Zitat:
Aimans Himmelfahrt
GALILEO MYSTERY (ProSieben, Freitag, 22.30) Gibt es wirklich ein Jenseits? Und wenn ja, wie sieht es aus? Aiman Abdallah weiß es. Der Pro-Sieben-Wissens-Experte klärt eine Grundfrage der Menschheit in weniger als 60 Minuten – in "Galileo Mystery".
Die tröstliche Abdallah-Antwort auf die jahrtausendealte Frage lautet: Ja, es gibt ein Leben nach dem Tod! Und es ist knallbunt und voller Engel und netter lebender Toter! Glaubt man den Experten und Experimenten, die Abdallah in seinem Wissenschaftskrimi auffährt.
Besser, man glaubt ihnen nicht. Man könnte am Ende ziemlich enttäuscht sein, wenn das Wunder des ewigen Lebens dann doch ausbleibt. Denn Abdallahs Methoden sind nicht die eines Wissenschafters (oder wenigstens Wissenschafts-Journalisten), sondern die eines Gauklers. So auch beim Thema Jenseits. Die präsentierten Nahtod-Erfahrungen werden zu bonbonbunten Videoclips aufgeblasen, ein Hypnotiseur darf einen Geist schweben lassen, eine Testperson wird per Spezialgerät ("Gotteshut") elektromagnetischen Schwingungen ausgesetzt, um jenseitige Visionen auszulösen. Und um zu beweisen: Wer stirbt, ist nicht tot, sondern kommt in den Himmel.
Dazwischen dürfen immer wieder Neurologen, Theologen und andere Fachleute kurze Statements zum Thema Jenseits beisteuern. Nur kurze, zusammenhanglose Wissenshäppchen dürfen es sein, denn vor allem braucht der Moderator Zeit und viel Worte, sich selbst in Szene zu setzen. Die Kamera ist ständig in Bewegung, das "Galileo-Labor" bleibt im mysteriösen Halbdunkel, die Musik dröhnt im Hintergrund, eine sonore Stimme aus dem Off spricht bedeutungsschwangere Worte. Und Hauptdarsteller Abdallah schreitet wie ein Zirkusdirektor die unheimliche Szenerie ab.
Ganz klar: "Galileo Mystery" ist keine Wissenssendung, sondern ein ziemlich fauler Zauber. Der Zuschauer soll (mit filmischen Mitteln) überwältigt werden, nicht aufgeklärt. Gibt es ein Leben nach dem Tod? Und wenn ja, wie sieht das Jenseits aus? Die ernüchternde (und wahrscheinlichere Antwort) müsste lauten: Nö, alles Leben endet mit dem Tod. Aber das wäre natürlich zu einfach. Also zaubert Abdallah am Ende seiner aufwändigen Show die "Erkenntnis" aus dem Hut: Die Nahtod-Visionen vom Jenseits sind real! Wir leben ewig! Wir kommen ins Paradies!
Die Begründung dafür ist hanebüchen, dem widersprechende wissenschaftliche Erkenntnisse werden ausgeblendet. Hauptsache, Abdallah hat sein knalliges Schluss-Statement.
Wenns denn ewiges Leben gäbe: Hoffentlich sieht es dann wenigstens nicht so grässlich kitschig aus, wie sich der Moderator und sein Pro-Sieben-Team das Jenseits ausmalen ...
Thomas Meins