Review Thread #1 - The Warm Up
Hallo allerseits,
da ich sehr gerne schreibe und auch sehr gerne Musik höre (wer nicht?), habe ich mir überlegt, mal einen Review-Thread aufzumachen. Leider ist das Review-Forum ja schon lange tot und auch sonst werden hier nur sehr selten Reviews gepostet. Wer jetzt wieder sagt, Reviews bringen nichts und sind ein veraltetes Instrument, um Musik an den Mann oder die Frau zu bringen, soll die Klappe halten. Ganz einfach. Als es das Review-Forum noch gab, habe ich sehr gerne Reviews geschrieben (ich glaube Trigaram und ich waren praktisch die einzigen) und selbstverständlich tue ich das immer noch. Ausserdem habe ich an der Anzahl Klicks gesehen, dass meine Reviews immer sehr gut besucht waren, das freute mich natürlich enorm. Auch haben mir einige Leute gesagt, dass sie durch meine Reviews auf Alben aufmerksam geworden sind, die sie sich danach gekauft haben.
Ich werde hier nur Alben reviewen, die mir gefallen und die ich geil finde. Ein Drecksalbum zu beschreiben, wie Scheisse es ist etc., dafür ist mir meine Zeit mittlerweile zu schade. Ich werde in diesem Thread ungefähr wöchentlich ein neues Album vorstellen. Selbstverständlich könnt ihr mir Feedback geben, vielleicht stosst ihr durch diesen Thread auf neue Musik, die euch sogar gefällt, oder ihr findet ein Album, dass ich reviewt habe, total Kacke, aus diesem und diesem Grund usw. Aber hauptsächlich geht es mir einfach darum, meine Freude am Schreiben und der Musik auszuleben und wenn dabei jemand noch ein Goldstück findet, dass er in seine heimische Plattensammlung stellen kann, ist doch sowieso alles paletti, oder? Also dann, auf viele Reviews und macht's gut,
euer D-M
p.s.: Erstes Review folgt im Laufe des Tages.
p.p.s.: Selbstverständlich dürft ihr auch eure eigenen Reviews hier einstellen, wenn ihr Lust dazu habt.
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- Genre: Alternative
- Produzent: Johnny K
- Release: 13.09.2011
- Gesamtlänge: 42:10
- Bewertung: 8/10
Review
Glatte 10 Jahre ist es her, dass Staind mit ihrem dritten Album „Break The Cycle“ (2001) und den dazugehörigen Singles „It’s been awhile“, „Outside“ und „For You“ zu Weltstars geworden sind. Die danach veröffentlichten Alben konnten diesen Status zwar in den USA weiterhin bestätigen, blieben beim Rest der Welt mit eher mittelmäßigem Interesse bedacht.
Das schlicht „Staind“ betitelte siebte Album soll der Band aus den USA auch außerhalb ihrer Heimat wieder mehr Geltung verschaffen und das mit derart rabiaten Mitteln, die man so lange nicht mehr von der Band gehört hat.
Bereits die Eröffnungsnummer „Eyes wide open“ lässt einen gespannt aufhorchen; in einer derart aggressiven und angepissten Grundstimmung – und gleichzeitig wieder mitreißend und einprägsam im Refrain – hat man die Band seit Jahren nicht mehr gehört. Die Riffs brettern wie wild und Aaron Lewis packt mal wieder sein Gebrüll aus, das man so zuletzt auf „Dysfunction“ (1999) erleben durfte.
Und die Richtung, die der erste Song vorgibt, wird bis zum letzten Song auch konsequent durchgezogen. Mal geht es mit etwas mehr melodischem Anteil zur Sache („Not Again“, „Throw It All Away“), mal werden auch Genrekollegen zitiert („Failing“, der ein wenig an Alice In Chains erinnert) oder einfach nur ohne Kompromisse abgerockt („Now“). Dabei vergisst die Band niemals ihre Stärken und die sind neben den harten Riffs auch einprägsame Melodien, authentisch transportierte Emotionen und die großen Refrains zum Mitsingen. Jeder der 10 Songs ist mit solch einer Melodie und solch einem Refrain gesegnet, die mal schneller, mal langsamer zünden; so bleibt „Eyes Wide Open“ direkt nach dem ersten Durchgang im Kopf hängen, während man sich in Stücke wie das düstere „Wannabe“ oder das drückende „Take A Breath“ reinhören muss. Das Tempo der neuen Songs bewegt sich dabei in einem recht übersichtlichen Bereich zwischen mittlerem Tempo und ein wenig schneller als mittleres Tempo. Das lässt die Stücke über kurz oder lang ein wenig gleichförmig erscheinen, lediglich „Something To Remind You“ kann als einzige des Albums Ballade hervorstechen. Dennoch kann sich das Album hören lassen, denn sowohl handwerklich wie produktionstechnisch wissen Staind ganz genau, was sie wollen. Gitarrist Mike Mushok überzeugt auf ganzer Linie mit seinem Spiel und den feinen Soli, die wohl dosiert über das Album verteilt sind und Bassist Johnny April liefert pumpende Rhythmen und Grooves zum Mitwippen, während Schlagzeuger Jon Wysocki bei seinem letzten Album für Staind wieder einen hervorragenden Job macht (Wysocki verließ die Band nach Abschluss der Aufnahmen – Anm. d. A.). Aber am Erstaunlichsten jedoch ist wieder einmal die Wandlungsfähigkeit der Stimme von Aaron Lewis. Während er auf dem letzten Album („Illusion Of Progress“, 2008 ) eher in den melancholischen Gefilden unterwegs war, bietet er auf „Staind“ sein vollständiges Gesangsspektrum auf. Von wütendem Geschrei über melodischen Gesang bis hin zu aggressiven Brüllen tobt sich der Sänger komplett aus und bindet seine Stimme wie so oft als eigenständiges Instrument ein.
Doch so sehr man sich darüber freuen kann, dass mit „Staind“ die rockigen Wurzeln der Band wieder offengelegt wurden, so sehr muss man sich auch der Tatsache stellen, dass die Songs allesamt recht austauschbar wirken. Als Anhänger der Band dürfte einen diese Tatsache wohl wenig interessieren.
Mit „Staind“ vollzieht die Band beinahe eine Wendung um 180° und demonstriert eindrucksvoll, dass sie es nicht verlernt haben, richtige Bretter unters Volk zu bringen. Den Erfolg ihres Megasellers von 2001 werden sie damit wohl kaum erreichen, doch „Staind“ sollte zumindest das Zeug dazu haben, die Band auch dem Rest der Welt wieder in Erinnerung zu rufen.
Tracklist
1. Eyes Wide Open (03:30)
2. Not Again (04:34)
3. Failing (05:26)
4. Wannabe (03:49)
5. Throw It All Away (04:24)
6. Take A Breath (03:56)
7. The Bottom (04:15)
8. Now (03:44)
9. Paper Wings (04:23)
10. Something To Remind You (04:07)
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- Genre: New Metal / Alternative Rock
- Produzent: Nick Raskulinecz
- Release: 11.10.2011
- Gesamtlänge: 47:15
- Bewertung: 8/10
Review
Mit „Fallen“ (2003) katapultierte sich die Band Evanescence aus dem Untergrund direkt in die großen Hallen dieser Welt. Das ambitionierte und durch den Ausstieg von Gründungsmitglied und Songwriter Ben Moody beeinflusste Nachfolgewerk „The Open Door“ (2006) konnte an diesen Erfolg nicht anknüpfen und so schien sich die Band um Sängern Amy Lee wieder in den Untergrund zurückgezogen zu haben. So dachte man, doch nun steht mit „Evanescence“ ein neues Album der Gruppe aus Little Rock (Arkansas) ins Haus, auf dem man versucht, die Glanztaten vergangener Zeiten in die Gegenwart zu überführen.
Die Stilistik oder die musikalischen Mittel, die bereits ihr Erfolgsalbum mit einigen unwiderstehlichen Songs bestückt haben, werden auch auf der dritten offiziellen Veröffentlichung zur Rate gezogen. Das bedeutet also wieder geradlinige Rocksongs, einige ruhige und vom Piano getragene Momente und ganz viel Eingängigkeit. Gleichzeitig wurden die über weite Strecken wie Fremdkörper wirkenden Kompositionen des Vorgängers von 2006 dankenswerter Weise in der Schublade behalten, so dass sich Evanecnece wieder im vollen Umfang auf das konzentrieren, was sie einst so berühmt gemacht hat. So klingen Titel wie „The Change“, „My Heart Is Broken“, die sich langsam steigernde Ballade „Lost In Paradise“, das mitreißende „Oceans“ oder der ruhige Albumabschluss „Swimming Home“ wie von ihrem Debüt und vereinen eben jene genannten Markenzeichen, jedoch ohne dabei eine ähnlich hohe Ohrwurmqualität aufzuweisen. Interessanter sind da schon Stücke wie die Eröffnungsnummer und erste Single „What You Want“, das mit einem unheimlich energischen Schlagzeugspiel und einer dezenten Referenzen an Depeche Mode beginnt und sich über eine ausladende Bridge in einen großartigen Refrain steigert. Hier zeigt das Quintett, dass es noch immer in der Lage ist, tolle Songs und vor allem starke Hits zu schreiben (alleine das grandiose Finale von „What You Want“ verursacht Gänsehaut). „Erase This“ hingegen lebt vor allem von dem dynamischen Mitwirken des Pianos, das erfrischender Weise nicht in einem melancholischen oder wehklagenden Song zum Einsatz kommt, sondern gleichwertig mit dem Rest der Band einen leicht epischen Song rockt. In diesen Momenten zeigt die Band ihre eigentliche Klasse, wenn sie aus ihren eigenen Konstrukt ausbricht und neue Dinge ausprobiert. Dazu gehört die Rückkehr zu mehr Härte, die man vor allem in dem mit leicht schleppenden Riffs beginnenden „Made Of Stone“, dem rhythmisch groovenden „The Other Side“ oder „The End Of The Dream“ mit seinem epischen Refrain hören kann. Und wenn eine Band sich wagt, in einem Song wie „Sick“ die Kanadier von The Birthday Massacre zu zitieren macht eindeutig klar, dass sie eh nichts zu verlieren haben.
„Evanescence“ versprüht eine angenehme Frische und Leichtigkeit, die dem Vorgängeralbum an so vielen Stellen gefehlt hat. War „The Open Door“ so etwas wie eine Findungsphase, so hat sich die Band mit ihrem dritten Album etabliert. Auf instrumentaler Ebene gibt es eigentlich kaum etwas, was man ankreiden könnte; die Riffs sind knackig, die Melodien eingängig, der Groove hat sogar noch um einiges zulegen können und die Stimme von Amy Lee passt wieder fabelhaft zu den Stücken. Das Einzige, was man der Sängerin ankreiden kann ist die wenige Abwechslung in ihrem Gesang; auf „Fallen“ oder auf dem Demo „Origin“ bewegte sich die gute Frau stimmlich auch mal in etwas tiefer gelegenen Gefilden oder nahm bedrohliche Klangfarben an. Auf „Evanescence“ pendelt der Gesang zwischen pathetisch, normal und melancholisch. Doch angesichts der durchweg starken 12 neuen Stücke dürfte dieser Punkt Jammern auf wirklich hohem Niveau darstellen.
Das dritte Album ist also einer Art Befreiungsschlag gleichgekommen und die schlichte Betitelung „Evanescence“ scheint darauf hinzudeuten, dass die Band nunmehr ihren eigenen Stil gefunden hat. Der unterscheidet sich zwar nur marginal von dem, was man bereits 2003 von ihnen gehört hat, doch unterm Strich haben sie es wieder geschafft, einige wirklich gute Songs zu kreieren.
Tracklist
1. What You Want (03:41)
2. Made of Stone (03:33)
3. The Change (03:42)
4. My Heart Is Broken (04:29)
5. The Other Side (04:05)
6. Erase This (03:55)
7. Lost in Paradise (04:42)
8. Sick (03:30)
9. End of the Dream (03:49)
10. Oceans (03:38 )
11. Never Go Back (04:27)
12. Swimming Home (03:43)