Hui danke!
Du hast ja im Reissbrett von deinem destruktiven Perfektionismus gesprochen. Den habe (hoffentlich hatte) ich nun auch seit geraumer Zeit auch und das ist ein Text, bei dem ich sehr flüssig schreiben konnte und auch nicht so sehr auf Kleinigkeiten geachtet habe.
Umso besser für mich, dass du jetzt nochmal drüber gegangen bist, so kann ich kritische Stellen verbessern, ohne erst an ihnen verzweifeln zu müssen :).
Zitat:
Ein recht langer Satz, der sich trotz der Länge recht gut lesen läßt. Ich würde allerdings nicht von der Beschreibung des Zimmers/Zustandes zur Beschreibung von aktiver Handlung wechseln. Der Satz würde dann folgendermassen aussehen:
"Mein Zimmer, das heisst diesen Ungeruch atmen, der alle Gegenstände befällt, das heisst von Chaos umgeben zu sein, das dennoch nichts Neues birgt, wo alles immer gleich bleibt, nur Staub sich bildet und Ungeziefer aus der Wand kriecht."
Ich werde das lassen, weil es ja auch inhaltlich ein Unterschied zwischen Zustand des Zimmers und aktiver Prozess des Neuentstehens ist.
Zitat:
Hier würde ich das "ja" streichen. Das hat so etwas subjektiv wertendes. Die Stärke des Textes liegt aber mMn in der Neutralität gegenüber den Beschreibungen. Der Erzähler, erzählt, beschreibt nur. Er wertet nicht.
Werde ich ändern, habe an dem Ja auch schon rumgerätselt, aber deine Argumentation ist jetzt sehr schlüssig.
Zitat:
Dieser explizite Kausalzusammenhang, mit dem "weil" gefällt mir nicht ganz. Du überläßt ja die gesamte Wertung dem Leser, warum weißt du ihn dann hier direkt auf diese Kausalität hin? "Ich bleibe dann am Fenster sitzen, will mein Zimmer nicht sehen." Der Kausalzusammenhang ist genauso klar, aber nicht so offensichtlich geschildert.
Der Kontrast von "Bei Hitze" und "im Winter" ist zwar gegeben, aber "Im Sommer" und "im Winter" würde ihn verstärken. Die Formulierung ".. den Ventilator an meinem Rücken blasen" behagt mir auch nicht so ganz. Läßt du den Ventilator hinter deinem Rücken oder in deinen Rücken blasen? "An" hat mehr so etwas von danebenstehen, was als Richtungsangabe der Ventilatoraktivität mMn ein wenig unpassend ist.
"weil" habe ich entfernt, "Winter" durch "Kälte" ersetzt. Das mit dem Ventilator lasse ich. So wie mich jemand "an"-starren kann, kann mich der Ventilator auch "an"-blasen.
Zitat:
Du hast schon kurz vorher das Wort "draussen" benutzt. Eine Wiederholung die man vermeiden kann, benutze stattdessen "dort". Das explizite Erwähnen der Menschen ist meines Erachtens auch überflüssig. Es reicht wenn du nur "an anderen" schreibst. Ich würde vielleicht sogar zu "an ihnen" greifen.
"dort" habe ich sogar im unmittelbar anliegenden Satz schon benutzt. Ich habe deshalb das "draussen" einfach ersatzlos gestrichen. "an ihnen" habe ich übernommen und dafür am Anfang des nächsten Satzes statt "Diese Menschen" "Die anderen" gesetzt.
Zitat:
Du stellst hier einen Vergleich zwischen einer unbestimmten Person, die eine Zigarette raucht, und einer weiteren unbestimmten Person, die im Rauchen heimatlos ist, an. Wieso? Wieso vermutest du das heimatlos-sein nicht direkt an dieser unbestimmten Person? ".. rauch genussvoll, als ob sie im Rauchen heimatlos ist."
Ich mag meine Formulierung aus unnennbaren Gründen lieber ;).
Zitat:
Ich halte es für unwahrscheinlich, daß du dem Gewonnen den Ungeruch des Raumes aktiv gibst. Das wird ja wohl mehr ein passiver Vorgang sein, die Formulierung müßte man daher ändern.
"Jedes Mal komme ich schwer beladen heim, gebe dem Gewonnenen einen Platz im Chaos, es erhält den Ungeruch des Raumes."
Das Geben geschieht beim Bringen, welches aktiv ist. Keine Änderung.
Zitat:
Das Kausalwort "also" halte ich an dieser Stelle ebenso überflüssig, wie einige Zeilen darüber das "weil", Begründung möge man dort nachlesen. Der Schluss des Satzes "und trank aus dem überreichlichen Rhein." erscheint mir zu real für den Satz. Der Rest des Satzes ist gespickt mit Metaphern und Sinneseindrücken, die Nennung eines expliziten Flusses, macht das Trinken zu einer viel zu realen Handlung. Ersetze Rhein durch "Fluss" und der reale Bezug ist viel weniger deutlich. Falls tatsächlich die reale Handlung des Trinkens gemeint ist, hat sie in dem Satz nichts verloren. Streichen und eventuell im nächsten Satz unterbringen.
"also" habe ich gestrichen und an der Stelle auch einen neuen Satz begonnen.
Mit dem Rhein ist es nun etwas kompliziert. Der Text ist sehr persönlich... Und so wie ich von "mir" und nicht von "ihm" schreibe, schreibe ich vom Rhein und nicht von einem allgemeinen Fluss. Irgendwie gehört der Rhein einfach zu mir. Wohne zwar erst ein Jahr an ihm, überquere ihn aber täglich zu Fuss ;).
Btw. ich habe heute abend etwas geschrieben und darauf geachtet weder vom Rhein noch von Brücken zu schreiben und es hat tatsächlich geklappt :rolleyes:.
Zitat:
Dieses "wo" ist mir wieder zu explizit. Streichen.
Hmm... Also einfach ohne "wo" klingt es mir zu hölzern. Ich habe nachgedacht, ob
"Dann stieg ich auf die Brücke, dort kam mir jemand entgegen." eine Lösung wäre, aber das Ursprüngliche gefällt mir immer noch am besten.
Zitat:
".. der aber nur aus mir selber kam." Nene.. das können wir so nicht stehen lassen. Ist ja grausam. Du widersprichst dir in diesem Satz selbst, was im Gesamtkontext absolut keinen Sinn macht. Das "hinterliess" muss auf jeden Fall weg und auch dieses erklärhafte von "der aber.." muss weg. "Doch der Mensch ging geräuschlos durch mich hindurch, ein Schauer durchfuhr meinen Körper." Das der Schauer vom Erzähler selber kommt kann man sich eigentlich denken. Eine extra Erwähnung ist daher nicht notwenidg.
Der Satz drohte mir auch Kopfzerbrechen zu bereiten, worauf ich aber gar nicht einging. Naja, jetzt ist er doch noch was geworden, thx ^_^.
Und nochmal danke, es hat mir bestimmt nicht nur bei dem Text geholfen, sondern hat mir auch gezeigt, worauf ich in Zukunft mehr achten sollte.
@Valada: Sorry, dass ich erst so spät antworte, aber auch dir vielen Dank für's Lesen und dich Äussern!
Das kluge Wort hast du wahrscheinlich deshalb nicht gefunden, weil es in meinem Zimmer, bevor ich es hätte aufschreiben können, plötzlich recht banal klang ;).
Dass jemand wegen der Zigarette und nicht weil er/sie die Zigarette rauchen will hinausgeht, ist natürlich nicht sehr sinnvoll. Was ich hier beschrieben habe, ist ein Sachverhalt, der mir in so aufgefallen ist und den ich anders nicht äussern kann.
Auch mir ist mein Zimmer sehr wichtig. Oftmals stand das Draussen in diesem Text ja auch nicht für das, was ausserhalb von meinem realen Zimmer ist ;).
Zu der Passage über dein Zimmer sage ich nur: sehr schön :).
@Nemo's Goddess: wir haben ja schon alles geklärt, oder? ;)
@Hobbit: Ich bin Unschuldig, ich habe das Buch vor Jahren gelesen und auf Englisch :D.
nochmal @MagicMagor: Hab mir grad gedacht, dass es nicht viel bringt, wenn du den dritten Link im Reissbrett auch anschaust, die Geschichte ist so viel Mühe gar nicht wert. Das Gedicht von Javier und mir könnte einen Kommentar aber schon mal gut vertragen!