Jerallmassiv; Festung Elidar -> Bruma
Eigentlich war von Arranges in kurzer Beratung mit den Großmeistern besprochen, mit dem Staffelläufer als Unterhändler nochmal ein wenig Zeit für Erynn zu schinden. Aber alles, was geschah, nachdem der Rothwardon knappe zehn Meter vor dem Tor stehen blieb und nach den Abtrünnigen Meistern verlangte, war eine dumpfe Explosion, als es den Körper des Staffelläufers zerriss. Blut und Eingeweide färbten den Schnee in unmittelbarer Nähe rot. Auf den Zinnen regte sich nichts. Die wenigen Wachen, die dort schon seit dem frühen Morgen standen, regten sich nicht, weder kamen neue hinzu.
Stumm und leise gab Arranges den Befehl zum Angriff an die Mentoren weiter, die um ihn herum standen und denen er kleinere Gruppen zugeteilt hatte. Es waren im Endeffekt sehr viel mehr, als der Haufen, mit dem er aus Morrowind gekommen war. Bis auf ein paar Ausnahmen hatten sich noch viele andere Feldlager angeschlossen und allein die Masse, die die Novizen ausmachte, musste bereits eine gewaltige, optische Übermacht darstellen. Aber Arranges wusste auch, dass sich die Abtrünnigen von der schieren Größe der versammelten Streiter nicht beeindrucken lassen würden. Mehr Respekt hingegen dürften sie vor den zumindest sichtbaren Korruptoren haben, von den anwesenden Meistern ganz zu schweigen. Die Meister jedoch wurden dazu abgestellt, die Kämpfenden aus den hinteren Reihen heraus zu unterstützen...
Der beginn der Schlacht war so anders, als das, was eine klassische Schlacht ausmachte. Novizen, Botschafter, Mentoren und Meister sprachen stumm ihre Beschwörungen und andere Zauber. Kein Kampfgeschrei, nur das Klappern und klirren unzähliger Waffen und Knochen hallte über das weiße Feld vor der Burg, als hunderte von Skeletten, einige wenige Dremora und vereinzelte Liche sich auf die Mauern zubewegten. Es war, wie Arranges vermutet hatte. Bevor sich die Beschwörungen bis auf etwa zwanzig Schritte den Mauern angenähert hatten, schoben sich dort aus Kaskaden aller ihm bekannten Farben, ebenfalls Beschwörungen. Alles war dort vorhanden, angefangen vom einfachen Ahnengeist, über den Skelettwächter, bis hin zum Lich. Auch Daedra waren mehr als genug dabei. Caitiff, Skamps, Daedroths und der ein oder andere Xivilai. Ein Sturm aus Waffenlärm und dem Scheppern von Stahl auf Stahl brach los. Meister und Mentoren schoben ununterbrochen Beschwörungen nach, während sich die Botschafter und Novizen selbst in den Kampf stürzen, um den Nachteil ihrer Schlagkraft durch die sehr viel größere Zahl an Daedra auf der gegnerischen Seite wieder auszugleichen... Die recht einseitige Schlachte währte noch nicht sehr lange, als sich die Verluste, vor allem unter den Novizen der Gathering langsam aber sicher bemerkbar machten. Sie kamen nicht recht an die Burg heran, sie mussten etwas gegen die Zaubernden auf den Zinnen unternehmen und vor allem mussten sie die Schlacht ins Innere der Festung tragen um die Abtrünnigen mehr unter Druck zu setzen, denn im Moment war es eher die Gathering, die sich trotz ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit, an den Wällen aufrieb.
Es dauerte einen kurzen Moment, bis die Befehle von Arranges alle Meister erreicht hatten. Ein gutes Dutzend Feuerbälle rauschten fast zeitgleich auf die Gestalten auf den Mauern zu. Hohle Einschläge signalisierten, dass die Zauber ihre Ziele erreicht hatten. Allerdings war auch das wohl der Startschuss für die Abtrünnigen, jetzt ihr komplettes Arsenal einzusetzen. Das Tor öffnete sich plötzlich und heraus stürmten unzählige Zombies und Skelette. Doch die Aura dieser Untoten war anders. Das waren keine einfachen Beschwörungen. Hierbei handelte es sich um wiedererweckte Leichen aus Gräbern und Gruften. Das also ist das, wonach die Abtrünnigen streben... sie wollen völlig Unabhängig ihrer Leidenschaft nachgehen und machen dabei nichteinmal vor Leichenschändung und dergleichen halt... erbärmlich... Die Wiedererweckten rissen gewaltige Schneißen in die Reihen der Gathering und mit einem Mal befand sich das Schlachtengetümmel auf dem Weg weg von den Mauern. Sie wurden zurückgedrängt und das konstant. Wieder erteilte Arranges Befehle und neben unzähligen Beschwörungsformeln mischten sich jetzt zusätzlich noch Zauber der anderen Magieschulen in die Schlacht. Überwiegend jedoch waren Schock-, Feuer- und Eiszauber zu sehen, die in regelmäßigem Abstand in die Reihen des Feindes einschlugen... Ein wahres Feuerwerk ging auf die Abtrünnigen nieder, die jetzt zusätzlich Novizen und Botschafter in den Kampf schicken...
Doch nach einigem Hin und Her wandelte sich die Schlacht plötzlich in ein Gemetzel, als sich die Korruptoren einmischten. Ob es nun Feuer war, das aufloderte oder der berstende Leib eines Novizen, konnte Arranges oft nicht sagen, als jetzt auch er mit einigen der Meister in den Kampf eingriff. Die Gathering trieb den Kampf mit der Hilfe der Bestien langsam aber sicher in den Hof der Festungsanlage und plötzlich zerriss eine gewaltige Explosion den allgemeinen Schlachtenlärm. Irgendwo wurde das Mauerwerk der Festung einfach zerfetzt und es war praktisch für alle spürbar, wie der Körper des abtrünnigen Meisters Saptos, pulverisiert und seine Seele in ein bodenloses Loch zwischen den Welten geschleudert wurde. Nur wenige Herzschläge später erschütterten zwei weitere Explosionen fast zugleich die Festung. Meister Dialga und Meister Kargarass waren vernichtet... War zuvor kein Kampfruf, kein wildes Gegröhle zu hören gewesen, so begannen plötzlich alle auf der Seite der Gathering zu spüren, dass der Sieg bereits ihrer war. Brutaler als sowieso schon, trieben sie die Gegner vor sich her, aber schon nach wenigen Augenblicken waren es nur noch die Korruptoren, die die komplette Festung auf den Kopf stellten und keinen der Verräter entkommen ließen... die Sieger verteilten sich, einige durchsuchten in Gruppen die Festung, während viele andere bereits mit der Versorgung der Verwundeten begannen.
Arranges selbst hatte ebenfalls ein paar Schrammen abbekommen. Unter anderem hatte er die komplette Wucht eines Fausthiebs mit dem rechten Auge zu spüren bekommen, welches jetzt langsam aber sicher anschwoll und sich dunkelblau zu färben begann. Ein leicht verstauchter Knöchel und ein Schnitt über den linken Oberarm, sonst hatte er keine weiteren Verletzungen davongetragen. Arranges war einerseits irgendwie mächtig stolz auf sich, andererseits jedoch arg erschöpft. Bis zum Mittag waren es noch mindestens drei Stunden. Er überließ die letzten Räumarbeiten in den tieferen Räumen der Festung den Korruptoren, während überall auf dem Feld und im Innenhof jetzt kleinere Gruppen entstanden. Feldscher machten sich an ihre Arbeit, während sich die Unverletzten einfach nur müde auf den Boden sinken ließen. Arranges trat aus der Burg heraus. Draussen kamen ihm bereits die beiden Großmeister entgegen. Er hörte Schritte neben sich und drehte den Kopf. Sein Herz tat einen schmerzhaften Sprung, als er Erynn lebendig auf sich zukommen sah. Er wiederstand dem dringenden Bedürfnis, sie in die Arme zu schließen. Stattdessen lächelte er ihr nur zu.
'Arranges, wir wussten, ihr würdet einen wunderbaren Feldherr abgeben... nur eure Schülerin ist bewundernswerter...' Sprach ihn der kaiserliche Sprecher der Gathering ohne Umschweife an, als die beiden Großmeister ihn und Erynn erreicht hatten. Der Magier besann sich sofort auf den Plan, den er sich seit sie vor beinahe unzähligen Tagen die Ratshallen verlassen hatten, zurechtgelegt hatte. 'Ich danke euch und möchte auch direkt etwas bezüglich meiner Schülerin, Erynn Releth, erklären, wenn ihr sie gerade schon angesprochen habt.' Der Großmeister zog nur fragend eine Augenbraue hoch. 'Es geht um ihren Stand als Novize und demzufolge als meine Schülerin... ich befinde sie für nicht lernfähig und weise sie daher von mir und beende jegliche Lehrung durch meine Hand mit sofortiger Wirkung.' Der Großmeister schien wohl mit so einigem gerechnet zu haben, nicht aber damit. 'Nun... ich kann euch verstehen Mentor Arranges... aber wie habt ihr euch das vorgestellt? Wir können sie nicht einfach so kurzfristig einem anderen Mentoren zuweisen. Die Mentorin Arranjenne fällt komplett aus, da sie das Kaltblutritual noch nicht durchlaufen hat...'
'Genau.' Unterbrach ihn Arranges und redete einfach weiter, ohne die herrische Geste des Sprechers wahrzunehmen: 'Ich habe dafür gesorgt, dass für drei abtrünnige Meister drei Siegelsteine zur Verfügung standen, habe eine Schlacht koordiniert, von der ihr wisst, dass sie ebensogut hätte einen völlig anderen Verlauf hätte nehmen können, hätte ich Erynn nicht dort hineingeschickt... ich denke es ist an der Zeit, dass ich, Mentor Arranges Moryn unter Meisterin Marie im Land Cyrodiil nun an der Reihe bin, etwas zu fordern, von dem ich denke, dass es mir aufgrund meiner Dienste gewährt werden sollte!'
'Ihr... wagt es, etwas zu verlangen, Arranges?'
'Ja, denn ich habe in den letzten eineinhalb Monaten Dinge getan, zu denen kaum ein anderer fähig gewesen wäre...'
'Ihr seid sehr selbstsicher, Mentor... seid ihr auch sicher, dass eure zugegeben großen Dienste für die Gemeinschaft ausreichen, um etwas forder zu können?'
'Ja!'
'Nun... dann will ich euch nicht daran hindern, eure Forderung zu stellen...'
'Ich will, dass Lady Erynn Releth aus allen Aufzeichnungen der Gathering gestrichen wird. Sie wird nicht länger ein Mitglied sein und soll nach ihrem Austritt nicht unter Beobachtung stehen.' Schweigen. Mit einem Blick, der den Kaiserlichen durchbohrte, schaute der Großmeister Arranges in die Augen. Nach einer Weile begann er dann schließlich zu reden: 'Das ist sehr viel, was ihr verlangt... jedoch... in den letzten Wochen ist sehr vieles geschehen, von dem die Gathering glaubte, dass etwas derartiges nie geschehen würde... lasst euch gesagt sein, Mentor, dass ihr der Erste seid, der erst Folter und dann den Tod erleiden wird, sollte sich herausstellen, dass unsere Zustimmung zu eurer Forderung die Geheimhaltung und Sicherheit der gesamten Gathering gefährdet. Und nun, aus meinen Augen! Die Großmeister werden sich für eine Weile zurückziehen und die Wunden versorgen, die dieser Verrat gerissen hat...' Ohne sie weiter zu beachten, gingen die beiden Großmeister an Erynn und Arranges vorbei.
Drei Tage waren Arranges und Erynn nach der Schlacht nach Süden unterwegs, als sie endlich die Türme von Bruma unter sich auftauchen sahen. Sie hatten kaum bis gar nichts gesprochen während dieser Zeit. Am späten Nachmittag des dritten Tages hatten sie die Stallungen von Bruma endlich erreicht. Der Kaiserliche hätte gute Lust gehabt, sich einfach für einen Tag nochmal ein Zimmer zu nehmen und einfach zu entspannen, aber er hatte noch etwas zu erledigen... ein gewisser Argonier musste noch den Tod finden, ehe er einen Haken unter diese komplette Sache machen konnte. Gumora... Und dazu brauchte er zunächst einen Anhaltspunkt und vor allem jemanden, der sich mit dieser Sache auskannte. Arranges hing dem Gedanken kurz nach, ehe ihm Dreveni wie von selbst wieder einfiel. Ob das wohl eine so gute Idee ist? ...
Beide hatten sie ihre Pferde gerade aus den Stallungen geholt. Arranges stellte zufrieden fest, dass ein Botschafter wohl schneller war und ein kleiner Beutel mit einer hübschen Summe Septime an seinem Sattel hing. Ehe er jedoch aufsaß, wandte er sich Erynn nochmals zu: 'Erynn... ich... danke dir für alles und überhaupt deine Gesellschaft... es fällt mir... tatsächlich schwer, Abschied zu nehmen...' Es war eindeutig, dass er trotz seiner relativ hohen Bildung schlicht keine richtigen Worte fand. Stattdessen langte er nur in einen kleinen Beutel an seinem Gürtel und förderte ein schlichtes Amulett zu Tage. Es hing an einer einfachen, schlanken, grünweißen Kordel. Das Amulett selbst war nicht mehr, als ein flacher, in Gold gefasster Smaragd von dem groben Durchmesser eines Septims. 'Ich hab es bei Juranos Anwesen anfertigen und verzaubern lassen...' Etwas verlegen stand er vor ihr. 'Darf ich?' Fragte er schüchtern und zog die Kordel an dem einfachen Verschluss außeinander. Erynn nickte nur. Arranges tat einen Schritt auf sie zu und legte ihr das Schmuckstück an. 'Wenn du auf die Magie zugreifst, die in dem Amulett schlummert, bist du in der Lage einen Schutzgeist zu rufen... einen Caitiff... um genau zu sein...' Und ohne nochmals zu zögern oder eine Erwiederung abzuwarten, trat der Kaiserliche von sich aus auf die Dunmer zu und schloss sie wie selbstverständlich in die Arme.
'Wo wird dich dein weiterer Weg hinführen?' Fragte er, nachdem er sich von ihr wieder gelöst hatte und einen Schritt zurücktrat.