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Mordechaj
11.06.2007, 18:25
Wo ich nun schonmal hier angekommen bin...



De se rendre compte



...da stand ich nun. Ich hätte nicht gedacht, dass es so einfach sein würde hierher zu kommen. Das Ende der Welt ... ja, es war tatsächlich unerwartet einfach gewesen, an diesen Ort zu gelangen, der gar nicht existieren sollte, es aber dennoch mit Bravour tat. Vielleicht war es eine große Erkenntnis, hier angekommen zu sein, aber Erkenntnisse waren unwichtig, an einem Ort, der fernab aller großen Dinge liegt. Das muss es sein, das Geheimnis, welches es so einzigartig macht. Man muss über die Grenzen hinaussehen, den Weg verlassen, darüber hinwegsehen, dass die Erde eine Kugel ist. Es ist wirklich einfacher, als man glauben mag. Doch am Ende der Welt ist alles einfach, klar und von Bedeutung – und wiederum auch nichts.
Das macht es aus.

Ich bin also nach dieser philosophisch langen Reise, die nur einen ebenso philosophischen Augenblick dauerte hier angekommen. In diesem Land der tausend Antworten auf Fragen, die niemals ein Mensch stellen wird. Man könnte sich das in etwa vorstellen wie ein Eisenwarengeschäft, in dem es Süßigkeiten gibt. Oder vielmehr einfach wie einen Ort, an den man ohne jede Erwartung kommt und erhält, wonach man nie zu suchen gewagt hätte. Das klingt alles sehr statisch, sehr klischeehaft. Doch was soll man beschreiben, wenn es doch zuviel ist, um es zu beschreiben und dennoch nichts da ist, das man wirklich hätte fassen können.
Da stand ich – in einem Chaos. Es gab keine Straßen; überhaupt nichts, was an etwas erinnert hätte, das einem zumindest eine Ahnung von Orientierung einhauchte. Wirre Bilder die zwar einen Sinn, aber keine Zusammenhänge ergaben. Es war so faszinierend, dass ich mich zeitlose Augenblicke nicht traute, einen Schritt oder überhaupt eine kleinste Bewegung zu machen. Es war wie ein großes Feld aus reinem Schnee, das in der Sonne glitzert, wie eine riesige Blumenwiese, die sich um einen großen Hügel schmiegt, wie eine Seifenblase, die sich einem auf die Haut gesetzt hat. Dann setzte ich einen Fuß hinein. Verschlang meine Eindrücke in großen Bissen und ohne Luft zu holen schritt ich voran, ohne zu wissen wohin und woher.
Meinen Weg zu schildern wäre so sinnlos, wie einem Blinden die Farben zu erklären.

Schließlich kam ich an Menschen vorbei, die in zweier Grüppchen lustig umhersaßen. Es war ein sehr idyllisches Bild, doch zugleich das erste, das wirklich nachvollziehbar schien. Ja, zumindest für den Augenblick hatte es eine starke Form der Normalität, was wohl auch der Grund war, warum ich mich der seltsamen Ansammlung behutsam näherte.
Erst jetzt konnte ich erkennen, dass die putzigen Leute eher kleinwüchsig waren. Wie klein sie waren kann ich heute nicht mehr beschreiben, es muss jedenfalls sehr klein gewesen sein, denn ich konnte die Szenerie noch immer ebenso gut überschauen wie aus der Ferne. Allerdings störte mich das grelle Licht, welches von einem großen plumpen Körper zu meiner Rechten zu kommen schien. Vielleicht hatte ich diesen Eindruck auch nur, weil es so schwer war, diese gekrümmte Oberfläche näher zu betrachten. Eben wie wenn man in zu helles Licht schaut. Mir taten jedenfalls nach reichlichem Blinzeln die Augen derart weh, dass sie anfingen zu Tränen und ich mich wieder der kleinen Meute zuwandte, die sich von meiner Anwesenheit offensichtlich so wenig stören ließ, wie von dem Licht, das dieses große Etwas ausstrahlte. Tatsächlich sogar machte sich, wie ich bemerkte, als ich meine Augen einigermaßen wieder benutzen konnte, einer der Kerlchen, es waren vorwiegend Männchen mit Bärten aber kindlichen Gesichtern, an dem großen Ding zu schaffen. Er schwang eine schwarze Feder, vielleicht auch einen Pinsel, soviel konnten meine Augen noch immer nicht entgegen der Blendung erkennen; er schwang es also hin und her und ließ auf dem Etwas kleine unförmige Flecken zurück. Ich war schon angehalten mich zu verwundern, als mich sein kleiner Freund, der auf einem Schemel saß und angestrengt in eine Maschine guckte, vollkommen aus der Fassung warf. Er zählte mit großer Sorgfalt die Kleckse, schrieb sich die Zahl auf ein Papier, warf noch einen ernsten Blick durch seine kleine Maschine, bevor er eifrig begann, sie unter die Zahl auf sein Zettelchen zu malen. Er hatte Talent, das musste ich gestehen, im gleichen Zug aber dachte ich mir, wie lange er diese Tätigkeit wohl schon ausüben musste. Zwei große Stapel Papier standen dort neben ihm, der eine mit scheinbar bis auf die Rückseite penibel ausgenutzten Zetteln, der andere mit noch gelblich weißen und somit leeren Zetteln. Das ganze Treiben der beiden ging so unheimlich schnell vonstatten, dass es gänzlich unmöglich war, ein bestimmtes Muster zu erkennen, außer das ewige Pinseln, die kritischen Blicke durch die Maschine und das Weglegen und Neugreifen der Blätter. Allerdings meisterten die beiden das mit einer derart überragenden Famosität, dass ich angehalten war einige Minuten dort zu verweilen und gespannt zu schauen, ob nicht vielleicht doch noch etwas außergewöhnliches passierte. Doch das blieb zu meinem Missmut aus. Vielleicht ein andermal..., dachte ich etwas enttäuscht. Ich schaute mich nach den anderen Männlein um, die offensichtig ebenso eifrig waren, wie die beiden da.
Gleich nebenan kritzelte schon wieder einer! Er malte allzu seltsame Zeichen auf ein Blatt Papier, drehte es um und schrieb etwas in einer mir gänzlich fremden Sprache auf die Rückseite. Zu meinem Erstaunen schnappte ihm sein Gegenüber, der ein kleines Pult vor sich hatte, das Papier mit unverhohlener Strenge weg, um es mit großer Sorgfalt zu studieren und dann wegzulegen. Ich erkannte sofort die neuerliche Automatisiertheit der beiden.
Nach einigen seltsamen Augenblicken, in denen ich die beiden, die meine Anwesenheit überhaupt nicht wahrzunehmen schienen, meine bescheidene Aufmerksamkeit geschenkt hatte, verließ ich die Szenerie.
Das Treiben der Kleinen erinnerte mich an das Leben in der echten Welt – obwohl diese Welt hier nicht unechter war als die, die mich anderswo erwartet hätte. Und dennoch, immer wieder die selben Muster, um sich selbst gegenseitig zu beschäftigen. Es war eine Art Teufelskreis, der auf seine Weise etwas Poetisches hatte. Und ich fragte mich, was da vor sich ging, was genau der Sinn der Eifrigkeit der Winzlinge war, bevor ich es schon wieder vergessen hatte – ein neuer Schwall von chaotischen Farbanordnungen und zeitlosen Bildern schwebte an mir vorbei und ich reihte mich unkommentiert in das Geschehen ein ohne groß darüber nachzudenken. Ich wusste nicht genau, wohin meine Schritte mich führten, ich muss auch gestehen: es interessierte mich überhaupt nicht. Es gab hier soviel zu entdecken, dass es mir unwichtig schien, was ich zuerst und was ich später sehen würde. Es war überhaupt sehr unwichtig, ob ich noch mehr sehen würde, als das, was mir jetzt schon den Kopf verdrehte. Ich beschreibe das so genau, weil es für einen Menschen, der es nicht zu Gesicht bekommen hat, sicherlich eine Unvorstellbarkeit ist, dass ich nach diesen wenigen Augenblicken an diesem Ort schon nicht mehr aufnahmefähig war. Doch man bedenke, dass ich noch nicht im Stande war alles, was mein Gesichtsfeld da überschwemmte, auch nur annähernd in Worte zu fassen! Ich vermute, man muss es gesehen haben, um es wirklich zu fassen. Jede andere Bedeutung wäre anmaßende Schilderungswut.

Ich setzte also meinen zufälligen Weg durch all diese unterschiedlichen Szenen fort und schließlich kam ich an einem Ort an, der mir noch weniger vermittelte, als zuvor die kleinen Männlein. Ich war jedoch froh, wenigstens eine Art von Behausung zu sehen, denn das bedeutete mir ein bewohntes, vielleicht sogar aufmerksameres Fleckchen, als es bei den eifrigen Kleinwüchsigen der Fall gewesen war. Tatsächlich war ich beim näherkommen erfreut, dass diese kleine Hütte mit ihrem Strohdach und ihrer kleinen Vorterrasse, ihren weit ausladenden Fenstern und ihren hölzernen Wänden, eine Größe aufwies, die der meinen in etwa angepasst war, sodass ich mich mit Bedacht und Behändigkeit versuchen konnte, ihren Bewohnern einen Besuch abzustatten. Überhaupt hatte diese Hütte vom ersten Moment, als ich sie wirklich gemustert hatte, etwas Magisches erhalten. Eine Aura der Anziehung, der Neugier – vielleicht auch etwas Neid auf seine Bewohner, die hier auf dieser wunderschönen Weide in dieser gemütlichen Hütte hausten und den Tag genießen konnten, wie er kam. Ich muss dazu bemerken, dass es hier niemals einen einer Regel gehorchenden Wechsel von Tag und Nacht zu geben schien. Vielmehr musste man sich in ein Bild bewegen, das in der Stimmung eine bestimmte Tageszeit aufwies. So blieben die Bilder in sich starr, wenngleich sie lebendig waren. Es könnte auch möglich sein, dass jedes Bild seinen eigenen Zyklus hatte, aber ich war nicht im Stande das herauszufinden. Zuviel passierte immer um einen herum und es war eine Unmöglichkeit an einem Ort zu bleiben und abzuwarten, ob doch wohl eine andere Tageszeit eintrat – die Neugier nach anderen Orten zog zu groß, als dass man genug Zeit hatte, um zu forschen. Vielleicht war das die Mystik der gesamten Szenerie, sie war zu groß, zu anziehend, um sie zu untersuchen und zu schön und fesselnd, als dass man sie nur eines oberflächlichen Blicks hätte würdigen können.
Ich betrat also die Dielen der Veranda, die unter meinen Füßen leise knarrten. Es wehte eine leichte Sommerbriese in mein Gesicht, gerade, als es von dem sanften Schatten, den die Überdachung warf, bedeckt wurde. Alles in mir gribbelte vor Spannung und ich war einen Moment lang nicht im Stande der Faszination zu widerstehen und hielt kurz an, um die Augen genießerisch zu schließen. Jedoch tatsächlich nur für einen Augenblick, denn das Geheimnis, das mich erwartete, war noch eindrucksvoller und aufreizender, als die Umgebung hier, obgleich diese unheimlich schön war.
Ich schob mich langsam auf die Tür zu, drehte den Knauf und zog sie so langsam auf, dass ich den Augenblick noch einmal mit all seiner Magie würdigen konnte, um mich dann leichten Fußes in das Häuschen zu begeben.
Der Innenraum war nur durch das Licht, das durch die mit Schlitzen ausgestatteten Fensterläden fiel, erleuchtet und lag so in etwas schwieliger Ruhe dar. Tatsächlich strahlte es eine derartige Ruhe aus, dass ich angehalten war, abermals länger zu verweilen, aber ich war mir sicher, dass ich die Bewohner ebenfalls irgendwo hier finden konnte.
Ich bewegte mich also langsam weiter. Ich fühlte mich ein wenig wie in der Kulisse eines Films über die Sezessionskriege, alles war auf seine Weise zeitlos eingerichtet, allerdings erinnerte es auch ein wenig an rückständige Verhältnisse. Einen Winter konnte man hier sicherlich nicht gemütlich überstehen – wenn es überhaupt einen in diesem Bild gab. Als ich mich umsah kramte ich ein wenig auf dem mit allerlei Sachen bestückten Tisch herum, da waren vor allem Stoffsachen; einzelne Tücher, Leinenhemden, Laken... Außerdem eine Holzschale und eine zur Hälfte abgebrannte Kerze. Auf den Holzstühlen sah es nicht anders aus, denn auch dort hingen über den Lehnen weiße, schwarze bis braune Stoffe aller Art und aller Variationen. So seltsam dieser Umstand war, er war nicht annähernd so spannend wie die Frage, die mich noch immer beschäftigte: Wo waren die Bewohner dieser Hütte?
Als ich weiter durch den offen Durchgang in die rückständige Küche ging, bemerkte ich zu meiner rechten eine Tür, die hinter das Haus führen musste. Natürlich machte ich mir ihrer zueigen und riss sie behände auf. Meine Neugier hatte sich inzwischen ins Unermessliche gesteigert und ich wollte nicht länger warten.
Auf der Rückseite des kleinen Cottage war nur eine riesige Wäscheleine gespannt, auf der nichts als weiße Laken hingen. Der Wind blies nun stärker als vorher und der Duft der Blumen und des Grases der Weide vermischten sich mit dem Duft von frischer Bleiche. Ich musste lächeln. Wenn ich entgegen meinen Erwartungen doch niemanden fand, der dieses Paradies bewohnte, konnte ich mir hier wenigstens mein eigenes kleines Heim einrichten. Es war einfach zu schön hier.
Ich begann das Haus mehrmals zu umrunden und durchsuchte auch ein paar mal den Innenraum erneut. Niemand war zu finden. Ich beschloss, noch etwas hier zu bleiben, wie ich es wohl unterbewusst die ganze Zeit schon vorhatte.
Und ich blieb tatsächlich – für mehrere Stunden. Mal saß ich ruhig in der Küche auf einem kleinen Schemel und genoss einströmende Wärme, mal wiederum lag ich draußen auf der Weide und ließ mir vom Wind um die Nase blasen. Ich war für einige Zeit wirklich in diesem Traum gefangen. Dieses Elysium, auf das selbst die Götter neidig wären –
Doch dann ging ich wieder fort. Tatsächlich war dieser Garten Eden ein langweiliges Fleckchen Erde. Ich hatte angefangen mir vorzustellen, wie Kinder sich gegenseitig über die Wiese jagten, sich durch die Pflöcke der Wäscheleinen schlängelten und lachend in das Haus und wieder hinaus rannten. Es war traurig, so allein dort. Wunderschön, aber auch sehr trist. Und es warteten noch hundert und eine Million Bilder auf mich.

Und schon fand ich mich in selbigen wieder. Das Gewirr der Farben raubte mir den Verstand. Ein weiteres Mal trugen mich meine Füße auf eine magische Weise von selbst, bis ich schließlich vor der nächsten großen Leinwand stand, die offen wie eine Tür den Weg in einen tiefen Wald wies. Schön war es hier. Man konnte zwar nicht genau erkennen, wie das Wetter war, aber die leichte Kühle und das Licht das trotz der hohen und gut bewachsenen Bäume immer noch zwischen den breiten Stämmen hervorschien und der Szenerie eine leichte Divinität verlieh. Während ich schon wieder zu stiller Bewunderung berufen war, setzte ich dennoch meinen Weg in das Geäst munter fort, wenngleich mir tausend und abertausend Gedanken durch den Kopf schossen, die mich mehr oder weniger davon ablenkten, zu wissen, wohin ich lief. Das erste, das mir wirklich auffiel – außer natürlich der neuerlichen Schönheit dieses Ortes – und mich sehr erfreute, war die scheinbare Anwesenheit von Vögeln, die überall herumzwitscherten und hin und wieder sogar ein Flügelschlagen verlauten ließen. Demnach war der Wald denn seiner Schönheit weniger idyllisch, aber dafür mit mehr Leben erfüllt, als das letzte Bild. Das beruhigte mich auf eine angenehme Weise. Tatsächlich – und das war das Verwunderliche – begann es um mich herum zu rascheln und überall wo man hinschaute, gab es hektische Bewegungen oder wenigstens ein Knacken im Unterholz. Man muss sich das vorstellen wie einen Insektenschwarm, der auf einmal erwachte und losschwirrte. Mein Weg durch den Wald war von da an bestimmt von einer geraden Linie und vielen Blicken in die Gegend nach links und nach rechts, wo sich bald die ersten Tiere auf zutrauliche Weise zeigten; Eichhörnchen, die miteinander spielten, Rehe, die sich gegenseitig das Fell leckten, auch einige Vögel, deren Flügel so schnell schlugen, dass das inzwischen stark durch die winzigen Zwischenräume der Baumkronen scheinende Sonnenlicht, das sich auf ihren Schwingen wiederspiegelte zu gelblich-weiß strahlenden Streifen verwusch.
Es ist wohl verständlich, dass ich mich schon nach neuerlicher Ruhe sehnte, als mich das Rauschen eines kleinen Bächleins, in welches das lange dünne Gras seine Strähnen schlug, aus meinem Delirium riss. Fasst wäre ich hineingefallen, allerdings konnte ich meinen Fuß noch auf ein Brett retten, das praktischer Weise den Abschluss eines brüchigen Dammes bildete. Nur war es so glitschig, dass ich erneut in Gefahr riet, abzuschlittern – aber nach einiger Stampferei hatte ich festen Stand gefunden. Ich machte einen großen Sprung, in dem ich den Bach überquerte und klopfte mir zufrieden, aber übertrieben heldenhaft die Knie ab, als ... mich ein katzengroßes, fettes Wesen zu beschnuppern begann.
„S hhhhhie haben ge-klopft?“, fragte es mit einer anscheinlichen Selbstverständlich-keit, dass ich mir ein Lachen verkneifen musste. Der breite Schwanz und die langen, jedoch abgestumpften Krallen und das wie bei einer Dogge verzogene Gesicht wiesen die lustige Gestalt eindeutig auf einen Biber aus. Und er sprach tatsächlich mehr als nur annähernd wie Gopher aus Winnie the Pooh! Dieses unverwechselbare Stocken, dass Pfeifen nach jedem Zischlaut – ich war begeistert, was Christopher Robinson da geschaffen hatte... ob er vor mir hier gewesen war?
Nachdem ich also meinen Lachkrampf überwunden hatte, antwortete ich unverhohlen: „Entschuldigen Sie, ich bin nur mit dem Fuß auf Ihrer ... Tür“ (ich nahm an, dass es eine Tür war) „ausgerutscht.“ Er machte große von Verwunderung gezeichnete Augen. „Was hhhh machen S hhhhie denn mit Ihr-em Fhhu hhhh ß auf meiner Tür?“ Ich setzte allerdings abermals an: „Ich war...“ „Wollen S hhhhhie einen durch und durch z hhhhufhhriedenen Men-schen se hhhhhen?“, unterbrach er mich ohne jede Vorwarnung und frei von Zusammenhang und verschwiegen mit Gründen für diese Frage. „Erm...“, machte ich ratlos. „Warum nicht?!“ „Fhholgen S hhhhie mir!“, befahl er bestimmt und riss meine Hand samt Arm zu ihm runter und ich musste ihm fortan leicht gekrümmt folgen – und trotzdem habe ich den Eindruck, er war extra für mich auf Zehenspitzen gelaufen. Überhaupt allerdings überraschte mich dann weniger sein aufrechter Gang, als seine Laufart, denn er spurtete voran, ohne, dass ich ihm mit Leichtigkeit hätte folgen können.
Ich war hingegen ganz meiner Verwunderung unterlegen, als er mich zu einer Art Hinterausgang, oder etwas Vergleichbarem führte und mit mir hinaustrat. Erstens hatte ich nicht den Eindruck gehabt, dass die Bilder mehr als einen Durchgang hatten und außerdem hätte ich gemeint, ein Wesen aus dieser Welt wäre nicht dazu im Stande, sein Bild zu verlassen. Ich fühlte mich auf eine seltsame Weise meiner Macht, die Bilder zu sehen und zu verlassen, wie ich wollte beraubt und gleichsam bewunderte ich dieses magische Wesen in der Gestalt eines sprechenden Bibers, das mit einer Selbstverständlichkeit seinen und damit auch meinen Weg nahm. Wir durchstreiften nun also wieder diesen Farbenstrudel, bis wir ein Bild erreichten, welches ein signifikantes Flair aufwies – nicht wie alle anderen, dieses naturnahe sommerliche oder wenigstens frühlingshafte Anscheinen, sondern es strahlte vielmehr eine nächtliche Stimmung aus. Und man stelle sich meine Überraschung vor, als ich das selbe Haus wie aus meinem zweiten Bild wiedererkannte, das nun noch ruhiger und noch verlassener dalag – aber auf der Veranda wiegte ein Schaukelstuhl hin und her. Er knarrte leicht, wie als wäre er unter einem schweren Gewicht in Bewegung ... und bei näheren Blicken – und beim Nähertreten, denn das kleine Kerlchen an meiner Seite steuerte noch immer geradewegs auf das Haus zu – erkannte mal vom langen Bart, dessen Spitze bereits die Dielenbretter kitzelte, über die unförmigen Knie, die sich knöchrig an die Unterkante des Schaukelstuhls schmiegten, bis hin zu den gekrümmten Schultern, an denen dünne Ärmchen hingen, die sanft eine Mandoline strichen.
Eben als wir vor ihm angekommen waren und mein putziger Begleiter sich dazu anschickte, meine Hand endlich loszulassen, sodass ich mich dankbar wieder aufrichten konnte, begann er ein Lied zu spielen.
Es war in seiner Melancholie und seiner betörenden Schönheit nicht zu überbieten. Es brauchte keine Worte, es mit Gesang zu begleiten, denn es drang so tief in die Seele ein, dass es die tiefsten Sehnsüchte eines Menschen in sich aufnahm und sie in unbeschreiblich makellose Bilder verwandelte, die langsam hinausdrangen und sich unter die anderen Bilder zu mischen schienen. Und langsam, nach und nach, mischte sich unter die Melancholie Trauer. Ein sanfter Schwall von Leiden und Schmerz bildete die Essenz des Liedes, bis es nach einer kurzen Weile in die personifizierte Fröhlichkeit glitt – doch auch die spiegelte sich auf eine geebnete Weise und sehr seicht wieder. Ich begann für kurze Zeit alles zu verstehen – warum er dieses Lied spielte und woher seine Leidenschaft dafür kam. Doch ich vergaß es mit dem Augenblick, als er geendet hatte. Aber ich bemerkte zum ersten Mal, seit ich hier angekommen war wahre Anteilnahme – sowohl meinerseits, als auch von meinem Umfeld. Seichte Tränen rannen über mein Gesicht, doch ich bin sicher, dass das schwache Licht sie meinen Gegenübern nicht preisgab.
„Ich grüße Euch; Euch beide.“, lächelte der Alte. Und er fügte hinzu: „Und ich danke Euch, dass ihr mich besuchen kommt.“ „S hhhheid herzlich gegrühhhh ßt, Meist hhhher.“, verneigte sich der Biber. Ich konnte nicht einfach anders, als es ihm gleichzutun. Dieser Schüttere entsprach einer übernatürlichen Majestät an Weisheit und zugleich Gutmütigkeit, dass es ein überwältigendes Gefühl war, allein seiner Anwesenheit beizuwohnen – sodann bekam ich kein einziges Wort heraus.
„Ich möchte Euch eine Geschichte erzählen.“ Ich wunderte mich noch, warum die Schöpfungen dieser Seite der Welt immer mit vollkommen überraschenden Aussprüchen aufwarteten, als er schon angefangen hatte, seine Erzählung preiszugeben:
„Vor langer langer Zeit, zumindest einer längeren Zeit, als ich sie zählen könnte, existierte ein offenes Tor zwischen den Welten. Es war, als wären die Welten nur riesige gangbare Räume, die man gefahr- und gewährlos betreten und verlassen konnte, wie einem zumute war. Doch durch irgendeinen Grund schloss sich dieser Durchgang eines Tages. Von da an begannen sie sich schlagartig zu verändern. Es stießen Extreme aufeinander, die kein lebendes Wesen für möglich gehalten hätte.
Doch nach Weile standen die Welten wieder still, verändert, aber dennoch konstant. Von dieser Zeit an versuchte man auf beiden Seiten die andere Welt wieder zu erreichen. Es gab nichts anderes als den Willen der Isolation ein Ende zu bereiten...“ Er stockte kurz und schien zu überlegen, was mir Zeit gab, seinen Worten einigermaßen einen Sinn abzugewinnen und zugleich aus den Augenwinkeln heraus meinen tierischen Begleiter zu betrachten, der gespannt und mit weit geöffneten Augen den Erzähler anblickte. Der hingegen richtete sich ein fortzufahren:
„...Es gab kein Risiko, das hoch genug war, es gab keine Grenze, die weit genug war, um sie nicht zu umgehen, es gab nichts, dass ein Geschlecht daran gehindert hätte, seinen Weg zu suchen. Jedoch mit der Zeit ... versickerte dieses Ziel immer weiter in Vergessenheit. Und das Schicksal führte schließlich in eine Sackgasse des Vergessens. Von nun an entwickelten sich die Welten unabhängig von einander. Diese hier begann, die Existenz der anderen zu vergessen und aufzuhören, danach zu streben. Man lebte mehr und mehr in Gleichgültiger Hinnahme und während die Welt mehr und mehr anwuchs, verlor sich der Unterschied zwischen Sinn und Unsinn mehr und mehr, bis er schließlich verschwand. In der anderen jedoch strebte man weiter ein Ziel an, das niemand so wirklich kannte. Man suchte blind nach etwas, das man vergessen hatte, ohne Sinn und Grund, jedoch nicht ohne Antrieb. Die Sehnsucht existierte immer weiter und drängte das Menschengeschlecht dazu, weiter voranzukommen.“ Ich begann zu verstehen, wovon er sprach, doch Klarheit hatte mir noch keines seiner Worte eingehaucht und so hörte ich weiter zu.
„So kam es aber, dass einige ihr Vergessen erkannten und sich fortan fragten, was der Sinn ihres Daseins und ihres Schaffens war. Sie begannen traurig zu werden, nachdenklich und ein wenig hoffnungslos, denn ihr Leben hatte scheinbar an Sinn verloren. Das war das Zauberwort, dass sie hierher führte, doch auf eine Weise, die sich niemand erhofft hatte. Sie erreichten nämlich nur den Teil dieser Welt, der für sie bestimmt war und wiederum doch nicht.“ Noch immer grübelte ich über Sinn und Bedeutung seiner Geschichte nach. Mein Begleiter schien indessen in seiner Zuhörerrolle aufzugehen und verharrte noch immer in seiner Pose wie eine Statue. Er hatte das Kinn auf die Hände gesetzt und blickte leidenschaftlich seinen Gegenüber ins Gesicht.
„Sie kamen an einen Ort, der sie begreifen ließ, wofür sie arbeiteten und sie dennoch nicht ans Ziel führte, denn das wiederspräche der Bestimmung. Und sie begriffen tatsächlich, sie lernten, was sie antrieb, wofür sie existierten. Und sie kehrten mit dieser Erkenntnis zurück und lebten weiter.“, endete er schließlich. Und wenngleich ich das Ende seiner Geschichte nicht von viel Poesie und erzählerischer Bravour zeugend empfand, verstand ich doch mit seinen letzten Worten alles. Von meiner Anwesenheit bis hin zu dem Sinn seiner Geschichte, bis hin zur Bedeutung dieser Randwelt.
Sie spiegelte unser aller Sehnsüchte wieder. Doch nicht die eigenen, sondern die individuellen jedes einzelnen – und so konnte ich mein Glück weder bei den Männlein, noch in der verlassenen Hütte, noch im Wald, noch hier finden. Vielmehr hätte ich unter diesen Abertausenden von Bildern mein eigenes suchen müssen, meine eigene Leidenschaft, mein Ziel.
Mein Biberfreund blickte mich freundlich an und der bärtige Alte hatte sich von seinem Stuhl erhoben. Ich hatte bisher noch keinen einzigen Satz gesprochen, doch nun fragte der Weise: „Seid Ihr bereit, Eurer letzten Prüfung entgegenzutreten und zu beweisen, welche Lehre ihr gezogen hab?“ Ich konnte, obwohl ich alle Kraft zusammen genommen hatte, wenigstens ein Wort zu antworten, nur stumm nicken und ihm folgen, während mein Begleiter winkend zurück blieb und nur leise rufen konnte: „V hhhiel Glück!“ Ich schenkte ihm ein warmes Lächeln, bevor ich ihn hinter mir ließ.

Wir kamen im letzten Bild an. Es war ein großer grauer Raum. Er war so leer, dass ich mich fragte, welchen Sinn er verfolgte, als meine Augen von der faltigen Hand des Schütteren geführt auf einen Hebel fielen. Er beschrieb ihn mit folgenden Worten: „Nur dem, der wirklich die Erkenntnis gemacht hat und bereit ist, in die andere Welt zurück zu kehren, kann die Türen zwischen den Welten wieder für immer öffnen.“ Und er verwies weiter mit einem erwartungsvollen Blick auf den Hebel.


Da stand ich nun. Das Ende der Welt ... tatsächlich bemerkte ich, dass ich nichts dazu getan hatte, an diesen Ort zu gelangen. Mein Handeln war von Lust und magischer Lenkung bestimmt gewesen. Es war zu einfach, als dass ich mich hätte der Aufgabe des Alten hätte widersetzen können – doch... Ich erkannte mit einem Schlag den Sinn seines Rätsels. Es war weniger eine Frage dessen, ob ich die Erkenntnis, die in dieser Welt wohl so etwas wie die Erleuchtung darstellte, nun gemacht hatte oder nicht, sondern eine Frage dessen, ob ich die Erkenntnis wahrnahm und verstand.
Und ich entsann mich dessen, dass es unwichtig war, was ich tat uns wie ich es tat. Alles war einfach, klar und von Bedeutung – und wiederum nichts.

Ich ging... und ich lief zurück direkt in die Welt, die ich vorhatte zu verlassen. Um eine Erkenntnis reicher und erfüllt von Fröhlichkeit zu wissen, dass meine Sehnsüchte an einem gut versteckten Platz lagen und ich den Weg zu ihnen nur wiederfinden musste, um sie heimlich mein Eigen nennen zu können. Denn die Heimlichkeit des Besitzen und Sehnsuchens machen die eigentliche Mystik ihres Klanges aus.




Ehm...ja. Was gibt es dazu zu sagen?
Die Geschichte ist etwas sinnfrei, aber mit Moral am Ende (selbige in Form des "Holzhammers der Einsicht", wie er liebevoll gerufen wurde).
Wer Schreibfehler findet, darf die selbstverständlich nich behalten, die gehören alle mir!!! (allein an den Kommafehlern werden einige Grammatikbegabte sich totlachen ;_; )

Die Geschichte stand unter dem Motto "Bring folgende Worte in einer Kurzgeschichte unter: Mandolinenmann, Sonnenfleckenmaler und -zähler, Erfinder von japanischen Schriftzeichen, Biber, 'knurfen' (werdet ihr nicht finden) und den Weltzerstörungshebel". Herzlichen Dank für diese Auflage.

Weitere Informationen sicher demnächst kleckerweise oder garnich, ich glaub, das war schon mein ganzer Wissensschatz...wie auch immer ;_;.