Tief in ihr fast nostalgisch vorkommende Gedanken gestürzt, besah Eryn sich ihren Fund genau. Dabei trat sie vorbei an der Sex-Kiste und raus aus dem miefigen Schlafraum Derrecks, wieder nach vorne. Als sie gerade darüber nachdachte, ob ihr ehemaliger Chef auch nur nah an das Erreichen seines Ziels gekommen war, bevor Floyd-Williams ihn zum Verlassen der Siedlung gezwungen hatte, schreckte sie hoch. Vor ihr, auf der anderen Seite des Tresens, stand ein fremder Kerl, offensichtlich nach etwas oder jemandem suchend, sah er dabei doch äußerst aufmerksam aus. Er schaute ebenfalls zu ihr. Jetzt, wo sie aus ihren Gedanken gerissen wurde, glaubte sie, womöglich vor Sekunden jemanden reden gehört zu haben.
"...urchs Land."“
Als die Nervosität in der Barfrau steigen und sich gerade in nach Hilfe schreiender Manier nach außen begeben wollte, fiel ihr Blick auf die zweite Person. Evi stand - den Umständen entsprechend - entspannt neben dem Unbekannten. Zu entspannt, um ihn gerade erst entdeckt zu haben. Zu entspannt, um in ihm einen Feind zu sehen. Eryn war es wohl gewohnt, misstrauisch zu werden, wenn jemand, den sie noch nicht kannte, ihr nunmehr ehemaliges Refugium zu betreten. Sie fuhr herunter.
Näher an den Tresen gehend, wandte sie das Wort an den Mann, dessen scharfer Blick nur so vor militärischer Disziplin strotzte. "Eryn!", stellte sie sich nur kurz vor, hielt das für angemessen. "Ich bin... ich WAR die Barfrau hier." Der Fremde stellte sich als Jack vor, anscheinend hatte er das Dusty Derrecks zusammen mit der Krokodilsfrau - auf dem Rückweg von der Baustelle hatte Eryn die ein oder andere Geschichte aufgeschnappt - betreten. "Ich störe nicht weiter!", ließ die 25-Jährige Jack nach einer kurzen Stille wissen und ging auf ihrer Seite des Tresens entlang bis zum Durchgang, der sie in den zerstörten, genau so schlimm stinkenden Barbereich führte. Sie wandte sich an Evi, um Jacks Suche nach was auch immer nicht weiter zu unterbrechen.
"Gibt's irgendwelche neuen Erkenntnisse da draußen?" Sie musterte die Taucherin. Nach ihrem Ausflug zu den Vultures war sie verändert, trug einen Nagel im Ohr, der sie wilder aussehen ließ. Keine Entscheidung, die Eryn jemals für sich treffen würde, doch es passte immerhin zum rauen ehemaligen Stammgast dieses Ladens. Es veränderte ihr Wesen nicht grundsätzlich.
Während sich die 25-Jährige die Frau besah, die wesentlich besser auf sich selbst aufpassen konnte als sie selbst, kam ihr mehr plötzlich der Gründer dieser Siedlung in den Sinn. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht wurde fast etwas mitleidig. Eryn hatte Evi nicht auf Anhieb zu den Personen gezählt, die besonders viel verloren hatten. Diese Brücke schlug sie erst jetzt. Obwohl - streng genommen wusste sie nicht mal, ob die Taucherin die Gefühle des Bürgermeisters erwiderte, oder erwidert hatte. Ob er sie auch so eindeutig vor ihr formulierte, wie er es vor der Bardame getan hatte. Jemand, der sich erlaubte, so gar nicht auf die Avancen der Kellnerin zu reagieren, musste aber doch bei jeder anderen Frau offene Türen einrennen.
Während Eryn sich die zusammengefaltete Karte Derrecks in allgemeiner Anspannung zwischen den Fingern hin- und herschubste, ließ sie mittlerweile erstaunlich kalt, dass Sheng sie ihr vorgezogen hatte.