Wer schon mal einen Fußball-Manager gespielt hat, wird hier einige vertraute Elemente wiederfinden. Das Spiel folgt in seinen
ca. 22 Kapiteln eigentlich einem
sehr formelhaften Aufbau, nämlich einem Kalender, in dem bereits alle möglichen Ereignisse verzeichnet sind. Nur an den
Sonntagen kann man wählen,
- ob man das Kloster erkunden möchte (was mindestens einmal pro Monat geschehen sollte)
- oder kämpfen möchte (Steigerungen und Nebenquesten)
- oder nachsitzen möchte (Ergänzungen zu den normalen Wochenunterrichten)
- oder im Bett bleiben möchte (Lädt die legendären Waffen wieder auf).
Hat man eine Option ausgewählt, kann man nichts mehr anderes machen. Daneben gibt es die Wochenunterrichte, die am Montag beginnen. Dort kann man dann entsprechend seinem
Dozentenrang und der
Schülermotivation eine bestimmte Anzahl an Einzelunterrichten geben, um dadurch einzelne Parameter der jeweiligen Figuren gezielt zu steigern. Im weiteren Verlauf der Woche werden die Schüler in der Klasse dann gemeinsam unterrichtet, wo sie ihre jeweils festgelegten
persönlichen Entwicklungsziele steigern. Technisch ist es nichts anderes als das Verteilen von Erfahrung auf Parameter, aber die Realisierung ist schon richtig stark gemacht.
Zudem spielen auch Motivation und Beziehungen untereinander eine Rolle – so wie beim Training mit der eigenen Fußballmannschaft.
Beim
Erkunden kann man das komplette Kloster begehen, mit seinen Schützlingen sprechen, sie zum Essen oder zum Tee einladen oder mit ihnen trainieren, sie beschenken sowie mit den Mitgliedern anderer Häuser quatschen und diese gegebenenfalls abwerben, einkaufen gehen, im Gewächshaus gärtnern, angeln oder die Parameter von Byleth selbst bei anderen Dozenten steigern. Zudem kann man die Zuneigung auch von Schülern anderer Häuser gewinnen, wenn man ihnen verlorene Sachen zurückbringt. Das artet oft in Laufburschen-Jobs aus. In der ersten Spielhälfte gilt es, jeden Monat das Kloster nach verlorenen Gegenständen abzugrasen und dann zurückzubringen.
Das frisst Zeit und nervt irgendwann.
Übrigens ist das komplette Spiel NUR das Kloster frei begehbar.
Es bietet zwar eine vernünftige Größe und hat auch das ein oder andere Geheimnis zu bieten.
Aber irgendwann kennt man dann auch jeden einzelnen Stein und legt seine Erkundungen immer gleich an. Das macht dann auch irgendwann keinen Spaß mehr. Schöner wäre es gewesen, wenn man zumindest noch einen Ausflug in eine nahe Stadt machen könnte sowie bei Harry Potter nach Hogsmeade. Dann kann man eventuell auch mal mit der Stadtbevölkerung quatschen, sieht nicht immer dieselben Händler und Waren (die sich im Spiel leider nur sehr selten updaten) und kann mit seinen Schülern auch mal einen trinken gehen. So wird aber auch das größte und schönste Kloster im zwanzigsten Anflug irgendwann fad. Genau wie das denkbar sinnfreie Angelspiel – das nur Fleißarbeit ist, um den Dozentenrang schnell zu steigern und etwas Geld zu verdienen.
Der Dozentenrang wird durch Aktionen mit Schülern gesteigert. Denn es sind – genau wie in Trails of the Cold Steel – nur eine begrenzte Anzahl an Aktionen möglich, die Aktionspunkte kosten. Diese steigern sich im Laufe mit dem Dozentenrang. Zudem kann man dann auch mehr
Einzelunterrichte geben. Das macht auch einiges aus. Denn je besser die
Parameter einer einzelnen Figur zum Beispiel für einen bestimmten Waffentyp sind, desto bessere Waffen kann er führen, desto mehr Schaden macht er und desto mehr Spezialangriffe lernt er.
Das ganze Vorbereiten dient dann dafür, seine Truppe fit für die Kämpfe zu machen. Neben den
obligatorischen Story-Missionen existieren an freien Tagen
zusätzliche Kampfmissionen, die entweder Nebenquesten sind oder auch nur zum Aufleveln der Figuren, zum Geldverdienen und zum Sammeln von Materialien wie Schmiedemetallen oder Nahrungsmitteln da sind.
Das Kämpfen selbst ist richtig gut gelungen. Selten, dass mir rundenbasiertes Kämpfen solchen Spaß gemacht hat. Das Tolle ist, dass das
Kampfsystem unfassbar komplex ist, ohne überladen zu sein. Es gibt so viele unterschiedliche Einheitentypen mit individuellen Stärken und Schwächen. Wenn dann noch verbündete Einheiten mit dabei sind und es spezielle Ziele gibt, werden die Kämpfe super, super abwechslungsreich. Dann gibt es Waffentypen als auch ein Jobsystem, bei dem die Schüler Klausuren ablegen müssen, damit die jeweilige Profession möglich wird. Um die Klausur zu bestehen, müssen entsprechende Anforderungen in Form gesteigerter Parameter schon verfügbar sein.
Im
Kampf selbst kann man seine Einheiten, i.d.R. bis zu zehn Stück
über ein Schachbrett ziehen. Diese
räumliche Komponente bietet neben den Angriffen oft die
kriegsentscheidende Wendung. Dabei gibt es sehr viel Raum für Taktik und je nach Einheit hat man einen anderen Bewegungsradius und bei
Flugwesen (z.B.Pegasus- oder Drachenritter) auch die Möglichkeit über Gräben zu fliegen oder auf Hausdächern zu landen.
Berittene Einheiten haben einen höheren Aktionsradius, aber nur, wenn das Gelände nicht unwegsam ist. Sonst lässt man die Einheit besser absteigen und zu Fuß gehen. Fliegende oder reitende Mitstreiter haben zudem die Möglichkeit, ihre Aktion pro Runde „auf dem Weg“ zu erledigen. So kann ein Reiter, der die Reichweite von zehn Feldern hat, fünf Felder gehen, einen Gegner angreifen und noch mal fünf Felder gehen. Einheiten, die zu Fuß unterwegs sind, können sich nach ihrer Aktion nicht mehr bewegen.
Waffen nutzen sich mit der Zeit
ab. Es gibt neben jeder geführten Waffe einen Counter. Erreicht dieser 0, dann zerbricht die Waffe und ist stumpf. Eine neue Waffe oder eine Reparatur bzw. ein Upgrade beim Schmied schaffen Abhilfe. Spezialangriffe verringern dabei die Lebensdauer der Waffen stärker als normale Angriffe. Zudem gibt es noch die Bataillone. Da die
Garreg Mach Militärakademie ja nicht nur irgendeine Feld-, Wald- und Wiesenakademie ist,
sondern die Feldherrn von morgen ausbildet, kann man durch Spezialmissionen oder über die Bataillonsgilde
Bataillone anheuern, die den jeweiligen Kämpfer begleiten, seine Parameter buffen und Spezialangriffe ausführen. Zauber haben auch einen Counter, nach jedem Kampf sind die Zauber jedoch wieder voll aufgeladen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass das Gameplay sich relativ linear an einem Kalender orientiert und diesen nach und nach abarbeitet. Irgendwann treten
Ermüdungserscheinungen auf. Das Ganze wird aber durch die
liebgewonnenen Charaktere und die
motivierenden (Story-)Kämpfe kompensiert,
auch wenn die Abwechslung selbst nur in Kämpfen stattfindet. Fairerweise hat man dafür aber Entscheidungsmöglichkeiten, die sich wirklich nachhaltig auf das Spielgeschehen auswirken.
Denn der
Umfang ist beachtlich.
Der Durchgang hat mich schon gut 80 Stunden beschäftigt. Nun kann man aber noch mit den anderen zwei Häusern spielen.
Die erste Hälfte ist dabei allerdings bei allen Häusern gleich – mit New Game+ kann man allerdings etwas abkürzen.
Die zweite Hälfte ist dann für jedes Haus individuell und bei einem Haus gibt es dann auch noch mal zwei Möglichkeiten, wie die Geschichte weitergeht. Also bietet das Spiel noch mindestens 30 Kapitel, die ich noch nicht gesehen habe. Mich hält momentan nur noch mal die (von den Storymissionen her) absolut gleiche erste Spielhälfte mit einem anderen Haus jetzt gleich im Anschluss noch mal zu spielen. Aber unterm Strich ein gigantischer Umfang und eine wirklich super Leistung, mich überhaupt 80 Stunden bis zum ersten Abspann zu fesseln.