Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer
Tirian fühlte ein Stochern an seiner Schultern, von dem er erwachte. Er schlug die Augen auf und sah in Lyvianis tiefrote Augen. Da sie gegen die Sonne stand, lag ein Schatten auf ihrem Gesicht. Sie sah seiner Mutter, wenn gleich sie jünger war, zum Verwechseln ähnlich. Er richtete sich auf. Sein Rücken schmerzte etwas. Die Versuchung war groß das leichte Ziehen mit etwas Magie zu betäuben, doch wusste Tirian, dass das nicht gut war. „Ich denke auch. Ich fühle mich wieder einigermaßen ausgeruht. Wir könnten heute noch ein ganzes Stück schaffen“: stimmte der Heiler ihr zu. Sie packten schnell zusammen und setzten ihren Weg gen Süden fort. Wieder die altbekannten Landschaften der Weidenländer. Ab und an nahm sich der Heiler zum offensichtlichen Verdruss von Lyviani Zeit ein paar Kräuter, die er am Wegesrand entdeckte, zu sammeln. Auch er war in Eile, um seinen Vater, von dem er nicht genau wusste, ob er überhaupt noch am Leben war, aus den Kerkern unter Tel Uvirith zu befreien, aber wenn man sich etwas auf die Alchemie verstand, konnte es nicht verkehrt sein, wenn man Zutaten besaß, die man verarbeiten konnte. Womöglich konnte ihnen ein Trank noch einmal das Leben retten, weshalb Tirian es vorzog diese Gelegenheit direkt zu nutzen, wenn sie sich ihm schon am Wegesrand bot. Da es sich hauptsächlich um Kräuter handelte, die nur abgeschnitten oder ausgerissen und nicht speziell oder kompliziert geerntet werden mussten, nahm es auch nicht allzu viel Zeit in Anspruch, außerdem war es eine gute Möglichkeit für den Dunmer sich vom Schweigen abzulenken, dass wieder zwischen ihn und die Assassine getreten war.
Er war zwiegespalten. Einerseits sträubte sich in ihm Alles gegen den Gedanken mit einer Meuchlerin zusammen zu arbeiten, aber andererseits war er für ihre Hilfe auch dankbar, selbst wenn er sie dafür bezahlte. In den Turm eines gefährlichen Hexenmeisters einzubrechen, war keine einfache Angelegenheit. Zumindest hatte er es geschafft seinen Rachegedanken zu beherrschen und seinen Sinn auf das eigentliche Ziel, Tarriors Befreiung, zu lenken. Sein Vater sollte gerettet werden. Mehradanz war ihm egal. Allerdings ging ihm seit dem Tag auf der Plantage, als seine Mutter ihm die Identität seines Vaters offenbart hatte, auch nicht aus dem Kopf, was sie über seine vermeintliche Tochter gesagt hatte. Tarrior hatte behauptet, dass der Telvanni sie gefangen hielte und ihn erpresse. Gilluk und seine Mutter waren aber davon überzeugt, dass es eine Tochter nicht gab. Das gab ihm Rätsel auf, ein Rätsel, das ihn beunruhigte. „Was hast du nur angestellt, Tarrior, dass er dich sogar dazu bringen kann, die Heimat zu verlassen und in Cyrodiil gegen die Daedra zu kämpfen und gegen Nekromanten!“: überlegte Tirian. Der Gedanke, den er immer nur streifte, sich aber nicht getraute ihn wirklich zu denken, machte ihm Angst davor, wer sein Vater wirklich war. Was er getan hatte, um derart erpressbar zu sein? Und innerlich hatte er auch Angst, wer er selbst deswegen war. Tirian verdrängte solche Gedanken, in dem er sich auf das Sammeln einiger Blätter Häckselblatt konzentrierte oder Lyviani folgte und dabei den Blick in die Ferne schweifen ließ.
Sie bogen von ihrem Weg über die Hügel wieder ab und kehrten auf feste Straßen zurück. Durch die Hügel und Ebenen schlängelten sie sich südwärts auf die Amur zu. Es dämmerte langsam. Der Himmel färbte sich rot und golden zugleich, während die Sonnenscheibe am Horizont langsam verschwand. Es war ein schöner Moment, doch wurde er plötzlich von Lärm unterbrochen. „Lasst uns in Frieden!“: schrie eine Frau auf Dunmeri mit starkem Akzent. Tirian drehte sich nach der Stimme um und sah in der Entfernung eine kleine Gruppe Gerüsteter, die eine kleine Gruppe Dunkelelfen in seltsamer Kleidung umringte. Die Frau stand einem der Gerüsteten gegenüber und schien eine weitere Person zu schützen, die schon am Boden lag. Tirian wandte sich zu Lyviani um. „Da braucht jemand Hilfe“: sagte er und meinte es als Aufforderung. Die Dunmer schaute eher desinteressiert nach drüben und zog die Augenbrauen hoch. Tirian wusste, was sie sagen würde, also ergriff die Initiative und lief zu bedrängten Leuten hinüber. Insgeheim hoffte er aber, dass die Assassinin ihm folgen würde, denn allein standen seine Chancen gegen die Gewappneten nicht allzu gut.
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Dass es halber Selbstmord war, stellte Tirian in diesem Moment auch fest, als der Anführer der fünf Gewappneten sich zu ihnen umdrehte – ein grobschlächtig dreinschauender Dunmer mit kahlem Schädel und einer breiten Narbe im Gesicht. „Was wollt ihr?!“: herrschte der Kerl sie auf Dunmeri an. Tirian antwortete reflexhaft in dem ihm mehr vertrauten Cyrodiilisch. „Wir hörten, dass jemand in Schwierigkeiten ist und wollten helfen“: antwortete der Heiler und sah dem Mann, der sich nun ganz ihm zugewandt hatte, herausfordernd in die Augen. „Fremdländer“: zischte er und spuckte aus. „Süd-Morrowind“: beharrte Tirian. Die Augen des Mannes verengten sich. „Dres-Abschaum, also“: kommentierte er das und spuckte noch einmal aus. Sein Blick wanderte zu Lyviani. „Ein Jammer das Dres-••••n so hübsch sind“: meinte er und musterte seine Begleiterin ausführlich. Aus dem Augenwinkel sah Tirian, wie sich die vier bedrohten Dunmer langsam zu entfernen versuchten. Zu ihrem Unglück bemerkte das der Gerüstete auch. „Bleibt gefälligst hier ihr Aschaffen. Wir sind mit euch noch nicht fertig“: brüllte er auf Dunmeri in die Richtung der zwei Männer und zwei Frauen in ihren komischen Gewändern, die Tirian zuvor noch nie gesehen hatte. Die beiden Männer, trotz das einer offenbar verletzt halb auf dem Boden lag, schauten den Anführer der Gerüsteten wütend ob der Beleidigung an.
In den Augen der Frauen spiegelte sich stolzer Trotz. Etwas was der Kahlköpfige zum Anlass nahm, derjenigen, die zuvor schon ihren verletzten Begleiter verteidigt hatte, einen Schlag mit der behandschuhten Hand zu verpassen. Sie fiel nach hinten über in Dreck. Tirians Hände zuckte nach vorne doch umgehend, wurde er von einem der Männer des Kahlkopfes zurückgestoßen. „Lerne wo dein Platz ist, unzivilisierte Hündin“: sagte er auf Dunmeri zu der Frau und deutete auf ein in seine Rüstung eingearbeitetes Wappen. Tirian erkannte Insignien des Tempels darauf, konnte es aber nicht zuordnen. „Was haben euch diese Leute getan?“: fragte der Heiler mit mühsam unterdrückter Wut. Ganz als hätte er schon vergessen, dass er und Lyviani noch dort standen, wandte sich der Anführer um. „Diese Wilden nehmen den Schutz unserer Armeen gegen die Daedra in Anspruch, fliehen feige, wenn die Dämonen angreifen und lassen uns die Arbeit machen. Und dann verweigern uns diese Hunde hier den Respekt“: ereiferte sich der Mann. Die Frau, die er gerade geschlagen hatte, rappelte sich wieder auf. „Das ist Lüge! Ihr raubt uns Besitz“: widersprach sie in gebrochenem Cyrodiilisch. Er wollte offenbar noch einmal ausholen, doch diesmal war Tirian schneller und packte ihm am Arm. Er konnte ihn kaum halten, soviel Kraft war dahinter. Er schaffte es allerdings, dass er seine Aufmerksamkeit auf jemand anderen richtete. Dem Heiler wurde kurz weiß vor Augen, als er einen Fausthieb des anderen Dunmers einstecken musste. „Warum verteidigt ihr diese steinzeitliche, daedra-verehrende Brut!?“: wollte der Gerüstete wissen, dessen Kopf sich vor Wut langsam dunkel verfärbte. Tirian rappelte sich wieder auf. Er bemerkte das Lyviani ihn stützte und mit Druck auf sein Schulterblatt zum Gehen drängte. „Wir vom Haus Redoran sind nachsichtig. Das hier ist nicht eure Sache. Ich gebe euch zehn Sekunden, um euch umzudrehen und zu verschwinden“: sagte er und legte eine Hand auf den Streitkolben, der an seiner Seite hing.
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Von dem Fausthieb noch ganz benommen, er fragte sich, warum der Kerl auch nur so einen harten Schlag draufhaben musste, sah Tirian, wie die Dunmer in der merkwürdigen Kleidung ein Chitin-Kurzschwert zog und sich auf den Kahlköpfigen stürzte. Er bemerkte den Angriff schnell, wehrte den Angriff mit seiner beinernen Armschiene ab und schlug er mit der Länge seines Armes die Klinge aus der Hand und stieß sie damit ein Stück zurück. Geradezu pfeilschnell zog der Redoraner seinen Streitkolben und holte auch schon aus. Ein Schlag damit, da wir sich Tirian sicher, hätte der Dunmerin den Schädel zertrümmert. Trotz des leichten Schwindels befreite er sich von Lyviani und zog ebenso schnell - das hätte er sich selbst nicht zugetraut - seine eigene Klinge und ging unbeholfen dazwischen. Der Streitkolben traf auf die Klinge und glitt an ihr zur Seite weg. Der Heiler stolperte geradezu seinem Schwert nach. Der Anführer hatte ihn nun im Visier, riss den Streitkolben herum und wollte einen Schlag gegen ihn setzen, dem er nicht ausweichen konnte. Er schloss die Augen und erwartete den Aufprall und den Schmerz, doch der blieb aus. Er öffnete die Augen und schaute wild umher. Tatsächlich hatte sich auch Lyviani in den Kampf gemischt und den Anführer mit ihrem eigenen Schwert attackierte und ihn somit von ihrem Begleiter abgelenkt. Dieser nahm diese neuerliche Störung nun als Anlass, um auf die Assassinin einzuprügeln.
In diesen Augenblicken löste sich die Starre der umstehenden Redoraner und der bedrohten Dunmer. Die beiden Gruppen gingen nun aufeinander los. Die Gerüsteten reagierten allerdings langsamer und mussten gegen die Chitin-Waffen der Anderen einstecken, bevor sie selbst wirklich zum Kampf bereit waren. Tirian wollte dem nicht nachstehen und wirkte einen Zauber, der Lyvianis Stärke erhöhen würde auf seine Begleiterin, packte sein Schwert fester und wollte ihr mit dem Anführer helfen, doch einer seiner Schergen, versperrte ihm den Weg. "Warum helft ihr diesem Aschländerpack? Sie sind doch Nichts wert": sprach ihn dieser nicht weniger grobschlächtig aussehende Dunmer an, während er mit einer Streitaxt im Nord-Stil und einem kleinen Rundschild den Kampf bestreiten wollte. „Das sagt ein ach so ehrenwerter Redoraner, der sie dann doch wert genug befunden hat, um sie zu bestehlen“: warf Tirian ein und versuchte sich auf den Kampf zu konzentrieren, obwohl ihm der Schwindel doch noch zu schaffen machte. Einem Axtstreich entging er mit einer Seitwärtsbewegung, die er auch zu einem Schlag von der Seite nutzte, der jedoch nur den Schild traf. Zu seinem Ungemach verlief der Kampf auf diese Art und Weise auch weiter. Wenn er die Schläge nicht mit dem Schwert parierte, schlug Tirian selsbt zu, aber traf in der Regel nur den Schild.
Mit einem Blick auf Lyviani, die noch immer in einen erschöpfenden Kampf gegen den Anführer verstrickt war und einen Zauber benutzte, kam ihm eine Idee. Mit einigen ungezielten Hieben verschaffte sich der Heiler etwas Luft und schuf Distanz zwischen sich und seinem Gegner. Der Redoraner wollte es jedoch nicht lange bei diesem Zustand belassen und begann einen erneuten Angriff, um seinen Feind wieder in den Nahkampf zu verwickeln. Tirian hatte auf diesen Moment gewartet. Er sammelte Magie in seiner rechten Hand und konzentrierte sich auf den Schildarm seines Gegners. Ab und an waren beim Auf und Ab des Laufens die ungeschützte Hand und der Arm des Mannes zu sehen, da der Rundschild nicht sonderlich groß war. Er konzentrierte sich auf diese Stelle. Kurz bevor der feindliche Dunmer heran war, setzte der Heiler seinen Schockzauber frei. Ein Knistern und Zwischen gefolgt von einem lauten Schrei ließ erkennen, dass Tirian getroffen hatte. Sein Gegner ließ den Schild aus der verbrannten, schmerzenden Hand fallen und gab sich eine offene Blöße, die der junge Dunmer ausnutzte, indem ihr ihm mit dem Schwert einen Streich direkt über die in Netch-Leder gehüllte Brust gab, der ihn nach hinten umwarf. Ein Schlag mit dem Schwertknauf gegen den Kopf des am Boden liegenden Gegners schickte ihn ins Traumland.
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Lyviani schlug sich ganz gut gegen den Anführer, wie Tirian bei einem kurzen Blick feststellte. Die Aschländer, zumindest waren das die Fremden in den seltsamen Kleidern nach Aussage des niedergeschlagenen Dunmers, waren hingegen in größerer Bedrängnis gegen die verbleibenden drei Gegner. Ihre einfachen Waffen, allesamt aus Chitin oder Knochen, halfen nur wenig gegen die Knochenrüstung des einen der Drei, der seine beiden Gefährten in Netchleder-Rüstungen gegen ihre Schläge abschirmte. Da Lyviani offenbar weniger Probleme mit ihrem Gegner hatte als die bedrängten Fremden, entschied sich Tirian, dort einzugreifen. Sein von der Seite kommender Angriff mit dem Schwert brachte den gemeinsamen Vorwärtsangriff der drei Dunmer völlig aus dem Konzept und gab ihre Schwachstellen den Aschländern preis, die die Chance sofort ergriffen und mit scharf geschliffenem Chitin in die Lücke vorstießen und ihre Peiniger ihren Zorn spüren ließen. Der Heiler reihte sich mit ein. Es gab keine abgetrennten Zweikämpfe nur das Wirken der einen Gruppe gegen die Andere. Jeder schlug zu und jeder wurde von jedem getroffen, sodass ein jeder gegen jeden kämpfte. Erst ein Schockzauber Tirians löste den Gruppenkampf auf, in dem er die Formation der Gegner aufsprengte und wieder einzelne Duelle möglich machte. Allerdings ertönte in diesem Moment ein dumpfer Aufprall und der Heiler vernahm die Stimme seiner Begleiterin: „Du hättest mich nicht •••• nennen sollen, du Drecksack.“ Für einen Moment hielten alle inne und schauten auf den am Boden liegenden Körper des offensichtlich toten Anführers der Redoraner. Blut lief in Strömen aus einem tiefen Schnitt am Hals. Tarrior sah genau, wie sich die Augen der anderen Dunmer weiteten und die Adern an ihren Hälsen bedenklich schwollen.
Einer der Ledergerüsteten von ihnen stürzte ohne zu zögern, blind vor Zorn, auf Lyviani los, um die Tötung zu rächen. Das der andere Mann in der seiner Netch-Rüstung nicht auch auf die Assassin losging, hatte sie dem Einsatz der Aschländer zu verdanken, die ihn zu dritt umzingelten. Ihr verwundeter Freund lehnte an einen Stein gelehnt abseits und hielt klugerweise sich aus dem Kampf heraus. Leider kostete diese Bestandsaufnahme Tirians Aufmerksamkeit und er bemerkte erst zu spät, wie der Dunmer in der Knochenrüstung auf ihn zustürmte, eine schwere Streitaxt in der Hand. Er hatte schon ausgeholt. Im wahrsten Sinne des Wortes haarscharf entging der Heiler seiner Enthauptung, in dem er sich geistesgegenwärtig duckte, doch prallte er dadurch mit der vollen Masse des Gerüsteten zusammen, der ihn einfach umwarf. Das Schwert entglitt dabei den Händen des jungen Dunmers. Am Boden liegend tauchte schnell der Schatten des Krieges über ihm auf. Breitbeinig stand er über ihm und die Axt schimmerte im Abendrot, während er sie mit beiden Händen hochhielt. Tirian rollte sich hin und her, während der Mann die Waffe mehrfach nur knapp neben seinem Kopf in den Boden trieb. Nach Willen des jungen Dunmers hätte es noch eine Weile so weitergehen können, doch dann zielte der Redoraner direkt auf seinen Brustkorb. Als er die Axt mit einem Zischen herab sausen hörte, schnellte seine Hand vor und packte die Hände des Kriegers am Stiel des Beils. Die Schneide war nur knapp über seinem Brustkorb als Tirian einen Schockzauber losließ. Mit einem Aufschrei zuckte der Gerüstete zurück und damit auch die Axt, die er vor Schmerzen fallen ließen. Der Heiler nutzte diesen kurzen Zeitpunkt, um sich aufzurappeln, war aber wegen der Robe nicht agil genug.
Er war gerade auf wacklige Beine gekommen, da sah er den älteren Dunmer wie einen wildgewordenen Ork unbewaffnet auf ihn zu stürmen. Es dauerte nur wenige Sekunden, da war er auch schon heran, noch bevor Tirian überhaupt eine Chance hatte zu reagieren. Der Gerüste packte ihn brutal am Hals und drückte zu. Der Heiler sah in die zornglühenden, roten Augen der Redoraners, der deutlich kräftiger war, als er selbst und dessen Gesicht, eingerahmt von schwarzen Haaren ebenfalls von einer Narbe geziert wurde, wie auch das des Anführers. „Was musstet ihr euch einmischen. Das hier ging euch Nichts an. Mein Bruder. Ihr habt meinen Bruder ermordert!“: brüllte der Mann und verstärkte den Druck auf Tirians Hals. Er bekam kaum mehr Luft, konnte nur noch hilfslos keuchen. „Du verfluchter Bastard. Ich bringe dich um. ICH BRINGE DICH UM!“: schrie er weiter und konnte den Druck auf den Hals seines Opfers kaum mehr verstärken. Tirian hatte inzwischen seine Hände auf dessen Arme gelegt und versucht den Griff des Mannes mit Schockzaubern zu locken, doch es half Nichts. Er fühlte seine Kräfte und Sinne langsam schwinden, merkte wie die Luft knapp wurde und seine Lunge sich brennend nach frischem Atem sehnte.
„Werde ich jetzt sterben“: ging ihm durch den Kopf. „Ich hätte gedacht, dass Meradanz mich vielleicht töten würde“: überlegte Tirian und musste plötzlich an seinen Vater denken. Entschlossenheit formte sich. Er riss die Augen schaute dem Redoraner tief in seine. „Nein, du wirst sterben! Du wirst hier krepieren. Ich muss Tarrior retten!“: brüllte Tirian in Gedanken. In seinen Blick trat Zorn, in seinem Blick spiegelte sich etwas Manisches. Er nahm alle Kraft zusammen und drückte die Hand ins Gesicht des Angreifers. Dieser wollte sein Gesicht wegdrehen, doch der Heiler drückte seine Finger in die Augenhöhlen, um sich festzukrallen. Der Krieger begann zu brüllen, doch ließ er nicht locker. In diesem Moment presste der junge Dunmer seine Handfläche mit Kraft auf das Gesicht und sammelte seine Magie. Ohne Rücksicht entlud er sie nun über seine Hand in den Gegner. Umgehend krampfte der Körper des Kriegers zusammen. Der Griff um Tirians Hals lockerte sich, doch statt keuchend nach Luft zu schnappen, hielt er die Luft noch einen Moment länger an, ließ die Magie in den schreienden Körper strömen, der inzwischen in die Knie gegangen war, eine Bewegung die der Heiler ganz unterbewusst mitmachte auch noch als sein Gegner längst zu schreien aufgehört hatte, machte er weiter und ließ erst vor Erschöpfung vom Kopf des Dunmers ab. Erschöpft und wild nach Luft schnappend stützte er sich im Gras ab. Zitternd sah er dann auf seine schwarz verbrannten Handflächen. Nein, sie waren nicht verbrannt. Es waren die Reste verbrannten Fleisches, die daran kleibten. Immer noch schwer atmend warf er einen Blick auf das Gesicht seines Opfers. Seine eigene Handfläche hatte sich deutlich ins Gesicht des Mannes eingebrannt. Es wäre nicht einfach ein schwarzer Abdruck seiner Handfläche, sondern die Hand hatte sich regelrecht in das Gesicht eingeschmolzen und hatte einen plastischen Abdruck hinterlassen, der sich von den Augen über den Mund bis hin zum Kinn zog.
Tirian brach der kalte Schweiß aus. Er musste sich übergeben. „Was habe ich getan?“: fragte er sich selbst und starrte auf den Erdboden vor sich.
Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer
[Dreveni]
Dreveni sah dem Dunmer noch einmal fest in die Augen, dann hob sie den Dolch. Gerade als sie zustechen wollte, fühlte sie sich unsanft an ihrem Arm gepackt. Ihr Kopf fuhr herum, und ihr Blick fiel auf Tirian. Nicht wirklich. Er hatte es jetzt nicht gerade wirklich gewagt, ihr in den Stich zu fallen. Sie fühlte dass sie kurz davor stand, zu explodieren und dachte schon, wie leicht sie jetzt die Hand des Dunmers von ihrem Handgelenk schlagen und seinen Arm verdrehen konnte. Ihr fielen wenigstens zwei schöne Hebelgriffe ein, mit denen er sicher nicht rechnen würde. Ganz ruhig. Nicht aufregen.
Dreveni sah ihn mit einem eiskalten Ausdruck in den Augen an und sagte leise, aber trotzdem für Tirian gut hörbar: "Das war genauso mutig wie dumm. Lasst meinen Arm los. Sofort."
Für Dreveni war klar, dass es viel zu gefährlich war, den Angreifer entkommen zu lassen, nachdem es kein gewöhnlicher Wegelagerer war.
[Tirian]
Bei dem Blick, den ihm Lyviani zuwarf wurde Tirian ganz anders zumute. "Das war genauso mutig wie dumm. Lasst meinen Arm los. Sofort": whisperte sie fast, was er für den jungen Dunmer noch ein Stück gruesliger machte. Er schluckte. Einen Moment zitterte seine Hand, doch er fing sich wieder. "Ich kann das nicht zulassen. Der Mann ist entwaffnet und sogar gefesselt. Das hier wäre ein glasklarer Mord": entgegnete er mit allem Mut, den er bei diesem geradezu tödlichen Blick aufbringen konnte. Ihm war sichtlich unwohl dabei.
[Dreveni]
Dreveni mertke das kurze Zittern seiner Hand, und war schon wieder kurz davor, sich einfach aus seinem Griff zu befreien. Wenn sie ihm das Messer an die Kehle halten würde, würde das ihre Argumentation sicher noch unterstützen. Er fing sich jedoch wieder, zumindest ansatzweise.
"Natürlich ist das Mord.", antwortete sie ihm genauso leise wie zuvor. "Nachdem ihr euch unbedingt einmischen musstet, und das hier vermutlich nicht nur irgendwelche Banditen sind, glaubt ihr doch nicht ernsthaft, dass wir ihn laufen lassen können? Was wird wohl passieren, wenn er berichtet wer seine ganze Einheit auf dem Gewissen hat?" Sie musterte Tirian weiterhin, und konnte nicht mit Sicherheit sagen ob er einfach nur naiv oder wirklich mutig genug war, sie jetzt aufhalten zu wollen.
[Tirian]
Schon sein Vater Tarrior konnte ihn nie von solch einer Denkweise überzeugen. "Sie wollten eine Gruppe Aschländer überfallen und womöglich töten, hätten wir das einfach ignorieren sollen? Verdammt, er kennt nicht einmal unsere Namen! Wir haben keinen Grund ihn jetzt noch zu töten": versuchte er auf die Dunmer einzuwirken. Ihr Blick wanderte kurz zu ihrem Handgelenk, dass er umklammert hielt. Mittels seiner verbleibenden Magie verlieh er mit einem Zauber seinem Körper mehr Stärke. Er verstärkte den Griff etwas, damit sie sich nicht losreißen konnte. Dem Blick, dem er zuvor ausweichen wollte, begegnete er nun, obwohl er schon fürchtete, dass er nicht die gleiche Entschlossenheit würde vermitteln, von dem ihre Augen sprachen. "Bitte, wir müssen das nicht tun": sagte er.
[Dreveni]
"Darüber müssen wir später ohnehin noch reden.", antwortete Dreveni. "Es hätte vermutlich überhaupt keine Toten geben müssen, wäret ihr einfach weitergegangen." Dabei warf sie - wie zufällig - einen kurzen Blick aus dem Augenwinkel zu der Leiche, die Tirian so zugerichtet hatte. Als ihr Blick noch einmal über Tirians Hand schweifte, die sie festhielt, merkte sie wie sich sein Griff verstärkte, außerdem konnte sie das kurze Wirken der Magie spüren. Treibs nicht zu weit.
"Wollt ihr die ganze Zeit meinen Arm festhalten? Vielleicht muß ich es nicht tun, vielleicht doch. Das wird sich nur leider erst später zeigen."
Sie konnte natürlich auch einfach den Dolch in ihre linke nehmen, der Heiler hielt nur ihre Rechte umklammert. Das hing nur davon ab, wie schnell Tirian war, und das konnte sie momentan noch nicht sicher einschätzen. Und sie wußte nicht, was er noch an Zaubern beherrschte.
[Tirian]
"Es hätte vermutlich überhaupt keine Toten geben müssen, wäret ihr einfach weitergegangen." Dieser Vorwurf traf und traf ziemlich genau. Er wusste, dass es richtig war den Aschländern zu helfen und doch quälte ihn gleichzeitig der Gedanke daran diese vier Elfen getötet zu haben, nur um die vier Anderen zu retten. Tirian hätte etwas sagen können in der Art, dass er das Ganze unblutig beenden wollte": aber als er Lyvianis Blick zu der Leiche des Dunmers, den er mit dem Schockzauber erledigt hatte, folgte, verbot er sich diesen Kommentar. In gewisser Weise war es offensichtlich gewesen, dass er nicht alle retten konnte und das war ihm gerade als Heiler auch nur allzu schmerzhaft bewusst, aber dennoch machte er sich Vorwürfe. In einem Moment stand er kurz davor die Hand seiner Begleiterin loszulassen, weil er ihr schlecht etwas verbieten konnte, was er selbst getan hatte, doch dann besann er sich der Vernunft. "Ein Fehler legitimiert nicht einen der gleichen Art": sagte er. "Und weil wir es nicht wissen können, solltet ihr es nicht tun": antwortete Tirian auf ihre Frage und war nicht gewillt seinen Griff freizugeben.
[Dreveni]
Ihre Bemerkung traf, das konnte sie ihm ansehen. Leider verfehlte es knapp die beabsichtigte Wirkung, er sackte nicht wieder in sich zusammen zu dem Häuflein Elend von vorhin. Dreveni war bewußt, wie gemein dass in diesem Moment war, aber so war das Leben aus ihrem Blickwinkel nun einmal.
Leicht erstaunt bemerkte sie, wie sich der Heiler wieder fing, und sie immer noch überreden wollte, den Gefangenen am Leben zu lassen. In diesem Moment entschloss sie sich zu testen, wie weit seine Gutgläugigkeit wirklich ging.
"Wenn ihr darauf besteht.", brachte sie schließlich vor, den Blick abgewandt. "Aber sollte uns das noch einmal einholen, seid ihr Schuld, ihr ganz alleine." Dabei sah sie ihm wieder direkt ins Gesicht. Sie hoffte nur, dass ihr Sinneswandel nicht zu überraschend kam, und sie noch genug Zeit hatte, zu vollenden was sie von Anfang an vorgehabt hatte, wenn Tirian nur endlich ihren Arm losließ, und sich idealerweise auch noch ein paar Schritte entfernte. Viel Zeit würde sie nicht brauchen...
[Tirian]
Tirian fand den plötzlichen Sinneswandel Lyvianis verdächtig. Er verengte die Augen und forschte in ihren nach einer Antwort. Der Blick war so kalt, wie auch schon zuvor. Er konnte darin nicht wirklich lesen, was sie vorhatte. "Wenn ich ihr nicht vertraue, stehen wir hier noch für Stunden": überlegte und musste auch an den Aschländer denken, der einer dringenden Behandlung harrte. "Und was, wenn sie ihn doch umbringt, wenn du dich abwendest": rief ihm sein Gewissen zu. Innerlich schüttelte er den Kopf. "Man kann nicht alle retten": dröhnte ihm dabei ebenso innerlich durch den Schädel. Er hatte einige Patienten verloren. Er musste einfach darauf vertrauen, dass Lyviani ihn nicht töten würde, wenn er sie losließ. "Ich übernehme die Verantwortung dafür, sollte uns diese Geschichte noch ein Nachspiel bereiten. Ich ertrage lieber diese Konsequenzen, als dass ich mein Gewissen mit einem Mord belaste": sagte Tirian, jedwede Selbstgerechtigkeit, die andere in ihre Wort gelegt hätten, ging Tirian dabei völlig ab. Er dachte an die Toten. Er entließ Lyvianis Handgelenk aus seinem Griff. Sie rieb es und behielt den Dolch in der Hand. In dem Moment, in dem er die Stirn runzeln wollte, tauchte jemand hinter ihnen auf.
Der unverletzte Aschländer war unbemerkt an sie heran getreten. Wie in Zeitlupe spielte sich für Tirian ab, was nun geschehen würde. Von seiner Überraschung gelähmt, sah er, wie der Mann seien Chitin-Axt erhob und sie niedersausen ließ. Tirian sah die schreckgeweiteten Augen des Redoraners, fühlte sich selbst wie gelähmt. Die Axt fuhr nieder, drang in den Kopf des Wehrlosen ein und ließ Blut spritzen. In einem Ruck zog der Dunmer sie wieder aus dem Schädel. Tirian wandte sich zu ihm um "Wenn ihr nicht wisst, wie ihr ihn töten sollt, sagt es gleich": meinte der Mann völlig emotionslos auf Dunmeri. Offenbar war der Redoraner auch für ihn nur ein Gegner gewesen, den man am Besten einfach erledigt. Tirian stand nun bestürzt neben der Leiche.
[Dreveni]
Als der Heiler endlich Drevenis Handgelenk aus seinem Griff entließ, konnte man die Abdrücke seiner Finger hell leuchten sehen, welche aber sofort anfingen zu verblassen. "Wenn überhaupt ein Gewissen belastet worden wäre, dann wohl meins, ihr hättet ja...", setzte Dreveni an zu sprechen, als plötzlich der Aschländer hinter ihnen auftauchte und mit einer seltsam aussehenden Axt kurzen Prozess mit dem Gefangenen machte. Dreveni drehte instinktiv den Kopf, um nicht das ganze Blut in die Augen zu bekommen, da hörte sie auch schon den Dunmer etwas auf Dunmeri sagen. "Danke", sagte Dreveni nur zu ihm, und hoffte, dass er es verstehen würde. Das war zwar eben absolut unverhofft, aber manchmal kam Hilfe aus Ecken, wo man es nicht vermutet hätte.
Dann wandte sie sich wieder an Tirian: "Was zum Henker hat er gesagt??" Da sah sie den bestürzten Blick Tirians, nicht ganz so schlimm wie vorhin, aber immer noch deutlich. Sie schloss für einen Moment genervt die Augen, dann fuhr sie fort: "Auch egal. Er hat mir jedenfalls gerade einiges an Arbeit abgenommen." Während sie gesprochen hatte, hatte sie gestikulierend mit dem Dolch auf Tirian gezeigt, den sie nun endlich wieder wegsteckte. "Habt ihr da hinten noch etwas zu tun, oder können wir weitergehen? Wir müssen reden, dringend. Und das ist nicht für deren Ohren bestimmt.", sagte sie noch, wobei sie auf die Aschländer zeigte. Innerlich mußte sie den Kopf schütteln über Tirian. Wo hatte er sich die letzten Jahre seines Lebens nur vergraben? Als Heiler mußte er doch schon wesentlich mehr tot und leid gesehen haben, als Dreveni. Und da ging ihm immer noch alles dermaßen nahe?
[Tirian]
"Ich muss ihren Verletzten behandeln. Er hat einen offenen Bruch und offenbar eine Entzündung. Er fiebert schon, wenn ich ihm nicht helfe, überlebt er es nicht": sagte er. Zu Lyvianis Kommentar "Danke" wäre ihm noch so Einiges eingefallen, aber es war nun einmal ihr Beruf zu töten. Wahrscheinlich machte es für sie wirklich keinen Unterschied mehr, ob sie jemanden im Kampf umbrachte oder einen besiegten Gefangenen danach einfach abstach. Den Aschländer konnte er fast noch verstehen, denn der musste schließlich seinen Stamm schützen. Tirian überlegte, ob er es hätte verhindern können und ober er es überhaupt hätte verhindern sollen. Die Assassinin hatte schon Recht. Das hier waren keine Banditen oder Piraten, die man in die Flucht schlug und die dann froh waren, entkommen zu sein. Hier wäre ein Racheakt nicht unwahrscheinlich gewesen. Auch wenn er gegen das Töten als notwendiges Übel Nichts hatte, war ihm dies hier zuviel. "Einen Wehrlosen": nuschelte er. Der Heiler schaute Lyviani ins Gesicht. Er sah Unverständnis in ihren Zügen. "Man muss sich bei jedem Tod, den man verursacht klar sein, dass man in diesem Moment ein Leben auslöscht. Jeder sollte in der Lage sein sich auszumalen, was es bedeutet, wenn man stirbt, da man ja selbst am Leben ist. Etwas ungleich Kostbares geht mit dem Tod verloren, auch wenn derjenige, den man tötet oder der vor den eigenen Augen stirbt, nicht unbedingt Gutes oder Sinnvolles mit seinem Leben anzufangen wusste. Wem es irgendwann egal ist, so etwas zu zerstören, unabhängig vom Grund, der es womöglich rechtfertigen kann, der muss innerlich schon gestorben sein": reagierte Tirian auf ihren unverständigen Ausdruck und wandte sich ohne ein weiteres Wort um. Ihm war jetzt nach keiner Unterhaltung zumute.
Der Heiler selbst wusste aber, dass er damit nur die halbe Wahrheit ausgesprochen hatte. Einen Tod mit anzusehen, konnte schrecklich sein, aber tatsächlich hatte er mehr davon erlebt, als das er sich nicht mit einer gewissen Distanz darüberstehen konnte. Dieser Tod jedoch nahm ihn besonders mit. Nicht weil ihm dieser Mann sonderlich wichtig gewesen wäre, sondern, so gestand er sich still ein, er wollte seinen Ausbruch, der den anderen Dunmer das Leben gekostet hatte, wiedergutmachen, in dem er den Gefangenen vor Lyvianis Stahl retten wollte. Wie verlogen dieser Kuhhandel eigentlich war, kam Tirian dann selbst in den Sinn und es widerte ihn vor sich selbst an. "Du kannst nicht jeden retten": sagte er sich wieder und ging zu den Aschländern hinüber, um sich zu beschäftigen.
Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer
„Ihr seid selbst meilenweit von dem Heiligen entfernt, der ihr wohl gerne wäret!": diese Worte rief Lyviani ihm nach, als er sich dem Verletzten zugewandt und sie stehen gelassen hatte. Er ignorierte diesen Kommentar. Er wollte nie ein Heiliger sein. Und Tirian glaubte auch nicht, dass jemand das ernsthaft konnte, der wirklich lebte. Ihn widerte auch diese Heiligenverehrung des Tempels an. Tirian mochte die Geschichten über die Heiligen und wie sie sich in Demut und Bescheidenheit dem Volk oder dem Tempel hingegeben hatte, aber er verachtete diese Heiligenverehrung. Es waren gute Elfen, die dort verehrt wurden, aber auch diese hatten Fehler, auch sie waren sicherlich einmal wütend, un- oder selbstgerecht, gierig, eigennützig – sie waren einfach normal. Und das ist eigentlich das, was für Tirian auch im Zentrum stand. Perfektion ist gut und schön aber auch kalt und leblos wie eine Marmorskulptur. Man konnte nicht immer gut sein und das war gut so, weil das Leben eben auch beinhaltete Fehler zu machen. Das einzige was er wollte, war ein gutes Leben zu führen. Er wollte kein Heiliger sein, sondern nur ein guter Elf, im Rahmen seiner Möglichkeiten. Er wollte nie perfekt sein, weil er sein Leben nicht durch Perfektion ersetzen wollte, er wollte auch leben, aber versuchte sein Leben so zu gestalten, dass er sich noch in die Augen schauen konnte. „Lyviani“: seufzte er. Während er über den Vorwurf der Assassinin nachgedacht hatte, hatte er auch schon die Wunde des Aschländers freigelegt. Der Knochen war tatsächlich aus dem Arm ausgetreten und schien auch leicht gesplittert zu sein. Eiter begann sich zu bilden. „Der Streitkolben schien verzaubert zu sein. Das scheint eine magische Infektion zu sein“: überlegte der Heiler. Tirian hatte schon diese Vermutung als er das Fieber des Mannes gesehen hatte, denn so schnell entzündete sich normalerwiese eine Wunde eigentlich nicht derart stark.
Die anderen Aschlandbewohner hatten glücklicherweise seine Anweisungen befolgt, ein kleines Feuer geschürt und Wasser in einem Tonkrug, den sie mit sich führten, erhitzt. Er holte den Rest der Kräuter, die er gesammelt hatte, aus seinem Beutelchen und sortierte die aus, die er für den Sud nicht gebrauchen konnte. Die Aussortierten packte er zurück. Die anderen nahm er in die Hand und schaute sie einen Moment nachdenklich an. Tirian begann dann, sie in seiner Hand zu zerreiben. Eigentlich hätte er dafür Mörser und Stößel nehmen sollen, aber die waren noch bei seinem Gepäck und das Gepäck war noch auf dem Guar und bei dem Gepäck und dem Guar saß Lyviani, der Tirian im Moment aus dem Weg gehen wollte. Er fand auch, dass sie nachher noch reden mussten, aber zunächst einmal, musste dieser Patient hier versorgt werden. Als sein Blick beim Zerreiben zu der Dunmer hinüber wanderte, sah er einen leichten Anflug von Trauer in ihrem Gesicht. Es war mehr eine Andeutung als eine wirklich offensichtliche Tatsache und dennoch… „Worüber sie wohl gerade nachdenkt“: fragte er sich. In diesem Moment sah sie auf und direkt zu ihm herüber. Schnell wandte er seinen Kopf wieder dem Topf zu und warf die aufgeriebenen Kräuter hinein. Sie waren frisch und würden sie ihre Öle und Säfte gut freisetzen. Zur Stärkung goss er noch einen kleinen Heiltrank von seinem Gürtel hinein. Nun drehte sich Tirian wieder dem Aschländer zu. Sein Atem ging schneller und er hatte die Augen geschlossen. Drei Paar anderer roter Augen ruhten erwartungsvoll auf ihm. Die Drei machten ihn nicht nervös. Er hatte unter den Augen einer halben Schiffsmannschaft auf hoher See operiert. Er war sich seiner Fähigkeiten sicher, also beunruhigten ihn die Zuschauer nicht. „Könnt ihr mich hören“: sprach er den Verletzten auf Dunmeri an. Dieser öffnete kurz ein Auge und brachte ein schlaffes Nicken zustande. „Ich werde den Knochen jetzt wieder an seine richtige Stelle schieben. Es wird höllisch wehtun. Ich zähle bis fünf, dann werde ich es tun“: erklärte er in der Sprache seiner Heimat weiter und der Mann folgte ihm mit regungslosem Ausdruck. Er griff den ausgerenkten Unterarm und die Schulter des Mannes. Der Heiler nutzte wieder etwas Magie, um seine körperliche Kraft zu erhöhen, damit er den Knochen leichter verschieben konnte und begann zu zählen.
„Eins, Zwei...“: zählt er. „Drei“: zählte Tirian weiter und langsam begann sich Mann darauf einzustellen, gleich Schmerzen zu haben. Im nächsten Augenblick schaute Tirian dem Aschländer direkt in die Augen, sagte „Vier“ und mit einem starken Ruck schob er den Knochen in den Arm zurück. Die Plötzlichkeit des Schmerzes ließ ihn erst eine Sekunde später vor Schmerz aufbrüllen. Auch seine Muskeln verspannten sich erst einen Moment später, wie Tirian gehofft hatte, so schob er mit „Fünf“ noch einen kräftigen Ruck nach und brachte damit den Knochen wieder in die richtige Position. Ein weiterer gebrüllter Schmerzenschrei war die Folge, doch jetzt war alles soweit. Ein kräftiger Geruch verbreitete sich. Sein Blick glitt zu dem tönernen Gefäß hinüber. Der Trank hatte eine sehr blasse weiß-blau-grünliche Färbung angenommen. Er war gut. Der Heiler erbat sich von der Aschländerin einen Chitin-Dolch, den sie ihm aushändigen konnte. Es schien halbwegs sauber zu sein. Zur Sicherheit tauchte er die Klinge in den Sud und ließ ihn abtropfen. Aus der Wunde, aus der zuvor der Knochen herausgeragt hatte, quoll nun mit Blut vermischter, bräunlicher Eiter. Die Wunde war eindeutig von mehr als nur reinem Dreck infiziert worden. Tirian nahm den Dolch, setzte ihn an der Wunde an und begann den Arm aufzuschneiden, was der Aschländer mit schmerzverzerrtem Gesicht quittierte. Zum Schreien war er offenbar inzwischen zu schwach. Der junge Dunmer schälte ein Groß Stück Fleisch heraus und legte den Knochen damit nun wieder frei und konnte die Bruchstellen jetzt deutlich besser erkennen und der Arm war offen für den Sud.
Am liebsten hätte er ihn etwas abkühlen lassen, aber Verbrennungen waren nun das kleinste Problem. Er schöpfte mit der leeren Flasche des Heiltrankes den blubbernden Trank, den er gebraut hatte, ab. Tirian legte die Hand auf den Brustkorb des Mannes und drückte ihn nieder, dann goss er die heiße Brühe in die Wunde. Wie geahnt, versuchte sich der Aschländer aufzubäumen, aber der Griff des Heilers war unerbittlich. Der Trank füllte die Wunde auf und brannte vermutlich höllisch. Tirian wartete einen Moment, bis sich die blaue Flüssigkeit, die wie eine Pfütze in der Wunde stand, etwas abgekühlt hatte. Als es soweit war legte Tirian seine Hände darauf und ließ die heilende Magie fließen, die nun von der blauen Flüssigkeit deutlich verstärkt wurde. Der Heilungseffekt war nun deutlich stärker. Unter den Wellen heilender Magie, die er in den Arm schickte, regenerierte sich der Knochen und über dem Knochen bildeten sich neues Fleisch und neue Haut. Als Tirian die Hand herunternahm, war er selbst schwer erschöpft, aber von dem zerschmetterten Arm war kaum mehr etwas zu erkennen. Er würde dennoch Narben vom rechteckigen Einschnitt, den er vornehmen musste, zurückbehalten. Die Gefährten des Mannes hatten inzwischen den Sud vom Feuer genommen und er war deutlich runtergekühlt. Wieder schöpfte der Heiler etwas von der Flüssigkeit ab, aber diesmal gab er sie seinem Patienten zu trinken, um die Infektion zu bekämpfen. Als letzte Maßnahme nahm er den Ärmel des Gewandes des Aschländers, den sie herunter geschnitten hatten, tränkte ihn im Rest der Flüssigkeiten und wickelte ihn um Arm und Oberkörper, sodass beide umwickelt waren und sich der Arm auch nicht mehr bewegen ließ. „Puh“: sagte er. Stützte sich ab, schaute zum Himmel und atmete tief ein und aus.
Der Mann öffnete die Augen wieder und gestützt auf seine Gefährten erhob er sich. „Habt Dank, Fremder“: meinte er mit schwacher Stimme auf Dunmeri. „Ich denke ich schulde euch mein Leben und meine Gefährten euch ihres auch“: fuhr er fort. „Ich bin froh, dass ich euch helfen konnte“: erwiderte Tirian. In diesem Moment schloss der Aschländer wieder die Augen. Besorgt schaute die Frau ihn an. „Keine Sorge. Er ist nur sehr erschöpft. Er muss sich ausruhen, damit sein Körper seine Kraft zurückgewinnen kann“: beruhigte der Heiler sie. „Unser Dorf ist gleich hier in der Nähe. Wir werden ihn dort hinbringen. Habt vielen Dank. Ich möchte euch und eure… Gefährtin einladen uns zu begleiten“: bot die Dunmer an. Tirian machte Anstalten abzulehnen: „Wir haben noch einen langen Weg vor uns und wollen weiterziehen und…“ Doch sie fiel ihm ins Wort: „Ihr würdet uns entehren, wenn er diese Einladung ausschlagt. Ein Nachtlager ist das Mindeste, das wir euch anbieten können. Seht den Himmel. Es wird bald dunkel und auch ihr seht erschöpft aus. In unserem Lager könnt ihr sicher ruhen“: sagte sie. Tirian hatte nicht vor die Frau auch nur im Mindesten zu verärgern und außerdem erschien es ihm am besten, wenn sie die Nacht im Dorf dieser Aschländer verbrachten, anstatt ungeschützt in der Wildnis. Erwartungsvoll schaute die Frau ihn an. „Wir nehmen euer Angebot an“: stimmte der Heiler zu. Lasst mich meine Begleiterin holen, dann können wir aufbrechen.
Er ging schnell zu Lyviani hinüber. „Die Aschländer haben uns angeboten, dass wir in ihrem Dorf die Nacht verbringen können. Abendessen wohl inklusive. Ich hielte es für unklug dieses Angebot auszuschlagen“: berichtete Tirian der Asssassinin und hoffte, dass sie damit einverstanden wäre.
Weidenländer -> Lager der Aschländer
Während Dreveni auf Tirian wartete und dabei versuchte, das Geschrei des Dunmer zu ignorieren, verflog ihr Ärger auf den Heiler langsam aber sicher. Vielleicht auch nur, weil sie inzwischen einfach zu Müde und zu erschöpft war, um sich noch groß über irgendetwas aufzuregen. Als Tirian schließlich fertig war, und ihr die Einladung der Aschländer übermittelte, erwachte allerdings wieder ihre Skepsis.
"Unklug im Sinne von wir verletzen lediglich deren Gefühle, oder wir haben gleich den ganzen...", sie suchte kurz nach einem passenden Wort, "...Stamm auf dem Hals, weil wir irgendein ungeschriebenes Gesetz missachtet haben?", fragte sie Tirian misstrauisch.
"Sie meinte, dass ihr Volk es als Entehrung betrachten würde, wenn wir diese Einladung ausschlagen. Offenbar schulden sie uns ihr Leben und es wäre dann wohl unhöflich, wenn wir als Lebensretter ihr Gegenleistung zurückweisen würden und könnte sie wirklich beleidigen. Mein Freund erwähnte einmal, dass viele Aschländer nur sehr selten freiwillig Leute in ihre Lager einladen. Ich wäre auch ganz froh, wenn wir heute Nacht zumindest eine weiche Lagerstatt dem Grasboden vorziehen würden. Es war ein langer Tag.", antwortete dieser.
Dreveni sah ihn noch einmal überlegend an, es war tatsächlich ein langer Tag, und weit würde sie mit Tirian heute nicht mehr kommen.
Einen weiteren Kampf konnten sie sich beide erst recht nicht mehr leisten, das war Dreveni mehr als klar.
Schließlich erhob sie sich, und sie folgten mit dem Guar im Schlepptau den Fremden. Aschländer also. Nicht dass diese Tatsache Dreveni viel sagen würde, sie kannte kaum mehr als das Wort an sich.
Schneller als Dreveni gedacht hätte, tauchten die Zelte vor ihnen auf, welche wohl das Lager der Aschländer darstellten. Urtümlich.., war das erste, was ihr spontan dazu einfiel. Die Zelte hatten nicht viel mit den ordentlichen Zelten der Legionäre in Cyrodiil zu tun, selbst die der Banditenlager waren - nun ja - symmetrischer. Diese hier schmiegten sich eher organisch in die Landschaft, und sie wunderte sich schon, ob da überhaupt ein System dahinter war, oder sie aufgespannt wurden, wie die Planen eben gerade fielen.
Davon abgesehen war das Lager größer und es hielten sich mehr Dunmer hier auf, als sie gehofft hatte. Nun waren sie auf Gedeih und Verderb dem guten Willen ihrer Gastgeber ausgeliefert, was Dreveni überhaupt nicht gefiel. Trotzdem bemühte sie sich um einen freundlichen Gesichtsausdruck, als sie versuchte die vielfältigen Eindrücke zu verarbeiten. Überall hörte sie leise Gespräche auf Dunmeri, dazu lag das leichte Klimpern und Klingen von Windspielen in der Luft, die überall an den zelten hingen.
In den Eingängen der Zelte konnte sie bunte Decken und Kissen erkennen, sowie Körbe in allen Größen, die entweder an den Zeltstangen hingen oder auf dem Boden standen.
Durch die Luft wehten eigenartige Gerüche, die anscheinend von Räucherwerk herrührten. Fremde schienen für die Aschländer kein ungewohnter Anblick zu sein, wurden die beiden doch kaum beachtet, obwohl sie allein aufgrund ihrer Kleidung auffielen.
Das alles trug dazu bei, dass sich Dreveni langsam aber sicher nur nur fremd, sondern auch noch leicht verloren vorkam. Sie wusste nicht einmal genau, wo sie jetzt waren. In Cyrodiil musste man eigentlich nie weit reiten, um wieder zu einer Stadt zu kommen, jedenfalls konnte man das Gefühl bekommen wenn man sich dort so gut auskannte, wie sie.
Und trotz aller Fremdartigkeit konnte sie nicht verhindern, dass sie eine gewisse Bewunderung für diese Art zu leben empfand, auch wenn es niemals ihr Fall gewesen wäre.
Vvardenfell-Distrikt, Weidenländer, Zainab-Lager
Ein Seitenblick auf Lyviani ließ Tirian erkennen, dass seine Begleiterin von den Zuständen im Dorf der Aschländer ebenso fasziniert war, wie er selbst. Er stammte ja schließlich aus Morrowind, aber da es traditionell lebende Dunmer nur noch unter den Aschländern Vvardenfells gab, war ihm dieses Lebensgefühl, das sich um sie herum in diesem Lager zeigte, auch völlig fremd. Der Heiler war die Zivilisation des städtischen Morrowind gewohnt. Tränenstadt gehörte zu einer der blühendsten Städte in Süd-Morrowind. Dieses Lager hier war dazu Nichts im Vergleich. Die Urtümlichkeit dieses Ortes faszinierte ihn dennoch auf ganz besondere Weise. Etwas verloren standen sie nun inmitten der Zelte. Zunächst nahm man erst keine Notiz von ihnen, erst allmählich, sammelten sich Neugierige und auch Kinder um sie herum. Allerdings interessierten sich diese weniger für den Heiler und seine Begleitung als vielmehr für die heimgekehrten Angehörigen ihres Stammes. Ein Stimmengewirr aus Dunmeri hob an. Den Gesprächen und Satzfetzen konnte Tirian wegen des starken Dialektes, des Durcheinanders und der hohen Sprechgeschwindigkeit nur schlecht folgen. Soviel er mitbekam waren die vier Aschländer, die sie gerettet hatten, auf dem Rückweg von einem Treffen mit einem anderen Stamm gewesen, als sie überfallen worden waren. Auch stellte die Frau, die offenbar nach dem verletzten Mann die Führungsperson der Gruppe war, die beiden Fremden als ihre Retter vor. Während die Älteren wenig mehr als angedeutet anerkennende Blicke zustande brachten, in der Regel eher neutrale Zurückhaltung, interessierten sich vor allem die Kinder für Tirian und Lyviani und begannen an ihren Kleidern zu zupfen.
„Habt ihr es wirklich mit Beinernen aufgenommen?“: fragten manche, andere fragten nach der scheinbar wundersamen Heilung durch Tirians Magie und wollten wissen, ob er eine Weise „Frau“ sei. Er konnte die Fragen gar nicht beantworten, so schnell und vielstimmig wurde er bedrängt. Er warf einen Blick zur seiner Begleiterin hinüber in deren Gesicht sich deutliche Verwirrung und Unwillen ob der jetzigen Situation abzeichneten. Auch von ihr wollten die Kinder wissen, ob sie auch mit den Beinernen gekämpft habe und ob sie eine „Mabrigash“ sei, ein Wort das Tirian vage bekannt vorkam, dem er aber im ersten Moment keine Bedeutung zuordnen konnte. Er wusste nicht, wie die Assassine reagieren würde, wenn die Bedrängung durch die Kinder noch länger anhielt, aber die Sorge verflüchtigte sich in dem Moment, in dem ein hochgewachsener, älterer Dunmer aus einem Zelt trat. Seine Rüstung und sein Auftreten verrieten, dass er über Autorität im Stamm verfügte. Fast augenblicklich erstarben alle Gespräche und respektvoll machten die anderen Aschländer Platz, als er sich auf sie zubewegte. Tirian hielt sich ebenso zurück und hielt es für besser zu schweigen, auch als sich der Mann den beiden Fremden direkt vor ihnen stand und sie beäugte. Er wandte sich dann an die gerettete Aschländergruppe. Da der Mann noch immer bewusstlos war, sprach er nun die Frau an. „Was ist geschehen“: verlangte er zu wissen. Sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass diese Frage als Befehl zu verstehen war: „Die Ahemmusa. Hat die Weise Frau zugestimmt?“ Seine zweite Frage beantwortete sie mit einem Ja und dann begann sie noch einmal zu berichten, wie er und Lyviani sie vor den Redoranern gerettet hatten. Als sie geendet hatte, wandte er sich wieder den Beiden zu. Sein musternder Blick wechselte mehrfach zwischen Tirian und seiner Begleiterin hin und her. Sein Blick ruhte einen Moment auf der Assassine. Er zog die Augenbrauen zusammen und musterte sie noch einmal ausführlich.
„Eine würdige Kriegerin“: befand er auf Dunmeri und fasste Tirian nun wieder ins Auge. Sein Gesicht, das zuvor sehr verschlossen gewesen war, hellte sich deutlich auf. „Habt dank, dass ihr unsere Stammesbrüder und Stammesschwestern gerettet habt. Ama wird euch bei sich unterbringen. Ihr Mann schuldet euch sein Leben und das Gesetz der Gastfreundschaft gebietet es, dass sie euch dafür versorgen“: beschloss der Mann einfach. Ama so stellte sich nach kurzer Verwirrung heraus, war eben jene Frau, die gerade neben ihnen stand. Der autoritäre Dunmer reichte nun Lyviani und Tirian die Hand. „Willkommen bei den Zainab. Ich bin Ashkhan Kaushad. Genießt für diesen Abend und die kommende Nacht die Gastfreundschaft meines Stammes. Ich muss euch jedoch bitten, dass ihr uns am Morgen verlasst. Die Diener des Zerstörers suchen das Land unserer Ahnen heim und wir können in Anbetracht dieser Gefahr nicht für eure Sicherheit sorgen“: stellte er sich vor und schränkte die Gastfreundschaft seines Volkes sogleich auch wieder ein. Der Name Zainab sagte dem Heiler etwas. Er kannte die Aschländer aus Tarriors Geschichten und er hatte ihm auch etwas über die Zainab erzählt. „Wir danken euch Kaushad. Wir wollen auch sobald wie möglich weiter und werden eurem Volk nicht länger als nötig zur Last fallen“: bestätigte Tirian. Kaushad nickte und wandte sich dann ab. Ama sprach die Beiden nun an: „Mein Bruder bringt euch zu meinem Zelt. Dort könnt ihr heute Abend schlafen. Ich und mein Mann werden noch die Weise Frau aufsuchen. Sobald wir dort waren, werden wir nachkommen und ich werde euch ein Abendessen bereiten.“ Lyviani schaute noch immer verwirrt drein. Offenbar verstand sie kaum ein Wort von dem, was hier gesprochen wurde, sodass Tirian stattdessen bestätigte.
Die Aschländer im Lager zerstreuten sich wieder und gingen ihren Tätigkeiten nach. Ama verschwand mit ihrem verletzten Mann in einem etwas abseits stehenden, großen Zelt, währenddessen der zweite Mann, der in der Gruppe war, die sie gerettet hatten, sie durch das nicht allzu große Lager hindurch führte. Die Assassine schwieg die meiste Zeit. Tirian hätte zu gerne gewusst, worüber sie nachdachte. Es dauerte kaum drei Minuten da hatten sie ein etwa mittelgroßes Zelt erreicht, dass sich zusammen mit einigen anderen zwischen einige Felsen duckte. Der Dunmer bedeutete ihnen, es zu betreten. „Das ist das Zelt von Ama und Hamsur. Ihr könnt hier warten“: sagte der Aschländer. „Ich werde nun zu meiner Familie zurückkehren“: verabschiedete er sich und ging einfach. Tirian wechselte mit Lyviani einen Blick und schob eine Plane aus Guarleder, die den Eingang des Zeltes bildete, das auch aus dem Leder dieser Tiere bestand, zur Seite und warf einen Blick hinein. Es war niemand zu sehen. Im Innern war es recht dunkel. Lyviani band ihren Packguar noch an einen kleinen Strauch beim Zelt, dass sie dann nach einander betraten. Es dauerte einen Moment, bis sich die Augen an das Zwielicht im Innern gewöhnt hatten.
Im Zeltdach war ein kleines Loch durch das schimmerndes Dämmerlicht in die archaische Behausung direkt auf eine mittige Feuerstelle viel, die nicht entzündet war, über der aber ein Topf hing. Der Heiler ließ seinen Blick schweifen. Er sah zwei Bettzeuge aus dicken Decken und Matten aus Guarleder, die etwas abseits der Feuerstelle lagen. Um die Feuerstelle herum lagen einige sehr große Kissen in verschiedenen Formen, die man zum Sitzen benutzen konnte. So etwas wie ein Tisch fehlte völlig. Das Geschirr, zumindest hielt Tirian die Ansammlung an tönernen Bechern und Schüssel dafür standen sorgfältig aufgestapelt bei einer Ansammlung von Körben, die scheinbar Vorräte enthielten und Kisten, in denen der Hausrat der Familie untergebracht war. Der Boden selbst war mit grob gewobenen Teppichen oder aus Pflanzenfasern geflochtenen Matten bedeckt und schirmte das Zelt gegen die Kälte und den Schmutz der Erde ab. Mit einem Seufzen ließ sich der Heiler auf eines der großen Sitzkissen sinken. „Sieht hier doch wirklich besser aus, als ein Nachtlager in der Wildnis. Es muss zumindest niemand von uns Nachtwache halten. Und gekocht bekommen wir nachher auch etwas“: dachte er laut und ließ seinen Blick noch einmal schweifen. Es war nicht das Tiber Septim Hotel, aber besser als Vieles andere. Während sie warteten, dass ihre Gastgeber wieder auftauchten, trat wieder Stille zwischen die beiden Reisenden, zumindest bis Tirian das Wort ergriff. „Lyviani, ihr scheint seit vorhin so nachdenklich. Beschäftigt euch etwas?“: fragte der Heiler ehrlich interessiert.
Weidenländer, Zainab-Lager, Zelt der Weisen Frau
„Na dann weiß er hoffentlich zu schätzen, was er an euch hat“: bei diesem Satz musste Tirian grinsen. „Vermutlich wird er fürchterlich ungehalten darüber sein, dass wir ihn retten kommen“: sagte der Heiler und lachte. Die Bitte von Lyviani ließ ihn das aber schnell wieder einstellen. „Das hier ist das Lager der Zainab. Soweit ich aus Erzählungen weiß, treiben die Aschländer hier auch Handel mit dem Kaiserreich und den Telvanni in ihrer Umgebung und dürften des Cyrodiilischen zumindest halbwegs mächtig sein“: berichtete Tirian aus seiner Erinnerung. Glücklicherweise konnte er sich noch an diese alten Geschichten von Tarrior erinnern. Ihm tat es um die arme Lyviani ein wenig leid. Ihre Gastgeber sprachen wahrscheinlich mit ihnen nur Dunmeri, weil er selbst auch immer darauf antwortete. Gewissermaßen war er nicht unschuldig daran, dass sie hier von den Gesprächen ausgeschlossen war. „Ich werde Ama darum bitten, dass sie Cyrodiilisch mit uns spricht, damit wir sie beide verstehen können“: bot der Heiler an. Wobei ihm bei diesem Stichwort auffiel, dass ihre Gastgeber sie schon recht lange warten ließen. In diesem Moment taten Lyvianis Worte bei ihm ihr Übriges und in ihm begann schon der Verdacht zu keimen, dass hier womöglich in eine Falle geraten waren. Einen Moment überfiel den Dunmer diese Angst und er überlegte, ob er es gegenüber der Assassine ansprechen sollte, als dann zu seiner allgemeinen Beruhigung Ama mit ihrem Mann, der sich noch auf ihre Schultern stützen musste, aber zumindest bei Bewusstsein war, ins Zelt trat.
„Verzeiht. Die Weise Frau hatte noch Fragen an uns“: sagte sie und bettete ihren Mann auf die Lagerstatt am Rande des Zeltes. Ihr stöhnte auf, als sie ihn niedersinken ließ. „Ama. Wäre es möglich, wenn ihr Cyrodiilisch mit uns sprechen könntet?“: fragte Tirian. Die Aschländerin zog die Augenbrauen hoch. „Wieso?“: fragte sie. „Mein Cyrodiilisch ist nicht so gut“: bekannte sie etwas errötet. „Und mein Mann spricht es kaum. Er ist aus einem anderen Stamm“: fügte sie noch an. Tirian hatte die Befürchtung, dass die Frau glaubte, dass er sie bloßstellen wolle. „Meine Begleiterin spricht kein Dunmeri und es wäre ihr gegenüber nicht schön, wenn sie uns nicht verstehen kann“: offenbarte der Heiler. Die Frau zog die Augenbrauen zusammen. „Sie ist eine Fremdländerin?“: fragte sie misstrauisch. „Ist das ein Problem?“: fragte Tirian mit fester Stimme. Amas Gesicht wurde milder. „Nein überhaupt nicht. Ihr habt uns gerettet. Es sind die Taten und nicht die Herkunft, die das wahre Wesen zeigen. Wir haben aber ein paar Jäger vom Stamm der Erabensium zu Gast hier im Lager. Eure Frau sollte sich von ihnen fernhalten, ihr Stamm ist nicht so gut auf Fremdländer zu sprechen“: warnte Ama. Als sie das Wort „Frau“ erwähnte, zuckte der Dunmer zusammen. „Ähm.. äh.. Lyviani ist nicht meine Frau“: sagte er stotternd. „So?“: fragend schaute sie ihn an und zuckte dann mit den Schultern. „Willkommen dennoch in unserem Heim“: sie sagte es diesmal auf Cyrodiilisch, auch wenn sie etwas länger bei manchen Worten überlegte.
Der Heiler nickte dankbar und wollte sich wieder an die Feuerstelle setzen, die Ama langsam entzündete. „Ich werde gleich kochen Essen beginnen, aber das dauert“: sagte sie und richtete ihren Blick dann auf Tirian. „Die Weise Frau mich gebeten hat euch sofort ihr zu schicken“: sprach sie und ihre Stimme ließ auch keinen Zweifel dran, dass das keine Einladung war, sondern eine klare Aufforderung. Tirian schluckte. In diesem Moment trat ein Mann in Chitin-Rüstung, den der Heiler bisher nicht gesehen hatte, in das Zelt. „Das ist Mossur. Der Leibwächter der Weisen Frau. Er wird euch ihr Zelt zeigen“: erklärte Ama nun doch wieder auf Dunmeri, scheinbar weil das schneller und einfacher für sie war. Der Heiler fügte sich in sein Schicksal. „Ich bin bald wieder zurück“: rief er Lyviani noch zu, die etwas erstaunt registrierte, wie er von dem Mann abgeführt wurde. Beim Rausgehen hörte er noch, wie sich Ama noch an die Dunmer wandte: „Ashkhan Kaushad wollt mit euch sprechen. Sein Zelt ist groß in Mitte von Lager. Es sei große Ehre, dass der Khan einlädt jemand.“ Wie seine Begleiterin darauf reagierte, bekam der Dunmer allerdings nicht mehr mit, denn er war dann schon hinaus.
Das glühende Abendrot legte sich wie Feuer über das Dorf der Aschländer. Es wirkte so als stünden die Zelte in Flammen. Es war tatsächlich nicht allzu groß und so fand sich das Zelt der Weisen Frau auch recht schnell etwas abseits der anderen Zelte. Es war umgeben von Pflanzen verschiedener wildblühender Kräuter, von den Tirian wusste, dass sie für die Alchemie interessant waren. Mossur ging stumm neben ihm her, während sie sich dem Zelt näherten. Ein Seitenblick auf den Leibwächter sagte ihm auch, dass der Versuch einer Kontaktaufnahme vermutlich zum Scheitern verurteilt wäre. So war er ehrlich froh, als sie vor dem Zelt standen und er sich von dem Wachhund verabschieden konnte. Gerade als er die Plane, die den Zelteingang bedeckte, zur Seite schieben wollte, legte der Gerüstete eine Hand auf die Schulter des Dunmers. „Leg Hand an sie und ich schneide sie dir ab!“: drohte er und ließ ihn dann gehen. Tirian schluckte wieder. Im nächsten Moment bildete sich latente Wut. Er war es schließlich, der hierher bestellt worden war. Entsprechend schlecht gelaunt gelangte er ins Zelt, wurde aber von dem intensiven Geruch verschiedenster Kräuter geradezu überwältigt. Die Luft war warm, trocken, abgestanden aber dank der Kräuter doch auch irgendwie erstaunlich frisch. Das Zelt quoll fast über vor Körben und Säckchen mit den Materialien der Natur. Geradezu stand ein Bett aus starken Ästen und Flechtwerk. Im Schneidersitz davor saß an der zentralen Feuerstelle eine alte Dunmerin auf einem großen Kissen. Neben sich standen allerlei alchemistische Gerätschaften. Sie sahen geradezu altertümlich aus.
Tirian zögerte. Die Frau schien ihn gar nicht wahrgenommen zu haben. Mit geschlossenen Augen saß sie vor dem Feuer. Es war als würde sie schlafen. Er war sich unschlüssig was er tun sollte. „Tretet ruhig näher, junger Mann. Setzt euch bitte“: sagte sie ohne die Augen zu öffnen und deutete mit der ausgestreckten Hand auf ein Sitzkissen ihr gegenüber. Tirian nahm Platz. Es dauerte noch einen Moment und dann öffnete die Weise Frau ihre Augen. Ein blassroter Blick musterte den Heiler. „Ihr seid also derjenige, der den Verwundeten geheilt hat. Was wünscht ihr?“: fragte sie. „Was ICH wünsche? Ihr wart es doch, die mich hierher gerufen hat. Das solltet ihr auch mal eurem Wachhund sagen“: beschwerte sich der Dunmer. „Verzeiht Mossur, aber er nimmt seine Pflicht sehr ernst und in letzter Zeit ist es nötiger denn je“: sagte sie und lehnte sich angestrengt seufzend zurück. Sie sah wirklich aus wie eine alte Frau. Aber instinktiv spürte Tirian, dass er sie nicht unterschätzen sollte. „Die Söhne des Zerstörers verheeren das Land. Seine Diener bedrohen auch uns“: erzählte sie weiter. „Ihr meint Mehrunes Dagon und die Mythische Morgenröte? Sie machen also nicht einmal vor den Aschländern halt?“: warf Tirian erstaunt ein. Sie nickte erschöpft. „Der Zerstörer sandte seine Diener uns zu überzeugen. Sie versprachen den Khanen Macht, um die anderen Stämme zu unterwerfen und die Herrschaft der Häuser zu brechen. Sie versprachen die Rückkehr zur alten Lebensweise für das ganze Land. Der Khan der Erabensium wurde schwach. Ein offenes Bündnis konnte nur die Weise Frau des Stammes verhindern. Seither versuchen ihr Schatten uns Weise Frauen zu töten. Nur knapp verhinderte Mossur einen Anschlag auf mein Leben, daher ist er so vorsichtig geworden“: berichtete sie. Tirian wurde etwas ruhiger. Sein Zorn legte sich. Unter solchen Umständen, war das Verhalten verständlich.
„Dennoch habt ihr mich hergebeten“: wandte der Heiler trotzdem noch ein. „Gewiss. Ich spürte eine Unruhe in euch, dass ich glaube, dass auch etwas euch hierher geführt hat“: meinte sie. „Mich hierher geführt?“: fragte Tirian. Sie nickte. „Was ist es das auch in diesen unruhigen Zeiten durch die Weidenländer treibt?“: erfragte sie. Der Heiler sah sich ihrem Blick gegenüber. „Ich muss jemanden retten, der in der Molag Amur gefangen gehalten wird. Ohne mich wird er womöglich sterben“: gab der Heiler freimütig zu und er wusste selbst nicht so recht, wieso er so offen darüber sprach. Die Weise Frau setzte eine nachdenkliche Miene auf. „Seine Erwähnung bedrückt euch, dass erkennt man. Ihr zweifelt. Warum zweifelt ihr?“: wollte sie weiter wissen. Die Fragen kamen ihm immer seltsamer vor, ebenso wie sich die ganze Situation außerordentlich seltsam gestaltete. Ihm lief der Schweiß und er spürte wie ihm etwas übel wurde, doch antwortete er einfach: „Er wurde erpresst. Ich weiß nicht womit man ihn erpressen könnte. Ich bin mir nicht sicher, was er getan haben muss, dass man ihn so erpressen kann. Ich frage mich welches dunkle Geheimnis er verbirgt.“ Wieder musterte ihn die Weise Frau ihre Augen schienen sich tief in seine eigenen zu brennen. „Ich sehe eure Furcht. Warum beunruhigt euch das so sehr?“: verhörte sie ihn weiter und Tirian war inzwischen richtig schlecht und unwohl zu Mute. Er wollte hinaus, doch etwas zwang ihn dazu zu bleiben. Ohne bewusstes Zutun redete er: „Er… er… er ist mein Vater. Ich habe Angst davor zu erfahren, was er Schreckliches getan haben muss.“ Ihm drehte sich inzwischen alles. „Da ist noch mehr!“: drängte sie. Sein Kopf schmerzte jetzt richtig. „Ich habe Angst davor, weil ich nicht weiß wie viel von ihm auch in mir steckt. Ich fürchte mich davor“: brachte unter Mühen hervor, verdrehte dann die Augen und kippte zur Seite weg. Er spürte wie ihn jemand auf den Rücken drehte, seine Lippen auseinander zwang und ihm eine bittere Flüssigkeit einflößte.
Sein Herz, das eben noch raste, beruhigte sich langsam wieder. Sein verschleierter Blick klarte sich auf und er schaute wieder in die trüben, blassroten Augen der alten Dunmerin. „Was, was ist passiert?“: fragte er mit zitternder Stimme. „Ihr habt den Test bestanden. Ihr seid kein Diener des Zerstörers“: sagte sie und wirkte ehrlich froh. „Was.. was für ein Test“: begehrte der Heiler nun zu wissen. „Der Rauch der Kräuter, die ich vor eurem Eintreffen verbrannt habe, hat die besondere Wirkung, die Personen, die ihn einatmen, gesprächig zu machen – sie offenbaren ihre Geheimnisse, wenn man sie gezielt darauf anspricht“: erklärte sie und bot Tirian einen Tee an. Vorsichtig schlürfte er die heiße Flüssigkeit. „Diese Schmerzen“: keuchte er jetzt noch. „Sind die Geheimnisse tief vergraben oder werden sie zu verbergen versucht, bricht der Rauch die Schranken im Geist auch gewaltsam auf. Das Elixier, das ich euch gegeben habe, schützt euch gegen die Wirkung der Kräuter“: erklärte sie weiter. Der Heiler befühlte sich seinen pochenden Schädel. „Was wolltet ihr damit beweisen?!“: pflaumte er die alte Frau an. „Es tut mir leid, aber ich musste sichergehen, dass ihr uns nicht hintergehen würdet. Die Diener des Zerstörers sind raffiniert“: entschuldigte sie sich, doch Tirian mochte dieses Verhalten überhaupt nicht. „Ich habe nicht darum gebeten, dass euer Stamm mich einlädt. Ama war es, die darauf bestanden hat, dass wir euch in euer Lager begleiten“: ereiferte sich Tirian. Die Weise Frau nickte. „Das ist richtig. Allerdings wüsste ein Dienser des Zerstörers auch, dass kein Aschländer, der jemanden sein Leben schuldig ist, diesem die Gastfreundschaft verweigern würde. Bei der Mühe, die ihr euch gemacht habt, einer Gruppe Wildfremder Dunmer einfach so im Kampf zu helfen und dann auch noch ihre Wunden zu versorgen, machtet ihr euch verdächtig. Es schien als hättet ihr Hintergedanken gehabt“: klärte die alte Dunmer ihn nun endlich auf. „Entschuldigt noch einmal, dass ich zu solchen Mittel griff, um herauszufinden, ob ihr uns hintergehen wollt. Da ich nun von euren guten Absichten überzeugt bin, wollte ich euch noch einmal dafür danken, dass ihre unsere Stammesgeschwister gerettet und geheilt habt“: entschuldigte sich die Weise Frau noch einmal und Tirian war dabei ihr zu verzeihen. Hinge am ihm das Wohl eines ganzen Stammes hätte er womöglich genauso gehandelt.
Weidenländer, Zainab-Lager, Zelt des Ashkhan
Als Tirian antwortete, dass sein Freund wohl eher ungehalten reagieren würde, hatte Dreveni kurz wieder das Bild von Arranges vor Augen. Bitte nicht wieder so ein cholerischer Sturkopf, betete sie im Stillen. Auf seine Ankündigung, die Dunmer zu bitten, cyrodiilisch zu sprechen nickte sie dankbar. Kurz darauf betrat auch die Frau schon das Zelt, den verletzten Dunmer schwer auf ihre Schulter gestützt. Dem kurzen Gespräch konnte sie wieder nicht folgen, auch wenn sie skeptisch Tirians Gesichtsausdrücke musterte. Sie hatte das dumme Gefühl, dass er ihr einiges an mehr oder weniger unterhaltsamen Dingen verschwieg.
Dann konnte sich die Dunmer aber wohl doch überwinden und begrüßte sie auf gebrochenem Cyrodiilisch. Dreveni nickte ihr freundlich zu, und wollte sich gerade bedanken, als diese schon weitersprach und den Heiler aufforderte, die weise Frau zu besuchen. Ihr gefiel gar nicht, hier allein zu bleiben, aber es schien kein Weg daran vorbeizuführen. Ihr gefiel die ganze Sache immer noch nicht, was auch nicht besser wurde, als sie selbst von der Dunmer aufgefordert wurde, sich bei Ashkhan Kaushad zu melden, wer auch immer das schon wieder sein mochte. Es war ihr auch egal wie groß die Ehre auch war, inzwischen wäre ihr ein Lagerplatz in der Wildnis entschieden lieber gewesen.
"Jetzt sofort?", fragte sie die Dunmer.
Diese sah sie mit einem leicht pikiertem Blick an, bevor sie antwortete: "Man nicht lässt Ashkhan Kaushad warten."
Seufzend erhob sich Dreveni und machte sich auf die Suche nach dem Zelt. Sie hatte es bald gefunden, es war auch schwerlich zu übersehen, wenn man sich der Mitte des Lagers näherte. Vor dem Eingang des wirklich deutlich größerem Zelt standen zwei Dunmer langen Schwertern die Wache hielten. Dreveni straffte ihre Haltung, wobei sie froh war, wenigstens noch den Dolch und das Schwert an ihrem Gürtel zu haben, auch wenn das ganze nur ein psychologischer Effekt war, sie wagte es nicht einmal, auch nur die Hand an den Knauf zu legen, und ging zielstrebig auf die Wachen zu. Dieser Kaushad sollte sich bloß kurz fassen, sie hatte wirklich genug für heute. Und wenn er nur Dunmeri sprach, hätte sich die Sache ohnehin sofort erledigt. Als sie den Eingang des Zeltes erreicht hatte, trat eine der Wachen vor sie, sprach sie auf Dunmeri in einem bestimmten Tonfall an und zeigte auf ihren Schwertgürtel. Auch ohne seine Worte zu verstehen wurde Dreveni klar, was er von ihr wollte, und das war ganz und gar nicht in ihrem Sinne.
"Ich lege meine Waffen nur zum Schlafen ab. Entweder ich gehe so in das Zelt oder gar nicht.", sagte sie leise, aber bestimmt und sah dem Dunmer vor ihr fest in die Augen, wobei sie den Kopf leicht in den Nacken legen musste.
Immerhin schien er sie zu verstehen, denn er wiederholte seine Worte auf cyrodiilisch: "Ihr werdet Waffen ablegen. Sofort.", dieses Mal mit der Hand am Griff seines Schwertes. Auch die andere Wache reagierte auf diese Weise, stellte Dreveni nach einem kurzen Blick zur Seite fest, und nach kurzem überlegen legte sie mit düsterem Blick und unterstrichen durch einen leisen Fluch den Waffengurt mit ihrem Schwert und dem Dolch hab. Es wäre unklug, jetzt einen Zwischenfall zu provozieren. Als sie ihre Waffen der Wache gereicht hatte, zeigte diese auf das Stilett an ihrem Arm: "Das auch."
"Nein!"
"Ihr nicht betreten Zelt mit Waffen!"
"Das hier werde ich nur ablegen wenn ich tot bin. Ich kann auch..." Bevor Dreveni ihre Drohung einfach wieder zu gehen beenden konnte, hörte sie aus dem Zelt eine befehlsgewohnte Stimme auf Dunmeri etwas sagen, woraufhin die Wache prompt zur Seite trat und ihr bedeutete, das Zelt zu betreten, nicht ohne ihr einen letzten missbilligenden Blick zuzuwerfen.
Tatsächlich fühlte sich Dreveni ohne das Stilett irgendwie nackt, sie legte es oft nicht einmal zum schlafen ab.
Als sie die Plane vor dem Eingang zur Seite geschoben und das Zelt betreten hatte, brauchten ihre Augen ein paar Sekunden um sich an das Zwielicht zu gewöhnen, dass nur von einem kleinen Feuer in einer Schale erhellt wurde. Der Boden des Zeltes war wie auch der in dem ihrer Gastgeber mit Teppichen ausgelegt, nur wirkten diese hier kostbarer. Zwischendurch waren immer wieder große Sitzkissen verteilt, und das Innere des Zeltes war durch Tücher abgeteilt, so dass sie nicht alles überblicken konnte.
Jedenfalls wusste sie jetzt, wer Ashkhan Kaushad war, der große Dunmer der vorhin auch mit ihnen gesprochen hatte, saß auf einem der Kissen und erhob sich jetzt. Er musste älter als Mordan sein, schätzte Dreveni, und man sah seinem scharf geschnittenem Gesicht an, dass er die meiste Zeit seines Lebens im Freien verbracht hatte. Alles in allem war er eine imposante Erscheinung, die eine Autorität ausstrahlte, wie man sie sich nur über lange Jahre erarbeiten konnte.
Unter anderen Umständen hätte Dreveni durchaus gefallen an ihm gefunden, aber gerade stand ihr wirklich nicht der Sinn nach solchen Dingen.
Auch hatte sie nicht vor, sich einschüchtern zu lassen, und so stand sie gerade mit hoch erhobenem Kopf und erwiderte seinen Blick ohne diesem auszuweichen.
"Ich wusste doch sofort, dass ihr eine würdige Kriegerin seid, als ihr in mein Lager tratet. Euer Temperament ehrt euch. Ein wahrer Krieger legt seine Waffen nur ab, wenn er dies wünscht. Setzt euch doch bitte", sprach er Dreveni schließlich mit seiner angenehm tiefen Stimme an. Er sprach gutes Cyrodiil mit einem leichten Akzent in der Aussprache.
Dreveni leistete seiner Aufforderung folge, und musterte ihn weiter schweigend. Das schien ihr im Moment die beste Taktik zu sein, er würde schon auf den Punkt kommen, warum er sie hatte rufen lassen, Leute seines Kalibers musste man einfach etwas reden lassen und ihnen vor allem Zeit geben.
Kaum hatte sie Platz genommen, betrat eine junge Dunmerin das Zelt und stellte ein Tablett mit Essen und Bechern mit dampfendem Tee auf den Boden.
"Bedient euch bitte."
Zwar sah das Essen nach nichts aus, das Dreveni kannte, aber sie war nach diesem langen Tag wirklich hungrig und so griff sie zu. Was auch immer es war - es hatte leichte Ähnlichkeit mit Käse und wirkte fettig, außerdem war es mit irgendwas gesüßt - schmeckte nicht schlecht.
Inzwischen hatte der Ashkhan angefangen von seinem Stamm zu erzählen, wie lange er schon dessen Oberhaupt war und ähnliches mehr. Dreveni ließ ihn reden, was allerdings nicht lange dauerte, und er seinerseits fragte:
"Ihr seid nicht von hier, das wollt ihr doch nicht bestreiten?"
Wunderbar, trau dich. Sags. Sag fremdländische ••••, du wärest nicht der erste...
"Was bringt euch nach Morrowind?"
Inzwischen fühlte sich Dreveni schon leicht seltsam, was sie sich nicht recht erklären konnte, schmeckte doch weder der Tee noch das Essen nach Alkohol. Sie fühlte sich auch nicht wie betrunken. Eher angenehm leicht, entspannt und gleichzeitig wacher als vorhin. Das konnte allerdings auch nur Einbildung sein. Sie berichtete von der Reise hier her, angeblich unter dem Vorwand, das Land ihrer Ahnen kennen zu lernen und Abenteuer zu suchen. Dass sie dabei bei dem Ashkhan in genau die richtige Kerbe schlug, hätte sie an dem Leuchten seiner Augen sehen können, wäre sie etwas aufmerksamer gewesen. Dann hätte sie ihm auch nicht von den zwei Obliviontoren berichtet, bei deren Schließung sie zumindest beteiligt gewesen war.
Inzwischen war das Tablett wieder abgeräumt worden, und der Ashkhan schenkte ihr etwas in einen mit Schnitzereien verzierten Kelch ein.
"Was ist das?", fragte sie, und klang dabei schon nicht mehr gar so skeptisch wie normalerweise.
"Shein.", antwortete er nur, und fing nun seinerseits an, von seinen Kämpfen und Schlachten zu erzählen. Erzählen konnte er, das musste Dreveni zugeben, und der harte und doch irgendwie samtige Akzent in seinem Cyrodiil zusammen mit der Wärme und dem schummrigen Licht in dem Zelt schlug sie so in seinen Bann, dass sie kaum merkte, wie er ihr immer wieder von dem Shein nach schenkte.
Irgendwo in ihrem Bewusstsein regte sich dann doch noch eine Stimme, die sie zur Vorsicht mahnte, und so stellte sie den Kelch neben sich, fest entschlossen, nicht mehr daraus zu trinken. In diesem Shein war - im Gegensatz zu dem Tee - definitiv Alkohol.
"Nun habt ihr gehört, was ich alles für mein Volk getan und wie ich es durch sämtliche Widrigkeiten geführt habe. Sogar der Nerevarine war zu Gast.", dabei sah er Dreveni aufmerksam an, und sie meinte etwas wie leichte Wut in seiner Stimme zu hören.
Und wer bei Oblivion ist der Nerevarine?
Sie nickte wissend, und hoffte, dass er nicht genauer nachfragen würde. Er ging auch nicht näher darauf ein und fuhr fort:
"Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie einsam einen Dunmer meine Position machen kann. Es ist nicht leicht, eine Gefährtin zu finden, die einem Ashkhan würdig ist. Und ich kann mein Volk auch unmöglich ohne Nachfolger verlassen, wenn meine Zeit gekommen ist."
"Da habt ihr sicher recht...", antwortete Dreveni, und blinzelte ihn von unten her an. Mehr um ihren Blick zu klären als ihm zu zuzwinkern, aber sie merkte gerade nicht mehr, wie missverständlich das gewesen war. Was war bloß in dem Wein gewesen? Soviel hatte sie doch auch nun wieder nicht getrunken, davon abgesehen vertrug sie einiges.
"Ich könnte natürlich eine Tochter aus einem der Fürstenhäuser zur Frau nehmen."
"Hm.", brachte Dreveni nur hervor.
"Aber ich glaube nicht dass ein so verweichlichtes Geschöpf richtig an meiner Seite wäre. Ich brauche eine Frau die Mut und Stolz hat, eine Frau die mir starke Söhne schenkt."
Inzwischen war er näher an sie herangerückt, jedenfalls kam es ihr so vor. Davon abgesehen nahm das Gespräch langsam eine ungute Richtung, die Dreveni gar nicht gefiel.
"Und natürlich Töchter, ebenso schön wie ihre Mutter." Dabei strich er Dreveni mit einer Hand durch das schwarze Haar.
Der Schreck klärte ihren Geist wieder, jedenfalls für den Moment, und sie zuckte zurück: "Ich.. ich glaube da liegt ein Missverständnis vor..."
Den Ashkhan schien das nicht zu interessieren: "Wir könnten über alle Stämme des Aschlandes herrschen. Es würde euch an meiner Seite an nichts fehlen. Für eine Frau wie euch ist es sicherlich schwer, einen Mann zu finden, zu dem sie noch aufschauen kann. Wir wären einander wahrlich würdig, ich könnte viele Frauen aus meinem Stamm haben, aber ich habe auf eine wahre Kriegerin gewartet."
Dreveni hatte sich inzwischen erhoben und hielt abwehrend die Hände vor den Oberkörper, Kaushad war ebenfalls aufgestanden und machte keine Anstalten, Abstand zu ihr zu halten.
"Wirklich, euer Angebot ehrt mich, aber..." Ihr war inzwischen ziemlich schwindlig, was ihr im sitzen gar nicht so aufgefallen war.
"Aber?", fragte Kaushad sanft, mit dem Gesicht schon wieder ziemlich nah an ihrem Ohr.
"Aber das geht nicht. Ich.. Tirian. Mein Begleiter. Er würde das nie gut heißen. Ich... Wir.. wir wollen heiraten."
Kurz stand dem Ashkhan die pure Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben, dann brachte er hervor: "Was wollt ihr denn mit diesem Kind? Ihr werdet ihn an meiner Seite noch vor dem Morgengrauen vergessen haben.." Dabei legte er ihr eine Hand auf die Hüfte, mit der anderen Strich er ihr zart über die Wange.
In Drevenis Kopf arbeitete es, wie sie am Besten aus dieser Situation raus kommen konnte. Wie würden die anderen reagieren wenn sie schreiend aus dem Zelt rannte? Aber eine diplomatischere Lösung fiel ihr bei allen Daedrafürsten gerade nicht ein. Wenn es ihr doch nur nicht so schwer gefallen wäre, sich zu konzentrieren. Die unglaubliche Präsenz, die der Dunmer vor ihr ausstrahlte, tat ihr übriges, zusammen mit dem seltsamen Wein.
Weidenländer, Zainab-Lager, Zelt der Weisen Frau
Nachdem Tirians Empörung abgeklungen war, unterhielt er sich mit der Weisen Frau recht angeregt über die Kunst des Heilens. Sie war eindeutig von seinen Fähigkeiten überzeugt. Sie erzählte ihm auch, dass genau das ihn auch verdächtig gemacht habe. Einen Heiler, der sowohl auf magische Art und auf alchemistische und vor allem kombinatorisch heilte, traf man selten einfach nur zufällig. Solche Leute reisten normalerweise nicht einfach durch das Land. Der Verdacht lag daher nahe, dass ein Mitglied der Mythischen Morgenröte seine Fähigkeiten nur eingesetzt hatte, um sich Zugang zum Stamm zu verschaffen. Inzwischen war die Dunmer aber offenbar von seinen guten Absichten überzeugt. „So ist das also und ihr reist also durch das Land, um eure Fähigkeiten weiter zu verbessern?“: erkundigte sie sich. „Ja diese Sache mit dem Schiff hat mich erst einmal aus der Bahn geworfen, aber hier auf Vvardenfell habe ich ja ohnehin ein anderes Ziel, wie ihr aus mir herausgebracht habt“: antwortete er und konnte sich diese Spitze einfach nicht verkneifen. Die Aschländerin setzte ein zerknirschtes Gesicht auf. Als Entschädigung bot sie an, etwas von ihrem Wissen mit ihm zu teilen. Sie erklärte ihm, dass viele Kräuter mehr als nur ein, zwei offensichtliche Wirkungen hätten. Das wusste Tirian auch, allerdings war die Weise Frau offenkundig wesentlich versierter. Nicht nur das sie ihm die verborgenen Eigenschaften einiger einheimischer Pflanzen vollständig nennen konnte, sondern sie setzte ihm auch ein Verfahren auseinander, wie er genau diese Eigenschaften herausfiltern konnte. Er hoffte, dass er alles im Kopf behalten würde, vor allem weil ihn noch etwas Anderes währenddessen beschäftigte.
Die Weise Frau hatte ihn zu Gedanken gezwungen, die er eigentlich hatte verdrängen wollen. „Was ist Tarrior eigentlich für ein Dunmer? Wir waren befreundet und kennen uns nun schon seit einigen Jahren, aber ich weis eigentlich so gut wie Nichts über ihn persönlich“: mit dieser innerlichen Feststellung brach der Damm in seinem Kopf. „Er ist mein Vater, aber was weis ich schon über ihn. Meradanz erpresst ihn und wenn Tarrior sogar bis nach Cyrodiil gereist, um es zu tun UND es nicht um eine Tochter ging, muss wirklich etwas Schlimmes sein“: kamen ihm weitere Überlegungen. Tarrior würde sich gewiss nicht so einspannen lassen, wenn der Telvanni nur bluffen würde und es musste wahrlich etwas wirklich Zerstörerisches sein. Tirian konnte sich kaum vorstellen, dass eine ordinäre, peinliche Geschichte aus der Vergangenheit seines Vaters – etwas wie Affäre oder ein Betrug – ausreichen würde, ihn dazu zu zwingen, sich in den Schlund Oblivions zu werfen. „Nein. Da muss mehr dahinter stecken“: befürchtete der Heiler und versuchte vorzustellen, was das sein könnte. Verrat, Mord, Nekromantie – es gab so Einiges und er musste an das Verhalten seines Vaters damals in Cyrodiil denken, als sie in Hrotanda Vale gewesen waren. Er hatte ohne zu zögern selbst bewusstlose Feinde einfach getötet. Er hatte nicht einmal gezögert. Und es hatte ihm womöglich sogar Spaß gemacht. Die Erinnerung daran war eindrücklich, aber auch seltsam verschmiert.
Die Ruine hatte Tirian ohnehin sehr mitgenommen. Doch etwas anderes kam ihm wieder zu Bewusstsein. Er hatte sich auch schon damals gefragt, wie viel er eigentlich wirklich über Tarrior wusste. Und genau bei diesem Gedanken zweifelte er an sich selbst. Tarrior war immerhin sein Vater. „Wie viel von ihm, steckt in mir?“: fragte sich der Heiler. Er wusste nicht, was er getan hatte und wie es um sein Inneres wirklich bestellt war, aber gerade diese Ungewissheit machte ihm noch mehr Angst, weil er dort seine schlimmsten Gedanken hinein projizieren konnte. Er zweifelte an Tarrior und er zweifelte damit an sich selbst. „Bin ich wie er“: fragte er sich und musste an den Redoraner denken, dem er in seiner Wut das Gesicht weg gebrannt hatte. „Ist er so, bin ich wie er?“: pochte die Frage weiterhin in seinem Kopf.
Die Weise Frau bemerkte seine schwindende Konzentration und schaute ihn fragend an. „Ich spüre das ihr euch quält, woran denkt ihr?“: fragte sie. Diesmal nicht misstrauisch, sondern ehrlich aufrichtig, mitfühlend. „Ich… das was… mein Vater und ich… ich weis nicht“: konnte der Dunmer nur herausbringen. Sie sah ihn durchdringend an. Ihre blassroten Augen schienen nirgendwo hinzuschauen, wie zwei milchige Teiche. Sie blickte einfach durch ihn hindurch. Sie wollte offenbar dazu ansetzen, etwas zu sagen, aber in diesem Moment kam eine junge Dunmer in ihr Zelt gerannt und zerstörte den Moment. „Weise Frau. Der Ashkhan!“: sagte sie aufgeregt. Die alte Frau wandte sich ihr umgehend zu.
„Marna. Was hast du auf dem Herzen?“: fragte sie. Die Dunmer warf einen Seitenblick auf Tirian, den sie erst jetzt bemerkte. Sie stoppte, zögerte und druckste dann herum: „Ihr habt… einen Gast… Ich komme besser später wieder.“ Sie wollte sich zum Gehen wenden, doch die Aschländerin hielt sie zurück: „Sprich, Marna. Mein Gast stört nicht.“ Sie druckste noch immer herum. „Nunja, es wäre vielleicht doch besser, wenn er hinausgehen würde“: meinte die junge Dunmer und ihr Blick verriet nur allzu deutlich, dass bei dem Gespräch womöglich um ihn gehen sollte. Eine Anspielung die die Weise Frau entweder nicht verstand, nicht bemerkte oder die ihr einfach egal war. Sie wiederholte ihre Aufforderung zum Sprechen nur noch einmal mit einer Geste. Marna seufzte und setzte sich neben Tirian. Sie schaute noch ein paar Mal zu ihm hinüber, bis ein Stirnrunzeln der Weisen Frau ausreichte, um sie endlich zum Sprechen zu bringen. „Ashkhan Kaushad hat sich für eine Braut entschieden“: sagte Marna und klang ehrlich enttäuscht, als sie die Worte aussprach. Die alte Dunmer zog die Augenbrauen hoch. „Er nimmt sich nun doch jemanden, aus dem Stamm? Hm. Eventuell müssen wir diese Heirat verhindern. In der jetzigen Situation wäre eine Heirat mit der Tochter eines anderen Stammes nützlicher. Ich hoffe Kaushad hat nicht schon wieder eine überstürzte Entscheidung getroffen und jemand vernünftigen auserwählt. Wer ist es?“: sinnierte die alte Frau längere Zeit nach. Tirian war es nun doch etwas peinlich an diesem Gespräch teilzunehmen, wo über die Ehe des Häuptlings wie über einen Staatsakt geredet wurde, was sie vermutlich auch war, aber Tirian in diesem Moment nicht ganz so bewusst, weil er Ehe vor allem mit Liebe in Verbindung brachte.
Wieder schaute Marna zu ihm hinüber und zögerte zu sprechen. „Wer ist es nun?“: wollte die Weise Frau wissen. „Nun ja. Ashkhan Kaushad hat sie zu sich eingeladen und ich habe den Beiden Essen und Getränke serviert. Ich weis nicht genau, ob er sie zur Braut nehmen will, aber die Signale waren doch sehr eindeutig…“: redete sie um den heißen Brei herum und die alte Dunmer war inzwischen auch nicht mehr gewillt, dass noch länger zu akzeptieren. „Wer Marna?“: wiederholte sie ihre Frage. Ihre Stimme hatte einen autoritären Klang. Die junge Dunmerin schluckte, sah noch einmal zu Tirian hinüber und antwortete: Die Fremde. Die Fremde, die heute mit eurem Gast hier eintraf. Kaushad will sie heiraten. Sie ist gerade bei ihm im Zelt und die Stimmung schien ausgelassen, als ich ging.“ In ihrer Stimme lag eine gehörige Portion Neid, die Tirian nicht wahrnahm, weil ihm erst einmal die Kinnlade regelrecht herunterfiel, sich seine Augen ungläubig aufrissen und er nur noch ein fassungsloses „Was?!“ hervorbringen konnte. Ein etwas stärkeres Zucken des Augenlides im ansonsten eher starren Gesicht der Weisen Frau verriet auch ihre Überraschung. „Das ist nicht gut. Sie ist eine Fremdländerin. Jemand aus einem anderen Stamm hätte schon genug Unfrieden im Stamm geschürt, aber eine Fremdländerin…“: überlegte die Alte laut, doch da erhob sich Tirian schon. „Was habt ihr vor?“: wollte sie wissen. Der Dunmer ließ sie ohne eine Antwort zurück und wandte sich zum Gehen. Mossur versperrte plötzlich den Durchgang. „Lass ihn“: gab die Alte klein bei und Mossur ließ Tirian durch, dessen Gedanken in seinem Kopf durcheinander gingen.
Erst als er einige Meter in die Mitte des Dorfes zurückgelegt hatte und das Zelt in Sicht kam, beruhigte er sich soweit, dass er sich ernsthaft fragte, warum er überhaupt so überstürzt aufgebrochen war. Lyviani ging ihn Nichts an. Sie konnte auf sich selbst aufpassen und außerdem war sie nur seine Begleiterin, also hatte er auch keinen Grund in irgendeiner Form eifersüchtig zu sein. Und dennoch beunruhigte ihn die Vorstellung, dass sich die Assassine einfach so einem wildfremden hingeben sollte. „Ausgelassene Stimmung“: rief er sich die Worte Marnas ins Gedächtnis. Das sah Lyviani eigentlich nicht ähnlich. Zwar kannte der Heiler sie kaum, aber zumindest war die Dunmer dem Eindruck nach, den er von ihr hatte, nicht der Typ, der einfach so mit jemandem anbändelte. „Ich muss das mal überprüfen, genau überprüfen…“: redete sich Tirian ein und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Zelt, das aufgrund seiner Größe und seiner zentralen Lage, die Behausung des Khans sein musste. Er ging dort hinüber. Die Wächter vor dem Eingang machten allerdings nicht den Eindruck, als würden sie ihn durchlassen wollen. „Solange ich nichts Genaueres weis, wird es besser sein, wenn ich keinen großen Aufruhr verursache“: überlegte der Heiler und schlich um das Zelt herum. Und legte sein Ohr auf das Leder. Gedämpft drangen Stimmen nach draußen. „… glaube nicht dass ein so verweichlichtes Geschöpf richtig an meiner Seite wäre. Ich brauche eine Frau die Mut und Stolz hat, eine Frau die mir starke Söhne schenkt": hörte er. Er zog sein Langschwert und begann etwas die Naht der Zeltes an dieser Stelle etwas aufzutrennen. „"Und natürlich Töchter, ebenso schön wie ihre Mutter“: war der nächste Satz und Tirian fühlte ihn ungut bestätigt, als er durch das kleine Loch spähte, das er sich geschaffen hatte und Lyviani und den Ashkhan von hinten sah. Sie, wie sie sich scheinbar willenlos, seiner doch sehr eindeutigen Annäherung hingab. Er schluckte. Er wollte sich abwenden, denn offenbar schien seine Begleiterin nicht abgeneigt, als er weitere Worte vernahm: "Ich.. ich glaube da liegt ein Missverständnis vor..." Er wurde hellhörig, lauschte direkt weiter.
Er hörte die Versprechungen des Khans und verdrehte die Augen, ob des dargebotenen Größenwahns. „Und nachher versprichst du ihr die Weltherrschaft, wenn sie dich nur heiraten möge“: dachte Tirian und wurde dann schwer überrascht. „Aber das geht nicht. Ich.. Tirian. Mein Begleiter. Er würde das nie gut heißen. Ich... Wir.. wir wollen heiraten“: bei diesen Worten schoss ihm das Blut in den Kopf. „Lyviania… mich heiraten?!“: keuchte er, bis ihm einen Augenblick später klar wurde, dass das nicht sein konnte. Es war eindeutig eine Ausrede. Die Assassine suchte offenbar nach einem Ausweg aus der Situation, in der sie sich befand. Der Ashkhan jedoch ließ sich überhaupt nicht davon beirren, berührte ihren Körper weiter. Er musste unbedingt etwas unternehmen, denn die Dunmer schien keinerlei Anstalten zu machen sich zu wehren, als wäre sie… benommen?. "Was wollt ihr denn mit diesem Kind? Ihr werdet ihn an meiner Seite noch vor dem Morgengrauen vergessen haben..": meinte der Khan dann noch. Tirian fühlte sich nun auch noch deutlich gekränkt. „Dir werde ich zeigen, wer ein Kind ist“: dachte er sich und marschierte los. Eine Wut überkam ihn und tatsächlich hatte er vor einfach an den Wachen vorbei in das Zelt des Häuptlings zu marschieren. Eine starke Hand packte ihn jedoch vorher an der Schulter und hielt ihn zurück. Er drehte sich um und sah in das kantige Gesicht Mossurs. „WAS!“: fuhr er ihn an. In diesem Moment beruhigte sich sein Geist wieder, als ihm bewusst wurde, in welchem Zustand er sich gerade noch befand. „Ihr solltet dies nicht tun“: sagte der Wächter und schüttelte den Kopf. „Aber…“: wollte Tirian widersprechen, da holte der Andere ein kleines Fläschchen hervor. „DAS solltet ihr tun. Die Weise Frau sagte, ihr wüsstet schon, was damit gemeint wäre“: sagte Mossur und gab dem Heiler die Phiole. Anschließend entfernte er sich wieder. Der Dunmer betrachtete das Gefäß einen Moment. Eine blass-grüne Flüssigkeit schwappte darin. Er runzelte die Stirn, bis ihm auffiel, dass Mossur ihm außer der Flasche noch ein Blatt in die Hand gedrückt hatte. Tirians Augen weiteten sich. Er hatte mit der alten Dunmer zuvor noch über diese Pflanze gesprochen und jetzt ahnte er auch, was das für eine Flüssigkeit in dem Fläschchen war.
Weidenländer, Zainab-Lager, Zelt des Ashkhans
Es war inzwischen dunkel geworden und außer den beiden Wächtern vor dem Zelt des Ashkhans war auch niemand weiter zu sehen. Tirian nickte. Er holte aus und warf die Flasche zu den beiden Wachen hinüber. Beim Aufprall auf den Boden zerbarst das filigrane Gefäß. Ein leichter Dampf breitete sich aus, den der Heiler selbst kaum sehen konnte. Die Wächter die wegen des plötzlichen Klirrens in Unruhe geraten waren, bewegten sich auf einmal nur noch sehr fahrig und kippten dann einfach um. Einen kurzen Augenblick wartete der Heiler noch, um sicherzugehen, dass sich das Gas verflüchtigt hatte und ging hinüber. Ein prüfender Blick verriet ihm, dass die Leibwächter tatsächlich bewusstlos waren. Innerlich dankte der Weisen Frau für ihre Hilfe und betrat energisch das Zelt. „Von wegen Kind“: sagte er und versuchte sich der Wut wieder zu besinnen, die ihn zuvor so überkommen hatte, um den richtigen Ton zu treffen. Der Ashkhan wandte sich um und war über diese Störung sichtlich alles andere als erfreut. Er ließ von Lyviani ab, aber baute sich direkt vor ihr auf. „Sie ist zu schade für euch. Ihr seid ihrer nicht würdig. Ich bin es!“: verkündete er auf Dunmeri. Zur Provokation behielt Tirian diesmal das Cyrodiilische bei: „Allein schon, dass ihr das sagt, zeigt, dass ihr Unrecht habt. Ich bin der Überzeugung Lyviani kann selbst darüber befinden, wer ihrer würdig ist und wer nicht und braucht keinen Dahergelaufenen, der dies für sie entscheidet!“ Der Ashkhan schaute beleidigt drein und wurde immer wütender. „Dahergelaufen?! Ich bin Ashkhan Kaushad! Ich herrsche über den wohlhabendsten Stamm der Aschländer. Wie kann ein N’wah, wie ihr es wagen?!“: ereiferte sich. Er legte seine Hand auf die Streitaxt an seiner Seite. Die Assassinin wollte sich einmischen, doch brutal schnitt ihr der Häuptling das Wort ab. „Scheinbar auf die gleiche Art, wie ein S’wit wie ihr, dies wagen kann!“: erwiderte Tirian. Das ging offenbar zu weit. Er zog seine Chitin-Streitaxt, die vor Magie schimmerte und glühte und wohl mit mehr als einem einfachen 0815-Zauber geladen war. Er wollte offenbar angreifen, doch in diesem Moment erhob sich die Assassine und ihrer blitzte ihr Stilett. In diesem Moment war der Heiler doch dankbar dafür, dass Lyviani eine Meuchelmörderin war. Doch das verflog im nächsten Moment.
Der Ashkhan musste die Bedrohung in seinem Rücken wahrgenommen haben und die Dunmer schien im Gegenzug zu ihren sonstigen Kampffähigkeiten, die er schon bewundern durfte, geradezu langsam und tumb. Mit einer schnellen Bewegung schlug der Khan ihr nicht nur das Stilett aus der Hand, sondern schickte sie mit einer schallenden Ohrfeige zu Boden. Tirian musste sich schwer beherrschen, dem Ashkhan in diesem Moment nicht an die Gurgel zu gehen. „Misch dich nicht ein Weib. Dieser Hund hat mich beleidigt“: sagte er und wandte sich von Lyviani, die deutlich geschockt auf dem Boden saß, ab. „Wir machen das jetzt nach alter Sitte im Zweikampf aus. Ich werde ihr beweisen, dass nur ich es Wert bin ihr Mann zu werden. Ich werde dich zertreten wie einen Skrib!“: forderte ihn zum Kampf heraus und begab sich schon in Position. Tirian zog sein Schwert, um sich zumindest verteidigen zu können. Er hatte im Duell keine Chance gegen den Ashkhan. Er stand langjähriger Erfahrung in Nahkampf und enormer Stärke entgegen. Die verzauberte Waffe und die offenbar auch verzauberte Rüstung, die er unter seinem Gewand trug, man konnte sie erkennen, als er seine Waffe zog, machten die Überlegenheit seines Gegenübers nur allzu deutlich. Einen Zweikampf konnte er auf diese Art und Weise nicht gewinnen.
Das war dem Ashkhan seinerseits offenbar auch bewusst und er stürmte ohne Erbarmen los und ließ Schläge auf ihn niederprasseln. Als sich die Axt des Khans mehrmals funkensprühend in seiner Waffe verkeilte, wurde jedoch keine offensive Magie freigesetzt, was Tirian verwunderte. Er nahm diese glückliche Fügung jedoch an und versuchte mit aller Kraft gegen die Schläge zu halten, doch er spürte seine Kraft schnell erlahmen. Als die Schneide der Axt ihm bei einem Schlag nur kurz im Gesicht streifte und ihm eine blutige Strieme hinterließ, begann er Magicka zu pumpen. Seine Stärke erhöhte sich für einen Moment. Mit einem Stoß brach er die Schlagblockade des Gegners auf und warf nun seine Klinge nach Kaushad. Wie erwarten wehrte er sie jedoch mit der Axt ab. Als er sich Tirian nun wieder zuwenden wollte, musst er feststellen, dass der Dunmer auf ihn zugerannt kam und gefährlich nahe war. Er versuchte einen Axtstreich auf weniger als Armlänge. Mit einem satten Geräusch grub sich die Schneide in die Schulter des Heilers. Tirians Gesicht verzog sich vor Schmerz. Wie Butter drang die Waffe durch seine Robe und fraß sich ins Fleisch. Ein unglaubliches Brennen folgte. Jetzt erst zeigte sich die Wirkung der Verzauberung. Offenbar war ein Rüstung auflösen Zauber auf die Axt gewirkt worden. Die Robe begann sich von der Stelle aus, wo die Waffe hineingeschlagen hatte, zu verfallen. Doch Tirian nahm das kaum mehr, höchstens noch am Rande wahr. Sein gesamtes Denken wurde im Moment vom Schmerz und von der Wut auf den Khan bestimmt. Er war ihm nun direkt nahe. Es passte kaum mehr eine Handbreite zwischen sein Gesicht und das Kaushads. Ihre Blicke trafen sich. Der Heiler war entschlossen. Er ergriff den Waffenarm des Aschländers, der noch immer Druck auf die Wunde ausübte und versuchte die Schneide weiter hineinzudrücken. Tirian, in dessen Kopf der Schmerz förmlich explodierte, nutzte nun noch den Rest seines Magickas, das sich während der kurzen Schonzeit seit dem Kampf gegen die Redoraner nur leidlich erholt hatte, und ließ es in den Körper des Khans fließen.
Es dauerte einen kurzen Moment, bevor die Wirkung für Tirian spürbar wurde. Er fühlte… neue Energie, die zu ihm hinströmte. Er presste noch fester zu und versuchte mehr davon zu bekommen. In seinem Kopf verschwand langsam der Schmerz und machte dem süchtigmachenden Gefühl nach neuer Stärke Platz. Der Arm des Ashkhans verdorrte immer schneller unter dem gierigen Griffs des Heilers. Mit Schrecken in den Augen sah Kaushad zu, wie sich die Muskeln darin regelrecht auflösten und die Axt seinen Händen entglitt. Die Schneide löste sich aus der Wunde und viel zu Boden. Blut netzte den stellenweise freigelegten, weil die Robe sich inzwischen in diesem Bereich schon gut aufgelöst hatte, Oberkörper Tirians. Nun packte der Dunmer auch noch mit der anderen Hand zu. Sie griff nach der Kehle des Ashkhans. Inzwischen hatte er sich von dem Schock erholt und wollte sich wehren, doch versagten ihm eindeutig die Kräfte, denn die saugte der Heiler nun voller Genuss aus ihm heraus. Er konnte sich nicht mehr beherrschen. Sein Verstand war wie ausgeschaltet. Während sich der Schnitt auf seiner Wange und die tiefe, triefende Wunde in der Schulter ohne zurückbleibende Spuren schlossen, mergelte Kaushads Körper immer weiter aus. In diesem Moment fühlte er eine Hand, die sich zupackend auf seine Schulter legte. In seinem Kopf manifestierte sich das Bild eines neuen Feindes. Er ließ den Khan los und wollte umfassen, doch in diesem Moment fing er sich einen ordentlichen Schlag ein. Sein Blick klarte auf und er sah Lyviani, die ihn festhielt und versuchte vom Ashkhan wegzureißen.
Tirian kam wieder zu Sinnen. Etwas fassungslos betrachtete er seine Hände. „Wir sollten verschwinden“: sagte sie und er pflichtete ihr bei. Er packte sein Schwert ein und gemeinsam verließen sie das Zelt des Khans schleunigst. Die beiden Wächter waren noch immer bewusstlos, was ihnen gerade gut passte. Außerdem wurden sie schon von Mossur erwartet. Ohne Widerworte oder eine Frage Lyvianis abzuwarten, folgte Tirian dem Leibwächter der Weisen Freu einfach, der sie auch zurück zu seiner Herrin brachte. Sie wartete in der Nacht vor ihrem Zelt und schien besorgt zu sein, doch als sie den Heiler und seine Begleiterin entdeckte, wirkte sie deutlich erleichtert. „Sehr gut. Ihr habt euch den Werbungsversuchen unseres Khans widersetzt. Er kann da manchmal sehr unbedacht sein“: sprach sie und zwar auf Cyrodiilisch, sodass die Assassine es auch verstehen konnte. Dann bemerkte sie die zerstörte Robe des Dunmers. „Oh. Was ist geschehen?“: wollte sie wissen. Tirian fand erst keine Worte. Glücklicherweise nahm ihm seine Begleiterin diese Bürde ab und setzte der alten Frau kurz auseinander, was vorgefallen war. „Ihr braucht euch keine Sorgen machen. Ashkhan Kaushad wird sicherlich von sich aus Nichts unternehmen. Er würde sein Gesicht verlieren, würde er eine Niederlage gegen einen Fremdländer zugeben. Vor allem würde er sich vor dem ganzen Stamm blamieren, wenn er den Grund für dieses Duell offenbart“: beruhigte die Weise Frau sie. Tirian war sich da zwar nicht so sicher, denn er hatte den Ashkhan fast getötet. Er hoffte die alte Dunmerin würde Recht behalten und die Sache fiel nicht auf ihn und Lyviani zurück. „Ihr solltet jetzt zu Ama zurückkehren und das Dorf morgen bei Tagesanbruch verlassen“: empfahl die Weise Frau. Tirian und seine Begleiterin schauten sich kurz an und waren sich einig darin, dieser Empfehlung zu folgen.
Schweigend liefen sie zum Zelt von Ama zurück. In Tirians Geist tobten diese Selbstvorwürfe. Es quälte ihn. Er schaute zu Boden, während er sich einfach nicht erklären konnte, was mit ihm im Zelt des Ashkhans oder früher am Tag bei den Redoranern passiert war. Diese blinde Raserei… Er schloss die Augen. Vielleicht war einfach nur müde. Er fühlte sich tatsächlich sehr erschöpft. Der Tag war lang und seine Kräfte ausgereizt. Es wurde Zeit zu schlafen. Vielleicht würde er dann wieder zu etwas innerer Ruhe finden. Die war ihm schon innerhalb der letzten Wochen mehr als abhanden gekommen. Die letzten Ereignisse hinterließen weitere Spuren. „Ausruhen“: flüsterte er vor sich hin. Da betraten er auch schon Amas Zelt. Es roch nach leckerem Essen. Die Feuerstelle brannte und darüber hing ein Topf der mit einer hellbraunen Flüssigkeit gefüllt war, in der allerlei Zeug schwamm – verschiedene Stückchen an Getier und Gemüse. Tirian war im Moment nicht wählerisch. Etwas Warmes zu essen, war genau das, was er sich jetzt neben einem Bett geradezu sehnsüchtig wünschte. „Ah da ihr ja wieder seid. Essen schon fertig": wurde er von Ama wieder begrüßt. Tirian brachte bloß einen schwachen Gruß zustande und setzte sich teilnahmslos an den Rand der Feuerstelle, abseits von ihr und ihrem Mann, der sich inzwischen auch erhoben hatte. Für Lyviani hatte er im Moment keinen Blick mehr.