Spiel 5: Jojo no Kimyou na Bouken (SNES)
Gestartet: 14.05.2016 (Von vorne)
Beendet: 16.05.2016
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Warum gerade dieses Spiel?
Ich bin ein großer Fan der "Jojo's Bizarre Adventure"-Mangareihe und wusste schon länger, dass es ein JRPG für das SNES gibt. Das Spiel kam - natürlich - nie im Westen raus, aber vor 3 Jahren veröffentlichten Aeon Genesis einen Translation Patch dafür. Seitdem habe ich mich schon öfter mit dem Gedanken getragen, dieses Spiel zu spielen, und da mir noch ein JRPG für den Monat Mai fehlt dachte ich mir, dass ich mich da mal ran setze könnte (auch, damit ich mir mit Oriental Blue Zeit lassen kann). Und da ich alle anderen Jojo-Spiele schon durch habe - bis auf Phantom Blood für die PS2, was wirklich nicht besonders gut ist - feuerte ich SNES9x an, stellte fest, dass das Spiel auf selbigem unspielbar ist und kramte den guten alten ZSNES hervor.
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Worum gehts?
Die Story basiert auf "Stardust Crusaders", dem dritten Teil der Manga-Reihe "Jojo no Kimyou na Bouken", aka "Jojo's Bizarre Adventure". Jotaro Kujo ist ein 17jähriger, 195cm großer Schüler, der im Gefängnis sitzt und sich weigert, seine Zelle zu verlassen, da er von einem bösen Geist besessen sei. Sein Großvater, Joseph Joestar, erklärt ihm mit Hilfe von Mohammed Abdul, dass diese ebenfalls einen "bösen Geist" besitzen, und selbiger kein Geist ist, sondern eine Repräsentation seiner Psyche, genannt "Stand". Vor einiger Zeit entwickelten die Männer der Joestar-Familie plötzlich Stands, was daran liegt, dass ein Erzfeind von Jotaros Ur-ur-Großvater Jonathan Joestar, der Vampir Dio Brando, aus den Tiefen des Meeres befreit wurde. Dio Brandos Körper vom Hals abwärts ist der von Jonathan, und über diese Verbindung wurden Stands in der gesamten Familie Joestar entfesselt. Als auch Jotaros Mutter plötzlich einen Stand entwickelt, der ihrem Körper langsam das Leben aussaugt, ist das Ziel klar: Nach Ägypten zu reisen und Dio zu vernichten! Mit von der Partie sind Jean Pierre Polnareff (ein französischer Schwertkämpfer), Jotaros Schulkamerad Noriaki Kakyōin sowie ein Boston Terrier namens Iggy.
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Gameplay
Jojo no Kimyou na Bouken wird die meiste Zeit über aus einer Seitenperspektive wie in Valkyrie Profile gespielt, allerdings füllt das Spiel dabei nicht den ganzen Bildschirm, sondern nur einen Streifen in der Bildschirmmitte, wo man die Protagonisten von der Taille aufwärts sieht. Man bewegt sich also normalerweise von links nach rechts und drückt nach oben oder unten um durch Türen (oder Lücken in Mauern, etc) zu gehen. Dabei ist häufig ein Problem, dass Türen nach unten und oben nicht richtig gekennzeichnet sind, und man nur durch einen kurz aufblinkenden Mini-Pfeil darauf aufmerksam gemacht wird, dass man hier hätte durchgehen können.
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Man kann den sichtbaren Charakter mit einem Knopfdruck durch einen anderen aus der Party ersetzen, was nicht nur aus Fanservice-Gründen eingebaut wurde, sondern durchaus auch relevant ist wenn man beim Streifzug durch einen Dungeon Event-Schaden nimmt (den immer der sichtbare Charakter kassiert). Die A-Taste öffnet ein Menü mit den Optionen "Check", "Talk", "Item" und "Tarot". Mit "Check" kann man per Point&Click einige Dinge anwählen, was aber nur für ein paar Events und für Schatztruhen benötigt wird. "Talk" spricht, wie der Name schon sagt, Leute an, zum Beispiel Waffen- und Itemverkäufer. "Tarot" verbraucht eine Tarotkarte aus dem Inventar und lässt Abdul einen Gegenstand vorhersagen, der für einen Charakter besonders "Lucky" ist. Angeblich soll der Charakter dadurch in Kämpfen mehr Schaden machen oder so ähnlich, die Gegenstände dafür sind aber gerade zu Spielbeginn so teuer (und lassen sich später zum Teil auch gar nicht mehr kaufen), dass es verschwendete Zeit ist, sich mit diesem obskuren System zu befassen.
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"Item" lässt euch Gegenstände benutzen und ausrüsten. Dabei ist euer Inventarplatz zwar begrenzt, das sollte jedoch im Verlauf eures Abenteuers kein Problem darstellen; von vier Inventarseiten hatte ich am Spielende noch nicht einmal zwei gefüllt. "Item" ist aber auch noch aus einem anderen Grund euer wichtigstes Kommando: Es ist oft der einzige Weg, eure wichtigsten Stats zu sehen. Ihr müsst nämlich wissen, das Spiel hat zwar eine Status-Taste (X), aber wenn man versucht sich in diesem Menü die Stats von einem Charakter anzusehen hängt sich das Spiel oftmals auf - laut Translation Patch ist das in der japanischen Version angeblich genau so, aber ich habe unterschiedliche Ergebnisse mit und ohne Patch erzielt. Nicht, dass euch die zahlreichen obskuren Statuswerte etwas sagen würden, denn in-Game werden "Stress", "Judgement", "Action" und "Focus" an keiner Stelle erläutert, und die drei Biorythmus-Charts werden zwar kurz erwähnt, aber auch nie wirklich erklärt. Außerdem kann man tatsächlich nur sehen, welchen Gegenstand man ausgerüstet hat, wenn man einen neuen ausrüstet, und man muss manuell nachprüfen, ob der neue Gegenstand den Angriff oder die Abwehr (es gibt nur 2 Equipment-Slots) jetzt senkt oder hebt.
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Zu Kampfbeginn wählt man sich eine zufällige Tarot-Karte aus, die für diesen Kampf einen Bonus oder Malus(!) gibt
Das Kampfsystem ist äußerst spartanisch, selbst für extrem konservative Zwecke. Es gibt die Optionen "Attack", "Talk", "Item" oder "Check". Attack und Talk verursachen HP-, respektive MP-Schaden. MP sind in diesem Spiel keine Magiepunkte, sondern "Mental-Punkte" und euer zweites HP-Meter, und ihr sterbt wenn die HP ODER die MP auf 0 sinken. Dann kann man nur noch durch spezielle (extrem überteuerte) Gegenstände wiederbelebt werden - allerdings werden tote Charaktere nach dem Kampf mit wenigen HP/MP wiederbelebt und erhalten trotzdem die volle Anzahl Erfahrungspunkte, Gott sei dank! Aus irgend einem Grund, der wohl mit Gegebenheiten aus dem Manga zu tun hat (oder aber dem Biorythmus-System geschuldet ist), ist in extrem vielen Kämpfen das "Attack"-Kommando nicht von Anfang an vorhanden, sondern muss freigeschaltet werden, indem man einige Runden lang "Talk" oder "Check" auswählt. Man kann im Kampf auch mit seinen eigenen Charakteren reden um sie um ein paar MP zu heilen, aber das ist meistens nur ein verschwendeter Zug.
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"Check" setzt eine Runde lang aus, im Gegenzug hat der Charakter dafür eventuell "eine Idee", was das "Tactics"-Kommando freischaltet. Tactics schaltet die Optionen "Idea!" und "Guts", manchmal auch "Run!" frei. "Run" wird nur sehr selten freigeschaltet, und ist in Storykämpfen das Zeichen dafür, dass ihr aus dem Kampf fliehen MÜSST um die Story voranzutreiben. Ohnehin sind Kämpfe in diesem Spiel größtenteils gescriptet und verlangen von euch, dass ein bestimmter Charakter "Idea!" einsetzt, bevor ihr dem Gegner Schaden zufügen oder den Kampf durch Flucht beenden könnt (was in manchen Kämpfen auch automatisch durch Idea! geschieht). Welcher Charakter jedoch "Idea!" einsetzen muss weiß nur, wer den Manga gelesen hat, denn im Spiel gibt es darauf keinen einzigen Hinweis. Meist habt ihr 2-3 Storybegegnungen mit dem selben Charakter, den ihr erst durch bestimmte Aktionen vertreiben müsst bevor ihr ihn tatsächlich besiegt und dafür auch Geld und Erfahrungspunkte erhaltet.
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Die Portraits der Charaktere reagieren zum Teil auf Story-Events
Allerdings ist der Einsatz des "Check"-Kommandos noch lange kein Automatismus, denn auch, wenn die Kämpfe geskriptet sind, eure Kommandos, inklusive Check, sind komplett vom Zufallsgenerator abhängig. Oft vergehen zwei oder mehr Runden, in denen der Gegner auf euch einprügelt - und jeder Gegner darf MINDESTENS 3mal pro Runde angreifen! - bevor ihr "Tactics" freischaltet. Das "Talk"-Kommando ist meistens vollkommen nutzlos und wird für genau einen Kampf gebraucht, da es meistens wesentlich leichter ist, die HP eines Gegners auf 0 zu reduzieren als seine MP, vor allem, da die meisten Gegner eure - per Talk-Kommando ausgeführten - Beleidigungen einfach ignorieren. An einer Stelle im Spiel wird suggeriert, dass Gegner mit wenig MP auch weniger Schaden austeilen, das kann ich nach kurzen Tests jedoch verneinen. "Talk" ist darum oft das Kommando, das man wählt, wenn man weiß, dass "Check" in diesem Kampf sowieso nicht gebraucht wird, und auch niemand einer Heilung bedarf. "Guts" ist angeblich ein besonders starkes Attack-Kommando, aber auch das kann ich nicht bestätigen; was der Unterschied zwischen Fight und Guts sein soll entzieht sich mir, außer vielleicht, dass manche Gegner so geskriptet sind, dass sie normalen Angriffen ausweichen können, Guts-Attacken jedoch nicht.
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Redundante Botschaft ist redundant.
Im Kampf muss man sich zwar häufig heilen, es gibt jedoch genau 2 Gegner im Spiel, die euren MP gefährlich werden können, so dass es bis zum Ende des Spiels ausreichend ist, seine HP zu heilen. Jeder Charakter hat im Kampf 1-2 Kampfanimationen, die etwas länger werden wenn sie mehr Schaden austeilen, allerdings werden die gleichen Animationen auch abgespielt wenn man einem Angriff ausweicht, was dieses ohnehin schon sehr spärlich animierte Spiel noch hässlicher aussehen lässt als es eh schon ist.
Die Dungeons im Spiel sehen sich alle irgendwie ähnlich, allerdings gibt es auch einige Gebiete, die man nur ein einziges Mal zu Gesicht bekommt. Das Spiel ist in 5 Abschnitte gegliedert: Japan, Indien, Pakistan, Ägypten und Kairo. In jedem Abschnitt gibt es genau einen Buchladen (für nutzlose Gegenstände und Plot-Events), Itemladen (für Heilitems), Waffenladen (ziemlich genau 1 Waffe und 1 Rüstung pro Charakter) und eine Speedwagon Foundation. In der Speedwagon Foundation kann man speichern und sich komplett heilen, letzteres kostet jedoch einen Tag Zeit, und man hat nur 50 Tage Zeit um das Spiel zu beenden. Meines Wissens nach vergeht Zeit nur nach bestimmten Plot-Events und wenn man sich heilt. Am Ende des Spiels hatte ich immer noch 20 Tage Zeit übrig, die Zeit spielt also keine besonders große Rolle. Viel schmerzhafter ist jedoch die Save-Point-Knappheit, da man sehr oft zurück gehen muss wenn man seinen Fortschritt nicht verlieren will, denn oft kommen die schwierigen Bosse einer nach dem anderen.
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Sie sehen: Obskuren, spielabsturzfördernden Bullshit
Und das Spiel ist tatsächlich an vielen Stellen extrem schwer, denn der Zufallszahlengenerator ist gnadenlos und lässt den Gegner gerne auch mal 3 mal hintereinander den selben Charakter angreifen, was den Tod bedeutet, und man kann nichts dagegen tun. Die erste und einzige Möglichkeit zu grinden befindet sich im letzten, fünften(!) Abschnitt des Spiels, wo es meistens ohnehin schon keinen Grund mehr dafür gibt. Das Spiel ist auch ein schönes Beispiel für "Early Game Hell", da es gut eine dreiviertel Stunde und einige Bossfights lang dauert, bevor ihr das erste Mal überhaupt speichern könnt.
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Cameo/Judgement sagt, was der Spieler über das Spiel denkt
Erlebnisse beim Spielen
Das Spiel ist extrem kurz, ich habe keine fünf Stunden dafür gebraucht, was dem Spiel auch gut tut, da man die ständigen Wiederholungen (selbe Szenerie, selber Kampfablauf) spätestens dann extrem Leid ist. Die Kämpfe im Spiel sind so arg geskriptet, dass fast schon das einzige, was dieses Spiel zum RPG macht, der Zufallszahlengenerator ist, und trotzdem haben die Kämpfe so gut wie nichts mit den Kämpfen aus dem Manga zu tun. Das Spiel gibt sich auch gerne mal hemmungslos Shônen-Tropen hin, die Jojo normalerweise vermeidet ("Das ist meine Spezialfähigkeit, und ich erkläre dir genau, was sie tut, bevor ich dich bekämpfe!"). Zum Spielende weicht die Story vollkommen von der Vorlage ab und erfindet seine eigene Story, die (bei aller Liebe zu Jojo, fair muss sein) genau so Bullshit ist wie der letzte Schlagabtausch im Manga.
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"Ich erkläre dir alles, was du wissen musst, um mich zu besiegen"
Ich hatte Spaß beim spielen, aber eher weil ich sehen wollte, was das Spiel aus dem Jojo-Manga gemacht hat, da die Story oft extrem davon abweicht. Jedem nicht-Jojo-Fan kann man aber nur davon abraten, das Spiel zu spielen, da es ganz objektiv ein extrem schlechtes Spiel ist, und schon hart an der Grenze dessen ist, was man noch als RPG bezeichnen kann. Besonders Beispielhaft hierfür ist der Anfang, den ich drei Mal spielen musste, da ich nicht wusste was zu tun war und somit vor dem Speicherpunkt getötet wurde - HP und Heilitems sind ganz am Anfang Mangelware! Nicht mit in diese drei Versuche eingerechnet sind die Resets, wenn sich das Spiel aufgehängt hat. Ich habe deshalb später vor jedem Menügang einen Savestate gesetzt, den ich geladen habe falls sich das Spiel aufhängt.
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Eine gefährdete Spezies: Der Jojo-no-Kimyou-na-Bouken-Statusbildschirm!
Eine Kleinigkeit, die mich auch aufgeregt hat war, dass man mit Check-Kommando nicht den gesamten Bildschirm absuchen kann, sondern nur in unmittelbare Reichweite der Charaktere. Aus (Manga-)Storygründen nachvollziehbar, für ein Spiel aber keine besonders gute Wahl.
Schlussfazit: Yare yare daze!
Wie durchgespielt?
4:45h,100%, was bei einem Spiel, das so gut wie keine Extras oder versteckte Gegenstände hat auch wahrlich keine Kunst ist.