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welt1
31.07.2007, 09:41
Die Sterne über dem Nebel

Meine Geschichte beginnt mit dem Sonnenuntergang eines warmen Oktobertages vor einigen Jahren. Es war ein Altweibersommer, die Tage länger als gewöhnlich, die Nächte sternenklar, wärmer als man es bei einem Blick auf den Kalender erwarten würde. Ich beobachtete den Untergang des wärmespendenden Himmelskörpers von einer idyllischen Wiese in der Nähe des Hauses, in dem ich wohnte, auf einem alten Baumstamm sitzend. Ich erinnerte mich, wie ich als junges Kind in den hohlen Stamm kroch, beim Versteckspiel durch eines der Astlöcher meine suchenden Freunde beobachtete. Ich seufzte, lehnte mich zurück, dachte an die unbeschwerten Kindertage zurück. Durch eines der Astlöcher griff ich in den Stamm, holte die Schachtel Zigaretten hervor, die ich vor Jahren gekauft hatte und zusammen mit einem Feuerzeug für Notfälle versteckt hielt. In der Schachtel befanden sich noch sieben Zigaretten als ich sie aus dem hohlen Stamm holte.

Als die Sonne verschwunden war, der Himmel dem Mond und seinen Sternen gehörte, saß ich noch immer auf meinem Platz inmitten der Wiese, beobachtete das Treiben der Natur. Es fiel mir leicht, dort zu sitzen, über die Vergangenheit, die Gegenwart, die Zukunft nachzudenken während ich die dritte Zigarette rauchte. An jenem Abend rauchte ich mehr als im ganzen vorausgegangenen Jahr. Doch ich dachte nicht darüber nach. Meine Gedanken widmete ich wichtigeren Dingen. Ich beobachtete einen kleinen Hasen, der über die Wiese sprang, sich auf die Suche nach seiner Partnerin machte. Ich lauschte einem Kauz, der in einem Baum nahe meiner Position saß, seine charakteristischen Laute in die Nacht schrie. Mein Blick folgte kurz einer Fledermaus, die auf der Jagd nach Insekten schnell, zielsicher durch die Luft flog, in der Dunkelheit kaum zu sehen.
Ich erinnere mich nicht, wie lange ich dort saß, bevor ich schließlich dem Teufel begegnete. Es war dunkel, ich hatte eine weitere Zigarette zwischen meinen Fingern, da stand er plötzlich hinter mir, dann vor mir. Er trug schwarze Kleidung, gepflegt, die Haare mittellang, über die Ohren gekämmt. Seine Augen blutrot, katzenartig. Die Mundwinkel zu einem freundlichen Lächeln verzogen. Umhüllt von Nebel sah er mich an, sah ich ihn an. Die Wärme jener Nacht eines wundervollen Altweibersommers wurde durch eine Kälte entzweit, die vermutlich aus meiner inneren Unsicherheit hervorkroch, nicht wirklich existent. Der Nebel jedoch war real, ich sah ihn deutlich. Er folgte dem Teufel wie ein treuer Schoßhund.

„Du weißt“, sagte der Teufel zu mir, „dass du großes Glück hast, mich heute Nacht zu treffen.“
„Glück?“ fragte ich.
„Sicher doch!“ versicherte er mir, „Wer mich bei Nacht trifft, dem erfülle ich einen Wunsch. Jeden Wunsch, den du nur haben kannst. Du musst es nur aussprechen. Doch nur einen an der Zahl, nicht drei wie bei den Flaschengeistern.“
„Dann wünsche ich mir, dass der Nebel verschwindet. Ich will die Sterne wieder sehen können“, sagte ich.

Der Nebel verzog sich, langsamer als er gekommen war, doch schneller als ich es erwartet hatte. Ich schaute auf, am Himmel waren jedoch keine Sterne zu sehen. Auch nicht, als kein Nebel mehr zu sehen war. Bewölkt, kalt, ein Tag, der nicht zu dem Altweibersommer gehörte, den zu genießen ich auf die Wiese gegangen war. Eher ein Tag, wie man ihn dem Oktober normalerweise zurechnen würde. Ich suchte den Teufel, mich zu beschweren über die mangelhafte Erfüllung meines Wunsches, doch ich fand ihn nicht. Mit dem Nebel war auch er verschwunden, mit ihm das Schöne der Nacht. Die Sterne waren nicht das einzige, was fehlte. Es fehlten der Hase, den ich beobachtet hatte. Es fehlte der Kauz, dem ich gelauscht hatte. Es fehlte die Fledermaus, der ich mit meinem Blick zu folgen versucht hatte. Es fehlt alles, was mich an jener Nacht fasziniert hatte, ich wußte, der Teufel hatte mich betrogen.
Ich ging zurück zu meinem Baumstamm, holte meine Schachtel mit den Zigaretten hervor, zündete die letzte an. Ich sah zum Himmel, doch noch immer waren keine Sterne zu sehen. Wolken, überall, soweit das Auge sehen konnte. Der lauwarme Sommerwind war einer kühlen Brise gewichen. Ich fror, während ich die letzte Zigarette rauchte.

Meine Geschichte endet mit dem Sonnenaufgang eines kalten Oktobertages vor einigen Jahren. Doch noch bevor der erste Sonnenstrahl am Horizont erschienen war, war ich gestorben. Ich fiel von dem Baumstamm, auf dem ich die Nacht über gesessen hatte in das feuchte Gras, war sofort tot. Der einzige Aspekt, der das idyllische Gesamtbild störte, waren meine weit geöffneten Augen. Doch ich wollte sie in der Hoffnung nicht schließen, noch einen Stern am Nachthimmel finden zu können. Der Tau glänzte in den ersten Sonnenstrahlen, wärmte die Welt ein wenig auf, als ich die Wiese verließ.

Liferipper
01.08.2007, 08:37
Was ein Bann (waren es nicht sogar mehrere?) doch bewirken kann... Mir gefällt der neue MP.

welt1
01.08.2007, 10:46
danke fürs lesen.

auch wenn ich nicht ganz weiss, worauf du hinaus willst :D

Lonegunman81
01.08.2007, 15:25
Ich dachte auch schon an M-P, aber das KANN nicht sein, dafür ist er zu freundlich und nimmt sich bei Kritiken grottiger Sachen zuviel Zeit! ^^
Kann nicht sein!

@ Geschichte: Muss ich noch richtig lesen, sorry! ;)

Hänsel
09.08.2007, 19:44
Deine Geschichte gefällt mir, auch wenns an der ein oder anderen Stelle noch meiner Ansicht nach hakt. Das mir den Zigaretten ist sehr schön, aber übergroß im Vergleich zur eigentlichen Story.


Der einzige Aspekt, der das idyllische Gesamtbild störte, waren meine weit geöffneten Augen. Doch ich wollte sie in der Hoffnung nicht schließen, noch einen Stern am Nachthimmel finden zu können. Der Tau glänzte in den ersten Sonnenstrahlen, wärmte die Welt ein wenig auf, als ich die Wiese verließ.

das ist mir nur noch aufgefallen, aber ich halte es für wichtig genug- es ist was Allgemeingültiges: Mit dem Adjektiv "idyllisch" und dem "Gesamtbild" zerstörst du hier so viel. Die drei Sätze sind herrlich, aber überlass doch die Wertung dem Leser. Und Zynismus brauchst du da wirklich nicht.

Topp
10.08.2007, 01:27
Meine Anerkennung, die Geschichte ist besser als der Titel vermuten lässt...

Es liest sich sehr schön, und wie beiläufig du den Teufel erscheinen und wieder abtreten lässt ist auch wirklich beeindruckend.
Ein wenig nervig ist bloß, dass du konsequent auf den Plusquamperfekt verzichtest, wo er stehen muss. Mit seiner Kindheitserinnerung ist das noch nicht so schlimm, da könnte man das als stilistischen Effekt verstehen, um die Erinnerung lebhafter zu gestalten - auch, wenn es nicht ganz grammatisch richtig ist.
Aber später sind es wirklich schlichtweg Fehler, von denen deine Geschichte sonst erfreulich frei ist. Vielleicht solltest du das noch korrigieren, weil es auf diese Weise etwas unrein wirkt.

An Hänsel:
Verzeih, aber ich muss dir widersprechen. Ich finde, dass die Beurteilung des Erzählers am Ende auf keinen Fall fehlen darf; während die Einleitung und der Hauptpart eine Art "Erlebnis" darstellen und eigentlich keine klaren Bilder enthalten, wird nach dem Tod des Protagonisten eine deutliche Zeichnung erschaffen, die die Lebendigkeit zum einen und den toten Zustand zum anderen abhebt. Dasselbe mit dem Zynismus - der herabsehende Kommentar auf sich selbst darf nicht fehlen, weil er die Einschätzung des Ich-Erzählers auf sich selbst aufklärt. Es GEHT um die Einschätzung des Erzählers, deshalb darf man die nicht dem Leser überlassen.
Was du als "Zerstören" bezeichnest, nehme ich höchstens als eine Kontrastierung wahr. Kann sein, dass die Atmosphäre dadurch brüchig wird, aber ich halte das hier für absolut passend.

welt1
10.08.2007, 10:13
danke fürs lesen.

mir ist jetzt beim nochmaligen durchlesen nich wirklich aufgefallen, wo noch plusquamperfekt stehen müsste wo es nicht schon steht. ausser wie du schon richtig bemerkt hast bei den kindheitserinnerungen wo ich aber tatsächlich aus stilistischen gründen beim imperfekt geblieben bin. du musst beachten dass die geschichte im grunde genommen auch im präsens stehen könnte (immerhin kann der prot kaum noch was erzählen nachdem er tot is) und es sich um eine momentaufnahme handelt — also das was erzählt wird passiert auch in dem augenblick. da ich aber geschichten im präsens irgendwie stilistisch für nen griff ins klo halte weil die sich beschissen lesen lassen hab ich imperfekt genommen und entsprechend durchgehzogen und so aufgebaut als würde er alles aus dem totenreich erzählen
aber korrigier mich gerne an entsprechender stelle falls ich was übersehen haben sollte oder mich einfach irre nur selbst fällt mir im moment eben nichts auf

und topp hat recht: die geschichte is eigentlich als eindrucksaufnahme geplant gewesen und das ende soll nen kontrast dazu darstellen. ob man das gut findet oder nich, is ansichtssache.

Topp
10.08.2007, 13:39
die geschichte is eigentlich als eindrucksaufnahme geplant gewesen und das ende soll nen kontrast dazu darstellen. ob man das gut findet oder nich, is ansichtssache.

He ja, richtig, aber was man auf jeden Fall sagen kann, ist, dass es gut ist.
Ja, ich schick dir die Plusquamperfekte per PN zu, wenn du sie korrigieren willst, tu das, brauchst du aber natürlich nicht.

welt1
10.08.2007, 14:42
danke für die korrektur per pm. ich muss zugeben dass mir das an den stellen wirklich nicht aufgefallen war und habs ausgebessert

Diamonde
11.08.2007, 21:32
Dir liegt das Schreiben echt im Blut.
Ein wunderschöner Text,der einen berührt,
wo man in der Mitte denkt,ich kann jetz nicht aufhören zu lesen.
Unglaublich ergreifend,wie du Sachen beschreiben und erzählen kannst.
Hör' bloß nicht auf solche Texte zu schreiben!

Lonegunman81
13.08.2007, 04:50
Jetzt wirds langsam etwas abstrakt im Atelier! Oo
Bitte keine Selbstgespräche führen, M-P!

Ich? Ich rede nur mit dem Hund... da... hinten! *zeig*

Broken Chords Can Sing A Little
13.08.2007, 06:45
Jetzt wirds langsam etwas abstrakt im Atelier! Oo
Bitte keine Selbstgespräche führen, M-P!Wie meinste das?

Story ist total geil, echt. Wirklich berührend und super formuliert bzw. in Stimmung gesetzt. Hätte gar nicht gedacht, dass du so was schreiben kannst. :D

toho
13.08.2007, 11:35
Jetzt wirds langsam etwas abstrakt im Atelier! Oo
Bitte keine Selbstgespräche führen, M-P!

Ich? Ich rede nur mit dem Hund... da... hinten! *zeig*

absurd wie paranoid du bist Oo
"neuer user! muss m-p sein!!!"
diamonde war afair schon gereggt, bevor welt gebannt war. und passt von den beiträgen her mal gar kein stück zu m-p...


Ich dachte auch schon an M-P, aber das KANN nicht sein, dafür ist er zu freundlich und nimmt sich bei Kritiken grottiger Sachen zuviel Zeit! ^^
Kann nicht sein!

@ Geschichte: Muss ich noch richtig lesen, sorry!
hast du das eigentlich inzwischen mal nachgeholt?

Leon der Pofi
13.08.2007, 15:28
absurd wie paranoid du bist Oo
"neuer user! muss m-p sein!!!"
diamonde war afair schon gereggt, bevor welt gebannt war. und passt von den beiträgen her mal gar kein stück zu m-p...

hast du das eigentlich inzwischen mal nachgeholt?

warum darf man auch nicht paranoid sein? kippen usw, war auch alles mp.
jaja, ip scan o/

welt
13.08.2007, 15:38
ich wär euch sehr verbunden wenn ihr jetzt mal aufhören könntet meinen thread hier mit diesem scheiss vollzuspammen. ich bin nich m-p das hat mittlerweile sogar ein administrator bestätigt und ich weiss auch gar nich wieso alle denken ich wär das. nur weil der nen ähnlichen schreibstil hat wie ich oder was? ich kenn den überhaupt nich also is jetzt langsam mal gut, ok?

wenn hier keiner mehr was zu meiner geschichte zu sagen hat dann kann er oder sie auch grad mal die klappe halten. danke.

an alle die meine geschichte doch noch gelesen haben: danke dafür und für die netten worte.

Lonegunman81
13.08.2007, 17:30
Du warst aber nu trotzdem schon gebannt oder wie? ^^
Ich finde die ganzen Neuankömmlinge trotzdem sehr abstrakt!
Is ja auch kein großes Ding, wär ja ok wenn M-P wieder rein käm.
Der fehlt mir hier im Forum wohl einfach, daher meine Paranoia! ;)
Kein Grund zum Ärger! ^^

@ welt: so, ich halt nu auch die Klappe! beware teh ban! :D


Edith meint:

Hab den Text jetzt auch gelesen!
Ganz zu Beginn kommt was mit "wärmender Himmelskörper", für eminen Geschmack ist das zu technisch ausgedrückt im Gegensatz zu den anderen literarischeren Begriffen. Passt nicht.
Auch find ich die Zigaretten zu oft erwähnt, stört irgendwie, was interessiert es die wievielte er nun grade schmaucht? Naja, Details.
Was war noch... achja, der Tod am Ende, der ganze letzte Teil... mir fehlt da ein bißchen der Sinnzusammenhang, den ich aber auch gut und gerne übersehen oder nicht verstanden haben kann.
Mir erschließt sich nicht, ob die Aneinanderreihung der gegensätzlichen Ereignisse gewollt ist, oder ob ich den roten Faden übersehe.
Vom schreiberischen her astrein bis auf wenige Ausnahmen, kann man gut lesen.
Und weg...

@ es: Olle Meckerzicke! :p

welt
13.08.2007, 21:49
danke fürs lesen.

die zum teil wirre andeinanderreihung der handlungselemente ich wirklich beabsichtigst aber sie soll auch auf eine bizarre weise passend wirken. die sache mit den zigaretten war so gedacht, dass es verdeutlichen soll, wie scheisse es dem prot geht (vor jahren für schlechte zeiten gekauft und dann sieben stück an einem abend).
dass der ganze text auf ner metaphorischen ebene arbeitet ist hoffentlich klar geworden. vor allem die groteske darstellung meines teufels sollte das eigentlich zeigen.