Süd-Südöstliche Grenze Cyrodiils; Grenzgebiet Schwarzmarsch
Arranges erholte sich gut, nachdem die wahnwitzigen Träume endlich nachließen. Er sank in einen sehr tiefen Schlaf. Am nächsten Morgen wunderte sich Arranges noch, warum er in eine fremde Decke eingrollt war. Erst, nachdem er sich die Müdigkeit aus den Augen gerieben hatte, begriff er, dass er eingeschlafen war und Erynn ihn zu allem Überfluss noch zugedeckt hatte. Ich werde nicht nur den Vier dafür danken, wenn ich dieses Weib endlich wieder los bin und mit ihr vermutlich auch Torrah aus meinem Leben verschwindet, denn sollte ich ihr heute tatsächlich begegnen, wird sie sterben!
Sie setzten ihren Weg fort. Arranges stellte erfreut fest, dass sie anscheinend ganz nahe waren und es nicht mehr lange dauern konnte, bis sie Torrah und damit auch das Buch gefunden hätten. Das Gelände wandelte sich währenddessen immer weiter. Das Amulett führte sie jetzt leicht nach Osten, aber trotzdem noch in eindeutig südliche Richtung. Langsam aber sicher näherten sie sich der Grenze von Argonia. Die Bäume wurden niedriger, das Blätterdach immer dichter und die breiten, festen Erdstege zwischen den Sumpflöchern immer schmahler. Die Sonne stand im Zenit, als sie die typische Landschaft des Dunkelforsts endgültig hinter sich gelassen hatten. Sie waren nun unter einem verschlungenen Blätterdach unterwegs, welches jede Luftzirkulation verhinderte. breite Moosteppiche hingen hier und dort von den niedirgeren Ästen. Nur sehr schmahle und bröckelige Stege erlaubten es, sich sicher zwischen den gedehnten Morastlöchern, aus denen stinkende Gase auftsiegen, zu bewegen. Immer wieder mussten sie umkehren oder über kurze Unterbrechungen dieser natürlichen Pfade hinwegspringen, um vorwärts zu kommen. Die Sonne stand schon tief im Westen, als Erynn plötzlich stehen blieb und in eine Richtung, direkt vor ihnen starrte. Sie waren jetzt wohl fast bei dem Buch angelangt. Arranges legte sich ein breit gefächertes Arsenal an Sprüchen bereit, die tödlicher kaum sein konnten. Langsam und aufmerksam bewegten sie sich weiter. Nach wenigen Minuten sahen sie zwischen dem verfilzten Gebüsch vor sich einen großen Erdhaufen auftauchen, der aus der flachen Sumpflandschaft auffallend herausstach.
Der kleine Hügel befand sich auf einer festgetrampelten, von Moos und Riedgras bewachsenen Fläche, die etwa 5 Schritte im Durchmesser hatte. Auf der ihnen zugewandten Seite war eine niedrige, aus morschen Brettern gezimmerte Tür. Langsam näherten sich die beiden. Arranges warf Erynn einen fragenden Blick zu und sie deutete entschlossen auf die Tür.
'Wir scheinen unserem Ziel ja sehr nahe zu sein... Es gibt da einige Dinge, die ihr vielleicht wissen solltet, bevor wir uns dort hineinbegeben... Ihr müsst wissen, Torrah ist Meisterin fast aller Magieschule, außer die der Alchemie und die der Beschwörung. Ich übetreffe sie nur in der Beschwörung. Sie ist im Grunde keine böse Person, wie ihr sie euch tatsächlich vorstellt. Sie ist eher auf ihr Wohl und ihr Vorwärtskommen fixiert und tut alles dafür, dies zu erreichen. Sie ist eine Meisterin der Manipulation und für sich genommen schrecklicher, als jede Ausgebrut Oblivions, auch wenn sie auf den ersten Blick harmlos wirkt. Ich brauche sie euch nicht zu beschreiben, ihr werdet sie garantiert erkennen... nur tut mir einen Gefallen: Bleibt zurück, wenn wir auf sie treffen... bitte...' Arranges sprach gedämpft. Nach seinen Worten girff er ohne darauf zu warten, ob Erynn vielleicht etwas sagen wollte, nach der Tür. Doch diese schwang lautlos nach innen auf, ehe er sie berührte. Das wird ein rießen Spaß... Er wandte sich entschlossen zu Erynn um und bedeutete ihr, ihm zu folgen. 'Bleibt hinter mir und habt keine Angst!'
Seltsame Grotte; Grenze zur Schwarzmarsch
Habt keine Angst, äffte Erynn ihn in Gedanken nach. Nachdem Ihr Euch alle Mühe gegeben habt, genau diesen Eindruck heraufzubeschwören!
Wortlos folgte sie ihm durch die verfallene Eingangstür. Der Boden davor war plattgedrückt, so als sei die Tür erst vor kurzem geöffnet worden. Höhlen... immer wieder Höhlen. Wie ein grausamer Scherz der Götter...
Der kurze Gang hinter der Pforte war ein natürlicher, unbearbeiteter Spalt, der sich nach wenigen Schritten zu einer weitläufigen Grotte öffnete, deren Boden steil nach unten abfiel. Fluoreszierende Moose tauchten sie in ein schummriges, grünliches Licht.
Der Seelenfetzen in dem Kettenanhänger tobte mittlerweile regelrecht in seinem Gefängnis und schickte ihr keine verständlichen Bilder mehr; klar war nur, daß sie ihrem Ziel jetzt sehr nahe waren. Erynn blendete das lautlose Geschrei aus, als sie sich vorsichtig an den Abstieg machte. Der steinige Untergrund war duch Feuchtigkeit und die allgegenwärtigen Flechten glitschig, und sowohl sie als auch ihr Begleiter mußten sich mit beiden Händen festhalten, um nicht abzurutschen. Wie auf dem Präsentierteller...
Hochstielige Waldlichtstängel wuchsen hier und dort zwischen den Steinen. Einige der Pilze waren plattgetreten worden. Ein strenger, fauliger Geruch ging von dem Matsch aus und bestätigte den Eindruck, daß diese Spuren noch sehr frisch waren.
Am Fuß der Grotte angekommen, hielten sie kurz inne und schöpften Atem. Vier verschiedene Gänge liefen von der Haupthöhle fort, keiner davon wies irgendwelche Bearbeitungsspuren auf. Wasser hatte sich über Äonen seinen Weg gesucht und ein Labyrinth aus engen, aber begehbaren Tunneln geschaffen. Arranges sah die Elfin fragend an. Sie schüttelte den Kopf und antwortete flüsternd: „Ich bekomme keine Richtungen mehr. Es ist, als sei die Seele verrückt geworden. Wir werden uns den Weg allein suchen müssen.“
Der linke Gang endete nach wenigen Metern an einem Erdhaufen, der bis zur Decke reichte. Beim zweiten hatten sie mehr Glück. Er war so niedrig, daß sie nicht aufrecht gehen konnten, und so schlichen sie geduckt voran. Das leuchtende Moos war auch hier allgegenwärtig, was es ihnen ersparte, sich ihren Weg ertasten zu müssen. An manchen Stellen waren die schwachen Wurzeln aus dem Boden gerissen worden. Erynn deutete schweigend darauf, und der Kaiserliche nickte. Sie waren auf dem richtigen Weg!
Der Gang wand sich eine weite Strecke durch das Erdreich, machte unerwartete Biegungen und Schleifen, die sie jedes Gefühl für die Richtung verlieren ließen. Die Dunmerin hatte fast sechshundert Schritte gezählt, als er sich zum ersten Mal zu einer Kuppel öffnete, die das Wasser aus dem Fels gewaschen hatte. Sie maß etwa vier Armlängen im Durchmesser und war hoch genug, um sich für einen Moment aufrichten zu können. Dahinter ging der Weg weiter, wurde aber zusehends niedriger, so daß sie schließlich ein Stück auf allen Vieren kriechen mußten. Erynn befürchtete bereits, ihren Bogen zurücklassen zu müssen, als ihr der Kaiserliche vor ihr ein Handzeichen gab.
Der Spalt mündete einen halben Meter über dem Boden in eine Höhle, die im Gegensatz zum Rest der unterirdischen Anlage unzweifelhaft von Menschenhand bearbeitet worden war. Hier und dort waren Kerben zu sehen, die von einer Spitzhacke hinterlassen worden waren, doch weitaus auffälliger waren die fast organisch anmutenden Stukturen, die sich über die Felswände zogen. Sie folgten nicht den natürlichen Spalten und Gesteinsschichten, wie Wasser es getan hätte. Jemand hatte den Stein hier nach seinem Willen geformt, und zwar mit Magie. Sie registrierte erleichtert, daß auch hier an vielen Stellen Moos wuchs, was nur bedeuten konnte, daß der dafür verantwortliche Magier dieses Werk vor längerer Zeit vollbracht hatte und deshalb die Chance bestand, daß er nicht identisch mit Torrah war.
Das ferne Ende der Grotte wurde von einer Holztür versperrt. Nach dem langen Weg durch die vollkommen natürliche unterirdische Wunderwelt wirkte das Ding beinahe lächerlich profan.
Aber nur beinahe. Die Tür war sehr viel massiver als das Bretterding, das den Höhleneingang verschloß. Irgendwer hatte sich die Mühe gemacht, das Holz mit Öl zu versiegeln, die Ritzen zwischen den Brettern waren mit Pech verspachtelt worden. In der Mitte der beiden Flügel prangte eine häßliche Fratze aus angelaufener Bronze. Es sah fast aus wie ein Goblin mit Hundeschnauze. Der Erschaffer des fragwürdigen Kunstwerks hatte viel Aufmerksamkeit auf die Zähne gelegt, wohl aus der Absicht heraus, den abstoßenden Eindruck noch zu verstärken. Viel zu lange Ohren vervollständigten das Bild – irgendwie wirkte das ganze Ding wie ein Monster, das kleine Kinder in ihrer Phantasie bekämpfen, wenn sie mit Holzschwertern durch die Gassen einer Stadt rennen und Legionssoldaten spielen.
Erynn sah Arranges an und nickte. Hier ist es, sagte ihr Blick.
Grotte; Nordwestliches Grenzgebiet Argonia
Der Nekromant fühlte sich mehr und mehr an den Grummitbau auf den Inseln erinnert, während sie in die Grotte hinabstiegen. Nur die absolute Natürlichkeit der Höhle verhinderte, dass sich bei Arranges Unbehagen ausbreitete.
Arranges nahm die Bestätigung von Erynn stumm entgegen. Er tat sich keinen Abbruch an der Tür oder dem seltsamen Bronzekopf, hatte er in seinem Leben schon weitaus kroteskere und verstörendere Dinge gesehen, als das hier. Aber wie öffnen wir die Tür jetzt? Arranges konnte sich gut vorstellen, dass es nur eine Illusion Torrahs war. 'Ich werde jetzt versuchen, die Tür zu öffnen... sollte irgendetwas passieren, das über euren Verstand hinausgeht, solltet ihr von irgendetwas in euren Gedanken verfolgt werden, egal was, glaubt nicht daran, wehrt euch dagegen, egal wie!'
Der Kaiserliche zögerte noch einen Moment, dann trat er auf die Tür zu, die gut einen Meter höher war, als er selbst. Er war fast auf Augenhöhe mit dem grässlichen Bronzekopf. Er streckte die Hand aus um zu versuchen, einen der beiden Flügel aufzuschieben. Seine Finger berührten das Holz und drückten dagegen. Nichts geschah, die Tür war einerseits echt, bewegte sich andererseits aber kein bisschen. Verfluchter Dreck... 'Hahahaha...' Ein krächzendes Lachen verhöhnte den Kaiserlichen. Es kam von überall gleichzeitig. Erschrocken zog Arranges die Hand zurück. Er blickte sich suchend in der Höhle um, bis das Lachen verhallt war. Ein leises, bröselndes Geräusch ließ Arranges mit dem Kopf herumfahren und zu der Tür blicken, von der dieser Laut zu kommen schien. Etwas rieselte von dem Bronzekopf zu Boden. Was zum Teufel!? Arranges machte einen Schritt zur Seite und stand jetzt fast direkt vor dem Gebilde. Dem Kaiserlichen verschlug es die Sprache. Dort, wo zuvor die Augen aus dem Metall gearbeitet waren, bröckelte jetzt die glänzende Schicht ab. Zum Vorschein kamen zwei kleine, runde, feuerrot leuchtende Knopfaugen. Die Augen glühten dem Magier entgegen. Glaub es nicht, das ist Torrahs Werk... glaub nicht daran! Der Rest der Bronzenen Schicht begann jetzt ebenfalls zu bröseln und platzte von dem Kopf ab. Nach ein paar wenigen Augenblicken sah sich Arranges einem grauen Kopf, bedeckt mit feinen Schuppen, gegenüber. 'Du hast doch nicht ernsthaft geglaubt, diese Tür so einfach öffnen zu können?' Krächzte der Kopf. Arranges reagierte gerade noch und tat einen schnellen Satz nach hinten, als der Kopf an einem langen, ebenfalls von dunkelgrauen Schuppen bedeckten Hals hervorschoss und nach der Brust des Magiers schnappte. Der Nekromant war total von der Erscheinung eingenommen und im ersten Moment unfähig sich zu wehren. 'Ihr seid sprachlos, was?' Der Kopf schob sich an seinem Hals weiter aus dem Loch in der Tür. Nach zwei guten Metern Hals, folgten zwei Pranken, die an kurzen Ärmchen saßen. Nochmals nach mehreren Metern, die sich der schlangenähnliche Körper aus der Öffnung schob, folgten zwei Beine, die kräftig genug aussahen, diese Kreatur hoch springen zu lassen, oder sehr schnell zu rennen. 'Arranges Moryn, Mentor im Land Cyrodiil, gelehrt von Meister Jurano, Meister im Land Morrowind. Es ist mir eine Freude, euch einmal persönlich kennen zulernen.' Die Bestie hatte sich, während sie sprach. aufgerichtet. In einer leichten S-Form hielt sich der lange Körper aufrecht, balanciert von dem kurzen Schwanz und den beiden Hinterbeinen. Arranges konnte noch immer nicht antworten und sah wie gelähmt nur zu der Kreatur auf, deren Kopf fast die Höhlendecke berührte. 'Ich schiebe euer Verhalten mal auf die lange Anreise, die ihr unzweifelhaft hattet, nachdem ihr von der Ruine im Colovianischen Hochland bis hier hergekommen seit. Aber ein wenig mehr Anstand hat man mir schon versprochen, den ich erwarten kann, wenn ich hier schon meine Zeit opfere, um euch und eure bezaubernde Begleitung zu empfangen.' Die seltsame Kreatur sprach und wirkte wie ein Buttler, hätte sie nicht dieses stechende Krächzen in ihrer Stimme. Arranges konnte noch immer nichts sagen, irgendetwas blockte seine Gedanken. 'Nun denn, wenn ihr euch selbst schon nicht vorstellen könnt, was ich ja mindestens erwartet hätte, so möchtet ihr mir vielleicht eure Begleitung vorstellen?' Die Kreatur wies mit einem der kurzen Ärmchen auf Erynn, die wohl ebenso sprachlos und gelähmt von diesem unwirklichen Anblick war. Die Seele in dem Amulett hatte sich indes in den hintersten Winkel zurückgezogen und tat so, als wäre sie gar nicht da und dies nur ein ganz normales Amulett. 'Nun, meine Herrin Torrah de Llevria hatte mir zugesichert, dass ich hier bei eurer Ankunft auf das Maß aller Dinge treffe, was Anstand und Benehmen anginge... es ist entteuschend... aber ich denke, mir ginge es nicht anders, wenn ich eine lange und anstrengende Reise gerade erst hinter mir hätte... glücklicherweise weiss ich bereits, wer eure Begleitung ist, Lady Erynn Releth aus der Kriegergilde Skingrad.' Die Kreatur ging halb watschelnd, halb schlurfend zu der Dunmer, die ein paar Meter entfernt stand. 'Auch bei euch ist es mir eine Ehre, jemanden aus dem Volk der Dunmer kennen zulernen.' Die Mischkreatur aus Drache und Schlange senkte sich ein wenig herab, ergriff sanft Erynns rechte Hand und drückte dieser einen trockenen Kuss auf den Handrücken, dann erhob sich die Bestie wieder. 'Torrah de Llevria erwartet euch Arranges, ich bin mir sicher, dass sie euch gleich Einlass gewähren wird. Ich werde derweil hier bei Lady Erynn bleiben...' Die Kreatur sprach gedämpft und mit etwas, das man ein verschmitztes Grinsen hätte nennen können, im Gesicht weiter, 'ihr wisst doch, Torrah ist etwas eifersüchtig, sie könnte es nicht ertragen, euch mit einer anderen Frau an eurer Seite zu sehen...'
Dann sprach sie wieder normal und an Erynn gewandt: 'Lady Erynn, wenn ihr mir dann bitte folgen würdet, wir haben hier eine ausgezeichnete Küche... ich könnte euch einen hervorragenden Weinbrannd, wie er nur in Cyrodiil gebrannd wird, empfehlen... oder wäre euch etwas bekanntes aus Morrowind lieber? Flin oder vielleicht ein alter Dagothweinbrannd? ... Keine Sorge, ihr werdet in guter Gesellschaft sein... Ich bin mir sicher, dass Mentor Arranges seine Unterredung mit meiner Herrin nicht unnötig in die Länge ziehen wird...' Die Kretur ging auf die Felswand rechts der Tür zu und ohne, dass Erynn es wollte, folgte sie der Kreatur. Noch während das Monster sprach und neben der Dunmer herlief, fanden sie sich plötzlich in einem breiten Gang wieder, wie man sie nur aus Palästen sehr reicher Grafen oder Könige kannte. Alles schimmerte gülden, von der Decke hingen in regelmäßigen Abständen übergroße Kronleuchter. Auf der Linken Seite des hohen Ganges waren große Fenster, die fast bis unter die Decke reichten, auf der anderen seite befanden sich in unregelmäßigen Abtsänden große Bogentüren, die reich mit Ornamenten Verziert waren. Die samtenen Wandteppichen zeigten weite Landschaften, verschiedene Wappen, die Erynn noch nie gesehen hatte oder das Antlitz irgendwelcher sehr vornehm und wohlhabend wirkender Männer und Frauen. Nach einigen Augenblicken, die sie und die Kreatur neben ihr durch diesen Gang gelaufen waren, blieb das Monster plötzlich stehen. 'Wenn ihr kurz einen Moment warten würdet, oder schonmal weitergehen würdet, ich habe etwas vergessen, ich bitte höflichst um Verzeihung Lady Erynn.' Damit wandte sich die Kreatur um und ging den Gang jetzt wieder zurück. Die Dunmer blieb allein zurück. Nach einigen Augenblicken des Wartens und nachdem sie wieder ihrem Erwarten, hinter sich nicht etwa die Felshöhle sehen konnte, sondern nur den Gang, der weiter hinten nach links abknickte, ging sie weiter. Nach einigen Minuten kam sie an das Ende des Ganges, welches durch einer Tür gebildet wurde. Auf einem kleinen goldenen Schildchen war Speisesaal zu lesen. Erynns Geist wusste nicht, was er mit der ganzen Szenerie anfangen sollte. Ihre Bewegungen waren nicht ausschließlich von ihr gesteuert, aber die Tatsache, dass irgendwie nichts Bedrohliches an der ganzen Sache war, legte sich lähmend über sie. Sie langte mit einer Hand nach der Türklinke und hörte im nächsten Moment das Getrappel von sehr vielen Beinen... ein schnell näherkommendes Trappel. Erynn drehte sich aus Reflex um und blickte in den Gang hinter ihr, aus dem das Geräusch kam. Plötzlich stürmte eine riesengroße, schwarze Spinne um die Biegung ganz hinten. Das Untier hatte eine mörderische Geschwindigkeit. Sie war mindestens so große wie Erynn, die Beine armdick, dichte, drahtige Behaarung zog sich über den gesamten Körper. Aus der Vorderseite des Kopfes ragten zwei längliche, überdimensioniert wirkende, geschwollene Giftdrüsen hervor, die jetzt, da die Spinne Erynn erspäht hatte, nach vorne oben klappten und die langen, nach hinten gebogenen Giftzähne zeigten, welche sich an deren Enden befanden. Die Blockierung in Erynns Verstand löste sich mit einem Mal, aber ehe sie tatsächlich reagieren konnte, war die Spinne schon heran. Mit aufgestelltem Körper drängte sie die Dunmer gegen das Holz der Tür in ihrem Rücken. Nur eine Sekunde später hatte der wandelnde Alptraum auf acht Beinen seine Giftzähne im Torso der Elfe versenkt. Der komische Schmerz währte nur kurz, dann fühlte sich Erynn seltsam losgelöst von allem Irdischen. Ihre Seele wurde in einen reißenden Strudel gezogen und dann... nichts, nur Stille. Sie fand sich unversehrt in ihrem Körper wieder, aber wo war sie? Sie stand inmitten einer schwarzen Leere, hatte weder Orientierung, noch die geringste Ahnung, was das zu bedeuten hatte...
Arranges war völlig perplex, die Kreatur ging mit Erynn ein paar Schritte und verblasste dann einfach mit der Dunmer zusammen. Wenn ich dich finde Torrah, gibt es kein Zurück mehr, du wirst sterben, das schwöre ich! Plötzlich ging ein Ruck durch die schwere Holztür vor Arranges. Langsam schwangen die beiden Flügel nach außen auf. Er blickte in den Raum dahinter und war wieder total überfordert. In einer geräumigen Höhle, die recht gemütlich eingerichtet war, saß auf einer Art Thron an der hinteren Wand, Torrah de Llevria. Sie sah gelangweilt zu Arranges. Den Ellenbogen auf einer Armlehne aufgestellt, stützte sie zur Seite gelehnt mit der Hand ihren Kopf, während die andere Hand auf einem dicken Folianten auf ihrem Schoß ruhte. 'Torrah... ihr seid der größte Feigling, den ich jeh gesehen habe...!' Brüllte ihr Arranges entgegen. Sie sah ihn nur weiterhin gelangweilt an. Dann blickte sie ebenso desinteressiert zur Seite und winkte ihm einmal schwach mit der freien Hand entgegen. Der Kaiserliche sah sich einer schwarzen, heranrollenden Welle gegenüber, die ihn, kaum dass er seine Gedanken darüber sortieren konnte, überrollte und ihn hinabzog in einen dunklen Abgrund. Dumpf schlug der Körper des Kaiserlichen auf hartem Grund auf. Nach einem kurzen Moment kam er keuchend auf die Beine und war erst recht verwirrd. Kein Bruch, nichts tut weh...?! Wieder eine von Torrahs Illusionen... Er blickte sich um, aber um ihn herum war nichts als undruchdringliche Schwärze. Doch dann glimmte vor ihm ein Licht in einiger Entfernung auf. Dieses Licht kam schnell näher und nach einigen Sekunden erkannte Arranges, was da auf ihn zukam. Ein stark verwester Zombie mit einem Brandfleck in der Brust, der Untote war ein wenig kleiner als Arranges. Neben dem Zombie ging ein Skelett her, von dessen verkohlten Knochen versengte Fleischfetzen hingen. Du schickst mir Untote? Also entschuldige, wenn ich lachen muss, aber darin war ich schon immer besser als du Torrah! Arranges machte sich schon bereit, diese Kreaturen zurückzuweisen, als ihn die Erkenntnis wie ein Blitz traf. 'Mutter? ... Vater?' Erschrocken stellte Arranges fest, dass seine Stimme die eines kleinen Jungen war. Als er an sich herunterblickte, verdrehte sich für ihn alles, sein Kopf dröhnte, er wusste nicht mehr zwischen Trug und Wirklichkeit zu unterscheiden. Er trug nicht mehr seinen Mithrilpanzer am Leib... eigentlich trug er überhaupt nichtsmehr von dem, was er an hatte, als er hergekommen war. Er erinnerte sich und diese Erinnerung kam so hart wie ein Faustschlag ins Gesicht. Er trug genau die selbe Kleidung, als an dem Tag, an dem seine Eltern starben. Seltsamerweise passten ihm die Kleider auch, obwohl sie für ein Kind geschneidert waren. Als der Zombie und das Skelett nur noch wenige Schritte von ihm entfernt waren, erkannte Arranges, dass er nun nicht mehr auf Augenhöhe mit ihnen war, er war deutlich kleiner, ein Kind, der Junge von damals. 'Geht weg...!' Begann er zu wimmern. Er kauerte sich schluchzend nieder, schlang die Arme um die Beine und verbarg sein Gesicht zwischen den Knien. Er wusste nicht, wie lange er so dagesessen hatte und winselte und schluchzte, er bemerkte nur, wie ihn plötzlich jemand anstieß, ihm mit der Fußspitze gegen das Schienbein stieß. Verunsichert schaute Arranges auf. Vor ihm stand Torrah de Llevria. Sogleich bemerkte er auch wieder das Gewicht des Kettenhemds, sowie alle anderen Besitztümer, auch seine Körpergröße war wieder normal, es schien, als wäre das vorhin nur ein Alptraum gewesen. 'Na los, steht auf Arranges!' Er gehorchte. 'So und jetzt verratet mir, warum ihr all das auf euch genommen habt, nur um hier und jetzt festzustellen, dass ihr mir ja doch unterlegen seid. Und denkt nichteinmal daran, mich anzugreifen, ihr gewinnt nur die Niederlage...'
'Nein danke, aber die reiche ich gern an euch weiter!' Der Nekromant wurde plötzlich von Wut beherrscht, die alles andere verdrängte.
'Arranges, beruhigt euch doch, ich meine, ihr wusstet das schon vorher, das hätte ich euch nicht erst jetzt sagen müssen...'
'Verreck doch einfach!'
Der Kaiserliche gab ihr keine weitere Chance, ihre verbale Übermacht ihm gegenüber auszuspielen. Er zog sein Schwert und attackierte sie direkt. Doch Torrah war ihm auch im Schwertkampf überlegen. Schon nach wenigen Minuten, in denen sich die beiden ein erbittertes Duell geliefert hatten, lag Arranges entwaffnet vor ihr auf dem Boden. Die Spitze ihres Bastardschwerts ruhte an seiner Kehle. 'Jetzt gebt schon auf, was habt ihr nur immer mit eurem Gehabe und eurer ach so überlegenen Art?' Arranges funkelte sie einen Moment böse an und überraschte sie dann. Mit einem Arm schlug er die Klinge zur Seite, mit der anderen Hand beschwor er aus dem Stehgreif einen von Sheogoraths Wachhunden. Der Hunger trat hinter Torrah aus einer roten Kaskade und begann sofort den Angriff. Ein vibrierendes Band bildete sich zwischen ihm und ihr. Arranges konnte regelrecht fühlen, wie ihr all ihre Energie und ihre Lebensgeister entzogen wurden. Die gesamte Illsuion begann durch diese nicht vorgesehene Unregelmäßigkeit im Gleichgewicht zu bröckeln. Ein lautes Pfeifen schmerzte in Arranges Ohren, während sich die Schwärze aufzulösen schien. Und dann lag er wieder in der Höhle vor der Tür, der Hunger stand vor ihm und beäugte seinen Meister aus kleinen dunklen Augen. Arranges richtete sich auf und kam schwankend auf die Beine. Er schaute erst verblüfft auf die Felswände der Höhle, alles was hier zuvor noch auf Natürlichkeit hingewiesen hatte, war jetzt nur noch bestialisch. Überall an den Wänden waren die Abdrücke blutiger Hände. Das Tor vor ihm, welches bei ihrer Ankunft noch ausgesehen hatte, als wäre es eben erst eingesetzt worden, war zerstört und sah alt aus. Die Flügel lehnten an den Wänden und das Holz war ganz klar älter als fünf Jahre. Der Bronzene Kopf lag zerdellt am Rand auf dem Boden.
Arranges Blick wurde unweigerlich in den Raum hinter dem Tor gezogen. Dort sah er eine vergleichsweise große Höhle. Einige Bücherregale standen an den Wänden auf der einen Seite, ein Breites Bett, ebenso wie eine Feuerstelle auf der anderen Seite. In der Mitte sah Arranges eine Person stehen, vor ihr ein Lesepult, auf welchem ein großes aufgeschlagenes Buch lag. Er erkannte die Frau, welche schwer atmend über dem Buch hing und sich abstüzen musste, als Torrah und rannte auf sie zu, hinter ihm sprintete der Hunger her. Sie bemerkte ihn, bevor er sie erreicht hatte, war aber zu erschöpft von der großen Illusion und konnte nicht reagieren. Arranges lief an dem Pult vorbei, noch während sie sich zu ihm drehte und nach ihrem Schwert griff, stieß Arranges zu. Seine Klinge durchschlug ihren Körper unterhalb des Brustbeins. Sie stöhnte kurz auf. Ihr Blick wurde glasig. 'Wie...?'
'Niemand klaut mein Eigentum!' Knurrte Arranges, zog seine Klinge zurück, vollzog eine Drehung um sich selbst und köpfte die Kaiserliche. Gurgelnd kippte der kopflose Körper um. Arranges konnte es gar nicht fassen, durch ihre eigene Überheblichkeit starb Torrah de Llevria und endlich konnte er ungehindert sein Buch an sich nehmen. Er schlug es zu, packte es mit beiden Armen und presste es sich an die Brust.
Von einem unbeschreiblichen Glückgefühl beflügelt, bemerkte er gar nicht, wie die ganze Höhle begann zu bröckeln. Staub rieselte von der Decke und Risse zogen sich langsam die Wände hinauf. Von einem dumpfen aufschlag wurde Arranges aus seiner Hochstimmung gerissen. Er blickte sich um und sah Erynn am Boden liegen. Sie hatte die ganze Zeit noch in der Illusion gefangen, dagestanden und jetzt, da die Macht des Buches keinen EInfluss mehr auf sie hatte und niemenaden mehr, der diese Macht lenkte, wurde sie aus dem Trugbild geschleudert. Arranges sah ein paar Mal abwechselnd zwischen ihr und dem Buch hin und her. Er rannte das Buch unter den Arm geklemmt zu der Dunmer. Sie war nicht wirklich bei Bewusstsein, atmete noch. Verdammt... ich kann sie nicht einfach hier liegen lassen, hier wird sie lebendig begraben werden... Immer größere Brocken lösten sich aus der Decke. Arranges riss sich schnell seinen Umhang vom Hals und legte ihn sich so um, dass er vor dem Bauch des Kaiserlichen eine Schlaufe bildete, da hinein bettet er das Buch. Dann ging er neben Erynn in die Knie. Er tätschelte ihr etwas grob die Wange, bis sie mit den Augen blinzelte. Er wusste nicht, was sie gesehen hatte, aber dass sie total erschöpft war und kaum bis gar nicht bei Bewusstsein, sprach für sich.
'Erynn! Erynn!!! Hee!' Sie blickte ihn mit flatternden Augenlidern an, das genügte dem Kaiserlichen, auch wenn sie nicht reden konnte. Er zerrte sie so behutsam wie möglich durch den niedrigen Tunnel. Auf der anderen Seite nahm er sie Huckepack. 'Festhalten!' Sagte er harsch, als er ihre beiden Hände vor seinem Hals zusammenführte. In Ihrem Unterbewusstsein tat sie es, auch wenn sie praktisch nicht ansprechbar war und nur immer wiedermal mit den Augen gehetzt umhersah, bevor sie wieder wegtrat. Er hatte beide Hände unter ihrem Gesäß und verhinderte, dass sie einfach wegrutschte, während er durch die langsam zusammenfallende Höhle hechtete. Der steile und felsige Hang zum Ausgang der Grotte, stellte Arranges vor ein Problem, er wusste nicht, wie er beide hinaufbekommen sollte, für den Weg zweimal war keine Zeit, davor dürfte die Grotte vollständig zusammengefallen sein. Er musste überlegen, weder das Buch, noch Erynn wollte er hier zurücklassen. Nach einigen Minuten hatte er eine Lösung. Er setzte Erynn an einen Felsen gelehnt ab und änderte die Position des Buches ein wenig, dann wuchtete er die Dunkelelfe hoch. Sie saß jetzt in der gleichen Schlaufe auf dem Buch. Arranges musste mit dem Nacken arg dagegenhalten um nicht von seinem eigenen Umhang geköpft zu werden, mit einem Arm drückte er Erynn an sich, während er sich mit der anderen Hand irgendwie, meistens absolut unpraktikabel an dem Hang hielt und so zwar langsam, aber ohne weder Erynn, noch das Buch zurücklassen zu müssen, dem Ausgang entgegenkletterte.
Nach einer schier endlosen Kletterpartie, die zum Schluss hin arg an Arranges Kräften zehrte, kam er endlich oben an. Erynn war derweil komplett der Bewusstlosigkeit verfallen und hing ihm wie ein nasser Sack an der Brust. Ein lautes Dröhnen verkündete von unten, dass der erste Teil der Höhle eingestürzt war. Arranges zog sich die letzten Meter nach oben, kam keuchend auf die Beine und stolperte hinaus ins Freie.
Es war eine sternenklare Nacht. Heftig schnaufend gönnte sich Arranges eine kurze Auszeit auf Knien. Dann schlang er beide Arme um die Dunmer, hielt sie so gut es seine verbliebenen Reserven zuließen, fest und versuchte so viel Abstand zwischen sie beide und die Grotte zu bekommen, wie es möglich war. Aber er kam nur langsam voran, mehr als nur einmal passierten ihm arge Fehltritte und er musste sehen, dass er den verirrten Fuße wieder aus dem Morast bekam. Hin und wieder kam Erynn für einige Augenblicke zu sich, aber es reichte nie für Worte, sie ließ den Blick umherschweifen und war sofort wieder weg. Arranges verließen nach einer Weile komplett die Kräfte, er war so weit gelaufen, wie es das Gelände zuließ, aber nachdem er sich hektisch nach einer größeren Insel in dem Sumpf umgesehen hatte, hörte er noch das dumpfe Dröhnen, als die Grotte vollständig zusammensackte. Er hatte eine kleine, mit hohem Riedgras bewachsene, aber trockenen Insel zwischen zwei großen Morasttümpeln ausfindig gemacht und kam nach einigem Probieren auch hinüber. Vorsichtig ließ er die Dunmer auf den Boden gleiten. Nachdem er auch ein kleines Feuer mit Treibholz in Gang gebracht hatte, rückte er sie näher an die Wärmequelle und deckte sie zu. Das Buch wickelte er sorgsam mit dem Amulett zusammen in seinen Umhang. Fragend blickte er einen Moment in das verspannte Gesicht der Kriegrin. Nicht dass sie noch an ihrer eigenen Zunge erstickt... Er setzte sich quer zu Erynn und bettete ihren Kopf auf den Oberschänkeln seiner ausgestreckten Beine. Er hatte einiges zur Gewichtverringerung zurücklassen müssen, darunter waren auch ihr Bogen, sein Schwert und all die schweren Wolldecken, bis auf die kleine, die er stets dabei hatte, welche jetzt Erynn warmhielt.
So wartete Arranges, während er ihr immer wieder einzelne Haarsträhnen aus dem Gesicht schob oder ihr über die Wange strich, wenn sie sich unregelmäßig schüttelte oder im Wahn die Augen krampften.
Südliches Grenzgebiet Schwarzmarsch
Als Erynn endlich erwachte und er ein paar Worte mit ihr wechseln konnte, war Arranges fast unendlich erleichtert. Bei ihren letzten Worten jedoch fühlte der Magier etwas, das er lange nicht mehr gespürt hatte. Er konnte nicht recht sagen, was es war, das ihn so berührte. Er konnte nichteinmal fassen, dass sich jemand tatsächlich so für ihn eingesetzt hätte. Sogar sein gefrorener Verstand, der diese Worte sofort als einfache, getarnte Dankung abgetan hätte, dafür, dass er sie aus der Höhle geholt hatte, schwieg in diesem Moment. Der Kaiserliche fand zu keinem richtigen Gedanken mehr, stattdessen erwuchs aus diesem Satz große Zuneigung, Bewunderung und Vertrauen. 'Keine Sorge, ich werde euch vor jeder Gefahr schützen so gut ich kann...' Murmelte er.
Mach dich nicht lächerlich...! Mahnte eine stetig leiser werdende Stimme in seinem Hinterkopf. Doch er sah die Dunmer plötzlich mit ganz anderen Augen.
Schon nach kurzer Zeit schien Erynn aus der Bewusstlosigkeit in einen tiefen Schlaf zu wechseln, ihre Gesichtszüge entspannten sich und ihr Atem wurde länger und war nicht mehr so flach. Doch der Kaiserliche konnte nach einer Weile einfach nicht wiederstehen. Sanft und behutsam zog er seine Füße unter ihrem Nacken heraus und legte ihren Kopf vorsichtig wie ein rohes Ei auf dem Boden ab. Er rutschte zu dem Bündel, in dem sich das Buch befand. Sorgsam schlug er den Stoff zurück. Kunst der Schleier, der Titel war in den gegerbten Ledereinband hineingebrannt worden. Langsam und vor Erregung zitternd, schlug Arranges das Buch auf.
Die ersten Seiten handelten davon, was sich hinter der Magie für eine Macht verbarg. Arranges kannte dies schon alles, es waren die Grunsätze, wie sie in der Magiergilde, der geheimen Universität, ja sogar in der Gathering gelehrt wurden. Weiter war zu lesen, wie wichtig die Meditation sei. Ein weiteres Kapitel handelte davon, wie man Magie richtig ballte, um ihr gesamtes Potential ausschöpfen zu können, auch hier war Arranges nicht unwissend kaum etwas Neues stand dabei. Dann wurde es interessanter für den Beschwörer. Gierig verschlang er die ersten Seiten und das damit verbundene Wissen. Die Beschwörung der puren Bösartigkeit wurde bis ins kleinste Detail geschildert. Dies waren wohl die Kreaturen, welche die Mönche in der Klosterruine beschworen. Der Kaiserliche hatte in etwa bis zu einem Drittel des Buches geblättert, als plötzlich einige leere Seiten kamen. Seltsam... Aber von Neugierde getrieben, blätterte Arranges weiter und plötzlich sah er sich einer grässlichen Dämonenfratze in Rot- und Brauntönen gegenüber. Unter der Zeichnung war ein Text in schwungvollen Lettern zu lesen. Es war genau die Seite, die ihm der Bruder damals gezeigt hatte, als Arranges dieses Buch zum ersten Mal sah. Arranges las den Text darunter, aber irgendwie wollte das Wissen sich ihm nicht erschließen. Er wurde blockiert. Was zur Hölle!? Ein lautes Rasseln rauschte durch seinen Kopf. Arranges erinnerte sich gerade noch daran, was ihm der Mönch damals sagte. Ein undefinierbarer Schatten senkte sich gerade auf den Geist des Nekromanten herab, als er gehetzt das Buch zuschlug. Ein lautes Knacken war allgegenwärtig um ihn herum zu hören, dann war die böse Essenz wieder weg. Verflucht, ich bin zu schwach, ich kann das Buch nicht lesen... ich brauche jemanden, der mir diesen Dämon, diese Macht, die dieser Quelle des Wissens innewohnt, vom Leib hält, während ich darin lese...
Sie waren mittlerweile schon ettliche Stunden hier, Erynn hatte aus dem Tiefschlaf gefunden und drehte sich nun in einem leichten, aber dennoch erholsamen Schlaf. Die Sonne schickte ihre ersten Strahlen über den Rand des Horizonts, als Arranges beschloss, endlich aus diesem stinkenden Sumpf zu verschwinden. Er trat das Feuer aus, hängte sich das Buch wie bei der Flucht aus der Grotte um und rüttelte Erynn wach. Schlaftrunken öffnete sie leicht die Augen. 'Kommt, wir gehen weiter...' Mit ein paar wenigen Gesten und noch weniger Worten, war schnell klar, dass die Dunkelelfe wohl nicht sicher genug war, um die Sümpfe durchqueren zu können. Sie konnte sich überhaupt kaum richtig rühren. 'Ich helfe euch...' Arranges hatte während ihrer Zwangspause und nachdem er es aufgegeben hatte, das Buch zu lesen, sich ebenfalls ein wenig erholt und neue Kraft geschöpft. Er hievte die Kriegerin einmal mehr auf seinen Rücken und begann geschätzt in die Richtung zu laufen, aus der sie gekommen waren.
Er war froh, als die Passagen zwischen den Tümpeln endlich zunehmend breiter wurden und das verfilzte Gestrüpp sich merklich lichtete.
Leyawiin; Drei Schwestern Herberge
'Also es tut mir ja schrecklich leid, aber ihr musstet ja nicht das Gewicht von mindestens zwei Ogern auf dem Rücken aus dieser Grotte schleppen, damit dann noch irgendwie heil durch die Sümpfe kommen und habt dementsprechend kaum gewschitzt...' Sagte Arranges, dem es eher egal war, wie sehr er müffelte, dann hielte wenigstens ein paar einen größeren Abstand zu ihm.
Nachdem Erynn aber darauf bestand, nicht wieder in einer schäbigen Taverne Quartier zu beziehen, lenkte Arranges ihre Schritte zur Drei Schwestern Herberge. Sie brauchten nicht zu klopfen, schließlich war es noch nicht abends oder nachts. Sie traten ein, zwei Gäste, ein Hochelf und ein Kaiserlicher, saßen im Schankraum. Arranges kam es erst, als er bei einer der Besitzerinnen nach einem Zimmer fragte, dass er ja jetzt nicht mehr gezwungen war, einen Raum mit der Dunmer zu teilen. Dank den Vieren... ich sollte doch glatt mal wieder eine Reise zu den Schreinen der vier Säulen machen... genug Gründe für ein Dankgebet hätte ich jedenfalls... Er bestellte und zahlte ein Zimmer. Die Taverne war im Vergleich relativ teuer, aber dafür war praktisch alles, also Waschmöglichkeiten und das Essen im Preis enthalten. Das Zimmer war standardmäßig sowieso recht geräumig und immer mit einem breiten und mehr als bequemen Bett ausgestattet.
Mit einem zufriedenen Lächeln überließ er der Wirtin die Münzen und fragte auch direkt an, ob sie einen Zuber mit heißem Wasser bereitstellen könnte. Als er gesagt bekam, dass alles bis in einer Stunde etwa vorbereitet sein würde, begab er sich nach oben. Er schob die Tür hinter sich zu. 'Endlich ungestört... und ab Bravil, das heißt also in etwa 3 Tagen, bin ich Erynn sogar wieder komplett los.' Er legte seine Rüstung und den Gürtel ab. Alles war relativ gut verschmutzt. Ein Trank hatte er eingebüßt, das Fläschchen war wohl während der Strapazen zersprungen und die Schriftrollen, die er immer für den äußersten Notfall bei sich trug, hatten durch das feuchte Klima im Sumpf ebenfalls einiges abbekommen, waren aber noch brauchbar... Aber wie dem auch sei, Arranges störte sich daran eher wenig und er setzte sich in Kniehose und Hemd im Schneidersitz auf das Bett und begann wieder zu lesen, bis die knappe Stunde endlich vorbei war. Er legte sich lediglich den Umhang um und ging ein Stockwerk höher. Die Wirtin kam ihm gerade aus einem Raum entgegen, aus dem es schon leicht dampfte. 'Ich hoffe es ist alles zu eurer Zufriedenheit.'
'Gewiss...' Antwortete Arranges nur und trat ein.
Ein vergleichsweise großer Zuber stand inmitten eines mehr oder weniger großen Raumes. Feuchte Wärme erfüllte die Luft. Einige Augenblicke später saß Arranges im heißen Wasser und döste, den Kopf auf den Rand gelehnt, vor sich hin.
Bravil -> Colovianisches Hochland -> Skingrad
Arrangs hatte im ersten Moment die Befürchtung, dass sie ihm jetzt auch noch einen Abschiedskuss aufzwingen wollte. Aber als sie ihn schlicht herzhaft in die Arme schloss, konnte der Nekroman nicht um hin, ebenfalls kurz die Arme um sie zu legen. Allerdings blieb der leicht verständnislose Ausdruck in seinem Gesicht bestehen. Warum zum Teufel ist sie so freundlich, so nett? ... Ich habe ihr Leben innerhalb weniger Tage nicht nur einfach ein wenig zerstört, nein, ich habe mir indirekt größtmöglichste Mühe gemacht, jeden Trümmer in so kleine Brösel wie irgend möglich zu zerstückeln... Arranges blieb einige Minuten einfach stehen und blickte Erynn mit gemischten Gefühlen hinterher. Bis er den Kopf schüttelte, das Buch sicher am Sattel befestigte und seinerseits losritt.
Arranges lenkte sein Pferd an die Westufer des Niben hinunter und ritt entlang des Flusses nach Norden. Er hatte sich überlegt, weitere Studien ersteinmal ruhen zulassen, stattdessen machte er sich wieder auf den Weg zur Einsiedelei des Bruders. Er nahm die Ringstraße westlich der Kaiserstadt und folgte dort der Straße bis nach Chorrol. Dort ergänzte er seine Vorräte und verließ die Stadt nach Westen.
Es war normalerweise ein Ritt von nicht ganz zwei Tagen, würde man die Einsiedelei, die mitten im Wald im Nirgendwo ohne Weg, ohne Trampelpfad lag, auch direkt finden. Arranges war gerade ein Tag unterwegs, als es zu dämmern begann und er sein Lager aufschlug. Gähnend saß der Kaiserliche vor dem Feuer, als seitlich von ihm ein großgewachsener Hüne aus der dunklen Kulisse des Waldes trat. Komplett in Schwarz gehüllt und die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, setzte sich der Botschafter wie selbstverständlich ans Feuer. 'Der Meister sendet euch seine Grüße.' Arranges nickte nur schweigend. Er hasste die Botschafter, obwohl er ein paar persönlich kannte und man mit diesen eigentlich gut reden und sogar scherzen konnte. Yuphaistos war das beste Beispiel dafür, dass die Botschafter, so grässlich und stumpf sie auch wirken mochten, wenn sie ihm eine Nachricht überbrachten, ganz normale Menschen oder Mer waren. Aber jetzt war es eben wieder einmal so, dass der Botschafter ihm nur eine Nachricht übebringen sollte. Seine Stimme brannte wie Feuer in den Ohren und griff zugleich mit eisiger Hand nach der Kehle. Die große und massige Gestalt tat ihr Übriges, möglichst einschüchternd zu wirken, was nichteinmal nur Fassade war. Die Botschafter waren in gewisser Weise die Elite der Gathering.
'Die nächsten Wochen kommt die Gathering zusammen... Wie immer steht es euch frei zu kommen oder nicht. Jedoch wäre eure Anwesenheit sehr erwünscht. Es wird ein neuer Mentor für das Land Cyrodiil bestimmt. Da ihr dafür verantwortlich seid, dass Mentorin Torrah de Llevria nicht mehr unter uns weilt, möchte die Gathering eure Meinung hören, bevor sie selbst entscheiden, wer Torrahs Platz einnehmen wird... Weiters ist vor wenigen Tagen der Großmeister aus Elsweyr von uns gegangen, derzeit wird darüber entschieden, wer seine Nachfolge antreten wird...' Die Großmeister sterben in letzter Zeit wie die Fliegen... seltsam... 'Ich danke euch, gebt die Grüße an den Meister zurück.'
'Natürlich!' Der Riese erhob sich, richtete aber, bevor er verschwand, nochmal das Wort an Arranges: 'Ach und die Gathering wie auch der Meister, wünschen mit Nachdruck, dass ihr endlich einen Schüler annehmt!' Dann war der Hüne einfach weg. Kein Rascheln von Blättern, die verrieten, wo er durch das Unterholz lief, nichts. Der Botschafter war so plötzlich weg, wie er gekommen war.
'Schüler... die sind nur lästig und behindern meine Arbeit... ich wüsste nichteinmal wen ich da annehmen sollte... und diese Trottel, die sich Novizen schimpfen und die Speichellecker der Meister in den Ratshallen spielen, nehme ich sicher nicht...' Arranges schlief über diesem Groll schlussendlich ein.
Er erwachte mit der frühen Morgensonne. Aber kaum war er wach, ärgerte er sich schon wieder, als er sich die letzten Worte des Botschafters nochmal durch den Kopf gehen ließ. Er musste seinen Plan ändern... zunächst würde er das Buch bei dem Mönch abgeben, dort war es sicher und der Mönch würde wohl kaum etwas damit machen können. Der alte Bretone war viel zu mächtig, als dass er aus dem Folianten noch hätte neues Wissen ziehen können, außerdem kannte er das Buch sowieso schon. Dann brauchte der Kaiserliche noch eine verdammt gute Ausrede, wenn er bei der Gathering wieder ohne Schüler auflaufen würde. Aber von hier aus würde es ersteinmal wieder nach Skingrad gehen, um seine Tränke bei Falanu praktischerweise für um sonst aufzustocken. Gedacht, getan. Nach weiteren 4 Tagen, kam er am Abend des vierten Tages am Westtor von Skingrad an. Er gab sein Pferd bei den Stallungen ab und betrat die Stadt. Seine Schritte führten ihn direkt zur Taverne Zur Westebne, wo er sich ein Zimmer nahm. Die Tränke werde ich morgen besorgen und dann gehts einmal mehr innerhalb kürzester Zeit nach Morrowind...