Pelagiad - nervige Halfway Tavern
Ninièl sah auf, als Lenne wieder zurückkam und bemerkte, dass diese verwundet war. Hatte sie nicht gesagt, sie wolle sich amüsieren? Komische Art von Amusement. Vielleicht war sie irgendwie masochistisch veranlagt, grübelte Ninièl. Leicht verrückt war sie ja eh mit ihrem Drang, alle Leute zu "erlösen", ob sie wollten oder nicht. Und nun bat sie auch noch, die Tür zu verriegeln. Ninièl seufzte. Was - bei Azura - war da wieder passiert? "Sagt Lenne", fragte sie deshalb "Eure Verwundungen und der Wunsch, die Tür zu verriegeln, stehen nicht zufällig in irgendeinem Zusammenhang, oder? Ich meine, nicht, dass Ihr mal wieder jemanden von diesem Dasein "erlösen" wolltet, dieser aber augenscheinlich nicht ganz einverstanden war mit Euren Vorstellungen. Oder habt Ihr ein Kagouti geknutscht?" Letzteres kam eindeutig spöttisch, während sie langsam zur tür ging, um diese zu verriegeln. Sie sah nicht den geringsten Grund, sich zu beeilen. Diese Dunmerin hatte mal wieder ein paar Schwierigkeiten geradezu magisch angezogen. Vielelicht wurde es eher Zeit, dass sie mal daraus lernte.
Dennoch: erstmal schloß Ninièl die Tür, da eine unter Umständen tote Lenne nicht mehr viel würde erzählen können. "So, und nun sagt mal, was denn jetzt schon wieder passiert ist", seufzte sie dann mit absichtlich gequältem Gesichtsausdruck.
Pelagiad - Halfway tavern
"Einen Kagouti geknutscht?", Lenne runselte die Stirn, "Nein, mir scheint, wir haben da doch einen etwas unterschiedlichen Geschmack..." Dann lächelte Lenne sie zuckersüß an, während sie einen Blick in den Augen hatte, als wolle sie Niniel umbringen. "Tut mir einen Gefallen, wenn das nächste Mal ein Rothwardon in eine "Besprechung" von euch eindringt und ihr ihn mit dem Schwert bedroht... Schlagt ihm den Kopf ein..." Der Typ von vorhin hat mich, als ich draußen auf dem Flur stand, angegriffen". Lenne seufzte und fasste sich an ihre Wunde. Dann fing sie an zu fluchen "Dieser verdammte... Naja", sie wandte sich wieder an Niniel, "auf jeden Fall hat er Bekantschaft mit einer weiteren Dame machen dürfen, die auf den Flur kam... Dem Lärm nach zu urteilen, amüsierenb die beiden sich jetzt..."
Pelagiad - immer noch Halfway Tavern
"Soso, einen unterschiedlichen Geschmack haben wir?", fragte Ninièl ebenso zuckersüß zurück. "Stimmt, ich will nämlich nicht dauernd jemanden "erlösen", der das gar nciht möchte". Dann wurde sie ernst. "Wie, der Rothwardon hat Euch angegriffen? Warum? Und wer ist denn jetzt die andere Frau, mit der er sich "amüsiert", wie Ihr gerade sagtet. Scheint ja - den Geräuschen nach zu urteilen - ein recht wildes Tänzchen zu sein. Wieso hat die sich eingemischt? Kennen wir sie? Und habt Ihr selbst einen Angriff provoziert oder wie ist das passiert. Der Mann sah doch eigentlich eher recht verkatert aus und jetzt kämpft er da wild in den Gängen der Taverne herum? Sehr merkwürdig das Ganze". Nachdenklich sah sie zu Revan, doch dieser antwortete nicht, sondern starrte - in Gedanken versunken - Löcher in die Luft. Vermutlich versuchte er sich ebenfalls einen Reim auf das Geschehen zu machen.
Darum stieß Ninièl nun Echozar in die Seite. "Steht nicht nur so nutzlos rum. Sagt etwas. Wisst Ihr hier irgendetwas Näheres?", fauchte sie den armen Dunmer an, aber irgendwie musste sie sich Luft machen. Die ganze Situation gefiel ihr gar nicht. Es wurde immer mysteriöser.
Pelagiad - Halfway Tavern
Sein Verlangen, seine Gier hielten ihn Gefangen; er war Sklave seiner Selbst geworden. Doch er fing langsam wieder an den Schmerz zu spüren. Seine Erschöpfung bat verzweifelt seinem Verstand um Hilfe. Er wollte nicht mehr...nein, er wollte mehr. Er befand sich in einem Zwiespalt. Als sich Zwei einen Körper teilten. Seine Wut schwand, sein Hass jedoch verblieb. Er hatte sich an allem und nichts genährt. Er hasste alles was um ihn herum geschah, doch hasste er auch lediglich um des Hasses Willen.
Hass, Trauer, Schmerz waren die Auslöser seiner Wut. Wut verlieh dem Menschen ungeahnte Kräfte. Wut raubte dem Menschen den Verstand. Wut ließ den Menschen überleben. Er sehnte sich nach ihr...der Wut. Er sehnte sich danach, eins mit ihr zu sein. Er wollte die Wut selbst sein. Kein Mensch, kein Lebewesen, sondern die Verkörperung eines einzelnen Gedankens, eines Gefühls.
Doch wollte er, nein, konnte er all das für das er bisher gelebt hatte aufs Spiel setzen, allein des Kampfes Willen? All seine Wünsche, seine Träume…ja sein Leben.
"Ja..."
Es war der Wille der Redguards; des Redguards. Ihr Rausch, der des eines Nords gleich kam, war die Hoffnung und der Untergang ihres Volkes zugleich. Einmal von der bittersüßen Frucht genascht und der Krieger verfiel dem Blutrausch, der selbst den Imperialen das Fürchten lehrte. War ihm das Schicksal gnädig, so versiegten der Hass und die Wut ehe sie seinen Verstand vollends vereinnahmt. Der Geschwächte Geist und Körper war somit zwar meist der Gnade seines Gegners ausgeliefert, doch falls er sich in seinem Rausch ertrank...war sein Tod unwiderruflich.
Das Übermaß an Adrenalin, der Unkontrollierte Einsatz seiner Muskeln durch den fehlenden Schmerz...kam der Organismus einmal zur Ruhe, so konnte er sich seines Todes sicher sein. Allerdings endete das Toben des Kriegers erst dann, wenn sein Durst gestillt war und all seine Feinde sich in einer Blutlache vor ihm erstreckten oder sie vor ihm flohen und ihn seinen Wahnsinn überließen.
Deregar hatte sich schon zu sehr auf seinen Rausch verlassen. Ihm dürstete nach mehr...mehr Lust, mehr Leidenschaft, mehr Hass, mehr Wut, mehr Blut...doch würde er sich nicht augenblicklich zurückziehen würde er sein Leben in den Händen der Götter legen.
Er atmete schwer und laut. Sein starrer, trüber Blick lag auf dem Gesicht der Frau die sich ihn gegenüberstellte. Sie war...merkwürdig, in vielerlei Hinsicht. Und dabei sollte er es auch belassen. Eingekesselt von Wachen und Meuchelmördern, in einen engen Gang einer Taverne in einem abgelegenen Imperialen Dorf, stellte er sich einem entstellten Mischling...in diesen, zugegebenermaßen ungewöhnlichen, Umständen war sie sogar würdig...würdig den Rausch der Redguards zu erleben, würdig durch sein Schwert zu sterben...würdig ihn zu töten.
Ein letzter Hilfeschrei durchfuhr seinen Geist. Er hatte eine hiesige Verantwortung seinem Land, seinem Volk und sich selbst zu tragen…doch war es vergebens. Im Kampf zählte lediglich die Entschlossenheit eine Waffe zu führen und diese in die Eingeweide seines Feindes zu stoßen. Mut, Ehre, Verantwortung, Furcht, Wünsche, Hoffnung Liebe, Vorsicht, Vergebung...all dies hatte nichts auf einem Schlachtfeld zu suchen.
Sein Mund öffnete sich immer weiter, doch kamen keine Worte hervor. Sein Röcheln erzitterte unter seiner innerlichen, sowie äußerlichen Anspannung. Das Zittern übergriff seinen gesamten Körper. Jede Muskelfaser, jedes auch so kleine Haar vibrierte. Er konnte spüren wie sein Hass ihm langsam all seine Sinne nahm. Er machte ihn Blind. Nur die schweigende Frau konnte er noch vage erkennen. Doch seine Wut war verschwommen und schwach geworden. Sie wiederzuerlangen benötigte einiges an Selbstüberwindung. Doch die Furcht im Gesicht der Mischlingsfrau würde er wahrlich genießen.
Langsam streckte er seinen linken Arm aus und setzte das bebende Schwert zum Schnitt an. Von Oberarm bis Zeigefinger durchfuhr er in einem Zug sein Fleisch und hinterließ einen leicht verzerrten, aber tiefen, Schnitt. Während sein brennendes Herz seinen Körper in Flammen aufgehen ließ und sein kochendes Blut seinen Arm überflutete wiederholte er das ganze an seinem anderen Arm und hielt schließlich sein Schwert weit über sein Haupt. Sein Blut rann ihm den Armen, den Rücken und der Brust hinunter bis es schließlich auch seine Beinlinge durchtränkte. Doch neben alle dem floss ein kleiner Fluss aus roter Flüssigkeit an der Spitze der Klinge beginnend, Griff und Knauf entlang, direkt in den weit geöffneten Mund des Redguards. Benommen vom eigenen Blut war der Blut-Rausch des Mannes nicht mehr entgegenzuwirken.
Die Hitze verdrängte den Schmerz, der Hass den Verstand und die Wut das Leben.
"Fear...me...Hate...me...Kill...me..."
Seine vom Blut rot gefärbten Zähne ragten weit empor, während er sich in Kampfposition brachte. Die Elfenfrau jedoch blieb stur. Dort wo hunderttausende an Männern der verschiedensten Völker in Furcht erstarrten oder sich angewidert dessen Blick entzogen, blieb ihre Miene ausdruckslos. Es fehlte ihm leider die Einsicht in ihr Inneres und so konnte er sich nicht sicher sein, ob sie wahrlich so Gefühllos war wie sie es vorgab. Dann erstarrte er für einen Moment; die Kälte, der Hass, die Wut war aus ihm gewichen.
"Feed meeee!"
Mit weit aufgerissen Augen, gefletschten Zähnen und einem markerschütternden Schrei stürzte er sich blindlings auf den Elfenmischling. Wenige Meter vor ihr sprang er empor und setzte für einen Schlag von oben auf den ungeschützten Kopf an, den sie jedoch mühselig mit dem Ebenerzschwert blockte. Von seiner Wucht erfasst, zwang es sie in die Knie und sie musste zur Seite ausweichen um den Folgeschlag auszuweichen. Wieder und wieder schlug er auf sie ein, wie ein Sturm aus Klingengeschwirr. Das Holz, die Rüstung sowie das Schwert seines Kontrahenten erlitten heftigen Schaden unter dem Wütend des Söldners. Doch den entscheidenden Schlag konnte er ihr nicht zufügen. Sie war begabt, nein, mehr als nur begabt um ein zu Mensch gewordenes Monster derart furchtlos entgegenzutreten und dabei auch noch ihr Leben zu wahren.
Der Klang von Klingengeschwirr erfüllte den Gang. Wie ein Klagelied, das den Tod einer der beiden anpries. Er ergötzte sich bei jedem erneuten aufeinander treffen der beiden Klingen an dem kleinen Funkenmeer. Sein wahnsinniges Grinsen breitete sich immer weiter über sein Gesicht aus. Er war in Ekstase. In einer Ekstase, die mit keinem anderen Gefühlshoch auch nur im Geringsten verglichen werden konnte. Wahnsinn, Leidenschaft und Lust verzerrten seinen Geist und er ging unter in einem Meer aus Flammen.
Blut bedeckte den Boden, ihn und die Rüstung der Elfe...sein Blut. Es war unklar, wie lange er noch mit einem solchen Blutverlust durchstehen würde. Zumindest sah man es dem Wilden nicht an. Das Geplänkel hielt an. Ihm entzog sich jedwedes Zeitgefühl und so war er sich nicht sicher wie lange sie schon die Schwerter kreuzten, ehe er sie schließlich gegen eine Wand drängen konnte. Er hielt kurz Inne, gab ihr die Gelegenheit einige letzte Worte zu sprechen, doch sie schwieg. Er verstand nicht, doch würde es ihm so oder so Recht sein, solange ihr Blut an seinem Schwert kleben würde…
Ein letztes Mal schlug er von oben herab auf den Kopf der Frau ein. Ihre Furchtlosigkeit hatte sie bis zuletzt gewahrt, ehe sie blitzschnell ihre Klinge anhob und den Hieb abblockte. Die Wucht presste sie gegen die Wand. Ein lautes Klirren und ein Meer aus Funken bedeckten den kleinen Gang. In seiner Schwerthand trug der Söldner nun mehr nur noch Schaft und Ansatz seines Schwertes. Das silberne Langschwert war im Angesicht der Ebenerzklinge zerbrochen. Der wilde und unkontrollierte Umgang mit der schlecht verarbeiteten Waffe war ihm zum Verhängnis geworden.
Sein Feind reagierte rasch und hielt ihm erneut die Klinge an die Kehle. Es war ihm als wollte sie etwas sagen, doch sie schwieg. Sie zögerte einige Sekunden lang, tötete ihn nicht. Lange genug um die Klinge mit einem gewaltigen Hieb seines Schwertstumpfes zu Boden zu stoßen. Eine leichte Schnittwunde durchfuhr seine Kehle, die erneute Hitzewellen in seinem Körper ausweitete. Rasch sprang er zur Seite, hob die abgebrochen Klinge auf und distanzierte sich ein wenig von dem Mischling.
Wild schnaubend und verzerrt Lächelnd stand er ihr gegenüber. Zwei Mal hatte sie es verpasst ihn zu töten. Ein drittes Mal würde er ihr nicht die Gelegenheit dafür geben. Mit dem Griff in der rechten und die Klinge in der linken Hand schritt er langsam auf sie zu.
"Come...Come...Fight me...Fight meeee!"
Sein Blut quoll aus seinen Wunden als er ein letztes Mal auf die Mischlingsfrau stürzte.
Pelagiad - Echozars Zimmer in der Taverne
"Steht nicht nur so nutzlos rum. Sagt etwas. Wisst Ihr hier irgendetwas Näheres?"
Diese wie von einem Drachen gefaucht klingenden Worte sowie der nicht ganz kraftlose Stoß in seinene Seite ließen Echozar nun nach einer langen Zeit des Schweigens und Nachdenkens den Blick wieder heben und die Altmerin sowie die andere verwundete Frau an der Tür abwechselnd ansehen. Natürlich wusste er auch nichts und eigentlich sollte diese Elfe das auch wissen, immerhin saß er hier die ganze Zeit mit den anderen im Zimmer. Es interessierte ihn auch überhaupt nicht, was sich in der Taverne abspielte, vielmehr hatte er die ganze Zeit überlegt, ob er das allgemeine Chaos zur Flucht hätte nutzen können, aber dieser Abenteurer aus dem Osten, der ihm scheinbar etwas über sich verschwiegen hatte und diese Altmerin standen so zur Tür, dass er es niemals soweit geschafft hätte. Nun gut, einen Versuch wäre es wert gewesen, aber es kam ihm so vor, als hätten sie seine Geschichte geglaubt oder zogen zumindest in Erwägung, dass er die Wahrheit sagte. Ein Fluchtversuch hätte all seine Bemühungen diesbezüglich zunichte gemacht und im Kampf gegen zwei Gegner hätte er womöglich alt ausgesehen. Er betrachtete die Altmerfrau noch einmal genauer. Ja, auch sie schien Kampferfahrung zu haben, wenn ihm sein Eindruck nicht einen Streich spielte. Wahrscheinlich hatte er die beste Entscheidung getroffen, indem er einfach abwartete. Und selbst, wenn in den Worten der Elfe jede Menge Bosheit mitschwang, so interessierte sie seine Meinung zu der Sache, sah ihn also nicht unbedingt als Mörder und Verbrecher an. Aus diesem Grunde beschloss er auch, seine Antwort nicht allzu patzig zu gestalten, obwohl ihm ein ironisch gemeinter Kommentar wie: "Das sind meine Komplizen, die mich nun befreien werden." auf der Zunge lag.
"Da ich genau so hier im Zimmer sitze wie Ihr, weiß ich auch nicht, was da draußen ist. Oder meint ihr, ich kann durch die Wände sehen?", antwortete er, während er gleich darauf darüber nachdachte, ob er sich den letzten Satz nicht hätte schenken können, da er die Frau nicht verärgern wollte. Nun ja, aufgrund des allgemeinen Chaos in der Taverne würde sie wohl (hoffentlich) nicht ihre Waffe ziehen, um sie ihm unter den Hals zu halten, unter normalen Umständen war der Dunmer sich nicht so sicher, wie sie reagiert hätte.
"Wir sollten auf jeden Fall jetzt nicht nach draußen gehen und uns einmischen, wenn ihr mich fragt", sprach er weiter. "Behaltet aber die Tür im Auge und haltet eure Waffen bereit, dieser Redguard ist mir auf einmal recht suspekt und vielleicht ist dieses Zimmer sein Ziel, immerhin war er vorhin schon einmal da. Gestern war er sehr viel... lockerer. Ich hörte bereits, dass einige Leute von Alkohol agressiv werden, aber das einen Tag später?"
Echozar zuckte mit der Schulter, erhob sich nun vom Bett und nahm sein Schwert Wolkenbiss fest in die rechte Hand. Er beobachtete dabei genau den anderen Dunmer und die beiden Elfendamen, aber niemand schien etwas dagegen zu haben, immerhin saßen sie nun doch alle in einem Boot... Zimmer halt.
Pelagiad - Halfway Tavern
"Oder meint ihr, ich kann durch die Wände sehen?" Als Ninièl diese Worte hörte, bedachte sie Echozar mit einem fiesen Grinsen. "Nun, dann wärt Ihr wenigstens zu etwas nutze", meinte sie. Insgeheim gestand sie sich aber ein, dass der Dunmer wohl recht hatte. Schließlich hatte er mit ihr und Revan zusammen hier festgesessen, während Lenne da draußen irgendeinen wie auch immer gearteten Todestanz entfesselt hatte. Sie seufzte und wußte nicht genau, wer hier suspekter war: Lenne oder dieser Redguard. Sie sah, wie Echozar sein Schwert in die Hand nahm und hoffte, dass er wenigstens ein guter Kämpfer war. Er wirkte irgendwie so ... so defensiv. Allerdings sah das Schwert selbst aus, als wäre es für einen erfahrenen Kämpfer gemacht. So bestand wohl Hoffnung. Lenne selbst mit ihren Verletzungen wäre jetzt sicher keine große Hilfe. Sie warf einen Blick auf Revan, welcher ebenfalls seine Waffe gezogen hatte und die Tür anstarrte.
Dann gingen ihr Echozars Worte bezüglich des aggressiv machenden Alkohols noch einmal durch den Kopf. Der Mann hatte recht: einen Tag später davon Aggressionen zu bekommen, war mehr als unwahrscheinlich. Dieser verfleixte Rothwardon musste eine lebende Falle gewesen sein. Und hatte ihnen erfolgreich ein glänzendes Schauspiel geboten. Sie vefluchte sich selbst für ihre Gutgläubigkeit und Unachtsamkeit. Am besten wäre gewesen, sie hätte ihn gleich im Zimmer getötet. Revan hätte ihr sicherlich ohne Bedenken einen Ehrenhaften Erlass ausgestellt, den sie im Zweifel hätte vorzeigen können. Nun aber war es zu spät und sie alle saßen irgendwie in der Tinte.
Nun starrte auch Ninièl die verriegelte Tür an und fragte sich, was als Nächstes passieren würde. Nichts Gutes jedenfalls, dessen war sie sich sicher. Es schien einfach einer jener Tage zu sein .....
Pelagiad / Halfway Tavern
Er ist wahnsinnig - die einzigen Worte, die Kurenai durch den Kopf schossen, als sie in seine entschlossenen Augen blickte, so hasserfüllt und leidenschaftlich, dass sie sich beinahe übergeben musste. Ihre Hand verkrampfte sich um den Schwertgriff. Diese harte Klinge, so wusste sie, hatte sie dem Sieg einen Schritt näher gebracht. Sie hätte ihn töten können. Nein, sie hätte ihn töten müssen, denn er war gefährlich. Noch nie in ihrem Leben hatte sie einen Mann getroffen wie ihn. Es war Abscheu, die ihr Herz bei seinem Anblick bewegte. Diese Abscheu, dieser in ihr aufflammende Hass, als sie das lädierte Schwert in ihrer rechten betrachtete, welches einst Malukhat ihr geschenkt hatte, wurden so stark, dass es an Liebe grenzte. Jedoch war sie ein Meister der Unterdrückung ihrer eigenen Gefühle. Seine Angriffe waren stark, aber unkoordiniert. Sein Verstand schien jegliche Arbeit eingestellt zu haben. Hier war sie im Vorteil. Wenn sie einen kühlen Kopf behielt, konnte sie es schaffen, den Rothwardonen durch eine schnell geplante Taktik einmal mehr dem Tode nahe zu bringen und den letzten Schlag, welcher sein Leben auf ewig beenden sollte, zielgenau auszuführen. Noch einmal kam er ihr nicht davon. Die Angst, dass Anyala sehen könnte, was sie wirklich war, hatte sich in eine dunkle Ecke ihres Unterbewusstseins zurückgezogen. Keine kurzzeitig abrufbaren Erinnerungen waren mehr vorhanden, die sie ein weiteres Mal davon abhalten konnten, ihm seines Lebens zu berauben. Vielleicht oblag es nicht ihrer Entscheidung, aber er hatte sein Leben nicht verdient. Er nahm Leben, ohne darüber nachzudenken. Das war falsch, einfach nicht richtig ? seine Art entsprach einfach nicht Kurenais verdrehter Vorstellung von Moral. Und darum musste er sterben, darum musste sie ihn töten. Ihr Atem ging schwer. Seine Angriffe abzuwehren hatte Kraft gekostet. Sie hatte nicht gewusst, wie lange sie ihnen noch hatte standhalten können.
Nein, schoss es ihr durch den Kopf, nein, nein, nein! Ich... werde... nicht... sterben! Ich werde nicht sterben! Ich darf nicht sterben, nicht hier, nicht jetzt - nicht durch seine Hand! Sie presste die Zähne aufeinander, dass es schmerzte, kniff die Augen zusammen, als sie den seinen Angriff begleitenden Schrei hörte. Sie hatte keine Angst. Der Tod war nur eine weitere Phase des Lebens, im Endeffekt vollkommen uninteressant und unsinnig.
Du kriegst mich nicht. Kurenai war entschlossen. Sie entspannte ihr Gesicht und hob den Kopf. Aus ihren Augen sprach keine Wut, keine Furcht, keine Verzweiflung, keine Freude an diesem grausamen Spiel. Nichts. Kein Fünkchen regte sich mehr in ihrem Herzen, falls sie ein solches im sprachgebräuchlichen Sinne überhaupt besaß. Warmes Blut rann in kleinen Rinnsalen über ihr Gesicht, ihre Hände, durchtränkte ihr Haar. Machte er so weiter, würde er sterben, ehe der Kampf durch einen Schwertstreich entschieden werden konnte. Ihr sollte es recht sein. Sein Leben - es war keinen Dreck wert. Es ihm einst geschenkt zu haben, kam damit gleich Perlen vor Säue zu werfen. Sie leckte sich über die Lippen, schmeckte das Blut und ließ es auf ihrer Zunge zergehen. Der süßliche Geruch, der dem Geschmack des Blutes gleichkam, hing bleiernschwer in der Luft.
Mit einem Ruck riss sie sich den ohnehin in Fetzen von ihrem Körper hängen Umhang vom Leib, sodass ihre Rüstung vollends sichtbar wurde. Zum ersten Male verfluchte sie sich, dieses Eisen an sich zu tragen. Es war imposant und wirkte einschüchternd auf ihre Gegner, doch andererseits war es auch schwer. Zu schwer, als dass sie hier einen Ausgleich in Sachen Wendigkeit herausschlagen konnte. Aber es würde auch anders gehen. Sie war nicht schwach, sie konnte ihn besiegen. Und sollte er sie dennoch töten, hatte sie eben Pech gehabt.
Die abgebrochene Klinge in der Hand ihres Feindes zuckte in Richtung ihres Kopfes. Der Schlag war so unkoordiniert, dass sie nur...
Kurenai hob das Schwert, ließ die Klinge des Gegners an dessen Seite entlang schleifen und wich einen Schritt nach rechts aus. Glas barst, Scherben klirrten zu Boden. Sie durfte sich nicht ablenken lassen. Von oben herab führte sie einen Streich in Richtung seines Rückens, war sich sicher, ihn auf diese Weise kampfunfähig machen zu können. Wie in Zeitlupe betrachtete sie das Geschehen, wie das Ebenerzschwert in Richtung seines Rückens hinab fuhr und - der Rothwardon wirbelte herum, legte seine Hände zu beiden Seiten des Stahls und nutzte es als Schild, blockte den kraftvollen Angriff der Frau mühelos und riss das gegnerische Schwert zur Seite. Obgleich sie ihm hierdurch eine gewaltige Fläche dank fehlender Verteidigung bot, verspürte sie keine Zweifel. Eine schnelle Bewegung, ein mächtiger Schlag reichten aus, die Waffe des anderen aus dessen Händen zu schlagen und sie dumpf auf den Holzdielen aufprallen zu lassen. Einen Moment zu früh gefreut, den Bruchteil einer Sekunde unachtsam gewesen, schon stand er direkt vor ihr und rammte ihr die Faust in den Magen. Dass er hierbei die schwere Rüstung malträtierte und sich selbst weitaus größeren Schaden zufügte als ihr, interessierte ihn wohl wenig. In seiner blinden Wut schien er keinen Schmerz mehr zu verspüren.
Kurenai verlor den Halt, landete auf dem Boden. Ihre Waffe entzog sich ihrer Reichweite, schlug irgendwo weit hinter ihr auf dem Holz liegen und harrte seiner Meisterin. Da war er bereits über ihr. Körperlicher Schmerz... nur eine Illusion, man konnte ihn sich mühelos wegdenken, doch jetzt? so sehr Kurenai auch versuchte, sich selbst keine Qual anmerken zu lassen, fühlte sich ihr Körper an, als wäre er von langen, spitzen Nadeln gespickt. Er schlug ihr ins Gesicht, immer und immer und immer wieder.
Seine Augen sprachen Bände: Kein Mitleid, keine Reue - nur Hass. Und? Was war es noch? Es konnte nicht ausschließlich Hass sein. Das war nicht die die einzige Aussage, die sein Blick ihr gegenüber machte. Er konnte sie nicht hassen, denn er kannte sie nicht. Also, was war es? Kurenai zwang sich zu denken. Vielleicht war dies herauszufinden ihre einzige Möglichkeit, das Ruder noch einmal herumzureißen. Ein kehliges Geräusch, welches bei einem normalen Menschen wohl als Schrei zu deuten gewesen wäre, entlockte sich ihrem Hals, als ihr Hinterkopf hart auf dem Boden aufschlug. Sie spürte seinen Körper über dem ihren, sie konnte sich kaum bewegen, hatte kaum Freiraum zum Atmen. Aber sie musste denken. Denken um ihres eigenen Lebens willen, um der Strafe willen, die sie sich selbst auferlegt hatte. Wenn sie jetzt starb, war alles für die Katz?, alles Geschichte, alles so sinnlos und verquer. Was war es? Komm' schon, zeig' es mir!, schrie sie ihm in Gedanken entgegen. Denn selbst, wenn die Stumme nun den Tod finden sollte, wollte sie wissen, was dieses Monster bewegte, in einem solchen Hass auf sie loszugehen. Sie wollte nicht sterben, ohne zu wissen, was es war, von dem sie da geschunden und ausgelöscht wurde.
Dann sah sie es. Und genau jeder Moment verschaffte ihr ein Wissen, welches sie vor dem Kampf benötigt hatte, besser gar bevor sie diese vermaledeite Stadt überhaupt betreten hatte: Sie konnte ihn nicht besiegen. Der Spiegel ihrer Hoffnung und Illusionen zerbarst in tausend Stücke, als sie sich dieser Tatsache gewahr wurde. Sie würde sterben. Ohne mit der Wimper zu zucken würde er sie nun totschlagen, und selbst wenn sie bereits tot war, würde er nicht aufhören. Er würde ihren Körper mit seinen eigenen Händen völlig entstellen, er würde seiner Wut solange freien Lauf lassen, bis von ihrem Körper nicht mal mehr übrig war, als ein lebloser Klumpen Fleisch.
Tja, dachte sie, da habe ich wohl doch Pech gehabt? Sie akzeptierte den Tod. Hatte sie sich denn nicht wacker geschlagen? Sie hob die Hände, packte ihn an den Gelenken und gebot seinen Fäusten unter größter Anstrengung Einhalt. Das Eisen ihrer Krallen schnitt tief in seinen Fleisch, ihr Griff war fest. Lange konnte sie dies hier nicht durchhalten, schnell wollte sie ihre letzten Worte sprechen, sie lagen ihr brennend auf der Zunge wie flüssiges Metall.
"Du tust mir Leid", schickte sie ihre Gedanken durch einen zwecksentfremdeten Beherrschungszauber direkt in sein Hirn. "Du fühlst dich gut, wenn du töten kannst. Aber es ist nicht das Töten, oder? Du willst nur Blut sehen. Deine Minderwertigkeitskomplexe sind bemerkenswert. Du fühlst dich stark und deinem Gegner überlegen, doch all jene, die du in deinem Rausch vernichtetest, belächelten dich, denn du verstehst es nicht. Du bist ein Wurm, der sich selbst auffrisst. Wie erbärmlich."
Und sie lächelte herablassend.
Pelagiad - Halfway Tavern
Echozar sah, wie der von der Hochelfin Revan genannte Abenteurer ihr hinterherging, sozusagen in die Höhle des Löwen. Der Waldläufer selbst zögerte jedoch. Was um Himmels Willen interessierte ihn der Kampf dort vor der Tür? Was interessierte ihn, wer sich dort den Kopf einschlug und warum sollte er denen helfen, die ihn bis eben noch verhört hatten? Auf diese Frage fand er keine Antwort, aber komischerweise kam dieses unnütze Gefühl wieder hoch, seinem eigenen leeren Leben einen Sinn verleihen zu müssen, indem er den Hilflosen beistand. Warum passierte das immer in solchen Momenten? Warum musste sein verdammtes Seelenleben immer zwischen totaler Gleichgültigkeit und aufopferungsvoller Selbstlosigkeit schweben. Warum hatte er sich nicht schon vor langer Zeit selbst von diesem Fluch, den andere Leben nannten, erlöst? Mehrere verschiedene Gefühlswallungen kamen in ihm hoch, zuletzt sogar die Erinnerung an die uralte Geschichte, welche seinen Lehrmeister das Leben kostete und ihm Schuldgefühle und Bitterkeit für die Ewigkeit brachte. Sein Griff um Wolkenbiss wurde fester und er folgte Revan nach draußen, ohne wirklich den Grund zu wissen.
Inzwischen hatte sich Ninièl mit dem Redguard angelegt, der augenscheinlich dem Irrsinn verfallen war. Nicht anders konnte man seinen Zustand erklären, er kämpfte wild und Blut bedeckte beinahe jedes einzelne Glied seines Körpers. Was hatte diesen lustigen Trinkgesellen vom gestrigen Abend nur so verwandeln können, er wirkte wie ein grotesktes Abbild dieser Person, die gestern mit ihm eindeutig zuviel Sujamme getrunken hatte.
Gerade wollte Echozar in den Kampf eingreifen, als ihm beinahe das Schwert aus der Hand fiel. Er sah auf dem Boden liegend die angegriffene Person, welche Lenne scheinbar in den Kampf gebracht hatte. Vor einiger Zeit war er ihr schon einmal begegnet und er hätte niemals gedacht, dieses "Gespenst" jemals wiederzusehen, vor allen Dingen nicht in einer Taverne am anderen Ende von Vvardenfell. Unfähig, sich zu bewegen, starrte er mit aufgerissenen Augen die Frau an, die einst ihr Schwert an seine Kehle gehalten hatte. Alles um ihn herum, die parierten Schwerthiebe des Kampfes und die immer noch an die verschlossene Tür hämmernden Soldaten nahm er nicht mehr wahr. Damit hatte der Dunmer einfach nicht gerechnet, das konnte doch kein Zufall sein.
Pelagiad / Halfway Tavern
Kurenai setzte sich auf und lehnte ihren schmerzenden Körper gegen eine Wand. In ihrem Blick lag Leere, doch tief in ihr drin kochte es. Sie hatte sich auf das Sterben vorbereitet, ihren eigenen Tod akzeptiert, und dann ging einfach diese Frau dazwischen und lenkte den Rothwardon von seiner eigentlich Arbeit ab: Das Erschlagen Kurenais. Das war einfach nicht fair. Ja, ihre Anschauungen mochten verrückt klingen, aber dies hier war bis eben noch ein Zweikampf zwischen vollkommen Fremden gewesen. Und nun wagten es drei eigentlich Unbeteiligte, sich einzumischen. Einer von ihnen, ein Dunmer, stand am Rande des Geschehens und betrachtete die Hochelfin, welche sich durch wendige Eleganz dem Kontrahenten gegenüber behauptete. Vorerst benötigte sie keine Hilfe, das war offensichtlich. Und noch ein weiterer Dunmer war in den Raum getreten. Kurenai kannte ihn. Er sah immer noch genauso erbärmlich aus wie damals, als sie ihn hatte entkommen lassen. Oder war er ihr unter der gezogenen Klinge hindurch entwischt? Die Stumme erinnerte sich nicht. Sie wollte es auch gar nicht, denn der Mann war ihr vollkommen egal. Mit dem rechten Daumen wischte sie sich ein wenig Blut vom Mundwinkel und betrachtete es versonnen. Sie musste vielleicht aussehen… Wie ein geschlagener Köter mit eingezogenem Schwanz. Morgen würde ihr Gesicht grün und blau gefärbt sein. Die Farbe Schwarz gefiel ihr eigentlich besser, aber wahrscheinlich würde auch dieser Ton sich zu den anderen gesellen. Eine Platzwunde am Kopf bereitete ihr höllische Kopfschmerzen, jede einzelne Extremität war leicht taub geworden. Uninteressant.
Ihr Blick schwenkte in Richtung der Dielen, betrachtete eingehend jede einzelne Rille und Unregelmäßigkeit im Holz. Schließlich war sie bei ihrem Ebenerzschwert angelangt. Es lag vielleicht nicht direkt griffbereit, aber es sollte ebenfalls keiner großen Anstrengung bedürfen, es sich schnell zu schnappen und dem wüsten Treiben ein Ende zu bereiten. Der süße Duft des Blutes stieg ihr einmal mehr in die Nase und verursachte eine leichte Übelkeit. Es war der Geruch des Todes. Die Stumme versuchte, sich zu erheben. Ein gewaltiger Fehler. Dank der Anstrengung hatte ihr Kreislauf es scheints erstmal für rechtens empfunden, auf stur zu stellen und einige Stunden erhebliche Beschwerden hervorzurufen. Tja, da konnte man nun auch nichts dran ändern, denn sie wusste, was sie zu tun hatte. Davon hing ihr Seelenheil ab. Der Rothwardon mochte ja stark sein, aber bei seiner gegenwärtigen Lage konnte er unmöglich gegen drei gestärkte, vollkommen gesunde und – wie unschwer zu erkennen war – auch starke Gegner gewinnen. Nicht nur Kurenai war am so ziemlich am Ende ihrer Kräfte angelangt, ihm ging es nicht besser. Doch anstatt aufzugeben wie sie, trieb der Wahnsinn ihn auf dem letzten Stückchen dieses kurzen Marathonlaufs namens Leben immer weiter in Richtung Zielgerade. Nur, dass dort keine Medaille auf den Mann wartete, sondern das unweigerliche Ende seiner Existenz.
“Wenn ein Gegner stärker ist als du… dann kämpfe. Kämpfe einfach weiter. Mehr als sterben kannst du nicht, merk’ dir das. Dein Gegner wird dir schon nicht den Kopf abreißen“, Malukhat legte einen Zeigefinger an sein Kinn und dachte kurz nach. Er runzelte die Stirn. Dann: „Na ja, er könnte schon, aber – das ist ja jetzt nicht das Thema, verdammt!“ Die kleine Kurenai betrachtete den Mann mit schief liegendem Kopf. Sie sagte: „Und wenn ein Gegner zu stark für mich ist? Ich meine, nicht einfach nur stärker, sondern so stark, dass ich mir sicher bin, dass er mich töten wird?“
„Na, weiterkämpfen! Was dachtest du denn? Schau mal in das Buch hier“ – er reichte ihr einen einfachen, roten Einband, mit schwarzen Lettern versehen: Die Ehre des wahren Kriegers. – „Auf Seite hab’ ich vergessen steht, dass ein wahrer Krieger sich nicht unterkriegen lässt, das wäre ein Schande für sein Heimatland. Verstehst du? Du müsstest dir die Zunge raus schneiden und dich töten, um die Ehre deiner Familie wiederherzustellen. Immerhin hast du ihren Stolz beschmutzt und musst dementsprechend über dich selbst richten.“ Der hochgewachsene Dunmer verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und ließ sich mit dem Rücken auf das vom Tau bedeckte Gras fallen. Er machte einen nachdenklichen Eindruck, während er so in den wolkelosen Himmel starrte. Heute würde ein schöner Tag werden, Kurenai freute sich schon. Papa hatte versprochen, mit ihr zum See zu gehen, sollte die Sonne scheinen. Sogar Rydag und Marsheval durften hingehen, da konnte sie ja natürlich nicht fehlen! Die Vorfreude aber verebbte, als sie Malukhat zuvor gesprochene Worte vernommen hatte. Welchen Sinn hatte es, sich für sein Heimatland zu opfern, nur weil dessen Ehre dann beschmutzt würde? Und die Ehre der Familie? Was war das denn überhaupt für eine Ehre, die das Leben vieler Menschen für sich beanspruchte? Das war eine dumme Regel, die Malukhat ihr da einzuprägen versuchte. Und erklären konnte er es ja auch nicht. Es stand in dem Buch; es war nicht logisch vertretbar oder so, aber es war so. Doofes Buch.
„Und“, begann Kurenai vorsichtig und sah den Mann von der Seite an, „was würdest du tun, wenn du einer Übermacht gegenüber stehst und weißt, dass du nie, nie, nie, nie, nie, nie, nie, nie, nie, nie, nie, im Leben nicht, auf gar keinen Fall, vollkommen unmöglich siegen kannst?“
Malukhat setzte sich auf und betrachtete das Mädchen eingehend. Dann tätschelte er ihm grinsend den Kopf und sagte: „Weglaufen natürlich. Ich bin doch nicht bescheuert.“
Sie lachten, obwohl beide wussten, dass er es ernst meinte. Er sagte immer über sich selbst, er sei ein ehrloser Bastard. Und obwohl sein Mund lachte, trat ein Ausdruck in seine Augen, welcher dem Funken einer schwarzen Flamme gleich kam. Dieser Mann besaß zwar ein ausgereiftes Ego, aber keinerlei Stolz. Das, was die meisten mit letzterem verwechselten, war einfach nur seine Art, seinen eigenen Weg zu gehen.
„Wenn du etwas wirklich willst“, sagte er plötzlich, „dann musst du alles dafür tun. Du musst dein Leben dafür aufs Spiel setzen. Und selbst, wenn du weißt, dass es falsch ist – tu immer nur das, was du vor dir selbst vertreten kannst. Was alle anderen denken, ist egal. Manche mögen dich für total durchgeknallt halten und die Männer mit der weißen Jacke beordern, aber lass’ dich davon nicht abschrecken. Glaub’ mir: Die schlimmste Sünde ist, sich selbst zu belügen.“
Wenn du etwas wirklich willst… Kurenai erinnerte sich des Mannes mit Trauer. Wie viele Jahre vergangen waren seit ihrer letzten Begegnung vermochte sie nicht zu sagen. Er hatte ihr einiges beibringen können und ihr immer wieder gesagt, dass nur sie selbst ihr Leben bestimmen könne. Und wenn sie dies tat, indem sie sich selbst belog, triebe sie ihre eigene Seele dem Verderben entgegen. Das wollte sie nicht. Die Stumme wollte sich niemals eingestehen müssen, dass alles, wofür sie gelebt hatte, eine einzige Farce gewesen war. Sie hörte auf den Rat des alten Freundes.
Der schmerzende Körper wirbelte herum, ergriff das Schwert und richtete sich ruckartig auf. Sie musste handeln – und zwar schnell. Mit drei Schritten war sie zwischen die Kämpfen gelangt und parierte das Schwert der Altmer. Die zerbrochene Klinge des Rothwardonen sauste an ihrem Kopf vorbei, verfehlte diesen knapp und durchschnitt das weiche Schulterfleisch. Die einzige Stelle, an der Kurenai nicht durch ihre Rüstung geschützt war. Das Metall wurde nicht tief in ihre Schulter getrieben, aufgrund der bereits vorhandenen Taubheit spürte die Frau es kaum. Der Schmerz würde erst später kommen. Mit einem Ruck riss sie Klinge der verwirrten Altmer herum und versetzte ihr einen harten Faustschlag mit ihrer stahlbekrallten Faust ins Gesicht. Derweil holte sie mit einem Fuß aus und trat dem Rothwardon mit voller Wucht in den Magen.
Stille.
Die beiden Kämpfenden taumelten nach hinten, die Altmer hielt sich verwundert das Gesicht. Nur die Augen des Rothwardonen blieben starr auf die Halbelfe gerichtet.
„Du darfst noch nicht sterben“, sagte sie ihm durch ihre Gedanken, „ich will das nicht. Werde gesund und lebe das erbärmliche Leben einer Ratte. Und dann werden wir abermals kämpfen. Du willst mein Blut sehen? Dann hol es dir.“
Pelagiad / Halfway Tavern
Ninièl konnte es kaum fassen. Da war sie dieser Halbelfe zuhilfe geeilt und diese schlug nach ihr. Ja, sie wagte es tatsächlich! War die durchgedreht oder was? Am liebsten hätte sie jetzt ihr eigenes Schwert der anderen in den Rücken gerammt und so die Existenz dieses elenden undankbaren Geschöpfs beendet, nur - dann hätte sie selbst - Ninièl - erneut den Rothwardon am Hals. Ein Gedanke, der sie nicht gerade glücklich stimmte.
Sie fragte sich, wieso die Frau so handelte und kam zu dem Schluß, dass es das menschliche Blut in ihr sein musste. Dieser Anteil eines menschlichen Geschöpfs hatte die andere wohl schlecht und verräterisch werden lassen. Und so etwas hatte sie retten wollen? Wilde, heiße Wut flammte plötzlich in ihr hoch. Dafür würde dieser menschliche Bastard bezahlen müssen. Hinterhältiges Biest. Falsche Schlange. Das wäre doch mal ein geeignetes Opfer für Lenne zum Erlösen. Sie würde ihre Rache noch bekommen. Vorerst begnügte sie sich damit, dieses Biest einfach anzustarren, in der Hoffnung, dass alleine Blicke tötten könnten. Und halbtot sah sie ja schon aus, die andere.
Pelagiad - halfway tavern
Lenne hatte Niniel "Befehl" zwar gehört, aber warum sollte sie dem folgeleisten... Stattdessen richtete sie sich im Türrahmen auf und begutachtete das rege Treiben...Niniel hatte den Rothwardon in die Ecke gedrängt, aber die andere Frau war dazwischengegangen. Niniel kochte vor Wut, das war ihr anzusehen. Aber auch das war Lenne egal. Sie sah sich die Frau genau an... sie war eine Halbelfe... Aber die Augen dieser Frau ließen Lenne einen aSchauer übern Rücken laufen. "Wovor hast du Angst", fauchte Lenne sich in Gedanken selbst an. Niniel, immernoch vor Wut kochend, sah aus, als würde sie sich jeden Moment auf diese Frau stürzen. "Niniel, kümmer dich mit Revan und Echozar um den Rothwardon...Schlagf ihn KO, Fessel ihn, was immer du willst, aber bring ihn nicht um, das ist unnötig..." Lenne sprach zwar, aber sie achtete garnicht mehr, ob ihr "Befehl" ausgeführt wurde. Die Geräusche des tobenden Rothwardon waren ihr antwort genug. Sie ging gradewegs an den anderen vorbei auf die Halbelfe zu. Diese schien nicht recht zu wissen, was sie davon halten sollte. Lenne fasste das Schwert der Elfe an, an der Klinge, wie ein Schmerz in ihrer Hand ihr symbolisierte. dann drückte sie die Klinge und schließlich auch die Frau mit sanfter Gewalt auf den Boden und gegen die Wand. "Tut mir leid", war das erste, was Lenne zu der Frau sagte, "Tut mir leid, da du meinetwegen kämpfen musstest..." Dann riss Lenne ein paar Stofffetzen aus ihrer Kleidung. Sie fing an, das Gesicht der Halbelfe damit sauberzuwischen. Dan erst verband sie mit weiteren Fetzen die Schnittwunden vorbehaltshalber... Dann hob Lenne die Maske auf. Sie schaute ihr nochmal in die Augen... "Sind das wirklich deine Augen", fragte Lenne ein wenig zittrig in der Stimme, "Oder sehe ich mich nur selbst...?" Dann aber setzte sie der Frau die Maske wieder auf. Aus irgenteinem Grund lächelte Lenne.
In dem Moment gab die Tür, die den Korridor vom Rest des Wirtshauses trennte nach und ein paar Wachen stürmten herein. "Ihr habt mit eurer Köämpferei mehrere leichte bis shcwere Delikte begannen... Ihr seid vorerst alle festgenommen..." Lenne schaute erst verdutzt zu den Wachen, dann hoch zu den anderen. Dann wandte sie sich direkt an Niniel "Lassen wir uns das gefallen? Wir haben keine Zeit für sowas... Und die beiden..." Lenne deutete auf die Halbelfe und den Rothwardon, "nehmen wir sie einfach mit?" Lenne bekam einfach diese Augen nicht aus dem Kopf... Obwohl es wohl eher die Frage war, was Lenne in ihnen sah...
Pelagiad - Halfway Tavern
Langsam reichte es Ninièl. Die würden alle dran kommen und bezahlen für ihre Unverschämtheiten. Dieser halbmenschliche Bastard wagte es, sie zu schlagen, die halbverrückte Dunmerin drückte ihr geradezu befehlsmäßig jetzt die Verantwortung auf. Am liebsten würde sie - bis auf Revan - alle hier stehen lassen und gehen. Und jetzt auch noch die vermaledeiten Wachen. War den Menschen das "Lästig-sein" eigentlich angeboren?
Sie bedachte Lenne mit einem bösen Blick, zog dann ihr Schwert und meinte: "Keine Zeit für irgendwas hier! Wir hauen uns den Weg frei und die beiden Chaoten da nehmen wir mit!" Diese hinterhältige Halbelfe sollte sowieso noch ihre Rache zu spüren bekommen und dieser verräterrische Rothwardon da, den könnten sie später entsorgen. "Los, schlagen wir uns durch", rief sie erbittert und stürmte auf die Wachen zu. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass auch Lenne, Revan und Echozar nun zu ihren Waffen griffen, letzterer allerdings wohl eher widerwillig. Nun ja, was scherte sie das. Er sollte gefälligst was tun hier. Dass er es auch noch mit Freude tun sollte, davon war schließlich nie die Rede gewesen.
Pelagiad - Halfway Tavern
Sie atmete nicht mehr. Sie war verstummt. Seine Seele. Sie war tot. Er hatte sie in seinem Rausch erstickt. Er hatte sich selbst das Leben, seinen Traum, genommen.
Es wurde ihm nun klar, wie vergänglich es doch alles war. Er war einer unter vielen, nicht mehr und nicht weniger. Nichts Besonderes. Er war, wie alles andere, entbehrlich. Ein Mann wie er konnte sein Volk nicht führen.
Wie konnte er sich auch nur im Traume eine solche Aufgabe anmaßen? So sehr er es auch liebte, sein Land und seine Leute, Liebe und Hingabe allein befreiten sie nicht. Das Schicksal zeigte ihn einst seine Grenzen auf, als es ihm in den entscheidenden Moment in den Rücken fiel. Er glaubte an das Gute in all seinen Leuten...doch er hatte sich geirrt. Es war ihm nicht bestimmt dort Erfolg zu haben, wo andere versagten. Er war unbedeutend. Und doch...Er hatte es soweit gebracht. Wie konnte er dann noch versagt haben? Wie konnte er dann noch ein Mann wie alle anderen sein? Es war nicht richtig. Es war einfach nicht richtig. Im Glauben daran gab er die Hoffnung selbst im Exil nicht auf. Doch nun würde das Schicksal seine Unnachsichtigkeit endgültig bestrafen. Sein einst so viel versprechendes Leben war verwirkt. Er hatte den Krieg gegen den Imperialen verloren. Die Schlacht, die noch immer um sich herum tobte, verloren. Den Kampf mit sich selbst verloren.
Er erkannt nun endlich wer er war; was er war. Er war nicht zu großen Siegen und Ruhm bestimmt, sondern zu großen Niederlagen und unsäglichem Leid verdammt.
Nur einer hatte ihn nicht im Stich gelassen. Er schlummerte seit seiner Geburt in seinem Inneren, doch fürchtete er sich vor ihm, wagte es nicht ihn zu rufen. Nun jedoch, da er des Versagens Leid geworden war, ließ er ihn erwachen…
Der Dämon seines Volkes, seiner Selbst, hatte nicht versagt. Nein, er hatte sie zu Boden gedrängt, er war dabei sie zu töten. Er hatte nicht versagt...er hatte gesiegt! Dann sollte es eben so sein...solange er siegte, solange er nicht versagte, würde er sich ihm ergeben, dem Rausch.
Aber weshalb...weshalb mussten sie am Ende stets so grausam zu ihn sein? Er war sich schon seit langem nicht mehr sicher, wen er für sein Leid verantwortlich machen sollte. Die Menschen selbst, die auf Erden wandelten; die Götter, die Daedra, die über sie wachten oder das Schicksal, das alles Leben lenkte. Er wusste es nicht. Doch der unsägliche Schmerz, der nicht durch Worte oder Schwerter verursacht werden konnte, den selbst sein Dämon nicht in Wut ertränken konnte, zerriss sein Herz in Stücken. Der Ursprung der Ehre und des Stolzes…das Ego.
Sie belächelte ihn, so wie sie es damals tat. Es verfolgte ihn. Das Lächeln ihres Verrats. Das Lächeln, das sein Leben beenden sollte. Ein weiteres Mal nahm es ihn seinen Sieg. Obwohl er doch kurz davor stand ein letztes Mal den Triumph zu kosten, das Blut zu kosten, weshalb bloß...
Seine Fäuste hatten sich immerzu weiter in ihr Gesicht gebohrt. Allerdings verloren seine Arme an Kraft. Seine Augen brannten. Er würde sie töten, er musste sie töten. Doch war es schließlich die Altmerin, die seinen Stolz beschmutze und die er zu töten trachtete, die den Todesstoß ausführte. Sie Schritt zwischen ihm und der Halbelfe und nahm ihn sein Glück mit einem einzigen Schwertstreich.
Jedoch hatte er nicht die Gelegenheit dazu sich seinem Leid und Schmerz aufzuopfern. Glücklicherweise war sein Dämon nicht schwach, wie er selbst. Er war stark, er war unersättlich und frohlockte über das Eintreffen seines ursprünglichen Gegners. Nun konnte er womöglich doch noch seine Ehre wiederherstellen, sein Versagen wieder gut machen, ehe er in einem Meer aus Blut unterging. Vielleicht...ja vielleicht...war das Schicksal doch nicht so unbarmherzig...vielleicht würde es sein Leben mit einem letzten, triumphalen Sieg beenden. Ja, er würde Rache nehmen. Rache an denen die ihm Unrecht taten, an denen die an seinem Leid Schuld trugen. An so vielen wie nur möglich. Sein Oberkiefer bohrte sich tief in seine Unterlippe, als er versuchte die zerstörerische Macht des Leids in Hass und Wut umzuwandeln und seinen damit Rausch zu nähren. Die Flammen der Leidenschaft schmolzen die zerborstenen Teile seines Herzens erneut zu einem Ganzen zusammen. Er würde in Flammen untergehen, in der Schlacht sterben. In einer Schlacht, die er sich aussuchte, die er begann, die er bezwingen würde.
Sein Körper glich einem blutroten Feuerball, der danach trachtete alles auseinander zunehmen, sei es lebend oder nicht. Doch seine Raserei allein reichte nicht aus um die Verteidigung der Hochelfe auf die Schnelle zu durchbrechen. Sie parierte und attackierte. Er wünschte sich seinen unversehrten Körper, mit dem er die Taverne betrat, zurück. Er wünschte sich nun ihr die Schädeldecke einzuschlagen, an Stelle der des Mischlings. Für den Mann im Blutrausch jedoch waren alle Feinde gleich. Sie waren alle des Sterbens Wert.
Die abgebrochene Klinge wies bei jedem weiteren Aufprall der beiden Waffen neue Risse auf. Sie waren klein, weshalb er nicht auf sie achtete, allerdings würden sie den Ausgang des Kampfes bestimmen; handelte er nicht schnell. Seine Augen hatte schon lange die Schärfe verloren, die sie einst so auszeichneten. Lediglich die Gesichter, die Körper sowie die Schwerter seiner Feinde erstrahlten im Dunkeln um sich. Der Stahl bohrte sich immer tiefer in seine Handfläche; nagte an seinem Muskelfleisch. Allerdings blieb noch immer der Schmerz aus und die Wut verlieh ihm Kraft. Die Kraft, noch nicht zu fallen. Doch so stark ihn der Rausch auch machte, zu einem wahren Monster konnte selbst er nicht mutieren. Er war wie jeder andere an den Grenzen des menschlichen Daseins gebunden und so ermüdeten seine Muskeln langsam, während er sich immer weiter in den Klingensturm verlor.
Er schlug wild mit der gebrochenen Klinge auf die Elfe ein und stach gelegentlich mit den Knauf auf sie ein. Immer und immer wieder trafen beide Waffen ins Leer oder wurden von ihres gleichen bei ihrer Aufgabe gehindert. Ein glücklicher, gezielter Treffer würde genügen. Ein einziger gut platzierter Schlag und er konnte sie in Stücke reißen...er konnte sich an ihrem Blut laben...er konnte mit gestilltem Blutdurst in Oblivion einziehen.
Allerdings zeigte man auch Dämonen kein erbarmen. Ehe er den Sieg oder die Niederlage davontragen konnte schritt die Mischlingsfrau ein. Sie, die sie ihn belächelte, sie, die er um ein Haar tötete, sie unterbrach seinen Kampf und wahrte sein Leben...vorerst.
Ihre Worten klangen in ihrem Kopf wieder...doch ihre Lippen blieben Stumm. Seine Klinge bohrte sich in ihr Fleisch und ihr Blut klebte an seinem Schwert...
„Nemesis…“, war sein einziger Gedanke, als sie sich zwischen ihnen warf.
Ehe er sich versah warf ihn ein dumpfer Schlag zurück. Es war ein ungewöhnliches Gefühl, ohne Schmerz zurückgeworfen zu werden, doch war sein Empfinden zu diesem Zeitpunkt weitaus ungewöhnlicher. Er betrachtete seine Klinge mit, vor kindlichem Entzücken, strahlenden Augen. Das Blut tropfte von der etwas stumpf gewordenen Spitze, während sich der Rest der roten Flüssigkeit der Klinge entlang seinen Weg zu der Hand des Söldners bahnte. Allein beim Anblick des Blutes zerbarst sein Inneres in einer riesigen Explosion aus Wohllust, nur um sich wenig später wieder zusammenzufinden und erneut zu zerspringen. Er hatte noch niemals etwas derartig intensives gespürt...jedoch hatte er sich auch noch niemals einen solchen verzweifelten Kampf geliefert. Ein Gefecht das zum Tode verdammt war blieb also doch nicht unbelohnt.
Zeitgleich zu seiner Ekstase fütterte ihr Handeln ihn mit immer mehr Wut, die drohte ihn zu verschlingen. Er war derart von dem Gefühl geleitet, das es sich schon seines Bewusstseins bemächtigte. Er war verloren. Er wusste nicht mehr wer oder was er war. Sein Blut beschmierter Körper, seine tiefe Wunden und seine leeren Augen hatten für einen Moment ihren Meister, den Geist, verloren.
Es war...perfekt.
Leid, Hass, Wut, Leidenschaft und die daraus folgende Ekstase. Sie war vollkommen. Es spielte alles perfekt zusammen. Wie man ihm konsequent den Sieg vorbehielt und seinen Stolz und seine Ehre beschmutzte. Wie man seinen Hass entflammt hatte und wie dieser seine unermessliche Wut heraufbeschwor. Wie er sich seinen Gefühlen vollends hingab, mit einer Leidenschaft die der der Liebe trotzte und sogar deren Ekstase in den Schatten stellte. Es war alles vollkommen. Ein vollendetes Leiden, das Gegenstück der Liebe.
Während sich die Altmerin ihrer Verwunderung hingab und die Wachen schließlich die Tür einbrachen, stand er da, still schweigend und breit grinsend. Freudentränen rannen seinen Wangen herunter. Der Wahnsinn hatte ihn verspeist. Er hatte nicht mehr die geringste Ahnung was er tat oder weshalb er es tat, nur noch die Gefühle verblieben.
Alle hatten sie sich mehr oder weniger von ihm abgewendet. Während die einen versuchten die Barrikade der Wachen zu durchbrechen, kümmerte sich die Dunmerin Assasine um die Wunde des Mischlings.
Er beobachtete das ganze, als wäre er weit von ihnen entfernt. Wie sie kämpften, wie sie zu Fliehen versuchten. Er sah in ihre Gesichter und ihm wurde heiß. Sein Schweiß vermischte sich mit dem Blut. Zitternd stand er da, allein, umgeben von leerer Luft. Keine einzige Leiche leistete ihm Gesellschaft, kein Toter verfluchte sein Dasein. Von einer unergründbaren Freude erfüllt hielt er sein Lächeln aufrecht und atmete er schwer. Doch konnte es den Fluss aus Tränen nicht Einhalt gebieten.
Er lachte. Voller entzücken und Verzweiflung. Sein Leben endete hier ohne dass er etwas erreichte. Er hatte den Sieg erneut abgegeben...selbst sein Dämon hatte versagt. Er blieb allein mit einem einzigen Gefühlsrausch zurück. Er hatte verloren, ausser...
Ein letztes Mal...war es ihm noch möglich? Alles zu entfesseln, den Tod selbst zu bezwingen, das Leben besiegen, der Menschlichkeit, der Sterblichkeit zu entgehen?
Solange er noch eine Waffe in der Hand hielt war er nicht tot, hatte er nicht verloren. Selbst mit gebrochenem Schwert konnte man noch töten.
Sein Lachen hielt an, während er zaghaft an den am Boden knienden Elfen vorbeilief. Sie beobachteten ihn, das konnte er spüren, hielten ihn jedoch nicht auf. Die Assasine war scheinbar zu beschäftigt sich der Wunden der Verletzten anzunehmen. Einige Meter weiter blieb er jedoch plötzlich stehen und sein Gelächter verstummte, als er sich zu den beiden umsah, den er an diesem Tage im Kampf begegnet war.
"Remember...me..."
Ihnen den Rücken gekehrt, grinste er nun wieder, hielt die Klinge über dem Haupt und holte tief Luft für einen womöglich letzten Kampfesschrei.
„Time to die…!“
Sein einst braun gefärbter Körper stürmte auf das Knäuel aus Imperialen und Elfengesocks zu. Zwar war es verlockend, doch fiel er ihnen nicht in den Rücken. Sie hatten sich ohnehin zu ihm umgewandt und bereiteten sich schon auf einen Gegenschlag vor. Doch sein Ziel war ein anderes.
Alle in diesem engen Gang hatten die Ehre sich als Feind des Redguards zu bezeichnen, doch hatte er allein den Urfeind seines Volkes vor Augen. Die imperialen Wachen wichen im Angesicht des blutverschmierten Berserkers teils angewidert, teils angsterfüllt, zurück. Seine aufflammenden Augen zwangen ihren Mut in die Knie. Noch ehe er Zuschlug versteckten sie sich hinter ihren großen Schilden. Zu Recht.
Kurz vor dem zu erwarteten Aufeinandertreffen der beiden Parteien erhob er sich mit einem gewaltigen Sprung in die Lüfte und überflügelte eine der Soldaten. Von oben herab stürzte er sich auf den ungeschützten Hintermann und durchstach seine Kehle, ehe er sich an dem Turmschild abstütze und sich auf den Nächsten stürzte, um sich dessen Kopf als Trophäe zu nehmen. Beide Körper sackten leblos zu Boden, während der Kopf der Wache in eine der Ecken des Ganges rollte. Mit großen Schritten ging er auf ihn zu und kehrte somit den zwei der nunmehr fünf übrig geblieben Wachen den Rücken zu. Die anderen wandten sich den Elfen zu.
Unbehelligt kniete er sich vor dem Kopf nieder, legte den Griff des Langschwerts beiseite und entledigte ihm seines Helms. Langsam hob er ihn an den Haaren hoch und sah in das von Panik gezeichnete Gesicht des toten Soldaten. Die braunen Augen des Jünglings waren bei seinem Anblick in Furcht erstarrt. Die ganze Zeit über versteckten sich die unerfahrenen imperialen Krieger hinter ihren Schilden und scheuten sie sich ihn anzugreifen. Sie warteten förmlich darauf, dass er ihr Leben beendete. Er war völlig Deckungslos, sie hätten ihn jederzeit enthaupten können, doch hielt sie etwas davon ab. Vielleicht war es der Glanz des Wahnsinns in seinen Augen, sein surreales Erscheinungsbild oder ganz einfach die unmenschliche Aura, die ihn umgab.
Endlich nahm einer der Wächter all seinen Mut zusammen und griff den am Boden knienden Krieger an. Er bewegte sich keinen deut, während das imperiale Schwert durch die Lüfte schwirrte und eine tiefe Wunde durch seinen Rücken zog.
Er zuckte kurz, ehe er den Kopf beiseite lag, den Schaft wieder zur Hand nahm und sich langsam erhob. Nur knappe hatte der Stahl sein Rückrad verfehlt. Schwarzes Blut triefte aus dem tiefen Einschnitt und durchtränkte sein Hemd. Die Wache wich verängstigt zurück, verblüfft das sein Schlag nicht zu seinem Tode führte. Wahnsinnig grinsend wandte er sein Kopf zu ihnen um und schien den Mann mit seinem Blick zu paralysieren ehe er seine Klinge auch ihm durch die Kehle bohrte und kurz darauf den anderen den Griff des zerbrochenen Schwerts in das Gesicht rammte. Während der eine leblos zu Boden sackte, kämpfte der andere erbärmlich mit den Schmerzen. Das Reststück der Klinge hatte sich in das linke Auge eingegraben und sein Nasenbein gebrochen. Es steckte nun tief in dem Schädel des Soldaten. Verzweifelt versuchte er es herauszuziehen, doch hinderte ihn der unsägliche Schmerz daran sein Leben zu retten. Schreiend ging er zu Boden und zuckte wild umher, während gemeinsam mit seinem dunkelroten Blut eine weiße Flüssigkeit hervortrat.
Die anderen Wachen waren noch immer in den Kampf mit den Elfen verwickelt und störten ihn nicht mehr weiter. Der Weg ins Freie stand ihm nun offen. Der angekratzte Stolz und die Schande einer Flucht musste er wohl oder übel mit in den Tod nehmen. Sein Herzschlag wurde immer schwächer, ihm blieb keine die Zeit mehr und er beliebte sein Grab selbst zu wählen. Doch ehe er durch die Tür trat, nahm er ein letztes Mal seine Klinge sowie den Kopf des Jünglings zur Hand und durchstach den Kopf des Toten, von einem Ohr zum anderen. Sein Herz frohlockte bei dem Anblick der kleinen Blutfontäne, doch hielt er sich nicht lange damit auf, sondern schnitt sich den Daumen an der Klingenspitze auf und fuhr dem angsterfüllten Gesicht über die Stirn. Langsam formten sich einige Buchstaben über das erbleichte Gesicht. Bald würde auch er so enden wie der kopflose Jüngling...leider nur nicht ehrenvoll im Kampf. Vorsichtig setzte er seinen blutverschmierten Daumen wieder ab und sah den Imperialen grinsend auf die Stirn.
V-I-C-T-O-R-Y
Mit einem Ohrenbetäubenden Schrei warf er die Klinge der Altmerin entgegen, die ihr jedoch in letzter Sekunde entging, wodurch sie unweit von ihr im Holz der Wand stecken blieb. Mit einem lautstarken Lachen verabschiedete er sich von dem verheißungsvollen Gang, der sein Grab hätte werden können. Und so rannte er die Treppen hinunter und quittierte die hölzerne Taverne, ihre Besucher mit einem Schreck zurücklassend. Er meinte sich in Sicherheit, doch sollte er rasch eines besseren belehrt werden. Ein neuer Stoßtrupp Wachen war von der Festung entsandt worden und kam ihm gerade von Links entgegen. Ohne lange zu zögern stürmte er aus der Stadt.
Er versuchte sich krampfhaft an die Lage seines Landes zu erinnern. Es musste Südwesten sein, es musste einfach sein. So orientierte er sich rasch, ehe er vom Ausgang des kleinen Städtchens gen Südwesten weiterlief. Die Schreie der Wachen lagen ihm im Nacken, sie waren ihm dicht auf den Versen. Doch bald erreichte ihn der Lärm nicht mehr. Er bekam nur noch schwerlich Luft und der Schmerz kehrte wieder ein. Er versuchte sich an die Lieder der Frauen und die Gesänge der Männer seines Volkes zu erinnern, an den Palast seiner Familie, an seine Eltern. Er hatte sie alle nicht vergessen und er würde sie nie vergessen. Nicht einmal nach seinen Tod. Er würde solange seiner Heimat entgegenlaufen, bis ihn seine Beine den Dienst versagten. Er würde Schwimmen und Klettern. Er würde Kilometerlange Strecken hinter sich legen, Bestien die sich ihm in den Weg stellen bezwingen. Und wenn sie seine Beine verschlangen, ihn der Schmerz in den Wahnsinn trieb und gar sein Herz aufhörte zu schlagen, er würde nicht ehe Halt machen bis er schließlich wieder in den Wüsten Hammerfells angelangt war. Dort und nirgends anders sollte er sterben...
Pelagiad / Halfway Tavern
Mit ausdruckslosen Augen hatte Kurenai die Frau vor sich betrachtet, die dabei gewesen war, die Wunden der Stummen provisorisch zu verbinden. Wieso hatte sie das getan? Wieso hatte sie sich bei der Mischlingsfrau entschuldigt? Kurenai war verwirrt gewesen. Aber es hatte ihr recht sein sollen. Sie erwartete von den hier Lebenden keinerlei Logik oder dass sie nach Kurenais Moralvorstellungen handelten. Und selbst, wenn sie es sich nicht eingestand, war sie doch ein wenig dankbar über die unerwartete Freundlichkeit gewesen.
Plötzlich ein Lachen. Kehlig, tief, verzweifelt, irrsinnig. Die Stumme hatte ihren Kopf in Richtung des Rothwardonen gewandt, ihn betrachtet, wie er in einem Meer von Blut ertrank, sich selbst frohlockend in die Hölle stürzte. Er verstand es einfach nicht. War er denn so schwach, so erbärmlich, dass er seine Seele an den Wahnsinn verkaufte? Wusste er denn nicht, dass er in diesem Lande nun dem Gesetz Sheogoraths unterworfen war? Nun, sein Pech. Kurenai würde ihn nicht aufhalten. Oh, wie armselig er doch war, nicht mehr als ein kleines Kind, das mit Blut spielte.
Töte sie, Rothwardon, töte sie alle. Labe dich an ihrem Blut, an ihren Qualen und nähre meinen Hass auf dich. Nicht dies alles hier ist falsch – du bist falsch. Deine vollkommen verdrehten Gedanken werfen dich als Festmahl vor die Füße des Wahnsinns. Entscheidest du denn noch selbst? Existiert ein ‚du’ überhaupt noch? Nein. Mach’ nur weiter. Tu’ nur, was du zu tun gedenkst. Und schau’ nicht zurück. Ich werde kommen und dich holen…
Die Schreie der Soldaten hatten in ihrem Kopf geklungen, selbst dann, als sie bereits erstorben. War es Trauer, die ihr Herz bewegte? Oh Lorkhan, nein, sie hatte gewusst, was es war. Eine plötzliche Erkenntnis, rein wie die Tropfen eines plötzlichen Regenschauers: Sie schenkte ihren Gefühlen eine winzige Ecke ihres Bewusstseins. Aber nicht, weil sie sie nicht unterdrücken konnte. Das war es gewiss nicht. Sie tat es mit voller Absicht. Sie wollte den Rothwardon hassen können. Als er gekämpft hatte, hatte sie sich vorsichtig ihrer schweren Rüstung entledigt. Armschienen, Beinschienen, Stiefel, Kürass – alles hatte weichen müssen. Nur die Eisenkrallen an ihren Händen hatte sie an Ort und Stelle belassen…
Schwerlich erhob sie sich, während der Schmerz in ihren Schläfen pochte, das rote Blut nach und nach aus ihrem Körper wich. Verdammt, sie war zu langsam! Der Rothwardon hatte sich bereits durch Reihen der Soldaten gekämpft und war aus ihrer Sichtweite verschwunden. Sie musste ihm folgen, durfte seine Spur nun nicht verlieren. Dieses ungute Gefühl… woher kam es? Sie musste auf ihn Acht geben. Acht geben bis zu jenem Tag, an dem sie abermals die Klingen kreuzen und einander den Tod schenken würden.
„Oh nein!“ Eine Stimme. Ja, die Stimme eines Mädchens. Woher kannte die Stumme sie? Dumpf klang sie in ihrem Schädel wider und eine Erinnerung bahnte sich den Weg aus ihrem Unterbewusstsein in ihren Kopf. Anyala. Halb stehend an der Wand lehnend sah Kurenai dem Kind entgegen, wie es am oberen Absatz der Treppe stand und Anstalten machte, zu der neuen ‚Freundin’ zu gelangen.
Nein!
Bleib’ weg!
Das ist gefährlich, komm’ nicht näher!
Lauf’ nach Hause, Kind, bevor es zu spät ist!
Als ob Kurenai damit etwas erreichen konnte, streckte sie ihren rechten Arm nach dem Mädchen aus, gestützt von der Elfe, die ihr die Wunden verbunden hatte mit Fetzen ihrer eigenen Kleidung. Es war zu spät. Eine der Wachen war unachtsam gewesen. Hatte gedacht, ein neuer Angreifer wäre zu den Gegnern gestoßen. Hatte nicht darauf geachtet, dass es nur ein kleines, unachtsames Mädchen war. Hatte sich umgedreht. Hatte sein Schwert…
Hätte Kurenai schreien können, sie hätte es getan. Der Soldat sah Anyala schockiert an, diese blickte mit verwunderten Augen zurück. Es war, als würden sie sich lange Zeit ansehen, bevor das Kind auf die Knie sank und sein lebloser Körper schließlich dumpf auf das Holz aufschlug.
Nein!
Nein, nein, nein, nein, nein!
Kurenai erkannte nicht, ob das Mädchen tot war oder noch atmete. Es war ihr gleich. Sie hatte das Kind in der kurzen Zeit, da sie es kannte, in ihr Herz geschlossen. Es war der Stummen gewesen, als hätte sie in einen Spiegel gesehen, der ihr die eigene Vergangenheit zeigte. In ihren Augen war Anyala die Naivität gewesen, die zu Fleisch gewordene Reinheit. Der Soldat. Er hatte diese Reinheit beschmutzt, sie mit Blut überzogen und Kurenais Herz zu neuem Schmerz verholfen. Für einen Moment ließen die Kämpfenden ihre Schwerter sinken und betrachteten das am Boden liegende Mädchen. Als würde die Zeit den Atem anhalten. Ein kleines Rinnsal Blut bahnte sich seinen Weg durch eine Rille im Holzboden, ein weiteres folgte, verdickte den dünnen Streifen.
„Oh Lorkhan…“ Der Soldat sank auf die Knie. Seine Hände, ja, sein ganzer Körper zitterte. Er nahm den Helm vom Kopf und das Gesicht eines jungen Mannes erschien. Er legte den Kopfschutz neben sich auf den Boden und wollte Anyala berühren, doch er schaffte es nicht. Kurenai konnte nicht glauben, was er getan hatte. Sie war doch nur ein kleines Mädchen!, wollte sie ihm entgegen schreien, wie konntest du Mistkerl das nur tun?! Als hätte er ihre Gedanken vernommen, sah er sich nach ihr um. Eine plötzliche Welle aus Hass hatte ihn erfasst und machte ihm das Atmen schwer. In seinen Augen lag diese gewisse Ungläubigkeit… er konnte es selbst nicht fassen. Aber vor Kurenais Wut würde ihn auch dies nicht schützen. Sie musste ein Bild der Verzweiflung bieten, wie sie sich vollends aufrichtete und die blitzenden Augen an jeglichem Gefühl verloren. Ein Blick aus Stein begegnete dem des jungen Mannes, vollkommene Ruhe sprach daraus. Es war eine Ruhe, die die Stumme selbst sich nicht erklären konnte. Ein in ihrem Inneren geborener Gedanke brachte sie dazu, die Gelegenheit auszunutzen.
Ihre rechte Hand krampfte sich um das Schwert, entkrampfte sich und verkrampfte sich wieder; dann erhob sie es. Schnell wie ein Höllenhund jagte sie auf den Soldaten zu, welcher nicht einmal seine Waffe zur Hand nahm. Geradeso, als würde er den Tod als eine gerechte Strafe ansehen. Aber Kurenai reichte dies als Strafe beweiten nicht aus. Während des Laufens verstaute sie das Ebenerzschwert in der Scheide, stieß den Mann beiseite und kniete sich neben das Mädchen. Die Stumme drehte es herum und bettete es in ihren Schoß, dann legte sie ihm eine Hand an die Nase.
Sie atmete. Anyala atmete noch! Aber der Hass war nicht verraucht. Das Kind würde nicht sterben, aber es würde nie mehr sein wie zu dem Zeitpunkt, da Kurenai es kennen gelernt. Es würde sich von Grund auf verändern, voller Angst und Wut durch sein Leben gehen. Der Schmerz und das Blut hatten die Reinheit vernichtet. Kurenai würde es dem Soldaten niemals verzeihen. Sie schenkte ihm und den Umstehenden einen letzten Blick, dann legte sie die ohnmächtige Anyala sanft auf dem Boden ab, erhob sich weiteres Mal und wandte sich zu der Altmer um. Ihre Blicke trafen sich und Kurenai spürte den Hass, der auf ihr lastete. Also wurde auch die Stumme gehasst. Ein nicht ungewohntes Gefühl.
„He“ Ein weiterer Soldat trat auf sie zu und legte ihr die Hand auf die Schulter. Und Kurenai verspürte den heftigen Wunsch, sie ihm abzuschlagen. „Kommt nun mit uns. Ihr seht, was Euer Widerstand Euch gebracht hat. Jetzt muss Schluss sein.“
Ehe er sich’s versah, hatte er ihre Faust im Gesicht und fiel zurück. Dies hier war nicht Kurenais Kampf, sie hatte nichts mit diesen Soldaten zu schaffen. Der junge Mann, welcher Anyala derart schwer verletzt hatte, sollte heute nicht sterben. Und wenn doch, dann nicht durch die Klinge der Stummen. Diese wandte sich von dem Geschehen ab und rannte den Gang hinunter. Von draußen hörte sie die Rufe einiger Männer. Wahrscheinlich Soldaten. Und ihr Brüllen war dem Rothwardonen gewidmet. War denn erst so wenig Zeit vergangen? Umso besser. Mit jedem weiteren Meter, den sie lief, verkrampfte sich ihr Herz. Ihre Kraft würde bald zu Ende gehen, sie schöpfte aus den letzten Reserven. Aber sie musste ihm folgen. Wenn nicht, würde er dann sterben? Sie wusste es nicht. Aber ohne ihre Erlaubnis ging da gar nichts. Sie würde schon darauf achten, dass er sein verdammtes Leben weiterführte bis zu dem Tag, an dem sie ihm ihr Schwert in den Körper rammte.
Er rannte schnell. Wie vom Teufel besessen. Kurenai kam kaum hinterher. Die Wachen abzuschütteln war im Nachhinein nicht das Problem gewesen. Sie waren an ihre Pflicht gebunden, musste sich entscheiden entweder zwei Gefahrenquellen entkommen zu lassen oder gleich vier. Alle konnten sie nicht kriegen, dem waren auch sie sich bewusst.
Und sie hatten sich für die vier in der Taverne entschieden. Härter war es nun, mit dem Rothwardon halbwegs Schritt zu halten oder ihn immerhin nicht aus den Augen zu verlieren. Das war es aber nicht, was sie wollte. Sie wollte ihn einholen und ihm ihre Wut spüren lassen. Bis zu seinem Lebensende würde er sie nun in seiner unmittelbaren Nähe wissen. Selbst Schuld. Während seine Kraft langsam verebbte, nahm die ihre noch einmal von neuem zu. Ein Gedanke an Anyala reichte aus, ihre Beine zum Weitermachen zu bewegen, Kraft aus jeder Faser ihres Körpers zu schöpfen.
Sie kam ihm immer näher.
Spürte er es denn nicht?
Ja, da war er, direkt vor ihr. Beinahe konnte sie seinen Rücken berühren. Aber es reichte nicht aus, noch nicht ganz. Während er seine Reserven einteilte, hatte sie alles auf einmal aus ihrem Körper gezwungen. Nur, um ihn einzuholen. Jetzt hatte sie es fast geschafft. Sollte sie da die herbe Enttäuschung auf sich nehmen, alle Energie ausgeschöpft zu haben und stehen zu bleiben, während er weiter rannte? Nein, das wäre mehr, als sie ertragen konnte. Unbedacht ihrer momentanen Lage versuchte sie einen Sprung, warf sich auf ihn – und verfehlte seinen Rücken knapp. Stattdessen aber konnte sie ihre Eisenkrallen in sein linkes Bein bohren und hierdurch zu Fall bringen.
Beide lagen sie auf dem Boden, schwer atmend, ausgelaugt, und der Mann konnte ihr direkt ins Gesicht sehen. Jeder Atemzug schmerzte in ihren Lungen wie tausend Messerstiche, das Pochen in ihre Schläfen wurde nahezu unerträglich. Mit ihrem letzten bisschen Energie schenkte sie ihm noch einen einzigen Gedanken: „Du kommst nicht davon. Egal, wie weit du läufst, ich bleibe dir auf den Fersen.“