Simon
05.07.2007, 11:07
Ich habe mich mal wieder dazu hinreißen lassen, ewas zu schreiben und das ist das Ergebnis. Es mag vielleicht etwas morbide und obskur erscheinen, aber wen einen die Muse küsst, soll man nicht lange zaudern.
Die Geschichte hat keinen Titel und ich sehe eigentlich auch davon ab, ihr einen zu geben.
Aus Gründen der Leserlichkeit vom Kursiv-Tag befreit.
Das letzte Licht des Tages fiel in roten und goldenen Strahlen durch die Gipfel der Berge und brach sich in den Regentropfen, die auf den Blättern der Bäume. Es hatte den ganzen Tag geregnet, der Himmel als einziges Wolkenungetüm mit bleierner Färbung, aus dem sich unerbittlich Regengüsse, begleitet von Blitz und Donner entluden. Doch seit wenigen Stunden hatte die helle Scheibe am Himmel mit ihren anfangs noch rein goldenen Strahlen die Hoheit über die himmlischen Gefilde erobert und spendete so noch ein wenig Wärme und half, die Tristesse des verregneten Tages zu vertreiben.
Die tief stehende Sonne zwang ihn, seine Sonnebrille aufzusetzen, wenn er nicht geblendet werden oder durch die beeinträchtigte Sicht von der schmalen Waldstraße abkommen und gegen einen Baum prallen wollte. Er war bereits seit Tagesanbruch unterwegs, der ihn bereits mit drohenden, schweren Wolkenkonstrukten begrüßt hatte. Während seiner Fahrt hatte er sich wenig Pausen gegönnt und die, die notwendig waren, galten zumeist dem Auffüllen des Tanks seines alten Ford. Es war eine dreckschleudernde, spritfressende und vor allem klapprige Kiste, doch sie hatte ihn bisher immer gute Dienste geleistet. Der ursprünglich rote Lack war an einigen Stellen bereits abgeblättert und die ungeschützten Stellen bereits von der Korrosion rostbraun verfärbt. Die Blicke der Leute, die sein Auto betrachteten, sprachen meist die Frage aus, wie das Fahrzeug überhaupt noch zusammengehalten wurde. Und auch, wenn der Innenraum eher schäbig wirkte, mit seinen abgegrabbelten Armaturen, dem kaputten Autoradio, der vollgemüllten Rückbank, aus der an einigen Stellen bereits die Füllung austrat und nicht zu vergessen dem Boden, der sich unter den Schuhen anfühlte, als würde man bei jedem Schritt in ein frisch ausgespucktes Kaugummi treten. Es war wirklich nicht das schönste, sauberste und funktionstüchtigste Auto - die Anzeigen spielten einem so manches Mal einen Streich, wenn man nicht wusste, worauf man zu achten hatte -, doch es war "sein" Auto und das allein genügte ihm, um an dem Gefährt festzuhalten.
Die Achsen gaben bei jeder Unebenheit der reichlich spartanisch anmutenden Straße gequälte Geräusche von sich, die einen Bruch beim nächsten Stein oder der nächsten kleinen Erhebung ankündigten. Doch die Achsen hielten, auch wenn die Stoßdämpfer ihre Halbwertszeit bereits deutlich überschritten hatten. Die frische und würzig nach nassem Gras und Bäumen riechende Luft piff durch das halb geöffnete Fenster in den Innenraum des Wagens und ließ seinen Fahrer seine Jack ein Stück weiter schließen. Eine Konsequenz, die er eher in Kauf nahm, als an seinen eigenen Abgasen zu ersticken, die auf noch ungeklärte Weise ihren Weg in den Fahrerraum fanden. Ein Problem, dessen er sich schon einige Male annehmen wollte, es jedoch immer zu Gunsten anderer Dinge verschoben hatte. "Etwas frische Luft hat noch nie jemanden umgebracht.", hatte er sich immer wieder gesagt, wenn er zum wiederholten Male die Behebung dieses offensichtlichen Lecks weiter herauszögerte. Vielleicht würde er es endlich nach diesem Wochenende mal in Angriff nehmen. Doch bevor er sich darum kümmerte, galt es erst einmal jene 3 Tage und 2 Nächte zu überstehen, von denen er wusste, dass so einiges auf ihn zukommen würde; viel Arbeit würde vor allem auf ihn zukommen und irgendwie war die Aussicht, sich erstmal mit dem Abgasproblem in der Fahrerkabine zu beschäftigen weitaus verlockender. Doch dann dachte er an das Päckchen, das er im Kofferraum hatte, an die Umstände, die es ihn bereitet hatte, es zu beschaffen und an die Bedingung, die daran geknüpft waren. Sollte er es sich jetzt, wo er sich prinzipiell gesehen schon auf der Zielgrade befand, anders überlegen und umdrehen, wäre alles verwirkt und der erbärmliche Zustand seines klapprigen, aber dennoch zuverlässigen Vehikels wäre dann alles andere als noch relevant für ihn.
Ein tiefer Seufzer der Frustration schlich sich aus seiner Kehle, während er etwas langsamer fuhr, mit der Hand in die Mittelkonsole griff und eine Schachtel Zigaretten hervorholte. Mit dem Daumen drückte er den Zigarettenanzünder rein - eines der wenigen Teile an den Armaturen, die noch einwandfrei zu funktionieren schienen, sah man von den Funken ab, die beim rausziehen sprühten und so schon kleinere Brandlöcher in den Beifahrersitz und seine Kleidung geschlagen hatten - und fischte mit zwei Fingern einen Glimmstängel aus der Packung. Die Schachtel ließ er wieder in die Mittelkonsole fallen und ein "Klick" sagte ihm, dass der Anzünder nun einsatzbereit war. Vorsichtig zog er den Knopf heraus, wobei sich ihm wieder ein paar Funken neckisch entgegen warfen und ein kleines Loch in seiner schwarzen Jacke hinterließen. Die Kippe im Mund führte er die heiße Glut an das Ende, aus dem einige Fransen von Tabak rausschauten und sah zu, wie sie unter der Hitze versengten, bis schließlich der würzige blaue Dunst am Ende seiner Zigarette aufstieg. Er steckte den Anzünder wieder in seine Vertiefung zurück und gab sich genüsslich der oralen Befriedigung hin, die ihm das Rauchen jedes Mal verschaffte. Er wusste, er würde sich damit sicherlich eines Tages umbringen, spätestens, wenn er schwarze Klumpen husten würde, aber das interessierte ihn im Hier und Jetzt reichlich wenig. Beinahe rituell sog er den Rauch durch den gelb ummantelten Filter in seine Lungen, ließ ihm dort einige Sekunden Zeit, seinen tödlichen Schaden anzurichten, bevor er ihn langsam und beinahe wollüstig durch die Nase in die Freiheit entließ. Nach einigen Zügen, die ihn zur Mitte der Kippe gebracht hatten, roch die Fahrerkabine nach einer Mischung aus Rauch, Abgasen und dem würzigen Duft des nassen Grases und er Bäume, die seinen Weg säumten.
Ein beinahe zufriedenes Lächeln umspielte seine spröden, von einem stoppeligen Bart umrahmten Lippen, als er aus dem Wald heraus und gradewegs auf ein Haus zu fuhr, das auf einer kleinen Anhöhe mitten auf einer - aller Wahrscheinlichkeit nach künstlich angelegten - Lichtung stand. In den Fenstern brannte Licht und vor der Hütte, die aus geschwärzten Brettern bestand - eine kuschelige Blockhütte also - standen bereits drei weitere Fahrzeuge, die bei weitem besser in Schuss waren, als seines. Mit einem zynischen Grinsen dachte er, dass das ja auch kein Problem darstellen sollte und tätschelte im nächsten Moment liebevoll das Armaturenbrett. Egal, wie kaputt sein Wagen war, es war seins!
Er lenkte seinen Wagen auf den angelegten Schotterparkplatz und kam neben einem schwarzen Volvo zum stehen. Der Lack des Wagens glänzte, ebenso wie die Felgen. Der Besitzer des Autos schien sein Gefährt sehr zu lieben, denn augenscheinlich schien er keinerlei Dreckspritzer von der aufgeweichten Straße aufzuweisen. Ein sinnloses Unterfangen, wie er sich dachte, da der Rückweg eh wieder zurück durch den Wald führte. Aber darum musste sich der Besitzer sehr bald keinerlei Gedanken mehr machen, wenn alles so verlief, wie er es sich vorgestellt hatte. Die polternden Motorgeräusche verstummten und mit sanfter Gewalt öffnete er die Fahrertür. Seine schwarzen Stiefel traten geräuschvoll in den durchweichten Schotter und spritzten etwas Wasser auf, das auf seiner dunklen Hose landete.
Schwungvoll ließ er die Tür zuknallen und ging auf die Tür des Blockhauses zu, wartete einige Augenblicke und klopfte. Von jenseits der Tür waren Lachen und Stimmen zu hören, die lauter wurden, als sich die Tür vor ihm öffnete und ein hagerer Mann mit Brille vor ihm stand. "Da bist du ja!", sagte er und an seinem Atem war zu erkennen, dass er bereits dabei war, seine Leber mit Alkohol zu belasten. Ein freundliches Händeschütteln folgte, bevor der Brillenträger in den Raum rief: "Hey, er ist da, wir sind komplett!". Lautstarke, unartikuliert wirkende Bekundungen der Freude waren zu vernehmen, bevor sich eine Hand auf seine Schulter legte. "Komm' rein, begrüß' die Anderen.“ Der Angesprochene warf einen Blick über die Schulter seines beschwipsten Gegenübers, bevor er kurz den Kopf schüttelte und erklärte, dass er gleich kommen würde, weil er noch etwas im Kofferraum habe.
Die Hand glitt von seiner Schulter und der Bebrillte nickte lachend. "Na gut, aber beeil dich!". Mit diesen Worten drehte er sich um und ging zurück in den Raum, dessen Mittelpunkt eine Sofakombination war, die vor einem Kamin stand, in dem ein wohliges Feuer prasselte. Beinahe bedächtig ging er zurück zu seinem Wagen und öffnete den Kofferraum. In ihm lag ein längliches Paket, dessen Deckel er langsam hob. Der Stahl und die Verbundsstoffe, die er dort drin vorfand, waren mit maschineller Präzision zu einem Gewehr zusammengefügt worden, dessen Bezeichnung "G 36" lautete. Er griff nach dieser Waffe, holte sie aus den schwarzen Tiefen seines Kofferraums hervor - die Beleuchtung war ebenfalls einer Reparatur überbedürftig - und legte sich den Gurt um die Schulter.
Es wog nicht sehr viel und lag gut in der Hand. Die Teile aus Metall glänzten im immer weniger werdenden Licht der Abendsonne, als er abermals in das Paket griff und ein kleines Magazin hervor holte. Für die geringe Größe wog es beachtlich viel und mit akribischer
Genauigkeit zählte er den Inhalt des Magazins. Es war genug für jeden dabei. Das Geräusch, das das Einrasten des Magazins in dem dafür vorgesehen Schacht erzeugte, hallte über die Lichtung. Einen Augenblick dachte er, seine ehemaligen Komolitonen in der Hütte hätten es auch bemerkt, doch bereits im nächsten Moment, als ein schrilles, lautes Lachen durch die geschlossene Tür drang, wusste er, dass dies nicht der Fall gewesen war. Seine Sonnebrille hatte er noch immer auf der Nase und er entschloss sich, sie dort zu lassen. Langsam kehrte er wieder zur Blockhütte zurück, das Gewehr mit zwei Händen haltend, so, wie er es mal bei der Armee gelernt hatte. Der Sicherrungshebel stand auf "F", was beim Betätigen des Abzugs eine Salve entfesseln würde. Er kannte die Waffe bereits, der Rückstoß war nicht sonderlich stark, so dass er sicher sein konnte, nicht zu sehr zu verziehen. Als er vor der Tür stand, spürte er, wie seine Lenden zu pulsieren begann und sich sein Geschlechtsorgan erhärtete. Bedächtig öffnete er die Tür und trat ein. Die lachenden und trinkenden Personen erstarrten in ihren Bewegungen und fielen sogleich wie nasse Säcke zu Boden, als er abkrümmte. Die Projektile rasten durch den Raum und durchschlugen alles, was sich ihnen in den Weg stellte, was in jedem Fall einer der Anwesenden war. Rauch stieg am Mündungsfeuerdämpfer hoch, der nach verbranntem Schießpulver roch und den er mit tiefen Zügen inhalierte. Er spürte das immer stärkere Pulsieren seiner Lenden und es stellte sich ein Hochgefühl bei ihm ein, das einem sexuellen Höhepunkt glich. Ein harsches, klappendes Geräusch kündigte vom Ende des Intermezzos an und keine weitere Kugel mehr im Magazin war. Er keuchte und spürte plötzlich, wie sein Schritt feucht wurde. Langsam blickte er an sich herunter und stellte fest, dass sich seine Hose in jenem bereich dunkler färbte und während er den Gurt der Waffe von seiner Schulter schlang, entrang sich ihm ein raues, kehliges Stöhnen. Ob es ein verspäteter Ausdruck der sexuellen Erleichterung war oder dem Ende seiner Tat galt, wusste er nicht. Er spürte, wie sich langsam sein Blut aus dem Unterleib wieder in seinem Körper verteilte und sein Blick fuhr rasch durch den Raum. Er hatte niemanden vergessen, wie er feststellte und legte die Waffe auf eine hübsche Holzkommode, die neben der Tür stand. Ohne sich ein weiteres Mal umzusehen, drehte er sich um und schloss die Tür hinter sich. Er hatte erledigt, weshalb er gekommen war.
Mit beinahe rituell wirkenden Schritten ging er zurück zu seinem treuen, wenn auch malträtierten Wagen, ließ den Motor holprig starten, setze zurück und machte sich gemächlich auf den Rückweg, während er am Himmel einen sichelförmigen Mond aufgehen sah. Der Schritt seiner Hose war noch immer feucht, als er sich eine weitere Zigarette anzündete und er war es noch immer, als er seine Jacke vollends schloss, während die aufgefrischte Nachtluft den würzigen Duft des nassen Grases und der Bäume in sein Auto wehte.
Die Geschichte hat keinen Titel und ich sehe eigentlich auch davon ab, ihr einen zu geben.
Aus Gründen der Leserlichkeit vom Kursiv-Tag befreit.
Das letzte Licht des Tages fiel in roten und goldenen Strahlen durch die Gipfel der Berge und brach sich in den Regentropfen, die auf den Blättern der Bäume. Es hatte den ganzen Tag geregnet, der Himmel als einziges Wolkenungetüm mit bleierner Färbung, aus dem sich unerbittlich Regengüsse, begleitet von Blitz und Donner entluden. Doch seit wenigen Stunden hatte die helle Scheibe am Himmel mit ihren anfangs noch rein goldenen Strahlen die Hoheit über die himmlischen Gefilde erobert und spendete so noch ein wenig Wärme und half, die Tristesse des verregneten Tages zu vertreiben.
Die tief stehende Sonne zwang ihn, seine Sonnebrille aufzusetzen, wenn er nicht geblendet werden oder durch die beeinträchtigte Sicht von der schmalen Waldstraße abkommen und gegen einen Baum prallen wollte. Er war bereits seit Tagesanbruch unterwegs, der ihn bereits mit drohenden, schweren Wolkenkonstrukten begrüßt hatte. Während seiner Fahrt hatte er sich wenig Pausen gegönnt und die, die notwendig waren, galten zumeist dem Auffüllen des Tanks seines alten Ford. Es war eine dreckschleudernde, spritfressende und vor allem klapprige Kiste, doch sie hatte ihn bisher immer gute Dienste geleistet. Der ursprünglich rote Lack war an einigen Stellen bereits abgeblättert und die ungeschützten Stellen bereits von der Korrosion rostbraun verfärbt. Die Blicke der Leute, die sein Auto betrachteten, sprachen meist die Frage aus, wie das Fahrzeug überhaupt noch zusammengehalten wurde. Und auch, wenn der Innenraum eher schäbig wirkte, mit seinen abgegrabbelten Armaturen, dem kaputten Autoradio, der vollgemüllten Rückbank, aus der an einigen Stellen bereits die Füllung austrat und nicht zu vergessen dem Boden, der sich unter den Schuhen anfühlte, als würde man bei jedem Schritt in ein frisch ausgespucktes Kaugummi treten. Es war wirklich nicht das schönste, sauberste und funktionstüchtigste Auto - die Anzeigen spielten einem so manches Mal einen Streich, wenn man nicht wusste, worauf man zu achten hatte -, doch es war "sein" Auto und das allein genügte ihm, um an dem Gefährt festzuhalten.
Die Achsen gaben bei jeder Unebenheit der reichlich spartanisch anmutenden Straße gequälte Geräusche von sich, die einen Bruch beim nächsten Stein oder der nächsten kleinen Erhebung ankündigten. Doch die Achsen hielten, auch wenn die Stoßdämpfer ihre Halbwertszeit bereits deutlich überschritten hatten. Die frische und würzig nach nassem Gras und Bäumen riechende Luft piff durch das halb geöffnete Fenster in den Innenraum des Wagens und ließ seinen Fahrer seine Jack ein Stück weiter schließen. Eine Konsequenz, die er eher in Kauf nahm, als an seinen eigenen Abgasen zu ersticken, die auf noch ungeklärte Weise ihren Weg in den Fahrerraum fanden. Ein Problem, dessen er sich schon einige Male annehmen wollte, es jedoch immer zu Gunsten anderer Dinge verschoben hatte. "Etwas frische Luft hat noch nie jemanden umgebracht.", hatte er sich immer wieder gesagt, wenn er zum wiederholten Male die Behebung dieses offensichtlichen Lecks weiter herauszögerte. Vielleicht würde er es endlich nach diesem Wochenende mal in Angriff nehmen. Doch bevor er sich darum kümmerte, galt es erst einmal jene 3 Tage und 2 Nächte zu überstehen, von denen er wusste, dass so einiges auf ihn zukommen würde; viel Arbeit würde vor allem auf ihn zukommen und irgendwie war die Aussicht, sich erstmal mit dem Abgasproblem in der Fahrerkabine zu beschäftigen weitaus verlockender. Doch dann dachte er an das Päckchen, das er im Kofferraum hatte, an die Umstände, die es ihn bereitet hatte, es zu beschaffen und an die Bedingung, die daran geknüpft waren. Sollte er es sich jetzt, wo er sich prinzipiell gesehen schon auf der Zielgrade befand, anders überlegen und umdrehen, wäre alles verwirkt und der erbärmliche Zustand seines klapprigen, aber dennoch zuverlässigen Vehikels wäre dann alles andere als noch relevant für ihn.
Ein tiefer Seufzer der Frustration schlich sich aus seiner Kehle, während er etwas langsamer fuhr, mit der Hand in die Mittelkonsole griff und eine Schachtel Zigaretten hervorholte. Mit dem Daumen drückte er den Zigarettenanzünder rein - eines der wenigen Teile an den Armaturen, die noch einwandfrei zu funktionieren schienen, sah man von den Funken ab, die beim rausziehen sprühten und so schon kleinere Brandlöcher in den Beifahrersitz und seine Kleidung geschlagen hatten - und fischte mit zwei Fingern einen Glimmstängel aus der Packung. Die Schachtel ließ er wieder in die Mittelkonsole fallen und ein "Klick" sagte ihm, dass der Anzünder nun einsatzbereit war. Vorsichtig zog er den Knopf heraus, wobei sich ihm wieder ein paar Funken neckisch entgegen warfen und ein kleines Loch in seiner schwarzen Jacke hinterließen. Die Kippe im Mund führte er die heiße Glut an das Ende, aus dem einige Fransen von Tabak rausschauten und sah zu, wie sie unter der Hitze versengten, bis schließlich der würzige blaue Dunst am Ende seiner Zigarette aufstieg. Er steckte den Anzünder wieder in seine Vertiefung zurück und gab sich genüsslich der oralen Befriedigung hin, die ihm das Rauchen jedes Mal verschaffte. Er wusste, er würde sich damit sicherlich eines Tages umbringen, spätestens, wenn er schwarze Klumpen husten würde, aber das interessierte ihn im Hier und Jetzt reichlich wenig. Beinahe rituell sog er den Rauch durch den gelb ummantelten Filter in seine Lungen, ließ ihm dort einige Sekunden Zeit, seinen tödlichen Schaden anzurichten, bevor er ihn langsam und beinahe wollüstig durch die Nase in die Freiheit entließ. Nach einigen Zügen, die ihn zur Mitte der Kippe gebracht hatten, roch die Fahrerkabine nach einer Mischung aus Rauch, Abgasen und dem würzigen Duft des nassen Grases und er Bäume, die seinen Weg säumten.
Ein beinahe zufriedenes Lächeln umspielte seine spröden, von einem stoppeligen Bart umrahmten Lippen, als er aus dem Wald heraus und gradewegs auf ein Haus zu fuhr, das auf einer kleinen Anhöhe mitten auf einer - aller Wahrscheinlichkeit nach künstlich angelegten - Lichtung stand. In den Fenstern brannte Licht und vor der Hütte, die aus geschwärzten Brettern bestand - eine kuschelige Blockhütte also - standen bereits drei weitere Fahrzeuge, die bei weitem besser in Schuss waren, als seines. Mit einem zynischen Grinsen dachte er, dass das ja auch kein Problem darstellen sollte und tätschelte im nächsten Moment liebevoll das Armaturenbrett. Egal, wie kaputt sein Wagen war, es war seins!
Er lenkte seinen Wagen auf den angelegten Schotterparkplatz und kam neben einem schwarzen Volvo zum stehen. Der Lack des Wagens glänzte, ebenso wie die Felgen. Der Besitzer des Autos schien sein Gefährt sehr zu lieben, denn augenscheinlich schien er keinerlei Dreckspritzer von der aufgeweichten Straße aufzuweisen. Ein sinnloses Unterfangen, wie er sich dachte, da der Rückweg eh wieder zurück durch den Wald führte. Aber darum musste sich der Besitzer sehr bald keinerlei Gedanken mehr machen, wenn alles so verlief, wie er es sich vorgestellt hatte. Die polternden Motorgeräusche verstummten und mit sanfter Gewalt öffnete er die Fahrertür. Seine schwarzen Stiefel traten geräuschvoll in den durchweichten Schotter und spritzten etwas Wasser auf, das auf seiner dunklen Hose landete.
Schwungvoll ließ er die Tür zuknallen und ging auf die Tür des Blockhauses zu, wartete einige Augenblicke und klopfte. Von jenseits der Tür waren Lachen und Stimmen zu hören, die lauter wurden, als sich die Tür vor ihm öffnete und ein hagerer Mann mit Brille vor ihm stand. "Da bist du ja!", sagte er und an seinem Atem war zu erkennen, dass er bereits dabei war, seine Leber mit Alkohol zu belasten. Ein freundliches Händeschütteln folgte, bevor der Brillenträger in den Raum rief: "Hey, er ist da, wir sind komplett!". Lautstarke, unartikuliert wirkende Bekundungen der Freude waren zu vernehmen, bevor sich eine Hand auf seine Schulter legte. "Komm' rein, begrüß' die Anderen.“ Der Angesprochene warf einen Blick über die Schulter seines beschwipsten Gegenübers, bevor er kurz den Kopf schüttelte und erklärte, dass er gleich kommen würde, weil er noch etwas im Kofferraum habe.
Die Hand glitt von seiner Schulter und der Bebrillte nickte lachend. "Na gut, aber beeil dich!". Mit diesen Worten drehte er sich um und ging zurück in den Raum, dessen Mittelpunkt eine Sofakombination war, die vor einem Kamin stand, in dem ein wohliges Feuer prasselte. Beinahe bedächtig ging er zurück zu seinem Wagen und öffnete den Kofferraum. In ihm lag ein längliches Paket, dessen Deckel er langsam hob. Der Stahl und die Verbundsstoffe, die er dort drin vorfand, waren mit maschineller Präzision zu einem Gewehr zusammengefügt worden, dessen Bezeichnung "G 36" lautete. Er griff nach dieser Waffe, holte sie aus den schwarzen Tiefen seines Kofferraums hervor - die Beleuchtung war ebenfalls einer Reparatur überbedürftig - und legte sich den Gurt um die Schulter.
Es wog nicht sehr viel und lag gut in der Hand. Die Teile aus Metall glänzten im immer weniger werdenden Licht der Abendsonne, als er abermals in das Paket griff und ein kleines Magazin hervor holte. Für die geringe Größe wog es beachtlich viel und mit akribischer
Genauigkeit zählte er den Inhalt des Magazins. Es war genug für jeden dabei. Das Geräusch, das das Einrasten des Magazins in dem dafür vorgesehen Schacht erzeugte, hallte über die Lichtung. Einen Augenblick dachte er, seine ehemaligen Komolitonen in der Hütte hätten es auch bemerkt, doch bereits im nächsten Moment, als ein schrilles, lautes Lachen durch die geschlossene Tür drang, wusste er, dass dies nicht der Fall gewesen war. Seine Sonnebrille hatte er noch immer auf der Nase und er entschloss sich, sie dort zu lassen. Langsam kehrte er wieder zur Blockhütte zurück, das Gewehr mit zwei Händen haltend, so, wie er es mal bei der Armee gelernt hatte. Der Sicherrungshebel stand auf "F", was beim Betätigen des Abzugs eine Salve entfesseln würde. Er kannte die Waffe bereits, der Rückstoß war nicht sonderlich stark, so dass er sicher sein konnte, nicht zu sehr zu verziehen. Als er vor der Tür stand, spürte er, wie seine Lenden zu pulsieren begann und sich sein Geschlechtsorgan erhärtete. Bedächtig öffnete er die Tür und trat ein. Die lachenden und trinkenden Personen erstarrten in ihren Bewegungen und fielen sogleich wie nasse Säcke zu Boden, als er abkrümmte. Die Projektile rasten durch den Raum und durchschlugen alles, was sich ihnen in den Weg stellte, was in jedem Fall einer der Anwesenden war. Rauch stieg am Mündungsfeuerdämpfer hoch, der nach verbranntem Schießpulver roch und den er mit tiefen Zügen inhalierte. Er spürte das immer stärkere Pulsieren seiner Lenden und es stellte sich ein Hochgefühl bei ihm ein, das einem sexuellen Höhepunkt glich. Ein harsches, klappendes Geräusch kündigte vom Ende des Intermezzos an und keine weitere Kugel mehr im Magazin war. Er keuchte und spürte plötzlich, wie sein Schritt feucht wurde. Langsam blickte er an sich herunter und stellte fest, dass sich seine Hose in jenem bereich dunkler färbte und während er den Gurt der Waffe von seiner Schulter schlang, entrang sich ihm ein raues, kehliges Stöhnen. Ob es ein verspäteter Ausdruck der sexuellen Erleichterung war oder dem Ende seiner Tat galt, wusste er nicht. Er spürte, wie sich langsam sein Blut aus dem Unterleib wieder in seinem Körper verteilte und sein Blick fuhr rasch durch den Raum. Er hatte niemanden vergessen, wie er feststellte und legte die Waffe auf eine hübsche Holzkommode, die neben der Tür stand. Ohne sich ein weiteres Mal umzusehen, drehte er sich um und schloss die Tür hinter sich. Er hatte erledigt, weshalb er gekommen war.
Mit beinahe rituell wirkenden Schritten ging er zurück zu seinem treuen, wenn auch malträtierten Wagen, ließ den Motor holprig starten, setze zurück und machte sich gemächlich auf den Rückweg, während er am Himmel einen sichelförmigen Mond aufgehen sah. Der Schritt seiner Hose war noch immer feucht, als er sich eine weitere Zigarette anzündete und er war es noch immer, als er seine Jacke vollends schloss, während die aufgefrischte Nachtluft den würzigen Duft des nassen Grases und der Bäume in sein Auto wehte.