Szene am Bahnhof

Ich habe vor einigen Wochen am Hamburger Hauptbahnhof eine Szene beobachtet, die mir vorkam, als entstamme sie direkt einem Stück von Zuckmayer oder einem Kollegen. Ich dachte mir: "Wenn das Leben dir eine solche Szene schenkt, musst du sie aufschreiben!" und habe das sofort getan. Bei einigen Detailfragen wie Namen oder den genauen Strafen im Hamburger Hauptbahnhof musste ich etwas improvisieren, weil ich mir das nicht ganz genau merken konnte, bzw. selbstverständlich keine echten Namen aufschreiben konnte, aber im großen und ganzen hat sich das so zugetragen.



(Ein Obdachloser, Freddy, durchsucht einen Mülleimer am Hamburger Hauptbahnhof nach Flaschen. Zwei DB Sicherheitsleute, Sicherheitsmann 1 und Sicherheitsmann 2, treten auf.)

Sicherheitsmann 1: Guten Tag. Lassen Sie das bitte sein, Mülleimer durchsuchen ist hier verboten.

Freddy: Okay, ich hör auf. (Will gehen)

S-Mann 1: Halt, halt, halt! Ich möchte bitte einmal Ihren Ausweis sehen, ob Sie vielleicht schon Hausverbot haben.

(S-Mann 2 geht einen Meter nach hinten und überblickt die Situation.)

Freddy: Meinen Ausweis, na toll. Sicher, können Sie haben, hier ... (Er kramt sein Portemonnaie hervor und öffnet es. Dann holt er umständlich einen Zettelwulst heraus und fischt daraus seinen Personalausweis. Er reicht ihn dem Sicherheitsmann.) Bitteschön. Ich hätte dann hier noch ...

S-Mann 1: Danke. (Zückt sein Handy und wählt eine Nummer.)

Freddy: Ich hätte hier noch andere Papiere, wenn Sie ...

S-Mann 1: (Freddy ignorierend) Hallo? Ja, Fritz, du, also ich habe hier einen, äh, Fred Otto Kaufmann (entfernt sich etwas, redet weiter, unverständlich für den Zuschauer.)

Freddy: (Zu einer Passantin) So einen Terz zu machen! Ich hab doch nur nach Pfand gesucht! Das haben die Leute doch weggeschmissen, die brauchen das doch gar nicht.

S-Mann 2: Das hat Sie nicht zu interessieren, das ist laut den Regeln der Deutschen Bahn ...

Freddy: Oh, das Geld würd’ mich schon interessieren. Ich kann’s brauchen. Die Anderen offenbar nicht.

S-Mann 2: (Lauter, energischer) Laut den Regeln der Deutschen Bahn ist das verboten! Wenn das alle machen würden ...

Freddy: Das ist es ja! Das machen ja alle! Und keinem tut das weh!

S-Mann 2: (Entnervt) Ja, ja ... Außerdem sollten Sie auch mal an Ihre Gesundheit denken. Hier schmeißen zum Beispiel Junkies ihre Nadeln weg. Wenn Sie da rein fassen können Sie eventuell Aids kriegen.

Freddy: Na und? Ich hab schon HIV! Da musste ich nicht mal `n Junky für sein. Das hab ich mir schon vor über zwanzig Jahren eingefangen, von so `ner blöden Fotze.

(S-Mann 2 ist kurz sprachlos. S-Mann 1 kommt zurück.)

S-Mann 1: Also Herr Kaufmann. Bisher haben Sie kein Hausverbot hier. Aber ich erteile Ihnen hiermit eine Verwarnung. Bei drei Verwarnungen gibt’s Hausverbot und jeder weitere Aufenthalt hier kann zu einer Geldstrafe von bis zu hundert Euro führen.

Freddy: Ja, ja, leckt mich doch. (Dreht sich um und geht)

S-Mann 1: Wie war das? (Ruft ihm hinterher) Das ist dann jetzt die zweite Verwarnung Herr Kaufmann, ja?

(Freddy ab)

S-Mann 2: Dass die immer so uneinsichtig sein müssen ...

S-Mann 1: Unverschämtes Pack!

Genial :-)

Denk dir ne Umfangreiche Rahmenhandlung aus, und bau diese Szene ein ! http://1.1.1.5/bmi/209.85.117.197/12...7404/e7404.gif

gut zusammengefasst. wenn man mit offenen augen durch die welt geht, bekommt man tatsächlich viele dinge mit, die einem verborgen bleiben. sie zu verschließen, finden jedoch zu viele einfacher.

Ja, könnte tatsächlich aus einem Stück sein, aber eben nur "aus" einem Stück. Die unterschiedlichen Sichtweisen der Situation werden gut deutlich. Als Ganzes in dieser Form fehlt dem Text allerdings die Pointe oder die obskure Banalität (die Standpunkte, und speziell letzten beiden Sätze reichen dafür imho nicht aus), um wirklich allein stehen zu können.

Trotzdem schöne Idee! :)

mir gefällt es auch gut.
Und: ich hatte tatsächlich mal die selbe Idee :o