Taverne von Balfall (Dreveni und Erynn)
Erynn blickte Dreveni an und zuckte mit den Achseln. Es machte sie traurig, daß Arranges sich wieder einmal so in seine Biestigkeit zurückzog, aber wenn er sich in dieser Stimmung befand, konnte sie ohnehin nichts dagegen tun außer zu warten, bis es vorbeiging.
Die beiden Frauen sahen sich um und entdeckten eine Art Gasthaus in der Nähe der Stallungen. Es sah nicht gerade aus wie das Septimhotel, war aber auch nicht allzu heruntergekommen. Sie traten ein und nahmen sich als Erstes jede ein Zimmer, wobei sie natürlich direkt auffielen – zwei Dunmerfrauen in Morrowind, die cyrodiilisch sprachen. Erynn vermutete, daß der doch recht hohe Preis, den sie für die Quartiere entrichten mußten, nicht für Einheimische galt, nahm diese Schikane aber wortlos hin. Es war gut möglich, daß diese Taverne die einzige am Ort war, und sie wollte die Nacht nicht wirklich dringend in der Gosse verbringen.
Nachdem sie die Zimmerschlüssel erhalten hatten und in den Gästetrakt hinaufgegangen waren, fragte die jüngere Dunkelelfin leise: „Wollt Ihr Euch nachher noch in der Stadt umhören, oder haltet Ihr es für klüger, wenn wir einfach im Gasthaus bleiben? Ich meine, wir fallen hier schon ziemlich auf...“
Als sie Balfall erreichten, entfernte sich Arranges um nach einem Schiff zu sehen. Dreveni sollte es recht sein, sie war um jede Sekunge froh, in der sie den Kaiserlichen nicht ertragen musste. Zusammen mit Erynn ging sie in die vermutlich einzige Taverne und nahm sich dort ein Zimmer. Sie warf dem Wirt einen bösen Blick zu, als er den Preis für die Zimmer nannte, aber hier kannte sie niemanden und hatte keinerlei Möglichkeiten, den Wirt davon zu überzeugen, ihnen einen besseren Preis zu machen. Immerhin gab er ihr noch Auskunft darüber, dass sich im Keller wohl ein Waschraum mit Zuber befand. Zuerst gingen sie aber nach oben zu den Zimmern, wo Erynn sie fragte, was sie weiter zu tun gedachte. "In der Stadt umhören wird nicht viel bringen, glaube ich. Das sieht mir doch eher nur nach einem Durchgang nach Vvardenfell aus, ich glaube nicht dass sich hier jemand an eine Echse erinnert, die vor fünf Wochen hier durchgekommen ist. Ich werde jetzt erst einmal Baden und dann sehen, wie es in der Gaststube ist.", sagte sie zu Erynn. "Wenn ihr wollt, können wir uns unten treffen." Erynn war damit einverstanden, und sie einigten sich, dass Erynn zu erst in den Zuber wollte und danach bei Dreveni bescheid sagen sollte. Schließlich saßen sie unten in der Schankstube, Dreveni trug ein leichtes dunkelrotes Kleid, das nur von der Reise etwas zerknittert war und hatte die langen Haare offen gelassen. Ihr war bewusst, dass sie auffielen, nicht nur deshalb weil sie offensichtlich kein Dunmeri sprachen.
Ein wenig unbehaglich sah Erynn sich in der Taverne um. Ihre einfache Kleidung, Leinenhose und Wollhemd, war zwar eigentlich unauffällig, aber garantiert nicht im landestypischen Stil, wodurch sie letztendlich doch wie ein Fremdkörper wirkte. Man ließ sie bisher jedoch in Ruhe. Balfall war zwar klein, aber dennoch eine Durchreisestation. Wirklich ungewöhnlich an den beiden Frauen war wahrscheinlich nur, daß sie ihre eigene Sprache nicht sprechen konnten.
Die Kriegerin nippte vorsichtig an einem Zeug, daß sich Matze nannte und stellte fest, daß sie es gern mochte. Es half ihr ein wenig, sich zu entspannen. Aus dem Augenwinkel schielte sie nach Dreveni. Die Assassinin wirkte völlig ruhig, kühl und überlegen, so als könne sie nichts überraschen und nichts wirklich berühren. Erynn kam wiedereinmal nicht umhin, ihre Selbstsicherheit zu bewundern. Vielleicht, so überlegte sie, könnte sie noch ein bißchen von Dreveni lernen. Der Anderen war immerhin aufgefallen, daß sie gewisse Talente besaß und schien auch nicht ganz abgeneigt, sich der jungen Gildenkriegerin ein wenig anzunehmen. Jedenfalls schloß Erynn das aus dem seltsamen Gespräch, daß sie auf der Sattelhöhe geführt hatten. Mit etwas Glück war ihre Artgenossin da zugänglicher als Arranges es war. "Dreveni", traute sie sich schließlich zu fragen, "sagt, bei diesem Kampf mit den Wegelagerern... Ihr habt da einen Schockzauber gesprochen, nicht wahr? Ich habe es nur aus dem Augenwinkel gesehen. Wo habt Ihr das gelernt? Und... könntet Ihr es mir beibringen? Arranges hat mir zwar versprochen, mich etwas über die Magie zu lehren, aber... nun, ich muß ihn wirklich jedesmal drängen, bis er sich dazu herabläßt, und er ist nicht sonderlich... begeistert darüber, sich mit meiner Ahnungslosigkeit rumschlagen zu müssen. " Sie seufzte. "Ich habe langsam nicht mehr den Eindruck, daß daraus noch etwas wird..." Sie schaute Dreveni in die Augen und wußte genau, daß sie gerade wie ein kleines Mädchen wirkte. Es ärgerte sie. Maßlos.
Dreveni hatte einen Krug mit dem gleichen Zeug das Erynn trank vor sich stehen und sah sich in der Taverne um. Die Anwesenden wirkten auf sie eher mäßig, niemand der sie näher interessiert hätte, vorzugsweise von den männlichen Dunmern. Als Erynn sie ansprach, drehte sie den Kopf wieder zu ihr. "Mordan hat es mir beigebracht. Ich weiß nicht ob ich euch damit helfen kann, aber ich kann es ja versuchen. Für mich ist Magie eher Mittel zum Zweck, ich kenne mich mit der Theorie kaum aus." Irgendwie sah es Arranges ähnlich, dass er sich nicht dazu herablies, Erynn etwas zu zeigen, was Drevenis Meinung über ihn nur noch bestätigte.
"Was für eine Verbindung besteht zwischen euch und Arranges eigentlich?" Es ging ihr immer noch nicht in den Kopf, wie man sich das alles gefallen lassen konnte, was Arranges von sich gab. Dabei hatte sie vermutlich bis jetzt nur die eher harmlosen Sachen erlebt, wußte aber wie schnell er zu reizen war.
"Das ist... schwer zu erklären und ziemlich kompliziert", begann Erynn zögerlich. "Über die Zeit, die wir jetzt gemeinsam unterwegs sind, haben wir uns wohl aneinander gewöhnt. Arranges und ich... wir haben uns zudem schon zu oft gegenseitig aus der Klemme geholfen, als daß es uns nicht irgendwie zusammenschweißen würde. Ich kann seine Macken ertragen und auch seine schroffe Art. Wenn es darauf ankommt, kann ich mich auf ihn verlassen."
Sie zuckte die Achseln und nahm einen großen Schluck von dem Matze. "Ich würde mich freuen, wenn Ihr zumindest versuchen würdet, mir den ein- oder anderen Zauber beizubringen", sagte sie dann mit einem kleinen Lächeln. "Es kann nicht schaden, noch eine weitere Waffe in der Hinterhand zu haben, schon gar nicht hier, in diesem wilden Land."
Ah ja, aneinander gewöhnt... Sie musste wieder kurz an Feryn denken. Sie hatten sich auch nur ein paar Wochen gekannt, aber sie hatte ihn schon damals in jeder Sekunde vermisst, in der er nicht da war. Wobei das bei Erynn schon eher nach einer Zweckgemeinschaft klang. Oder doch nicht? Aber mal ganz von Arranges Art abgesehen, so unter Wert brauchte sich Erynn doch nicht verkaufen, auch mit nur einem kleinen Finger nicht. "Liebt ihr ihn?", fragte Dreveni schließlich, nachdem sie Erynn ein paar Sekunden schweigend angesehen hatte.
Auf die direkte Frage hin zuckte Erynn kurz zusammen. Sie starrte auf ein Astloch in der Tischplatte und überlegte sehr genau, bevor sie antwortete. Eigentlich geht dich das gar nichts an... und genau genommen weiß ich selber nicht so genau, wie ich das bezeichnen soll, was mich mit dem Beschwörer verbindet. Ich weiß nur, daß es seltsam schmerzhaft ist... Die Elfin gab sich einen Ruck. Warum sollte ich es ihr eigentlich nicht erzählen? Nach einem weiteren, bedächtigen Zug von dem Reisbier sagte sie leise: "Das ist eine gute Frage, Dreveni... ich schätze, ich könnte es." Bilder gingen ihr durch den Kopf. Arranges, nachdem er sie aus Torrahs Versteck herausgeschafft hatte. Wie sie auf seine grausamen Worte hin weinend zusammenbrach. Das Gefühl, wie der Kaiserliche ihr das schweißnasse Haar aus der Stirn strich, als er ihr die Reste ihres Fingers entfernt hatte und wie sie im Keller von Parlovars Anwesen voller Verzweiflung seine eiskalte Hand hielt. Die Erinnerung daran, Arranges im Arm gehalten zu haben nachdem er ihr die Wahrheit über seine Vergangenheit erzählt hatte und viele, viele Eindrücke mehr.
"Nein, das stimmt nicht. Ich bin mir sicher, ich könnte es, wenn ich es denn zuließe. Aber... Arranges' Tage sind gezählt." Noch immer blickte sie die Andere nicht an. "Ihr wißt selbst wie es ist mit den Menschen. Sie vergehen so schnell... Der Tag an dem ich erfahre, daß er nicht mehr ist, wird auch so schlimm genug für mich sein. Wenn ich mir noch andere Gefühle erlaubte als Freundschaft... dann könnte ich das nicht ertragen. Gewiß nicht." Sie schüttelte den Kopf und schaute schließlich zu der anderen Dunmer auf. "Verratet kein Wort davon, ich bitte Euch. Er darf von diesem Gespräch niemals erfahren."
Mit einer derart ausführlichen Antwort hatte Dreveni nicht gerechnet, eigentlich mit überhaupt keiner Antwort. Wußte Erynn, wie Recht sie mit ihren Worten tatsächlich hatte? Damit hatte sie genau Drevenis wunden Punkt getroffen. Auch wenn bei ihr die Dinge etwas anders lagen, von der Idee der Liebe hatte sie sich spätestens mit Feryns Tod verabschiedet. "Auch mit einem Mer gibt es keine Garantie, dass man zusammen alt wird.", sagte sie leise. Vor allem nicht, wenn man ihm selbst ein Messer in den Rücken sticht. Jetzt sah Dreveni kurz auf die Tischplatte, sie konnte nicht komplett verhindern, dass sich ihre düsteren Gedanken in ihrem Gesicht abzeichneten. "Keine Angst, ich werde Arranges nichts erzählen."
Erynn nickte dankbar und trank den Rest von dem Matze. "Ich werde jetzt schlafen gehen", beendete sie das Gespräch endgültig, "es war ein langer Tag und wer weiß, was uns morgen erwartet. Sie wandte sich ab und ging ohne sich noch einmal umzudrehen auf ihr Zimmer. Dort ließ sie die Tür hinter sich ins Schloß fallen. Warum stellst du mir eine solche Frage, Dreveni? Das macht nur Dinge kompliziert, die nicht kompliziert sein müßten... und es auch nicht sein werden, verdammt noch mal!
Balfall Taverne - Dialog Erynn/Dreveni
[Dreveni]
Halb rechnete Dreveni damit, dass sich Arranges noch auf sie stürzen würde, aber er ließ sie anstandslos passieren, und sie ging ohne aufgehalten zu werden wieder nach Balfall. Bis Morgen würden sie noch mindestens hier in diesem Loch festsitzen. Dass Balfall so übel nun auch wieder nicht war, interessierte Dreveni in diesem Moment überhaupt nicht. In der Taverne angekommen bestellte sie sich etwas zu Trinken, das Sujamma hieß und nicht einmal schlecht schmeckte. Zum betrunken werden würde es auf jeden Fall auch reichen. Eigentlich könnte sie auch nüchtern bleiben und einfach abhauen. Sollten die beiden doch sehen, wo sie blieben, dem großen Arranges würde bestimmt etwas einfallen. Und im Gegensatz zu Erynn hatte sie es nicht nötig, sich die Launen des Kaiserlichen gefallen zu lassen. Sie saß an einem kleinen Tisch in einem Eck und beobachtete die wenigen Gäste, während sie überlegte. Normal neigte sie dazu, über solchen Dingen zu stehen, nur mit ihrer Laune stand es selbst nicht gerade zum besten in letzter Zeit. Dumpf brütend starrte sie vor sich auf die Tischplatte.
[Erynn]
Erynn folgte Dreveni schnellen Schrittes zurück in die Stadt. Irgendwie hatte sie das Gefühl, daß es ihre Schuld sei, daß die ganze Situation eskaliert war. Sie hätte die andere Dunkelelfin einfach nicht fragen sollen... wenn Arranges schon die Krise kriegte, weil sie sich für irgendwelche schwer greifbaren Dremora interessierte, so sollte es sie wohl kaum wundern, wie er auf die sehr diesseitige Assassinin ansprang. Andererseits... was ging es ihn eigentlich an? Mit welchem Recht glaubte er, sich in ihre Belange einmischen zu dürfen? Weil er aus irgendeinem hirnverbrannten Grund glaubt, auf mich aufpassen und mich beschützen zu müssen. Als wäre ich ein kleines Kind... und der einzige Weg, wie er glaubt das bewerkstelligen zu können, ist Kontrolle... Es war zum Schreien. Sie mußte ihm diesen Unfug irgendwie austreiben.
Sie fand Dreveni im Schankraum der Taverne, in einer dunklen Ecke und mit einer Steingutflasche von einem undefinierbaren, höchstwahrscheinlich alkoholischen Getränk vor sich. Na großartig... Was hab ich bloß verbrochen, um das verdient zu haben? Irgendwie empfand die Elfin die ganze Situation plötzlich als ziemlich ungerecht. Die beiden behandelten sie wie ein Nesthäkchen, verhielten sich aber selber kaum vernünftiger als zwei störrische Trotzköpfe... allein, daß diese zwei sich auf andere Weise Luft verschafften, als wütend mit den Fäusten auf den Boden zu trommeln.
Mit einem schicksalsergebenen Seufzer ging sie zu der Assassinin herüber und setzte sich ungefragt neben sie. "Dreveni", begann sie und hoffte, daß die Andere noch nüchtern genug war, daß man einigermaßen mit ihr reden konnte, "es tut mir leid. Ich... hätte es wohl besser wissen müssen und Euch einfach nicht fragen sollen. Dennoch, ich danke Euch, daß Ihr Euch die Zeit für mich genommen habt." Kurz schlug Erynn die Augen nieder und blickte auf die Tischplatte, bevor sie den Kopf wieder hob. "Ich habe dem Beschwörer übrigens die Meinung gesagt, falls Euch das interessiert. Ich weiß nicht, wie viel davon angekommen und vor allem, wie viel davon wiederum geblieben ist, aber er hat mir zugehört. Bitte, versucht irgendwie mit ihm auszukommen. Ich weiß, das ist nicht immer einfach..."
[Dreveni]
Dreveni war noch nicht einmal im Ansatz betrunken, als sich Erynn einfach neben sie setzte. Auch wenn sie sonst etwas für Erynn übrig hatte, jetzt brauchte sie gerade keinen von beiden. Auf ihre Worte konnte sie sich auch keinen wirklichen Reim machen. Entschuldigte sie sich tatsächlich gerade für Arranges Verhalten und nahm das ganze auf ihre Kappe? "Es ist also eure Schuld, wenn Arranges seine Launen nicht für sich behalten kann?" fragte Dreveni die andere Dunmer schließlich. "Ihr könnt doch wohl tun und lassen, was ihr für richtig haltet, alt genug seid ihr doch.", dabei sah sie Erynn abschätzend an. Sie wußte immer noch nicht so ganz, was Erynns oder vielmehr, Arranges Problem eigentlich gerade war. "Das nächste Mal kommt er eben nicht mit, wenn es das überhaupt gibt. Ich werde mir das jedenfalls nicht mehr lange gefallen lassen, er kann sich echt einen anderen Dummen für seine Ausfälle suchen. Wobei er den ja schon gefunden zu haben scheint." Inzwischen war Drevenis Laune auf dem absolutem Nullpunkt angekommen. "Ich glaube ihr braucht euch überhaupt keine Sorgen machen, ob ihr euch vielleicht verliebt. Das habt ihr doch längst, wer sollte den sonst freiwillig ertragen? Er benimmt sich ja nicht einmal in eurer Anwesenheit." Ob er gegen Erynn auch tätlich geworden war wie gegen sie, wußte sie nicht, es würde sie aber nicht mehr groß wundern. Sie hatte genug von Arranges Schlag gesehen in ihrem Leben.
Während sie gesprochen hatte, hatte sie die andere Dunmer wütend angefunkelt. Ihr Zorn richtete sich nicht einmal direkt gegen Erynn, eher gegen Balfall allgemein, Feryns Tod, der Abhängigkeit der sie dadurch entkommen war, und die sie jetzt auf irgendeine seltsame Art und Weise wieder von Arranges und Erynn vorgeführt bekam, sowie Erynns verzweifeltes Bemühen, diplomatisch und vernünftig zu bleiben, und das von Arranges nur mit Füßen getreten wurde.
[Erynn]
Die Worte der älteren Dunmer trafen wie gut gezielte Pfeile und Erynn senkte den Kopf rasch wieder, damit die Andere nicht sah, wie ihr das Blut ins Gesicht schoß. Ja, so muß es wohl aussehen für jeden, der von außen darauf schaut... und vielleicht hat sie auch gar nicht so unrecht. Warum tu ich mir das eigentlich alles an? Weil sie so verdammt viel miteinander erlebt und durchgestanden hatten und sie das zusammengeschweißt hatte.So einfach war die Antwort. Dreveni paßte es nicht, wie sie sich verhielt? Schön, der Assassinin paßte so einiges nicht. Damit war sie gewiß nicht allein. Erynn zum Beispiel paßte es nicht, daß scheinbar jeder, der ihr über den Weg lief, glaubte ihr sagen zu können, wie sie sich zu verhalten hatte. "Ihr habt in einer Sache Recht, Dreveni", antwortete sie schließlich. Es sollte selbstsicher klingen und wirklich, ihre Stimme zitterte nur ganz wenig, "ich kann tun und lassen, was ich für richtig halte. Genau das mache ich auch. Ihr mögt das verstehen oder nicht, aber es gibt Dinge, die einen weiteren Blick wert sind, bevor man über sie urteilt. Wenn man die Lösung eines Problems allerdings nur in kaltem Stahl sucht, so wie Ihr das scheinbar vorzieht, dann lohnt sich in der Tat kein zweites Ansehen, denn dann sind sie zerstört... aber vermutlich haben solche Überlegungen ohnehin keinen Platz in Euren Gedanken. So, wie Ihr Euren Lebensunterhalt verdient, würden sie nur stören, nicht wahr?"
[Dreveni]
Dreveni sah Erynn kurz entgeistert an, dann fing sie sich wieder. Sie wußte gerade nicht, was sie mehr überraschte, dass von Erynn überhaupt solche Töne kamen oder dass sie unbewußt voll ins Schwarze getroffen hatte. "Was wisst ihr denn schon darüber.", fuhr sie Erynn an. Das war nicht wirklich ein Argument, das war ihr selbst klar. Allerdings wollte sie auch nicht ihr ganzes Leben vor Erynn ausbreiten. "Manche Dinge sind es bestimmt Wert, einen zweiten Blick auf sie zu werfen. Meinetwegen auch manche Menschen.", fuhr sie leise fort. "Aber irgendwann sollte man sich fragen, ob es wirklich immer noch der zweite Blick ist, oder schon längst Abhängigkeit oder Angst davor, einen Schlußstrich zu ziehen." Musste Erynn jetzt wirklich damit anfangen? Sie wusste selbst, dass manche Sachen entgültig waren, noch viel schlimmer war es, wenn es ihre eigene Entscheidung gewesen war, mit der sie jetzt Leben musste, so oder so. Auch wenn sie immer noch überzeugt war, das einzig richtige getan zu haben. Natürlich war es ein feiner Weg von Erynn, sich immer Optionen - oder zumindest scheinbare Optionen - offen zu halten. "Ihr solltet es euch ausserdem nicht so leicht vorstellen, sich auf solche Art und Weise mit Stahl festzulegen, wie ihr es so schön durch die Blume formuliert. Nichts tun und abwarten ist mit Sicherheit bequemer." Inzwischen war die Wut in Drevenis Stimme purem Zynismus gewichen.
[Erynn]
Der Tonfall der Anderen erschreckte Erynn zutiefst. Für einen Moment wollte sie sich nur noch umdrehen und auf ihre Stube verschwinden, um... ja was denn eigentlich zu tun? Sie atmete tief durch, bevor sie mühsam beherrscht wieder sprach. "Ich bin dabei, einen Schlußstrich zu ziehen, Dreveni. Deshalb befinde ich mich auf dieser Reise. Was Arranges betrifft: Ihr seid doch nicht anders! Ihr glaubt genauso zu wissen, was richtig und was falsch für mich ist, wohin ich gehen soll und wohin nicht, und wißt ganz genau, was gut für mich ist und was zum Schaden. Woher nehmt ihr beide nur diese Weisheit, Dreveni?" Sie machte eine kurze Pause, bevor sie fortfuhr: "Warum ich abwarte und beobachte, das habe ich Euch schon gesagt. Was einmal zerschlagen ist, kann nicht wieder heil gemacht werden und was einmal tot ist, wird nicht wieder lebendig. Ihr mögt das Bequemlichkeit nennen... aber ich denke, Ihr seid eher diejenige, die es sich verdammt leicht macht. Oder habt Ihr wirklich jemals darüber nachgedacht, welche Konsequenzen Euer Handeln hat?"
[Dreveni]
Bei Erynns letzten Sätzen war sie zusammengezuckt. Weniger wegen der Worte an sich, ihr war es normalerweise egal, was ihr jemand an den Kopf schmiss, sondern mehr wegen ihren eigenen wiedersprüchlichen Gefühlen, und dass es jemand einmal wirklich ausgesprochen hatte, was sie umtrieb seit dem Abend vor gut zwei Monaten. Sie wusste für einen kurzen Moment nicht einmal, was sie Erynn antworten sollte, dann fing sie sich aber wieder. "Woher dieser zweitklassige Beschwörer seine Weisheit nimmt, weiß ich nicht. Ich sehe jedoch von aussen, was dieser Kerl für ein Mensch ist. Meinetwegen tut was ihr wollt, aber vergleicht mich nie wieder mit ihm.", erwiederte sie scharf. "Und ja, es ist verflucht einfach. Einfach und angenehm, das wollt ihr doch hören, oder? Kein zweites Mal nachdenken, alles ist geklärt, einer weniger der einem in den Rücken fallen kann."
[Erynn]
"Dann schlage ich vor, Ihr benehmt Euch nicht wie er", gab Erynn kalt zurück. Sie hatte sich nicht streiten wollen, aber Dreveni tat tatsächlich genau das, was sie ihr vorwarf sich von Arranges gefallen zu lassen. In einem Winkel ihres Bewußtseins fragte die Kriegerin sich, wie weit sie gehen konnte, bevor die Assassinin ihr das Stilett durch eines ihrer Augen in den Kopf trieb. "Und ich will gar nichts von Euch hören. Behaltet Eure Meinung, wenn Ihr damit glücklich seid, aber versucht nicht, mir zu sagen was ich fühlen und wie ich mich verhalten soll, Dreveni. Ich will nicht kalt sein. Arranges ist es nicht gelungen, mir ein solches Denken einzupflanzen, und Ihr werdet das auch nicht schaffen."
[Dreveni]
"Ihr glaubt wohl auch noch an das Gute in jedem? Keine Angst, ich werde euch nichts einreden, hoffentlich werdet ihr nicht doch noch irgendwann von der Realität eingeholt." Dreveni stand auf, nahm den noch halbvollen Krug vom Tisch und wandte sich dann noch einmal an Erynn: "Und ja, ich bin mir der Konsequenzen verdammt genau bewusst. Und bei allem scheinheiligem Gerede von zweitem Blick und Zerstören von euch: Warum seid ihr denn überhaupt hier?" Damit drehte sie sich um und ging nach oben zu ihrem Zimmer.
Taverne von Balfalls (Arranges und Erynn)
Erynn war schon seit dem frühen Morgen wach - und schlecht gelaunt. Der Disput vom vergangenen Abend hing ihr noch deutlich nach. Irgendwann überwand sie sich und legte Kleidung und Rüstung an, nur um sich danach wieder aufs Bett fallen zu lassen und dort zu bleiben. Die Arme hinter dem Kopf verschränkt, die Beine übereinandergeschlagen und auf dem Bettpfosten gelegt starrte sie an die Decke und zählte zum wiederholten Male die erschlagenen Mücken, die dort klebten. Sie zuckte unwillkürlich zusammen, als es an der Tür klopfte, schwang sich dann aber in eriner fließenden Bewegung auf die Füße und öffnete die Tür. Als ihr Blick auf Arranges fiel, holte die Elfin einmal erschrocken Luft. Der Beschwörer hatte eine blutige Schramme an der Schläfe und sah aus, als könnte er jeden Moment vor Erschöpfung zusammenbechen. "Was ist passiert?" fragte sie ohne irgendwelche Umschweife, scheuchte ihn mit einer Handbewegung in die Kammer und bedeutete ihm, er möge sich irgendwo hinsetzen.
Arranges sagte ersteinmal gar nichts. Er schleppte sich lediglich ins Zimmer und ließ sich dann auf einen der zwei Schemel fallen. Sich abermals das kleine, rote Rinnsal aus dem Auge wischend, blickte er auf. Er schüttelte zunächst nur den Kopf, bevor er einen Herzschlag später antwortete: 'Ein... Straßenköter hat mich aus dem Schatten einer Gasse am Hafen angefallen...' Wir beweisen heute wieder maximale Übezeugung und Kreativität Arranges, wie? Irgendwie unauffällig mit den Schultern zuckend, damit der Kragen des Umhangs über den Kratzer am Hals rutschte, fügte er hinzu: 'Das sieht schlimmer aus, als es tatsächlich ist, mach dir keine Sorgen...'
Die Kriegerin blickte ihr Gegenüber zweifelnd an, nachdem sie sich an den wackligen Tisch gelehnt hatte, an dem der Schemel stand auf dem der Kaiserliche zusammengesackt war. "Und der darauffolgende Kampf mit dem räudigen Flohteppich war so anstrengend, daß du jetzt kaum noch die Augen offenhalten kannst?" bemerkte Erynn ironisch, machte dann aber eine wegwerfende Handbewegung. Was konnte Arranges schon für ihre schlechte Laune? Dann fragte sie: "Weißt du mittlerweile, wann genau das Schiff ablegt?" während sie das blutige Rinnsal an seiner Schläfe kritisch musterte.
In der Tat, das war der... Kampf... ich hoffe wirklich inständig, dass Talivha irgendwann absäuft wie eine Kanalratte... 'Ja, das Schiff legt in der Stunde zum Mittag ab... wir sollten besser zusehen, dass wir pünktlich dort sind habe ich mir sagen lassen...' Er schaute Erynn in die Augen und bemerkte, wohin ihr Blick ging. Achja richtig, da war ja was... 'Aber der eigentliche Grund, warum ich dich überhaupt so früh aufsuche ist der, dass ich dich fragen wollte ob du mir... die Fäden... ziehen könntest...' Bei den Worten zeigte sein Gesicht trotz Müdigkeit sehr deutlich, wie begeistert er von seiner eigenen Bitte war. Aber es blieb ihm nichts anderes übrig. In der nächsten Nacht langt die Rothwardonin vielleicht nochmal richtig zu, dann kann ich meinen Skalp als Talisman an dem Zwirn um den Hals tragen...
Man sah Erynn die Überraschung recht deutlich an, aber sie fing sich schnell wieder. Eigentlich sollte ihr ja längst klar sein, daß jemand oder etwas erst recht kräftig an den Fäden hätte reißen müssen bis der Beschwörer von selbst auf die Idee kam, daß es das kleinere Übel sein könnte die Dinger kontrolliert zu entfernen. Sie verbiß sich jedoch jeglichen gesprochenen Kommentar dazu, wenngleich ihr Blick Bände sprach, als sie sich die Stelle genauer besah. "Es ist nicht allzu viel eingerissen", informierte sie Arranges. "Nur zwei kleine Kratzer. Fühlt sich wahrscheinlich häßlicher an, als es ist. Die Elfin zog Waschschüssel und ein Leinentuch heran, bevor der Magier es sich noch einmal anders überlegte, und wusch die Blutstropfen fort. "Halt still", murmelte sie daraufhin leise, zog ihr Gebrauchsmesser vom Gürtel und ließ die leicht gekrümmte Klinge unter die Naht an Arranges' Schädel gleiten.
Als Arranges den kalten Stahl des Messers auf seiner Kopfhaut spürte, wollte er erst instinktiv den Kopf wegziehen, aber er war schlicht zu erschöpft um seinen Gedanken in Bewegung umzuformen. Es dauerte vermutlich nicht länger als 2 Minuten, bis Erynn den letzten Faden vorsichzig aus der Haut zupfte. Alles was blieb war eine doppelte Reihe roter Punkte, welche die Dunmer anschließend vorsichtig abtupfte. Erleichteret ließ Arranges die Luft aus seinen Lungen entweichen, welche er völlig unbewusst angehalten hatte. Er hielt den Blick gesenkt, spürte aber, dass Erynn in fragend ansah. Sein Gespür wurde bestätigt, als er schließlich aufsah. Es wiederstrebte ihm noch immer, die Fäden ziehen zu lassen, aber auf der anderen Seite stand die Müdigkeit, die mindestens so schwer wog wie seine Abneigung gegen derlei Wundversorgung. Nach einem Weiteren Moment jedoch setzte sich das Bedürfnis nach Ruhe durch, bis sie in einigen Stunden ablegen würden und er wieder dieses grässliche Schiff betreten musste. 'Könntest du die Fäden im Oberschenkel ebenfalls ziehen?'
Es gelang der Elfin nicht ganz, einen erleichterten Seufzer zu unterdrücken - kein erneutes Theater wegen des zweiten Schnittes, wenngleich sie hätte sowohl blind als auch dämlich sein müssen um zu übersehen, wie groß die Abneigung des Kaiserlichen gegen diese ganze Prozedur war. Vielleicht... wenn du selbst die Kontrolle darüber hast... Flink drehte sie das Messer zwischen ihren Fingern und hielt es dem Magier hin, Griff voran. "Wie wärs, wenn du es selber mal versuchst? So kompliziert ist das nicht, und du mußt in Zukunft niemanden mehr deswegen fragen."
Bei ihrer Frage musste er einen Moment stutzen. Es war eine Sache, sich Armbrustbolzen und im groben Notfall auch Pfeile zu ziehen, aber das hier... nein, das konnte er nicht. Allein die Vorstellung, dass er dort eine Naht trug und vor allem, wie sie dort hingekommen war, war nicht ganz das Wahre, wenn er sich jetzt auch noch die Fäden selbst aufschneiden und ziehen musste, wäre das in etwa gleich schlimm für ihn, als würde ihn jemand mit Heilzaubern bombardieren. 'Bist du verrückt?' Er schüttelte trotz Erschöpfung entschieden den Kopf. 'Nein, das kann ich nicht...'
Erynn ließ die Hand mit dem Messer sinken. "Warum nicht? Du weißt doch selbst, daß es eigentlich keine dramatische Sache ist." Dann nickte sie. "Gut, wie du willst. Dann entferne ich die Fäden eben." Sie trat einen Schritt zurück und sah Arranges abwartend an.
Warum nicht... jedes mal wenn ich denke, dass du keine blöderen Fragen stellen kannst... Nach einem Moment erhob sich Arranges dann doch und entledigte sich Stiefel, Beinschienen und Hose. So, dass die Naht und der Rest des Beines bis hoch zu Hüfte gut einsehbar war, setzte er sich schließlich wider. Erst als er bereits saß und die Naht selbst einen Moment betrachtete, stach ihm der Abruck eines menschlichen Gebisses ins Auge. Oh verfluchter Dreck... Arranges hatte noch im Kopf, dass Talivha es hier etwas übertrieben hatte. Aber So schlimm sah das Ganze heute morgen noch nicht aus...
Nein, du mußt mir nicht antworten... was zum Donner ist das denn?! Erynn kniete sich neben den Schemel und legte eine Hand neben die Naht an der Hüfte. Tatsache, die Form des rotblauen Blutergusses ungefähr auf Höhe des Gelenks war unverkennbar. Entgeistert hob sie den Kopf und starrte Arranges an. "Wie kommt dieser Abdruck da hin?" fragte sie reichlich baff, wenngleich ihr selbst klar war, daß es dafür wohl nicht allzu viele Möglichkeiten gab, weshalb sie hinzufügte: "Wer hat dich gebissen, Beschwörer?"
Arranges zuckte zusammen, als Erynn ihre Hand neben den Biss legte. Dass die leichte Berührung bereits unangenehm war, war ihm zuvor bei dem Gewicht der Beinschienen nicht wirklich aufgefallen. 'Das wird wohl eine sehr... aggressive Person gewesen sein würde ich jetzt mal behaupten, wüsste ich es nicht besser... aber das interessiert dich ja eigentlich nicht, mir reicht es voll und ganz, wenn du mich von den Fäden befreist und mir dann ein paar Stunden Ruhe gönnen würdest, bevor wir zum Schiff gehen...' Arranges konnte ihr einfach nicht sagen, woher der Biss kam. Schon allein wegen der Tatsache nicht, dass es ihm im Nachhinein immer mehr missfiel, dass er sich verkauft hatte, sttatt Talivha einfach zu erpressen oder ihr zu drohen. Rache ist ein recht heftig verblendendes Gefühl...
"Äh... ja." Etwas zerstreut durchtrennte sie die Fäden an Arranges' Seite, reichlich weniger umsichtig als zuvor die am Kopf. Mit Nachdruck legte sie das Messer auf den Tisch, nachdem sie fertig war. "Wenn du es nicht besser wüßtest, ja? Aber austicken, wenn Dreveni mir ein bißchen was über Magie beibringt..." nahm sie den Faden wieder auf und fragte sich im nächsten Moment, mit welchem Recht sie eigentlich so giftig reagierte. Wenn Arranges meinte, sich ein bißchen austoben zu müssen, konnte sie ihm deswegen wohl schlecht die Leviten lesen. "Mach doch, was du willst", knurrte sie und wandte sich ab. Der Tag hatte beschissen angefangen und wie es aussah, würde er nicht besser werden...
'Das ist etwas völlig anderes!' Sagte Arranges plötzlich etwas heftiger, als er eigentlich wollte. Er gab hier seit zwei Nächten seinen Stolz ab, damit sie alle möglichst unkompliziert nach Ebneherz kamen und Erynn unterstellte ihm hier Unfairness. 'Ich sehe nicht ein, dass Dreveni sich da irgendwie einmischt oder sich da reindrängt, wo ich eigentlich stehe... sie ist hier nur wegen des Geldes dabei und sonst wegen gar nichts...'
Erynn blieb stocksteif stehen. Dem Beschwörer hatte sie den Rücken zugewandt, während sie sich krampfhaft auf einen Riß im Putz an der Wand konzentrierte. "Wo du eigentlich stehst?" fragte sie gefährlich leise. "Nun, Gelegenheit mir etwas beizubringen hättest du hier dazu genug gehabt, aber du ziehst es scheinbar eher vor, dich von irgendwelchen Weibern anknabbern zu lassen... oder sinds Kerle?" fügte sie mit vor schierer Bösartigkeit triefender Stimme hinzu, von der sie gar nicht sagen konnte, woher diese so plötzlich kam. Direkt darauf tat es ihr schon wieder leid, aber sie schwieg, wartete einfach ab und hoffte, daß der unvermeidliche Ausbruch nicht allzu heftig ausfallen mochte... oder, viel schlimmer, daß Arranges einfach wortlos verschwinden würde.
Jetzt reichte es! Mit einem Ruck zog er die Hose hoch und stand wütend auf, sichtlich um seine Beherrschung bemüht. 'Wenn du es genau wissen willst, ja, der Biss stammt von einer Frau... einer Frau, die auch so aussieht wie eine... mit Brüsten und Hüfte!' Ob er sie damit möglicherweise verletzte oder nicht, war ihm jetzt im Gegensatz zu vorhin, reichlich egal, er ließ sich nicht irgendwelche skurrilen Dinge unterstellen und schon gar nicht, dass er komplett absichtlich Erynn die Lehren der Magie verweigert hätte...
"Spar es dir!" Erynn fuhr herum. "Deine Meinung dazu kenne ich längst, du brauchst sie nicht zu wiederholen." Kochend vor Wut begann sie, in dem Raum auf und ab zu tigern. Sie hatte längst den Faden verloren bei der Frage, worüber sie sich eigentlich genau ärgerte. Darüber, daß Arranges sich rumtrieb, daß er sie gängelte, was ihren Umgang mit Dreveni betraf oder darüber, daß er jetzt wieder auf eine ihrer empfindlichsten Stellen zielte... wahrscheinlich eine Mischung aus allem, und wenn sie auch nur einen Funken Verstand besitzen würde, so dachte sie, wären ihr alle drei Dinge herzlich egal. Sie setzte schließlich an dem einzigen davon an, das sie nicht direkt in allzu tückisches Fahrwasser bringen würde: "...und glaub nicht, daß du mir sagen kannst, mit wem ich reden und von wem ich lernen darf, oder von wem nicht. Du bist nicht mein Vater, verdammt noch mal!"
'Ohh... werden wir jetzt etwa zickig? Gut, dann lass dich doch von Dreveni lehren, lass dich umkrämpeln von ihr. Vielleicht ist das, was sie weiss ja doch sehr viel nützlicher, als jene Dinge, die ich dir von modernden Leichen erzählen kann, obwohl die Spanne zwischen ihrem und meinem nicht so weit auseinanderliegt... aber ein Vorteil muss der Umgang mit ihr ja haben, wenn du ihn als so wertvoll erachtest...' Arranges war zornig und seine Stimme troff nur so vor Hohn.
Arranges Worte erwischten sie kalt. Er hatte ziemlich genau getroffen mit seiner Einschätzung. Die Assassinin versuchte tatsächlich, irgendeinen Einfluß auf sie zu nehmen, auch wenn Erynn sich noch nicht sicher war, in welchem Ausmaß oder zu welchem Ziel. Daß der Kaiserliche sie jetzt so wegstieß, hatte sie auch nicht gewollt, sondern nur... "Alles, was ich will, ist ein bißchen mehr Freiheit", sagte sie mit hängendem Kopf, plötzlich zu eingeschüchtert, um Arranges in die unheimlichen Augen sehen zu können. "Ich will nicht, daß du und Dreveni mich in verschiedene Richtungen zerren, als könnte ich nicht selbst entscheiden, was ich tue und lasse... seit wir zu dritt unterwegs sind, zerreiße ich mich um euch allen gerecht zu werden und ihr... ihr tut doch sowieso nur, was euch gerade in den Schädel kommt!" Vorsichtig hob sie den Kopf ein Stück. Sie wußte, sie hätte jetzt aufhören sollen, aber die Worte waren heraus, bevor sie sie zurückhalten konnte: "Was würdest du eigentlich sagen, wenn ich mich des nachts in Balfalls herumtriebe?" fragte sie bockig.
'Was?! ... Du willst mehr Freiheit?! ... Wann habe ich dich in irgendeiner Form gezwungen, anzunehmen, was ich dir sagte?!' Er zitterte am ganzen Körper unter der grenzenlosen Wut, die seinen Verstand gerade flutete. 'Du ringst mir das Versprechen ab, dir etwas über Magie zu lehren, vergisst es dann selbst, frägst hier eine praktisch Fremde, ob sie dir etwas beibringt, wirfst mir dann vor, es nicht schon längst gemäß unserer Abmachung versucht zu haben und besitzt jetzt die Dreistigkeit, dich hier vor mich hinzustellen und zu sagen, dass ich dich irgendwann mal in eine Richtung gezwungen hätte... ich habe dich nie mit irgendeinem Gerede über Nekromantie behelligt, noch dir mehr über die Gathering verraten, als du unbedingt wissen wolltest und solltest... mach mich nicht allein dafür verantwortlich, dass du mittlerweile weisst, was Magie ist, aber zu blöd bist, um sie ordentlich zu nutzen! ... Weiter habe ich nie versucht, dich von irgendetwas anderem zu überzeugen, das ich so oder anders mache als du... ich habe auch nicht versucht, deine Überzeugungen irgendwie zu ändern, noch deine Prinzipien zu brechen... Und was deine Bewegungsfreiheit angeht und -ging,' er kam drohend einen Schritt auf sie zu, 'ich habe dir oft freigestellt zu gehen, sogar versucht, dich irgendwie zu zwingen, mich zu verlassen, damit du deinen eigenen Gedanken weiter nachgehen kannst, ich habe dich exakt einmal gezwungen mir zu folgen und das war eine völlig andere Situation...!' Es fehlte nicht mehr viel dazu, dass er brüllte, seine Stimme glich mittlerweile schon dem nahenden Grollen eines Donners. Erst jetzt, da er einen kurzen Moment inne hielt und Erynns letzte Worte den Verstand des Magiers erreichten, setzte seine Vernunft vollends aus. Mit einem Ruck hatte er sein Schwert gezogen. 'Sei versichert, dass ich dich filetieren würde, sollte ich erfahren, dass du dich hier irgendeinem Mann, und wäre er noch so vornehm, an den Hals wirfst!' Brüllte Arranges. Mit einem Ruck, der die ganzen Dinge, die an seinem Gürtel hingen, zum Klimpern und Baumeln brachte, schob er das Schwert zurück in die Lederscheide...
Erynn hatte den Kopf längst wieder gesenkt und erwiderte nichts mehr, sondern hoffte nur noch, daß das Donnerwetter möglichst schnell vorbeiginge. Sie hatte es wieder einmal geschafft, den Bogen zu überspannen, und diesesmal gründlich. Wenn man es von der Warte aus betrachtete, wie Arranges es offenbar tat, so hatten seine Worte eine gewisse Berechtigung - wenngleich sie ihren Handel nicht vergessen hatte. Es war nur... stets die falsche Zeit gewesen darauf zurückzukommen. Gerade als sie glaubte, es überstanden zu haben, legte der Kaiserliche nochmal um einiges an Lautstärke zu, und auch sonst... die letzten Worte hätte ich mir wohl wirklich besser verkniffen... du meine Güte! Tief erschrocken und wie gebannt starrte sie auf den Ort des Silberschwertes. Das würdest du nicht wirklich...
Die Elfin machte, daß sie sich an die Wand nahe der Tür verzog, nachdem sie sich traute, sich wieder zu bewegen. Mit verschränkten Armen und hängendem Kopf lehnte sie dort und brauchte einige Momente, um sich wieder zu sammeln. "Es... tut mir leid", brachte sie schließlich heraus. "Wird nicht wieder vorkommen..."
Zum Schlafen war er spätestens nach diesem Ausbruch viel zu aufgewühlt, das Einzige was ihm blieb, war raus! Er musste vor die Tür. Wortlos trat er aus dem Zimmer und zog die Tür hinter sich ins Schloss... Vor der Taverne angekommen, sog er die kühle Morgenluft ein und versuchte sich irgendwie zu beruhigen. Es war nicht ganz fair gewesen Erynn mit diesem Halbwissen zurück zu lassen, aber ihre Worte hatten im Nachhinein doch gut getroffen und er brauchte in diesem Moment einfach ein wenig Abstand, vielleicht würde sich später einen Augenblick Zeit finden, um das irgendwie aufzuklären... ohne das Beisen von Dreveni bestenfalls...
Das hast du ganz großartig hinbekommen, Erynn Releth, dachte sich die Elfin mit einer gehörigen Portion Selbsthaß. Mit noch etwas unsicheren Schritten ging sie wieder zu ihrem Bett herüber, ließ sich darauf fallen und wartete auf den Moment, in dem sie Balfalls endlich verlassen konnten. Diese Hafenstadt brachte nur Unglück, so viel war sicher.