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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die Verfluchte mit dem Schwerte



Suraki
12.11.2006, 18:47
Hier ist ein Intro zu einer Geschichte, die ich letzten Sommer angefangen habe. Wäre froh um Kritiken...
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Viel hatte der Wirt von Sankt Urban in seinem Leben schon erlebt und oft schon hatte er die tiefen Abgründe der Menschlichen Seele gesehen, doch an dem heutigen Tage sollten sie ihn ein weiteres Mal in ehrfürchtiges Erstaunen (und vielleicht auch in unbeschreibliche Angst) versetzen. Er ahnte so etwas gleich, als dieses anmutige Wesen elegant durch seine, für seine Gäste immer geöffnete, Tür schritt. Kaum hatte sie den ersten ihrer Füsse über die Schwelle der Türe gesetzt, wendeten sich augenblicklich alle Köpfe der in der Wirtschenke Anwesenden zu ihr um und musterten ihre schon fast übernatürliche Erscheinung. Ihr langes gelocktes Haar war Pechschwarz, ihre Augen braun mit einem unergründlichen Blick, ihre Lippen voll und ohne jegliche Regung (auch wenn sich manch einer vorstellte, dass dieser Mund ihm zulächelte). Ihr Kleid war kurz geschnitten, so dass ihre schön geformten Beine darunter zum Vorschein kamen, und dunkelrot (der Wirt glaubte auf dem Kleid Blutflecken zuerkennen). Schuhe trug sie keine, was den Wirt sehr verwunderte, immerhin gab es draussen keine asphaltierten Strassen, sondern nur den staubigen und schmutzigen Wüstenboden. In der rechten Hand umklammerte sie ein, in Zeitungspapier eingewickelten, langen Gegenstand. „Vermutlich ein altes Schwert“, dachte der Wirt.
Als sie durch den Raum schritt und der Wirt seinen Blick nicht von ihren in Gedanken versunkenen Augen wenden konnte (während andere Gäste ihren Blick nicht von ihren kleinen aber wohlgeformten Brüsten, die ansatzweise unter ihrem engen Kleid zusehen waren, wenden konnten), wurde dem Wirt immer deutlicher bewusst, dass er dieses Mädchen vor Jahren schon einmal erblickt hatte. Nur konnte er sich nicht daran erinnern wo, aber zumindest glaubte er bis ins Detail beschreiben zu können, wie das Schwert unter dem Zeitungspapier aussah. Es war, wenn er sich richtig erinnerte, ein altes japanisches Schwert, mit einer scharfen Schneide und einem gold-braunen Griff.
Ohne ein Wort zu sagen setzte sie sich an den Tresen, legte das Schwert auf die Theke und blickte den Wirt mit herausforderndem, aber auch verbittertem Blick direkt in die Augen. Dieser hatte auf einmal, ohne rationalen Grund, das Gefühl, das Mädchen wolle einen unverdünnten Gin trinken. Sogleich machte er sich ans Werk.

Ausserhalb der einzigen Schenke von Sankt Urban, einer kleinen durch die Stürme zerstörten und wieder aufgebauten Stadt, wehte ein heisser Wüstenwind. Die Mittagsstunde war schon vorüber und die Sonne erhitzte unablässig den steinigen und sandigen Boden. Für Jakob Lovegod schien es unvorstellbar, wie sich jemand auf diesem heissen Grund Barfuss fortbewegen konnte. Trotzdem hatte er deutlich gesehen, wie seine Zielperson, anscheinend unberührt von der enormen Hitze, über diesen Grund mit nackten Füssen in das Wirtshaus geschritten war.
Der Wind heulte wieder auf und Jakob musste seinen Priesterhut mit einer Hand festhalten, damit dieser nicht davon wehte. Er sah wie seine drei Begleiter neben ihm offensichtlich auch mit dem Wind kämpften. Es machte keinen Sinn noch weiter hier zu warten und einen Sonnenbrand zu riskieren, während sich die Zielperson durch die Hintertür oder einen anderen Ausgang davonmachen konnte. „Andererseits“, dachte Lovegod, „weiss sie ja gar nicht, dass wir ihr auf den Fersen sind und wer sagt uns, dass sie vor uns fliehen wird. Wir wollen von ihr ja nur eine Erklärung, weshalb sie davon gelaufen ist und dann wird sie sicher wieder freiwillig mit uns zurückgehen. Daen vom Clan hat bis jetzt noch jedem Häretiker vergeben und wird einer seiner Seraphim jederzeit mit offenen Armen empfangen.“ Mit diesen Gedanken schritt Jakob auf die Schenke zu und machte gleichzeitig den grössten Fehler seines gesamten Lebens, der ihm sein Leben kosten sollte. Als er die Schenke betrat war er bereits Teil eines Krieges von dessen Existenz er bis dahin nicht gewusst hatte (und von dem er auch nie erfahren sollte). Denn der Auftrag, dieses Mädchen zum Clan zurückzuführen, hatte nichts mit Vergebung zu tun, wie Lovegod annahm, sondern war Teil einer politischen und religiösen Verschwörung dessen Bedeutung die Vorstellung eines Wanderpriesters seines Formates überschritt.
Trotz der vielen Fenster war die Schenke in schummriges Licht getaucht, da die Fenster, schmutzig und von Staub verklebt, kaum Licht hineinließen. An den Tischen saßen gut ein Dutzend Gäste, ausschließlich männlichen Geschlechtes. Lovegod erblickte, abgesehen vom Wirt, keine Angestellten. An der Wand hing das Bild eines Mannes, der ein Kreuz in der Hand hielt. Jakob lächelte. Es erfreute ihn, dass das Wort von Daen sogar bis in dieses Kaff vorgedrungen war und der Wirt augenscheinlich ein Mitglied des Clans war. Das würde die ganze Sache einfacher machen. Dann erblickte der Priester am Tresen, die Person wegen der er diese Reise auf sich genommen hatte. Sie nippte an einem Glas Gin und sah trotz der Strapazen, die sie in letzter Zeit wohl auf sich genommen hatte, engelähnlicher aus, als Lovegod sie jemals zuvor gesehen hatte. „Eva“, begann er leise aber deutlich. Der Wirt und ein paar Gäste, drehten jetzt ihre Köpfe zu ihm und seinen Kollegen, doch das Mädchen nahm keine Notiz von ihm. Vorsichtig ging er einen Schritt auf sie zu. „Eva, es ist Zeit zum Clan zurückzukehren“, begann er wieder. Doch wieder keine Reaktion ihrerseits. Nur der Wirt zuckte zusammen, da dieser anscheinend erst jetzt erkannt hatte, dass es sich bei den vier Männern um Jünger des Propheten handelten. Einer von Jakobs Kollegen, schritt nun mutig zum Tresen und legte ungeschickt seine Hand auf Evas Schulter.
Im selben Moment wirbelte in der Wirtsstube Zeitungspapier wie tanzendes Herbstlaub in alle Richtungen, ein schneller Handgriff, das Aufblitzen von Metal und ein Schrei wie Donnergrollen, der einsetzte noch bevor das warme Blut in einem eleganten ellipsenförmigen Bogen sich wie ein abstraktes Kunstwerk im gesamten Raum verteilte. Lovegods kühner Begleiter, der seine Hand auf Evas Schulter gelegt hatte, taumelte zurück, stolperte und viel zu Boden. Über seine ganze Brust bis zum Bauch hatte er einen tiefen Schnitt der gefährlich blutete. Eva stand vor dem Tresen und blickte ohne Gefühlserregung auf ihr Opfer, in der linken Hand ihr blutverschmiertes Katana. Der Wirt und Lovegod, beide blutbeschmiert, hatten die Augen weit aufgerissen und sahen aus wie ein Teil dieses grotesken Kunstwerkes.
Jakob Lovegod wusste nicht was er schlimmer fand, dass die sagenumwobenen Seraphim tatsächlich, wie böse Zungen behauptet hatten, hinter ihrem teilweise harmlosen Aussehen verborgen, in wirklich eine Attentätergruppe waren, die im Namen seines Propheten unverbesserliche Häretiker bestraften oder dass einer seiner Reisegefährten schwer verwundet am Boden lag. Und da wurde ihm noch etwas anderes bewusst, seine Ignoranz fiel ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen: sie waren unbewaffnet hierher gekommen, im Glauben Eva würde sich ihnen freiwillig anschließen. Doch Eva war bewaffnet (und wusste auch mit ihrer Waffe umzugehen) und dachte anscheinend nicht daran mit ihnen mit zu kommen. Wie sollte er so seinen Auftrag erfüllen können und noch schlimmer: wie sollte er und seine Kameraden hier heil aus der Sache rauskommen?
Als Eva mit ihrem Schwert über ihrem Kopf auf ihn zu raste, ihre nackten Füsse sich rot färbten, weil sie durch die Blutlache ihres ersten Opfers rannte und kurz bevor sie ihn mit einem einzigen Schwerthieb senkrecht in zwei Hälften teilte wurde es ihm bewusst: sie würden hier nicht raus kommen…

NeoInferno
13.11.2006, 18:53
Hi,

das ganze liest sich alles in allem sehr gut, dein Schreibstil ist größtenteils schön bildhaft und man gerät beim Lesen nie ins Stocken. Die Story an sich deutet auch schon feine Details der Handlung an, so zum Beispiel dass Religion wohl eine Große Rolle spielt. Nur die Stelle..
"sondern war Teil einer politischen und religiösen Verschwörung dessen Bedeutung die Vorstellung eines Wanderpriesters seines Formates überschritt."
..finde ich ein bisschen zu dick aufgetragen, zumal du auf besagte Verschwörung nicht weiter eingehst. Ich möchte das lieber aus der Handlung selbst erschließen und nicht explizit gesagt bekommen, dass es dort ne Verschwörung gibt.

Bin zwar nicht so der Fantasy-Fan, aber wenns originell wird les ich gerne weiter :)

Suraki
13.11.2006, 21:39
He, ne (grösstenteils) gute Kritik im Atelier, das bin ich mir eigentlich nicht gewöhnt...

Ja, es ist ein bissl dick aufgetragen, aber das kommt imo diesen ganzen Kirchenthrillerromanen ziemlich nahe und daran habe ich mich eigentlich ein bisschen orientiert (nur mit dem Unterschied, das ich ein bisschen Wert auf einen schönen Schreibstil gelegt habe ._.).

btw. Wieso ziehen eigentlich alle, die den Text gelesen haben zu dem Schluss es würde sich um eine Fantasygeschichte handeln, nur weil da eine Verrückte mit nem Schwert und ein paar Wörter wie "Seraph" etc, vorkommen?
Also eigentlich ist es ja eine postapokalyptische Geschichte, aber das erfährt man erst ein bisschen später in der Handlung...(aber es kommen dennoch keine Fantasywesen oder ähnliches vor).

NeoInferno
13.11.2006, 21:44
nur weil da eine Verrückte mit nem Schwert und ein paar Wörter wie "Seraph" etc, vorkommen?
Du sagst es.
Das Ding liest sich u.a. dadurch wie eine Fantasy-Geschichte. Wenn das nicht beabsichtigt ist, musst du ein wenig mehr aufpassen mit sowas ;)

La Cipolla
14.11.2006, 18:01
btw. Wieso ziehen eigentlich alle, die den Text gelesen haben zu dem Schluss es würde sich um eine Fantasygeschichte handeln, nur weil da eine Verrückte mit nem Schwert und ein paar Wörter wie "Seraph" etc, vorkommen?
Das ist einfach. Sie tötet Menschen auf eine Art und Weise, die nicht der Realität entliehen ist, sowas weckt sofort Fantasy-Assoziationen. Und ich denke, mit Fantasy ist in diesem Fall eher der Stil gemeint, nicht die Welt.

Es sind einige kleine Fehler drin, auch was Wiederholungen angeht, guck da nochmal drüber, aber sonst stilistisch in Ordnung. (Lieber mal "er" statt "der Wirt")

Die Daensache ist verwirrend, ich habe absolut keine Assoziation. T_T

Nimm lieber "engelsgleich", engelähnlich hört sich dumm an. Wo ich das größte Problem sehe, ist die Tatsache, dass du den Leser mit dem Holzhammer begrüßt. Sobald ein Wort wie Seraph auftaucht, wird es in den nächsten Zeilen krampfthaft erkärt, auch die recht unnütze Ausführung der Hintergründe, welche den Hauptpersonen noch gar nicht bekannt sind ("Dessen Bedeutung die Vorstellung eines Wanderpriesters.."), ist nervig. Lass doch ruhig mal ein paar Sachen im Hintergrund oder benutze wenigstens keine spannenden Szenen, um eine Erklärung abzugeben (sowas is Gift). Der Leser kann warten, er wird in einer spannenden Szene sicher nicht verwirrt aufhören. Inhaltlich kann man noch nicht viel zu sagen, aber der Stil ist wirklich sehr Fantasy, die Welt natürlich nicht. Und ich hoffe, du willst die Charakterin als irre Soziopathin hinstellen. xD

Suraki
14.11.2006, 18:40
Danke für die Kritik, damit kann ich was anfangen und werde es das nächste Mal bedenken^^


Die Daensache ist verwirrend, ich habe absolut keine Assoziation. T_T

Oh, die Sache ist relativ einfach: Ich hatte keinen besseren Namen zur Hand und der Charakter dieses Propheten ist an den realen Daen angelehnt, was man im Verlaufe der Handlung noch sieht. Aber das ist eigentlich im Moment noch unwichtig und es ist gut möglich, dass ich den Namen noch ändere (ist quasi noch ein Platzhalter).


Und ich hoffe, du willst die Charakterin als irre Soziopathin hinstellen. xD

Das trifft es ziemlich gut :3 In der Geschichte soll man erfahren wie sie so geworden ist, wie man sie in diesem Intro antrifft.