Sadrith Mora / Taverne / Zaregs Zimmer
"Wer mutiger Natur ist trete ein,
doch wird es für den kein Vergügen sein.
Hier liegt ein Vampirjäger ausgesaugt und tot
jedem der seinigen das Selbige droht.
Lestat verweilte an diesem Ort,
Führer der Quarra und deren Lord..."
Lestat hatte sich an die Türschwelle gestellt und sagte das dort geschriebene so auf, damit es jeder von den im Zimmer befindenden Personen hören konnten, dann kam er unaufgefordert ins Zimmer und gesellte sich neben den auf dem Stuhl sitzenden.
Mit argwohn betrachtete er den sehr schlaff wirkenden Telvanni, der auf dem bett vor ihm lag und deutete schließlich mit gespielter neugierde auf den Hals des Opfers.
"Vier Bisswunden... ihr habt großes Glück gehabt mein junger Freund... vier Bisswunden bedeutete Schmerz... Massaker... Blutvergießen. Das Bedeutet, dass der Vampir, der euch das angetan hat nicht an eurem Blut interessiert war weil er Durst verspürte sondern weil er euch einfach töten wollte..."
In seinen Gedanken verfluchte sich Lestat.. er hatte noch nie solch einen Fehler gemacht... dieser Kerl schien doch zäher zu sein, als er dachte. Lestat setzte schließlich ein freundliches Lächeln auf und sah den Mann, der auf dem Stuhl saß mit seinen unverständlichen Augen an.
"Ihr solltet Personen nicht nach ihrem äußeren Beurteilen... nur weil ich aus einer Region komme, wo die Sonne uns nicht sehr oft beglückt bin ich noch lange kein schlechter Mensch..." dies hatte er gesagt, als er den Hass in den Augen der anderen erblickt hatte.
"Ich weiß wo das Versteck dieser Vampire ist, doch kann ich sie alleine nicht erledigen, da es glatter Selbstmord wäre... doch wenn gleich jeder wegen meines Aussehens Hass gegen mich verspürt bleibe ich allein auf meinem Wege, was mir nicht umbedigt hilft wisst ihr..." wieder sah er in die Runde.
Vieleicht würde die Falle ja dieses mal zuschnappen. Um es noch zu verdeutlichen, dass er in guter Absicht kam holte er etwas, was er einem getötetem Händer abgenommen hatte hervor. Es war ein Trank, der den verletzten schnell genesen lassen sollte. Er drückte ihn dem auf dem Stuhl sitzenden in die Hand und wartete ab.
"Es wird helfen..." sagte erund lächelte wieder freundlich. Irgendwie machte es Lestat Spaß freundlich zu sein. Noch nie hatte er es versucht.. doch waren die Boshaften Gedanken, die seine Vergangenheit in ihm ausgelöst hatten immernoch stärker und in seinen Gedanken malte er sich aus, wie er sein Werk diesmal richtig vollenden würde...
Sadrith Mora / Taverne / Zaregs Zimmer
Lestat sah ihn ohne jegliche Gefühlsregung an. Von ihm würde er sich sicherlich nicht einschüchtern lassen, doch wollte er sich ja das nun anfänglich aufgebaute Vertrauen, was er weiter ausbreiten musste nicht wieder vernichten mit einem falschen Wort oder einer falschen Tat.... er lächelte den immernoch ziemlich Blutleeren Zareg, wie er zu hießen schien kurz an und flößte ihm die Flüssigkeit langsam ein. Sie ließ die Blutentstehung um einiges beschleunigen und fals er auchnoch Vampirblut in sich hatte dann würde es die Verwandlung etwas verlangsamen, so das man nicht sofort merkte, was passierte..
Er sah der Person, die er kurz zuvor noch aussaugen wollte ins Gesicht und bemerkte eine leicht Veränderung. Versuch nicht nicht dagegen zu wehren mein Freund.. es ist unaufhaltbar.. dachte der Führer der Quarra und sein Lächeln sah nun finster und boshaft aus. Doch als er sich wieder aufrichtete und die geleerte Flasche auf dem Nachttisch aufstellte hatte sein Lächeln wieder normale Züge angenommen und er sah wieder aus wie zuvor. Das Böse in sich konnte er verbergen...
"Der Biss ist tief und boshaft... vier Bisse... ein Quarre wie ich vermute. Er wollte ihn auf jeden Fall töten das ist klar.. ich hoffe für euch, dass er sich nicht verwandelt..." hinter seinem Blick lag etwas scheinheiliges... vieleicht erschien es für manche verblüffend, was er über die Vampire alles wusste, doch gab es auch Personen die sich auf soetwas spezialisierten und so machte er sich nicht weiter Gedanken über das was er soeben gesagt hatte. Er beugte sich über die Ohnmächtige Person und bemerkte schnipsig zu dem Betronen "Ihr mögt ihn nicht sonderlich.. liege ich dort richtig?" er grinste kurz und sah weiter auf den Ohnmächtigen Raufbolden, der kein Blut sehen konnte herab.
Sadrith Mora / Taverne "Zum Torbogen" / Zaregs Zimmer
Hm... Da war so ein dumpfer Schmerz zu beiden Seiten seines Gesichts, ein ohnmächtiges Stechen, welches schließlich in einem leisen Kribbeln verebbte. Was konnte das nur sein, was da so ganz plötzlich aufgetaucht war und ihn in einen leichten Dämmerschlaf gerissen hatte? Zack! Noch einmal - und nun war er wach! Aber hellwach, so richtig mit offenen Augen und so, was eben alles dazu gehörte, und über sich erkannte er das Gesicht Dravens, der ihn zwar besorgt, aber mit einem Hauch Belustigung in den Augen anblickte. Gerade holte der Bretone zu einem weiteren, schmerzhaften Schlag aus, als Malukhat sich ein Stück zurückwarf und mit der rechten den Arm des "Kontrahenten" packte.
"Ach, Ihr seid schon wach", meinte Draven und tat überrascht. Dieser mistige, kleine Erzmagister hatte doch längst gewusst, dass er aus seiner plötzlichen Ohnmacht wieder erwacht war. In gewisser Weise konnte der Erzmagier es ihm aber auch nicht verdenken: Er selbst hätte wahrscheinlich ebenso gehandelt.
"Also wirklich, Draven...", meinte er, als er von dem Bretonen abließ und sich lieber über seine von den Schlägen taub gewordenen Wangen strich. "Jemanden zu treten, der schon am Boden liegt. Verteilt Ihr auch Kopfnüsse an kleine Kinder?"
Schmeeeherz... Unerträglich. Sein Gesicht schien zu glühen wie ein Windlicht im Sandsturm Ald'ruhns. Manno Meter... Da hatte Draven aber wirklich kräftig zugeschlagen, das musste der Erzmagier ihm lassen. Der hatte schon was in den Armen, auch wenn man es ihm nicht so sehr ansah. Nun ja, seine daedrische Rüstung hatte schon Stil, das ist wahr, aber so wirklich dran war an dem ja nichts. An Malukhat selbst auch nicht, aber das war ja nicht so wichtig und auch gerade nicht Thema in seiner Gedankenwelt. Na ja, vielleicht sollte er doch schon darauf zurückgreifen, dass er wenigstens verdammt muskulös war. Krieger eben. Draven war eben eher der Diplomat. Aber Muskeln sagten ja nichts über die tatsächliche Kraft einer Person aus, wie der Erzmagier eben wieder zu spüren bekommen hatte.
Plötzlich stand ein Mann in der Tür, kreidebleich im Gesicht und abgefüllt bis oben hin. Aber dass der Raum voller Blut war, das konnte auch er gut erkennen. War ja auch nicht zu übersehen. Einen neuen Anstrich brauchte der Raum gar nicht mehr, der war in diesem bräunlichen Ton schon ganz gut tapeziert.
"Wa... was tut Ihr da?", wollte der Dunmer mit leicht zittriger Stimme und irgendwie dahin gelallten Worten wissen.
"Na was wohl?", entgegnete Malukhat und setzte sich auf. Mit einer weitschweifigen Geste seiner Arme bezog er den gesamten Raum in seine folgenden Worte mit ein: "Wir feiern Fleischnachten, das Fest der Auferstehung Nerevars, wo er sich einen künstlichen, weißen Bart anklebt, Kissen unter einen weiten, roten Mantel stopft und den Kindern mitten in der Nacht die Kekse wegfrisst, so als Vergütung dafür, dass er ihnen Geschenke und Naschis unter den Baum legt. Sieh dich doch mal um, Alter. Ist doch alles festlich, fleischnachtig geschmückt."
Malukhat war so verdammt ernst bei seinen Worten, dass sich das Gesicht des Betrunkenen aufhellte. Ein schiefes, makellos gelbes Grinsen war zu erkennen.
"Gudd, ddann macht mann weida sso", waren seine letzten Worte, bevor er auf dem Absatz kehrt machte und wieder im Gang verschwand.
Sadrith Mora / Taverne "Zum Torbogen" / Zaregs Zimmer
Ja, was war denn geschehen?, fragte sich der Erzmagier, sich immer noch die Wangen reibend. Plötzlich war ihm schwindelig geworden, weiße Punkte hatten vor seinen Augen getanzt und dann war die Welt um ihn schwarz geworden, schwärzer als die Nacht und alles, was er bis dahin gesehen hatte. Es hatte seinen Körper beschlichen, von unten bis oben, seine Gliedmaßen geschwächt und dann… ja, dann war er einfach zusammen gebrochen. Er hatte wieder irgendeinen Traum gehabt, das wusste er noch, aber erinnern konnte er sich partout nicht daran. So denn brauchte es auch seine Zeit, bis er dem Erzmagister eine Antwort geben konnte. Nein, eine passende Antwort hatte er immer noch nicht parat, aber irgendetwas musste er ja sagen, ansonsten würde sich diese gespannte Stille weiter in dem Raum ausbreiten.
„Ähm… Falls ihr das noch nicht bemerkt habt: Ich bin umgekippt. Das nur mal so nebenbei. Eigentlich gibt es da auch nicht mehr zu sagen, ich war einfach weg.“
Aber es war schon merkwürdig, verdammt merkwürdig sogar. Noch nie in seinem langen Leben war so etwas passiert – und insbesondere nicht in einer solch folgenschweren und wichtigen Situation.
„He, was will der Typ denn hier?“, fragte er laut und wütend, als er den Nord erkannte. Jenen Nord, den man unten in der Taverne gefeiert hatte. Dieses schmierige Etwas, was sich plötzlich vollkommen anders gebärdet hatte, scheinbar zu einem Mann geworden war. Vielleicht hatte der Kerl sie mit seiner Art und Weise auch nur hinters Licht geführt. Aber was war denn in der Zwischenzeit geschehen? Der Nord wandte dem Dunmer sein Gesicht zu und lächelte irgendwie verschmitzt und wissend auf ihn hinab. Geradeso als wüsste er, was mit seinem Körper geschehen war. Aber das konnte der Erzmagier selbst nicht sagen, also würde der es ja wohl kaum wissen können.
An dem Blut, das an den Wänden und auf dem Boden verteilt war, konnte es nicht liegen. Malukhat war Zeit seines Lebens ein Totenbeschwörer gewesen, hatte Leichen von ihrer Haut befreit, um an ihre Knochen zu kommen, hatte sie mit einem Gemisch aus Natrium und Salz abgerieben und schließlich das Blut als Medium für die Beschwörung genutzt. Vielleicht war er weich geworden in den letzten Jahren, aber in gewisser Weise schloss er diese These vollkommen aus. Eher beschäftigte ihn der Gedanke, ob das alles vielleicht seinen Zusammenhang mit Zareg finden würde. Wie bereits erwähnt: Blut wird häufig als Medium benutzt. Ist ein lebender Mensch verflucht, kann es sein, dass der Fluch – wenn auch nur kurzzeitig – auf eine andere Person übergeht, die mit dessen Blut in Verbindung kommt.
Malukhat blickte sich zu dem Bretonen um, der total verwirrt an seinem Hals kratzte.
„Zareg?“, meinte er zu dem jungen Mann. „Geht es Euch gut?“
Als der Telvanni-Meister die Hand vor der juckenden Stelle nahm, erkannte der Erzmagier es zum wiederholten Male: Die vier leicht ovalen Male, mit denen er gezeichnet worden war. Nun, war wahrscheinlich in der Tat ein Grund, sich Sorgen zu machen.
Jeder weiß, was mit Mensch, Mer, Khajiit und Argonier geschieht, die von Vampiren gebissen werden. Zareg zeigte zwar noch nicht die äußeren Merkmale, aber wer konnte schon wissen, dass das nicht noch kommen würde? Wenn der Quarra nur vorgehabt hatte, ihn zu töten, konnte Zareg noch Glück gehabt haben, irgendwie jedenfalls.
„Sagt einmal, Draven… Ich hatte Euch den Vorschlag mit den Aschländern gemacht… Ihr allerdings habt mir noch nicht darauf geantwortet, wie mir gerade einfällt. Was haltet Ihr von dieser Idee? Immerhin sollten wir uns der Gefahr nun bewusst werden, denn die Vampire sind auf uns aufmerksam geworden und das verheißt nichts Gutes. Wenn die Aschländer irgendeinen Weg gefunden haben, die Vampire fern zu halten, dann sollten wir den nun auf jeden Fall kennen, bevor wir ein weiteres Mal angegriffen werden. Wie wir ja sehen bringt es nicht viel, sich des Nachts in irgendwelche öffentlichen Gebäuden nieder zu lassen. Wir sollte also dazu noch vorsichtiger sein als zuvor, damit das da“ – er wies mit dem Kopf auf Zareg – „nicht wieder passiert.“
Sadrith Mora / Taverne "Zum Torbogen"
Malukhat hatte reflexartig, aber viel zu langsam seinen Arm gehoben, als der Bretone vor seinen Füßen blutspuckend zusammenbrach. Mit einem Gesichtsausdruck, der von vollkommener Verwirrung sprach, betrachtete er den am Boden liegenden, der sich röchelnd in seinen Schmerzen wand. Demnach also unschlüssig, war er nun tun sollte, verharrte der Erzmagier an Ort und Stelle und betrachtete stumm den sich windenden Leib des Telvanni-Meisters. Draven schien es ebenso zu ergehen. Was sollte man auch in einer solchen Situation tun?
„Draven, ich muss Euch ehrlich sagen, Eure Heilkünste haben versagt“, waren seine Worte, als er den Bretonen von der Seite finster betrachtete. „Vielleicht hättet Ihr ihn auch ohrfeigen sollen, bei mir hats ja immerhin funktioniert.“
Mehr als eine hochgezogene Augenbraue hatte der Erzmagister den Worten des Dunmers wohl nicht beizumessen, aber das war auch nicht sehr verwunderlich. Dieser Tag hatte alle Beteiligten geschlaucht. Nun, dieser ominöse Nord, dieser „Vampir-Jäger“, fiel aus dieser Bezeichnung wohl aus, denn er stand nur in der Gegend herum und betrachtete das Geschehen schlichtweg mit einem süffisanten Lächeln.
„Lasst uns Zareg in mein Zimmer tragen, dort kann er diese Nacht schlafen“, schlug Malukhat vor und Draven stimmte – wie auch nicht anders zu erwarten gewesen war – zu. Allerdings zeigte sich auch dies als ein äußerst schwieriges Unterfangen, denn der von Schmerz gepeinigte Zareg machte keinerlei Anstalten, sich freiwillig und ohne jegliche Gegenwehr davon tragen zu lassen. Erst, als der Erzmagier ihm einen gezielten Schlag ins Gesicht versetzte, gab er Ruhe und ließ sich ohne weitere Störungen in das Zimmer Malukhats schaffen. In seiner momentanen Situation mochte dieser Schlag selbst dem Telvanni-Meister nur zu Gute gekommen sein, denn dieser hatte auf diese Art und Weise eine kurze Pause von seinen Schmerzen.“
„Nee, nee...“, sagte Malukhat, als Draven dazu ansetzte, den Ohnmächtigen auf dessen Bett niederzulegen. Erst einmal die Kuscheldecke und das Sonnenkopfkissen in Sicherheit bringen. Blut bekam man da so schwer wieder heraus, und wer konnte schon sagen, wie viel der Bretone diese Nacht noch davon verlieren würde?
Nach getaner Arbeit – Zareg ruhte in dem Bett, die weiße Klippenläuferdaunendecke bis zum Kinn hinaufgezogen, der Erzmagier hatte sich in dem daneben stehenden Stuhl niedergelassen und Draven hatte sich an die gegenüber liegende Wand gelehnt, den Beutel mit Malukhats Heilmitteln immer noch in den Händen – seufzte Malukhat und rieb sich den Schweiß von der Stirn. Der Erzmagister hatte seinen Vorschlag mit den Aschländern akzeptiert. Das alleine war schon einmal gut. Aber heute würden sie wohl nicht mehr los ziehen können, falls man überhaupt von heute sprechen konnte sondern nicht eher von gestern. Draven schien das ebenso zu sehen, wie er, denn auch er wirkte müde und ausgelaugt.
„Legt Euch schlafen und überlasst mir alles weitere. Ich werde mich schon um den Kleinen kümmern. Ihr braucht erst einmal Eure Ruhe.“ Wovon ich selbst allerdings auch so einiges gebrauchen könnte, dachte er im Stillen selbst. Das war alles so nicht geplant gewesen, das war nicht richtig so. Zareg war von einem Vampir gebissen und geradezu ausgeblutet, dem Tod immer noch näher als dem Leben. Nein, das hatte der Erzmagier sich anders vorgestellt. Sadrith Mora, die Stadt der Magier, galt als beliebtes Reiseziel für Touristen, aber davon hatte er noch nicht viel mitbekommen. Außer Leichen und Halb-Toten hatte er nichts davon zur Kenntnis genommen. Er war früher schon einmal hier gewesen, oft sogar, aber auch diese Insel Vvardenfells hatte sich nach so vielen Jahrhunderten verändert. Und sein letzter Besuch als gesuchter Mörder war ja auch nicht unbedingt das Gelbe vom Ei gewesen. In diesem Moment spürte er die Fremdartigkeit seiner Umgebung mehr als zuvor. Die Welt verfiel in einen stetigen Wandel, sie würde sich immer verändern und er sollte die Zeit überdauern, wie er es bereits getan hatte.
„Vielleicht sieht man es mir nicht an, Draven, aber ich bin bereits ein sehr alter Mann. Meine besten Jahre, so glaube ich, habe ich bereits hinter mir. Ihr seid noch jung, also lasst mich Euch einen gut gemeinten Rat geben: Lebt jeden Tag, als wenn es Euer letzter wäre, denn das Ende kommt schneller, als Ihr es Euch vorzustellen vermögt.“
So ernst war der Erzmagier, dass er selbst es kaum fassen konnte. Mit Draven hatte das ewige in den Tag hinein leben sein Ende gefunden. Und er musste zugeben, dass auch er sich verändert hatte in den letzten Tagen. Wahrscheinlich würde sich das ändern, wenn das alles erst einmal durchgestanden war, er wieder der so konnte, der er schon immer gewesen war. Dann konnte er wieder Ranis Athrys zur Weißglut treiben, seine Späße mit den hübschen Adeptinnen machen und in den ewigen Kreislauf des Erinnerns und Vergessens verfallen. Draven allerdings konnte er nicht streichen, er konnte ihn nicht einmal aus seiner zukünftigen Planung ausschließen. In gewisser Weise hatte er den Bretonen lieb gewonnen, wie man so schön zu sagen pflegte. Der Erzmagister forderte ihn, verlangte ihm alles ab, was er an Wissen zu bieten hatte. Doch so wirklich wussten sie nichts voneinander. Es freute den Erzmagier, dass er dem jungen Mann ein wenig unter die Arme greifen konnte, denn auch dieser hatte ein großes Maß an Erfahrung mit auf diese Reise genommen, die ihnen behilflich sein konnte. Also doch lieber „Respekt“ statt „lieb gewonnen“? Nun, zuerst musste sich nun um Zareg gekümmert werden. Blut musste her. Malukhat wusste auch schon, wo er es beschaffen sollte, allerdings durfte Draven davon nichts erfahren, ebenso wenig der verwundete Telvanni-Meister.
„Legt Euch nun schlafen. Ich werde hier schon zurecht kommen. Ich denke, ich kann mich momentan ein wenig besser um die Heilung kümmern, als ihr, da ich den Großteil meiner Kraftreserven aufgespart hatte, als hätte ich einen solchen Notstand erwartet.“
Der Bretone blickte ihn zweifelnd an. Nur widerwillig stimmte er letzten Endes zu, begab sich schon auf den Weg zur Tür, als er sich noch einmal umdrehte und das Täschchen mit den Arzneien auf dem Fußende des Bettes niederlegte. Kein weiteres Wort fiel zwischen den beiden Männern, doch der Dunmer wusste genau, dass Draven schon so eine Ahnung hatte. Nicht davon, dass Malukhat irgendwoher Blut beschaffen wollte, sondern eher, dass er etwas vorhatte, was nicht rechtens war. Seltsamerweise ließ er es dennoch zu, dass der Erzmagier sich um das Mitglied des Hauses Telvanni kümmerte. Ja – Draven erhob nicht einmal Einwände! Zwischen dem Erzmagier und dem Erzmagister war ein stummes Bündnis des gegenseitigen Einverständnisses geschlossen worden. Anfangs war es wohl beiden als vollkommen abwegig erschienen, dass sie sich noch einmal so gut verstehen würde, aber irgendwie ging und diesen wackeligen Frieden galt es aufrecht zu erhalten.
Unten in der Taverne war es still geworden, außer dem Schnarchen einiger Gäste war nicht zu vernehmen. Selbst der Wirt lag mit geröteten Wangen und noch leicht geöffneten Augen über dem Tresen und machte sich nichts aus seiner ungemütlichen Haltung. Das Feuer innerhalb des Kamins hatte das Holz vollständig gefressen, war erloschen und hatte alleine graue Asche und schwarze Kohlestücke zurück gelassen. Auch die Kerzen innerhalb der Lampen waren teils ausgegangen, da sie vollends runtergebrannt und nicht ausgewechselt worden waren. Inmitten dieser Rund verharrte der Erzmagier und musterte mit gerunzelter Stirn seine Umgebung und jede einzelne Person, die in diesen Hallen selig träumte. Schließlich entschied er sich für einen hoch aufgeschossenen, noch sehr jungen Bretonen. Mehr als siebzehn Winter sollte dieser noch nicht hinter sich gebracht haben – somit war er das perfekte Opfer für des Dunmers ungewöhnlichen Heilzauber.
„He, wacht auf“, sagte er zu dem mit dem Kopf auf dem Tisch liegenden Mann und schlug ihm vorsichtig mehrere Male auf den Hinterkopf. Der junge Bretone rührte sich murrend und stieß dabei die neben ihm stehende Flasche um, die Malukhat gekonnt aber in höchster Not vor dem Aufprall auf dem Boden auffing und vor dem sicheren Zerschellen rettete. Konnte ja Pfand drauf sein, den man dann später einholen konnte. Aber zuerst stellte er die Flasche wieder ab, allerdings weit entfernt aus der Reichweite des anderen Mannes, und packte diesen unter der rechten Schulter, legte den rechten Arm um dessen Taille und zog ihn hoch. Nur durch ein schwaches Grunzen ließ der Bretone vernehmen, dass er mit dieser Art Behandlung nicht einverstanden war. Aber ansonsten war er vollkommen hilflos und für den Erzmagier war es ein leichtes, ihn nach oben in das Zimmer zu schleppen, indem Zareg schlief. Vorsichtig platzierte er ihn auf dem neben dem Bett stehenden Stuhl und drückte ihn nach hinten, die Arme zu beiden Seiten abstehend, damit er nicht zur Seite umkippte und auf den Boden fiel. So denn begann er mit den Vorbereitungen für Zaregs Heilung. Zugegeben, seine Methoden waren recht unmoralisch, aber was sollte er sonst tun? Noch brauchten sie den Telvanni-Meister. Sein Verlust würde die Gruppe – ohnehin nur bestehend aus drei Personen – erheblich schwächen. Insbesondere Draven, der scheinbar stolz auf sein Fürstenhaus war, sollte ein solcher Umstand in der Tat ziemlich mitnehmen. Aber Malukhats Moralvorstellungen waren sowieso käuflich, somit also im Großen und Ganzen mehr als flexibel. Zu seinem Schwert hinüberschielend erkannte er, dass er diesmal wohl gezwungen war, sein eigenes Blut als Medium für den Zauber zu nutzen, und schnitt sich mit an der Klinge des Bloody Shine die Fläche seiner rechten Hand auf. Rotes Blut quoll aus der eher oberflächlichen Wunde. So hielt er es auch mit dem ohnmächtigen Zareg und dem volltrunkenen Bretonen, der in seinem Rauschzustand nicht mehr viel davon merkte. Es war ein Zauber, den er sich bei den Crecken abgeschaut hatte, die größten Totenbeschwörer der gesamten Welt, mochte man annehmen. Denn in ihrem Land war das Beschwören Untoter rechtlich gesehen erlaubt. Das Kaiservolk war damit zwar immer noch nicht einverstanden, und warm geworden waren die beiden Länder miteinander auch nicht, aber es musste sich damit abfinden, dass sein Einfluss sich gerade einmal auf die neun zugehörigen Länder des Kaiserreichs Tamriel beschränkte.
„Hm...“ Um als Medium zu fungieren sollte er die Hände der beiden in die seinen nehmen, was wiederrum erforderte, dass der Erzmagier sich auch die linke Handfläche aufschneiden musste. Der stechende Schmerz, als die Klinge in sein Fleisch fuhr, unbeachtet lassend, legte er das daedrische Dai-Katana beiseite und machte sich an die Vollführung des Heilungszaubers zugunsten des bewusstlosen Zareg. Der Dunmer nahm die verletzten Hände der beiden anderen in die seinen, sodass die Schnittwunden unmittelbar übereinander lagen, und murmelte einige fremdartige Worte vor sich hin. Er schloss die Augen, spürte die Macht des Zaubers in seinem Inneren aufsteigen, den letzten Rest seiner Energie verspeisen, fühlte, wie sich die astrale Kraft aus seinem Körper löst und die beiden Männer damit umfing. Malukhats Stimme wurde lauter, er merkte es zwar, konnte aber nichts daran ändern. Hauptsache Draven würde ihn nicht hören, Hauptsache kein anderer würde dies tun, Hauptsache der Betrunkene würde weiterhin nicht merken, was mit ihm geschah, Hauptsache Zareg blieb bewusstlos, solange der Zauber noch nicht vollendet war. Die Nutzung solcher Zauber war auf den Tod verboten, sollte ihn also jemand dabei erwischen, konnte dies das Ende seines Lebens bedeuten. Rotweißes Licht umspielte die Hände, flutete den gesamten Raum mit einem gleißend hellen Licht.
Stille.
Malukhats Worte waren verhallt, der Zauber vollführt. Zareg schlief immer noch selig und der andere Bretone war mit aschfahlem Gesicht auf seinem Stuhl zusammen gesunken. Der Atem des Dunmers ging schnell und abgehackt unter der vorherigen Kraftaufbringung. Und nun sollte er auch noch diesen jungen Bretonen zurück zur Taverne tragen, damit er am nächsten Tag nicht mehr wusste, was mit ihm geschehen war. Seine Energielosigkeit konnte er dann seinem zuvor erlebten Saufgelage zugrunde legen, Malukhat hatte ihm nur das Nötigste an Blut gestohlen, es an Zareg weitergeleitet, damit dieser schnell wieder auf die Beine kam. Aber der Erzmagier kam kaum mehr auf die Beine, so bleiern schwer waren seine Glieder geworden. So schnell es ging brachte er den seines Blutes bestohlenen Mann wieder nach unten, setzte ihn an den Tisch, an dem er zuvor auch gesessen hatte, und legte dessen Kopf seitlich auf den Tisch. Ein wenig Schlaf… Nur ein bisschen, mehr brauchte es nicht, dass er sich wieder erholte und sein Mana wieder voll zur Verfügung stand. In einigen Stunden konnte Draven ihn dann ruhig wecken, dagegen war nichts einzuwenden, und als Malukhat so darüber nachdachte, sich die geschwungene Treppe hinaufarbeitete, stand auch jener vor ihm, an den er gedacht hatte.
„Sehr unlautere Mittel, Malukhat“, meinte Draven und verschränkte die Arme vor der Brust.
Sadrith Mora / Taverne "Zum Torbogen"
„Tse…“ Malukhat schüttelte den Kopf und ließ ein blasses Lächeln erkennen. Da gestand der Bretone ihm, dass er ihm zu Dank verpflichtet war. Ihm, der den Erzmagister fort geschickt hatte; zu offensichtlich war gewesen, dass er etwas im Schilde geführt hatte. Aber Wunder sollte es ja angeblich immer mal wieder geben… Draven hätte nichts von dem eher untypischen Heilzauber erfahren dürfen, es war nun einfach zu gefährlich. Am Besten wäre es immer noch gewesen, hätte es keinerlei Zeugen gegeben, aber an der Tatsache, dass der Bretone sehr viel mitbekommen hatte, wie es schien, konnte man nun auch nichts mehr ändern. Eigentlich, so wusste Malukhat, musste er den Telvanni töten. Doch war der Erzmagier dazu fähig, noch dazu in seiner derzeitigen, körperlichen Verfassung? Im Moment war ihm schlichtweg nach Schlafen zumute, denn wer schlief, der dachte nicht nach. Die gesamte Situation war aus den Fugen geraten, er hatte die Übersicht von dem Geschehen verloren.
„Gehst es mir zu, mich erst einmal hinzusetzen“, sagte Malukhat also und zog sich den Stuhl neben dem Bett herbei, ließ sich darauf nieder und schloss, beide Arme auf den Lehnen ruhend, die Augen, lehnte sich erleichtert seufzend zurück. Doch dieses ungute Gefühl in der Magengegend, welches sich immer einstellte, wenn ihm unwohl zumute war, kehrte mit gewohnter Stärke zurück. Draven blickte ihn immer noch erwartungsvoll an. Scheinbar hatte er in irgendeiner Weise Interesse daran gefunden, Malukhats Ausschnitten aus selbigem Lebens zu lauschen, aus welchem unerfindlichen Grund auch immer. Und obwohl der Erzmagier natürlich wusste, dass der Erzmagister all sein Wissen später – aber auch jetzt schon! – gegen ihn würde verwenden können, begann er zu sprechen: „Eigentlich will ich ja nicht darüber reden… Aber… Ich muss es Euch wohl erzählen. Über kurz oder lang hättet Ihr es eh nicht herausgefunden, also bleibt es sich in gewisser Weise gleich.“
Seine Stirn legte sich in bedrohliche Falten, finster blickte er drein, als er die Sinnlosigkeit in seinen eigenen Worten und der versuchten Erklärung erkannte, wodurch er gegenüber Draven eigentlich hatte rechtfertigen wollen, dass er es ihm unbedingt erzählen musste. Zareg rollte sich indes auf die andere Seite und zog Malukhats ungeteilte Aufmerksamkeit auf sich, doch statt zu erwachen kuschelte er sich abermals in seine Decke und drückte das Kissen mit der rechten Faust leicht zurecht. Geräuschvoll ausatmend konnte sich der Erzmagier also nun wichtigeren Besprechungen zuwenden.
„Also, Draven, ich will Euch die Wahrheit sagen.“ – Abermals hielt er inne und ein bedrücktes Schweigen legte sich wie ein schwarzer Schleier über die beiden Männer, während Malukhat auf seine rechte Hand starrte. „Ich war früher ein Problemkind.“
Es war gesagt, niemand würde ihm aufgrund dieser Tatsache einen Strick aus dem Gesagten drehen können. Merkwürdigerweise betrachtete Draven ihn mit angehobenen Brauen und recht verständnislosen Augen, über denen sich seine sonst so glatte Stirn in Falten legte. Hat er vielleicht etwas anderes gesagt?, fragte er sich und legte einen Daumen an sein Kinn. Moment… Hatte der Erzmagister denn überhaupt irgendeine Frage gestellt?!
„Schadensbegrenzung“, entschied er mit einem bestimmten Unterton in der Stimme und schlug wie zur Bekräftigung mit der rechten Faust in seine linke Handfläche. „Wisst Ihr, meine Alten hatten generell ein Problem mit mir, aber umso mehr Strafen mir auferlegt worden waren, desto rebellischer bin ich letzten Endes geworden. Also, bei dieser Sachlage war jawohl klar, dass ich irgendwann einmal als Totenbeschwörer ende.“ Er zuckte mit den Schultern. „Jetzt kann ich allerdings aufgrund meiner Stellung als Erzmagier meine Studien nicht mehr weiterführen; besonders wegen dieser nervigen Athrys, über deren Beseitigung ich bereits seit Längerem nachdenke. Deshalb muss ich besonders auf der Hut sein, wenn ich meinen nekromantischen Neigungen nachgehen will. Versteht mich nicht falsch, Draven, ich will die Alte nicht gleich umbringen.“ Seine eigenen Worte dann noch einmal Augen rollend überdenkend musste er sich verbessern: „Na ja, vielleicht ein ganz klitzekleines bisschen.“ Und dabei hielt er Daumen und Zeigefinger seiner rechten aneinander, hielt sie gerade einmal so knapp voneinander entfernt, dass zwischen ihn eine schmale Lücke entstand, keine wirkliche Berührung zustande kam. Dann schnitt er wieder ein etwas ernsteres Thema an: „Dass ich Euch wegschickte, geschah nur zu Eurem eigenen Schutz. Ich hatte eigentlich angenommen, dass Ihr schlauer wärt und Euch aus dieser Sache heraushalten würdet, aber im Endeffekt hätte ich damit rechnen müssen, dass Ihr mir nicht vertraut und ’nachspioniert’. Jedoch hatte ich mehr als offensichtlich aufgezeigt, dass ich etwas vorhatte, wobei ich nur ungern gestört werden würde. Jede andere Person an Eurer Stelle hätte ich in einer solchen Situation ohne zu zögern getötet, aber einen Mann in Eurer Position umzunieten würde schwere Folgen nach sich ziehen, sollte man annehmen – und außerdem werdet Ihr noch gebraucht. Denkt nicht, ich hätte Zareg diese Hilfe aus reiner Menschenfreundlichkeit zuteil werden lassen; Ihr wisst doch sicher allzu gut, dass ich ein hoffnungsloser Egoist bin.“
Und so war es auch: Zaregs Leben interessierte den Dunmer nicht im Geringsten, aber ihn zu retten war dennoch der Mühe wert gewesen. Der junge Mann war stark, die Gruppe würde ihn sicherlich auch weiterhin gut gebrauchen können. Und durch das Fremdblut, welches Malukhat dem jungen Telvanni zugeführt hatte, wurde die Chance geringer, dass jener zu einem Vampir mutierte. Aber dass der Erzmagie Draven nicht zu töten versuchte, lag nicht allein daran, dass dieser ein hohes Mitglied des Hauses Telvanni war – es gab noch zwei weitere Gründe für sein für ihn widernatürliches Handeln.
Erstmal wusste der Dunmer schon einmal nicht, ob er den Erzmagister überhaupt töten konnte. Es war schwer, dessen körperliche Fähigkeiten als auch die in den verschiedenen Schulen der Magie einzuschätzen. Und schlussendlich fiel ihm auch noch unangenehm auf, dass er den Mann gar nicht töten wollte. Welche Schmach, welche Schande – aber dazu später. Auf jeden Fall, so meinte Malukhat zu wissen, würde er eines Tages ausprobieren, ob er den Telvanni töten konnte – und wenn er selbst dabei sein Leben verlieren sollte!
Nach einiger Zeit des Schweigens blickte er hundemüde zu seinem Gegenüber auf, der das Gehörte gerade verarbeitete, es scheinbar in den verschiedenen Rinden seines Hirns unterbrachte, sie mit Schildchen versah und diese letztlich auch dort noch in die korrekten Themenbereich unterteilte. Was Malukhat am meisten interessierte, konnte er den Bretonen nicht fragen, aber dennoch zwang er sich, darüber nachzudenken. Die meisten Menschen hätten angewidert, ja schockiert auf den ’Heilungszauber’ reagiert. Draven hingegen schien sich einfach zu denken: Warum nicht? Jeder hat seine eigene Art, seine persönlichen Hobbies zur freien Entfaltung zu bringen. Friede, Bruder. Nun ja, letzteres würde er wohl kaum denken, so ernst wie er im Moment war, doch Malukhat genoss die bloße Vorstellung, wie der große, böse Erzmagister des ebenso großen, ebenso bösen Hauses Telvanni mit einem breiten Grinsen im Gesicht und einem um den Kopf gewickelten, in allen Farben des Regenbogens verzierten Tuch umher rannte und die Worte des Friedens mit seiner Wasserpfeife im Gepäck verkündete. Beinahe hätte der Dunmer mit vorgehaltener Hand das Kichern begonnen, doch er konnte sich geflissentlich zurückhalten und machte eine strenge Miene. So etwas hatte er drauf, war ja nicht umsonst ein Schauspieler erster Güteklasse. Aber nun zurück zu seinen eigentlichen, aufgrund jener belustigenden Ablenkung vollkommen verdrängten Gedanken: Wie konnte Draven nur so verdammt gelassen reagieren? Und wieso stellte er nicht eine Frage über diese in Morrowind höchst untypische und noch dazu verbotene Zauberkunst? Merkwürdig… Für Malukhat war dieses Kerlchen ein Rätsel auf zwei Beinen, welches sich partout nicht lösen lassen wollte. Er hatte bis jetzt immer gedacht, Frauen seien das höchste aller Gefühle, befänden sich am Rande des Ertragbaren, allein aus dem guten Grund, dass sie in ihren Gedankengängen einfach viel zu kompliziert waren. Aber Draven hatte sie alle übertroffen, sie konnten sich nunmehr nur noch in seinem Schatten sonnen, aber keinesfalls mit ihm mithalten.
„Ihr seid so was von kompliziert, mein Freund“, erklärte Malukhat mit zu Schlitzen verengten Augen und hängenden Schultern. „So einer wie Ihr ist mir noch nie unter die Augen gekommen, und ich will auch hoffen, dass das dabei bleibt. Ihr allein seid schon mehr als genug.“
Und nun entschuldigt mich bitte, hatte er noch anhängen wollen, doch seine Stimme versagte ihm schlagartig den Dienst. In der Tat, er hatte seine gesamten Energievorräte aufgebraucht, wenn selbst seine Zunge nicht mehr nach seinen Regeln spielen wollte. Sollte er sie vielleicht abschneiden, um ihr zu zeigen, wer hier der Boss war? Nein, das wäre einfach zu doof… Verdammt, er musste nun unbedingt schlafen, ansonsten würde er die nächsten Tage zu gar nichts mehr zu gebrauchen sein. Eine Stunde… nein, besser zwei. Selbst ein gesamter Tag, so merkte er im Nachhinein, würde ihn nicht wieder vollkommen auf die Beine bekommen. Das war aber auch nicht zwingend notwenig, denn sein Mana konnte sich langsam aber sicher während der kommenden Reise wieder stabilisieren. Jetzt jedoch wollte er sich nur noch unter seine Kuscheldecke legen, das Sonnenkissen unter seinem Kopf zurecht rücken und schlafen. Und eh er sich’s versah, hatte die Müdigkeit ihn überwältigt und er versank in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Sein letzter Gedanke galt Draven, dem Mann, der sich um alles folgende zu kümmern hatte, der sich selbst all die Last dieses Unterfangen auf die Schultern gelegt hatte…
Maar Gan, Balmora und Vivec
Jarlaxle schaffte es schliesslich, die Hand von der Klinge zu lösen und atmete tief durch. "Zweimal nach Balmora bitte", sagte er zum Schlickschreiter-Führer und bezahlte die entsprechenden Draken. Er stieg gemeinsam mit dem Senche ein und döste auf der Reise nach Balmora vor sich hin. Seine letzten Gedanken vor dem Einschlafen waren, dass sie in Balmora damals die ersten wirklichen Erkenntnisse erhalten hatten. elpede, der ein Indoril war und die Camonna Tong nur für seine eigenen Zwecke benutzte. Dann fielen ihm die Augen zu und er erwachte erst wieder am Zielort, etwas unsanft geschüttelt vom Schlickschreiterführer und sah die fast mitleidigen Blicke von Rak'Talzaar auf sich ruhen. Der Khajiit wurde wohl niemals müde, seufzte Jarlaxle innerlich. Dann bemühte er sich um einen halbwegs ausgeschlafenen Blick und drückte dem Schlickschreiter-Führer weitere Draken in die Hand. "Zweimal Vivec", meinte er dazu und hoffte, dass der andere nicht dem Glauben verfiel, er wolle den Schlickschreiter nur benutzen, um sich einmal auszuschlafen. Doch so müde er auch noch war, diesmal wollte der Schlaf nicht kommen. Zu gross war die Anspannung, was ihn dort erwarten würde und so war er froh, als sie endlich ankamen. Langsam wanderten die ungleichen Gefährten über die kleine Brücke, die direkt ins Fremdenviertel von Vivec führte und Jarlaxle hoffte, dass die Ordinatoren keinen weiteren Blick an sie beide verschwenden, sondern sie lediglich für einen reichen Dunmer mit seinem Sklaven halten würden. Obwohl: ein Blick auf den Senche zeigte, dass dieser zum Sklaven absolut ungeeignet war. Zu stolz und kriegerisch war seine Haltung. Die demütige Art und den halbgebückten Gang, den die einheimischen Khajiits hatten, lagen diesem hier völlig fern.
Jarlaxle senkte den Kopf und sah - wie in Gedanken versunken - auf den Boden, in der Hoffnung, dass niemand sein Gesicht würde irgendwie erkennen können.
Der Boden! Der Boden schien plötzlich erneut aus Gras und roten Lehm zu bestehen. Wind zerrte an seinem Umhang und wieder hörte er das Schreien und Stöhnen der Verwundeten und Sterbenden. Und ein Gedanke, ein fremder und doch zugleich so vertrauter, ging ihm durch den Kopf: "Ja, wir haben gesiegt! Aber um welchen Preis? Er war zu hoch, viel zu hoch. Der beste von uns, mein Freund, Nerevar, er liegt im Sterben und soviele unseres Volkes tot, zu Knochen und Erinnerungen geworden am heutigen Tag!" Und er warf den Kopf zurück und stiess einen wilden Schrei der Verzweiflung und des Schmerzes aus und er hörte wie aus weiter Ferne seine eigene Stimme als geisterhaftes Echo durch die Stadt klingen: "Gesiegt! Und doch verloren. Wer wird nun Resdayn schützen?" Dann liessen ihn diese fremde Trauer und Mutlosigkeit, die zugleich die eigene zu sein schienen, zusammenbrechen und er sank auf die Knie, nach Atem ringend und erneut gegen diese fremde Übernahme ankämpfend. Mit Mühe schüttelte er die andere Präsenz ab und sagte mit brüchiger Stimme: "Grossartig! Wer immer Du auch bist, wenn Du willst, dass ich lebendig und unauffällig bei Dir erscheine, solltest Du solche Attacken besser unterlassen!" Dann wurde ihm bewusst, dass er auch diese Worte laut gesprochen hatte und stand müde auf, sah sich um und den schockierten Blick des Senche sowie etlicher Dunmer, die sich urplötzlich um sie beide versammelt hatten, auf sich ruhen.