Tiber Septim-Hotel und Umland der Kaiserstadt
Elendil war nach Erhalt des Buches wesentlich länger geblieben, als er ursprünglich vorgehabt hatte. Was an dem Buch lag. Er hatte noch in derselben Nacht begonnen, darin zu lesen und was zuerst nur ein flüchtiges Durchblättern werden sollte, hatte bald dazu geführt, dass er seine Lektüre vertiefte. Denn er fand ein alchemistisches Rezept, von dem er noch nie gehört hatte. Was ihn normalerweise nicht so sehr verwundert hätte, denn selbst ein Elendil Sunlight konnte unmöglich jedes Rezept kennen. Aber der Autor des Buches behauptete doch tatsächlich, dass dieses Trank-Rezept direkt von den Ayleiden überliefert worden sei und besonders von jenen im Umland des Weißgold-Turms oft angewandt worden war. Und dazu sollte man - zumindest laut Buch und dessen längst verstorbenem Verfasser - Welkyndsteine im Mörser pulverieren und diese mit Peonienblütern und Minotaurenhörnern mischen, um einen Trank zu erhalten, der den Alterungsprozess um mindestens 2 Jahrhundete verlangsamte. Die Mischung an sich ließ Elendil eher darüber grübeln, ob sie nicht der Grund für das Aussterben der Ayleiden gewesen war, aebr dennoch.... Er war ja auch nicht mehr der jüngste aller Elfen und irgendwie war die Vorstellung verlockend. Vielleicht würde sich in einer der hiesigen Ruinen ein Hinweis finden lassen. Leider war er nicht so bewandert in den örtlichen Ruinen und so fiel ihm auf Anhieb nur Vindasel ein. Was ihm gar nicht behagte, denn er hatte Gerüchte gehört. Gerüchte, um eine verfluchte Seele, die dort Zuflucht gefunden hatte. Eine Seele, die von einer Waffe beherrscht wurde und deren einziges Bestreben das Töten war. Solange, bis sie selbst starb und den Fluch damit weitergeben konnte. Der Altmer gab im Allgemeinen nichts auf Gerüchte, aber falls diesem ein Körnchen Wahrheit innewohnen sollte... nun ja. Dann wäre wohl Flucht angesagt. Dennoch war er bereit, dieses Risiko einzugehen. "Ist schließlich im Namen der Wissenschaft", murmelte er vor sich hin, während er seine wenigen Habseligkeiten zusammenpackte, das Zimemr verließ und unten die Rechnung bezahlte. Dann verließ er endgültig das Tiber Septim-Hotel und bald darauf die Stadt.
Es war ein klarer sonniger Morgen und sein Blick schweifte über den Rumare-See und den grandiosen Ausblick in die Ferne. Kurz orientierte er sich nochmal gedanklich, in welcher Richtung Vindasel lag, dann marschierte er zielstrebig los, um bald darauf die lange Brücke, Waye und die Kreuzung hinter sich zu lassen. Was würde ihn in der Ruine erwarten? Sicher wieder eine falsche Spur wie so oft schon in den vergangenen Jahren. Aber dennoch würde er jedem angeblichen Hinweis nachgehen, denn irgendwann könnte einer davon echt sein. Und dies wiederum würde einen Durchbruch in der Alchemie bedeuten.
Oblivionebene bei Choroll
Plötzlich durchfuhr ein brennender Schmerz Asharrs rechten Arm, gleichzeitig warf ihn ein Stoß zu Boden. Als er sich seinen Arm ansah, sah er, dass ein Pfeil herausragte. Bogenschützen. Er hasste sie. Auch die anderen Gruppenmitglieder, falls man diese so nennen konnte, waren vom Auftauchen der Dremoras scheinbar nicht erfreut. Kamahl bewies wieder sein tödliches Können und legte einen Dremora um. Bald darauf trank der Bretone einen Unsichtbarkeitstrank, und versuchte eine in-den-Rücken-fallen-und-feig-von-hinten-ermorden-Taktik, aber Asharr musste eingestehen, dass in der augenblicklichen Situation nicht viele andere Möglichkeiten offen blieben. Vor allem da er einen Pfeil im Arm hatte. Dieser hatte natürlich genau die Stelle getroffen, an der der Oberarmschutz in die Armpanzerung überging, die zwecks besserer Beweglichkeit nur mit sehr weichem Guarleder geschützt war. So etwas gibt es doch nur in Geschichten! dachte sich Asharr, bevor er, die Zähne zusammenbeißend, den Pfeil ruckartig aus seinem Arm Zog. Ein gewaltiger Schwall Blut spritzte aus der Wunde in sein Gesicht, und Asharr wurde fast ohnmächtig, was angesichts des Blutverlustes und der Schmerzen recht normal war. Was ihm wahrscheinlich das Leben rettete war der in einem Amulett um seinen Hals eingravierten Heilrunen, die für eine solche Situation gedacht gewesen waren. Langsam schloss sich die Wunde, und auch seine Sinne wurden schnell wiederhergestellt. Erschöpft trotz der magischen Heilung nahm er einen tiefen Schluck aus seiner Wasserflasche. Es war verdammt heiß. Die hatten ihr Klima hier aber ordentlich versaut. Kurz hatte er eine Vision von einer grauen, eintönigen Landschaft, mit grauen Kaminschloten... Asharr sah sich um. Seine Mitstreiter waren schon vorangegangen, in ihrem Kampfeseifer hatten sie sein Fehlen anscheinend gar nicht bemerkt. Er sah, wie sie den Turm in der Mitte der Landschaft betraten. Über seine Rüstung innerlich fluchend ging Asharr so schnell wie möglich zum Turm. Sie war nicht nur verflucht schwer und teuer gewesen, sondern hatte ihn nicht einmal vor einem einzigen Pfeil schützen können.
Schneller, als er gedacht hatte, kam er zum Tor. Als er durchgeschritten war, schloss es sich lautstark hinter ihm. Auf diesem wege würden sie nicht mehr hinauskommen. Anscheinend hatten seine Gefährten den Lärm nicht bemerkt, denn sie waren in einen Kamf verwickelt. Schon wieder ohne mich, fluchte Asharr innerlich, doch seine Wut richtete eher gegen sich selbst. Er war einfach zu alt.
Drakos kämpfte gerade gegen einen großen Dremora, und so wie es aussah war der Argonier gerade in einer verzweifelten Situation. Der Dremora schoß wie verrückt mit Zaubern um sich, und etliche davon trafen Drakos. Er rief etwas den anderen zu, doch über den Kampfeslärm konnte Asharr nichts hören. Fest stand nur, dass sein Mitstreiter Hilfe benötigte. Just in diesem Moment stolperte er über eine Leiche, und der Dremora näherte sich siegesgewiss dem gefallenen. Die anderen waren zu weit entfernt, oder sie hatten nichts gehört. Also stürmte Asharr vor, während er seinen Kriegshammer zog, und legte die Entfernung, die ihn vom Argonier trennte, so schnell wie möglich zurück. Seinen Schwung nutzend ließ er seinen Hammer einen weiten Bogen beschreiben. Er traf den Dremora in Brusthöhe. Lautes knirschen erklang, der Dremora flog gegen die Wand...
...und überlebte. Langsam stand er wieder auf und schwang mit einem hämischen Grinsen sein Schwert in Asharrs Richtung. Dessen Armee-Reflexe kamen wieder hoch, und er parierte den Schlag mit dem Ebenerzhammer. Sofort verlagerte er sein Gewicht nach vorne, und der Dremora fiel, Asharr obendrauf. Er ließ seinen Hammer los und griff zu seinem Glasdolch. Der Dremora wehrte sich mit seinen Händen, und fügte asharr einen tiefen Kratzer im Gesicht zu, den er wegen seines momentanen Andrenalinschubes nicht wirklich spürte, doch Asharr drang mit seinem Messer zum hals des Dremoras durch. Er stand schwerfällig auf und wischte sich das Blut aus dem Gesicht. Er sah sich nach Drakos um, der immer noch am Boden lag. In seiner momentanen, vom sieg verursachten Hochstimmung, klopfte er dem Argonier auf die Schulter: "Nun, mein freund, wie geht es euch?" Als er merkte, dass es eine ziemlich blöde Frage gewesen war, war es schon zu spät. Ein schlechter Tag...
nahe Skingrad, Banditenlager
Verfluchtes Banditenpack! Der Wanderer sollte sie alle holen und im Oblivion schmoren lassen.
Da reiste man als friedlicher und überaus freundlicher Neuankömmling in Cyrodiil ein.....und was passiert ? Das Empfangskommitee entpuppt sich als ein Haufen Halsabschneider und fremdenfeindlicher Guar-Söhne. Verdammtes Dunkelelfenpack!
Der Anführer der eher schlechten als rechten Bande war ein großkotziger, spitznäßiger Dunmer. Ein versiffter Pelzharnisch bedeckte seinen Oberkörper, in den der junge Senche-Tiger Kyjaar am liebsten seine Fangzähne jagen lassen würde. Doch das im gefesselten und geknebelten Zustand hinzubekommen, war doch schon ein Ding der Unmöglichkeit.
Jedenfalls, der großkotzige und spitznäßige Dunmer erhob sein Hinterteil von einem zusammengehämmerten Stuhl und schritt auf den Gefangenen zu.
Er kniete sich zu ihm hin und lächelte, was seine gelben Zähne entblößte. Angewidert drehte Kyjaar den Kopf zur Seite, doch der Dunmer packte ihn gewaltsam und zwang ihn, ihm ins Gesicht zu schauen.
'' Du wirst einiges an Geld bringen, mein haariger Freund.'', sprach er und fuhr mit der Hand über das Gesicht der Geisel. Der Senche-Tiger hätte sich übergeben können. Dann nahm ihm der Dunmer den dreckigen Lappen aus dem Mund, was Kyjaar wieder sprechen lassen konnte.
'' Wäre ich hier nicht gefesselt, würde ich dich in der Luft zerreissen, Abschaum aus Morrowind.......''
Der Dunmer lächelte unberührt und kalt. Dann fingerte er sich ein Stück Rehfleisch zwischen den Zähnen hervor. Die Bemerkung schien ihn nicht zu stören. Doch Kyjaar musste es einfach weiter versuchen.
'' Lass mich raten...vom Haus Dres ? Sklaventreiberabschaum, wenn du mich fragst. Alles dreckige Hunde und Söhne einer kranken Alit.''
Das Lächeln wurde schmaler und dem Dunmer pochte eine Ader an der Schläfe. Er atmete gezwungen ruhig.
'' Na, hats dir die Sprache verschlagen ? Hol doch deinen kleinen Vivec, diese Dirne Almalexia und verkappten Sotha Sil....ach...ich vergaß...letztere sind ja tot.''
Nun war eine Faust vorgeschnellt, die den Stuhl mitsamt den Khajiit umwarf. Ein zornesrotes Gesicht verdeckte ihm den Blick an den Himmel.
'' Dein Glück, Khajiit, dass du wegen deiner kraftvollen Herkunft eine Menge Geld wert bist, sonst hätte ich dich an den nächsten Baum genagelt und aus deinem Fell eine Gebetsmatte für das heilige Tribunal gefertigt.''
Verflucht...so wird das nichts, dachte Kyjaar und achtete gar nicht auf den Schmerz in der Brust. Der Dunkelelf hatte ein gute Linke.
Er musste sich etwas anderes überlegen, um mit heilem Fell zu entkommen....so kam er nicht weit.
Cyrodiil, Tiber Septim-Hotel, Kaiserstadt und Umland
Elendil Sunlight war länger, viel länger geblieben, als er eigentlich vorgehabt hatte. Aber Bücher waren eine geradezu daedrische Verführung, um Zeit und Ort zu vergessen. Und genau das war passiert. Nun aber klappte er mit einem Seufzer den Band zu und packte seine wenigen Habseligkeiten. Er wollte zurück nach Bruma, doch vorher noch einen Abstecher in eine nahe gelegene Ayleiden-Ruine machen. Denn das Buch oder besser der Autor hatte tatsächlich Vindasel erwähnt, welches vor langer Zeit eine Hochburg der alchemistischen Wissenschaft gewesen sein sollte. Vermutlich war das Ganze auch wieder nur der Einbildung eines weiteren Autors, welcher nach Berühmtheit lechzte, entsprungen, doch letztlich wusste man ja nie. Und da er sowieso hier in der Gegend war, würde es sicher nicht schaden dort vorbei zu schauen. Zwar war es mehr als unwahrscheinlich, dass noch irgendetwas als Spur dienen konnte, wenn denn da jemals etwas gewesen war, aber Elendil war schon so mancher falschen Spur gefolgt. Einmal mochte ja etwas Wahres daran sein. Er verließ sein Zimmer, stieg die Treppe hinab und bezahlte seine Rechnung. Dann verließ er endgültig das Tiber Septim, dass seiner, Elendils Meinung nach, durchaus zurecht den Ruf als erstes Hotel am Platz verdiente. Mit den Jahren hatte der Hochelf einen gewissen Luxus schätzen gelernt. Ein angenehmes Umfeld hatte doch etwas Beruhigendes.
Es war ein kühler, wolkenverhangener und windiger Nachmittag, als er durch die Stadt schritt. Allerdings war es gegenüber dem Klima von Bruma fast warm. Der Altmer verließ die Stadt und ging über die lange Brücke, vorbei an Waye und dem kalt glitzernden Rumare-See. Er hatte sich die Richtung, in welcher Vindasel lag, genauestens eingeprägt und da er ebenfalls über eine gute Kenntnis von Sonnenstand, Windrichtungen und wachsendem Moos verfügte, war er sich sicher, dass er die Ayleiden-Ruine bald erreichen würde. Gerüchten zufolge sollte vor etlichen Tagen eine Abenteurer-Gruppe in eben diese Richtung aufgebrochen sein. Eine ziemlich gemischte Abenteurer-Gruppe, der offenbar ein militärische Blechbüchse, zwei Dunmer, eine Bosmerin und ein Kaiserlicher angehörten. Elendil schüttelte sich innerlich bei dem Gedanken. Das Militär verabscheute er. Hohlköpfige Befehlsempfänger alle miteinander. Dunmer waren ihm sowieso ein Graus. Diese dämliche Rasse hatte nicht umsosnt ihre dunkle Hautfarbe bekommen und anstatt, dass sie sich schamvoll versteckten, traten sie oft mit einer Arroganz auf, als wären sie die Krone der Schöpfung. Und Bosmer? Die redeten wie ein Wasserfall und zumeist nur dummes Zeug. Und die Kaiserlichen? Zumeist auch nur Idioten. Die waren ja nicht mal fähig gewesen, Uriel Septim zu schützen. Mit so einer Leibwache und Elite-Einheit wie den Klingen braucht man auch keine Feinde mehr, dachte Elendil zynisch. Dann tat er das Ganze als belanglos ab und wandte seine Gedanken wieder verschiedenen Alchemie-Rezpten zu. Der Wind jagte eisig über das Land und unwillkürlich beschleunigte der Altmer seinen Schritt. So kam er am späten Nachmittag an der Ruine an. Nun ja, von außen sah sie aus wie jede andere Ayleiden-Ruine auch. Nämlich verfallen. Klägliche Überreste einstiger Pracht. Sicherheitshalber wirkte er einen Schild- und danach einen Lichtzauber. Dann betrat er seufzend Vindasel. Hoffentlich waren wenigstens diese Abenteurer nicht hier. Er konnte sich sehr gut denken, weswegen die gekommen waren. Um zu plündern. Wie alle Abenteurer, die zu faul für ein geordnetes ud der Wissenschaft gewidmetes Leben waren. Nun, wenn er Glück hatte, würde er ihnen nicht begegnen. Und wenn er ihnen begegnen würde, konnte er sie immer noch ignorieren. Und falls sie nicht gewillt waren sich ignorieren zu lassen, konnte ein netter kleiner Feuerball, richtig plaziert, auch noch Wunder wirken. Doch all das waren nur Überlegungen und hatten Zeit, bis so ein Fall eintreffen sollte.
Entschlossen schritt der Altmer die Stufen hinab und sah sich vorsichtig um. Ayleiden-Ruinen waren für ausgeklügelte Fallen bekannt und Elendil wusste auf einmal die Nützlichkeit von Sklaven zu schätzen. Die konnte man immerhin vorschicken und falls einer nicht überlebte, wusste man selbst, dass man besser einen anderen Weg wählen sollte.
Cyrodiil, Ayleidenruine Vindasel
Aurel starrte immer noch gebannt auf das in die Steintür eingemeißelte Augensymbol und erst Arwens Ankunft bei der kleinen Gruppe riss ihn aus seinen Gedanken.
Er drehte sich langsam zu seinen Gefährten um und schaute sie an. Und ihm wurde bewusst, dass er, nun wo sie offensichtlich den Eingang zu dem Aufbewahrungsort des Artefakts gefunden hatten, seinen Begleitern nicht länger die Steintafel, die ihr Auftraggeber ihm gegeben hatte, und die Gefahr, die vielleicht hinter der Tür lauerte, verschweigen durfte.
Sein Arm fing wieder an zu schmerzen, und Aurel betrachtete den Verband, den Kiara ihm angelegt hatte. Sein Blick wanderte zu der Waldelfe, und plötzlich durchströmte ihn ein Gefühl der Sorge. Nicht betreffs ihm, er machte sich Sorgen um die Bosmer, so unbegründet dies aufgrund der Kampfkünste der Elfe vielleicht auch war.
„Nun ja, Aurel“, dachte er innerlich selbst über sich lächelnd. „Nun weißt du ja, warum du wie ein Tölpel über Steinhäufchen stolpernd durch die Ruine gewankt bist. Du hast dich unabstreitbar in diese wunderbare Elfe verliebt. Sei froh, dass deine ehemaligen Legionskameraden dich nicht sehen können. Sie würden dich beim Besuch der nächsten Taverne den ganzen Abend damit aufziehen.“
Wieder ernst geworden erzählte er den anderen Abenteurern von der Tafel und der Inschrift darauf... „Erzürne den Wächter nicht, wenn du nicht Teil seiner Legionen werden willst“.
Er konnte an den Reaktionen seiner Begleiter nicht ablesen, was diese über die Nachricht auf der Steintafel dachten, aber Aurel konnte sich nach den überstandenen Gefahren in dieser unheimlichen Ayleidenruine nicht vorstellen, dass sie die Worte auf die leichte Schulter nehmen würden.
Während Aurels Schilderungen fiel sein Blick immer wieder auf das Augensymbol auf der Tür, als ihm plötzlich etwas auffiel, was er vorher nicht bemerkt hatte. Die Pupille des Auges stellte eine Vertiefung dar, und er schaute überrascht auf die Steintafel, die er zur Verdeutlichung seiner Worte an die Gefährten aus seinem Gepäck hervorgeholt hatte. Die Steintafel hatte genau die Form der Vertiefung in der Tür.
Aurel unterbrach seine Ausführungen und schritt wie hypnotisiert zu der Steintür. Langsam hob er die Tafel zu der Vertiefung und setzte sie in diese ein. Es ging mühelos, und Aurel hatte fast das Gefühl, als würde sie regelrecht in das Auge hineingezogen.
Er wartete gespannt... und nichts geschah.
Enttäuscht drehte er sich zu seinen Kameraden um.
„Entschuldigt, ich dachte, dass ich herausgefunden hätte, wie man diese Tür...“
Ein Knirschen ertönte. Metall und Stein rieben aufeinander, die ganze Ruine schien nur noch von diesem Geräusch erfüllt zu sein, und während Aurel sich erschrocken zur Tür, der Quelle dieses immer lauter werdenden Geräusches, umdrehte, nahm er wahr, wie diese sich langsam öffnete. Die Luft aus dem Vorraum, in dem sich die Gruppe befand, wurde durch die sich bildenden Ritzen entlang der Tür in die Kammer hinter dieser gesogen, und das Geräusch, das dabei entstand, hörte sich an, als würde irgendein großes, längst vergessenes Tier aus uralten Zeiten plötzlich wieder zum Leben erwachen und gierig seinen ersten Atemzug seit Äonen tun.
Dann schwang die Türe ganz auf, und das unheimliche Geräusch verebbte.
Instinktiv zog Aurel sein Schwert, und er hob seinen Schutzschild, denn er hatte noch etwas anderes gehört... trippelnde Schritte. Und noch während er seinen Begleitern eine Warnung zurufen wollte, kam eine Gestalt aus der Tür und trat in den Lichtschein der Fackeln.
Es war ein Goblin. Besser gesagt ein sehr alt und gebrechlich wirkender Goblin, der sich kaum auf den Beinen halten zu können schien, während er auf die verdutzten Abenteurer zutrippelte.
„Ah, endlich, Ihr habt lange gebraucht. Waren Vigor und Umriel böse zu Euch?“
Aurel ließ bei den krächzend klingenden Worten des greisen Goblins vor Überraschung sein Schwert sinken.
„Was?...“
„Vigor und Umriel, die beiden neuesten Diener des Herren. Ihr müsst entschuldigen. Sie sind noch nicht so lange in seinen Diensten und darum noch etwas verwirrt.“
Aurels Mund stand offen, und sein Anblick musste im Moment nicht gerade einen überlegenen oder intelligenten Eindruck machen.
Der Goblin versuchte so etwas wie ein Grinsen zustande zu bringen.
„Nun haltet keine Maulaffen feil und kommt schon herein. Ihr wollt doch zum Herren, nicht wahr? Er erwartet Euch.“
Überrascht folgten die Abenteurer dem Goblin, welcher wieder in der freigelegten Kammer verschwand. Und sie blieben bei dem Anblick, der sich ihnen bot, wiederum überrascht stehen.
Die Kammer schien nicht allzu groß zu sein, aber aufgrund der nicht vorhandenen Beleuchtung entlang der Wände, war dies schwer abzuschätzen. Der hintere Teil entzog sich ganz den Blicken der Gruppe und lag in tiefster Schwärze, aber in der Mitte des Raumes zog eine gewaltige, gedeckte Tafel die Blicke der Gefährten auf sich. Eine mit allerlei Leckereien und Getränken gedeckte Tafel, festlich beleuchtet durch einige Kerzenständer, und es befanden sich genau so viele Stühle an dem Tisch, wie die Abenteurergruppe Mitglieder umfasste.
Der Goblin wandte sich wieder an die Gruppe.
„Wohlan, setzt Euch. Wenn ich die Damen bitten dürfte. Arwen, Ihr bitte hier am hinteren Ende der Tafel, Kiara, Ihr neben Arwen. So... gut... und nun die Herren. Arton, wenn ich bitten darf...“. Arton wurde ein Platz gegenüber Kiara zugewiesen, und Aurel saß schließlich am weitesten vom hinteren, dunklen Teil der Halle entfernt auf seinem Platz an der Tafel.
Aufgrund der Überraschung hatten die Abenteurer sich widerspruchslos zu ihren Sitzplätzen führen lassen.
Aurel starrte den Goblin an.
„Du... du kennst unsere Namen?“
„Aber natürlich! Der Meister hat sie mir gesagt. Was ist, wollt Ihr nichts essen? Oooh... Essen... es muss so lecker sein.“
Ein sehnsüchtiger Ausdruck schien über das alte, zerfurchte Gesicht des Goblins zu huschen.
„Nicht? Das wäre schade um die Sachen. Sie sehen wirklich gut aus und...“
Ein Ruck fuhr durch den Körper der Kreatur.
„Oh, der Herr will jetzt mit Euch sprechen. Er sagt, dass er mich nicht mehr braucht. Er...“
Wieder schien ein Ruck den Goblin regelrecht herumzureißen, und Aurel nahm entsetzt wahr, dass die Furchen in der Haut des Wesens plötzlich tiefer zu werden schienen. Die Haut schien regelrecht aufzuplatzen, als würde eine plötzliche Verwesung einsetzen.
Der Goblin starrte Aurel an.
„Frei. Endlich. Er lässt mich gehen. Endlich...“
Seine Worte waren kaum noch zu verstehen.
„Frei. Ich danke Euch! Passt auf. Kämpft! Lasst Euch nicht...“
Ein erneuter Ruck ging durch den kleinen Körper des Goblins, welcher sich nun rasend schnell auflöste. Seine letzten Worte waren nur noch ein Flüstern:
„Sie gibt ihm Kraft... müsst sie... Ihr müsst... Krone...“
Die bemitleidenswerte Kreatur sank in sich zusammen, und der Zerfall endete erst, als nur noch ein matschiger Haufen von dem Goblin übrig war.
„Elendiger Wurm!“
Die Stimme, die nun ertönte war anders als die des Goblins. Kraftvoll, hallend, als würden tausend Stimmen in einer erklingen.
Die Köpfe der Abenteurer fuhren zum bisher dunklen Teil der Kammer herum, welcher plötzlich von einem Leuchten erfüllt war. Ein Leuchten, das gleichzeitig gleißend war und dennoch das Licht der Kerzen auf der Tafel in sich aufzusaugen schien, als sei das Leuchten in Wirklichkeit Schwärze.
Und sie sahen den Ausgangsort des seltsamen Lichtes. Ein Thron, auf welchem sich eine riesige, skelettähnliche Gestalt befand.
„Bei Talos, ein Lich!“ Aurels Gedanken überschlugen sich, während er die Gestalt des Untoten anstarrte, der einen schwarzgoldenen Brustpanzer über einer langen Robe trug.
Und ihm wurde etwas bewusst, was ihm als alten Soldaten viel früher hätte auffallen müssen. Die Abenteurer waren in taktischer Absicht an bestimmten Plätzen an der Tafel platziert worden. Ausgerechnet die Bogenschützin und die Magierin saßen am nächsten am Thron, während Aurel als gepanzerter Nahkämpfer am weitesten von diesem entfernt war.
Der Lich fuhr mit seiner dröhnenden Stimme fort.
„Diese erbärmliche Kreatur! Dieser Wurm! Aber ich werde bald bessere Diener haben. Euch! Schade, dass Euer Freund Euch verlassen hat. Betreffs ihm war ich am neugierigsten. Er hatte eine recht starke magische Aura... für einen Sterblichen. Und da war noch etwas, etwas Vertrautes. Dieser Schatten, der manchmal bei ihm war...
Aber egal, nun... DIENT MIR!“
Der Lich erhob sich, und die Lichtaura um ihn herum schien stärker zu werden, während er einen Zauberstab erhob...
Aurel fuhr von seinem Stuhl hoch und zückte sein Schwert, wobei sein Blick plötzlich auf einen glitzernden Gegenstand auf dem Schädel des schrecklichen Wesens gelenkt wurde, der kurz aufzublitzen schien.
Er versuchte so schnell wie möglich in die Nähe des Lichs zu kommen, während er seinen Gefährten zwei hastig gebrüllte Worte zurief:
„Seine Krone!“
...