Ist ja schon bald ein Monat her, dass ich das gelesen habe, ein direkter Vergleich der beiden Versionen kannst du also nicht mehr erwarten ;).
Dass du den Prolog weggelassen hast, finde ich gut.
Ich schreibe nun wieder alles raus, was mir negativ aufgefallen ist... Kann aber sein, dass dabei auch Dinge sind, die schon bei der älteren Version waren und von mir übersehen wurden.
Zitat:
Funkelnde Lichter durchziehen die Stadt wie ein Netz
Schon besser, allerdings klingt das jetzt für mich so, als würden die Lichter einen Umzug machen. "Lichterketten", wäre mein Vorschlag.
Zitat:
Der Tropfen fällt weiter herab, die Stadt unter ihm, sich ihm entgegenstreckend, sich öffnend wie der Schoß eines dreckigen, verdorbenen Dämons, das Wasser verschlingend, als der Tropfen im Dunkel der Schatten verschwindet, nur noch wenige Meter vom Boden entfernt an einem Hochhaus vorbei stürzt, in dessen Fenstern fahle Lichter leuchten und den Blick auf Gewalt, Enttäuschung, Angst und Verzweiflung freigeben.
Den Satz mag ich noch immer überhaupt nicht, auch weil er falsch ist. "Die Stadt unter ihm" ist zwar Subjekt, hat aber kein finites Verb.
Mein Vorschlag: [...]die Stadt unter ihm streckt sich ihm entgegen, sich öffnend wie der Schoß eines dreckigen, verdorbenen Dämons, das Wasser verschlingend[...]
Wenn man diesen Teil ausklammert bekommt man: "Der Tropfen fällt weiter herab [...] als der Tropfen im Dunkel der Schatten verschwindet [...]"
Solltest du unbedingt ändern.
Dann:
"nur noch wenige Meter vom Boden entfernt an einem Hochhaus vorbei stürzt"
Der Tropfen kann ja wohl gar nicht anders, als davor schon einige Stockwerke am Hochhaus entlang geschossen zu sein. Deshalb finde ich die Beschreibung ziemlich mies.
Ich würde den gesamten Satz neu formulieren und ihn vielleicht auch in mehrere Sätze aufteilen.
Zitat:
Auf Kinder, die sich beim Streit ihrer Eltern die Ohren zuhalten, um in eine bessere Welt zu flüchten, auf einen Mann, der eine Waffe anstarrt, und versucht, mit dem Leben abzuschließen.
Ich mag es nicht, dass du hier so extreme Beispiele bringst. Auch in einer solchen Welt gibt es einen Alltag... kinder halten sich nicht dauernd die Ohren zu und Erwachsene machen grösstenteils etwas anderes als Streiten oder Suizid. Die Beschreibung von weniger krassen Situationen hätte hier das trostlose Bild eher verstärken können, als etwas, das mir einfach nicht real vorkommt.
Zitat:
auf einer endlosen, schattigen Straße, in der das Licht verschluckt zu sein scheint. Der Tropfen fällt weiter, und ein Schatten fällt durch ihn hindurch
1. fällt das Wort "fällt" ein bisschen oft für meinen Geschmack.
2. Wo das Licht verschluckt ist, fällt kein Schatten.
Zitat:
Das verpasste ihr einen weiteren, positiven Gedanken.
Ich mag den Satz einfach nicht.
Mein Gesamteindruck: Ein Endzeitszenario wie viele andere, mit dem obligatorischen Psycho, der in einer dunklen Ecke lauert. Ich glaube ohne den Psycho würde es mir bisher wesentlich besser gefallen. Was hier der "philosopische" Teil genannt wird, mag ich überhaupt nicht, da es für mich eigentlich bloss überladene Beschreibungen ohne Sinn sind. Davon (und von den zitierten Sätzen) abgesehen ist der Schreibstil eigentlich ziemlich solide.
Die Lehrerin gefällt mir auch. Ihre Naivität macht sie sympathisch und bemitleidenswert. Ihre Gefühlslage ist grösstenteils nachvollziehbar.
Ansonsten: Schreib weiter, vielleicht überzeugst du mich dann auch noch von der Notwendigkeit eines Psychos oder zeigst mir, dass deine Stadt mehr als das Übliche drauf hat ;).