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Die Luft war ungewöhnlich kalt und das Meer presste sich wütend an den Strand, als eine dunkle Gestalt aus den Büschen vor das Feuer trat. Nachdem sich eure Augen an das Licht des Leuchtfeuers gewöhnten, könnt ihr Carmen ausmachen. Doch statt ihrer üblichen Frisur, ihrer leicht schmutzigen Kleider und ihrer grimmigen Miene stand sie wie verwandelt vor euch: ihre Haut war von Runen und getrocknetem Blut übersät, ihre Kleider mit Ruß und Kohle schwarz gefärbt und ihre Miene so bedrohlich und stark, dass ihr es kaum wagt, ihr länger in die Augen zu blicken.
Doch die Roma blickte in die Augen jedes einzelnen von euch und hob ihre bemalten Arme, in deren Händen ihr ein Kaninchen und einen Dolch erkennen konntet. „Für dieses Ritual brauche ich die Kraft und die Gedanken eines jeden aus dieser Runde.“ Langsam und bedrohlich sanken ihre Hände wieder, der Dolch bedrohlich nahe an jenen, die zu Vorderst saßen. „Tut, was ich euch befehle, denn die Geister werden jede Schwäche ausnutzen.“, sagte sie leise, doch keinem entging ein Wort. „Summt diesen Ton bis zum Ende des Rituals und blickt stets nur auf mich. Lasst euch nicht durch eure Gedanken, Geschehnisse oder Schreie ablenken, wenn euch euer Leben lieb ist.“ Sie schloss die Augen und summte einen tiefen Ton. Nachdem einige in diesen urigen Gesang eingestimmt hatten, öffnete Carmen sie wieder. Aus ihrer Tasche kramte sie Stroh und Sandelholz hervor, welches die Roma kurzerhand hinter sich ins Feuer warf. Eine Stichflamme züngelte dem Himmel entgegen und verströmte einen fremdartigen, betörenden Geruch.
Die Zigeunerin trat hinter Thomas, holte tief Luft und stach den Dolch mit voller Wucht in das Kaninchen, doch es gab keinen Laut von sich, obwohl Blut an der Hand der Roma hinunterfloss. Die Zigeunerin bewegte sich tanzend und mit einer Anmut, die man ihr ob ihrem Gemüt wohl nie zugetraut hätte, um Thomas herum und es fiel euch schwer, ein Muster in ihren Bewegungen zu sehen. Dabei sang sie in einer fremden Sprache, die Bilder von Geistern und verstorbenen Tieren in euch hervorrief. Das Blut des Kaninchens, das sie fest in ihrer Hand hielt, floss beharrlich auf den sandigen Boden, fast unbeeindruckt von den Drehungen der Zigeunerin, als wäre sie aus einer anderen Welt.
Als sie plötzlich in ihrem Gesang endete, war ein nahezu perfekt gezeichnetes Pentagramm auf dem Sand vor euch zu erkennen, in dessen Mitte Thomas saß. Seine Hände und Füße waren gefesselt und sein Gesicht verriet, wie fest die Schnüre gezogen wurden.
Carmen legte das Kaninchen beiseite. „Ihr Geister, die ihr diesen Mann besetzt haltet! Ich sage euch den Ba’Ur, den Krieg, an!“, sagte sie mit tiefer, bedrohlicher Stimme.
Aus ihren Beuteln holte sie eine gefährlich schimmernde Eidechse hervor, deren Füße ebenfalls gefesselt waren. Diese legte sie vor Thomas in das Pentagramm, jedoch außerhalb des fünfzackigen Sterns. Danach holte sie sieben schwarze Kerzen hervor, legte sechs an den Rand des Pentagramms und stellte sich an die Spitze ihrer blutigen Zeichnung. Sie ritze mit dem Dolch ein Zeichen in die erste Kerze. „Vertreibung! Denn diese Seele, dieser Körper soll nicht euer sein!“ Carmen entzündete sie im Feuer und rammte sie in den ersten Zacken des Sterns. Carmen ging zur nächsten Kerze. „das Gute! Denn dies soll ihn regieren!“ und auch jene bekam ein Zeichen und wurde entflammt. Bei der dritten Kerze rief die Roma: „Schutz! Denn vor euch soll er geschützt sein!“ und übergab den Docht den Flammen. „Gewalt! Denn sie war euer Mittel!“ war das Zeichen der vierten Kerze und „das Böse! Denn es war eure Kraft!“ rief die Zigeunerin, als der letzte Zacken des Sterns seine Kerze bekam.
„Ziel und Zwang! Denn du wirst der Geister neue Heimat!“, rief Carmen, ritzte das sechste Zeichen in die sechste Kerze, entzündete sie und rammte sie vor die Echse in den Boden. „Geleit und Kraft! Denn dies wirst du brauchen!“, ritzte sie in die letzte Kerze ein, gab ihr Feuer und befestigte sie in Thomas‘ Hand.
Nun umgaben sieben Kerzen und eine Zeichnung aus Blut den gefesselten Richter wie die Eidechse. Ein riesiges Feuer brannte hinter ihm, während etliche Augenpaare auf die dunkle Zigeunerin starrten, die wieder in den Summton einstimmte.
Sie öffnete mit einem Tuch das Maul der echsenartigen Kreatur und legte das Blutnachtkraut hinein. Danach strich sie Pollen des Juhang auf Thomas‘ Gesicht und ihr meint, eine weitere Rune darin zu erkennen.
Carmen strich das Haar des Richters beiseite, als wolle sie die Rune noch ergänzen, doch mit einer schnellen Handbewegung schnitt sie eine Locke seiner Haare ab und schnürte sie um den Hals der Eidechse.
Danach trat sie aus dem Pentagramm heraus mit dem Gesicht zum Verfluchten: „Gebt seine Seele, seinen Körper frei! Ich gebiete dir, unreiner Geist, als Diener des Guten in der Kraft dieser helfenden Seelen, weiche! Diese Echse soll dein Heim sein immer dar!“
Carmen begann erneut zu tanzen und in fremden Sprachen zu sprechen, dabei grunzte, schnalzte sie und ries die Augen immer wieder auf.
Abrupt blieb sie hinter Thomas stehen und hob eine Schale über ihn empor. „Ich wasche Thomas, den treuen Richter, Euer frei!“, und sie goss die Milch der Kokosnuss, die mit ihrem eigenen Blut vermischt war, über Thomas‘ Haupt, ohne aber seine Kerze zu löschen. Danach fiel sie hinter ihm in Ohnmacht – gefährlich nahe am Feuer.
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Der Tag, an dem er hätte sterben sollen, verlief anders als Otr gedacht hatte.
Nachedem Torben plötzlich auf Raa Mon losgegangen war, war für ihn eine Welt zusammen gebrochen. Zuerst hatte gestern irgendetwas von ihm besitzt ergriffen und nun ließ dieses Etwas andscheinend auch Torben Menschen töten. Der Schock saß noch tief in seinen Glieder, als aus der totem Kind ein neuer Stab wiedergeboren wurde.
Irgendetwas schien die Gruppe immer weiter auseinander zu reißen, da sich und auch Lif und Sabal gestritten hatten, aufgrund des neu aufgetauchten Stabes.
Carmens Ritual lenkte aber seine Aufmerksamkeit auf sich, da es erschreckend und erstaunlich zugleich war.
Jedoch machte sich der Schrecken mehr in ihm breit als das Erstaunden, da er Angst hatte, welche aus Wirkungen das Ritual wohl auf ihn haben michte, wenn der böse Geist, der gestern von ihm Besitz ergriffen hatte, immer noch in ihm schlummerte.
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Lif hatte das gesamte Ritual skeptisch betrachtet. Er glaubte zwar nicht, dass dieser Zigeuner-Hokuspokus irgendeinen Effekt hatte, aber Carmen schien es wichtig zu sein und er konnte (hübschen) Frauen nunmal keinen Wunsch abschlagen...
Als er nun sah, wie Carmen zusammenbrach, eilte er schnell hin, und zog sie ein Stück von dem Feuer weg. Dann legte er vorsichtig eine Decke (die er rein zufällig von Balthasaras Lager genommen hatte - der würde sich über die Flecken von Carmens Kriegsbemalung schön ärgern) über sie. Da Carmen von der ganzen Sache wohl ziemlich erschöpft war, lies er sie ansonsten erstmal schlafen.
Thomas ignorierte er völlig. Auch wenn er seit der Stabsache noch sicherer war, dass es sich bei ihm um keinen Verfluchten handelte, hieß das noch lange nicht, dass er ihn sonderlich leiden konnte. Sollte ihn irgendjemand anderes losbinden.
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Carmen tauchte tief in die Traumwelt ihres Rituals ein und sie konnte förmlich spüren, wie sie an den Ketten und den Seilen riss, die auf magische Art und Weise Thomas lähmten. Sie wollte herbeieilen und dem geisterhaften Abbild Thomas' helfen, doch dann wurde ihr gewahr, dass Dieser selbst die Schnüre zurückhielt und tief in seinem Innersten entschlossen blickte, nicht bereit war, die Fesselung aufzugeben, die seine Fähigkeiten gefangen hielten.
Ihr fiel allerdings auf, dass diese Ketten, die selbstauferlegten, schon zu bröckeln und sich zu biegen begannen, als würden sie nicht mehr lange standhalten.
Schon wand sich der Geist der Echse allerdings in seinem - von ihr geschaffenen - Gefängnis, als ihr auffiel, dass trotzdem der Richter von einem seltsamen Staub bedeckt war, den sie auf dieser Ebene mit ihrer Hand abstreifen konnte, es war pulverisierter Stein, der wie Sand an seinen Beinen und Armen klebte und den sie abstreifen und auf die Echse übertragen konnte, der geisterhafte Leib des Thomas begann dann augenblicklich zu schweben, sie glaubte ein wenig Erleichterung zu spüren.
Dann schließlich war das Ritual beendet und sie fiel in eine tiefe, traumlose Ohnmacht, mit dem letzten Blick konnte sie die Gesichter der Anwesenden auf der Traumebene mustern, doch ehe sie mehr erkennen konnte, schlug sie hart im Sand auf und ihre Besinnung schwand dahin, auch wenn ihr Otrs Gesicht im Geiste noch vor den Augen schwebte, als wäre dort Etwas gewesen, was dort nicht hingehörte...
Zeitgleich schlug Thomas die Augen auf und sein Blick jagte umher.
Schweiß stand ihm auf der Stirn, seine Arme taten ihm weh, als hätte er gegen eine Horde Zwerge ein Seilziehen ausgetragen.
Was ihm jedoch sofort auffiel, war das Labsal seines Leibes. Jede Schwäche, jede Fessel war von seinem Körper gewichen, die Lähmung, die ihn in dieser Nacht so plötzlich umfangen hatte, war gewichen, er spürte, wie das Blut nun durch seine Adern rauschte und sich seine Muskeln gestählt und voller Tatendrang in seinem Leib geschmeidig bewegten...
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Erschrocken stolperte Otr ein paar Schritte zurück. Kurz bevor Carmen umgefallen war, hatte er ihre Präsenz in sich gespürt.
Was war das? Hatte sie das Böse nun aus ihm verbannt?
Verwirrt wollte er sich in Bewegung setzen, um in Richtung Holzfällerlager zu gehen, ohne darüber nachzudenken, dass die anderen ihn wahrscheinlich aufhalten würden.
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Gerade wollte sich Lif Thomas zuwenden, um ihn doch noch loszubinden (egal wie unterhaltsam der Anblick eines gefesselten Thomas war, am Ende würden sie doch nur unter seiner schlechten Laune zu leiden haben), als ihm auffiel, wie Otr sich in Bewegung setzte.
"Moment mal, da hinten. Was denkst du, wo du hingehst? Schnell absetzen, solange keiner auf dich achtgibt?"
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Thomas war immer noch gefesselt, so dass ihn die Tatsache, dass er seine Kräfte wiedererlangt hatte, nicht wirklich fröhlich stimmte. Um genau zu sein, war er sogar ziemlich aufgebracht.
"Ich würde mich freuen, wenn mich endlich jemand losbinden könnte. Ich habe die letzten Tage wirklich schon genug durchgemacht und habe zudem diesen miesen Echsentsab vernichtet. Wenn also irgendwer die Güte haben würde, mich loszubinden, wäre dies vermutlich nicht die schlechteste Idee.
Außerdem müsste ich da noch eine gewisse Beerdigung vorbereiten ..."
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Otr erstarrte mitten im Schritt. Als Lifs Stimme an sein Ohr drang, wurde ihm schlagartig wieder bewusst, wieso er heute hierher geführt worden war, und durch seine Verwirrung hatte er sich noch verdächtiger gemacht, dass er besessen ist.
"Tut mir Leid, Lif. All die Ereignisse heute haben mich zu sehr geschockt. Ich war gerade in Gedanken, als ich mich in Richtung Holzfällerlager begeben wollte."
Um nicht noch mehr Fehler zu begehen, beschloss er sich Lif und Thomas wieder zu nähern.
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Lif seufzte. Thomas schien leider wieder ganz der alte zu sein. Immerhin schien Otr keinen übermäßigen Ärger zu machen. Irgendwie wäre es ihm wesentlich lieber gewesen, wenn Otrs und Thomas' Rollen vertauscht gewesen wären, aber das Leben war einfach nicht fair... Grimmig machte er sich daran, Thomas Fesseln zu lösen.
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Thomas blickte Lif direkt in's Gesicht und konnte eine Spur von Ärger in seinem Gesicht erkennen. Thomas konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
"Ihr hättet mich wohl lieber noch eine Weile in Fesseln gesehen, nicht wahr, Lif? Ich bin sicher, dass ich so ein herrlicher Anblick für euch gewesen sein muss, aber es gibt momentan dringendere Dinge, um die wir uns kümmern müssen.
Da wäre auf der einen Seite unser Vorfall vom Vortag, wo ich von einer umherfliegenden Axt getroffen wurde. Otr muss uns, was das angeht, noch Rede und Antwort stehen und die Gruppe muss anschließend entscheiden, was mit ihm geschehen soll.
Auf der anderen Seite müssen wir irgendwie dafür sorgen, dass diese nächtlichen Sabotageakte gegen uns aufhören. Und zu guter Letzt muss ich mich noch um die Bestattungen von Raa und Torben kümmern."
Thomas konnte spüren, dass Lif ihm etwas zu Torben entgegnen wollte, unterbrach ihn aber, bevor Lif etwas sagen konnte.
"Nun schaut mich nicht so an. Ich schulde Carmen für das, was sie für mich getan hat, wohl mehr als nur einen Gefallen. Das ich mich um ihren toten Geliebten kümmere, ist da das Mindeste, was ich tun kann."
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Langsam rührte sich Balthasar wieder. Es war das Zwitschern eines Vogels das ihn weckte.
Vorsichtig streckte er sich aus und versuchte wieder aufzustehen. Er war sich bewusst das er wohl ohnmächtig geworden war und erwartete das er sich gerädert fühlen sollte, doch eher fühlte er sich als hätte er auf einem weichen Bett geschlafen und sei nun ausgeschlafen und voller Elan.
Er wusste nicht wieso er sich so fühlte, doch auch die Tatsache das Raa heute verstorben war nahm er leichter. Er hatte das sichere Gefühl das sie in Frieden ruhen würde und nicht wollen würde das er sich traurig fühlt.
Da fiel ihm gerade ein das ihre Feuerbestattung bald sein musste, Balthasar war zwar lange ohnmächtig aber es war immernoch hell und er konnte keine große Rauchwolke sehen, auch roch es nicht nach Feuer und Ruß.
Balthasar nahm die Beine in die Hand und rannte zum Leuchtfeuer
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Balthasar rannte durch den Wald und erst als er am Lager ankam, wurde ihm gewahr, dass keine Wurzel seinen Lauf und kein Ast ihn behindert hatte. Fast schien es, als wäre er mit traumwandlerischer Sicherheit durch den dichtesten Dschungel getänzelt.
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Langsam und mit stechendem Kopfschmerz kehrte Carmen aus der Traumwelt zurück, doch viel lieber wäre sie dort geblieben.
Widerwillig öffnete sie ihre Augen, deren ehemalig dunkles braun Thomas nun fast schwarz entgegen blickten. "Zumindest habe ich dich nicht getötet.", flüsterte sie. Sie strich die Decke mit einer schnellen, aber widerwilligen Handbewegung ab.
Die dunklen Runen, die ihre Haut verziert hatten, waren nun verwischt und färbten Carmen unregelmäßig. Mit ihrer gerußten Kleidung und ihren fast schwarzen Augen wirkte sie wie eine dunkle, ja, gebrochene Ausgabe ihres früheren Ichs.
"Nun, werter Richter, fühlt ihr euch nun wieder kräftiger?", fragte die Roma Thomas und so freundlich ihre Worte waren, so düster waren sie ausgesprochen.
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Thomas blickte die Roma unverwandt an. Anscheinend schien es ihr besser zu gehen, da sie aus ihrer Ohnmacht erwacht war. Aber ihr Unterton sagte Thomas, dass vielleicht doch nicht alles so in Ordnung war, wie es schien.
"Mir geht es besser als fast immer zuvor und ich stehe tief in eurer Schuld. Im Moment kann ich allerdings nicht viel mehr für euch tun, als eurem Gefährten eine anständige Bestattung zukommen zu lassen. Das ist das Mindeste, was ich für euch tun kann."
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Die Roma nickte dem Richter entgegen und Dankbarkeit leuchtete in ihren Augen auf, die sich mit versiegten Tränen füllten.
Sie hatte die Hoffnung auf ihr Glück aufgegeben und er würde es begraben.
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"So, nachdem nun anscheinend alle wieder wohlauf sind", machte sich Lif mal wieder bemerkbar, "sollten wir uns etwas zuwenden, was im Trubel des heutigen Morgens völlig untergegangen ist: Otrs Verhandlung. Für alle, die gestern nicht da waren oder ein schlechtes Gedächtnic haben: Otr hat mit einer Axt nach Thomas geworfen, ihn aber mehr oder weniger", die letzten Worte hatte er nur gemurmelt, "zum Glück verfehlt. Ich denke, es liegt auch in Otrs Interesse, dass wir das Ganze schnell hinter uns bringen.
Obwohl Thomas wahrscheinlich eine tolle Idee für die Umsetzung hat, für die wir lediglich drei Wochen Vorbereitungszeit und 50 Personen brauchen, schlage ich vor, dass jeder sagt, was er zu sagen hat, und wir danach per Handzeichen abstimmen. Hat damit irgendjemand außer natürlich Thomas", wieder ein murmeln, "ein Problem?"
Erwartungsvoll blickte er in die Runde.
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"Wieso sollte ich denn ein Problem damit haben, Lif? Wenn ich mich Recht erinnere, war doch sogar ich gestern dafür, dass die Gruppe über Otr abstimmt. Ich verstehe wirklich nicht, was ihr immer noch gegen mich habt. Aber vielleicht seid ihr einfach auch nur von Natur aus ein kleiner Stinkstiefel. Aber bei euresgleichen verwundert mich sowas auch nicht wirklich. Wahrscheinlich bin ich schon nur wegen meiner Profession euer Feindbild."
Thomas hätte diese Schimpftirade noch eine ganze Weile fortführen können, aber einen Sinn sah er darin nicht wirklich. Daher versuchte er einen anderen Ansatz:
"Hört zu, Lif! Ich mag euch nicht sonderlich und ihr mögt mich anscheinend überhaupt nicht. So weit wären die Fronten ja wohl geklärt. Das Problem dabei ist nur, dass wir zusammen auf dieser gottverfluchten Insel festsitzen. Wenn wir hier überleben wollen, müssen wir alle an einem Strang ziehen und dieses Bemühen kann ich bei euch schwerlich erkennen.
Zwar habt ihr einiges für die Gruppe getan, aber immer nur dann, wenn es euch letztendlich zum Besseren nutzte. Ansonsten habt ihr euch ganz gerne auch mal in die hintersten Ecken der Insel zurückgezogen und nichts getan, während wir uns hier abgeackert haben und unsere Leben bei der Suche nach einer Lösung unseres gemeinsamen Problems riskiert haben. Raa ist zum Beispiel einer solchen Tatsache zum Opfer gefallen und sie war nur ein kleines Mädchen. Also entweder ihr lernt mal endlich ein bisschen Benehmen in der Gruppe oder ihr könnt den ganzen Tag Holzhacken gehen."
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"Oh, ich erinnere mich, wie du gestern zu mir gekommen bist, und gesagt hast 'Nach stundenlangen fruchtbaren Debatten haben wir nun eine Lösung gefunden, wie wir die Verfluchten heilen und alle von dieser Insel runterkommen können'. Das muss wohl die Lösung sein, über die hier angeblich alle außer mir gebrütet haben.
Und natürlich denke ich zuallererst an mich. Ich werd mich wohl kaum abrackern, damit DU von dieser Insel wegkommst, während ich hier bei den Verfluchten rumsitze.
Und wenn du der Meinung bist, dass hier nicht genug Holz gehackt wird, dann kannst du mir heute Nacht gerne mal Gesellschaft leisten. Genug überschüssige Energie scheinst du dank Carmen ja inwischen wieder zu haben..."
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Balthasar hatte gehört was Lif gesagt hatte. Er erinnerte sich auch noch an den Vorfall, war er doch selbst dabei leicht verletzt worden. Auch wenn er, hätte er zu jenem Zeitpunkt darüber entscheiden müssen, ihn für schuldig gesprochen hätte fühlte er sich jetz viel ausgewogener und ruhiger was die ganze Sache betraf.
Es war klar das Otr damit nicht weg kam, aber wir sollten ihn auch nicht gleich umbringen.
"Ich finde wir sollten nicht nicht umbringen, das wäre ein zu großer Verlust. Ich halte im algemeinen nichts von der Todesstrafe, erst Recht wenn es sich bei dem Verbrechen nicht um einen Mord haltet.
Viel eher sollten wir ihn als Holzarbeitersklaven halten, für den Rest der Reise. Das ist eine faire Bestrafung. Auch soll er Nachts aufpassen das Niemand das Holzfällerlager sabotiert, falls doch können wir ihn dafür schuldig machen und, ja, dann umbringen. So wäre er noch nützlich.
Ich stimme also dagegen ihn auf der Stelle umzubringen"
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Carmens schwarze Augen musterten den Zwerg.
"Bei meinem Ritual konnte ich in der Traumwelt erkennen, das etwas -wohl ein Geist - dir anheim gefallen ist. Was sagst du dazu, Otr? Was schlägst du als deine Strafe vor?
Ich kann für meine Gerechtigkeit nicht mehr kämpfen." Tiefe Trauer lag in ihren Augen. "Doch die Gerechtigkeit dieser Satra, wenn es denn überhaupt eine ist, dafür will ich kämpfen.
Ich bin gegen den Tod von Otr. Aber ich werde nach seinem Urteil den Tod von anderen fordern."
Gespenstisch und als könnte ein Blick von ihr bereits töten, blickten ihre tod-schwarzen Augen einige von euch bedrohlich und unheilverkündend an.