Erzengel
07.01.2007, 03:21
Es reicht.
Genug.
Ich kann nicht mehr.
Nein, ich will nicht mehr.
Verzweifelt versuche ich meinem Leben einen Sinn zu geben. Nicht etwa einen Sinn zum Leben. Einen kleinen, flüchtigen Grund zum Überleben.
Ich habe Zeit. Viel weniger als früher, aber auch viel mehr. Als ich noch mehr Zeit hatte, habe ich sie online verbracht. Wenn ich jetzt nach der Arbeit nach Hause komme, bin ich erschöpft und habe nur noch wenige Stunden, bis ich mich ins Bett lege. Schlafen. Arbeiten. Woche für Woche. Schlafen. Arbeiten. Ratlos sitze ich am Wochenende Zuhause. So wie jeden Tag nach der Arbeit. Ich schlafe und ich arbeite.
Ich will nicht länger leben um zu arbeiten. Das ist kein Leben für mich.
Viel zu lange lag ich ohne kontrollierte, koordinierte Bewegungen im immergleichen Bett. Von 0 auf 40 Stunden. Ein unfreiwilliger Sprung ins kalte Wasser. Er bleibt den allerwenigsten erspart.
Sozial?
Natürlich, überall. Wollen Sie der Natur oder Menschen helfen?
Wie meinen Sie das?
Wollen Sie der Natur oder Menschen helfen?
Also wenn Sie mich so fragen, ich habe nichts gegen Menschen, aber--
--Menschen also, wunderbar. Da gibt es immer was.
Aber ich will doch lieber in die Natur.
Ach was, das sagt man doch nur so. Suchen Sie mal, Sie finden nichts.
Wenn Sie meinen, ich suche.
Pflegepersonal fehlt überall.
Halt Moment, so war das aber nicht gemeint.
Den Krankenhäusern fehlt immer was, ich mache einen Termin für Sie.
Krankenhaus?
Wollen Sie lieber in ein Altersheim?
Nein, natürlich nicht.
Na also.
Diese widerwärtige Komposition. Der allgegenwärtige Krankenhausgeruch, ein Gemisch aus Fäkalien, deren Gestank man mit chemischem Raum-Deo zu vertreiben versucht, Sterilium bakterizid, fungizid, tuberkulozid, und der brennenden Hexaquart-Lösung, die mir ganz langsam die Lunge verätzt.
Haben Sie einen Augenblick Zeit?
Ja, natürlich.
Es wurden schon mehrere Beschwerden laut.
So?
Ja.
Worum geht es denn?
Sie lächeln nicht genug.
Ah.
Zu den Patienten sind Sie ja immer nett, aber wenn eine Schwester Sie bittet etwas zu erledigen, müssen Sie nicht gleich die Augen verdrehen.
Ich habe meine Augen noch nicht verdreht... soweit ich mich erinnere. Falls doch, entschuldige ich mich, so was wird nie wieder vorkommen.
Macht Ihnen die Arbeit hier keinen Spaß?
Doch, sicher. Sehr sogar, deswegen wundert mich das auch.
Wir verdienen nicht ein Zehntel von dem, was sie bekommen, machen ihre Drecksarbeit, wodurch sie mehr als doppelt so lange Pausen haben und dann sollen wir auch noch lächeln?
Ist die Lernschwester heute da?
Ja, ist sie, aber die ist auch nicht besser. Wisch bitte den Stuhl vom Stuhl, hat sie mir gesagt. Leider musste ich ganz schnell zum Personalchef.
Die regungslosen Patienten mit Kathetern, Infusionen und Schläuchen, die an lauten Maschinen hängend Sauerstoff in ihre kraftlosen Lungen pressen, angeschlossen an EKG-Monitore, unfähig mit ihren leisen Stimmen einen sinnvollen Satz zu formen. Leblos an weiße Betten gefesselt sind ihre kranken Augen das einzige, was ihnen bleibt. Das eigene Bewusstsein, die Würde und der letzte Funken Hoffnung sind diesen Hüllen längst entwichen.
Dialoge:
Der Zivildienstleistende 6 als annerkannter Kriegsdienstverweigerer und ein Beamter
Der Zivildienstleistende 6 und eine Krankenschwester
Der Zivildienstleistende 6 und ein anderer Zivildienstleistender
Genug.
Ich kann nicht mehr.
Nein, ich will nicht mehr.
Verzweifelt versuche ich meinem Leben einen Sinn zu geben. Nicht etwa einen Sinn zum Leben. Einen kleinen, flüchtigen Grund zum Überleben.
Ich habe Zeit. Viel weniger als früher, aber auch viel mehr. Als ich noch mehr Zeit hatte, habe ich sie online verbracht. Wenn ich jetzt nach der Arbeit nach Hause komme, bin ich erschöpft und habe nur noch wenige Stunden, bis ich mich ins Bett lege. Schlafen. Arbeiten. Woche für Woche. Schlafen. Arbeiten. Ratlos sitze ich am Wochenende Zuhause. So wie jeden Tag nach der Arbeit. Ich schlafe und ich arbeite.
Ich will nicht länger leben um zu arbeiten. Das ist kein Leben für mich.
Viel zu lange lag ich ohne kontrollierte, koordinierte Bewegungen im immergleichen Bett. Von 0 auf 40 Stunden. Ein unfreiwilliger Sprung ins kalte Wasser. Er bleibt den allerwenigsten erspart.
Sozial?
Natürlich, überall. Wollen Sie der Natur oder Menschen helfen?
Wie meinen Sie das?
Wollen Sie der Natur oder Menschen helfen?
Also wenn Sie mich so fragen, ich habe nichts gegen Menschen, aber--
--Menschen also, wunderbar. Da gibt es immer was.
Aber ich will doch lieber in die Natur.
Ach was, das sagt man doch nur so. Suchen Sie mal, Sie finden nichts.
Wenn Sie meinen, ich suche.
Pflegepersonal fehlt überall.
Halt Moment, so war das aber nicht gemeint.
Den Krankenhäusern fehlt immer was, ich mache einen Termin für Sie.
Krankenhaus?
Wollen Sie lieber in ein Altersheim?
Nein, natürlich nicht.
Na also.
Diese widerwärtige Komposition. Der allgegenwärtige Krankenhausgeruch, ein Gemisch aus Fäkalien, deren Gestank man mit chemischem Raum-Deo zu vertreiben versucht, Sterilium bakterizid, fungizid, tuberkulozid, und der brennenden Hexaquart-Lösung, die mir ganz langsam die Lunge verätzt.
Haben Sie einen Augenblick Zeit?
Ja, natürlich.
Es wurden schon mehrere Beschwerden laut.
So?
Ja.
Worum geht es denn?
Sie lächeln nicht genug.
Ah.
Zu den Patienten sind Sie ja immer nett, aber wenn eine Schwester Sie bittet etwas zu erledigen, müssen Sie nicht gleich die Augen verdrehen.
Ich habe meine Augen noch nicht verdreht... soweit ich mich erinnere. Falls doch, entschuldige ich mich, so was wird nie wieder vorkommen.
Macht Ihnen die Arbeit hier keinen Spaß?
Doch, sicher. Sehr sogar, deswegen wundert mich das auch.
Wir verdienen nicht ein Zehntel von dem, was sie bekommen, machen ihre Drecksarbeit, wodurch sie mehr als doppelt so lange Pausen haben und dann sollen wir auch noch lächeln?
Ist die Lernschwester heute da?
Ja, ist sie, aber die ist auch nicht besser. Wisch bitte den Stuhl vom Stuhl, hat sie mir gesagt. Leider musste ich ganz schnell zum Personalchef.
Die regungslosen Patienten mit Kathetern, Infusionen und Schläuchen, die an lauten Maschinen hängend Sauerstoff in ihre kraftlosen Lungen pressen, angeschlossen an EKG-Monitore, unfähig mit ihren leisen Stimmen einen sinnvollen Satz zu formen. Leblos an weiße Betten gefesselt sind ihre kranken Augen das einzige, was ihnen bleibt. Das eigene Bewusstsein, die Würde und der letzte Funken Hoffnung sind diesen Hüllen längst entwichen.
Dialoge:
Der Zivildienstleistende 6 als annerkannter Kriegsdienstverweigerer und ein Beamter
Der Zivildienstleistende 6 und eine Krankenschwester
Der Zivildienstleistende 6 und ein anderer Zivildienstleistender