Ort: Geisterpforte, Turm der Abenddämmerung
Maya. Waldläuferin. Gespeichert.
Ihr hörtet von unserer Gruppe? Unsere Gruppe existiert seit einer gewissen Zeit... Aber sicherlich nicht lange genug, um bereits einen solchen Ruf zu haben.
Dass er mit seiner Gruppe bereits so bekannt sein sollte, behagte Revan überhaupt nicht. Irgendwelche Fanclubs, die ihnen hinterherrennen konnte er echt nicht gebrauchen. Verdammt nochmal, seine Gilde stand am Rande des Abgrunds und nun kommt eine wildfremde Frau dahergelaufen, die ihn kontaktiert haben sollte. Eine Attentäterin der dunklen Bruderschaft? Kaum.
Aber wenn er bereits von irgendwelchen Leuten gesucht wurde, dauerte es vermutlich nicht mehr lange, bis seine Identität überall bekannt war.
Wieso wollt Ihr uns anschliessen? Weshalb kommt Ihr aufgrund irgendeiner Meldung zu uns? Was wisst Ihr von uns? Woher wisst Ihr von uns?
Kontaktiert wurde ich in letzter Zeit gewiss nicht.
Phase zwei der revanschen Gesprächstaktik: Den Gegenüber ausfragen und mit möglichst vielen Fragen überrumpeln. Ob diese Taktik wie schon oft in der Vergangenheit Erfolg hatte?
Ort: Geisterpforte, Turm der Abenddämmerung
Innerlich leicht beunruhigt, äusserlich völlig emotionslos dachte Revan einen kurzen Moment nach. Wenn diese Maya in einer kaiserlichen Festung erfahren hat, dass er bei der gesuchten Gruppe aus Pelagiad dabei war, dann war dies kein gutes Zeichen. Die andere, geheime Informationsquelle war dem Dunmer zudem leicht suspekt.
Wenn die kaiserlichen informiert waren, dass sich ein Dunmer namens Revan bei den Gesuchten befand, könnte das ausgesprochen unangehem werden. Kam diese Information an die falsche Stelle, war es möglich - wenn auch unwahrscheinlich - dass seine Identität als Grossmeister der Morag Tong ans Licht kam.
Mit einem typischen, nichtssagenden Gesichtsausdruck musterte der Indoril die Dunmerin.
Das erklärt natürlich einiges. Als Maya ihn nur fragend ansah, fuhr Revan fort. Warum ich nicht über euch informiert bin. Mein Name ist Zaknafein Oblodora. Ein Revan befindet sich nicht in unserer Gruppe. Ich wünsche Euch Glück, dass Ihr ihn noch findet.
Und dass er nicht in dem Getümmel hier untergekommen ist. fügte er mit einem freundlichen Grinsen hinzu.
Ort: Geisterpforte, Turm der Abenddämmerung
Nachdem Revan die dunmerische Waldläuferin losgeworden war, wandte er sich mit einem besorgten Gesichtsausdruck an seine Ziehtochter. Ninièl blickte finsterer drein, als es bei ihr üblich war, woraus der Grossmeister schloss, dass sie das Gespräch teilweise mitbekommen haben musste.
Das gefällt mir überhaupt nicht. Die Imperialen scheinen zu wissen, wo wir sind, und noch viel schlimmer: Wer ich bin. Das bedeutet, dass ihre namenlose "Mördertruppe" nun ein Gesicht hat. Wenn diese Maya von den Kaiserlichen erfahren hat, wo wir sind, dann bringt meine Anwesenheit die Gruppe in Gefahr.
Revan schwieg für einen Augenblick. Als Ninièl nichts entgegnete, fuhr er fort. Ich sollte die Gruppe für einige Zeit verlassen und nach dem Mörder von Venims Vater suchen. Habe ich das erst geschafft, sollte auch der Zwischenfall in Pelagiad aus der Welt zu schaffen sein.
Solange der Mob aber das Ende meiner Gilde fordert, und die Imperialen mich für einen Mörder halten...
Revan sprach den Satz nicht zu Ende, sondern wartete auf eine Reaktion der Altmerin, die er seit Jahren kannte und aufgezogen hatte.
Ort: Geisterpforte, Turm der Abenddämmerung
Mit dem Ausdruck tiefster Zuneigung blickte Revan seine Ziehtochter an. Genau wie sie, wusste er, dass es mit seinem Morag-Tong-HQ-Teleport-Amulett kein Problem wäre, zu verschwinden. Als Grossmeister der Assassinengilde war er auch darin geschult, unerkannt zu operieren. In einem Punkt hatte sie allerdings recht: Nachforschungen anstellen und dabei unerkannt zu bleiben, was äusserst schwierig.
Ihre wahre Botschaft jedoch rührte den mächtigen Dunmer. Sie hielt zu ihm, und wollte ihm, im Endeffekt natürlich auch sich selber, helfen.
Ob gemeinsam oder alleine sterben, macht eigentlich keinen allzu grossen Unterschied... Als er diesen Satz aussprach, erinnerte sich Revan an die Situation in der Zitadelle Vemynal, wo er dem Tod ins Angesicht geblickt hatte und schalt sich innerlich für diese unüberlegte Aussage.
Jedenfalls halte ich es nach wie vor für klüger, alleine nachzuforschen. Alleine kann ich meine Möglichkeiten voll ausnutzen, und ohne Rücksicht auf Andere arbeiten. Ausserdem bin ich relativ geschickt darin, dem Tod zu entgehen und einfach zu verschwinden. Doch was bei einer Person alleine klappt, funktioniert nicht auch gleichzeitig bei drei anderen...
Er wollte doch nur seine geliebte Ziehtochter aus dem Schlamassel heraushalten, in das er sie letztendlich gebracht hatte. Trotzdem wusste er, dass sie ihn nicht einfach gehen lassen würde.
Ort: Geisterpforte, Turm der Abenddämmerung
Das Problem ist, dass uns nicht mehr viel Zeit bleibt. Wenn diese Dunmerin uns durch Hinweise der Imperialen gefunden hat, dauert es nicht mehr lange, und sie finden uns selbst.
Ich könnte jetzt verschwinden, und in wenigen Minuten ein Gespräch mit dem Morag Tong-Kontaktmann des Kaiserreichs führen und versuchen, die Sache zu klären.
Der Kontaktmann, dessen Identität beinahe ebenso unbekannt war, wie die des Grossmeisters, war ein äusserst intelligenter Mann. Vielleicht würde Revan mit ihm eine Lösung des Problems finden. Obwohl der Kontaktmann nicht wusste, wer der Grossmeister als Person war, kannte er ihn mittlerweile relativ gut. Seit 37 Jahren war es nun derselbe.
Revan sprach nun ganz leise, damit ihn nur Ninièl verstehen konnte.
Die Gespräche finden immer in unserem Hauptquartier statt. Ninièl wusste, dass der Ort des Hauptquartiers der Morag Tong ein streng gehütetes Geheimnis war, in das ausser den Tong-Mitgliedern niemand eingeweiht war. Auch die engsten Vertrauten des Grossmeisters nicht.
Es war ein Dilemma für Revan. Einerseits wollte er seine Tochter nicht im Stich lassen, oder einer Gefahr aussetzen, anderseits musste er die Sache mit seiner Gilde so schnell wie möglich aus der Welt schaffen - wenn es dazu nicht schon zu spät war.
Schon immer war Revan ein Mann gewesen, der seine Entscheidungen mit dem Kopf getroffen hatte. Wäre das zu diesem Zeitpunkt genauso gewesen, hätte er seine Wahl längst getroffen.
Zudem wusste er, dass er die Gruppe einer Gefahr aussetzte, wenn er ging. Eine Gefahr, die sie sicher teilweise ihm selbst zu verdanken hatten.
Revan seufzte. Er wusste, dass Ninièl ihn kannte, und dass es ihr klar war, was ihn belastete.
Die ganze Zeit auf der Flucht, oder die Chance, alle Probleme aus der Welt zu räumen. So sieht es aus.
Leider war die Situation nicht so einfach, wie er sagte. Erneut seufzte der Grossmeister. Allerdings tat er dies eher aus Angewohnheit, als wegen seinen Sorgen. Schon immer hatte er darauf geachtet, seine Gefühle nicht nach aussen zu zeigen. Dies wäre ein Schwachpunkt, den er sich nicht erlauben konnte. Nie.
Ort: Geisterpforte - Morag Tong HQ
Nachdem sich Ninièl abgewandt hatte, entfernte sich Revan ein paar Schritte von der Gruppe. Während er seinen Blick ein vorerst letztes Mal über seine Gefährten schweifen liess, fiel ihm Echozar ins Auge der... na ja, die übliche Schlägerei eben. Moment mal... Der umarmte den Nord ja!? Er schien sowieso irgendwie ein bisschen plemplem zu sein. Kopfschüttelnd bewegte sich Revan weiter. Kaum war er ausser Sichtweite, zog er das Amulett, welches ihn direkt zum Hauptquartier der Morag Tong zu bringen pflegte, aus seinem Umhang hervor. Ein prüfender Blick, ob sein Abgang irgendwelche neugierigen Leute anlocken würde, war das letzte, was Revan in der Geisterpforte tat.
Der Raum zog sich auseinander, Sterne schienen um ihn herum zu tanzen, sein Körper wurde gestreckt und gepresst...Nur Sekunden später fand sich der Grossmeister in der vertrauten Umgebung seines Gildenhauptquartiers wieder.
Als seine Anwesenheit zur Kenntnis genommen wurde, stürmten sofort zwei Boten auf Revan zu. Mit einer Handbewegung bedeutete der Indoril dem einen Dunmer zu sprechen.
Grossmeister, gut dass Ihr wieder hier seid. Der Meister der Tong in Ald’ruhn berichtet, dass die dortige Filiale bis auf weiteres geschlossen wurde. Der Mob demonstriert davor und versuchte, in die Gildenhalle selbst einzudringen. Das konnte bisher zum Glück vermieden werden.
Revan nickte als Zeichen, dass er die Nachricht zur Kenntnis genommen hatte. War eigentlich nicht anders zu erwarten. Der zweite Dunmer war nun an der Reihe, seine Neuigkeiten an den Mann zu bringen.
Grossmeister, es wurde vor einigen Tagen die Leiche eines Dunmers in Vivec gefunden. Wir konnten in Erfahrung bringen, dass der Tote niemand anderes war, als Euer Freund Jarlaxle Bregan’d’aerthe. Nähere Informationen sind zur Zeit nicht verfügbar.
Der Indoril schluckte, um den Schmerz über den Tod seines Freundes zu verdrängen. Wichtige Dinge erforderten seine Aufmerksamkeit. Seine Emotionen durften ihm nicht im Wege stehen.
Da ist noch etwas, Grossmeister...
Ein höheres Mitglied der Gilde sprach Revan nun von hinten an. Als sich der Grossmeister umdrehte, fuhr er fort.
Die Sache in Pelagiad... Ihr wurdet von einem Angehörigen des Hauses Redoran erkannt. Die kaiserliche Legion nahm die Fahndung nach Euch und Euren Begleitern auf.
Informationen waren doch wirklich die halbe Miete. Für die Imperialen bestand also noch überhaupt kein Zusammenhang zwischen der Morag Tong und Revan Baenre, dem Unruhestifter aus Pelagiad.
Wenigstens ein kleiner Lichtblick: Wenn das nur ein simpler Zwischenfall war, konnte die Angelegenheit vermutlich mit einer Bestechung aus der Welt geschafft werden.
Die andere Sache war jedoch immer noch akut. Ich will mich in kürzester Zeit mit IHM treffen. Bitte arrangiert das sofort.
Es war das Signal. Der Dunkelelf Dinin griff zu dem Amulett, dass für genau diese Situationen auf dem kleinen runden Tisch lag und steckte es ein. Das zweite Amulett legte er um und verschwand kurz darauf.
Von der heimeligen Atmosphäre des Morag Tong HQs direkt in die kalten Hallen der Burg Ebenherz. Eine Tür. Dinin klopfte vier Mal, legte eine Pause ein und klopfte danach fünf Mal. Die Tür ging auf und ein älterer Mann trat heraus. Wortlos, wie er es schon seit Dekaden immer wieder tat, streckte er die Hand aus, nahm das Amulett und legte es um. Gleich kam dieses seltsame Gefühl, wenn man durch die Dimensionen reiste. Einen kurzen Augenblick später stand der Mann in einem kleinen Raum, dessen Wände dem Innenraum eines redoranischen Hauses ähnlich waren. Gaius hatte keine Ahnung, wo er sich befand. In Ebenherz? Vivec? Balmora? Dagon Fel vielleicht? Diese Art, sich zu treffen, garantierte, dass niemand ausserhalb der Gilde vom Standort des Hauptquartiers erfuhr.
Der Raum war spärlich beleuchtet, doch der Imperiale hätte den Weg auch im Dunkeln gefunden. Wie immer lag ein angenehm frischer Geruch in der Luft, der dem älteren Mann zusagte. Durch eine runde Tür betrat er ein grösseres Zimmer, indem sich nur ein langer Tisch befand, an dessen Enden jeweils ein Stuhl stand.
Der weiter entfernte Stuhl war wie immer durch eine in einen Umhang verhüllte Figur besetzt. Kurz darauf war auch der andere Stuhl besetzt.
Es freut mich, dass Ihr gleich kommen konntet, Gaius Julius.
Es ist auch dringend nötig, Grossmeister.
Nicht selten begannen diese Gespräche mit genau diesen Worten. Revan, dessen Gesicht mit einem Umhang verborgen war, verspürte eine gewisse Zuneigung zu seinem Gegenüber. Seit 37 Jahren war Gaius Julius nun die Kontaktperson, die die Beziehungen zwischen der Morag Tong und dem Kaiserreich pflegte. Gaius war, gemessen am Standart der Menschen, schon relativ alt. Doch die Jahre hatten diesem Mann nicht geschadet: Er besass einen wachen Verstand und war ausserordentlich intelligent.
Ich nehme an, Ihr wisst, worüber ich mit Euch sprechen will, Gaius.
Mit einer unverbindlichen Miene antwortete dieser, wie Revan es sich gewohnt war. Nämlich gar nicht. Gaius wartete darauf, dass Revan das Gespräch begann.
Die Gilde der Morag Tong hat mit dem Vorfall in Ald’ruhn nichts zu tun.
Gaius schwieg einen Augenblick, während er die Augen leicht schloss.
Davon gehe ich auch aus. Ich kenne Euch nun lange genug. Ich weiss, wie Ihr arbeitet, wie Ihr denkt, wie Ihr handelt, Grossmeister.Der Mord an Venim trägt weder Eure Handschrift, noch die der Morag Tong.
Ausserdem sehe ich kein Motiv hinter der Tat. Der Vorfall ist äusserst destruktiv für Eure Gilde, Grossmeister.
Revan dachte einen Augenblick nach.
Ich kann davon ausgehen, dass das Kaiserreich keine Ermittlungen in diese Richtung durchführt?
Euer Problem, Grossmeister, ist nicht das Kaiserreich. Euer Problem ist das Volk. Es herrscht ein Aufruhr, der Mob beschuldigt Euch. Wir können nicht eingreifen, das gäbe Krieg.
Revan kannte Gaius mittlerweile gut genug, um auch sein Verhalten zu kennen. Nun würde er den Cliffracer gleich aus dem Sack lassen.
Es wäre auch für unsere Sache förderlich, wenn Eure Gilde wieder frei von irgendwelchen Anschuldigungen wäre.
Ich schlage deshalb vor, öffentlich die Gefangennahme von Venims Mörder zu verkünden. Es war ein Mitglied der dunklen Bruderschaft, den Auftrag zum Mord hatte er bei sich. Er wurde getötet und kann deshalb nicht dem Mob überantwortet werden.
Revan staunte nicht schlecht. Damit wäre seine Gilde nicht nur aus dem Schneider, nein, sie gewänne gar noch an Sympathie, wenn die dunkle Bruderschaft diskreditiert würde. Wieder einmal staunte Revan ob der Gerissenheit Gaius’.
Was mich an der Idee stört, ist die Tatsache, dass der Mörder nach wie vor frei herumläuft. Sollte er, oder sie, darauf aus sein, die Morag Tong zu diskreditieren, wird er nicht locker lassen.
Gaius schien einen Moment zu überlegen, doch Revan wusste es besser. Gaius brauchte nicht zu überlegen, was zu tun sei, sondern wie er am besten antworten sollte.
Nun, ausschliessen kann ich das natürlich nicht, aber vorerst scheint es mir wichtiger zu sein, die Gilde zu entlasten. Alles weitere wird kommen, wie es kommen muss.
Durch einen plötzlichen Einfall wechselte der Grossmeister das Thema.
Ach Gaius, wenn Ihr vielleicht dafür sorgen könntet, dass die Untersuchungen gegen Revan Baenre und seinen Gefährten zu einem Ende kommen?
Gaius legte seine Stirn in Falten und hob eine Augenbraue. Ein Signal für Revan, dass er sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen durfte.
Sagen wir es mal so, ich habe kein Interesse daran, dass diese Personen weiterhin vom Kaiserreich verfolgt werden.
Da müsst Ihr schon etwas genauer werden, Grossmeister. Diese Leute haben eine Gaststätte verwüstet und einen kaiserlichen Soldaten getötet. So was lässt sich nicht einfach übergehen. Es sei denn, Ihr habt einen triftigen Grund.
Sein Gehirn lief auf Hochtouren, als sich Revan eine Antwort überlegte.
Erstens haben ich und meine Gilde ein persönliches Interesse daran. Und zweitens: Revan Baenre ist, wenn er auch eines Verbrechens bezichtigt wird, ein hohes Mitglied des Hauses Redoran.
Der Grossmeister wusste, dass er nicht weitersprechen musste, um Gaius zum nachdenken zu bringen. Sollte in Kürze ein weiteres, nicht unbeliebtes, Mitglied der Redoraner in die Schlagzeilen geraten, gäbe es weitere Probleme. Wenn der Redoraner dann auch noch von den Imperialen verhaftet wurde, wurde die ohnehin schon aufgeheizte Stimmung sich gegen das Kaiserreich wenden. Was dann passieren würde.... Revan wollte es sich nicht vorstellen.
Gut, diese Erklärung ist einleuchtend. Auch wenn mir Euer persönlicher Beweggrund weiterhin unklar ist.
Gaius wusste, dass er nicht weiter darauf eingehen durfte. Der Grossmeister hatte klar gemacht, dass er darüber nicht sprechen würde. Gaius sollte auch nicht nachhaken, wollte er sich selbst nicht in Gefahr begeben. Er würde auf jeden Fall nach einer Verbindung zwischen Revan Baenre und der Morag Tong suchen. Er würde also wieder einmal die Klingen beschäftigen können.
Ihm gegenüber sass die vermummte Gestalt, die unter dem Umhang grinste. Revan wusste, was in Gaius Kopf vor sich ging. Was er hingegen nicht wusste, war, dass die Morag Tong die Klingen bereits seit etwa 10 Jahren unterwandert hatte.
Ich werde schauen, was sich machen lässt. Ihr könnt davon ausgehen, dass gleich morgen in Ald’ruhn eine Affiche aushängen wird. Ich werde ausserdem schauen, ob ich die kaiserliche Legion besänftigen kann.
Gut, habt Dank, Gaius.
Für das Kaiserreich.
Für die Morag Tong.
Die beiden Sätze beendeten jede Unterhaltung des Kontaktmanns und des Grossmeisters. Wie einem strengen Protokoll folgend verliess Gaius den Raum und erhielt ein Amulett von Dinin. Wenige Sekunden später standen sie wieder in Burg Ebenherz, wo Dinin das Artefakt wieder an sich nahm, nur um einen Augenblick später wieder unterhalb der Arena in Vivec, im Hauptquartier der Tong zu sein.
Revan hatte sich währenddessen bereits aus dem grossen Zimmer entfernt, dass ein wenig von den übrigen Räumlichkeiten der Gilde abgeschottet war. Seinen Bogen hatte er dem Schmied der Gilde ausgehändigt, der ihn mit einem skeptischen Blick entgegen nahm.
Der versammelten Gemeinschaft erklärte er Morgen wird sich die Sache in Ald’ruhn hoffentlich erledigt haben. Ich werde nun nach Ald’ruhn selbst gehen und... eine geschäftliche Verhandlung führen...
Eine herrenlose Söldnerbande, wie die der Bregan D’aerthe konnte man schliesslich nicht einfach dahin vegetieren lassen. Ein zweites Informationsnetzwerk war sicher kein Nachteil.
Mit gemischten Gefühlen zabuerte Revan einen „Rückkehr" Zauber. Wie sich Sekunden später herausstellte, war seine persönliche Markierung noch immer in Balmora. Die Freude, über das gelöste Problem liess ihn leichtfüssig zur Magiergilde schlendern. Doch wie ein dunkler Schatten folgte ihm die Befürchtung, der wahre Mörder könnte dem Plan einen Strich durch die Rechnung machen.
Geisterpforte / Krankenzimmer
Kurenai blickte verwundert auf, als Tarador das Krankenzimmer breit grinsend wieder betrat. Was, bitte, war an der Gesamtsituation hier so komisch? Nun, immerhin wusste er bereits wieder, dass sie stumm war, und würde wahrscheinlich gleich losplappern wie ein Wasserfall. Er ging zum Bett hinüber, grinste Kurenai vergnügt an, und machte sich an die weitere Versorgung ihrer Wunden. Dann stand er auf, ging zu einem Schrank und holte ein, zwei Heiltränke heraus.
„Ich nehme an, Ihr wollt so schnell wie möglich wieder gesund werden“, quietschte er freudig, „ohne Markenreklame machen zu wollen, ich habe hier zwei Tränke, die Euch dabei sicherlich helfen werden. Euer Magierhaushalt wird hiermit“ – er hob einen der Tränke in der blaue Flasche an – „innerhalb einer Stunde wieder vollkommen hergestellt sein. Mit Eurer Gesundheit sieht es noch ein wenig anders aus. Ich kann schließlich auch nicht zaubern.“ Tarador lachte über seinen eigenen Witz. Kurenai sah ihn genervt an. „Ja, ja... schon gut. Der Trank hier in der grünen Flasche wird Euch innerhalb eines Tages soweit wiederhergestellt haben, dass Ihr normal gehen und sogar kämpfen könnt. Ganz gesund seid Ihr dann aber noch nicht, seht Euch vor. Auch wenn Eure Verletzungen äußerlich nicht mehr zu erkennen sind, hat es Euch innerhalb Eures Körpers schwer erwischt. Eine Woche lang müsst Ihr noch vorsichtig sein, die Wunden können leicht wieder aufbrechen.“ Er sprach ohne Punkt und Komma. „Das beste Zeug auf dem Markt. Ein Alchemist aus Gramfeste hat die beiden auf meine Anfrage hin hergestellt. Für den Notfall, wisst Ihr? War nicht sehr billig, ich habe ein Vermögen bezahlt. Aber was tut man nicht alles, um für den Notfall gerüstet zu sein und diese Ausrüstung dann an jemanden zu verschwenden, der es einfach nur eilig habt?“ Hätte Kurenai gekonnt, sie hätte ihn angemurrt. Konnte er nicht endlich mal die Klappe halten? Oder ihr noch eben erzählen, was denn verdammt noch mal so komisch war, dass er von einem Ohrläppchen zum anderen grinste?
„Ach ja – was ich noch sagen wollte. Die Situation drüben hat sich entspannt. Die Priester sind auf die tolle Idee gekommen, die Leute so zu verzaubern, dass sie sich gern haben. Mit anderen Worten: Gruppenkuscheln statt Köpfe einschlagen. Nett, oder? Ich hab auch so einem Dunkelelfen das Leben gerettet. Haha! Das hättet Ihr sehen sollen. Einfach herrlich, wie der riesige, besoffene Gris den armen kleinen Burschen so richtig gedrückt hat. Es gibt also doch eine Möglichkeit, aschgraue Dunmergesichter blau zu kriegen!“ Er machte eine Pause. Eine sehr kurze Pause. Vielleicht wollte er selbst erstmal Luft holen, bevor sein braunes Rothwardonengesicht blau anlief... „Diese Altmer – gehört die zu euch beiden? Mensch, die guckt ja böse. Ich wollte sie mit der „Gris knuddelt Dunkelelfen“-Geschichte etwas aufmuntern, aber uh – von dem grimmigen Gesicht krieg ich heute Nacht bestimmt Alpträume!“
Altmer? Grimmiger Gesichtsausdruck? Ja, die kannte Kurenai sehr wohl. Wieso musste eigentlich jeder sie daran erinnern, dass diese Frau versucht hatte, ihr das Leben zu retten und Kurenai das nicht gestattet hatte? Sie war nicht sehr nett gewesen, das musste sie irgendwann wieder gutmachen. Die Elfe hatte nur zu helfen versucht. Hoffentlich war sie nicht mehr wütend auf den Mischling. Man darf es nicht falsch verstehen, Kurenai war gewiss nicht auf die Meinung und die Güte anderer angewiesen, aber manche Dinge schlauchten sie schon. Sie wollte einfach nur alleine sein und in Ruhe gelassen werden. Stattdessen stolperte sie in diese oder jene Probleme und konnte nicht mehr weg, bevor sie nicht alles ins Reine gebracht hatte. Es würde erst vorbei sein, wenn völlige Neutralität vorherrschte, wenn der Moment Einzug hielt, indem alles erschien, als wäre es nie passiert.
Dort musste sie hinarbeiten.