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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Diskussion: der verwaiste Held



Ulven
14.07.2007, 12:53
Hallöchen!

Ich habe gerade eine Spielvorstellung gelesen und da ist mir etwas aufgefallen:

In fast jedem Spiel hat der Protagonist eine oder mehrere der folgenden Eigenschaften:

a) eine tote Mutter
b) einen toten Vater
c) eine tote Mutter und einen toten Vater
d) das Gedächtnis verloren
e) eine nebulöse Vergangenheit
f) irgendein traumatisches Erlebnis, das sich um eine der oben genannten Eigenschaften rankt

Prinzipiell habe ich damit kein Problem. Das Problem, dass ich habe, ist, dass diese Eigenschaften oft einfach angenommen werden, ohne irgendeine Relevanz für das Spiel zu haben. Dem Protagonist soll etwas "geheimnisvolles" anhaften, und anstatt sich Gedanken darüber zu machen, wie man dies innerhalb der Handlung durch Dialoge und Verhaltensweisen machen kann, bekommt genannter Protagonist einige tote Verwandte spendiert. Und hier kommen wir wieder zum Problem der Relevanz: Diese toten Verwandten werden nach der anfänglichen Erwähnung als "Charaktereigenschaft" (bitte die Anführungszeichen beachten!) nie wieder erwähnt und nicht durch die Handlung verarbeitet. Meiner Meinung nach ist die simple Erwähnung Effekthascherei, bewußt oder unbewußt und wird von den meisten Spielern mittlerweile überlesen.

Diskussion eröffnet. :D

Edit: Was denn los? Schon 32 Aufrufe! Ihr könnt doch nicht alle meiner Meinung sein! Kratzt mich, beißt mich, gebt mir Tiernamen! *hier Sado-Maso-Smiley einfügen*

K.L.R.G.
14.07.2007, 14:15
Ich muss gestehen, dass ich nur einen Bruchteil der hiesigen Spiele wirklich spiele weil sie mich selten ansprechen. (Ich oute mich mal als Atelier-Goldstern-Spieler:D )

Von daher isses mir auch noch nicht wirklich aufgefallen, dass sich Spielehandlungen dann nicht um so etwas drehen. Die meisten Spiele die ich so kenne beziehen sich für gewöhnlich darauf und das meist noch auf sehr kitschige, schlecht gemachte Art und Weise.

Als "Charaktereigenschaft" kenn ich sowas höchstens von den Vorstellungen der typischen Horrorspiele ...

Wobei ich solche Dinge zu erwähnen, ohne das sie einen direkten Einfluss aufs Spiel haben gar nicht schlimm finde ... Als kleines Detail warum der Held ein eigensinniger Typ ist ne tote Mutter rein zu nehmen ist okey ... wobei ich dann schon n paar Hinweise im SPiel drauf hätte, also irgendwelche Rückblicke etc. ...

Der berühmtberüchtigte Gedächtnisverlust hingegen muss ja irgendwo eine zentrale Rolle in der Handlung einnehmen ... Obwohl es fast mal interessant wäre jemanden nicht seine Vergangenheit finden zu lassen, so dass der gegen Ende des Spiels immer noch ohne Erinnerung da steht ...

Grundsätzlich würd ich sagen das ich nichts gegen solche Klischees habe, aber es gehört für mich dazu, dass sie schon in irgend einer Art Nebenhandlugn oder sonstwas erläutert werden ... Ein Spiel in dem Helden Charaktereigenschaften haben, die kein bisschen erläutert werden oder sonst irgendwie eien Rolle spielen sind tatsächlich einfach nur erzählerische Lücken die man auch ganz raus lassen kann ...

real Troll
14.07.2007, 14:47
Edit: Was denn los? Schon 32 Aufrufe! Ihr könnt doch nicht alle meiner Meinung sein! Kratzt mich, beißt mich, gebt mir Tiernamen! *hier Sado-Maso-Smiley einfügen*
Das liegt vielleicht an dem merkwürdigen Platz dieses Themas. Ich hätte so etwas eher im Talkbreich vermutet.

zum Thema:
Der totale Gedächtnisverlust der Hauptfigur mag ausgelutscht sein, ist aber ein wichtiges Schutzmittel vor überbordenden Erwartungen. Wer einfach nur eine kleine Geschichte erzählen möchte, in der ein paar Schätze zu finden und ein paar Monster zu verprügeln sind, kann vielleicht die ewigen Forderungsschreie "Gib uns eine epochale Hintergrundgeschichte mit ausgefeiltem Psychogramm aller auftretenden Figuren und mache, wenn Du schon dabei bist, auch vor kleinsten Nebenfiguren samt ihrer Haustiere nicht halt."

Das ertönt mindestens so monoton oft wie der Gedächtnisverlust als Charakterbestandteil auftaucht. Es liegt nahe, hier einen Zusammenhang zu vermuten. Wie schon angedeutet, nehme ich an, dass sich ein Spielersteller mit dem etwas abgegriffenen Kniff der verlorenen Erinnerung einfach einer ausufernden Charakteristik seines Heldenpersonals entziehen und stattdessen einfach drauflos fantasieren möchte.

Und wer seine Figur derart vorraussetzungsfrei ins ungewisse Abenteuer schickt, hat später noch alle Möglichkeiten offen, der Geschichte neue Wendungen zu geben, ohne sich in Widersprüchen zu verzetteln.
Also bietet der Gedächtnisverlust zwei Vorteile:

1. Schutz vor maßloser Kritik der Hintergrundgeier (;))
2. erzählerische Freiheit

Das wiegt zumindest ein wenig die Langeweile des immergleichen Konzeptes auf.

Dhan
14.07.2007, 15:14
Kommt immer auf den Stil des Spiels drauf an. Nen Spiel, das nicht den Anspruch hat, eine epische Story zu erzählen sondern lieber mit Grafik, Gameplay, Technik, Setting, whatever punktet, kann das ruhig machen, viele geile Spiele ham ne miese Story.

Ansonsten, geh ma larpen (http://de.wikipedia.org/wiki/Live_Action_Role_Playing), da hats mehr Charaktere mit traumatischem Hintergrund als in fünf forensischen Abteilungen

Grandy
14.07.2007, 15:22
Wow! Grandy hat alle aufgezählten Eigenschaften. :eek: (plus verschollene Tochter, Eheprobleme und Demenz im fortgeschrittenen Stadium)

Cool, wa?

Lustigerweise kommen die Protagonisten von "London Gothic" und "Charistotos Krass" ganz ohne diese Eigenschaften aus.

Davon mal abgesehen zieht der Gedächtnisverlust die nebulöse Vergangenheit eigentlich zwangsläufig mit sich. Und dass bei den Vorschlägen in deiner Liste ein traumatisches Erlebnis zwangsläufig vorhanden sein muss, dünnt die Liste weiter aus. Wenn man dann noch Punkt 1 bis 3 zu einem Punkt zusammenzieht, bleibt nicht mehr viel übrig.

Ulven
14.07.2007, 15:38
Erstmal Danke für eure Antworten.
Ich gehe darauf heute abend ein, ich muss nochmal in die Bibliothek ;)

Kelven
14.07.2007, 17:50
Ich kann mir mit Ausnahme der toten Eltern gar nicht vorstellen, wie solche Hintergründe in ein Spiel eingebaut werden können, ohne dass sie für die Handlung eine Rolle spielen bzw. dass jemand sie einfach nur einbaut, damit sie da sind. Aber gut, ob sie eine Rolle spielen oder nicht, lässt sich an einer Spielvorstellung sowieso nicht erkennen, denn die besteht meistens nur aus einer Einleitung - nicht aus der ganzen Geschichte.

Diese Hintergründe sind jedenfalls die Werkzeuge um einen Charakter interessanter zu machen. Es ist nicht für jede Geschichte nötig, aber der Reiz des Unbekannten und Geheimnisvollen (Gedächtnisverlust) ist eine gute Möglichkeit den Spieler bei der Stange zu halten, genauso wie ein innerlich zerissener Charakter (traumatische Erlebnisse in der Vergangenheit). Allerdings gibt es wirklich nur wenige Makerspiele, die das tatsächlich machen. Von daher würde ich solche Hintergründe auch nicht als abgedroschen bezeichnen. Und macht sie bloß nicht zum Klischee, sonst werden euch am Ende die Bausteine für die Geschichten ausgehen. ;)

Ach ja, ich verschieb den Thread mal ins Communityforum. Da ist er besser aufgehoben.

Arlownay
14.07.2007, 18:14
Hi

Mein Held kommt auch ohne sowas aus. :)

Zu den toten Eltern: Das ist wohl einfach eine Art (von vielen), wie man den Helden in ein Abenteuer schicken kann. Es werden z.B. die Eltern umgebracht und dann kann der Held mit Racheplänen losziehen, um den Schuldigen zu finden und zu bestrafen. Oder der Held hatte eine schwierige elternlose Vergangenheit und will z.B. auf einen Selbstfindungstripp oder auf die Suche nach dem Sinn des Lebens gehen (was "normale" Leute mit Eltern/guter Kindheit etc." eher weniger tun.) Dann wäre noch der Fall, dass jemand, der nichts mehr zu verlieren hat, (Eltern, Freunde etc. tot), irgendwo einen Neuanfang machen will. Oder irgendeinen waghalsigen Auftrag übernimmt.

Übrigens ist es (gemäss Story-Schreiber-"Richtlinien") ein Muss für jede Geschichte, dem Helden eine Schwäche zu geben, mit der er im Laufe der Story konfrontiert wird. Das könnte ja dann eben auch eine nebulöse Vergangenheit sein oder eben den Verlust einer geliebten Person, über den man irgendwie hinweg kommen muss. Aber die Vorausseztung, dass das als storytechnische Feinheit rüberkommt, ist natürlich, dass das auch eine Auswirkung auf die Story hat. Es soll nicht einfach den Helden geheimnisvoller machen.

LG, Arlownay

Ulven
14.07.2007, 18:15
@Dhan


Kommt immer auf den Stil des Spiels drauf an. Nen Spiel, das nicht den Anspruch hat, eine epische Story zu erzählen sondern lieber mit Grafik, Gameplay, Technik, Setting, whatever punktet, kann das ruhig machen, viele geile Spiele ham ne miese Story.

Richtig, es kommt immer darauf an, was das Spiel sein will (also wie gut der Entwickler sein Konzept durchdacht hat). Und wenn ein Spiel fetzt, dann kann ich bis zu einem gewissen Grad auch die Story "vergessen".

Allerdings fand ich nur die Häufigkeit auf. Sehr oft wird das in Spielvorstellungen angegeben. Gut, ich gebe zu, die meisten davon spiele ich nicht. Aber das in einem Minispiel, das soweit ohne Story auskommen wollte bei der Charakterbeschreibung "hat eine tote Mutter" angegeben war, hat mich doch etwas stutzig gemacht :rolleyes:

Ansonsten, geh ma larpen (http://de.wikipedia.org/wiki/Live_Action_Role_Playing), da hats mehr Charaktere mit traumatischem Hintergrund als in fünf forensischen Abteilungen[/QUOTE]

Was meinst du, wieso ich kein LARPer bin? :D

@real Troll

Interessanter Gedankengang. Unter solchen Umständen stört mich das auch nicht unbedingt. Es kommt eben immer darauf an, wie gut durchdacht die Sache ist.

@Kelven

Aha. Hm, dann ist das wohl eher eine "gefühlte Abgedroschenheit", die von zu häufigem Spielvorstellung-Lesen meinerseits herrührt. Übrigens, nichts gegen Klischees. Gut gemachte Klischeegeschichten sind mitunter besser als innovative Handlungen, die am Ende dann eher nach "gewollt und nicht gekonnt" aussehen.

@Grandy
AHA! Du bist also quasi ein wandelndes Klischee. Nun gut, dann muss ich davon ausgehen, dass es dich gar nicht gibt, und du lediglich die Reflexion eines kranken, aber telepathisch begabten Individuums, auf unsere Gehirne ausgestrahlt, sein kannst. :p

Was meine Liste angeht, hast du recht. Die war aber auch nicht ganz ernstgemeint :D

Princess Aiu
14.07.2007, 18:55
Das erinnert mich stark an meine letzte DS(Darstellendes Spiel/Theater)-Klausur.
Wir sollten eine Rollenbiografie schreiben und dabei natürlich auch auf die Vergangenheit und die Beziehungen des Charakters eingehen. Unser Lehrer hat uns dezent darauf hingewiesen, nicht den gleichen Fehler zu machen, wie sein letzter Kurs, bei dem fast jeder die Eltern hat sterben lassen/ tot sien lassen.
"Das ist ein großer Fehler" hat er gesagt und wir haben das berücksichtigt.

Ich denke, dass tote Eltern wie einige meiner Vorposter bereits erwähnen, einfach dazu da sind, einige spätere Taten und Verläufe des Helden zu erklären. Rachezüge, keine andere Möglichkeit, als ein Soldat oder Dieb,etc. sehen, da man im Waisenhaus aufgewachsen ist.....und so weiter.....

Es hat auch was leicht dramatisches und trauriges, aber nur wenn man es auch ausbaut. Manche tun das nicht, sondern sagen einfach, der Held hat keine Eltern, Punkt.

Was die anderen Punkte angeht, so stimme ich Troll zu, da man dadurch, wenn man es geschickt handhabt, Wendungen ins Spiel einbringen kann, die es spannender machen.

Insgesamt kommt es für mich einafch darauf an, wie man das Spiel ausbaut. Man kann nicht sagen, dass ein Spiel ohne tote Eltern, Gedächtnisverlust,etc. schlecht oder gut ist. Das ganze Paket muss stimmen. Was der Spielemacher im Endeffekt daraus macht ist wichtig.

Daen vom Clan
14.07.2007, 19:01
Arlownay hat schon Recht: Ein Held braucht zwingend einen Grund sich in ein besagtes Abenteuer zu stürzen und fehlende familiäre Bindungen sind eine verdammt gute Möglichkeit.

Ich selber vermeide dieses Klischees, auch in LARP-Kreisen oder Pen&Papergemeinschaften sind derlei typische Hintergrundgeschichten nur noch ungerne gesehen.

Trotzdem bleibt zu sagen: In den meisten Fantasyreichen herrscht Krieg, insofern kann es nur zu selbstverständlich sein das Menschen (und damit auch Eltern) zu Tode kommen.
Es ist wie in allen Dingen auch hier einfach nur eine Frage der Verpackung.

Marian
14.07.2007, 19:09
die meisten helden sind ja meist schon etwas älter, und da die lebenserwartung der menschen in der zeit, in der die meisten spiele spielen, nicht sehr hoch gewesen sein dürfte, sind tote eltern eigentlich garnicht so verwunderlich. :D

und in sehr vielen (teilweise auch wirklich guten) filmen gehts ja auch darum, dass der protagonist seine familie (oder teile davon) rettet/findet/rächt/wasauchimmer. und da stört sich auch keiner dran glaub ich (oder ich habs nicht mitbekommen).

yeah. so viele klammern.

Lizzey
14.07.2007, 20:06
Nun, meistens ist es ja in den Spielen so, dass die Helden bereits ihre Familie verloren haben bevor das Spiel begonnen hat und dann meistens nur beiläufig erzählt wird, was mit dem Helden passsiert. Was eigentlich mal inovatiev wäre, diese Geschehnisse sozusagen nicht im Intro vielleicht 3 Stunden nach Flüssigen Spielen das Erreignis eintreten zu lassen. Ausserdem hätte es viele Vorteile:

1:Wenn man es richtig gut kann hat man sozusagen eine Richtg gute Wendung erzeugt sofern keine Anzeichen des Mordes Besteht.

2:Man kann die Charakter Eigenschaften des Helden ab diesen Zeitpunkt ändern, also Depressiver und resignierter Darstellen.

Das Problem was ich bei vielen Entwicklern da sehe, dass man den Anfang Umganieren muss. Wenn es gut erzählt ist kann man auch den Anfang auch ohne den absoluten Terror der Story zuschreiten lassen und würde in Häpchendarstellung wesentlich besser kommen. Das Problem.
Das Projekt würde bei meinen Dialogen wohl nie fertig werden. Da ich direkt ein Buch schreiben könnte, was im Maker ziemlich Epische ausmaße annehmen kann. Somit würden diese Klischess ÜÜber Bord geworfen, da se anders rübergekommen sind. Ja ich habe jetzt wieder viel erzählt und so aber egal.

^^Also dann ôô

Arlownay
14.07.2007, 20:14
Was man auch könnte, ist den Helden einfach in bestimmten Situationen komisch/abnormal reagieren zu lassen, und niemand weiss, warum das so ist. Irgendwann im Laufe des Spiels könnte man das Geheimnis dann lüften, dass eben z.B. die Eltern gestorben sind oder irgendwas traumatisches in der Vergangenheit passierte, was den Helden in der Gegenwart anders handeln lässt, als man das vielleicht erwartet.

So könnte man diesen "wunden Punkt" des Helden auch sinnvoller rüberbringen, als wenn man am Anfang einfach sagt, dass die Eltern tot sind (oder was auch immer) und hätte einen gewissen Überraschungseffekt.

Dhan
15.07.2007, 08:57
Trotzdem bleibt zu sagen: In den meisten Fantasyreichen herrscht Krieg, insofern kann es nur zu selbstverständlich sein das Menschen (und damit auch Eltern) zu Tode kommen.

An sich ja richtig, nur sterben die Eltern ja meist "episch" ^^




Humm mir ist grad aufgefallen, selbst in meinem aktuellen Projekt haben die drei Hauptcharaktere alle tote Eltern o.O
(nagut, der eine hat sie selbst niedergemetzelt um an sein Erbe zu kommen, das er sonst nicht bekommen hätte und von einem anderen leben immerhin noch zwei Großeltern und der dritte sieht seine Mutter immerhin in seinen Wahnvorstellungen, bei dem ist nichtmal sicher, dass sie tot sind, ah blutrünstige Elfen rulen)

Lihinel
15.07.2007, 10:20
An sich ja richtig, nur sterben die Eltern ja meist "episch" ^^

Mein Favorit darunter ist ja immernoch:
"They fell down some stairs..."

Epischer gehts ja wohl wirklich nichtmehr.

Aber ist schon wahr, spart einfach Zeit unnütze Elemente möglichst einfach aus der zu erledigen Liste zu befördern und da man so ne verweisung schön mit der Zerstörung des Heimatdorfes kopppeln kann bietet es sich ja geradezu an.
Also warum auch nicht.

jensma
15.07.2007, 10:26
Wie stolz ich bin; mein Hauptkerl hat keine dieser mainstream-Eigenschaften.

Broken Chords Can Sing A Little
15.07.2007, 12:55
Die toten Eltern müssen nicht unbedingt sein, aber eine nebulöse Vergangenheit oder ein Gedächtnisverlust machen das Ganze doch erst interessant. Immerhin steht der Held meist im Mittelpunkt, und würde man von Anfang an alles über seine Persönlichkeit, seinen Hintergrund und Lebenswandel wissen, wäre das doch öde.

Ich finde Spiele, in denen der Held eine "ganz normale Person" ist, die behütet in einem kleinen Dorf aufwächst und der dann urplötzliche etwas Schicksalhaftes zustößt, ziemlich beknackt. Meistens bedeutet das ohnehin, dass die Idylle zerstört wird (Eltern/Freunde sterben, böses Monster greift Dorf an, irgendwer wird entführt usw.) und der Held diese wieder herstellen muss - da greif ich lieber auf völlig desorientierte, verstörte Hauptcharaktere zurück, die noch 'ne Spur Gleichgültigkeit gegenüber ihrer Umwelt besitzen (eben weil sie damit nicht mehr viel zu tun haben). Yeah.

real Troll
16.07.2007, 10:13
@ Arlownay

Zu den toten Eltern: Das ist wohl einfach eine Art (von vielen), wie man den Helden in ein Abenteuer schicken kann.
Du sagst es. Solange der Standardheld ein Dorfjunge bleibt, der plötzlich ins große Abenteuer zieht, muss man auch ein glaubwürdiges Ereignis einschieben, das erklärt, warum der Held so plötzlich und leicht seine Bindungen zur Heimat kappt. Eine tote Familie passt da sehr gut.

Wer keine hingeschlachteten Eltern mag, hat am Ende wohl etwas gegen den Erzählstrang des anfänglichen kleinen Niemands, der am Ende ein großer Held wird. Aber das liefert ja gerade den Gameplayreiz eines Rollenspiels: Zu sehen, wie die eigene Figur immer mehr kann, lernt und wächst. Womöglich sind tote Verwandte da genauso wichtig wie Magie, Drachen und Orks.

Ianus
24.07.2007, 14:06
In fast jedem Spiel hat der Protagonist eine oder mehrere der folgenden Eigenschaften:

a) eine tote Mutter
b) einen toten Vater
c) eine tote Mutter und einen toten Vater
d) das Gedächtnis verloren
e) eine nebulöse Vergangenheit
f) irgendein traumatisches Erlebnis, das sich um eine der oben genannten Eigenschaften rankt

Prinzipiell habe ich damit kein Problem. Das Problem, dass ich habe, ist, dass diese Eigenschaften oft einfach angenommen werden, ohne irgendeine Relevanz für das Spiel zu haben. Dem Protagonist soll etwas "geheimnisvolles" anhaften, und anstatt sich Gedanken darüber zu machen, wie man dies innerhalb der Handlung durch Dialoge und Verhaltensweisen machen kann, bekommt genannter Protagonist einige tote Verwandte spendiert. Und hier kommen wir wieder zum Problem der Relevanz: Diese toten Verwandten werden nach der anfänglichen Erwähnung als "Charaktereigenschaft" (bitte die Anführungszeichen beachten!) nie wieder erwähnt und nicht durch die Handlung verarbeitet. Meiner Meinung nach ist die simple Erwähnung Effekthascherei, bewußt oder unbewußt und wird von den meisten Spielern mittlerweile überlesen.
Nein, es ist einfach Standard. Ohne tote Eltern würde sich ja irgend jemand darüber aufregen, dass ein zwölfjähriger die Welt retten und ein paar Tausend Menschen umlegen geht.

Der nächste Punkt ist, dass es im japanischen Rollenspiel eben üblich war, den Spieler, also die Person, welche die Figur kontrolliert über die Handlung zu manipulieren. In Europa hätte man angenommen, dass der Spieler über Empathie mit einer Spielfigur zu lenken sei.

Bezüglich dem Gedächtnisverlust geht es darum, einen Spannungsmoment von Anfang an aufzubauen und den Spieler gemeinsam mit dem Hauptcharakter auf einem Niveau beginnen zu lassen. Man erklärt damit auch, wieso jemand erst nach und Nach die ganze Karte für sich erschließt, obwohl er schon Jahrzehnte in dieser Welt lebt. Es reduziert die Bewegungsfreiheit der Spielfigur und berechtigt dadurch die Reduzierung der Bewegungsfreiheit des Spielers.

Dito für die Nebulöse Vergangenheit. Man zäumt das Pferd von hinten auf und anstatt die Spannung langsam entstehen zu lassen, bringt man sie schon von Anfang an ein wenig ein.

Traumatische Erlebnisse sind eine Modeerscheinung. Die Leute scheinen heutzutage zu glauben, dass nur Psychos und Gestörte das Risiko eines Abenteuers eingehen würden.

Immerhin steht der Held meist im Mittelpunkt, und würde man von Anfang an alles über seine Persönlichkeit, seinen Hintergrund und Lebenswandel wissen, wäre das doch öde. Das können nur Menschen ohne Freunde behaupten. Die Beziehung zwischen Menschen hat eine eigene Dynamik, welche festzuhalten und zu beschreiben die meisten Rollenspiele überhaupt nicht versuchen. Würde dazu führen, dass man Helden mit Persönlichkeit, Hintergrund und Lebenswandel schreiben muss. Nee, nee, wo kämen wir da hin. Metzlen wir lieber noch ein paar tausend Monster, eh? Erziehung gab es keine, die Eltern sind tod, das Gedächtnis weg. Das Steuerkreuz ist Motivation genug.

Außerdem, wie willst du jemandem die gesamte Lebensgeschichte einer Person in den ersten fünf Minuten präsentieren? Wobei...in Minilevel-Zeitsprüngen das Aufwachsen eines Charakters anhanden einer Reihe prägender Momente darzustellen wäre mal was neues. :D Dann stehst du beim eigentlichen Spielbeginn nach der interaktiven Vorgeschichte als Spieler mit einer relativ guten Vorstellung über die Spielfigur da.

Wohan
24.07.2007, 15:21
Was dem klischeehaften Gedächnisverlust des Protagonisten angeht, so war es in einer Geschichte von mir , die leider nie wirklich richtig niedergeschrieben wurde eines der Hauptschwerpunkte der Story.

Es ging nämlich schlicht und einfach darum das der "Held", welcher im Spiel selber nicht wirklich als Held auftritt und weder die Welt noch eine Prinzessin rettet , sondern einfach nur im Irrsinn eines Krieges sein Weg sucht nach einer Schlacht das Gedächnis verliert und in eine Gruppe Soldaten aufgenommen wird , die ihres Weges ziehn. Durch das Einbringen Storylastiger Orte, wo der Held immer wieder Erinnerungs "blitze" bekommt baut sich in ihm immer weiter der Zweifel auf bei den "richtigen " Leuten zu sein, sprich auf auf der Seite der Front zu stehen auf der er vor seinem Gedächnisverlust stand. Sicherlich kann man sich da die Problematik vorstellen die nun entsteht, wenn man den "Feind" nun eine so lange Zeit so nah ist und sich mit diesen Soldaten anfreundet und man merkt das man dort eigentlch nicht hingehört.

Was den Punkt "tote Eltern" angeht , so ist es wohl der meißt benutze Grund warum ein "Held" sein Haus und Hof verläßt um gegen die Schärgen vor zu gehen , die die eine oder andere Person seiner Familie auf den Gewissen hat.
RACHE ist das leichteste Motiv und wohl am schnellsten und einfachsten um zusetzen.

Man könnte sagen , solche Storys sind "Konservenstorys" , vacuum verpackt , für lange Zeit haltbar. Aufmachen , warm machen ..."geniessen" ^^

Kynero
25.07.2007, 12:56
Das Klischee mit dem "armen" Protagonisten mag ich nich!Immer wacht der Held im Dorf auf=>muss dann eine Prüfung oder so ewas bestehen....
Da grenze ich mich ab und mache einfach mehrere Protagonisten.
Ein Held kann man auf verschiedene Weise sein und man muss dazu nicht die Welt retten oder sonst etwas.Ein Mörder kann ebenso ein Held sein.
Alle Klischees die andere machen mah ich fast nie.Meistens klingt mir die Story einach zu ausgeluscht und der Gedanke"Kenn ich das nich irgendwoher?" tritt auf.

Ich hab jetz mal mein Projekt als Besipiel genommen,das man es auch anders machen kann.

Der Anfang von Velsarbor(Demo)beginnt auch nicht klischeehaft und das find ich toll!;)

Ianus
25.07.2007, 16:02
Ein Mörder kann ebenso ein Held sein.
Der klassische Held ist immer ein Mörder, aber den Unterschied zwischen "Held", "Antiheld" und "Hauptperson" müssen wir dir bei Gelegenheit verklickern.

BDraw
25.07.2007, 16:36
Wobei da definiert werden müsste, was in der jeweiligen Welt denn einen "Helden" ausmacht.
Wenn wir jetzt noch das Schwarzweiß-Denken raushauen haben wir für die eine hälfte der Leute einen Helden und für die andere das Böse höchstpersönlich.

Naja, der verwaiste Held KANN gut rüberkommen. Sofern das ganze nicht gerade zu Beginn des Spiels als Rachegrund hingestellt wird und der 17-jährige Held der erstaunlicherweise ein Naturtalent im Schwertkampf ist loszieht um den pösen Dämon zu killen, dem er sein Alleinsein zu verdanken hat.
GUT wäre es imho schon eher, wenn er einfach zu Beginn als verwaist hingestellt wird und erst gegen Mitte/Ende des Spiels das näher behandelt wird.
Beispiel Tales of the Abyss:
Guy erinnert sich nicht an den Tag an dem er verwaiste und hat eine unerklärliche Angst davor, Frauen zu nahe zu kommen. Erst recht spät erfährt der Spieler was denn nu eigentlich da vorgefallen ist - und kann Guys Phobie und Handlungen nachvollziehen, obwohl der Typ Amnesie-, Rache- und Waisen-Klischee in einem darstellt.

Corti
25.07.2007, 17:36
Elemente wie andere auch, mit Vorzügen und Nachteilen.

Ich achte bei meiner Story nicht drauf inwiefern gewisse Elemente vorbelastet sind da ich nicht glaube dass absichtliches vermeiden, umgehen, rauskürzen, ersetzen solcher Dinge einer Story neuartiger, innovativer oder besser macht.

Die Fragestellung ansich ergibt sich IMO sowieso nur aus dem Versuch in den bekannten Grenzen innovativ zu sein, fast widersprüchlich in sich.
Es gäbe viele interessante Arten einen Plot zum laufen zu bringen wenn man einmal von typisch eindimensionalen "Dorf brennt ab -> Rache" Rechtfertigungen ( dieser Begriff passt perfekt auf die aktuelle Begründungsmentalität ) absieht.

Lu Sonnengold
30.07.2007, 16:19
Eigentlich ist es nicht schwer, den Helden verwaisen zu lassen, ohne dass die Eltern sterben, und ohne dass das Rachemotiv zum tragen kommt.

Man nehme prügelnde, besoffene Eltern und der Held haut in jungen Jahren aus dem Dorf ab, weil er es unerträglich findet, und davon träumt was großes zu machen/zu sein und das möglichst weit weg.
Und macht zwangsläufig seine ersten Erfahrungen und entdeckt durch Begegnungen auf der Flucht von zu Hause/Wanderschaft, wo er von einigen Wegbegleitern was lernen kann, seine kämpferische/magische oder sonstwas Begabung.

Und wird im Laufe der Wanderschaft in einen Krieg/ Konflikt oder sonstwas verstrickt und zum mehr oder weniger stillen Helden; indem er, um sich zu beweisen, dass er was taugt, seine Eltern unrecht hatten in für nichtznutzig zu erklären, (oder schlicht um Anschluss zu finden/Geld für Essen und trinken zu verdienen), eine Aufgabe übernimmt, die dann unerwartet immer schwieriger, verschachtelter, ausufernder wird, und Zusammenhänge enthüllt, die man am Anfang einfach nicht ahnen konnte, sonst wär er nämlich stiften gegangen.

Und schon hat man einen zerrissenen Helden, mit der Motivation weiterzumachen, genug Wut, auf vieles einzuprügeln, was sich als Gegner anbietet, obwohl er am liebsten alles Hinschmeissen möchte. Und nachdem er die Welt(Prinzessin, Göttin, den König usw.) , kann er es sich leisten, das verschuldete Haus seiner Eltern aufzukaufen und diese aus dem Dorf vertreiben zu lassen *Grimmiges Ende*

Damit kann man sogar den Kreis zwischan Anfang und Ende gut schließen.

Aber das erfordert, dass man die durchs spielen vertrauten Gleise wie ein Held aufgebaut ist, ein kleines bischen verlässt. Und da gerade die, die noch nicht lange beim Makern dabei sind, mit anderen Sachen beschäftigt sind, kommt das oftmals zu kurz. Und der vertraute Held, mit Rache wegen toter Eltern kommt zum tragen, was manchmal ja durchaus gut umgesetzt ist.