Südliche Weideländer; nahe Falensarano
Eigentlich hatte sich Arranges in dem Moment, in dem er von seinem Guar hechtete und bereits sein Schwert in der Rechten hielt, eine Strategie und die dazugehördenden Formen bereitgelegt...
Doch als er Erynn plötzlich aufbrüllen hörte und sich in die Richtung wandte, aus der der Schrei kam, sah er gerade noch, wie die Krigerin auf Knien zur Seite kippte, eine Hand an ihrem Hals fest um etwas geschlossen, von Pfeilen gespickt und das Gesicht zu einer Grimasse geformt. Ein Caitiff tauchte neben ihr auf, hielt Schild und Schwert hoch erhoben. Fauchend nahm er jene ins Visier, die sie bedrohten. Arranges fühlte, wie in seinem Verstand ein Schalter von blau auf glühend rot umschwenkte.
Wie in Trance nahm er wahr, wie der Caitiff viel zu früh vor seinem eigentlichen Ziel gestoppt wurde, Ihre Gegner beherrschte wohl ebenfalls Magie und ein Untoter stellte sich dem Dremora in den Weg. Kreischend und dröhnend schlugen die Waffen aufeinander. Ein Hunger tauchte wild knurrend in vollem Sprint, aus dem Nichts neben Arranges auf und hielt auf den Wilden zu, welcher zuvor die Pfeile ebagfeuert hatte. Eine weitere Pfeilspitze in der Flanke der Bestie konnte sie jedoch nicht aufhalten. Viel zu plötzlich fand sich der Dunkelelf wieder auf dem Rücken, den Daedra über sich. Eine Hand schoss noch zum Gürtel, an welchem wohl eine Waffe hing, doch er kam nicht mehr dazu, sie zu ziehen. Fellfetzen der Kleidung, Splitter von Metallschnallen, rote Fleischbrocken und dunkle Haut flogen zur Seite weg, hastig gejagt von einer Blutfontäne zur anderen Seite, als die langgliedrigen Sichelklauen des Hungers wechselnd im Kreuz den Leib seiner Beute zerfetzten und kaum mehr übrig ließen, als unzählige blutige Klumpen und tiefe Furchen in den noch erkennbaren Knochen des nach wenigen Augenblicken zur Gänze ausgeweideten Torsos...
Arranges hatte sich derweil mit einem anderen Dunmer angelegt und in eine heftige Keilerei verstrickt. Das Blutauge war zweifelsohne schnell und wendig, doch die viel zu primitive Keulenwaffe konnte dem Kettenpanzer des Kaiserlichen nichts anhaben und so befand sich der anfangs aggressive Dunmer bereits nach dem zweiten Streicher, bei dem die Waffe nur Funken sprühend über das Mithrilgeflecht glitt, in der Defensive und musste zusehen, dass er den wuchtigen Hieben des Kaiserlichen, der mit kalkuliertem Zorn nach dem Blutauge schlug, auswich. Scheppernd krachten die Waffen wieder aufeinander und obwohl der Kampf kaum länger als ein paar Augenblicke erst andauerte, war dem Dunmer deutlich anzusehen, dass er nicht mit so einem Kontrahenten gerechnet hatte. Und als sei die verzweifelte Suche nach einer Möglichkeit, dem Nekromanten lebend zu entkommen, der Startschuss für sein Ende gewesen, explodierte die Waffe in seiner Hand in einer rot glühenden Wolke aus knisternder Magie. Eine mit daedrischem Stahl gepanzerte Hand kam ihm viel zu plötzlich entgegen, krallte sich mit den scharfkantigen Platten und spitz zulaufenden Fingergliedern um die Stirn des Mannes und das letzte, was er sah, bevor sich Blut in Strömen in seinen Augen und dem Haaransatz sammelte, waren die blitzenden Augen des Nekromanten. Ruckartig, mit viel zu plötzlicher Gewalt, wurde sein Kopf nach vorn und unten zugleich gezwungen, wo ihm das netchledergepanzerte Knie des Kaiserlichen bereits mit voller Wucht entgegenflog. Arranges spürte, wie die abschließende Beinschienenplatte das Gesicht des Elfen regelrecht zerschmetterte.
Ein glucksender Laut drang aus dem wie aufgeplatzt wirkenden Schädel zu ihm herauf, als er im Staub landete, während sich der Magier bereits wieder dem weiteren Kampf zuwandte und keinen Gedanken mehr an das Blutauge verschwendete...
Lager der Legion; südwestlich von Tel Vos
'... Nein, es tut mir leid, aber für Reisende sind die nördlichen Regionen der Weideländer gesperrt. Mit dem Morgengrauen werden wir eine weitere Eskorte nach Norden vorbei an den Daedra zur Küste schicken, ihr werdet den Soldaten zum Lager der Aschländer folgen.'
Ein etwas schmächtiger Jüngling, vielleicht gerade 20, in einem viel zu weiten Kettenpanzer, den er kaum auszufüllen vermochte und einer flachen Sturmhaube auf dem Kopf, hatte sich der kleinen Gruppe mit einer Fackel in der Hand vor dem Tor des Legionslagers entgegengestellt und beharrte nun auf seine Order, jeden Reisenden, der sich nicht als Telvannimagier oder Legionär ausweisen konnte, zurück zuweisen.
'Und ich kann euch auch genauso wenig irgendetwas über unsere Rekruten sagen, weder wer das ist, noch was für Befehle sie haben oder hatten, wenn ihr jetzt bitte von den Guaren absteigen würdet?'
...
'Verdammt nein! Ich kann euch nicht einfach so durch das Lager spazieren lassen, mit den Guaren schoneinmal gar nicht, was würde es euch überhaupt nützen?'
'Nun, eventuell könnten wir der Legion behilflich sein.'
'Wie das? ... Nein, die Tore und die Belagerung sind Angelegenheiten des Kaiserreichs und der Telvanni.'
'Sofern wir Auskunft darüber bekommen könnten, wie die taktischen Pläne der Legion aussehen, könnten wir möglicherweise bei der Schließung der Tore helfen.'
'Als ob, hört zu, die Lage hier ist auch so bereits aussichtslos genug, ihr habt ja keine Vorstellung von der Situation dort.' Der Rekrut deutete mit dem Daumen über die Schulter in die Richtung, in der man bei Tageslicht die Rauchsäulen und die Umrisse der Toren sehen konnte.
'Ich habe die Belagerung von Cheydinhal miterlebt-'
'Das ist mir völlig egal, ich habe meine Anweisungen! Und ich-'
'Vor allem hat weder Haus Telvanni, noch das Kaiserreich so viele Truppen übrig, als dass wir jeden Freiwilligen einfach abwimmeln könnten oder sollten!' Schaltete sich eine dritte Stimme mit Nachdruck ein und brachte damit sowohl Arranges, als auch den Legionär gleichermaßen zum Schweigen. Eine Gestalt löste sich aus dem Schatten der Baracke neben dem Tor zum Lager. Als die Person in den Schein der Fackel trat, konnte man unter der schweren Rüstung, wie sie nur die Phalanx oder höhergestellten Legati trugen, die zierlichen Kurven einer Frau erkennen. Die Gestalt legte dem Legionär eine Hand auf die Schulter. 'Wenn diese Herrschaften sich freiwillig dazu bereiterklären, uns zu helfen, so würde ich sagen, ist es doch in diesem Fall besser, drei Fremde zu opfern, als drei Legionäre.' Bitte was?! Das wird immer besser hier... 'Nun...'
'Nun? Ihr dürft euch abmelden, euer Dienst ist für heute zu ende.' Sagte die Frau mit blecherner Stimme unter dem Vollhelm, und griff nach der Fackel. Der Legionär nickte und salutierte einmal, bevor er sich in die Dunkelheit der frühen Morgenstunden zwischen den Zeltreihen des Lagers davonmachte.
'Ihr wollt euch also auch der Legion anschließen?' Fragte die Frau sich wieder den drei Reisenden zuwendend.
'Nein, eigentlich wollen wir nur eine Auskunft haben.'
'Oh... die da wäre?'
'Man sagte uns, dass sich vor einigen Tagen hier eine Gruppe Argonier eingefunden hat, die vom Kaiserreich rekrutiert wurde. Ich brauche die Namen.'
'Hm, ihr könnt euch vermutlich vorstellen, dass ich euch ebenfalls nicht sagen kann, was ihr zu wissen verlangt. Aber ich kann euch zumindest sagen, dass euch selbst die Liste nichts bringen würde. Gestern gab es einen Versuch, die Belagerung von außen zu durchbrechen. Die Argonier waren bei diesem Angriff dabei. Leider hat sich die Legion wie schon öfter während dieser Krise, ein bisschen verschätzt und wir trafen auf eine absolute Übermacht der Daedra, was zur Folge hatte, dass ein großer Teil unserer Leute gefangen genommen wurde oder nach Tel Vos hinauf geflüchtet ist, wo sie jetzt gleichermaßen feststecken, seit die Daedra vor wenigen Tagen den Ring auch im Norden zwischen Ahemmusa und der Festung größtenteils geschlossen haben.'
'Gut, dann könnte man uns auch einfach passieren lassen, sind die Argonier nicht hier, sind wir nicht auf die Legion angewiesen.'
'Ob ihr es glaubt oder nicht, aber das seid ihr, denn ab hier geht es für Fremde schlicht nicht weiter, wir dürfen Zivilisten nicht näher, als bis hier laufen lassen, alles jenseits des Lagers ist nur noch verbrannte Erde.'
Arranges seufzte deutlich genervt. 'Uns bleibt also kaum etwas anderes, als uns der Legion anzuschließen, wenn wir etwas über die Argonier in Erfahrung bringen wollen?'
Die Frau nickte. 'Aber ihr sagtet zuvor, dass ihr bereits eine Belagerung durch die Daedra erlebt habt?'
'Ja.'
'Dann gibt es eventuell eine Möglichkeit, die ich euch bieten kann... denn mit Verlaub, die Legion würde ich nur dann in Erwägung ziehen, wäre ich so verzweifelt, wie diese Echsen es waren.'
Arranges stutzte, was von der Frau wohl nicht unbemerkt blieb, ihre Augen blitzten im Schein der Fackel kurz auf hinter dem Visier. 'Aber das besprechen wir wohl besser im Trockenen. Stellt eure Guare dort hinten ab und folgt mir dann...'
Wenig später luden der Kaiserliche und die beiden Dunmer ihre Satteltaschen in einer ungewöhnlich geräumigen und relativ sauberen Baracke ab. Die Frau schloss die Tür hinter sich, steckte die Fackel in eine schmiedeeiserne Halterung ein einem von zwei groben Pfeilern, die das dichte Strohdach stützten und gebot den dreien dann, an einem leicht schiefen, aber sonst stabilen Tisch Platz zu nehmen. Sie selbst hatte bis jetzt noch den Helm getragen, den sie jetzt allerdings abnahm. Feuerrotes, lang gewelltes Haar flutete mit einem Mal die gepanzerten Schultern der wie Arranges etwas erstaunt feststellte, erstaunlich jungen Kaiserlichen. Dunkelgrüne Augen, die vielleicht nur 4 oder 5 Jahre weniger vorbeiziehen sahen, als die des Kaiserlichen, blickten aus einem ebenmäßigen Gesicht mit feinen Kanten, welche eine freundliche Art, die so insgesamt nicht ganz zu ihrer Haltung passen mochte, vermittelten. Sowas findet man also bei der Legion, wenn man nicht innerhalb der Grenzen Cyrodiils sucht... interessant. Fragend wurde sie von allen drei gleichermaßen angesehen. 'Ich mache es recht kurz, da man mich sonst draussen auf meinem Posten möglicherweise vermissen würde. Ich bin nur dem Titel nach Legat und gehöre nur auf dem Papier der Legion an. Ich überwache hier eigentlich nur das Treiben der Kaiserlichen für das Haus Telvanni. Für Meister Aryon um genau zu sein. Wenn es euch tatsächlich so wichtig ist, diese Argonier, ehemalige Sklaven, in die Hände zu bekommen, so könnte ich bei der kaiserlichen Heerführung eventuell etwas drehen, damit ihr den wenigen Verbänden der Telvanni zugeteilt werdet.'
'Und das würde uns außer der selben Verpflichtung nur in einer anderen Armee, was genau bringen?'
Die Telvanni schüttelte den Kopf. 'Bei uns hättet ihr keine Verpflichtungen in dem Sinn, ihr würdet daraus nur einen Vorteil ziehen, nämlich, dass ihr ungehindert im Lager euch bewegen könntet und ihr wärt in zwei Tagen oder so lange der Nachschub der Kaiserlichen eben noch brauchen wird, bei dem nächsten Ausfall dabei und hättet so die Chance, nach den Argonieren Ausschau zu halten... spätestens eben dann, wenn wir das Tor geschlossen haben, könnt ihr unter den Toten nach ihnen suchen oder mir wahlweise nach Tel Vos folgen, wo sich ebenfalls noch einige von ihnen aufhalten.'
'Gut, aber wie genau wird unsere Zugehörigkeit bei den Telvanni dann toleriert oder begründet?'
'Ganz einfach, ihr habt bereits eine Belagerung erlebt und habt damit schon deutlich mehr gesehen und erlebt als gut zwei Drittel hier im Lager, darüber hinaus seid ihr hinter ehemaligen Sklaven her. Aus politdiplomatischen Gründen kann das Haus Telvanni diesen Abschaum nicht selbst verfolgen und da käme es gerade recht, wenn das jemand täte, der deswegen nicht schon im Vorfeld unter der Beobachtung des Kaiserreichs, welches die Sklaverei eigentlich verbietet, stand... Überlegt euch mein Angebot gut, ich werde in ein paar Stunden zurück sein, bis dahin überlasse ich euch meine Unterkunft hier.' Damit setzte sie ohne ein weiteres Wort den Helm wieder auf und trat nach draussen.
Kaiserliches Lager, südwestlich von Tel Vos
Arranges nahm einen tiefen Zug von der frischen und nassen Nachtluft, ehe er den Blick über die dunklen Silhoutten der großen Rekrutenzelte des Lagers schweifen ließ. Ihre Barracke stand direkt am Eingang zum Lager und war über einige grobe Balken mit einem niedrigen Turm verbunden, der über das Tor hinausragte und so neben der Palisade noch ein wenig gestützt wurde. Das Lager war unüberschaubar groß, aber Richtung Norden konnte Arranges erkennen, wie die Zeltreihen langsam anstiegen und auf einer niedrigen Anhöhe eine weitere Barracke einfassten. Das werden wohl die Unterkünfte der Generäle und Offiziere sein... Der Nekromant wollte gerade den ersten Schritt tun, um sich im Lager umzusehen, als er mitten in der Bewegung inne hielt und den Kopf auf die Seite drehte, aus welcher er angesprochen wurde. Die Stimme war die der Kaiserlichen: 'Was wollt ihr denn hier draussen im Regen?'
'Nun, ich wollte mir das Lager ansehen und mir ein grobes Bild über die Zahl der Männer machen, die in wenigen Tagen abgeschlachtet werden, wie Schweine.'
'Ihr glaubt nicht, dass wir die Tore schließen können?'
'Naja, ich habe gesehen, wie Horden von Daedra über eigentlich recht fähige Soldaten herfielen. Ich selbst bin ein wenig in der Magie bewandert, wie ihr vielleicht mitbekommen haben dürftet und bin mir deshalb der Natur dieser Bestien gewahr. Man kann sie nicht einfach töten, wie sterbliche Wesen.'
'Nein, das ist mir nicht entgangen. Ich beherrsche als eine aus dem Hause Telvanni ebenfalls die höhere Zerstörungsmagie und beherrsche auch einige etwas eigentümliche Beschwörungen.' Ach... sieh an. Höhere Zerstörungsmagie und Beschwörung der exotischen Sorte. Im Verstand dumm wie Brot, aber durchaus fähig... mal sehen, wie viel sie bereit ist, preis zu geben.
'Sagt, was versteht ihr denn unter höherer Zerstörungsmagie? Oder eigentümlichen Beschwörungen? Ich bin leider kein Meister der Magie, aber ich lerne so viel und wann immer ich kann.' Sagte Arranges und schickte ein Lächeln hinterher, das nur halb zu sehen war im Schein einer Laterne am Tor. Aber es schien wohl zu genügen. Die schmalen, aber zartroten und schwungvollen Lippen der Kaiserlichen teilten sich ebenfalls zu einem offenen Lächeln. 'Vielleicht wollt ihr das ja als Entschädigung dafür werten, dass mir vorin so ein Missgeschick mit den mir zugetragenen Informationen passiert ist.' Arranges zog eine Augenbraue hoch. 'Ich hoffe eure Zauber sind nicht zu schwer, wenn ich sie erlernen kann, will ich euch verzeihen.' Sagte er mit halbem Ernst. 'Gut... nun, wie soll ich das erklären? Sicherlich sind euch die drei Elemente Blitz, Frost und Feuer bekannt. Einige Magier wie ich verstehen es allerdings noch zusätzlich, sich die Pestilenz und den Zerfall, die uns hier überall und immer auf Nirn umgeben, zu Nutze zu machen. Sie können beides durch Magie ballen und auf ihre Gegner schleudern. Umgangssprachlich, aber irrtümlich als Gift beziechnet. Allerdings zehren Zauber dieser Art sehr an den Reserven des Magiers der sie spricht.' Das nenne ich doch mal wahrhafte Macht. In Arranges Geist breitete sich arger Ehrgeiz und ein Verlangen nach dieser Art der Zerstörung aus. 'Ist es schwer, derlei Zauber zu wirken?'
'Nun, das kommt darauf an, wie begabt ihr tatsächlich seid?'
'Ich beherrsche hauptsächlich das Feuer, aber auch lange nicht perfekt. Aber erzählt doch noch etwas von der Beschwörungsmagie.'
'Gut... ich weiss nicht, wie ihr zur Nekromantie steht, aber auf Vvardenfell sind die Dunmer sehr traditionell und auf eine solche Weise mit ihren Ahnen verbunden. Dunmer rufen Jaja, das weiss ich doch alles... komm zum Punkt, Mädchen! sie zum Schutz vor jenen, die ihrem Volk schaden wollen. Vielleicht habt ihr die Bezeichnung Knochenläufer schon einmal gehört?' Wenn das mal nicht mein Glückstag ist! Innerlich tat Arranges gleich mehrere Luftsprünge. 'Ich meine diesen Namen schon einmal gehört zu haben, aber ich bin mir nicht sicher, mit Nekromantie habe ich nicht wirklich etwas zu schaffen.'
'Die Knochenläufer, vor allem die großen, sind sehr mächtige Untote. Sie beherrschen starke Flüche und sind stärker als jeder Zombie oder Geist. Auch Skeletten stehen sie in nichts nach.' Das wird immer besser. 'Könntet ihr mir eventuell ein paar dieser Zauber zeigen... beherrscht ihr auch noch andere Beschwörungen?'
'Ja tatsächlich, ich weiss nicht, in wie weit der Rest Tamriels mit dem Erscheinungsbild eines Flederschattens vertraut ist, aber hier sind sie zwar selten, aber dennoch hin und wieder in den Weiten der Weideländer und dem Aschland anzutreffen. Seltener kann man sie auch in Sheogorath sehen. Starke Kreaturen und wertvolle Verbündete, wenn auch weniger elegant als Dremoras in mancher Hinsicht. Ich will euch gerne an meinem Wissen teilhaben lassen, aber nicht hier und nicht jetzt. Ich suche euch in meiner Barracke auf, sobald meine Schicht hier zu Ende ist.'
'Gut, aber sagt, wie ist überhaupt euer Name?'
'Joltexa. Und der eurige?'
'Arranges.' Damit drehte er sich um und ging auf eine ausgetrampelte Lagerstraße zwischen den Zeltreihen zu. '319 Legionäre sind es im Übrigen ohne die Heerführung.' Rief ihm die Kaiserliche nach.
Vvardenfell; Vos; Varo Handelshaus
Arranges stapfte weiter über den von Blut, Innereien und einzelnen Extremitäten übersäten Boden. Die Schlacht hatte also nicht nur in den Totenlanden übel gewütet. Eine ganze Gruppe von Feldschern stürmte an ihm vorbei in die andere Richtung. Die Reihen vor einem der beiden Tore waren gegen Ende der Schlacht doch noch durchbrochen worden. Das große Tor war keine Sekunde zu spät geschlossen worden...
Während der Magier einen Heiltrank von seinem Gürtel losmachte und seine Handfläche damit benetzte um sich umständlich über die Verletzung am Rücken zu streichen, damit zumindest die Blutung gestoppt würde, hoffte er in Gedanken, dass Erynn ihr Versprechen gehalten hatte. Nur gut, dass ich ihr nicht mein Wort auf ihre Bitte gegeben habe... Dachte er, als er den Heiltrank wieder an den Gürtel hängte und die eine Hand einmal kräftig schüttelte um sie notdürftig von Schweiß und Blut zu befreien. Das hier hätte auch ganz anders enden könnte.
Er fand Erynn und Dreveni mehr zufällig wenig später zwischen dem wuselnden Haufen aus Kriegern. Erleichtert ließ er ein knappes Lächeln aufblitzen. 'Schön euch beide an einem Stück zu sehen.' Bei diesen Worten ruhten seine Augen jedoch ein bisschen länger in denen Erynns. Mit einer kurzen Geste gab er zu verstehen, dass er in Ordnung war, auch wenn er eher aussah, als hätte man ihn durch einen Fleischwolf gedreht. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zurück zum Lager um ihre Sachen zu holen. Um sie herum brach schon kurz nach dem Sieg hektisches Treiben aus. Vereinzelt wurden Tische und Bänke aufgestellt um Verwundete nicht im Dreck versorgen zu müssen. Soldaten, die unverletzt waren, arbeiteten mit der Grundbesatzung des Lagers bereits daran, das gesamte Lager weiter nach Tel Vos zu verlegen. Karren, vor denen Guare liefen und Männer mit voll beladenen Armen kamen ihnen vom Lager aus entgegen. Bleibt nur zu hoffen, dass unsere Guare nicht zwangsverpflichtet wurden. Waren sie nicht, jedoch spannten die drei Reisenden der Gefälligkeit halber einen Karren an eines der Tiere. Was den zahlreichen Prellungen, Blutergüssen und Schnittwunden, vor allem der am Rücken, zugute kam, war der federleichte Tritt der Echsen. Erst jetzt merkte Arranges, dass er doch einiges abbekommen hatte, zwar waren es keine schwerwiegenden Verletzungen, aber das Kettenhemd, das er im Lager abgenommen hatte, bevor sie sich auf den Rückweg nach Vos machten, hatte nicht so viele Hiebe abgefangen, wie er gehofft hatte. Ich werde zu alt für soetwas... Dachte er sich grimmig.
Es war gerade Mittag, als sie sich endlich durch das postapokalyptische Schlachtfeld vor dem flachen Berg auf dem Tel Vos stand, gekämpft hatten. Das ganze Bild hatte mehr Ähnlichkeit mit einem Flüchtlingslager, angesichts der mittlerweile zahlreich unmotiviert aufgestellten Zelte und den Schreien der Schwerverletzten in den Lazaretts. Auch die Straße zu der Festung hinauf blieb von dem Ansturm nicht verschont, überall hatten sich Söldner zusammengerottet und stimmten bereits erste Siegesfeiern an oder warteten darauf, offiziell von der Legion oder den Telvanni entlohnt zu werden. Ein Stück über ihnen wurde das Bild auf Tel Vos und die etwas darunterliegende Stadt Vos deutlicher. Zwischen mehr oder minder zerstörten Mauern schlängelten sich riesige Pilze empor, die Arranges sogleich mit einem bitteren Nachgeschmack wieder an die Zitternden Inseln erinnerten. Vor Vos kamen sie an eine Absperrung, die wohl erst vor wenigen Stunden errichtet worden war. Im einzigen Durchlass der Barrikade, auf denen stumm einige Dunmer in der Rüstung des Hauses Telvanni standen, hatte sich ein Mann aufgebaut. Arranges erkannte nur an den ungepanzerten Händen, dass es wohl ein Dunmer sein musste, denn er trug keine klassische Knochenrüstung, noch einen Helm, an dem man irgendeine Zugehörigkeit hätte festmachen können. Der Kopf wurde von einem massiven Brillenhelm mit Sonnenschild geschützt. Das Gesicht blieb unter einer Kettenbrünne verborgen. Der Rest des Körpers hüllte sich in eine ziemlich gut gearbeitete Bänderrüstung.
Als Arranges und die beiden Dunmer näherkamen, hob er nur die Hand und sagte mit lauter, durchdringender Stimme: 'Halt!' Die drei Reisenden stoppen. 'Was wollt ihr in Tel Vos?'
'Wir wollen nicht nach Tel Vos, sondern nach Vos um uns eine Unterkunft zu suchen.' Antwortete Arranges. Was nur zur Hälfte stimmte. Nach den Argonieren, von denen ich jetzt seit Ende der Schlacht komischerweise keinen einzigen mehr gesehen habe, müssen wir auch noch fragen...
'Söldner haben innerhalb der Stadt oder der Festung nichts verloren, zudem stellt Meister Aryon nur Unterkunft für seine eigenen Leute. Versucht es unten am Hafen im Handelshaus. Die Straße zurück und bei der nächsten Gabelung links runter zur Küste.' Stimme und Haltung des Elfs ließen keine Zweifel daran, dass er hier keine Ausnahmen machen würde oder auch nur zum Diskutieren aufgelegt war. Mal ganz davon abgesehen, dass Arranges selbst nach dieser Schlacht schlicht und einfach keine Muse mehr fand, seine Überredungskünste rauszuholen. Sie folgten der Wegbeschreibung und während sie unterwegs waren, wunderte sich Arranges noch, dass die Pilztürme überhaupt noch standen, eigentlich dürfte hier nichts weiter sein als verbrannte Erde. Als das große Handelshaus am Hafen in Sichtweite kam, schaute der Nekromant genauer hin. Ein für geübte Magieraugen erkennbares, nur ganz leichtes Schimmern war auf der Oberfläche der Pilzgewächse zu erkennen. Das Fürstenhaus macht seinem Ruf alle Ehre, wenn sie es tatsächlich geschafft haben, mit Magie ihre Türme vor der Zerstörung durch die Daedra zu schützen...
Es war... seltsam, eine besser zutreffende Umschreibung für das Gefühl, in einen Turm aus lebendigem Gewebe einzutreten, gab es wahrscheinlich nicht. Der Pilzturm wirkte im Innern ebenso fremdartig organisch, wie von außen. Allerdings roch es entgegen jeder Befürchtung nicht, das Warenhaus war eingerichtet wie jedes andere Gebäude aus Stein und Mörtel. Der Wirt, Burcanius Varo, begrüßte sie freundlich. Als sie nach Argoniern fragten, musste der Kaiserliche allerdings passen. Am Morgen, kurz nachdem die ersten Kundschafter hier angekommen waren und von dem Sieg kündeten, war eine ganze Gruppe der Echsen hier durchgekommen und hatte sich schwimmenderweise ziemlich schnell, ziemlich leise aus dem Staub gemacht. 'Die hatten wohl Angst, wieder als Sklaven zu enden, wenn sie sich hier länger als nötig aufhalten.' Varo überlegte noch einen Moment. 'Allerdings könntet ihr bis morgen hier warten, auf den Schiffen, die normalerweise zwischen Dagon Fel und Vos verkehren arbeiten seit einigen Wochen zwei Argonier. Schiffe müssten ab morgen wieder hier anlegen, Nachricht nach Dagon Fel ist bereits unterwegs.' Arranges Miene hellte sich auf. 'Habt ihr Zimmer frei?'
'Ja, aber,' der Mann blickte die drei kurz bedeutsam an, 'nur zwei mit jeweils einem Bett...' Klasse... und wieder eine Nacht im Stuhl... Arranges seufzte, sie nahmen aber die Zimmer. 'Habt ihr wenigstens einen Zuber?' Wieder schüttelte der andere mit dem Kopf. 'Nein die Bretter haben wir hergenommen um uns hier zu verschanzen...' Nach einigem Hin und Her bekamen sie die Zimmer dafür zum halben Preis.
Es war bereits später Nachmittag, als sie sich im Schankraum einfanden. Arranges hatte sich damit zufrieden gegeben, den gröbsten Schmutz loszuwerden mit Lappen und Waschschüssel. Für sein Kettenhemd müsste er sich noch etwas einfallen lassen. Mit einer annähernd frischen, tiefblauen Tunika, einer zur Abwechslung lochfreien Kniehose in Schwarz und Stiefeln an den Füßen, aber sonst keinem Rüstteil am Leib, saß er da. Sie waren nicht gänzlich alleine, die wenigen anderen Zimmer waren ebenfalls von ein paar Einzelkämpfer belegt worden, die jetzt schweigend in dem Raum saßen. Lauschte man angestrengt, konnte man leises Gegröhle in einiger Entfernung hören.
Die Tür schwang auf und im gerade beginnenden Abendrot trat ein Junge ein, der nach Stall roch und auch insgesamt aussah wie ein Stallbursche. Etwas hektisch blickte er durch den Raum, bis seine Augen an Arranges hängen blieben. Zielstrebig schritt er auf den Kaiserlichen zu und schob ihm einen Brief mit Siegel hin. Verwundert schaute Arranges auf. 'Arranges?' Der Magier blickte skeptisch. 'Ja?'
'Das soll ich euch geben...' Dann drehte der Bursche sich ohne ein weiteres Wort um und verließ die Taverne wieder, bevor der Kampfmagier etwas sagen konnte. Mit einem Stirnrunzeln griff Arranges nach dem Brief auf und betrachtete das Siegel aus dunkelgrünem Wachs. Ein dwemerisches G war darauf zu sehen. Nein! Verdammt, ich habe gerade wirklich andere Sorgen! Arranges warf Erynn einen gleichermaßen entschuldigenden, wie säuerlichen Blick zu, dann erhob er sich etwas ungeschmeidig ob der Blutergüsse, von denen sich einer sehr ungünstig an der Unterseite seines rechten Oberschenkels ausgebreitet hatte und trat aus der Taverne.
Kühle Abendluft schlug ihm entgegen. Schnell schritt er die wegartige, breite Ranke hinauf, die sich um den Pilz zu den oberen Stöcken wandte. In einer Richtung sah er eine dunkle Gestalt auf einem Guar, sich in südlicher Richtung entfernen. 'Mist!' Knurrte er, als er seinen Gedanken in der Taverne eben bestätigt sah. Beinahe hilfesuchend blickte er sich einmal um, setzte sich dann an den Rand der Ranke und brach schicksalsergeben das Siegel...