welt1
30.07.2007, 15:49
Des Nachts, nackte Silhouetten im Neondschungel
Eine namenlose Großstadt, beliebig auch New York, Tokio, Hong Kong. Des Nachts, vorzugsweise an einem Freitag, die Nacht auf Samstag, oder Samstag, die Nacht auf Sonntag. Dann, wenn die Menschen Zeit haben sich in die Betonschluchten zu wagen, im Neondschungel der modernen Zivilisation ihr langsames Ende zu erwarten.
Die ersten gehen feiern, bewegen sich in gedankenloser Manier zu Bars, Pubs und Klubs. Sie bestellen, trinken, bestellen, trinken, bestellen und trinken. Die zweiten schleichen zwielichtigen Geschäftes wegen durch die Nacht, auf der Suche nach Auftraggeber und Auftragnehmer. Immer zwischen den Schluchten, immer in der Dunkelheit. Entdeckt zu werden heißt zu versagen. Die dritten sind die Wanderer. Sie bewegen sich um sich zu bewegen. Schritt um Schritt um Schritt um Schritt um Schritt. Sie gehen um zu gehen. Sie stehen um zu stehen. Sie haben kein Ziel, keinen Ausgangspunkt. Sie gehen. Sie sind die einzigen, die sich den Gefahren des Neondschungels bewusst sind.
Aldo, einer von ihnen. Seine Wanderschaft führt ihn heute aus den Nebenstraßen, den unbeleuchteten Welten der Trolle und Kobolde, in die bunte Welt der nächtlichen Hauptstraßen. Nur ein Schritt von der beängstigenden aber auch Schutz spendenden Dunkelheit in die laute belebte Neonwelt. Stimmen, die Sekunden vorher nur in der Ferne zu hören waren, unwirklich schienen, wie aus einer anderen Welt, sind jetzt überall. Um ihn herum.
„Das Leben hat mich zurück!“ ruft Aldo, flaniert lustvoll über die Gehwege der Hauptstraßen. Die Menschen, die er beobachtet, sind interessant. Einige sehen ihn an, lächeln oder gucken verstimmt. Andere rennen zielstrebig, den Blick gen Boden gewandt. Einige winken, andere weinen. Wenige sind zu zweit unterwegs, halten sich an den Händen, tauschen Blicke aus, verliebt oder verhasst.
Nur wenige Minuten geht Aldo. Die Eindrücke überfluten ihn, er wechselt wieder in eine Nebenstraße. Keine, die mit absoluter Dunkelheit lockt, sondern eine beleuchtete. Weniger Neon, mehr klassisches Licht. Fast wie Feuer wirkt es, wenn die lädierte Glühlampe einer roten Laterne, welche den Eingang eines Etablissements ziert, elektrisch flackert. Aldo öffnet die Tür, aus dunklem Holz mit einem kleinen Guckloch für den Türsteher versehen, der schon vor langer Zeit gekündigt haben muss.
Das Innere des Etablissements, gehalten in Rottönen, benebelt vom Duft schlechter Aftershaves und billiger Parfums. Einige geschminkte Damen kommen auf Aldo zu, streichen sich über ihre von Zellulitis geplagten Oberschenkel, werfen laszive Blicke. Aldo entscheidet sich für die dritte, die er erblickt. Sie, jünger als die anderen, das Haar heller. Weniger verbraucht, zumindest dem optischen Eindruck nach, und erotischer in jeder Bedeutung des Wortes, wird von ihm zur Bar begleitet. Whisky für ihn, Bourbon, Martini für sie. Die Preise sind günstig für eine Einrichtung dieser Art.
Den Whisky trinkend blickt Aldo sich um. Nur wenige Kunden sind hier, außer ihm. Ein alter Herr, doppelt so alt wie seine Begleitung, sitzt mit dieser auf einem roten Chaiselongue. Ein Mann mittleren Alters, sein Haar schon fast vollständig verloren, lässt sich von einer älteren Dame sanft über die Kopfhaut streichen. Dabei trinkt er Bier. Die meisten der angestellten Damen sitzen zu zweit am Rande des Etablissements, warten sich unterhaltend auf neue Kunden. Aldos Begleitung nippt an ihrem Martini, signalisiert mit professionellem Blick, bereit für das Eigentliche zu sein. Aldo leert seinen Whisky mit einem Schluck.
„Vielen Dank“, sagt Aldo, legt einen Geldschein auf den Tisch, der die Dame für die nicht erbrachten Dienste mehr als großzügig entlohnt. Er verlässt das Haus, geht zurück in die im Halbschatten liegende Nebenstraße der Großstadt, lässt die Dame mit verwundertem Blick zurück. Die Nebenstraße gefällt ihm, doch für heute hat er genug. Ein letzter Blick auf die Hauptstraße, bevor er um eine weitere Ecke biegt, zurück in die absolute Dunkelheit. Die Stimmen sind wieder weit entfernt, kaum noch zu hören. Menschen sind wieder ein seltener Anblick.
Aldo setzt sich auf eine Treppe, die er in der Dunkelheit findet. Er wartet für einen Augenblick, bevor er bereit ist, seine Wanderung fortzusetzen, verarbeitet die Eindrücke. Er ist sich sicher, die Stadt zergehe noch heute Nacht. Noch bevor ein Sonnenstrahl das Firmament erhelle. Er weiß es. Doch bevor er darüber nachdenken kann, spürt er den kalten Lauf einer Pistole im Nacken. Ein Drogensüchtiger auf der Suche nach Geld für seinen nächsten Schuss tötet Aldo, den letzten Propheten der zergehenden Großstadt. Er schießt ihm in den Kopf, zweimal, wenngleich der erste Schuss genügt hätte, dann durchsucht er ihn. Als er kein Geld findet, tritt der Drogensüchtiger voller Wut in Aldos Leiche, verrückt sie in eine unwirkliche Position. Aldo gab sein letztes Geld der Dame in dem Etablissement, wissend, die Notwendigkeit, Geld bei sich zu tragen, bestehe bald nicht länger.
Eine namenlose Großstadt, beliebig auch New York, Tokio, Hong Kong. Des Nachts, vorzugsweise an einem Freitag, die Nacht auf Samstag, oder Samstag, die Nacht auf Sonntag. Dann, wenn die Menschen Zeit haben sich in die Betonschluchten zu wagen, im Neondschungel der modernen Zivilisation ihr langsames Ende zu erwarten.
Die ersten gehen feiern, bewegen sich in gedankenloser Manier zu Bars, Pubs und Klubs. Sie bestellen, trinken, bestellen, trinken, bestellen und trinken. Die zweiten schleichen zwielichtigen Geschäftes wegen durch die Nacht, auf der Suche nach Auftraggeber und Auftragnehmer. Immer zwischen den Schluchten, immer in der Dunkelheit. Entdeckt zu werden heißt zu versagen. Die dritten sind die Wanderer. Sie bewegen sich um sich zu bewegen. Schritt um Schritt um Schritt um Schritt um Schritt. Sie gehen um zu gehen. Sie stehen um zu stehen. Sie haben kein Ziel, keinen Ausgangspunkt. Sie gehen. Sie sind die einzigen, die sich den Gefahren des Neondschungels bewusst sind.
Aldo, einer von ihnen. Seine Wanderschaft führt ihn heute aus den Nebenstraßen, den unbeleuchteten Welten der Trolle und Kobolde, in die bunte Welt der nächtlichen Hauptstraßen. Nur ein Schritt von der beängstigenden aber auch Schutz spendenden Dunkelheit in die laute belebte Neonwelt. Stimmen, die Sekunden vorher nur in der Ferne zu hören waren, unwirklich schienen, wie aus einer anderen Welt, sind jetzt überall. Um ihn herum.
„Das Leben hat mich zurück!“ ruft Aldo, flaniert lustvoll über die Gehwege der Hauptstraßen. Die Menschen, die er beobachtet, sind interessant. Einige sehen ihn an, lächeln oder gucken verstimmt. Andere rennen zielstrebig, den Blick gen Boden gewandt. Einige winken, andere weinen. Wenige sind zu zweit unterwegs, halten sich an den Händen, tauschen Blicke aus, verliebt oder verhasst.
Nur wenige Minuten geht Aldo. Die Eindrücke überfluten ihn, er wechselt wieder in eine Nebenstraße. Keine, die mit absoluter Dunkelheit lockt, sondern eine beleuchtete. Weniger Neon, mehr klassisches Licht. Fast wie Feuer wirkt es, wenn die lädierte Glühlampe einer roten Laterne, welche den Eingang eines Etablissements ziert, elektrisch flackert. Aldo öffnet die Tür, aus dunklem Holz mit einem kleinen Guckloch für den Türsteher versehen, der schon vor langer Zeit gekündigt haben muss.
Das Innere des Etablissements, gehalten in Rottönen, benebelt vom Duft schlechter Aftershaves und billiger Parfums. Einige geschminkte Damen kommen auf Aldo zu, streichen sich über ihre von Zellulitis geplagten Oberschenkel, werfen laszive Blicke. Aldo entscheidet sich für die dritte, die er erblickt. Sie, jünger als die anderen, das Haar heller. Weniger verbraucht, zumindest dem optischen Eindruck nach, und erotischer in jeder Bedeutung des Wortes, wird von ihm zur Bar begleitet. Whisky für ihn, Bourbon, Martini für sie. Die Preise sind günstig für eine Einrichtung dieser Art.
Den Whisky trinkend blickt Aldo sich um. Nur wenige Kunden sind hier, außer ihm. Ein alter Herr, doppelt so alt wie seine Begleitung, sitzt mit dieser auf einem roten Chaiselongue. Ein Mann mittleren Alters, sein Haar schon fast vollständig verloren, lässt sich von einer älteren Dame sanft über die Kopfhaut streichen. Dabei trinkt er Bier. Die meisten der angestellten Damen sitzen zu zweit am Rande des Etablissements, warten sich unterhaltend auf neue Kunden. Aldos Begleitung nippt an ihrem Martini, signalisiert mit professionellem Blick, bereit für das Eigentliche zu sein. Aldo leert seinen Whisky mit einem Schluck.
„Vielen Dank“, sagt Aldo, legt einen Geldschein auf den Tisch, der die Dame für die nicht erbrachten Dienste mehr als großzügig entlohnt. Er verlässt das Haus, geht zurück in die im Halbschatten liegende Nebenstraße der Großstadt, lässt die Dame mit verwundertem Blick zurück. Die Nebenstraße gefällt ihm, doch für heute hat er genug. Ein letzter Blick auf die Hauptstraße, bevor er um eine weitere Ecke biegt, zurück in die absolute Dunkelheit. Die Stimmen sind wieder weit entfernt, kaum noch zu hören. Menschen sind wieder ein seltener Anblick.
Aldo setzt sich auf eine Treppe, die er in der Dunkelheit findet. Er wartet für einen Augenblick, bevor er bereit ist, seine Wanderung fortzusetzen, verarbeitet die Eindrücke. Er ist sich sicher, die Stadt zergehe noch heute Nacht. Noch bevor ein Sonnenstrahl das Firmament erhelle. Er weiß es. Doch bevor er darüber nachdenken kann, spürt er den kalten Lauf einer Pistole im Nacken. Ein Drogensüchtiger auf der Suche nach Geld für seinen nächsten Schuss tötet Aldo, den letzten Propheten der zergehenden Großstadt. Er schießt ihm in den Kopf, zweimal, wenngleich der erste Schuss genügt hätte, dann durchsucht er ihn. Als er kein Geld findet, tritt der Drogensüchtiger voller Wut in Aldos Leiche, verrückt sie in eine unwirkliche Position. Aldo gab sein letztes Geld der Dame in dem Etablissement, wissend, die Notwendigkeit, Geld bei sich zu tragen, bestehe bald nicht länger.