God’s Channel
Donnie wechselte die Straßenseite, um sich in die Schatten der Reihenhäuser zu retten und stöhnte über die Hitze der prallenden Mittagssonne. Er hatte die Straße zur Hälfte überquert, als er hinter sich das Geräusch hastiger Schritte vernahm und sich danach umdrehte. Jemand kam aus einer Seitenstraße auf ihn zugelaufen, vielmehr: zugestürzt. Donnie konnte nur erkennen, dass es sich um einen Mann mittlerer Größe handelte. Als die Sonne sich darin spiegelte und ihn blendete, bemerkte er, dass in der Stirn des Mannes ein Stück glänzendes Metall stak und ein schmaler Streifen Blut in die rechte Braue gelaufen war. Der Mann schrie (und mit jeder Silber synchron schlug eine Münze neben ihm auf den Boden): „Es regnet – !“ und fiel vornüber, als er Donnie fast erreicht hatte. Sein Gesicht traf das Pflaster mit dem hässlichen Geräusch einer zerplatzenden Wassermelone. Blut floß in die Rillen des Kopfsteinpflasters und breitete sich rasch zu einem abstrakten Raster aus, in dem die Sonne reflektierte.
Donnie hatte das Geschehen mit dumpfem Interesse verfolgt. Jetzt fixierte er die regungslose Gestalt zu seinen Füßen: solide gebaut mit breiten Schultern, trug ein schwarzes Jacket mit dazu passender Hose, die stramm um seine rundlichen Beine saß, schwarze Lackschuhe. Das blonde Haar war mit Blut verklebt, das in der Sonne schnell getrocknet war, und lauter Münzen ragten aus der Kopfhaut. Donnie konnte mit all dem nichts anfangen. Er streckte die Hand aus: er wollte feststellen, ob es tatsächlich regnete. Eine Reflexion dicht vor seinen Augen blendete ihn, und Donnie schrie auf, als ein plötzlicher stechender Schmerz seine Hand durchfuhr. Entgeistert blickte er auf sie hinab und sah, dass eine Münze in der Handfläche stak. Er riß den Kopf zurück, um weitere Geschosse rechtzeitig auszumachen. Doch er starrte direkt in die Sonne und stand wie paralysiert da, als ihm innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde drei Münzen in die Stirn drangen, eine vierte ihm die Oberlippe aufriß, und eine fünfte sein rechtes Auge durchschlug. Blut und Gallert ergossen sich über sein Gesicht, und Donnie sackte auf der Straße zusammen.
„Was machen Sie denn da?“
Frank lehnte die Schaufel, mit der er den Ziegenstall ausgemistet hatte, gegen einen nahen Baum, verließ das Streichelgehege über die Kinderleiter und ging auf die alte Frau zu, die mit offener Börse an einem kleinen Teich stand. „Was machen Sie denn da?“, wiederholte er. Jetzt schien die Frau ihn gehört zu haben und drehte sich zu ihm um: „Ich wollte ein paar Geldstücke hier in den See werfen, auf dem Schild steht, das bringe Glück.“
„Nein“, erwiderte Frank, „der Teich mit dem Geld ist dort hinten, sehen Sie?“ Er zeigte es ihr. „Hier drin sind die …“ – er schaute auf das Schild und rief überrascht aus –: „Aha!“ Frank wendete sich zu dem Tümpel um, in den die Leute Geld werfen sollten, und an dem das Schild stehen sollte, das behauptete, dieses Verhalten bringe ihnen Glück. „Das haben wir gleich!“, versicherte er der alten Frau und begab sich mit ausufernden, schnellen Schritten, die, wenn es nach ihm gegangen wäre, wohl Kompetenz ausgestrahlt hätten, zu dem Tümpel und tauschte die Schilder aus.
„Ein Irrtum“, erklärte Frank fachmännisch, als er nach getaner Arbeit wieder bei der alten Frau stand. „Da wird sich irgend so ein Bengel wohl einen Spaß erlaubt haben, die Schilder zu vertauschen. Das hier ist nämlich, wie ich Ihnen erklären wollte, der Teich für die“, – er las das Schild, das nun an seinem angestammten Platz stand –, „Toxotes jaculatrix – Schützenfische. Das sind diese Fische, wissen Sie, die ihre Beute mit Wasserstrahlen von Blättern spucken können. – Nichts für ungut also!“, versicherte Frank und machte sich wieder ans Ausmisten.
