und Vorbild, dem legendären Piloten Sky Captain Schmidt nachzueifern.
Yukis nächtlicher Jungfernflug mit der selbstgebauten Kiste endet allerdings abrupt mit einer Bruchlandung im nahen Wald. Miranda hatte sich heimlich als blinder Passagier an Bord versteckt, jedoch war das Gewicht von zwei Personen einfach zu viel für das experimentelle Flugzeug. Während die beiden abstürzen, stoßen sie mit einer von einem seltsamen blonden Mädchen gelenkten und von düsteren Gesellen verfolgten Kutsche zusammen. Bei der jungen Frau, die auf den Namen Alfina hört, handelt es sich um eine Art Medium, das mit den gottähnlichen Beschützern der Welt Kontakt aufnehmen kann. Nachdem sie vorerst gerettet wurde, beschließen Mutter und Sohn bald, Alfina ein Stück weit auf ihrer Reise zum Arcriff-Tempel zu begleiten, den sie unbedingt erreichen muss. Natürlich kommt alles ganz anders als geplant und wenig später geht es darum, herauszufinden, was es mit einem mysteriösen, aus Glas bestehenden Ort und Alfinas verschwundenem Bruder Emelious auf sich hat, dessen neues Hobby es zu sein scheint, besagte göttliche Beschützerwesen mit seinem überdimensionalen Brötchenmesser zu zerfleddern.
Im Laufe der Geschichte tauchen selbstverständlich noch weitere Charaktere auf, die sich der Gruppe anschließen, nämlich der charismatische Seefahrer Alonso, der ein ernstzunehmendes Problem mit Glücksspielen hat, der energische Drachenreiter Ulf, der sein Heimatdorf hinter sich ließ, die mit Karten um sich werfende Dahna, das Oberhaupt einer Wüstensiedlung, sowie Hect, die geflügelte und depressive Bürgermeisterin der einzigen bewohnbaren Stadt innerhalb des sogenannten Verse Realms. Die meisten dieser Figuren sind durchaus liebenswert, leider aber auch unglaublich einfältig und stereotyp. Yuki ist so etwas wie ein weniger nervender Justin (Grandia) und Alfina steht der überbordenden Naivität von Elena (Grandia II) in nichts nach. Eine das Spiel ungemein bereichernde Ausnahme stellt hier Yukis aufgeweckte und schlagfertige, doch auf ihre ganz eigene Art fürsorgliche Mutter Miranda dar, deren Verhältnis zu ihrem Sohn eher das einer großen Schwester zu ihrem kleinen Bruder ist und die besonders in Bezug auf Alfina anfangs für einige amüsante Situationen sorgt. Es ist wirklich mal etwas anderes, mit einem solchen Charakter zusammen ins Abenteuer zu starten. Umso bedauerlicher erscheint es, dass sie schon relativ früh mit Alonso die Party verlässt.
Grandia III ist kurz. Sehr kurz. Ja geradezu Xenosaga Episode II-kurz. Die meisten Spieler dürften einigermaßen entsetzt sein, wenn sie nach nur ein paar Stunden schon aufgefordert werden, die zweite Disc einzulegen. Das allein wäre nicht so tragisch, würde einem Außergewöhnliches geboten werden. Doch das Spiel beginnt wie ein belangloser Wochenendausflug, stolpert so ohne Pause hastig von einem Ereignis zum nächsten und braucht dennoch viel zu lange, um richtig in Fahrt zu kommen. Dabei wird der nicht allzu originellen Geschichte zu wenig Zeit gelassen, sich zu entfalten. Über die einzelnen sympathischen aber einfachen Figuren der Story, die allesamt ihre Momente haben und genug Screentime bekommen, erfährt man in den teilweise kitschigen Dialogen gerne mehr. Den Hintergründen und Details der Handlung hingegen hat man eindeutig zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Das merkt man einerseits an den zahlreichen Antagonisten, die zunächst unzureichend eingeführt werden und später spontan wegsterben, noch ehe wir etwas über ihre Beweggründe oder ihre Vergangenheit in Erfahrung bringen können, andererseits am ziemlich kurz geratenen Ende.

[font=arial]Das Spiel[/font]
Designtechnisch gibt es kaum etwas zu beanstanden. Ganz im Gegenteil! Grandia III verzaubert den Spieler oft genug mit idyllisch schönen Landschaften. Der Anblick des Waldes von Anfog gleich zu Beginn beispielsweise ist absolut atemberaubend, die Sonne scheint zwischen den Wipfeln der Bäume hervor und spiegelt sich auf der Oberfläche eines Teiches am Wegrand, während überall herbstlich rotes Laub zu Boden flattert, was für eine einmalige Atmosphäre sorgt. Zwar sind nicht alle Orte so gelungen, ein paar sind eher etwas eintönig ausgefallen, aber das ändert nichts an dem hervorragenden Gesamteindruck, der außerdem in coolen Kampfanimationen, schicken Charaktermodellen und entzückenden Videosequenzen begründet liegt. Sogar Echtzeitschatten darf man bewundern. In den Gesprächen werden für die Spielfiguren nach wie vor viele kleine Portraits benutzt, deren Gesichtsausdruck sich ständig ändert, was ein wenig antiquiert wirkt, jedoch die Textboxen weitaus lebendiger gestaltet. Letztenendes sehen besagte Bildchen aber auch deshalb noch so professionell aus, weil die dazu passenden Artworks von viel höherer Qualität sind als in den Vorgängern. Nach der wenig überzeugenden Umsetzung des zweiten Teils und einem peinlichen Ableger in Form eines Dungeon Crawlers bekommt die PlayStation 2 in grafischer Hinsicht mit dem vorliegenden Spiel nun endlich das Grandia, welches sie schon seit langem verdient hat.
Man kann sich einen Vorteil im Kampf verschaffen, wenn man zuvor den frei in der Gegend herumlaufenden Gegnern im richtigen Moment einen gezielten Schwerthieb versetzt. In den Kämpfen läuft noch immer alles nach dem vertrauten System ab, für das die Serie so bekannt ist. Speziell die Spieler, die sich mit Grandia Xtreme beschäftigt haben, werden sich sofort zurechtfinden, denn aus diesem wurde das kreisförmige Display übernommen, auf dem sich die Symbole der Charaktere und Monster bewegen und welches die beeinflussbare Zugreihenfolge veranschaulicht. Glücklicherweise ist hier nicht mehr alles so übertrieben leicht und anspruchslos wie in den ersten beiden Teilen, die Feinde sind schnell und stark genug, um einen schonmal ins Schwitzen zu bringen. Jedenfalls muss man sich nun mehr taktisch kluge Gedanken machen, wann man welche Attacken der Gegner abbricht oder wie man einen Zauberspruch mit langer Vorbereitungszeit ausführt, ohne dabei selbst unterbrochen zu werden. Tatsächlich hat Grandia III den bisher höchsten Schwierigkeitsgrad der Reihe.
Neu hinzugekommen sind die äußerst stilvollen Aerial Combos: Wenn ein Charakter ein Monster per Critical in luftige Höhen befördert und anschließend eine andere Spielfigur rechtzeitig eben dieses Monster mit einem gewöhnlichen Combo angreift, so wird es noch im Flug verprügelt, was nicht nur angenehm aussieht, sondern meist auch eine befriedigende Wirkung nach sich zieht. Auch neu sind die sich aufladenden Orbs, die man im Rahmen der Handlung erhält und mit deren Hilfe man ein paar mächtige Magien beschwören kann. Doch jene verhältnismäßig geringfügigen Überarbeitungen reichen leider nicht aus, um das über acht Jahre alte Vorzeige-Kampfsystem innovativ und frisch erscheinen zu lassen. Da diverse Spezialattacken und die meisten bösen Viecher mitsamt ihren Strategien (unter anderem Vögel, die ständig Hilfe in Form von Artgenossen herbeirufen, hummerartige Meeresbewohner, die einem gerne auf dem Kopf herumtanzen oder riesige Golems, die die gesamte Party paralysieren wollen) ebenfalls aus den Vorgängern kopiert wurden, haben die Entwickler hier erneut viel Potential verschenkt. Die Kämpfe funktionieren nach wie vor prächtig, können allerdings Kenner der Serie zu keiner Zeit überraschen.
Mana-Eier und Skill Books machen ein weiteres Mal das Abilitysystem aus, werden aber etwas anders gehandhabt als sonst. Man kann sie den Charakteren wie normale Ausrüstungsgegenstände anlegen, wodurch lediglich die Wirkung jener entsprechenden Zauber bzw. Fähigkeiten verstärkt wird, die man vorher in Läden gekauft und mit denen man die Party im Menü ausgestattet hat. Alternativ bekommt man die begehrten Magien und Skills, indem man sie aus den dazugehörigen Eiern und Büchern extrahiert, wobei diese Objekte aber verloren gehen. Darüber hinaus wurden die Fusionen der Mana-Eier aus Grandia Xtreme in einer abgespeckten und vereinfachten Form eingebaut, sodass man besonders bombige Exemplare und die darin enthaltenen Zaubersprüche nur durch Verschmelzung erlangt. Natürlich darf man die Charaktere nicht sofort mit allen möglichen magischen oder strategischen Fertigkeiten gleichzeitig ausrüsten. Die dafür vorgesehenen Slots sind begrenzt, wachsen aber im Laufe des Spiels mit den übrigen Eigenschaften der Figuren. Und wem das alles nicht reicht, für den gibt es ja noch die altbekannten Spezialtechniken im Kampf, die sich separat leveln lassen. Das Abilitysystem mag auf den ersten Blick etwas schwerfällig und unflexibel sein, aber wenn man sich erstmal damit auseinandergesetzt hat, kann man mit ein wenig Experimentierfreudigkeit einige tolle Skillkombinationen zusammenstellen.
Grandia III ist linear. Sehr linear. Ja geradezu Final Fantasy X-linear. Bei den Abschnitten und Ebenen, aus denen die Spielwelt hauptsächlich besteht, handelt es sich fast ausschließlich um enge Pfade, auf denen man bloß von A nach B zu wandern hat. Das schmälert die Freude an den hübschen Umgebungen ungemein, denn zu gerne würde man die Areale auch abseits der vorgegebenen Strecke betreten und genauer erkunden. An ein paar Stellen wird man einfach das Gefühl nicht los, durch ein zu groß geratenes Diorama zu rennen. Obwohl es schwer ist, auf solchen Wegen irgendetwas zu übersehen, wird mit einem Druck auf die Quadrat-Taste eine Suchoption aktiviert, die dem Spieler markante Punkte wie etwa Schatztruhen weithin sichtbar und sogar durch Wände hindurch aufzeigt. Im eigenen Flugzeug bereist man eine richtige Weltkarte, die zwar zum ersten Mal in der Reihe vorhanden ist, aber auf der man nicht viel mehr tun kann, als den jeweils nächsten Handlungsort anzusteuern. Immerhin wird es einem nun leichter gemacht, bereits bekannte Gebiete erneut zu besuchen. Seltsamerweise sieht man aus der Luft manche Orte, die nicht angeflogen werden dürfen, obgleich sich kurze Beschreibungen über sie abrufen lassen, was den Eindruck eines unfertigen Spieles erweckt.
Diese Tatsache bringt uns zum bedeutendsten Kritikpunkt an Grandia III: Es gibt praktisch keine Sidequests. Die wenigen Tätigkeiten, die man unter Alkoholeinfluss mit viel Wohlwollen und Phantasie als solche bezeichnen könnte, sind kaum nennens- und erst recht nicht lohnenswert. Geheime Dungeons oder optionale und superstarke Bossmonster sucht man jedenfalls vergebens. Wer nicht gerade Wert darauf legt, sich ewig lange das banale Geplapper der NPCs durchzulesen, dem gibt das Spiel überhaupt keinen Grund, es nach dem Besiegen des letzten Endgegners noch einmal anzurühren. Das ist äußerst schade, denn zwei bis drei Schauplätze, die man fernab des eigentlichen Geschehens besichtigen kann, hätten der kleinen Weltkarte nicht nur gut getan, sondern wahrscheinlich schon einen signifikanten Unterschied ausgemacht.
Die Musik stammt wie immer vom Komponisten Iwadare Noriyuki, der noch nicht wirklich unter Beweis gestellt hat, dass er ein Meister seines Faches ist. Der Soundtrack ist nichts Besonderes, kann aber unterhalten und stört nur selten. Erwähnt werden soll hier der etwas durchgeknallte Popsong In the Sky der japanischen Sängerin Miz, welcher dem RPG gewissermaßen als Titelthema dient. Die englische Sprachausgabe ist dank hervorragender Sprecher überzeugend, die Kämpfe werden durch Sprüche wie Mirandas „You’re not enough for a meal, but I’ll fry you up anyway!“ oder Ulfs mit kräftiger Stimme gebrülltes „These flames are scorching hot, ten thousand degrees of death!“ aufgelockert. In die Videosequenzen wurden allerdings keine Untertitel eingefügt, weshalb manche Szenen für Spieler mit einer anderen Muttersprache als der englischen eventuell schwerer verständlich sind.

[font=arial]Interpretation[/font]
Das Schönste an Träumen ist, den Prozess ihrer Verwirklichung zu durchleben. Das erfährt auch Yuki, dessen großer Traum in der Erlangung der absoluten Freiheit besteht, welche in der Geschichte durch den Himmel und die Fliegerei versinnbildlicht wird.

[font=arial]Fazit[/font]
Grandia III ist ein einfach angenehmes und optisch ansprechendes aber extrem kurzes Spiel, welches ganz ohne Sidequests auskommen muss und weder durch seine sympathischen Klischeecharaktere, noch durch sein gutes allerdings nahezu unverändert übernommenes Kampfsystem irgendetwas Neues bieten kann. Unterm Strich vermutlich dennoch das Beste, was die Serie bislang hervorgebracht hat.

Story............3/5
Grafik............5/5
Gameplay.......3/5
Sound...........3/5

[font=arial]Wissenswertes[/font]
Das Spiel wurde von Game Arts für die PlayStation 2 entwickelt und am 04.08.2005 in Japan von Square Enix veröffentlicht. Die US-Version folgte am 14.02.2006, ein Europa-Release ist derzeit nicht geplant. Für die Animation der Figuren in den Zwischensequenzen wurde das sonst übliche Motion Capture-Verfahren nicht verwendet, stattdessen wurde alles sorgfältig von Hand erstellt.