M-P
25.02.2007, 23:22
Den Sternen so nah (1989)
Es war das Jahr der Kanonen. Horac Kamorac, vielschichtiger Philosoph und am Abgrund schwellender Schreiber, geliet das damalige Bewusstsein in ein neues Jahrzehnt, in eine neue Zeitwendung, voller Schaffen, nur darauf wartend sich in das System zu bohren, nur darauf wartend bis es endlich einmal –Platsch!- macht, und auch lauernd, begierig zu nagen an den Fähigkeiten der Menschen über ihr Bewusstsein hinauszublicken, auf dass sie sich nicht selbst fragen müssten wo die Grenze liegt, sie zu zertrümmern und in das Dunkel zu schleudern und imposant aus einem Haufen Scheiße hervorzutreten und zu hämmern und zu johlen hinein in die aufbrausende Gewissheit, dass die Jämmerlichen, oh doch so leidig, in ihren dem Abscheulichsten gewidmeten, doch noch triumphieren und die ganze Welt nur mit dem Daumen und dem Zeigefinger verändern.
„Meister!“,
Es war Erbirt, der Zwerg, der mit einem Flyer wedelnd in den Leuchtturm des Großmetus gerannt kam. Schweißperlen verteilten sich auf seinem Gesicht, wie Marmelade auf Toast. Er schien sehr aufgeregt. Er stolperte die Treppen hinauf, vorbei an den Toiletten, nach ganz oben und fand dort seinen Meister. Dieser war gerade dabei, die Linse auszutauschen. Eine Beschäftigung, der er gerne nachging und dabei eigentlich nicht gestört werden wollte. Doch heute war es anders, denn er erwartete… oder nein, er sah einer Rechnung mit Schrecken entgegen. Natürlich versaute ihm das seinen Spaß, den er hier sonst immer hatte.
„Ja, was gibt es denn, Erbirt?“, keuchte der Großmetus. „Kam was mit der Post, ja?“
„Tatsächlich ist dies der Grund, weswegen ich mir den Arsch von ihrem Haus bis hierher abgerannt bin.“, Erbirt zog sich jetzt die Schuhe aus.
Der Großmetus kam auf Augenhöhe des Zwerges. Und er konnte deutlich die roten Schwielen des Wahnsinns auf der Stirn des Großmetus sehen. „Nun, wie der Gandalf in mir zu sagen pflegt: Nicht helfen wird uns das Jammern.“ Er ließ den Satz, trotz der Panik, die sich in seinem Hirn angefressen hatte, im Raum erklingen und stolzierte erhaben über allen, die ihn hatten ghört. Dann setzte er sich krampfhaft auf einen Stuhl und kontrollierte mit kalten Blicken der Angst, ob sich hinter ihm etwas bewegt hatte. Und tatsächlich hatte sich dort etwas bewegt, doch der Großmetus hatte es nicht gesehen und seinen Blick wieder zu seinem Untergebenen gerichtet.
Ein Moment der Ruhe trat. Erbirt ergriff wieder das Wort. „Das hat Gandalf aber gar nicht gesagt.“
„Selbst wenn, wen kümmert schon Gandalf?“ Der Großmetus sah jetzt mit bleichem Gesicht auf die unfertige Arbeit. Abwesend nahm er das Gespräch wieder auf. „Also- was- Also was kam mit der Post…?“ Die Hände hingen schlaff und tot nach unten und man sah dem Großmetus das Leben entweichen.
Vorsichtig wählte Erbirt seine Worte. „Wie zu erwarten ist es die angekündigte Rechnung wegen der Umkosten der Sterne.“
Der Großmetus verkrampfte sich jetzt zu abstrakter Kunst und sprang wütend im Raum herum und zerschlug einen Spiegel. „Verfluchte Scheiße!“ Ruhe. Blechern und fast wie abgespielt hallte seine Stimme nun durch den ganzen Leuchtturm. “Die wissen, wir können nicht zahlen.“
„Ja, und sie wissen gar nicht, was sie damit anrichten.“ Zwergenhaft versuchte der Zwerg jetzt einen Blick auf das Gesicht seines Meisters zu werfen, es war verborgen in den Schatten und man sah nur die leuchtenden Augen, die glasig in das Nichts starrten.
Wumms.
Der Großmetus schreckte hoch aus seiner Lethargie und suchte prüfend ob nicht des Todes sich hier etwas verbarg. „Hast du das gehört, Erbirt?“
Doch keine Antwort kam. Der Großmetus verengte die Augen zu kleinen Schlitzen und versuchte die kleine Mannesgestalt im Dunkeln auszumachen.
„Erbirt?“
Wieder keine Antwort. Nur ein Schrei.
Yeeeeeeeaaaaaarghhhh.
„ERBIRT?!“, durch die Dunkelheit blind und Nichts wissend über das, was nur Schritte neben ihm so markerschütternd geschrieen hat, taumelte und spie sich der Großmetus den Namen seines Zwerges hinein in den Abgrund, in den er ward gefallen. Tosend brach jetzt die nackte Schwärze in seinen Kopf ein und übermannte seine Vernunft, killte seinen Verstand und vernichtete jeglichen Sinn für Logik und das, was zu tun war. Denn es war so plötzlich – zu plötzlich - gekommen, er hatte es nicht erahnen können. So schnell, alles kam so schnell. Er rechnete mit Schmerzen seinerseits, erwartete vor allem einen Kampf, einen Angriff, eine Berührung, eine Stimme, zumindest ein Geräusch. Doch was jetzt kam, war nichts. Einfach gar nichts, es blieb dunkel, die Luft im Leuchtturm lag schwer und der penetrante Geruch von Blut und offenem Pein drang in seine Nase. Er sackte in sich wimmernd zusammen, stützte den Kopf mit seinen Händen und wagte es nicht, sich zu bewegen. Vielleicht wartet es nur auf eine Gelegenheit, will mich kriegen, wenn ich es am wenigsten erwarte. Ja, ich werde warten, bereit einen Angriff abzuwehren und dem Schicksal zu entkommen, das mir droht.
Doch genau in diesem Moment entflammte das Feuer des Leuchtturms und der ganze Raum war erhellt, zu hell für den Großmetus und seinen Augen entwich Blut und Eiter, die in das Feuer des Lichtes liefen. Das verhinderte allerdings nicht, dass sein bluttriefender Blick auf den zerbrochenen Haufen aus dem Leben gerissenen Matsches, der neben ihm war, fiel und gleichzeitig ein hohler Schrei seiner von Rauch zerfressener Kehle entkam.
Haaaaaaaaahhhrg.
Der kleine tote Haufen neben ihm war einmal Erbirt gewesen. Der vorher so prächtige Bart, jetzt durchtränkt mit Rot und zerstört ist die Kraft eines Kriegers, der noch hätte vieles axten können. Zusammengepresst und getroffen von einer Macht liegt sein Kopf quer zu den Armen und Beinen, welche weiter als üblich von einander entfernt scheinen, alles schwimmend im Brei, durchtrieben von harten und gesplitterten Knochen, der Bewegung und der Farben so fern, dass es wehtut liegt er vor dem Großmetus und er macht ihm klar, was er getan hat. Die Waffe liegt in der Hand des Großmetus, daran Stücke eines Zwergengesichtes, getaucht und getränkt in dem, in dem man nicht tauchen und trinken sollte, liegt es in Scherben und Bruchteilen, unmöglich es wieder rückgängig zu machen.
Der Großmetus lacht. Und zergeht.
Es war das Jahr der Kanonen. Horac Kamorac, vielschichtiger Philosoph und am Abgrund schwellender Schreiber, geliet das damalige Bewusstsein in ein neues Jahrzehnt, in eine neue Zeitwendung, voller Schaffen, nur darauf wartend sich in das System zu bohren, nur darauf wartend bis es endlich einmal –Platsch!- macht, und auch lauernd, begierig zu nagen an den Fähigkeiten der Menschen über ihr Bewusstsein hinauszublicken, auf dass sie sich nicht selbst fragen müssten wo die Grenze liegt, sie zu zertrümmern und in das Dunkel zu schleudern und imposant aus einem Haufen Scheiße hervorzutreten und zu hämmern und zu johlen hinein in die aufbrausende Gewissheit, dass die Jämmerlichen, oh doch so leidig, in ihren dem Abscheulichsten gewidmeten, doch noch triumphieren und die ganze Welt nur mit dem Daumen und dem Zeigefinger verändern.
„Meister!“,
Es war Erbirt, der Zwerg, der mit einem Flyer wedelnd in den Leuchtturm des Großmetus gerannt kam. Schweißperlen verteilten sich auf seinem Gesicht, wie Marmelade auf Toast. Er schien sehr aufgeregt. Er stolperte die Treppen hinauf, vorbei an den Toiletten, nach ganz oben und fand dort seinen Meister. Dieser war gerade dabei, die Linse auszutauschen. Eine Beschäftigung, der er gerne nachging und dabei eigentlich nicht gestört werden wollte. Doch heute war es anders, denn er erwartete… oder nein, er sah einer Rechnung mit Schrecken entgegen. Natürlich versaute ihm das seinen Spaß, den er hier sonst immer hatte.
„Ja, was gibt es denn, Erbirt?“, keuchte der Großmetus. „Kam was mit der Post, ja?“
„Tatsächlich ist dies der Grund, weswegen ich mir den Arsch von ihrem Haus bis hierher abgerannt bin.“, Erbirt zog sich jetzt die Schuhe aus.
Der Großmetus kam auf Augenhöhe des Zwerges. Und er konnte deutlich die roten Schwielen des Wahnsinns auf der Stirn des Großmetus sehen. „Nun, wie der Gandalf in mir zu sagen pflegt: Nicht helfen wird uns das Jammern.“ Er ließ den Satz, trotz der Panik, die sich in seinem Hirn angefressen hatte, im Raum erklingen und stolzierte erhaben über allen, die ihn hatten ghört. Dann setzte er sich krampfhaft auf einen Stuhl und kontrollierte mit kalten Blicken der Angst, ob sich hinter ihm etwas bewegt hatte. Und tatsächlich hatte sich dort etwas bewegt, doch der Großmetus hatte es nicht gesehen und seinen Blick wieder zu seinem Untergebenen gerichtet.
Ein Moment der Ruhe trat. Erbirt ergriff wieder das Wort. „Das hat Gandalf aber gar nicht gesagt.“
„Selbst wenn, wen kümmert schon Gandalf?“ Der Großmetus sah jetzt mit bleichem Gesicht auf die unfertige Arbeit. Abwesend nahm er das Gespräch wieder auf. „Also- was- Also was kam mit der Post…?“ Die Hände hingen schlaff und tot nach unten und man sah dem Großmetus das Leben entweichen.
Vorsichtig wählte Erbirt seine Worte. „Wie zu erwarten ist es die angekündigte Rechnung wegen der Umkosten der Sterne.“
Der Großmetus verkrampfte sich jetzt zu abstrakter Kunst und sprang wütend im Raum herum und zerschlug einen Spiegel. „Verfluchte Scheiße!“ Ruhe. Blechern und fast wie abgespielt hallte seine Stimme nun durch den ganzen Leuchtturm. “Die wissen, wir können nicht zahlen.“
„Ja, und sie wissen gar nicht, was sie damit anrichten.“ Zwergenhaft versuchte der Zwerg jetzt einen Blick auf das Gesicht seines Meisters zu werfen, es war verborgen in den Schatten und man sah nur die leuchtenden Augen, die glasig in das Nichts starrten.
Wumms.
Der Großmetus schreckte hoch aus seiner Lethargie und suchte prüfend ob nicht des Todes sich hier etwas verbarg. „Hast du das gehört, Erbirt?“
Doch keine Antwort kam. Der Großmetus verengte die Augen zu kleinen Schlitzen und versuchte die kleine Mannesgestalt im Dunkeln auszumachen.
„Erbirt?“
Wieder keine Antwort. Nur ein Schrei.
Yeeeeeeeaaaaaarghhhh.
„ERBIRT?!“, durch die Dunkelheit blind und Nichts wissend über das, was nur Schritte neben ihm so markerschütternd geschrieen hat, taumelte und spie sich der Großmetus den Namen seines Zwerges hinein in den Abgrund, in den er ward gefallen. Tosend brach jetzt die nackte Schwärze in seinen Kopf ein und übermannte seine Vernunft, killte seinen Verstand und vernichtete jeglichen Sinn für Logik und das, was zu tun war. Denn es war so plötzlich – zu plötzlich - gekommen, er hatte es nicht erahnen können. So schnell, alles kam so schnell. Er rechnete mit Schmerzen seinerseits, erwartete vor allem einen Kampf, einen Angriff, eine Berührung, eine Stimme, zumindest ein Geräusch. Doch was jetzt kam, war nichts. Einfach gar nichts, es blieb dunkel, die Luft im Leuchtturm lag schwer und der penetrante Geruch von Blut und offenem Pein drang in seine Nase. Er sackte in sich wimmernd zusammen, stützte den Kopf mit seinen Händen und wagte es nicht, sich zu bewegen. Vielleicht wartet es nur auf eine Gelegenheit, will mich kriegen, wenn ich es am wenigsten erwarte. Ja, ich werde warten, bereit einen Angriff abzuwehren und dem Schicksal zu entkommen, das mir droht.
Doch genau in diesem Moment entflammte das Feuer des Leuchtturms und der ganze Raum war erhellt, zu hell für den Großmetus und seinen Augen entwich Blut und Eiter, die in das Feuer des Lichtes liefen. Das verhinderte allerdings nicht, dass sein bluttriefender Blick auf den zerbrochenen Haufen aus dem Leben gerissenen Matsches, der neben ihm war, fiel und gleichzeitig ein hohler Schrei seiner von Rauch zerfressener Kehle entkam.
Haaaaaaaaahhhrg.
Der kleine tote Haufen neben ihm war einmal Erbirt gewesen. Der vorher so prächtige Bart, jetzt durchtränkt mit Rot und zerstört ist die Kraft eines Kriegers, der noch hätte vieles axten können. Zusammengepresst und getroffen von einer Macht liegt sein Kopf quer zu den Armen und Beinen, welche weiter als üblich von einander entfernt scheinen, alles schwimmend im Brei, durchtrieben von harten und gesplitterten Knochen, der Bewegung und der Farben so fern, dass es wehtut liegt er vor dem Großmetus und er macht ihm klar, was er getan hat. Die Waffe liegt in der Hand des Großmetus, daran Stücke eines Zwergengesichtes, getaucht und getränkt in dem, in dem man nicht tauchen und trinken sollte, liegt es in Scherben und Bruchteilen, unmöglich es wieder rückgängig zu machen.
Der Großmetus lacht. Und zergeht.