Klassenfahrt nach Sonja und Fäkalstuff
„So so.“
„Ja, genau!“
Sie haben es verstanden! Brüllt er uns ins Ohr, der aufgeschlossenen Klasse, die, wie jeden Sommer, einen Abstecher in die örtliche Kläranlage macht um dort dem treiben der Fäkalien beim munteren Standard check zuzugucken.
„So funktioniert also eine Kläranlage!“
Kreischt die, inzwischen als hysterisch-begeistert zu bezeichnende, Klassenlehrerin, die nebenbei auch noch Physik und Chemie unterrichtet.
Ja, ja. Schon interessant, so eine Kläranlage. Man sollte sich tatsächlich überlegen, in eine Einzuziehen. Ist ja ein Technisches Wunder, sone Kläranlage. Scheiße rein, sauberes Wasser raus. Hat was Mystisches.
Wir gehen weiter. Ein paar Mädchen rümpfen selbst nach drei Stunden in diesem abscheulichen Gestank noch die Nase. Ne, echt mal. Man kann sich doch anales gewöhnen.
Ich bin dreizehn und ich sollte nicht an solchen Orten rumhängen, schießt es mir durch die Hirnhälften. Verdammt, wenn das meine Mutter wüsste. Guter Witz, weiß sie doch, aber interessiert es sie? Ja, sie war schließlich auch ganz begeistert. Kann ja sein, das ich paranoid bin, aber haben sich die Erwachsenen Autoritätspersonen zu einem furchtbaren Komplott hinreißen lassen, durch ihre uneingeschränkten Machtbefugnisse gefördert und schließlich in einem grenzenlos diabolischen Plan mündend?
Das alles macht mir Angst.
Sonja, die dicke aus der Parallelklasse, die mitfahren musste, weil sie letzte Woche in die Cafeteria gekotzt hat, guckt mir einen Moment lang in die Augen.
Ich erwidere den blick einen Moment lang und drehe mich anschließend zu unserer Führerin um.
„Hörn se ma, wo issn hier das Klo, hä?“
Ganz mieser Witz, aber für dich reichts noch, Meisterin der Flüssigscheiße. Frau Meise, unsere Lehrerin (eine Gattungsbeschreibung, die den von den intellektuellen erfundenen Begriff “Humanität“ grundsätzlich auszuschließen scheint) verzeiht das Gesicht, als wollte sie sagen: wir sehen uns noch, Thomas.
Sonja grinst mich an.
So hässlich ist sie eigentlich nicht. Und nicht so scheiße wie der Rest der Schule, glaube ich. Eigentlich ist sie sogar ganz hübsch.
Wir ziehen vorbei an Malenden Wasserkämmen, die scheinbar den Groben Dreck aus der Flüssigkeit filtern sollen, und betreten den Maschinenraum. Der Kapitän wirft uns einen stolzen Blick zu und Brüllt: JA! Das war also die Kläranlage Großöppenstedt! Hoffe, ihr habt was gelernt! Schön immer eure Hausaufgaben machen, Kinders!
Ich kann die Ausrufungszeichen förmlich riechen. Er ist son Asi.
Wir stehen vor dem Gebäude. Sollen jetzt nach Hause fahren und einen Aufsatz über das ganze schreiben.
Ich frage Sonja nach ner Kippe. Sie lächelt und meint: nur wenn du mir bei dem Aufsatz hilfst.
Weiß gar nicht, was alle haben. Sie is eigentlich auch gar nicht so Dick. Aber wenn man’s immer wieder hört. Was ich euch dreimal sage, ist wahr.
Ich hab dann genickt und bin mit ihr nach Haus gefahren. Die Kippe hab ich auch gekriegt.