Festung des Heilerordens in den Hochlanden westlich Chorrols
Kurze Zeit später war die Ruine erreicht, welche sich für den Agenten aus der Nähe gar nicht als solche entpuppte.
Die Mauern dieser alt aussehenden Festung erwiesen sich bei genaueren Hinsehen als nicht so antik wie gedacht, denn obwohl das windige und wahrscheinlich meist schlechte Wetter in den Bergen an dem Gestein genagt hatte, war am Fundament keinerlei Beschädigung zu sehen, welche durch etwas längeres Bestehen entstanden wäre. Typisch für diese Festung waren die 4 Ecktürme mit unzähligen kleinen Schießscharten. Genau diese hatte Juan aus der Ferne für herausgebrochene Steine gehalten, und nun stand er vor dem kleinen Steintorhaus, welches mit einem Fallgitter versperrt war. Zunächst hätte man denken können, die Festung sei verlassen, jedoch sprachen die brennenden Fackeln an den Wänden eine andere Sprache. Der Agent saß von seinem Gardepferd ab und trat an das metallische Geflecht, dass den Weg versperrte und linste in den Innenhof. Bis auf das Knistern der Fackeln und den Wind, der durch das Gemäuer fuhr, war nichts zu hören.
Erst spät erblickte Juan den Mann in der schwarzen Kutte, der dort quer über den düster beleuchteten Innenhof auf ihn zuschritt. Er trat zurück und wartete ab, als der Heiler an dem Gitter angekommen war, aber dieser schwieg und schien ebenfalls auf etwas zu warten. Dann fiel Juan ein, dass diese Mönche ja wohl nicht jeden dahergelaufenen Abenteurer einlassen würden, aber er sah auch nicht ein, warum er diesen wortkargen Kerl anbetteln sollte, ihn einzulassen. Stattdessen zog er die Schriftrolle mit dem Auftrag hervor, ebenso seine Plakette, und reichte sie wortlos durch das Fallgitter dem Heiler. Dieser griff mit einer selbst im Fackellicht bleich und knochig wirkenden Hand danach und studierte beide Sachen genau. Dann drehte er sich um und entfernte sich mitsamt Juans Unterlagen wieder über den Innenhof. Gerade als der Agent seiner Empörung verbal Luft verschaffen wollte, hob der Mönch ansatzlos die Hand, und kurz darauf glitt das Fallgatter in einer Bewegung ratternd nach oben. Der Rothwardon schnappte schnell die Zügel seines Pferdes und begab sich mit diesem in den Hof. Kaum war er eingetreten, fiel das Gitter wieder. "Was für Freundlichkeit, aber diese Mönche, Heiler, Templer und Magier sind ja alle sehr exzentrisch und halten sich für Halbgötter...", grummelte er vor sich hin und band sein Pferd an einem vertrockneten Baum an, welcher in einer Ecke des Innenhofs stand. Dann folgte er schnellen Schrittes dem Mann, welcher in einem dunklen Torbogen verschwunden war.
Juan fand sich nun in einer befackelten Unterführung wieder. Langsam folgte er dieser, so wirklich eine Ahnung wo er hinlief, hatte er nicht. Schließlich kam er zu einer schweren Holztür; hier klopfte er kurz und trocken zweimal an und trat dann ein.
Im Inneren des Raumes herrschte dasselbe düstere Fackellicht vor wie draußen im Hof, mit dem Unterschied, dass es hier drinnen drückend warm war. Juan schloss die Tür hinter sich und streifte die Kapuze und das Tuch vor seinem Mund ab, den Umhang öffnete er. Erst jetzt blickte er sich um. Alles war edel möbliert und mit Teppich ausgekleidet, an den Steinwänden waren hier und da Fackeln befestigt, welche jedoch nur vereinzelt brannten, auf den vielen Tischen und Schränken standen viele Kerzen. Am anderen Ende des Raumes, genau gegenüber der Tür, stand ein Schreibtisch, dahinter saß ein Mann in roter Kutte, daneben stand der schwarze Mönch, der Juan eingelassen hatte. Eine kaum wahrnehmbare Handbewegung des Rotgekleideten folgte, der dunkel Angezogene verbeugte sich ehrwürdig und verließ dann lautlos den Raum durch eine Seitentür.
Der rote Kuttenträger erhob sich und streifte seinerseits die Kapuze zurück. Zum Vorschein kam der kahlgeschorene, ebenfalls bleiche Kopf eines Mannes mittleren Alters. Die Augen lagen tief in den Höhlen, die Nase hatte eine leichte Hakenkrümmung, die Gesichtszüge waren im allgemeinen mehr hager als voll. Juans Blick fiel auf den Schreibtisch. Zwei Totenschädel zierten die Arbeitsplatte, und die Augen des Agenten mussten wohl daraufhin etwas Verwunderung in sich getragen haben, denn sein Gegenüber lachte leise, es war ein kratzig, etwas hell klingendes Lachen. "Hehe, nur keine Sorge, Agent des Hohepriesters der Kaiserstadt, dies sind nur Imitate", der Mann räusperte sich und fuhr fort, "Willkommen in meiner kleinen Festung. Ich bin der Leiter dieses kleinen Ordens von abgeschiedenen Heilern. Entschuldigt den kühlen Empfang, aber mein Bruder hat es nicht so mit Worten, wie auch der Großteil der hier in der Festung Anwesenden. Dazu sind unsere Studien zu ernst und verlangen zuviel Konzentration. Aber zu eurem Auftrag...", und der hagere Mann studierte wohl nur um die Pause zu überbrücken sporadisch das Dokument und die Plakette. "Diese Frau haben wir schon etwas länger ins Auge gefasst. Sie passt nicht so ganz in unser Schema. Sie verbreitet ketzerische Ansichten. Verletzungen seien mit purem Stahl behandelbar anstatt mit Magie, und das gleichwertig oder sogar besser. Wollt ihr euch etwa aufschneiden lassen wenn ihr eine Verletzung habt?". Der Mann fragte nur rhetorisch, denn er fuhr fort. "Es gilt, diese Frau zu überwachen. Sammelt Informationen, die sie der Ketzerei beschuldigen könnten. Haltet sie wenn möglich von hier fern. Aber krümmt ihr kein Haar, ich weiß, in dem Auftrag steht 'mit allen Mitteln'. Es würde sich nicht gut machen, wenn unser Orden oder der Hohepriester in Verruf geraten würde. Diese Frau ist mittlerweile sehr bekannt geworden, ihr mysteriöses Verschwinden würde auf uns oder den Tempel zurückfallen. Sollte sie bis hierher vorstoßen, weisen wir sie bestimmt ab. Sucht einfach nur nach Informationen, die sie vor den Scharfrichter führen können.". Juan hatte gelauscht, genaustens zugehört, aber irgendetwas kam ihm suspekt vor. Dieser Mann sah nicht aus wie ein Heiler, dennoch gab er vor einer zu sein. Vielleicht irrte sich Juan auch, er war müde. "Gut, ich habe euch verstanden", nickte der Agent nur zur Antwort. Der Kuttenträger musterte den Agenten von oben bis unten einen Moment. "Warum seid ihr eigentlich hergekommen?", in der Frage lag ein misstrauischer Ton, beinahe bedrohlich klang er. Juan antwortete ruhig. "Ich muss meine Vorräte auffüllen, außerdem mich versichern, dass die Frau nicht schon hier war oder ist. Da dem nicht so scheint, lautet nun meine Frage, ob ihr mir bis morgen früh ein Nachtlager anbieten könnt, desweiteren würde ich euch um ein Auffüllen meiner Vorräte bitten, um die Versorgung meines Pferdes und ein neues Schwert, denn leider hat mir ein Bergtroll auf den Weg hierher etwas zugesetzt.". Der Rotgekleidete lächelte und drückte dann, kraftvoller als für möglich gehalten, Juan seine Plakette und das Dokument wieder in die Hand, dabei starrte er ihm tief in die Augen, dass Juan himmelangst wurde. Dies zeigte er aber nach außen hin nicht, hoffte er. Der Mann lachte leise und wendete sich dann ab. "Aber natürlich, ich werde alles in die Wege leiten...ich wünsche angenehme Nachtruhe...Kasimir...", rief er, und der Heiler aus dem Innenhof trat wieder herein, tuschelte kurz mit dem Leiter der Festung und bedeutete dann Juan, ihm zu folgen, was dieser auch tat.
Wenig später stand der Rothwardon in einem kalt eingerichteten kleinen Raum. Ein Fenster war nicht vorhanden, sofern man von den beiden Schießscharten absah, und an der Wand genau über dem einfach aussehenden Bett thronte eine kleine Fackel. "Extravaganz pur...", grummelte der Agent, nahm seinen Umhang ab und breitete ihn als Laken über die Decke aus. Wer weiß was ich mir sonst einfange, dachte er sich dabei und legte sich dann, nachdem er sein Schwert, Bogen und den Köcher neben das Bett gelegt hatte, auf den Umhang und blickte an die hohe Decke. Wirklich tief schlief er den Rest der Nacht nicht, da er manchmal glaubte, aus dem Gewölben unter sich hätte er Schreie, Kratzen und Kettenrasseln gehört, aber dies tat er als Hirngespinst ab. Warum sollte es in einem kleinen Heilerorden auch solche Geräusche geben. So döste er abermals vor sich hin, bis die Morgensonne ihre Strahlen durch die Schießscharten genau auf Juans Beine warf...
Festung in den Hochlanden & Umgebung
Kaum hatten die ersten Sonnenstrahlen Juans Aufmerksamkeit erregt, stand dieser auch schon voll angekleidet vor dem Bett und hatte seine Waffen angelegt. Innerhalb von kurzer Zeit stand er allein in dem verlassenen Innenhof, von seinem Gardepferd einmal abgesehen. Die Vorratstaschen an jenem Tier sahen gut gefüllt aus, und an dem Sattel baumelte eine Schwertscheide aus rotem Leder, aus welcher ein Gold verzierter schlichter Griff ragte. Mit einem ganz mulmigen Gefühl nahm er die neue Waffe in die Hand und zog das Schwert heraus. Er seufze. "Ein Silberschwert. Zum Kämpfen so gut wie nicht geeignet, außer ich habe vor einen Vampir oder Werwolf zu erlegen. Viel zu weiches Metall, einzig als Statussymbol zu verwenden.". Kopfschüttelnd befestigte er das Schwert, nachdem er es zurückgesteckt hatte, an seinem Gürtel; nun hingen dort 2 Langschwerter. Der Blick des Agenten ging zum Torhaus; das Gatter war nach oben gezogen, somit musste Juan zum Glück keinen der Heiler darum bitten, ihn heraus zu lassen. Er saß auf seinem großen schwarzen Pferd auf, schlang den Umhang um sich, da es ihn in diesen Höhenlagen mal wieder etwas fröstelte, und ritt aus der Festung in leichtem Trab heraus, zurück durch die Schlucht.
Nach kurzem Ritt kam der Rothwardon an der Weggabelung an und blickte sich in der kargen Gegend um, wobei seine Augen in der Ferne die Pfade entlang des Horizonts musterten. Nichts war zu sehen, nur strahlend blauer Himmel, keine Pflanzen, viel Felsen. Eine trostlose, kalte, unwirtliche Gegend. Juan wendete das Pferd und blickte an den Rändern der Schlucht entlang, dann setzter er sich in Bewegung, einen Gedanken im Kopf.
Eine kurze Zeitspanne später stand der Agent am Rand der Schlucht und blickte auf den Pfad, welcher sich zwischen den Felswänden entlangschlängelte, hinab. Einen dafür angelegten Weg hier hinauf hatte er nicht gefunden, jedoch hatte das Pferd absolut keine Probleme, über das unwegsame Gelände bis hierher zu gelangen, und so nutzte Juan den Vorteil dieses Prachttiers.
Wenig später hatte es sich der Agent gemütlich gemacht. Diese Stelle war windanfällig und sogar noch kälter als zwischen den windkanalähnlichen Canyonwänden, aber dafür war der Weitblick, der sich hier bot, unglaublich wertvoll. Erst recht, wenn man auf jemanden wartete und diesen jemand eher erblicken als man selbst entdeckt werden wollte. Ein Lagerfeuer hatte er sich schon gemacht, nur ein kleines wegen dem rauch, aber es spendete genug Wärme. In seinen warmen Umhang gehüllt und ein wenig warmen Wein schlürfend, welchen er auf dem Lagerfeuer in einer kleinen Blechtasse erhitzt hatte, saß er auf einem Stein und blickte konsequent zum Horizont. Er lächelte und nahm ab und zu einen Schluck. Wer würde schon erhitzen Wein trinken? Nur ich, da nur ich weiß, wie das schmeckt und es wärmt, dachte er so bei sich. So saß er da, bis der Abend dämmerte.
Die Nacht verbrachte er ebenso, jedoch nicht mehr allzu aufmerksam. Das Lagerfeuer hielt er mit dem spärlich zu findenden Holz am Leben, und er wärmte sich allerlei Sachen auf dem Feuer auf und aß sie.
Der nächste Tag verlief beinahe wie der davor. Mit Blick auf den Horizont hielt der Agent wacker durch, aber langsam beschlich ihn ein ungutes Gefühl. Was war, wenn er etwas übersehen hatte? War das hier wirklich der einzige Zugang zur Festung? Noch kein einziger Heiler kam hier vorbei. Wie versorgten sie sich? Sich immer wieder diesen Gedanken aus den Kopf schlagend schaute er starr die Pfade entlang, auf denen sich wie zu erwarten den ganzen Tag wieder nichts tat. Als abermals die Sonne verschwand, war der Verdacht Juans stärker als der Wille, seinen Posten nicht zu verlassen. Er löschte das Lagerfeuer mit ein paar Stiefeltritten, räumte alle Utensilien in die Taschen und schwang sich auf das Pferd, welches sichtlich erfreut war, sich endlich wieder bewegen zu dürfen.
Juan ritt abermals durch die Schlucht hindurch, so langsam kannte er sie wie seine Westentasche. Nachdem er durch sie hindurch war und sich wieder am Fuße des Hügels befand, auf welchem sich die Festung befand, zügelte er das Tempo. Kein Weg war zu sehen außer der, der sich zu dem Gemäuer hinaufschlängelte. Der Agent zuckte mit den Schultern und lenkte in den immer mehr nachlassenden Licht und der dafür hereinbrechenden Dunkelheit das Pferd in das raue Gelände.
Es ging nur sehr beschwerlich voran, denn zu dem sehr unwegsamen Gelände kam die Tatsache hinzu, dass die Sicht zusehens schlechter wurde, was auch durch die abermals klare Nacht nur wenig linderte. Juan war jetzt schon eine Weile unterwegs und stellte fest, dass er jetzt fast zur Hälfte um die Festung herumgeritten war. Mittlerweile war tiefste Nacht, der Mond stand fast direkt über ihm, und Juan wollte gerade wenden, also er, unweit von seinem Standort, Lichter erblickte. Rein von der Höhe her geschätzt war das niemals die Festung, auch weil er diese noch sehr gut in luftiger Höhe erkennen konnte und sich die neu entdeckten Lichter zu bewegen schienen. Es gab also doch einen anderen Zugang? Der Agent saß ab, schlang die Zügel des Pferdes um einen großen Felsen und schlich dann zu Fuß Richtung seiner Entdeckung.
Der Rothwardon stieß auf einen sehr breiten, gepflasterten Weg nach ein paar Minuten Fußmarsch, aber diese Tatsache nahm er gar nicht wirklich wahr, denn das wirklich Relevante spielte sich auf dem Pflaster ab. Die Lichter, die Juan gesehen hatte, waren Fackeln gewesen. Fackeln, welche von Heilern mit schwarzen Kutten getragen wurden, und eben diese Heiler begleiteten 3 beladene Pritschenwagen, die mit großen Planen abgedeckt waren. "Es gibt also noch einen Zugang. Dass man mich immer selbst nachforschen lassen muss wird langsam zur Gewohnheit...", murmelte er süffisant, als er hinter dem großen Felsen hervorlugte, an welchen er sich presste. Seine Augen tasteten die Fracht der Wagen ab und blieben auf den unförmigen Wölbungen unter der Plane hängen. "Geht mich nichts an, was sie als Vorräte verwenden...", grummelte er unsicher vor sich hin und warf noch einen Blick den Weg entlang. Aus dieser Richtung würde sich die Frau wohl nicht nähern, das wäre ein sehr großer Umweg, und diesen Weg scheint nicht jeder zu kennen. So schlich sich der Agent zurück zu seinem Pferd und machte sich auf den beschwerlichen Rückweg. Diesmal führte er das Pferd gehend zurück auf den Pfad, von dem er gekommen war, stieg dann auf und ritt wieder durch die Schlucht.
An Tagesanbruch befand sich der Agent wieder an seinem angestammten Platz, hatte das Feuer neu entzündet, schlürfte warmen Wein und hatte sein persönliches Buch auf seinem Schoss. Er las aufmerksam darin und versuchte die komplexen Zusammenhänge der Alchemie und Nekromantie zu verstehen, des öfteren warf er einen Blick zum Horizont, nur um immer wieder dieselbe, karge Landschaft zu sehen...
Nähe der Festung der Heiler; an den Klippen der Schlucht
Eine solche Ausdauer im Warten hätte man einem Rothwardon wohl nicht zugetraut, jedoch war sich Juan bewusst, welchen Berufsweg er eingeschlagen hatte. Der Großteil der Zeit seiner Anstellung bestand aus Warten und nur ein wirklich Kleiner im aktivem Handeln. Er hatte gelernt, damit umzugehen.
Seit dem frühen Morgen saß er hier und hatte sich nicht von der Stelle gerührt, sah man von den paar Schritten zu den Taschen seines Pferdes ab, um neuen Wein oder etwas zu Essen zu holen.
Mit wachen Augen suchte er immer wieder den Horizont nach Veränderungen ab, aber er wurde immer wieder enttäuscht. Der Agent nahm das teilnahmslos zur Kenntnis und blieb hartnäckig; die gute Sicht von seinem Beobachtungspunkt erlaubte es ihm, dass er sich nicht einmal von seinem Felsen erheben musste, sondern von hier aus beide Pfade überwachen konnte. Skeptisch warf er nun, am späten Nachmittag einen Blick auf das kleine Feuer zu seinen Füßen, welches er mit Absicht auf solcher Größe hielt. Schließlich wollte er sich nicht durch verräterische Rauchschwaden oder zu hellen Feuerschein in der Nacht verraten.
Juan blätterte wieder in seinem Buch und las aufmerksam die folgende Seite, wobei er leise vor sich hinmurmelte. "Das Konservieren der sterblichen Überreste des Versuchskörpers stellt eine besondere Hürde dar, da selbst nach dem Tot des Objektes noch chemische Prozesse ablaufen. Diese Vorgänge äußern sich deutlich sichtbar in der Verwesung; diese zieht sowohl materiellen Verfall nach sich als auch einen gut wahrnehmbaren typischen Geruch. Nichtsdestotrotz eignen sich auch fast komplett zerfallene Körper für jegliche Totenbeschwörungen, wobei auch hier gilt: je fähiger der Beschwörer, desto mächtiger ist auch die Kreatur, welche entsteht. Diese ist in diesem Fall dann durchaus in der Lage, die Stärke eines mächtigeren Skelettkriegers zu erreichen, im Allgemeinen gilt jedoch der Grundsatz, dass diese bestimmte Art der Totenbeschwörung häufig schwächer ist als wenn man mit gleichen Einsatz ein Skelett erschafft. Somit ist die Konservierung von toten Körpern nur für Anschauungszwecke, Versuche oder Ritualen notwendig.". Juan legte die Stirn in Falten. Dieses Kapitel befasste sich mehr mit der Beschwörung als mit der wirklichen Alchemie. Jedoch ließ sich dort ein kleiner Teil herauslösen: Konservierung war ein schwieriges Unterfangen, und wenn man nicht gerade Experimente tätigen wollte, war sie total unnütz. Aber genau dies interessierte den Agenten.
Dennoch klappte er das Buch zu, legte die Hände darauf und blickte wieder zum Horizont. Was sage ich eigentlich, wenn ich dieser Frau gegenüberstehe? Als was gebe ich mich aus? Als Abenteurer?, und er schaute zu dem großen Gardepferd, welches die normalen Tiere deutlich überragte von der Schulterhöhe her. Das wird sie mir nicht glauben, nicht mit solch einer Ausrüstung, und sein Blick fiel danach auf seinen dicken schwarzen Fellumhang, den er sich umgelegt hatte wegen der Kälte in diesen Höhenlagen. Was dann? Ich könnte mich als Bote ausgeben, und wenn sie wirklich zu der Festung will könnte ich behaupten, ich müsste ebenfalls dorthin. So würde ich ihr auf den Fersen bleiben, ohne verdächtig zu wirken. Ja, diese Idee klingt plausibel. Juan konnte sich sehr gut Ausreden zurechtlegen, um seine Identität zu verschleiern, dazu war er jetzt lange genug Agent. Nur sehr wenigen Leuten gelang es, ihn mittlerweile zu durchschauen, und das auch nur erst wenn er mit eben jenen Leuten ein wenig Zeit verbracht hatte. Boten waren dafür berühmt, immer eine der besten Ausrüstungen zu erhalten, schließlich mussten sie schnell voran kommen, also war er mit dieser Aussage auf der sicheren Seite. Agenten kannte im Kaiserreich, wenn sie unterwegs waren so gut wie niemand, also konnte man auch nicht auf sie schließen, nur wenn jemand ausgezeichnet ausgestattet war.
Froh darüber, auch dieses Problem gelöst zu haben, suchte er mit den Augen nochmals die Landschaft ab und vertiefte sich dann, nachdem er abermals nichts Außergewöhnliches erblicken konnte, wieder in sein Buch, bis der Abend dämmerte...