Kaiserstadt; Tiber Septim - Hotel
„Übertreib es nicht.“ Erynn grinste schief. „Zur Abwechslung bin ich nicht völlig abgebrannt, da kann ich auch für mich selber sorgen – vorausgesetzt, die schmeißen uns aus dem Nobelschuppen nicht gleich wieder raus“, setzte sie mit einem Seitenblick auf Arranges’ immer noch recht besudeltes Erscheinungsbild hinzu. Sie selbst sah nur wenig besser aus.
Nach einigem hin und her jedoch bekamen sie tatsächlich Zimmer vermietet; Septime waren und blieben einfach ein durchschlagendes Argument.
Beide verbrachten den Rest des Tages hauptsächlich damit, zu essen und herumzuhängen. Es war eine Erleichterung, die müden Knochen und arg beanspruchten Muskeln strecken zu können und ausnahmsweise mal nicht das Gewicht einer Rüstung auf den Schultern zu spüren. Die Dunmer brauchte eine Weile, bis sie sich an das große, dekadent ausgestattete Gebäude gewöhnt hatte. Die so penetrant zur Schau gestellte Noblesse erschien ihr wie Verschwendung und nervte sie mehr, als daß sie davon beeindruckt war. Der Speisesaal im Obergeschoß würde einen hervorragenden Übungsraum abgeben, wenn man die Tische an die Wand schiebt und den ganzen Tand aus dem Fenster wirft, dachte sie unwillkürlich und mußte grinsen. Ohnehin fielen sie zwischen den ganzen höhergestellten Persönlichkeiten, die sich hier eingenistet hatten, ziemlich auf. Jedenfalls kam es ihr so vor, was sie jedoch nicht davon abhielt, die Bequemlichkeiten zu genießen, die das Septimhotel ihr bot. Sie mußte ja nicht für lange hierbleiben.
Erynn verabschiedete sich schon recht früh am Abend. Sie war sauber, sie war satt und ihr war warm. Kein Grund, nicht auch zur Abwechslung einmal lange und bequem zu schlafen, ohne von Wetter oder Mücken geplagt zu werden und immer mit halbem Ohr auf die Umgebung zu lauschen. Es war wirklich fast unanständig luxuriös!
Am nächsten Morgen erwachte sie früh und natürlich mit schlechter Laune. Die Ereignisse der vergangenen anderthalb Wochen waren nicht spurlos an ihr vorbeigegangen und hatten sie in ihren Träumen heimgesucht. Nachdem sie sich etwas eine halbe Stunde lang gesammelt hatte, betrat sie voll gerüstet und abmarschbereit die Empfangshalle, setzte sich auf eine Bank in einer Ecke und streckte die Beine unter dem dazugehörigen Tisch aus. Träge betrachtete die Elfin das langsam zunehmende Treiben, während sie darauf wartete, daß Arranges sich bequemte aufzustehen. Also zurück in den Forst? Ich weiß ja nicht... einen einzelnen Druiden kann man da drin wirklich lange suchen. Sie überlegte. Parwen hat mal was von einem Tor irgendwo in der Westebene gesagt... Erynn verwarf den Gedanken wieder. Die Bosmer würde nicht locker lassen bis sie herausbekommen hatte, wozu ihre Freundin das würde wissen wollen.
Kaiserstadt => Ringstraße
„Kann ich machen. Allerdings brauche ich immer noch Kettenringe dafür.“ Sie sprang auf, wobei man der Elfin deutlich ansah, daß sie froh war aus dem piekfeinen Laden wegzukommen.
Also machten sie sich auf den Weg ins Marktviertel, um Verpflegung und Ausrüstung zu besorgen. Der Vorteil war unbestreitbar, daß sie danach sofort aufbrechen konnten und nicht darauf warten mußten, daß der niedergelassene Schmied seine Arbeit beendet hätte. Erynn würde sich darum kümmern, wenn sie die nächste Rast einlegten.
Es wurde später Vormittag, bis sie schließlich an den Ställen ankamen. Die Kaiserstadt, so stellte die Dunmer nicht zum ersten mal mißmutig fest, war nicht nur gnadenlos verbaut, sondern auch so ausgedehnt, daß man sich schier die Hacken ablatschte, wenn man vom einen Ende zum anderen und zurück mußte. Sie verstand nicht, was andere Leute daran fanden. Das Ding hockte störend wie ein stinkendes Geschwür in der Mitte des Rumaresees und verschandelte die Landschaft auf Meilen hinaus. Egal, wo man geade unterwegs war, irgendwie fiel der Blick immer auf diese gepuderte, parfümierte Kloake.
Falchion begrüßte sie freudig. Das Pferd war gut gepflegt und ausgeruht und es wirkte, als könne es kaum erwarten, wieder etwas Bewegung zu bekommen. Die Kriegerin zauste seine Mähne, als sie es durch das Gatter auf die Straße lenkte. Nachdem sie Weye hinter sich gelassen hatten, trieben sie die Tiere zu einem flotten Trab und folgten dem weiten Bogen der Ringstraße nach Osten.
Ringstraße -> Großer Forst
Die weitere Reise verlief ohne weitere Zwischenfälle. Ein Rappenkurier und zwei berittene Legionäre kamen an ihnen vorbei, aber sonst tat sich nichts um sie herum. Es war nach den vergangenen Tagen fast ein wenig seltsam. Nicht nur, dass Arranges immer wieder daran dachte, dass er einen Botschafter einfach getötet hatte, sondern auch die Tatsache, dass er Erynn aus den Fängen der Abtrünnigen befreit hatte. Er fühlte sich im Gegensatz noch zu vor dem Überfall auf Parlovars Anwesen fast ein bisschen zu mächtig. Zudem kam noch, dass Erynn einen sehr tiefen Einblick in seine Erinnerungen bekommen hatte. Schon komisch... vor knapp drei Monaten noch wäre mir im Traum nicht eingefallen, jemandem, die Großmeister ausgenommen, viel mehr von mir zu erzählen, als dass ich ein Magier wäre... in Ausnahmefällen auch Nekromant... Erynn war mittlerweile sehr viel mehr, als eine Begleiterin... Nienna hatte Arranges bis jetzt immer mit seinem Rotfuchs gleichgestellt, Drimofinya vielleicht auch noch... die Dunkelelfe jedoch stand bereits deutlich über dem Tier. Das war ihm bewusst geworden, just in dem Moment, als sich die Entführungspläne beinahe zur Gänze aufgedeckt hatten, als er den Brief aus der Tasche des Botschafters zog...
Die Nacht brach herein, als sie den Bogen nach Osten hinter sich hatten und in einiger Entfernung die Ortschaft Bockbierquell sehen konnten. Arranges hatte wirklich nur sehr wenig Lust, in dieser Taverne Quartier zu beziehen. Sie ritten weiter, bis sie an der Weggabelung bei Sercen angekommen waren. Das Wetter hatte mittlerweile umgeschlagen und von Süden zogen dicke Wolken herauf, in deren dunklen Innereien bereits Blitze zuckten. Bockbierquell wäre vielleicht doch die bessere Idee gewesen... Sie hielten Abstand zu der Ayleidenruine, schlugen sich westlich der Straße, die hinauf nach Bruma führte, in das Unterholz des beginnenden Waldes. Auf einem breiten Felsen, der aus den steilen Hängen herausstach, den sie über einen ausgetrampelten Pfad erreichten, schlugen sie ihr Lager auf. Der Lagerplatz war eine dämliche Idee, wie Arranges und wohl auch Erynn nicht ganz eine Stunde später grummelnd feststellten. Direkt an die Front des Felsens klammerte sich zwar eine breite Kiefer. Jedoch bot sie weder Schutz vor dem Wind, der ihnen jetzt, da das Unwetter sie erreicht hatte, schneidend um die Ohren pfiff, noch vor dem Regen, der sie Minuten, nachdem er einsetzte, bis auf die Haut durchnässt hatte.
Die Pferde standen mit hängenden Köpfen dicht am nördlichen Hang beieinander, während Arranges darum bemüht war, das Feuer, das er vor dem Gewitter entfacht hatte, am Laufen zu halten. Und das nur für einen Lagerplatz, der halbwegs troll- und ogersicher ist...
Bleichersweg => Orangene Straße
Ein wenig angewidert von dem seltsamen Zeitgenossen beeilte sich Erynn, dem Beschwörer zu folgen. Sie schlugen sich tiefer in die Wälder, weiter bergan. Das also war Bleichersweg... hervorragend. Nicht, daß es ein Verlust gewesen wäre, diesen Ort nicht zu kennen. Mißmutig sah sie auf und blickte den vermuteten Weg entlang. Es geht schon wieder in die Berge! Der letzte Ausflug dahin reicht mir bis heute völlig.
Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als der Fuchs vor ihr plötzlich erschrak und ins Rutschen geriet. Sie fluchte und sprang zur Seite. Das Pferd schlitterte vielleicht vier Schritte den Hang hinab, bevor es zitternd zum Stehen kam. Die Eisen schlugen Funken auf dem felsigen Boden. Es dauerte eine geraume Weile, bis der Hengst zum Weitergehen bereit war. Na großartig. Und wir sind noch keine Stunde unterwegs. Wenn das so weitergeht, wird das ein sehr langer Tag...
Es wurde ein langer Tag. Bis sie schließlich die Orangene Straße erreichten, war es Abend geworden und Zwei- wie Vierbeiner waren trotz des kühlen Wetters klatschnaß geschwitzt, obwohl sie effektiv nur deprimierend wenig Wegstrecke zurückgelegt hatten. „Genug für heute“, meinte Arranges sichtlich entnervt, und so schlugen sie ihr Lager etwas abseits des Weges auf und rieben die Reittiere trocken. Der Rotfuchs hatte eine leichte Schwellung an der linken Fessel des Hinterbeins, lahmte aber nicht. Trotzdem opferte der Kaiserliche einen Heiltrank und benetzte einen Umschlag damit, den er dem Pferd um das Bein wickelte.
Als sie sich endlich am Feuer niederließen beschloß die Elfin, für das letzte Tageslicht eine sinnvolle Verwndung zu finden. „Wie wäre es“, fragte sie ohne Einleitung, „wenn du mir jetzt zeigst, wie daedrische Zeichen gelesen werden?“ Der Beschwörer warf ihr einen Blick zu, der ungefähr so motiviert wirkte wie ein verkaterter Tagedieb. „Muß das heute sein?“ Erynn zog eine Augenbraue hoch. „Nein, nicht unbedingt“, antwortete sie und zog die Windwandlerrolle unter ihrer Rüstung hervor, entfaltete sie und hielt ihm das Pergament unter die Nase. „Aber wenn ich dieses Ding schon mit mir rumschleppe, sollte ich wenigstens ungefähr wissen was draufsteht, oder?“ Sie gab sich Mühe, wirklich. Doch nach einigen Augenblicken war es ihr schlicht unmöglich, das Grinsen noch weiter zu verbergen.
Großer Forst -> Ringstraße
Arranges hechtete dem Vogel hinterher. Der kleine Flattermann war plötzlich erstaunlich schnell unterwegs und der Kaiserliche hatte Mühe ihm zu folgen. Die Macht des Druiden wurde jetzt aber, da es eilte und Arranges mit dem Zuspruch Harchaxas den Wald durchquerte, deutlich spürbar. Der Nekromant hatte das Gefühl, als gingen ihm die Bäume plötzlich aus dem Weg, das Gestrüpp wurde hart und unnachgibig, bildete einen sicheren Grund unter dem Sprinter. Was Arranges nicht wusste, jedoch ahnte, war, dass ihn der Zaunkönig aus dem Wald heraus in südöstlicher Richtung auf die Ringstraße führen würde. Im Morgengrauen legte der Magier eine kurze Rast ein um verschnaufen zu können. Einmal mehr in seinem Leben dankte er seiner ihm von den Göttern gegebenen Ausdauer. Er hatte zwar nicht Arme und Beine eines Kriegers, aber seine Kondition war ausgezeichnet. So ging das die darauffolgende Nacht, bis hin zum nächsten Morgen weiter... bis Arranges endlich völlig erschöpft aus dem Wald hervorbrach und auf eine Heide stolperte. Einige Meter weiter unten an dem sanft ansteigenden Hang, erblickte er vor sich die Ringstraße. Etwas weiter östlich konnte er hinter einer niedrigen Kuppel im Hang die Dächer von Bockbierquell sehen. Vor sich, im Süden erstreckte sich der Rumaresee, in dessen Mitte die Kaiserstadt thronte.
Erst jetzt gönnte er sich eine richtige Rast. Völlig erschöpft und schwer atmend, ließ er sich einfach ins Gras fallen. Ich will nie Staffelläufer werden... Dachte er zwischen zwei Schnaufer. Der Zaunkönig ließ sich auf die Brustplatte gleiten und sah den Kaiserlichen an. Arranges hob den Kopf und blickte den kleinen Vogel an. 'Überbringe Harchaxas meinen Dank und sag ihm, dass ich ihm vertraue, was Erynn angeht...' Der kleine Vogel piepste ein paarmal und flatterte dann davon, wieder zurück in den Wald. Nach einer Weile setzte sich Arranges auf. Langsam drehte er sich um in Richtung Waldrand. Einige Minuten blickte er auf die grünschwarze Wand... Wäre auch zu schön gewesen... Dachte er und spürte plötzlich einen hässlichen Stich in der Brust. Nein Arranges, lass dich jetzt nicht auf eine Diskussion mit deinen Gefühlen ein...! Er beschloss, sein Unterbewusstsein einfach auszuschalten. Mit etwas unsicherem Schritt ging er auf die Straße zu und versuchte, wieder einen normalen Puls zu bekommen, regulierte seine Atmung und nach einigen Metern konnte er fast wieder normal laufen. Was man ihm jedoch nicht ansah, seine Beine waren schwer wie Blei und er war im Begriff, im Laufen einzuschlafen. Nur noch bis zur Taverne, dann kann ich endlich schlafen... Er würde den restlichen Weg zum Tor zu Fuß bestreiten. Spätestens bei Cropsford ging es wieder in den Dunkelwald und dort konnte man nicht reiten...
Am nächsten Tag verließ Arranges Bockbierquell und folgte weiter der Ringstraße. Er kam gut voran, das Wetter war einigermaßen gut und er war ordentlich erholt, trotz grausigem Bett. Aber irgendetwas störte ihn. Während der nächsten beiden Tagen hing er seinen eigenen Gedanken nach. Er hatte mittlerweile den Bogen, den die Straße nach Süden beschrieb, erreicht. Die Dämmerung brach herein und er schlug am Straßenrand sein Lager auf. Am Feuer sitzend, kam ihm wieder in den Sinn, dass etwas fehlte und zwar sehr. Mit ein und dem selben Gedanken schlug er sich nun schon seit den letzten drei Abenden herum. Er wusste nicht was fehlte, aber es fehlte etwas. Irgendetwas hatte er vergessen... oder wurde er langsam aber sicher wirklich schon verrückt... der Druck, der auf ihm seit dem Verrat der Meister ruhte, lastete schwer auf seinen Schultern, es war also kein zu absurder Gedanke, dass er mehr und mehr am Rad drehte. Sobald das hier vorbei ist, werde ich mich für eine ganze Weile bei Bruder Marbell einquartieren und ENDLICH das Buch studieren...
Herzland; Grafschaft Cheydinhal
Arranges setzte seinen Weg am nächsten Tag fort. Er folgte der Straße weiter nach Süden, bis er an die Kreuzung kam, wo die Straße in östlicher Richtung nach Cheydinhal führte. Er bog auf diese Straße ein und wanderte weiter, bis endlich Nagastani in Sichtweite kam. Arranges beabsichtigte auf Höhe der Ruine die Straße zu verlassen und dann in die nördlichen Ausläufer des Dunkelwaldes zur Nibenay zu gelangen.
Die Sonne war bereits hinter dem Rand der Welt versunken, als er den Waldrand endlich erreicht hatte und ein Feuer aufschichtete. Das Gefühl, das ihn schon seit er den Druiden verlassen hatte, zermürbte, war im Laufe der Tage immer stärker geworden. Er konnte es auch nicht mehr ausblenden. Als er am Feuer saß und den Proviant wieder einpackte, nachdem er festgestellt hatte, dass er gar keinen Hunger verspürte, beschloss er doch auf diese grausig ablenkende Wahrnehmung einzugehen... er hatte kaum damit angefangen zu überlegen, schon traf ihn die Erkenntnis hart wie ein Faustschlag ins Gesicht. Erynn...! Verwundert und gleichermaßen erschrocken über sich selbst, konnte er sich weiteren Eindrücken seines Unterbewusstseins nicht mehr erwehren und so haderte er mit sich selbst, bis er Argumente gefunden hatte, mit denen er seine Entscheidung zum Wohle ihres Schutzes, vor sich selbst zu rechtfertigen vermochte...
Während er jedoch stumm mit sich selbst stritt, bemerkte er nicht, wie hinter ihm im Wald ein paar Zweige knackten. Erst, als ein leiser, glucksender Laut gefährlich nahe zu hören war, schrak Arranges auf. Doch es war zu spät. Der Zauber war bereits auf dem Weg und traf Arranges, ehe er ausweichen konnte. Seine Magie entzog sich seinem Zugriff, ohne, dass er etwas dagegen hätte tun können. Verdammt... Wegelagerer... Der Magier riss sein Schwert aus der Scheide und machte ein paar Schritte rückwärts, weg vom Wald. Zwei Goblins tauchten aus dem Dunkeln auf, mehr oder weniger gut gerüstet, viel gefährlicher war jedoch der Schamane, der wohl auch den Zauber gewirkt hatte und hinter den beiden Kriegern aus dem Dickicht trat... Das... könnte hässlich werden... Sofort waren alle Gedanken an Erynn oder den Druiden verflogen, er konzentrierte sich nur noch auf die beiden heranstürmenden Goblins....
Valusberge; Obliviontor, östlich von Hame
Arranges nahm den Hinweis von Erynn nickend zur Kenntnis. Sie würden wohl nachsehen müssen, ob die Rauchsäule den Standort für das dritter Tor markierte, von dem Harchaxas ihnen erzählt hatte. Sie beschlossen aus dem wenigen Buschholz, das sie finden konnten, Fackeln zu binden, anstatt damit ein Feur zu machen... Die Facklen würden sie am nächsten Morgen für den Anstieg brauchen, wenn die Sonne noch nicht über die Gipfel der Valusberge aufgestiegen sein würde. Arranges musterte etwas missmutig die Felswand, die sie am nächsten Tag hinaufklettern würden. Im groben Vergleich zu dem, was sie bis jetzt hinter sich gelassen hatten, würde ihnen das hier wohl alles abverlangen. Und Erynn scheint bereits am Ende ihrer Kräfte zu sein... Arranges würde sich etwas überlegen müssen, um sie ohne Absturz da hinaufbuxieren zu können. Währe es wenigstens eine Rinne gewesen, hätte ich sie ja noch tragen können, aber diese Felswand ist komplett ausgesetzt, tragen oder etwas in dieser Richtung ist absolut ausgeschlossen... Verdammt! Der Magier, wie auch die Kriegerin fanden in dieser Nacht nur unzureichend Schlaf. Der Kaiserliche zerbrach sich die ganzen Stunden über, die er Wache hielt, den Kopf darüber, wie sie diese Felswand am einfachsten hinaufkommen konnten.
Der nächste Morgen zerstörte jede Hoffnung auf ein einfaches Weiterkommen. Es war disig und die Felsen glitzerten leicht. 'Na großartig, jetzt ist die Wand nicht nur mehr abartig steil, sondern auch noch nass und glitschig...' Maulte Arranges, während er sich das Seil wieder um die Hüfte band und dann Erynn aus dem Halbschlaf weckte. Trotz dem Wiederwillen, den die Dunmer ganz eindeutig zeigte und Arranges sie erst mit ein paar wenig netten Worten darauf hinweisen musste, dass er ihr das Seil selbst anlegen würde, verknotete er den Strick vor ihrem Bauch und kontrollierte kurz, ob der Knoten eventuell ruckartigem Zerren auch standhalten würde. Dann machten sie sich daran, die Felswand zu erklimmen.
Arranges hatte die drei provisorischen Fackel alle an seinem Gürtel hängen. Er ging voran. Er hatte erst überlegt, Erynn vorausklettern zu lassen, aber anders, als wenn er sehen konnte und sogar musste, wohin sie lief, während sie über steile Geröllhalden hinwegstiegen, war es hier besser, wenn sie unter ihm kletterte. Das hatte den Vorteil, dass ihr Gewicht, sollte sie aus der Wand fallen, ihn nicht mitzerren konnte, da das Seil im Idealfall sowieso fast spannte. Die Kriegerin würde somit keinen nennenswerten Fall haben und schlicht an dem Seil baumeln, bis sie wieder Halt gefunden hätte. Der untere Teil der Felswand war noch nicht wirklich senkrecht, sodass der Anstieg auch mit einer Hand zu schaffen war. Mit der anderen Hand balancierte der Magier die Fackel, während er versuchte seine Augen überall gleichzeitig zu haben: Dort, wo er hintrat und sich festhielt, nach oben, nach unten und bei Erynn um zicher zu gehen, dass sie keinen falschen Tritt tat. Sie hatten gut ein Drittel der Wand geschafft, als die Sonne endlich über den Bergen im Osten aufging und das Land erhellt, sodass keine Fackeln mehr nötig waren. Nicht unbedingt zu spät. Das dürre, verkrüppelte Reisig brannte viel zu schnell herunter und gerade, als die Sonne aufgegangen war, war die letzte Fackel bereits wieder zur Hälfte verbrannt. Arranges schaute sich einen Moment suchend nach der hellen Scheibe am Himmel um. Nachdem er den Sonnenstand bestimmt hatte und somit die grobe Uhrzeit, klopfte er die Fackel am Fels aus und hängte sie sich wieder an den Gürtel. Der weitere Weg hinauf wurde deutlich einfacher mit dem stetigen Sonnenlicht. Es musste früher Nachmittag sein, als Arranges sich plötzlich einem leichten Überhang gegenüber sah, der von unten nicht zu erkennen gewesen war. Verfluchte Scheisse... Der Kaiserliche lehnte sich ein Stück aus der Wand heraus um so weit wie möglich nach beiden Seiten blicken zu können, aber so wie es aussah, stellte der Überhang den Rand eines kleinen Plateaus dar. 'Verdammt...' Knurrte er. Ein kurzer Blick nach unten verriet ihm, dass Erynn wohl bemerkt hatte, was ihn gerade ärgerte. 'Das wird ein wenig heikel, wir müssen einen leichten Überhang erklimmen... wir machen das am besten so, dass ich vorauskletter und dich dann hochziehe...' Erynn blieb kaum etwas anderes übrig, als dem Vorschlag zuzustimmen, beide hingen sie seit bald mehr als 5 Stunden in der beinahe senkrechten Felswand und alles, was die Aussicht auf ein Ende dieser grausigen Kraxelei bot, war sowohl der Kriegerin, als auch dem Magier mehr als recht. Erynn kletterte neben Arranges, sodass er so viel Seil wie möglich hatte um hochzukommen. Es dauerte eine Weile, bis der Nekromant einen Ansatz gefunden hatte, an dem er sich um den Fels hangeln konnte. Er verkrallte sich regelrecht in das Gestein, als er einen Halt an der Kante des Überhangs gefunden hatte und sich dann mit den Füßen von der Felswand löste. Für einige Sekunden baumelte er in der waghalsigen Höhe, bevor er sich keuchend und schnaufend nach oben zog. Nur nicht zu viel zappeln und vor allem kein Fehlgriff... Endlich lag er mit dem Oberkörper auf dem sicheren Fels. Er musste erst einige Male tief ein- und ausatmen, bis er sich wieder von diesem Kraftakt erholt hatte. Wenn ich gewusst hätte, dass mein Panzerhemd tatsächlich so schwer ist, hätte ich längst auf Schildzauber umgestellt... Während er sich auf die Knie wuchtete, ließ er den Blick kurz umherschweifen. Es war, wie er vermutet hatte. Eine große, recht flache Geröllhalde breitete sich vor ihm aus. Im Norden und Süden wurde das Steinfeld schnell wieder steiler, während sich die Furche, welche unten das Tal bis zum Panther hinab bildete, hier oben flach fortsetzte und im Osten in einen mächtigen Gipfel überging, der aber nicht mehr zu sehen war, da sich weiter oben dicke, graue Wolken um die Spitze des Bergs drängten. Von seinem Standpunkt aus gesehen, schraubte sich in der rechten Kerbe, in die dieser Berg abfiel, eine Rauchsäule in den Himmel. Dort muss das Tor sein...
*Erynn?' Rief Arranges über den Rand des Plateaus. Eine schwache, aber deutliche Antwort kam von unten herauf. 'Wenn ich es dir sage, stößt du dich leicht von der Felswand ab und sieh zu, dass du ordentlich in der Seilschlinge sitzt...' Wieder nur eine schwache, aber wohl sehr unsichere Antwort. Der Kaiserliche konnte ihren Unmut nur zu gut verstehen, ihm war zuvor auch nicht ganz wohl gewesen, als er das Gefühl hatte, an einer glitschigen Wolke, direkt über der Nibenay zu hängen. Er stellte sich möglichst breitbeinig, so hin, dass er nicht mit den Füßen wegrutschen konnte. Als er überall sicheren Halt hatte, brüllte er nach unten: 'JETZT!' Nach einem kurzen Zögern bemerkte er, wie plötzlich ordentlich Zug auf das Seil kam. Er musste sich heftig dagegenstemmen und gegen die Pendelbewegungen steuern um nicht einfach hinabgerissen zu werden, aber schließlich kam Erynn, mithelfend, so gut es ihr möglich war, Stück für Stück über den Rand des Überhangs. Sie zeigte eine ähnliche Reaktion wie er. Erst nach einer Weile stemmte sie sich hoch und kam keuchend neben ihm zum Stehen. 'Dort...' Arranges deutete auf die Rauchschwaden. Nach einer weiteren kurzen Verschnaufminute, machten sie sich von dem Seil los und bewegten sich über das ihnen jetzt wie eine ordentlich gepflasterte Straße vorkommende Geröllfeld auf den vermeindlichen Standort des Tors zu...
Valusberge => Oblivionebene
Bisher hatte Erynn die Berge nicht gemocht, weil es ab einer gewissen Höhe dort immer irgendwie kalt war. Mittlerweile haßte sie diese übertriebenen Anhäufungen von Gestein einfach für die Tatsache, daß sie existierten. Mehrmals verlor sie unterwegs fast den Halt, nicht nur, weil der Fels schlüpfrig vor Nässe war, sondern auch, weil ihr in ihrer Linken tatsächlich einiges an Stärke fehlte. Normalerweise nahm sie das kaum mehr wahr, aber hier, wo sie jedes bißchen Kraft brauchte, das in ihren Fingern steckte, trat die Einschränkung doch recht deutlich zutage.
Endlich aber lag sie mit zitternden Muskeln am Rande des Felsplateaus und konzentrierte sich für eine Weile darauf, nur zu atmen. Als sie wieder Luft genug dafür hatte, verlieh sie ihrem Unmut durch einige kreative Flüche Ausdruck. „Ich mag den schrägen Humor deines Druidenfreundes immer weniger, Arranges“, setzte sie hinzu. „Diese Tore tun sich an allen möglichen Orten auf. Als ob nicht einer dabeigewesen wäre, der weniger schwer zu erreichen gewesen wäre...“
Schließlich raffte sie sich auf, löste den Knoten des Seils um ihre Taille und warf dem Beschwörer das lose Ende zu zu. Das Brennen in ihren Armen ließ so langsam nach, so daß sie sich wieder imstande fühlte, sich mit irgendwelchen Kreaturen aus den Oblivionebenen anzulegen.
Aus der dünnen Rauchfahne, die sie gestern Abend hatten sehen können, war beim Näherkommen eine recht imposante Säule geworden, die erst ein gutes Stück über dem Boden merklich zerfaserte. Sie hatte eine leicht ungesunde Farbe, ein bißchen wie gequetschtes Fleisch. Erynn glaubte außerdem, aus der Richtung ein leises Donnergrollen vernehmen zu können. Es konnte jetzt kaum mehr ein Zweifel bestehen, daß sie tatsächlich ein weiteres Portal zu den Totenlanden gefunden hatten.
Der Boden, auf dem sie jetzt standen, war von rutschigem Geröll übersäht, aber doch nahezu eben, wie Erynn erleichtert feststellte. Die losen Steine machten ihr nichts aus – es war ein bißchen so, wie sich durch das Unterholz eines Waldes zu bewegen. Ihre Füße fanden fast instinktiv die sicheren, festen Stellen.
Je mehr sie sich der Stelle näherten, von wo der Qualm aufstieg, um so weniger kalt kam der Dunmer der Wind vor, der hier oben wehte. Zuerst dachte sie es läge daran, daß ihr von der Kletterei und vom Laufen so warm geworden war, aber je weiter sie gingen, um so schwüler und drückender wurde die Luft. Das Grollen war jetzt recht laut zu hören und die Farbe des Himmels änderte sich. Zunächst schien es, als zöge die Abenddämmerung herauf, was zeitlich auch ungefähr hinkommen mochte, aber bald schon wurde die gesamte Umgebung in ein düsteres, rötliches Licht getaucht. Weit über ihnen zuckten einzelne Blitze, und es war finster genug, daß man trotz des erst frühen Abends die Sterne recht deutlich sehen konnte.
Sie bogen gerade um einen großen Felsblock, als das Tor in Sicht kam. Für Erynn war der Anblick noch immer überwältigend. Breite, elegante Dornen umgaben das eigentliche Portal wie eine martialische Krone. Kein Daedra war im näheren Umkreis zu sehen Allerdings, warum auch? fragte die Elfin sich. Hier gibt es nichts und niemanden, was man im Auge behalten müßte... Außer uns, heißt das. Unwillkürlich warf sie einen kurzen Seitenblick auf ihren Begleiter. Es war nicht zu übersehen, daß Arranges die Hitze schon wieder zu schaffen machte, während sie auf Erynns gequälte Muskeln eher entspannend wirkte. Aber warum, zum Donner, öffnen sie ein Portal hier oben, mitten im Nirgendwo? Was ergibt das für einen Sinn? Sie schob den Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf das, was vor ihr lag. Wer konnte schon sagen, welche Gründe Daedra für ihr ihr Tun haben mochten.
Kaiserlicher und Dunmer sahen sich kurz gegenseitig an, dann traten sie durch die Verwerfung in Mehrunes Dagons Reich. Erynn sparte sich diesesmal die Mahnungen betreffend der Frage, wer denn nun sagte, wo es in der Oblivionebene langging. Es würde ohnehin zu nichts führen, auch wenn sie nach wie vor der Überzeugung war, einfach den besseren Überblick zu haben.
Die Desorientierung ließ nach, und die Dunmer fand sich auf mittlerweile fast vertraut wirkendem, schlackeartigem Untergrund wieder. Ein schmaler Pfad aus einst geschmolzenem und wieder erstarrtem Gestein schlängelte sich zwischen unzähligen Lavatümpeln hindurch. Harradaranken wuchsen hier und dort, aber sonst konnte sie auf den ersten Blick kein lebendes Wesen entdecken. In ziemlicher Entfernung, verschwommen durch die vor Hitze flirrende Luft, konnte sie drei Türme ausmachen. Die zwei vorderen waren durch eine Brücke in schwindelerregender Höhe verbunden, ähnlich wie im ersten Tor, das sie betreten hatten. Als Dreveni dabei war. Erynn betrachtete das mit Geröllbrocken und Mauerresten übersähte Gelände, das zwischen ihen und den Türmen lag, und wünschte sich für einen Herzschlag lang, die reaktionsschnelle Dunkelelfin bei sich zu haben. Selbst, wenn hier jetzt noch alles ruhig schien, konnte in den nicht einsehbaren Schatten und Winkeln so ziemlich alles lauern...
Ebene des Thir; Südwest-Morrowind
Am nächsten Tag setzten sie ihren Weg fort. Arranges gelang es zwar nicht, die nach wie vor argen Schmwerzen im Rücken gänzlich zu verbergen, aber nach einem weiteren, etwas hitzigeren Wortwechsel, gelang es ihm, Erynn davon zu überzeugen, dass er sie ohne weiteres würde tragen können. Sie setzten ihren Weg entlang des Flusses fort, der sie zusehens in die niederen Gefilde Morrowinds führte. Arranges beschloss, die Velothiberge südlich zu umgehen. Er hatte sich den Ratshallen zwar noch nie aus dieser Richtung genähert, sondern war praktisch immer über die zwei Pässe im Norden gekommen, aber mit Erynn in ihrem jetzigen Zustand, war es unmöglich den hohen Pass über das Velothimassiv zu nehmen. Außerdem wäre es ein Umweg... ein sehr viel längerer und anstrengenderer, als würde er sich ein- oder zweimal im Süden verlaufen...
Es war bereits wieder später Nachmittag, aber sie waren gut vorangekommen. Die Landschaft war wieder deutlich grün geworden. Den Schnee und die damit verbundene Kälte, hatten sie bereits zum Mittag wieder hinter sich gelassen. Arranges hatte die Karte von Morrowind nicht wirklich gut im Kopf, ihm genügte bis zum heutigen Zeitpunkt nur gewusst zu haben, in welcher Richtung Juranos Anwesen und wo genau die Ratshallen zu finden waren. Wie Vvardenfell aussieht und wo in etwa die Grenzen der gesamten Provinz verlaufen, wusste er, aber mehr auch wirklich nicht.
Die Wolken hatten sich mittlerweile ebenfalls verzogen und gaben den Blick auf einen Himmel, komplett in Purpur, frei. Das Abendrot wandelte sich recht schnell zur Dämmerung und nur wenig später ließ Arranges Erynn wieder auf den Boden gleiten, schichtete ein Lagerfeuer auf und setzte sich zu der Dunmer. Er hatte mangels Pausen den ganzen Tag keinen Blick in ihr Gesicht geworfen... Aber jetzt, da er es im restlichen Licht des Tages und dem Schein der Flammen genauer betrachtete, zuckte er unweigerich zusammen. Was im Namen der Götter ist da nur los?! Ihr Gesicht hatte bald mehr Ähnlichkeit mit einem Totenschädel, als mit dem lebendigen, runden und überhaupt sehr wohlgeformten Antlitz der Dunmer, mit der er vor gerademal 4 Tagen durch das Tor gegangen war. Aber mehr, als einen entsetzten Blick, brachte er in diesem Moment nicht zu Stande...