Zitat von elpede
"Ich gebe mich geschlagen, Söldnerführer", spottete elpede sanft lächelnd.
"Eure Weisheit ist schier unendlich. Ihr, der bis vor wenigen Tagen nicht von
meiner Existenz wusstet und ohne meine Erzählungen noch immer im Dunkeln tappen
würdet wie ein krankes Kagouti, seit sicher besser in der Lage, meine Handlungen
und Taten zu beurteilen, als jeder Mann, der auf Vvradenfell lebt,
einschließlich meiner selbst. Bemerkenswert an Eurem Urteil, das Ihr so weise
gefällt habt, ist vor allem die Tatsache, dass Ihr nicht einmal einen Bruchteil
meiner Taten kennt, geschweige denn die der Camonna Tong. Ihr wisst nur, was
euch der Mann auf der Straße erzählt - nicht mehr, und nicht weniger."
elpede lächelte noch immer sanftmütig und wohlwollend, was seinem Spott noch
dienlicher war. Jener Redoran, der vor ihm stand, war sicher ein Mann der Tat
und ein Mann, der wusste, wovon er sprach - aber sein Wissen war fehlerhaft,
lückenhaft oder schlicht nicht sein eigenes.
"Die Welt ist nicht schwarz und weiss, sondern grau, Redoran. Eure Argumentation
verbirgt Eure Gedanken und Gefühle nicht, so sehr Ihr Euch auch bemüht. Ich
werde Euch sagen, was in Eurem Kopf vorgeht. Ihr sucht fieberhaft nach einem
Grund, mich zu hassen. Ihr seht in mir die Reinkarnation und die Ursache allen
Übels, das sich auf Vvradenfell breit gemacht habt.
Es wäre fatal, wenn es mir gelänge, Euer in drei Jahrhunderten entstandenes
Weltbild einzureissen. Eure innerlichen Qualen lassen sich sicher noch steigern.
Es muss schwierig für Euch sein, zu vernehmen, dass das Tribunal nicht das ist,
was es vorgibt, zu sein. Schließlich ist die uneingeschränkte Loyalität
gegenüber dem Tempel eine der höchsten Tugenden im Haus Redoran, nicht wahr ?
Wer Zweifel an seiner Macht und an seinem Status ausspricht, wird ausgestoßen
und geächtet. Nicht einmal ein ehrenhaftes Duell vermag denjenigen zu retten und
ihm seine Angehörigkeit wiederzugeben.
Aber wisst Ihr, so naiv und blauäuig Ihr auch seit, eines mag stimmen. Die
Camonna Tong ist eine Organisation von Verbrechern. Doch ist sie dies nur nach
der Rechtssprechung des Kaisers. In vielen Bezirken dieser Insel gilt die
Rechtssprechung der Fürstenhäuser. Die Camonna Tong wird sowohl durch die
Redoran, als auch durch die Telvanni anerkannt und es werden seit Jahrhunderten
Geschäftsbeziehungen aufrecht erhalten, die so gar nicht zu Eurem Gerede passen.
Und noch etwas habt Ihr vergessen. Wir sind nicht die Camonna Tong. Ich will
Euch noch eine kleine Geschichte erzählen, auch wenn sie an Eurer Einstellung
nichts ändern wird, denn Ihr wollt mich hassen, weil ich in Euren Augen für die
Camonna Tong stehe. Euch ist es nie gelungen, jemanden zu finden, den Ihr
greifen konntet, an dem Ihr Euren Hass festmachen konntet. Heute jedoch glaubt
Ihr, jemanden gefunden zu haben, und Ihr krallt Euch daran fest, wie ein
Cliffracer sich an seine Beute krallt, wenn er sie erst erspäht hat.
Vor etwa 8 Jahren traf ich zum ersten Mal auf Herzog Drem. Ich erfuhr, dass
Orvas, sein Bruder, für den ich zu diesem Zeitpunkt längst arbeitete, eine
Tochter hatte, die sich von ihrem Vater fernhielt ob der Greueltaten, die er und
seine Camonna Tong vollbrachten. Ich hoffte, einen Schwachpunkt in der Familie
Dren zu finden und machte mich auf die Suche. Es gelang mir, sie aufspüren und
mit ihr zu sprechen. Natürlich erzählte ich ihr nicht alles, ich ließ sie
glauben, dass ich ein Mitglied der Camonna Tong sei, das aussteigen wollte. Sie
glaubte mir, schon alleine deshalb, weil ich sie sonst auf der Stelle hätte
töten müssen, denn auf ihren Kopf ist noch heute ein hohes Kopfgeld
ausgeschrieben, das ihr Vater, Orvas Dren, selbst ausgesetzt hat.
Ich weckte in ihr das Bedürfnis, etwas gegen die Geschäfte ihres Vaters zu
unternehmen, und versprach ihr, sie zu unterstützen. Und sie erzählte mir von
einem Khajit, der duch ihre Hilfe von der Plantage entkam und nun ein Geschäft
im Fremdenviertel betrieb. Gemeinsam mit ihm gründeten wir eine geheime
Organisation, deren Aufgabe darin bestand, Sklaven zu befreien und ihnen die
sichere Heimkehr in ihre Heimatländer zu ermöglichen. Eine Mission in Ebenerz
wurde im Geheimen von Herzog Drem genehmigt und erbaut. Die Mittel dazu
beschaffte ich aus der Schatzkammer der Hlaalu in Vivec, zu der ich als zweiter
Mann nach Orvas Dren natürlich Zugang habe.
Die Organisation arbeitete erfolgreich und wuchs. Schon nach kurzer Zeit war sie
groß genug, um nicht nur die Sklaven aus den Häusern ihrer Besitzer zu befreien,
sondern selbst die Sklavenhändler und ihre Transporte anzugreifen. Da Orvas Dren
mir die Aufgabe übertrug, eben jene Organisation zu finden und zu zerschlagen,
war es mir möglich, genau das zu verhindern. Natürlich waren dafür gewisse Opfer
erforderlich, aber das wurde in Kauf genommen. Auf einen Sklaven, der ein
solcher blieb, kamen zehn, die befreit werden konnten.
Ich hatte allerdings nicht mit dem gerechnet, was sich zutragen würde.. Wie
Ihr..", er nickte dem Bretonen zu, der ihm noch immer gegenüber saß und zuhörte.
"Wie Ihr sicher wisst, waren die Telvanni die größten Abnehmer von Sklaven. Doch
Orvas Dren konnte den Bedarf der Telvanni längst nicht mehr decken, und so griff
der damalige Erzmagister Gothren zu einer Maßnahme, die nicht nur höchst
illegal, sondern bis dahin auch verpönt war. Er ließ Leute auf offener Straße
entführen und versklaven. Waren es vorher Khajit ud Argonier gewesen, die in die
Sklaverei verkauft wurden, so drohte dies nun jedem, der sich in das Gebiet der
Telvanni wagte, gleich ob Bretonen, Rothwardronen, Hochelfen oder Bosmer. Die
Telvanni haben dies stets geleugnet und tun dies heute noch, aber ich habe mit
eigenen Augen gesehen, was sich unter dem Turm von Tel Mora abspielte.
Herzog Drem selbst schließlich verfügte, dass die Sklavenbefreiungen reduziert
werden mussten, denn im Kaiserreich wurden wieder Stimmen laut, die eine
vollständige Besatzung Vvradenfells und die Entmachtung und Auflösung der
Fürstenhäuser durch die kaiserliche Legion forderten. Ein Krieg drohte, doch er
konnte damals noch abgewendet werden."
elpede lehnte sich entspannt zurück und schloss für einen Moment seine Augen,
während er schwieg. Doch noch bevor jemand reagieren konnte, blickte er wieder
den Söldnerführer an.
"Und die Moral von der Geschichte : Die Welt ist nicht schwarz und weiss - sie
ist grau. Wenn Ihr nun noch immer der Auffassung seit, dass Ihr Euren
unbegründeten Hass aufrecht erhalten wollt - nur zu, ich werde Euch sicher nicht
daran hindern. Ihr dürft mich arrogant nennen, wenn Ihr wollt - aber ich habe zu
viel erlebt und gesehen, als dass ich mich von Euch belehren ließe über Recht
und Unrecht."
Damit war der Söldnerführer für den Dunkelelfen uninteressant. Er war nicht
wichtig, keiner von den dreien, die er eingeladen hatte, war wichtig. Verbündete
kamen und gingen, das Rad der Geschichte ließ sich davon nicht aufhalten.
elpede nahm wieder eines der Dwemer-Kurzschwerter in die Hand, wog es, spielte
fast ein wenig damit. Plötzlich fiel sein Blick auf jene beiden Krieger, die
noch immer regungslos an der Theken standen.
"Das Artefakt... ist es noch hier oder habt Ihr es bereits nach Suran bringen
lassen ?", fragte er.
"Es ist noch hier", die Antwort kam leise, Ehrfurcht schwang in der Stimme des
Kriegers mit. Der Zuhörer musste spüren, dass es sich hier um etwas besonderes
handeln musste.